FOTO: TOM MAERCKERDie ForschungsgruppeKunst - anonym.AMANDA ANONYMAVor kurzem bekam ich eine Einladung von <strong>einer</strong> Forschungsgruppe-Kunst.Das fand ich ausgesprochen spannend. Ich binein großer Fan von Forschungsprojekten und Kunst, habe ichmal selbst versucht, um es wieder aufzugeben und dann vieleJahre zu begleiten. Also war ich ganz neugierig: Wer will hiergleichzeitig forschen und Kunst machen?Spannend: Die echten Forscher, die nach bestimmten Regelnversuchen, einen Erkenntnisgewinn für uns alle zu organisieren.Und nach <strong>dem</strong> Bindestrich die Kunst, die ja gegenwärtigim Selbstzweifel darüber erstarrt, ob sie nun weiterhin den Bohemeaus der Joseph Beuys-Zeit pflegen soll, um zwischen aufschäumendund abtörnend umherzutingeln, oder doch lieberdie Erkenntnisse aus <strong>dem</strong> inzwischen obligatorischen Existenzgründerseminaranwenden, um die Freiheit der Kunst gegenein - meist prekäres – Arbeits- oder Anbieterverhältnis einzutauschen.Also schaute ich interessiert nach, wer denn diese beiden, sichnicht unbedingt überschneidenden, aber doch möglicherweisebeeinflussenden, Systemseiten in einem Namen vereinigt undwas das denn zu bedeuten hat. Was ich erfuhr: Man lud michein <strong>mit</strong>zutun. Nur war leider nicht zu erkennen, von wem dieseEinladung stammte. Keine Unterschrift, kein Name, kein Verweisauf Personen.Ich war verwirrt. Nun finde ich schon mal einen Ansatz überraschendund dann… NICHTS. Da will offensichtlich niemand<strong>mit</strong> mir ins Gespräch kommen. Und das, obwohl ich aufgefordertwerde, mich an Veranstaltungen und deren Vorbereitungzu beteiligen. Wessen Veranstaltung? Wessen Überlegungenund Zielverfolgung? – Keine Antwort. Okay, ich fand einewww-Adresse.Glücklich warf ich sie <strong>dem</strong> Großmogul Google in den Rachen:jetzt würde sich hoffentlich das Geheimnis lüften.
00.3 __ //// ANONYME FORSCHUNGEN | IMPRESSUMEine Website erschien, von Revolution im eingefahrenen Kulturbetrieb ist dort dieRede, sehr wenig nach wirklicher Forschung riechend, wie man das so kennt, so <strong>mit</strong>konkreten Fakten und Zahlen und Analysen und dann Schlussfolgerungen. Dafürviel manifestierte Wunschvorstellung, aufgeschrieben als Manifest für den KulturpolitischenWandel, natürlich wieder ANOMYM. Jetzt werde ich unruhig. Ein anonymesManifest zur Kulturveränderung????? Wer mag so etwas initiieren? Und vor allem:Wer sollte solch einem Dekret aus <strong>dem</strong> Nirvana folgen?Ein Manifest ist, wie vieles unsere Sprache, <strong>dem</strong> Lateinischen entlehnt und bedeutetso etwas wie „handgreiflich gemacht“, abgeleitet meinend „sehr handfest, greifbar“.Dahinter verbirgt sich im üblichen Sinne eine öffentliche Erklärung von Zielen undAbsichten. Im allgemeinen Sprachgebrauch steht das Wort Manifest heute für „offenbar,offenkundig“. Hier aber war nichts offenbar: Erneut ließ sich nirgends erkennen,wer wen zu was animieren will.Nun wurde ich ärgerlich: Anonym eine öffentliche Erklärung, noch dazu im Sinne <strong>einer</strong>greifbaren Idee, abzugeben, finde ich jetzt ja doch vom Fuß auf den Kopf gestellt.Schließlich weckt ein Manifest durchaus heroische Gedanken, klingt nach Aufruf zur(Welt-)Revolution. Marx verband seines s<strong>einer</strong>zeit allerdings <strong>mit</strong> seinem Namen undkassierte dafür sowohl den Ruhm als auch, postmortal, die neuzeitliche Bedenkenund Kopfschütteln. Soll heißen: Er stellte sich, fungierte als Ansprechpartner, fürSympathisanten wie Kritiker.Eine Aufforderung zur Kulturrevolution zu unterstützen, ohne dass ich erfahre werdies von mir fordert, erscheint mir paradox. Bisher habe ich meine Entscheidung zurMitwirkung auch immer hergeleitet aus <strong>dem</strong> Wissen um die Initiatoren des besagtenAnsinnens. Sie machten abschätzbar, was einen erwartet. Man kennt sich ja in Rostock.Und so stelle ich aktuell Forschungen über die Forschungsgruppe Kunst an, weil ichgern wissen möchte, wer so absurde Appelle in so <strong>einer</strong> nachhaltig als konservativ einzuschätzendenStadt in den Raum stellt. Solch ein Vorgehen mag ja in Berlin oderHamburg als illuster durchgehen, da hat ja schon die eine oder andere Idee durchauswider Erwarten Resonanz gehabt. Aber hier in Rostock kann man nur zu der Auffassungkommen, die Verfasser seien entweder ortsunkundig oder naiv. Habe also beschlossen,der Sache auf den Grund zu gehen. Nun kommt mal die studierte Wissenschaftlerinin mir zum Einsatz.Wie mache ich das: Natürlich ist Amanda Anonyma nicht mein richtiger Name. Sondernsymbolisiert meine wissenschaftliche Methode: die der Rekonstruktion. Kriminologenstellen Situationen nach, um sich einzufühlen in die Gedankengänge vonTatverdächtigen. Im Selbstversuch erarbeite ich mir also das Gefühl, unsichtbar zusein. Vor meinem geistigen Auge taucht die Tarnkappe auf, vorn <strong>mit</strong> der AufschriftForschungsgruppe Kunst (heutzutage selbstredend ein Basecap). Wenn ich die aufsetze,so gibt das Märchen Anlass zu hoffen, werde ich aufgenommen in die Gruppe derUnsichtbaren, verstehe den Beweggrund für die Forschungsgruppenanony<strong>mit</strong>ät.Vielleicht klappt das ja. Also liebe Forschungsgruppe: Bitte meldet euch!!!! Von anonymzu anonym. Wenn das nicht zum Erfolg führt, versuche ich es als Nächstes <strong>mit</strong>Handzetteln, bitte die Bevölkerung um Mithilfe bei m<strong>einer</strong> Suche nach unsichtbarerKunst oder Forschung. Phantombild nicht vorhanden, da man Unsichtbare nichtzeichnen kann. Sachdienliche Hinweise bitte an Amanda Anonyma! ¬Impressum<strong>Stadtgespräche</strong> Ausgabe Nr. 67:„20 Jahre Pogrom Rostock-Lichtenhagen”Ausgabe Juni 2012(Redaktionsschluss: 20. Mai 2012 )Herausgeber<strong>Stadtgespräche</strong> e.V. in Zusammenarbeit <strong>mit</strong> derBürgerinitiative für eine solidarische Gesellschaft e.V.RostockRedaktion und Abonnement<strong>Stadtgespräche</strong> e.V.PF 10 40 6618006 RostockFax: 03212-1165028E-Mail: redaktion@stadtgespraeche-rostock.deInternet: www.stadtgespraeche-rostock.deVerantwortlich (V.i.S.d.P.):Dr. Kristina KoebeTom MaerckerRedaktion:Dr. Kristina KoebeTom MaerckerDr. Peter KoeppenDr. Jens LangerDie einzelnen Beiträge sind namentlich gekennzeichnetund werden von den Autorinnen und Autorenselbst verantwortet.Layout: be:deuten.de //KreativagenturMediadaten:Gründung: 1994Erscheinung: 18. JahrgangISSN: 0948-8839Auflage: 230 ExemplareErscheinung: quartalsweiseEinzelheftpreis: 2,50 € (Doppelheft: 5,00 €)Herstellung: KDDAnzeigenpreise (Kurzfassung)(ermäßigt / gültig für 2011)3. Umschlagseite (Spalten-Millimeter-Preis): 0,25 €4. 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