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1/2013 - Psychotherapeutenjournal

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V. BrattigZur Beantwortung der Frage werden imFolgenden zum einen die entsprechendenParagraphen des SGB IX knapp aufgeführtund zum zweiten die aktuelle psychologischeFacharbeit – einschließlich psychotherapeutischerAnteile – in BBWen in einemeigenen Abschnitt praxisnah beschrieben.Die Verknüpfung der Förderung mit demZiel einer Teilhabe am Arbeitsleben machtdeutlich, dass mehr erwartet wird als dieVermittlung fachtheoretischer und fachpraktischerInhalte. Die Absolventinnenund Absolventen 2 sollen ihre Frau oder ihrenMann im Berufsalltag stehen können.Ob mit Arbeitsleben ausschließlich sozialversicherungspflichtigeArbeitsverhältnissegemeint sind, wird im Gesetz nicht definiert.Außer Erwerbsarbeit im engerenSinn gibt es viele Arten von Beschäftigungsverhältnissen,die nicht unberücksichtigtbleiben dürfen, da über sie beispielsweisedie zeitliche Belastung dosiertwerden kann. Integration ins Arbeitslebenist in der beruflichen Rehabilitation auchschon vor dem SGB III in der Regel angestrebtworden, ist also kein neues Ziel. DieBewilligung von Förderung auf der Grundlage,dass die Integration auf dem „Fit-Machen“ der Menschen mit Behinderungbasiert, verlangt von den Menschen mitBehinderung eine entsprechende Anpassungsfähigkeit,oder -bereitschaft ab. Sowohlbeim Einsetzen psychologischer Interventionsverfahrenwie Beratung undTraining als auch bei psychotherapeutischerArbeit bleibt abzuwägen, in welcherWeise soziale Fähigkeiten und psychischeResilienz aufgebaut und/oder stabilisiertwerden sollen, damit die Rehabilitandennachhaltig am Arbeitsleben teilhaben können.Für die berufliche Rehabilitation und alleauf diesem Gebiet mitwirkenden Personenist die Existenz des SGB IX von großer Bedeutung.Menschen mit Behinderungenwird das ihnen zustehende Recht aufselbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft– das die Teilhabe am Arbeitslebeneinschließt – gesetzlich zugebilligt.In § 2 SGB IX wird die Zielgruppe definiert,zu der nicht nur Menschen gehören,deren körperliche Funktionen, geistige Fähigkeitenund seelische Gesundheithöchstwahrscheinlich länger als ein halbesJahr im Vergleich zu Gleichaltrigen „abweichen“.Vielmehr gehören zur Zielgruppeauch Menschen, denen dieses droht –zum Beispiel aufgrund einer chronischenErkrankung. Auf das Verständnis von Behinderungin der Sozialgesetzgebung hatsich teilweise der internationale Prozessder Definition der Behinderung ausgewirkt,der in der Internationalen Klassifikation derFunktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit(International Classification ofFunctioning, Disability and Health, ICF,2001 3 ) der Weltgesundheitsorganisation(WHO) mündete. Obwohl möglicherweisedie ICF neben dem ICD in der Rehabilitationzukünftig eine bedeutendere Rollespielen wird, kann im Rahmen dieses Beitragesnicht genügend ausführlich daraufeingegangen werden.Vom umfangreichen Inhalt des SGB IX willich nur zwei Aspekte hervorheben: diegroße Bedeutung der Selbstbestimmungund Eigenverantwortung des betroffenenMenschen sowie die Anforderungen andie Institutionen zur Rehabilitation.Durch den § 9 SGB IX wird die Selbstbestimmungeindeutig gestärkt, auch wennihr noch Grenzen gesetzt sind. Für die Leistungsberechtigtenist ein Wunsch- undWahlrecht neu aufgenommen worden. Eskann also eine Rehabilitationsmaßnahmeund ihre Ausgestaltung nicht einseitig durchdie Beratungsfachkraft vorgegeben werden.Damit dieses neue Recht auch verwirklichtwird und die berechtigten Personen eineden eigenen Vorstellungen weitgehendentsprechende Rehabilitation erlangen können,müssen sie Wünsche und Interessenklar äußern können und einen guten Kenntnisstandüber gesetzliche Vorgaben und institutionelleRealisierungsmöglichkeiten haben.Um Barrierefreiheit für diejenigenMenschen zu erreichen, die in der Kommunikationoder im Verständnis Einschränkungenhaben, muss ihnen geeignete Beratungoder Assistenz zur Verfügung gestellt werden.Die Selbstbestimmung sollte abernach dem Beratungsprozess nicht aufhören.Auch in den geförderten Reha-Maßnahmensollten sie sich einbringen können.Bisher ist von Gesetzes wegen nur vorgesehen,dass sie ihre „betrieblichen“ Interessendurch besondere Vertreter einbringen können.Die individuelle Selbstbestimmungwährend der Teilnahme an der Maßnahmeund die Wahl der geeigneten Unterstützungzur Bewältigung der Anforderungen sindnicht explizit erwähnt. Aus psychologischer/psychotherapeutischer Sicht ist dies einManko, denn so besteht die Gefahr, dass invielen Fällen über die Betroffenen hinwegbestimmt wird, wenn sie nicht durch dieMitarbeitenden in den Einrichtungen Hilfestellungerhalten (siehe auch Abschnitt 4.1).In den §§ 20, 33 und 35 SGB IX werdenVorgaben unter anderem in folgendenPunkten gemacht: a) wie Qualitätssicherungerfolgen soll und b) dass Gestaltungund Durchführung der Maßnahmen einenerfolgreichen Verlauf gewährleisten sollenund die Leistungen verschiedene fachlicheHilfen beinhalten, die nicht nur dazudienen, die Folgen von Behinderung abzufangenoder zu verringern, sondern auchdie Folgen von Krankheiten, insbesondereeine Verschlimmerung, zu verhüten.Die Einrichtungen sollen durch zielgerichteteund systematische Verfahren undMaßnahmen – dies entspricht der Terminologieder DIN EN ISO 9000 ff. 4 – dieQualität der Angebote sicherstellen undkontinuierlich verbessern und für Barrierefreiheitsorgen. Diese Qualitätsvorgabensind in der psychologischen/psychotherapeutischenPraxis sicherlich schon weitgehendStandard geworden. Zu Gestaltungund Durchführung der Maßnahmen ist erwähnenswert,dass die Fachdienste soausgestaltet sein müssen, dass sie ihrenBeitrag zum erfolgreichen Abschluss derMaßnahmen leisten können. Um einensolchen Beitrag leisten zu können, müssenalso psychologische Dienste sowohl überentsprechende Räumlichkeiten, Ausstattungoder Materialien als auch über Möglichkeitenzur Qualifizierung des Personalsverfügen. Die Fortschreibung dieses Ge-2 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werdenim Folgenden nicht durchgängig beideFormen genannt. Selbstverständlich sind jedochimmer Männer und Frauen gleichermaßengemeint.3 www.who.int/classifications/icf [30.01.<strong>2013</strong>]4 Die DIN EN ISO 9000 ff. ist eine internationalgültige Normenreihe zum Aufbau und zurBewertung von Qualitätsmanagement-Systemen.<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2013</strong>35

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