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Das Tagebuch von Ruth Oberlin als PDF - Children of Sikkim ...

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2 16.3. SamstagCOSF-­‐Vorstandsreise nach <strong>Sikkim</strong> 16.-­‐30.3.2013 <strong>Tagebuch</strong> <strong>von</strong> <strong>Ruth</strong> <strong>Oberlin</strong> Abflug in ZH um 12.45. Nina und ich treffen uns am Gate. Der Swiss-Flug ist sehrangenehm. Ich habe einen schönen Fensterplatz, und das Wetter ist gut bis zumSchwarzen Meer. Dann Wolken, und es wird dunkel. Wir plaudern viel. <strong>Das</strong> Essenist schmackhaft. Ich schaue mir „Life <strong>of</strong> Pi“ an, passt perfekt zu meiner Reise!Ankunft in Delhi nach Mitternacht. Der internationale Teil des Flughafens ist z.T.neu. Die Temperatur angenehm. - Wir sollten vom The Ashok-Hotel abgeholtwerden, aber wir warten vergeblich und nehmen schliesslich ein Pre-Paid-Taxi. DieFahrt dauert eine halbe Stunde; das Hotel ist in Flughafen-Nähe. Im Hotel brauchenwir 45min, bis wir endlich ins Zimmer können: Konfusion – die Buchung soll nichtangekommen sein… Es stehen 6 Männer herum und beraten und nehmen sich viiielZeit… Katzenwäsche im schönen Bad, schade, aber zum Duschen bin ich zu müde.Wir können 4 Stunden schlafen.17.3. SonntagEin schöner Tag, aber leichter Smog. Wir treffen uns um 8 Uhr zum reichhaltigenFrühstück. Dann Taxifahrt zum Flughafen. Unterwegs viele Arme und Ärmste undBettler, die bei den Ampeln ihre Kinder zum Betteln schicken. Flug nach Bagdograin Westbengalen soweit angenehm, ausser am Schluss, da schüttelt es uns durch,und wir landen etwas unsanft. Wir werden <strong>von</strong> Tshorden der Schule abgeholt.Im Geländewagen fahren wir ca. 6 Stunden nach Gangtok, ca. 120km. Eine andereWelt. Wellblechhütten rechts und links der Strassen, einfache Stände, auch amBoden. Es wird alles verkauft, vom Zuckerrohrsaft, der frisch gepresst wird mittelsWalze, wie wir sehen, über geschnitzte Möbel zu Matratzen. Es ist wie im FilmSlumdog Millionaire. Die Strasse ist relativ schmal geteert und voller Schlaglöcher.Rechts und links der Strasse hat es einen breiten Naturstrassenstreifen mit vielenLöchern, und dann kommen nahtlos die Buden. Es ist Linksverkehr. VieleKleinlastwägen und Rikschas und Geländewägen und auch Velos und Mopeds. DieFrauen, die hinten aufsitzen, sitzen im Damensitz. Viele Fussgänger. Kleinkinderwerden alle getragen, keine Kinderwägen. Was wir in Dehli nicht gesehen haben,hier zuhauf: Kühe auf der Strasse, quasi auf der Sicherheitslinie, wenn eine wäre,trotten weiter, und die Autos weichen aus. Auch Ziegen sehen wir und viele Affen,


3 auch unterwegs. Man muss schauen, dass man sie nicht überfährt. Dann hat esviele streunende Hunde, auch jetzt, da ich auf meinem Bett sitze und schreibe,bellen sie massenweise und werden das die ganze Nacht tun.Es folgt Siliguri; dort sieht es etwa gleich aus wie in Bagdogra. Die Landstrasse, diedann folgt, ist in gleich miserablem Zustand. Will man überholen, wird immergehupt, aber gezielt und nicht aggressiv, ebenso an unübersichtlichen Stellen. Derlangsamer Fahrende gibt Handzeichen, wenn die Bahn frei ist. Es wird aber auchsonst überholt, obwohl bei den Schlaglöchern und abgerutschten Strassen weitausgeholt werden muss. Durchschnittstempo kaum über 20km/h.Wir kommen in die Berge, Sehr kurvige Strassen. Trotz Stugeron wird mirirgendwann schlecht, und ich muss schnell aussteigen. Die Leute schauen mirneugierig zu; zum Glück muss ich doch nicht kötzeln. Dann fahren wir noch einmaleine halbe Stunde und erreichen die Grenze zu <strong>Sikkim</strong>. Passkontrolle. Wir habenalle notwendigen Stempel; trotzdem muss etwas gestempelt und unterschriebenwerden… Endlich machen wir eine Esspause; ich esse nur etwas Brot, da wir nochein Drittel Weg vor uns haben. Langsam wird es dunkel, und die letzten anderthalbStunden ist mir Schlaf vergönnt. Nina muss mich wecken. Wir stehen vor unseremHotel Tibet in Gangtok.<strong>Das</strong> Hotel ist einfach, aber hier gibt es das beste Restaurant der Stadt. Die Zimmer,Superior mit Sicht auf den spektakulären Khangchendzonga, der mit rund 8560mder dritthöchste Berg der Welt ist, angenehm, DZ, Kasten unpraktisch. Aber wirhaben ja noch ein Bett, das wir in Beschlag nehmen können. <strong>Das</strong> Bad ist sehreinfach, ist aber mit Sitz-WC ausgestattet; die Dusche ist <strong>of</strong>fen und der Ablauf aufder anderen Seite des Bades, sodass nach dem Duschen der ganze Boden nassist. Die Frotteetücher…Wir treffen Astrid und Elisabeth in der Lobby an. Sie sind sozusagen <strong>von</strong> der COSFNorwegen, <strong>von</strong> Oslo, und engagieren sich im und fürs Hilfswerk. Wir essen mitihnen. Um 21.30 gehen wir in unsere Zimmer. Auspacken, die Geschenkevorbereiten und alles bereitstellen für morgen, duschen mit Wasser-Rinnsal, aberdoch immerhin warmes Wasser. Und jetzt bin ich MÜDE, aber sehr zufrieden, undfreue mich auf morgen. Es erwartet uns sehr viel Arbeit!Montag 18.3.Wir haben beide gut geschlafen. Als ich die Vorhänge zurückziehe, ist es leichtdunstig; trotzdem zeigt sich der Khangchendzonga in schönster Pracht!


4 Zum Frühstück treffen wir Astrid. Um 10 Uhr werden wir <strong>von</strong> Baichung dem Leiterdes Hilfswerkes, abgeholt und nach Chandmari ins Lepcha Cottage gebracht. Ichlerne Miss Keepu Lepcha kennen; sie ist Seele und Gründerin des Hilfswerkes undeine grosse Persönlichkeit! Baichungs sympathische Frau Chunzom – sie ist MissKeepus Nichte - ist auch da; wir trinken Kaffee. Endlich kann ich meine Geschenkefür die Patenkinder, die viele Schokolade und die Luftballons abgeben.Miss Keepu, Baichung, Chunzom und Nina


5 Wir fahren weiter nach Chongey, wo das Boy‘s- und Girl‘s-Hostel ist und die Schule<strong>von</strong> Kindergarten (PP1 und 2) und die Klassen 1-10. Meine beiden PatenkinderHishey, bald 13, und Roshni, 9, warten schon auf uns. Als wir nach 20-minütigerFahrt ankommen, ist auf dem grossen Platz gerade ein Federballturnier im Gang,Mädchen und Buben. Wir gehen ins Büro <strong>von</strong> Baichung, und ich gebe den beidenmeine Geschenke. Sie wollen die Päckli erst später im Schlafraum aufmachen. Ichmache Bilder <strong>von</strong> ihnen und <strong>von</strong> weiteren Kindern, die <strong>von</strong> mir Patengeschenkeerhalten haben und auch da sind.Wir sehen uns die Gebäude und den Garten an. Viele Blumen, wie im LepchaCottage auch. Es wird auch Gemüse angepflanzt. Viele Fotos. Alles macht einensehr geordneten und friedlichen Eindruck. Die Kinder gehen lieb miteinander um.Zur Essenszeit stehen sie mit ihren Blechtellern an, erst die Kleinsten, dann dieBuben, dann die Mädchen.


6 <strong>Das</strong> Essen bekommen sie geschöpft: Reis, Daal, Mischgemüse mit Kart<strong>of</strong>feln. Wiressen dasselbe, aber zusätzlich noch Spinat (aus Garten) und Salat (ohne mich).Gut. Dazu gibt es warmes Wasser und später Tee, gezuckert oder gesalzen, wieman will. Astrid isst auch mit; später fährt sie mit 3 „norwegischen“ Kindern zumShoppen nach Gangtok.Wir fahren zum Lepcha Cottage zurück und beginnen mit Chunzom die Arbeit an 2Laptops. Leider haben wir hier nur schlechten Internetzugang per Stick. Nina gibtein, Chunzom, die ja alle Kinder und Schüler und Studenten kennt, weiss auch nichtalles… vor allem die Fotos neu einzugeben oder zu wechseln gibt Probleme auf. Ichkann ab und zu etwas beitragen. Wir versuchen, Fotos, die in den Files fehlen,pixelmässig zu verkleinern und ins System zu kopieren, was sehr mühsam ist.Nina rauft sich die Haare…


7 Draussen hat sich der Himmel bedeckt. Währendem Nina mit Chunzom weiter dieDaten eingibt, mache ich wieder Fotos <strong>von</strong> den Kindern, die im Lepcha Cottagewohnen und <strong>von</strong> unserer Schule mit dem Bus in Chongey heimkommen. Die Kindersind sehr anhänglich! Nach dem Spiel ruft die Glocke zur Meditation, wie jeden Tagmorgens vor dem Frühstück und abends vor dem Nachtessen, je ca. eine halbeStunde. Sehr eindrücklich. Erst wird laut gesungen, ziemlich lange, dann wird esstill.Manche der Kleinsten schlafen ein und kommen mit den Köpfen fast auf den Boden,wo sie im Schneidersitz sitzen. Eine Stimme meldet das Ende der Meditation, undes folgen noch einige Lieder mir zu Ehren. Dann geht’s zum Essen: Reis undGemüsesuppe. Irgendwann hat es zu gewittern begonnen, und es regnet nochimmer stark.Wir packen zusammen. Auf dem Weg zum Tor steht da Hishey und will mir guteNacht sagen!Nachtessen im Hotel. Ich esse Reis mit Gemüsecurry mit Cashewnüssen. Dazuköstlichen Ingwertee mit Honig, den wir 3x verlängern lassen mit heissem Wasser.Astrid sitzt auch mit uns. Sie fühlt sich aber nicht so gut, und ich gebe ihr Motilium.Morgen früh reist sie wieder heim nach Oslo. Nina und ich essen und redengemütlich, bis uns die Servierer um 22.10 mittels Lichterlöschen darauf aufmerksammachen, dass sie schliessen wollen. Eigentlich schliessen sie schon um 21 Uhr wiesie uns sagen... Wir gehen in die Zimmer.Ich bin so zufrieden und froh, hier zu sein. Mit Nina läuft es super; wir verstehen unsgut.


8 Ab 21 Uhr ist es dunkel auf den Strassen und ruhig. Nur die Hunde, die bellen undbellen. Morgen werden wir h<strong>of</strong>fentlich wieder das prächtige Khangchendzonga -Massiv sehen!Dienstag 19.3.Wir gehen in die Stadt und finden St<strong>of</strong>f für mich. Anschliessend zum Schneider: 2Blusen im indischen Stil werden für mich angefertigt. Morgen sollen sie fertig sein.Bei jedem Schritt muss ich aufpassen: immer wieder Stufen und Absätze undLöcher. Es gibt so viel zu schauen, und da muss ich stehenbleiben.Viel Arbeit am Laptop. Ich mache Fotos und spiele mit den Kindern im LepchaCottage. Wir fahren mit Mrs. Kesang vom Board HDFS zum Hotel Hidden Forestund bewundern die unzähligen Pflanzen, vor allem die Orchideen. Es arbeiten hier 2ehemalige Schülerinnen unserer Schule. <strong>Das</strong> wunderschöne Hotel bietet leider nurZF und nicht HP, was bei der schlechten Zugangs-Naturstrasse unpraktisch ist.Spät essen in unserem Hotel.Mittwoch 20.3.Heute ist das grosse Fest zu unseren Ehren in der Schule; es wird zugleich dasJahresfest sein. Mit uns sitzen Miss Keepu, Mrs. Kesang, Miss Praden, Baichung +Chunzom u.a. und völlig überraschend auch der Schulinspektor aus Dehli, deralljährlich die Schule kontrolliert, die Lehrerschaft und natürlich die Kinder. (DerSchulinspektor wird später Klassenbesuche machen und alles kontrollieren undfeststellen: alles ist bestens! <strong>Das</strong> sagt mir Baichung später.)


9 Durchs Programm führt der sehr engagierte Englischlehrer, Mr. Chatterjee; erbegrüsst alle. Wir beiden Boardmembers werden gebührend geehrt und bekommen<strong>als</strong> Geschenk einen bestickten Kissenbezug überreicht. Es folgt ein vielseitigesProgramm mit vielen traditionellen, aber auch modernen Tänzen, in wunderschönenbunten verschiedenen Trachten: Lepcha, Nepali, Bhutia, Hindu, Musikdarbietungen<strong>von</strong> Gross und Klein.←Lepcha, ↓BhutiaWir machen viele Fotos. Sehr schön und gelungen! Im Anschluss daran werden wirgebeten, je eine Ansprache zu halten, für mich überraschend, aber ichimprovisiere…Dann folgt das grosse Picknick, zu dem ich eingeladen habe und an dem alleKinder, Lehrer und Ehrenpersonen, ca. 400 Personen, teilnehmen, sehr gut gekochtvom Küchenteam unter der Leitung der Köchin Sumi, die schon 13 Jahre hier wirkt.Anschliessend folgt eine kleine Sitzung mit Baichung und Chunzom, dannbekommen wir die Ausstellung der schönsten Bilder und Zeichnungen, <strong>von</strong> denSchülern gezeigt; zugegen ist auch der Zeichenlehrer. Dann zeigt mir Nina dieKlassenzimmer. Die Kinder sollten heute eigentlich wegen des Festes amNachmittag schulfrei haben, aber wegen des Inspektors müssen sie doch die


10 Schulbank drücken. So schauen wir in die Klassen hinein und bekommen einenEinblick in die hiesige Art des Lehrens.Abendessen in der Nähe des Hotels. Ich habe einen Vegitopf aus der Mandschureiund Reis – schmackhaft. Zuvor aber noch Spaziergang durch die Fussgängerzone.Wir holen meine beiden Blusen ab. Sehr indisch!beim SchneiderUnsere Schule P.O.C. Padma Odzer Choeling School in Chongey:(Padma heisst Lotosblüte)Die Schule beinhaltet:- neuerdings Pre-PP für die Allerkleinsten ab 3 Jahren- PP (Pre-Primary) = Kindergarten, aber schon in RichtungSchule- Kl. 1-10Die Kinder werden im Frontalunterricht unterrichtet, <strong>of</strong>t im Stil „vorsagen undnachsprechen“. Die Schüler werden aber schon auch aufgerufen, gehen auch andie Tafel und strecken auch auf. Moderne Unterrichtsweise nach westlicher Art isthier schwierig einzuführen und vermutlich auch wenig sinnvoll, da die Examenzentralisiert sind, <strong>als</strong>o <strong>von</strong> Delhi aus, alle Kinder Indiens schreiben dieselbePrüfung. Die Prüfungen basieren auf dem alten Auswendiglern-System und wenigerauf proaktiver Denkarbeit.Jede Schule ist bestrebt, möglichst gut abzuschneiden. Unsere Schule geniessteinen ausgezeichneten Ruf; wir haben viele Anfragen <strong>von</strong> Externen, die Schulgeldzahlen und auch aufgenommen werden bis zu einer bestimmten Zahl. (Rund ¼ der


11 Schüler ist extern.) Der gute Ruf der Schule bedeutet die Sicherstellung derfinanziellen Unterstützung aus Delhi.Von der 1. Klasse an haben die Schüler fächerbezogenen Unterricht beiunterschiedlichen Lehrern; im Kindergarten PP1 und PP2 ist es je eine Lehrerin, diemit den Kindern bereits Englisch auf spielerische Art lernt.Ich habe mir einige Zeugnisse angesehen. Der Fächerkatalog beinhaltet: Englisch I(Literatur) und II (Grammatik), die Muttersprache I und II (Nepali, Bhutia oderLepcha), Hindi I und II, Mathematik, Physik, Biologie, Chemie, Geographie,Geschichte, Wirtschaft, Civics, Gesundheitserziehung, Künstl. Gestalten, Computer,Singen/Tanzen, Handschrift, Musik, Gärtnern, Arbeitserziehung.Im Zeugnis wird auch folgendes aufgeführt: mündlicher Ausdruck, Selbstvertrauen,Durchbeissen-Können, Höflichkeit, Initiative, Leadership, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit,Folgsamkeit, Reinlichkeit.Die kleinsten Kinder und auch ältere Kinder wie Hishey wohnen im Lepacha Cottageetwas oberhalb <strong>von</strong> Gangtok. Es ist dies ein mehrstöckiges Haupthaus,verschachtelt und mit mehreren Eingängen, mit einem kleinen Innenh<strong>of</strong>, wo dieKleinen mit älteren Kindern spielen und herumtollen können. Die Kleinsten ab 3Jahren schlafen <strong>of</strong>t bei Miss Keepu im Zimmer nah beieinander auf Matratzen amBoden. Sie brauchen Nestwärme. Hisheys kleiner Bruder Thinley ist ganz neu imLepcha Cottage und hat noch keinen Paten.Hishey mit ihrem Bruder Thinley


12 Der Umgang unter den Kindern ist sehr rücksichtsvoll, das lernen sie <strong>von</strong> klein auf,liegt aber auch in ihrer Natur. Mir fällt auf, wie <strong>of</strong>t sie sich an den Händen halten undumarmen, auch ältere mit jüngeren. „Wir sind eine grosse Familie im POC“, das wirdso gelebt.Anstrengender Tagesablauf der Kinder:Aufstehen 5 Uhr, halbe Stunde meditieren, Frühsport. Zimmer aufräumen: <strong>von</strong> allenMatratzen werden die Leintücher abgezogen und fein säuberlich zusammengelegt,die Decken ebenso. Kein Oberleintuch (ich habe auch keines, dafür eine flauschigeDecke, die ganz sauber ist und nicht müffelt). Frühstück um 7 Uhr, Zähne putzenund Uniform anziehen. Die Haare gegenseitig flechten bzw. mit Spangen fixieren.(Die Kinder vom Lepcha Cottage haben dasselbe Prozedere und werden mit demSchulbus zur Schule gefahren, was ca. 20min dauert.) Dann folgt der Tagesappellmit Stramm-Stehen in Reih und Glied mit Landeshymne auf Hindi und Schulsongauf Englisch und Tagesparolen. Dann geht’s ab auf die Schulbank bis 12.30, dannMittagessen und <strong>von</strong> 13.15-16.30 Schule. Nur die Kleinsten fahren nachMittagessen und Spielstunde wieder ins Lepcha Cottage. Die Buben gehen zurückins 10 Fussminuten entfernte Boy’s Hostel, wo sie wohnen. Es folgen die Aufgaben,die viel Zeit erfordern. Um 17 Uhr wieder eine halbe Stunde Meditation mit lautemGesang und gegen Schluss Schweigemeditation. Dann Nachtessen um 19 Uhr. Ca.um 20 Uhr gehen die Kleineren schlafen und die Grösseren auch bald, da ja amnächsten Morgen wieder um 5 Uhr aufgestanden werden muss…Essen:Zu den Essen gibt es meistens mehr oder weniger dasselbe: Reis und dünner Daalimmer, dazu meistens Gemüse mit Kart<strong>of</strong>feln. Abends Reis und Daal (Linsensauce).Danksagung vor dem Essen


13 <strong>Das</strong> ist mein Teller!Es gibt 3x täglich zu essen. Wasser zum Trinken. Jedes Kind steht mit seinem AluoderKunstst<strong>of</strong>f-Teller an und bekommt geschöpft. Sie bekommen, soviel sie wollenund dürfen sich mehrm<strong>als</strong> nachschöpfen lassen. Fleisch gibt es immer am SamstagAbend und zu besonderen Gelegenheiten. – Zum Frühstück gibt es gezuckertenMilchtee für die Grösseren und Milch für die Kleineren. Dazu Reisflocken, gemischtmit etwas, was ich nicht kenne, aber gut schmeckt und vermutlich eineEiweissquelle ist. Dazu jeden Tag (wie mir die Schülerinnen sagen) eine halbeFrucht.Die Kinder sind für unsere Verhältnisse sehr, sehr klein. Hishey wird Ende März 13und sieht aus wie 9, Roshni ist 9 und sieht aus wie 6. <strong>Das</strong> ist sicher das Volk. Ichhabe den Eindruck, etwas abwechslungsreiche Kost würde nicht schaden, aber dasist unsere westliche Sicht. Abgesehen <strong>von</strong> vielen Hustern und auch Ausschlägen imGesicht bei manchen Kleinen machen die Kinder auf mich einen gesundenEindruck, tollen gerne herum und wirken nicht apathisch. Dick ist niemand. Freizeit:Die Freizeit ist eng bemessen. An den Schultagen bleibt nur noch recht wenig Zeitzum Spielen und Lesen, vor allem für die Älteren. Es muss nämlich noch täglich dieWäsche gewaschen werden, <strong>von</strong> Hand und mit kaltem Wasser und Stück-Seife. Ichhabe zugeschaut, wie die Jeans auf dem Steinboden an der Wasch-Stelle eingeseiftund dann mit Schwamm/Bürste innen und aussen abgerieben und dann abgespültwerden, wie bei uns früher eben. Am „Brunnen“ ist es aber immer sehr gesellig, dawird gelacht und geschwätzt. Die Kleinsten (PP) müssen die Wäsche nicht selberwaschen; dafür hat es eine Waschmaschine, die auch für die Bettlaken benutzt wird.– Herumtoben können sie nach der Schule sicher eine Stunde lang.


14 Internet ist kein Thema. Es hat keinen Internetanschluss, auch im Büro der Schulenicht. Die Schulleitung benutzt einen Internet-Stick.Fussball spielt sowohl für Buben <strong>als</strong> auch für Mädchen eine wichtige Rolle.Gegenüber der Schule gibt es einen grossen geteerten Platz und eine Wiese, wosie spielen können. Die Matches finden dann im gross angelegten Stadion statt(vom Hotel habe ich gute Sicht darauf).Donnerstag, 22.3.Nina hat einen Infekt eingefangen. Durchfall und Erbrechen in der Nacht. Ich gebeihr Motilium. - Wir haben heute Boardmeeting mit der übergeordneten OrganisationHDFS Human Development Foundation <strong>Sikkim</strong>. Da wir zugesagt haben, amMorgenappell dabei zu sein, werden wir um 8.15 abgeholt. Der Appell wird uns zuEhren noch etwas ausgeschmückt, und ich darf jedem der Spieler des Fussball-Teams ein Zertifikat überreichen. Sie haben nämlich den 2. Preis <strong>von</strong> <strong>Sikkim</strong>heimgeholt und sind sehr stolz! - Nina verzieht sich in eine Ecke, wo sie sitzen kannund geht sich nach dem Appell hinlegen.Da das Boardmeeting erst um 11 Uhr beginnt, habe ich Zeit für diverse Gespräche:mit der School Principal Miss Pradhan und mit der Hindi-Lehrerin und Lehrerin derPP1-Klasse. Dann besuche ich Roshni in ihrer Klasse: Nepali. Die Schriftzeichensehen ähnlich aus wie die Hindi-Zeichen, haben <strong>als</strong>o oben eine Verbindungslinie.Dann folgt Schönschreiben, auch Roshnis Klasse. Die Kinder tuscheln natürlich undschauen und lächeln. Ich gehe durch die Reihen – 20 Schüler – und flüstere kurzmit den Kindern. <strong>Das</strong> Schönschreiben ist auf Englisch – sie schreiben einen Textaus ihrem Schulbuch ab.


15 Wann immer ein Erwachsener eine Klasse betritt, stehen alle Kinder s<strong>of</strong>ort auf –good morning Miss – wir sagen dann – sit down. In sämtlichen Klassen herrschtOrdnung und meistens Ruhe. Da in den Zimmern Fenster und Türen <strong>of</strong>fen stehen,hört man die Stimmen der Lehrer und die Sprechchöre. Bevor der Lehrer die Klassebetritt, sind die Kinder wie bei uns: sie laufen herum und schwätzen.Es folgt das Boardmeeting mit dem HDFS. Wir sind heute zu sechst: Miss Keepu,Mrs. Kesang, Miss Subba (neu), Baichung, Nina und ich. Wir vom COSF diskutierendie Traktanden durch. Nina hat natürlich das Wort. Die Gespräche verlaufen ruhigund entspannt.Dann Mittagessen mit den Damen Keepu, Kesang, Subba und der Nurse MissMingma (die auch im Board ist, aber nicht dabei war): Reis, Daal, Kürbisgemüseund etwas, das wie Bohnen aussieht, aber keine sind, und eine harmlosaussehende Pfefferminzsauce die… very spicy ist! Nina hat inzwischen dasAntibiotikum genommen und mag nichts zu sich nehmen. Nach dem Essen sitzenwir noch beisammen, und ich erzähle <strong>von</strong> unseren rotarischen und nicht-rotarischenausländischen Besuchern daheim, natürlich <strong>von</strong> unserm Gast Mayur aus Mumbai.Miss Keepu erzählt, wie es zu ihren Besuch in der Schweiz kam und dass sie auchin Basel war.Wir werden wieder zum Hotel gebracht. Da heute ein trüber Tag ist und es auchnachts, wie <strong>of</strong>t, viel geregnet hat, ist die Naturstrasse bei der Schule aufgeweicht.Später staut es wegen Instandstellung der Strasse, und wir steigen aus und gehenzu Fuss weiter. Ein Teilstück wird neu geteert, alles noch Schäden des Erdbebensvor 2 Jahren. Zum Glück kommt der Jeep uns nach, und wir können wiedereinsteigen. In Gangtok selber ist das Gehen auf den Strassen sehr aufreibend, dadie Strassen so schmal sind und voller Löcher und Abbrüche und die Autos immerwieder ausweichen müssen. Im Hotel legt sich Nina gleich hin, und auch ich streckemich aus, denn es giesst in Strömen.Wir essen im Hotel, Nina nur eine Bouillon. Um 9 verabschieden wir uns, da sie jamorgen früh die Heimreise antritt.Ich habe mit Baichung und Chunzom abgemacht, dass ich morgen vom Hotel in dieSchule wechseln werde (wo Astrid aus Norwegen vor unserer Ankunft auch einigeTage genächtigt hat). Es ist das Gästezimmer, in dem Nina schon viele Wochenverbracht hat – sie ist ja schon seit 12 Jahren hier fast heimisch. Ich freue mich,näher bei den Kindern zu sein und für meine Interviews schön und entspannt Zeit zuhaben. Als Geschenk habe ich ein Scrabble und weitere Luftballons gekauft.


16 Freitag 22.3.Nach dem Frühstück packe ich und gehe in ein Internetcafé, und dann streife ichnoch in der Stadt herum. Um 12 Uhr werde ich vom Fahrer Tinku abgeholt, und wirfahren nach Chongey in die Schule. Ich bekomme ein Mittagessen und esse allein,alle haben schon gegessen. Reis, Daal, Gemüse und Pouletgeschnetzeltes. Sehrgut, aber mir wurde zuviel geschöpft. Zum Glück gibt es kein Dessert, das gibt esnur für ganz besondere Gelegenheiten. Heute fühle ich mich etwas komisch, habeMühe mit der Verdauung, aber anders herum. Der Husten meldet sich wieder, zumGlück habe ich Medikamente bei mir. Nach dem Essen gibt es gezuckerten Tee mitMilch, der mir sehr gut schmeckt.Ich installiere mich in meinem Zimmer und gehe dann mit meinem Fotoapparathinunter. Da kommt Baichung, der Leiter der ganzen Institution. Wir begrüssen uns,und er versichert mir, er habe jetzt für mich massenhaft Zeit. Also nehme ich dieGelegenheit beim Schopf und frage ihn, ob ich sein neues Haus, das aussen schonfertig ist und innen bis zum Herbst bereit zum Einzug sein soll, besichtigen darf.in Baichungs neuem HausEr willigt sehr gerne ein, und wir steigen hoch; es liegt etwas oberhalb des Girl‘sHostels. (<strong>Das</strong> Haus, in dem Baichung mit seiner Familie wohnte, ist vor 2 Jahrenbeim damaligen Erdbeben in sich zusammengefallen; in der Zwischenzeit bewohnter mit seiner Familie (2 Kinder) <strong>als</strong> Übergangslösung zwei Zimmer im LepchaCottage.) Es ist sehr schön, der Innenausbau mit viel Holz (wiederverwendet vomalten beschädigten Haus), mit grossem Cheminée. Heizung hat es wie die Häuserhier in <strong>Sikkim</strong> keine. – Der Ausblick ist schlicht atemberaubend. Ich übertreibe nicht!Die Familie wird 2 Stöcke bewohnen; im obersten Stock werden Gästezimmereingerichtet.


17 Dann sehen wir uns noch das <strong>Sikkim</strong>-Wasserreinigungsgerät an. <strong>Das</strong> Wasser wird,wie mir Baichung erklärt, mit Hilfe <strong>von</strong> UV-Strahlung aufbereitet, was einfach ist undmit Filtern funktioniert, die regelmässig <strong>von</strong> einer Fachperson ausgewechseltwerden. Auf diese Weise wird das Wasser auch in Hotels gereinigt. Die beidenGeräte stehen an einer Aussenwand und sind für jedermann zugänglich. - Wirsprechen auch vom Wasser-Aufbereitungsgerät, das <strong>von</strong> uns installiert wurde.Baichung sagt: das Gerät funktioniere schon, aber die Schläuche seien<strong>of</strong>fensichtlich nicht fachgerecht angeschlossen. Es sei nämlich so, dass nicht dieUmgebung um das Gerät gestunken habe, sondern das abgefüllte Wasser. Er wirddieses Thema mit dem Sanitär, der im April kommt, aufnehmen. Von StéphaneWüthrich hat er kürzlich eine auf Englisch verfasste Bedienungsanleitung erhalten. –Falls das CH-Gerät doch funktioniert, kann das <strong>Sikkim</strong>-Filtergerät im LepchaCottage installiert werden.Haus- und Strassenbau in <strong>Sikkim</strong>:Man muss sich vorstellen: <strong>Sikkim</strong> ist extrem steil! Da ist nichts mit Kränen, sondernda werden die Träger und Trägerinnen (!), mit mit Steinen und Steinplatten gefülltenKörben, die am Rücken getragen werden, hochgeschickt, den ganzen Tag. Eine ArtRuck-Korb <strong>als</strong>o, aber die Last wird nicht mittels Gurten den Schultern, sondernmittels einer breiten Schlaufe dem Kopf zugemutet. Eine unglaublich aufreibendeArbeit.<strong>Das</strong> Gelände ist sehr steil.


18 Auch im Strassenbau beobachte ich viele Frauen, die <strong>als</strong> Trägerinnen oder <strong>als</strong>Steinklopferinnen arbeiten. Oft tragen sie einen Mundschutz. – Die Häuser befindensich in den allermeisten Fällen in z.T. äusserst steiler Hanglage. Da kommt zuerstein Fundament aus Eisenbeton. Darauf wird mit Bambus ein haushohes Gestellerrichtet und die Pfeiler und Decken gegossen. Anschliessend werden dieZwischenräume mit Ziegelsteinen zugepflastert. Alles, was aus alten Baumaterialienwieder gebraucht werden kann, wird wiederverwendet. Die Fenster sind einfachverglast. Es zieht überall hinein.Morgen Samstag haben die meisten Schüler einen Test, viele in Hindi, andere inEnglisch, Mathe, Biologie oder Geographie. Die wenigen, die keinen Test schreiben,helfen den anderen. Gelernt wird in den Arbeits- und Schlafräumen. Viele gehenauch im Garten herum und rezitieren das Gelernte. Wegen des Renommés derSchule ist es wichtig, dass die Schüler gut abschneiden.Um halb 6 Uhr sollte Meditation sein; wir haben auch damit angefangen, aber dannkommt die Hausmutter Karma und sagt – abbrechen mit der Meditation und zurückzu den Büchern und das Tageslicht nutzen: es ist wieder einmal der Stromausgefallen. Ein Generator für Küche und die anliegenden Räume ist zwarvorhanden, aber selbst der starken Köchin Sumi gelingt es nicht, ihn zum Laufen zubringen (man muss ähnlich wie bei einem Benzin-Rasenmäher schnell und kräftigan der Seilwinde ziehen). Darum sitze ich jetzt in meinem Zimmer und nutze dasverbleibende Tageslicht zum Schreiben. Zum Glück ist mein Laptop aufgeladen.Mein Zimmer ist gross und recht schön. Es hat ein breites Bett und ein schmales,ferner eine Polstergruppe und einen Clubtisch. Dann ein ganz einfaches Regal undeinen Metallschrank; da wird Wäsche aufbewahrt. Zum Bad gehe ich auf dieTerrasse, dort ist ein Sitz-WC, w<strong>of</strong>ür ich dankbar bin. Sogar WC-Papier hängt, wassonst nirgends der Fall ist, da sich alle mit Wasser (Messbecher) reinigen. Lavaboist draussen. Daneben die Dusche, bei der leider der Boiler kaputt ist. Macht nichts.Einen Stock unter mir hat Roshni ihrem Schlafraum. Ich schaue in mehrere hinein –die Kinder studieren. Aber ich muss natürlich ein klein wenig mit ihnen sprechen undschnell einige Bilder machen.


19 Anhängliche Kinder, ob Teenagers oder ob klein. Später werde ich mit den Kindernessen (anstatt mit den Lehrern).Die jungen Lehrerinnen übrigens schauen für mich aus wie Schülerinnen, weil alleso klein sind.Mich umgibt ein stetes Gemurmel der lernenden Kinder. Sie lernen vor allemauswendig. Jetzt, da das Licht langsam abnimmt, fangen auch hier die Hunde an zubellen.Mit Karma, die zu mir ins Zimmer kommt, weil sie etwas holen muss, habe ich einlängeres Gespräch. Sie und andere Lehrerinnen schlafen bei den Kindern imSchlafraum. Karma liegt dort, wo die Kleinsten sind, die aus Platzgründen nicht imLepcha Cottage wohnen. Die Kleinen suchen <strong>of</strong>t ihre Nähe, logisch. Ab Klasse 9schlafen die Schülerinnen alleine. - Bei den Schülern im Boy’s Hostel liegen keineLehrer in den Schlafräumen, sondern die Lehrer schlafen gesondert inMehrbettzimmern. Ich bin froh, das geklärt zu haben; so muss man sich keineGedanken wegen eventuellem Abusus machen.Ich esse gemeinsam mit den Kindern und sitze neben Roshni, die ganz still ihrensehr gefüllten Teller (viel Reis und etwas Daal und Gemüse) mit der Hand isst. <strong>Das</strong>geht so: mit der RECHTEN Hand (die linke ist die unreine Hand und bleibt eigentlichunter dem Tisch) formt sie mit dem Reis Bällchen und mischt Daal und Gemüsegeschickt darunter. Manche Kinder essen wie ich: mit dem Löffel. Messer kommenübrigens auch im Restaurant kaum auf den Tisch. Es wird ein Candlelightdinner, dadas Licht wieder ausgegangen ist. Man behilft sich auch mit Taschenlampen. (Die<strong>von</strong> uns finanzierten teuren Solarlampen sind bestellt, aber noch nicht eingetr<strong>of</strong>fen.)<strong>Das</strong> Licht geht auch irgendwann wieder an. Die Kinder putzen sich die Zähne undwaschen sich. Ich sage meiner Roshni Gutnacht und bleibe natürlich noch 10min.


20 Die Kinder kommen ganz nahe und schwätzen auf mich ein – Miss Miss look… Soherzig! Roshni beginnt aufzutauen. Ich umarme sie, wünsche allen gute Nacht undmorgen viel Glück bei den Tests. Dann steige ich mein Zimmer hinauf und will nochetwas arbeiten. Da klopft es, und 2 junge Damen, mit denen ich schon gestern vielgeredet habe, kommen zu mir ins Zimmer, sie sollen etwas holen für dieHausmutter… das Laptop ist an, und sie wollen sich sehr gerne die Fotos <strong>von</strong>unserer Familie ansehen und wollen wissen, was ich und Beat beruflich machen.Lawyer sage ich, und die eine, Tshering Lepcha, 15Jahre alt, sagt, sie wolle auchJuristin werden… Clever und aufgeweckt, wie sie ist, wird sie ihr Ziel vielleichterreichen.Nun muss ich aber ins Bett: morgen will ich auch um 5 aufstehen und die Meditationmiterleben. Gute Nacht!Samstag, 23.3.Um 5 Uhr bin ich bereit für die Meditation. Es ist noch dunkel. Vor Beginn liest diediensthabende Lehrerin (die ja auch in einem der Schlafräume schläft) alle Namenherunter, und die Schülerinnen antworten jeweils – yes Miss. Heute wird auchabgekürzt, damit alle noch mehr Zeit zum Lernen haben. Aus dem gleichen Grundgibt es auch kein Morgenturnen, sondern es wird gleich in den Zimmern aufgeräumt,und es werden die Böden gefegt. Es wird sogar der Gartenboden gefegt, dort, wodas das Holz gespalten wird für die Gartenküche.Inzwischen ist es hell, halb 6. Die Schüler bekommen Milch oder Milchtee undlernen wieder. Wieder das Gemurmel. – Ich gehe mit meinem Tee in den Garten,


21 wo in der „Gartenküche“ schon das Feuer prasselt, der riesige Wok schondraufsteht. Schülerinnen, die bereits fertiggelernt haben, helfen beimGemüserüsten: Kart<strong>of</strong>feln schälen und schneiden und riesige Mengen an Zwiebelnund auch Knoblauch rüsten. Dann noch Chili und Tomaten, wenig. Im Gespräch mitihnen frage ich sie, wer <strong>von</strong> ihnen noch nie einen Brief <strong>von</strong> seinem Patenbekommen habe. Von den 7 Mädchen ist dies bei 4 der Fall. Diese will ich morgenauch auf meinem Ausflug mitnehmen.Um 7 Frühstück, dann zöpfeln sich die Mädchen ihre Frisuren und lernen. Um 8.45dann das Assembly, der Morgenappell. Hishey winkt mir zu! Dann verschwindenalle in die Klassenzimmer und schreiben in der 1. Stunde ihren Test, entweder Hindioder Englisch.Ich spreche mit dem Vice-Principal Mr. Lenny. Er unterrichtet Englisch und Biologie,ist nicht verheiratet und wohnt im Boy’s hostel. Er ist sehr sympathisch. Dann geheich noch zu Miss Pradhan, Principal der Schule, ins Büro und unterhalte mich mitihr. Da Pause ist, treffe ich den Englischlehrer Mr. Chatterjee an und zeige ihm dasScrabble, das ich für die älteren Schüler gekauft habe. In der nächsten Stunde hater die Kl.9, und ich komme gleich mit ihm mit. Die Stunde wird etwas anders <strong>als</strong>üblich: wir spielen Scrabble.Ich erkläre das Spiel, und es geht los mit 4 Teams, die wie Trauben über dem Spielhängen. Diejenigen, die Spass an der Sprache haben, werden auch Spass am Spielhaben und es an regnerischen Sonntagen hervorholen. Ich sage auch ausdrücklich,dass das Spiel gebraucht werden und <strong>of</strong>fen zugänglich sein soll.


22 Es gibt Mittagessen. All die, die ich frage, meinen, der Test sei leicht gewesen. –Danach fahren Roshni und ich mit dem Fahrer Tinku zum Lepcha Cottage undholen Hishey ab. Tinku setzt uns bei der Fussgängerzone ab. Blöd nur, das amSamstagnachmittag recht viele Geschäfte geschlossen haben. Ein netter Inder gibtmir Auskunft, wo die Geschäfte und Stände sind, die geöffnet haben. Der geheimeund grösste Wunsch beider ist eine Puppe. Dann noch etwas zum Anziehen: fürHishey sind das Bluejeans und für Roshni ein „frog –oder frock“ ?? Irgendwannkomme ich drauf: sie wünscht sich ein „Meitlikleid“, so richtig mit Spitzen und so,wie es bei uns die Südländerkinder tragen. Wir werden fündig: erst die Puppen: siewünschen sich Barbiepuppen Wir erstehen je eine Barbie-Kopie, die für indischeVerhältnisse sehr teuer ist mit je 500 Rupien, heruntergehandelt auf 450 Rupien (=ca. 8 Fr). Zum Vergleich: ein Lehrer verdient an einer Privatschule 7000 Rupien proMonat x 12! – Weiter geht’s zum Sockenstand: für jede ein Paar Socken, und jededarf noch ein Paar Socken für ihre beste Freundin aussuchen. Und der frock: istnicht so einfach, aber dann erstehen wir ein Wunderwerk an Kleid mit Rüschen,Pailletten und Spitzen in hellgelb – Roshni ist glücklich. Preis: gleich viel wie diePuppe, best price 500 Rupies.This is my frock!Dann noch die Jeans, <strong>von</strong> 500 auf 400 R. heruntergehandelt. Wir erstehen nochGuezli für die anderen Kinder und suchen ein Taxi, das uns zurück ins LepchaCottage bringt.


23 Ich führe noch ein Gespräch mit Miss Keepu. Sie berät mich, was ich morgenSonntag mit den Kindern machen soll. Dann zeigen ihr Hishey und Roshni ihreSchätze, und Miss Keepu kommentiert.- Bevor wir uns für ein Taxi an die Strassestellen, spielen wir noch mit den Kleinsten. Die sind soooo süss! Eines habe ichbesonders in mein Herz geschlossen – ein 5-jähriges Mädchen, das aussieht wie 3und auf einem Auge ganz stark schielt (es ist mit anderen Kindern zusammenangemeldet im Augenzentrum in Siliguri). Endlich hält ein Sammeltaxi, und wirsteigen ein. Laute indische Musik – nach 5 min bitte ich, doch bitte die Musik leiserzu drehen… Ich bin müüüde und muss immer wieder husten. Ich werde heiser.Aber eben: in der Schule laufen ganz viele Nasen, und es wird gehustet.Die Kinder sind wieder am Meditieren, derweil ich viel trinke und mir die Flaschenmit gereinigtem Wasser auffülle. (Ich habe übrigens auch eine grosseThermoskanne mit heissem Wasser auf meinem Zimmer.) – Dann gibt es Essen:Reis mit Rindfleischstücken, Knochen inklusive und zweierlei Gemüse. Sehr gut,das Fleisch natürlich so, wie man es bei uns gar nicht kaufen kann… Die Teensfragen mich, ob es mir schmeckt. <strong>Das</strong> tut es, doch das Fleisch… schmackhaft zwar,aber durchzogen mit Sehnen und anderem. Ich lobe das Küchenteam gebührlichund versichere ihnen, sie würden sehr gut kochen (was auch er Fall ist).Anschliessend halte ich 3 Interviews. Dann gehe ich in den Trakt, wo die Klasse 9untergebracht ist und richte den Mädchen, die ich morgen auch ausführen will, aus,dass wir nach dem Frühstück aufbrechen. Ich will dann noch zu den Kleineren, dieam Samstagabend einen Film schauen dürfen (Kinder-Bollywood), aber dieNeuntklässler lassen mich nicht gehen und fragen nach Fotos meiner Familie.class 9


24 Also hole ich mein Laptop und zeige sie ihnen. Die Mädchen schauen, staunen undfragen. Am meisten interessiert sie alles, was mit der Familie zusammenhängt. Icherzähle. Dann fange ich mit den <strong>Sikkim</strong>-Fotos an – sie kriegen nicht genug! Um 9Uhr aber breche ich auf. 3 Girls helfen tragen: Laptop, Ordner, Fotoapparat, Jackeund Schal. Neugierig schauen sie sich im Zimmer um. Zum Abschied fragen siemich noch, ob ich hier oben ganz allein nicht Angst habe… (<strong>Sikkim</strong>esen sind sehrabergläubisch; jedes Auto hat auf dem Armaturenbrett eine batteriebetriebeneGebetstrommel aus Messing aufgeklebt gegen die bösen Geister.)Jetzt ab ins Bett – es ist schon bald 11 Uhr, und morgen Tagwache um 6 zum (vorkurzem eingeführtem) Yoga.Gangtok:Die Hauptstadt <strong>Sikkim</strong>s liegt im Ost-Distrikt des Landes. Gangtok ist in Hanglagegebaut. Es ist hier extrem steil – dass man sich wundert, wie hier überhaupt gebautwerden kann. Entweder geht’s rauf oder runter, immer. Die Strassen sind inschlechtem Zustand und weisen viele Löcher auf, die nach und nach mitfaustgrossen Steinen aufgefüllt werden. Viele Frauen arbeiten auf dem Bau, <strong>als</strong>Steinklopferinnen und Trägerinnen. Es ist fast nicht zum Anschauen. Doch: dieseFrauen haben eine Arbeit und sind es gewohnt, so hart zu arbeiten. Vermutlich istes die Religion und der Gleichmut, der sie so viel aushalten lässt. – In der Stadt gibtes auch ungeteerte Strassen, die nach dem Regen ganz aufgeweicht sind.Weil die Hanglage so steil ist, sind die Strassen im Zentrum so angelegt, dass mannicht zu steil hinaufgehen muss. Oft folgen Haarnadelkurven, und dort ist es dannsehr steil bis zur nächsten Häuserzeile, die dann wieder relativ eben ist. Zwischenden Häusern sind enorm steile enge und <strong>of</strong>t sehr marode Treppen angelegt, wo fastkein Tageslicht hingelangt. Diese Treppen verbinden <strong>als</strong>o die obere mit der unterenStrasse. Steigt man in diesen schmutzigen und dunklen Abgrund, gelangt man zukleinen zimmergrossen Handwerksbetrieben. In so einem Betrieb, einerSchneiderei, habe ich meine beiden indischen Blusen fertigen lassen. (Kostenpunktfürs Schneidern <strong>von</strong> 1 Bluse, einfache Machart ohne Knöpfe und Reissverschluss:175 Rupien, ca. Fr. 3.70. In der zimmergrossen Schneiderei stehen 3 Singer-Trampi-Nähmaschinen. Der Chef nimmt mir die Masse, und 2 Näher arbeiten anihren Maschinen. Es gibt einige St<strong>of</strong>fballen, und fertige Anzüge sind aufgehängt. -Als wir am nächsten Abend die Sachen abholen wollen, fällt immer wieder derStrom aus. So steigen wir, weil es dort unten stockdunkel, ist wieder hinauf undkommen später zurück. Weitere Geschäfte, die ich sehe: Barbiere, Handwerker, diemit Lötkolben arbeiten und Schneider, <strong>von</strong> denen es viele gibt. Mein Internetcafé


25 liegt am Beginn eines solchen Abganges. Wäre ich allein gewesen – ich hätte michnie da runtergetraut. Aber Nina hat ja langjährige Erfahrung. Solche Abgänge habeich gestern mit Roshni und Hishey natürlich nicht gewählt. – Es gibt auchHändler“strassen“, die treppenartig angelegt sind. Rechts und links gibt es einfachekleine Läden aller Art und <strong>of</strong>t davor Stände mit Kleidern, Spielsachen, Schuhen. Esgibt auch eine Fussgängerzone, den sogenannten GM Market. Angenehm, weilsonst immer und überall Autos, vor allem Taxis und Sammeltaxis, aber auchvermehrt private Autos fahren (wer die Fahrprüfung machen will, muss auchimstande sein, sein Auto selbständig zu reparieren). Es herrscht ein permanentesGehupe, aber anderer Art <strong>als</strong> bei uns: nicht ungeduldig oder aggressiv, sondernkurz antippend und noch weitere Arten. Je nachdem bedeutet die Hup-Spracheetwas anderes; man lernt dies in der Fahrschule. – Der Markt ist in einem Gebäudeuntergebracht: ebenerdig der Frucht- und Gemüsemarkt und einige Stände mitgetrockneten Fischen, deren eigenartiger Geruch uns schnell weitergehen lässt. Imnächsten Geschoss dann der Kleidermarkt, wo wir auch die Jeans für Hishey finden.Da thront der Händler barfuss zuoberst auf seinem Stand auf den Kleidern undkraxelt herunter, wenn Kundschaft kommt…In der Regel sind die Menschen gut gekleidet, die Frauen in den traditionellenbodenlangen schönen Gewändern im Lepcha-, Bhutia- oder Nepali-Stil oder, dieInderinnen, <strong>von</strong> denen sehr viele Händler sind, im Sari. Man sieht aber auch jungeFrauen in westlicher Kleidung. Die Männer tragen lange Hosen und das Hemddarüber. Oft sieht man auch Mönche in ihren roten und gelben Gewändern (je nachbuddhistischer Richtung). Es riecht nach Gewürzen und nach Rauch und Abgasen,aber es stinkt nicht.Sonntag, 24.3.Ich friere nachts und schlafe schlecht. Husten und H<strong>als</strong>weh. - Um 6 stehen dieSchüler auf zur Meditation. Ich lasse mir heute mehr Zeit und ziehe mein anderesindisches Gewand zur Feier des Tages an. Als ich hinuntergehen will, sehe ich: dasgrosse Reinemachen ist im Gange; alle Stiegenhäuser werden geschwemmt undgeschrubbt. Alle Schüler haben ihre Schuluniformen gewaschen und zum Trocknenaufgehängt. Eigentlich steht neuerdings jeden Sonntag Yoga um 6.30 Uhr auf demProgramm, heute fällt es aber seitens der Lehrerin aus.


26 Es ist ein herrlich sonniger und warmer Tag. In der Gartenküche sind Schüler derKlasse 10 (am nächsten Sonntag die Kl.9) daran, Puris zu formen; das sindChapati-ähnliche Fladen, die dann im grossen Wok im heissen Öl frittiert werden.Ich erzähle ihnen, dass ich daheim an den Wochenende jeweils einen Zopf backeund werde gebeten, ihnen dies zu zeigen. Manche Mädchen stellen auch kleineZöpfe her, die herausgebacken ganz niedlich sind. Andere sitzen auf der Wiesebeim Spielplatz und lernen. – <strong>Das</strong> Sprechen fällt mir heute sehr schwer – ich bintotal heiser. Die Puris schmecken sehr gut. Dazu gibt es eine mir zu salzige undrecht scharfe Sauce.Puris im WokNach dem Frühstück werden wir <strong>von</strong> Tinku abgeholt; wir, das sind Roshni, und dreiweitere junge Damen aus der 9. Klasse, die ich gestern in ihrem Zimmer besuchthabe: Pema, 16, Ongmit, 15, und Tshering, 16. Sie haben <strong>von</strong> ihrem Paten noch nieeinen Brief oder ein sonstiges Lebenszeichen bekommen; deshalb will ich sie zum


27 Ausflug mitnehmen. Im Lepcha Cottage holen wir Hishey und ihre beidenFreundinnen Younden und Uden ab, und Tinku bringt uns zumKloster Enchi oberhalb Gangtok. Wir treffen auf viele Knaben-Mönche, und schonvom Eingangstor an drehen wir die Gebetsmühlen. Ich bin froh, die Neuntklässlerdabeizuhaben, die sich doch in Englisch viel besser ausdrücken können <strong>als</strong> Hishey<strong>von</strong> der 4. Klasse. Sie erklären mir <strong>als</strong>o alles. Die Kinder bringen die Opfergabenmit: Reis wird neben dem heiligen Schrein in ein Blumenbeet verstreut und in den<strong>of</strong>fenen Ofen gegeben, aus dem es weihrauchähnlich duftet. Als Gabe hänge ichmein zu diesem Zweck mitgebrachtes weisses Foulard an den Zaun zu den vielenanderen, die schon dort hängen. Wir gehen 3x um den Schrein und betreten ihndann barfuss. Im Schrein hat es Bänke; darauf dürfen aber nur die Mönche sitzen.Wir legen die Hände aufeinander oberhalb des Kopfes, auf Kopfhöhe und aufBrusthöhe, dann knien wir nieder und verbeugen uns, so wie es die Muslime tun.Dies 3x. Dann gehen wir zum Buddha-Altar und legen unser Opfer hin. Da liegt vielGeld in Münzen und Scheinen und auch in Naturalien: ich sehe Bananen, Gemüse,Orangensaft, Reis.Später steigen wir hinunter zur White Hall zur prächtigen Orchideen-Ausstellung.Orchideen in einer noch nie gesehenen Vielfalt. Diese Permanent-Ausstellung istüberdacht wegen des Monsunregens. – Im Schatten machen wir eine Trink- undEsspause, und die Girls entscheiden, dass sie noch zum GN Market gehen wollen,das ist die Fussgängerzone. Alle dürfen sich noch etwas aussuchen, die Kleineren


28 wollen alle Schlüsselanhänger-Püppchen, und Grossen wollen - nichts. Ich machedann einige Vorschläge – und sie wünschen sich doch etwas: Leggings, die wirschliesslich finden in verschiedenen Farben. – Zurück nehmen wir ein Taxi zumLepcha Cottage. Dort spiele ich noch ausgiebig mit den Kleinsten, unterhalte michmit Miss Keepu und verabschiede mich schliesslich <strong>von</strong> Hishey. – Wir, die nochweiter müssen nach Chongey, suchen vergeblich ein Taxi. So gehen wir zu Fuss biszur Stelle, wo die Strasse frisch geteert wird. Die Autos stehen beidseitig in langenSchlangen; die meisten sind Taxis, entweder kleine oder Geländewagen. Autos wiebei uns sieht man keine hier. Nach der Baustelle fragen die Girls, ob uns jemandmitnimmt, und siehe da, ein Privatauto in sehr marodem Zustand kehrt mühsam undnimmt uns für 100 Rupien mit. Es wird recht eng: vorne der Fahrer und ich mitRoshni auf dem Schoss und hinten 6 Jugendliche; es haben sich nämlich noch 2Mädchen, die im Lepcha Cottage waren, und Ongden, ein Ex-Schüler, der jetzt inSchule im Büro arbeitet, dazugesellt.Frühes Abendessen um 17.30 Uhr, damit anschliessend noch Freizeit zumFernsehen bleibt, das alle lieben. Ich soll doch bitte mitschauen, und eine Schülerinholt mir einen Stuhl. Alle anderen ausser Karma, der Hausmutter, sitzen nämlich aufdem Boden, und der Raum ist gerammelt voll. Es ist eigenartigerweise ein kitschigerKung-Fu-Film auf Chinesisch… Ich verabschiede mich bald. – Später mache ichnoch einige Interviews, schwierig mit meiner Heiserkeit; ich kann nur noch flüstern.Klosterregeln für Nichtkenner:Man drehe die Gebetsmühlen immer nur mit der rechten Hand. Um den Schreingehe man nur im Uhrzeigersinn und dies 3x. Man nehme einen weissen Schal zumOpfern mit und Geld für die Opfer-Butterlichter.Montag, 25.3.Um 5 Uhr höre ich die Glocke. Ich habe recht gut geschlafen. Alle ausser ich stehenauf; ich bleibe noch eine halbe Stunde liegen und geniesse: Die Kinder beginnen dieMeditation mit dem immergleichen Singsang, ein gesungenes Gebet. Dann wird esstill. Ausser Naturgeräuschen ist nichts zu hören, nur das Zirpen und Zwitschern derVögel, das Gurren der Tauben und das Krähen eines Hahns. Um halb 6 beginnt dasMorgenturnen, eine Schülerin steht auf dem grossen Platz vorn und gibt dieAnweisungen und den


29 Takt an, immer auf 8, aber ohne Musik. Die Kinder lieben das Turnen trotzdem. Ichmache natürlich mit. Dann werden die Räume gefegt, und ich mache derweil mit 2weiteren Schülerinnen ein Interview, die vorab <strong>von</strong> ihrer Zimmerältesten dieEinwilligung einholen müssen. Alle ziehen die Schuluniform an: ein grauerFaltenrock, die Kleinen im grauen Ueberkleid, dazu eine Bluse und einendunkelroten Pullover mit dem Schul-Emblem. Dazu Kniesocken und Lederschuhe.(Bei den Buben dasselbe mit Hosen, aber ich wohne ja hier im Girls’s hostel.) Eswerden wieder die kunstvollen Frisuren geflochten bei denjenigen, die kein Kurzhaartragen. Zur Schule ist es Pflicht, 2 Zöpfe zu flechten; Rossschwanz oder eingeflochtener Zopf ist verboten. (Ist die Schule vorbei, ziehen sie sich dieHausuniform an: dunkelroter Rock und ein Poloshirt beliebiger Farbe. Nur amWochenende, <strong>als</strong>o ab Samstag Mittag, oder wenn sie seltenen Ausgang habendürfen sie Freizeitkleidung haben und Jeans tragen. – Um 7 Frühstück. Immer amMontagmorgen gibt es Reis mit einer Art runder Linsen. Ich hole mir <strong>als</strong> letzte meinFrühstück und bekomme noch <strong>von</strong> den Linsen; der Reis ist schon ausgeschöpft.Dazu den guten Milchtee mit etwas Zucker. – Dann ertönt die Glocke; ich frage mitmeiner eher noch heisereren Stimme <strong>als</strong> gestern, weshalb sie ertönt – assembly:alle stehen in Reih und Glied und zeigen ihre Hände: es wird geprüft, ob die Nägelsauber sind oder geschnitten werden müssen. Für die Kleineren besorgen das dieälteren Schülerinnen, mit dem Nagelzwicker. Dann fangen die Schüler an zu lernen,setzen sich in den Sonnenschein oder drinnen auf die Bank. Die Schlafräume sindaufgeräumt, sauber und leer.


30 Nach dem Morgenappell besuche ich noch eine English I-Lektion der 10. Klasse(English I ist Literatur, English II ist Grammatik). Dann packe ich meine Sachen, undschaue überall vorbei, um mich zu verabschieden. Mit Baichung regle ich noch dieBezahlung des Inlandfluges und lasse mir <strong>von</strong> ihm Tipps über die Höhe desTrinkgeldes für Küchencrew und Hausmutter geben. 500 Rupien p/P ist ein guterAusdruck der Wertschätzung für die grosse Arbeit, die sie zum Wohle der Kinder mitHingabe leisten. Leider wird es nicht mehr reichen, Hishey und Roshni noch einmalin die Arme zu nehmen, da wir wegen der Strassensperrung um 12 abfahrenmüssen; zum Glück habe ich mich gestern <strong>von</strong> ihnen gebührlich verabschiedet. Zurrechten Zeit kommen die PP-Kinder heraus, und mein Liebling Pundimit Lepcha(genannt Pandi), das Kind mit dem Schielauge, kommt gleich zu mir gesprungen.Ich drücke sie und schwinge sie hin und her; das liebt sie! Dann müssen wir gehen,und ich steige mit einem dicken Kloss im H<strong>als</strong> in den Jeep.Baichung lässt es sich nicht nehmen, mich nach Rumtek in Helen Kämpfs BambooRetreat zu führen. Wir passieren das heikle Strassenstück grad zum richtigenZeitpunkt und fahren zum Lepcha Cottage, wo ich mich <strong>von</strong> Miss Keepu und auchMrs. Kesang verabschieden kann. Sehr herzliche Verabschiedung; Miss Keepuschenkt mir ein Buch über Meditation „A Mental Path“. – Wir fahren durch die Stadtsüdwärts – es geht immer nur bergab; Gangtok hat über 500m Höhenunterschied.Wir lesen Chunzom bei ihrem Office auf und fahren die schöne Strecke nachRumtek.Wir kommen im Bamboo Retreat an, und es ist eine Oase des Friedens in einemwunderbaren Garten. Wo immer möglich, wurde zum Bau und zur Inneneinrichtungheimischer Bambus verwendet. Mein Zimmer ist überaus einladend in seiner


31 persönlichen Gestaltung. Wir schielen in andere Zimmer – jedes hat einen Namenund ist entsprechend farblich gehalten. Meines heisst Mandarin, und ist inOrangetönen gehalten. – Da wir alle noch nichts gegessen haben, lade ichChunzom und Baichung zum Lunch ein – die Küche bereitet uns ein schmackhafteschinesisches Nudelgericht zu. Wir plaudern noch lange; dann brechen die beidennach herzlicher Verabschiedung auf. So bin ich nun alleine, was meiner Stimmesehr guttun wird; ich habe sie gestern und auch heute nicht schonen können. Ichsitze nun mit einem Kaffee auf meiner Terrasse, geniesse den Blick auf die andereSeite des T<strong>als</strong>, wobei sich dahinter ein weiteres Tal auftut, an dessen HangGangtok klebt. Vor mir steht ein riesiger Bambus mit hüftbreiten Ausmassen,daneben schwingen Gebetsfahnen. Nach einem Gewitter hat es nun aufgehört zuregnen, und die Luft ist angenehm feucht. - Da Rumtek tiefer liegt, sind wir hier ineiner subtropischeren Vegetation <strong>als</strong> in Gangtok. Jetzt gehe ich auf einenSpaziergang.Ich habe die Dusche und das Haarewaschen sehr genossen (obwohl: hier weissman nie, ob genug Wasser aus dem Hahnen kommt und ob es bis zum Schlusswarm bleibt.) Dafür ist beim Zuziehen des Duschvorhangs die Stange aus der Wandgekommen… Alles egal: Hauptsache Dusche nach 4 Tagen ohne (in der Schule warbei meiner Dusche der Boiler defekt)! – Es giesst gerade wieder wie aus Kübeln,kurz, aber heftig; so hat es vorher bei meinem etwas kurz geratenen Spaziergangauch gegossen. Langsam meldet sich der Hunger.Unten in der Halle ist an 2 Tischen für total 3 Personen gedeckt. Die beiden anderenGäste sitzen schon. Es sind dies Alexandra und Tom aus Suhr/AG, beide sehr nett.Wir setzen uns gemeinsam an einen Tisch und unterhalten uns sehr gut. Die beidenhaben eine 3-wöchige <strong>Sikkim</strong>reise mit Wanderung&Kultur bei Helen Kämpf gebucht.Später kommt ihr Guide Tsheten Lepcha <strong>von</strong> Terralaya dazu, und wir plaudern amKaminfeuer bis um 11, was meiner Stimme wieder schlecht bekommt…Dienstag, 26. 3.Wollte ich heute zwecks Schonung der Stimmbänder den Tag nicht ruhig angehenlassen? Doch: beim Frühstück fragen mich Alex und Tom, ob ich nicht Lust hätte,sie auf ihrer Tour zu begleiten. Natürlich habe ich Lust, und so marschieren wir umhalb 10 los durch den subtropischen Wald mit viel Baumfarn, mit Bäumen behangenmit Orchideen, mit Sträuchern, Kräutern und Blumen. Im Wald blüht die Amaryllishier zu Ostern wie bei uns zur Weihnachtszeit in den Töpfen. - Tsheten weiss soviel! Da gibt es Farn, dessen eingerollte Spitzen die Lepchas braten und an dessenWurzel kapselförmige melonenartige Wasserspeicher in Nussgrösse hängen und


32 <strong>von</strong> durstigen Pflanzenkundigen ausgegraben und gegessen werden können. Erzeigt uns Kardamom- und Korianderpflanzen und einige Heilkräuter gegenBluthochdruck und zur Desinfektion. Sein immenses Wissen hat er <strong>von</strong> seinemGrossvater. Obwohl sein Bruder Arzt ist, kuriert er sich ausnahmslos mit seinenHeilpflanzen und sagt, er hätte noch nie ein schulmedizinisches Medikamentgenommen.Wir wandern über Terrassen, die vor der Reisanpflanzung stehen (der Monsun wirdim Mai einsetzen, und das Wasser brauchen die Reispflanzen dann). Wir kommenan Lepchasiedlungen vorbei und sprechen mit den Leuten, <strong>von</strong> denen noch manchein den alten Lehmhäusern im Riegelbau wohnen. Sie leben <strong>von</strong> kleinenLandwirtschaften mit 3 Kühen, einer Sau und Hühnern, <strong>von</strong> Gemüse- undReisanbau. - Wir marschieren weiter bis zum neuen Kloster Ranka. Tsheten erklärtuns die verschiedenen Richtungen im Buddhismus. - Es ist fast 3 Uhr, <strong>als</strong> wir müdeund hungrig wieder zum Hotel gelangen und bekommen eine gehaltvolle köstlicheGemüsesuppe serviert.Da Heiserkeit und Husten mich nach wie vor quälen, bleibe ich nach dem Essenvernünftigerweise im Zimmer und lege mich hin. Pema Lhazey Lepcha, Jg. 1988,ehemalige Schülerin vom Lepcha Cottage und jetzige Managerin des BambooRetreats, kümmert sich um mich und bringt mir köstlichen und wohltuenden Ingwer-


33 Pfeffertee. So verpasse ich den Besuch des Klosters Rumtek, wohin die anderennach dem Mittagessen aufgebrochen sind, um den Gesängen der Mönche zulauschen. Später werden sie mir sagen, dass wegen des Besuchs des Dalai Lamain Gangtok die Mönche heute nicht da sind und dass anstatt der erwartetenMeditationsgesänge das Kloster wie ausgestorben ist.Später erzählt mir Pema aus ihrem Leben <strong>als</strong> Halbwaise und <strong>von</strong> ihrer Zeit bei MissKeepu. Sie war eines der ersten Kinder in ihrer Obhut. Pema zeigt mir alte Fotos. ImAugust kommt sie zu Helen Kämpf in die Schweiz und wird auch einen Besuch beimBoard machen – das freut mich sehr, und ich lade sie ein.Draussen giesst es wieder in Strömen. Sind das schon die Monsun-Vorboten? - <strong>Das</strong>Nachtessen ist köstlich, und wir plaudern wieder ausgiebig am Cheminéefeuer;Pema stösst dazu. Tsheten, Alex und Tom versuchen, mich zum Verlängern zuüberreden und sie auf ihrer Tour in den Norden und Osten sowie zur P.O.S. (stehtbei ihnen im Programm) zu begleiten… aber für morgen ist das Taxi bestellt, dasmich nach Darjeeling bringen wird.Mittwoch, 27.3.Die Fahrt nach Darjeeling dauert 4 Stunden (Taxikosten 3000 R). An der <strong>Sikkim</strong>-Westbengalen-Grenze muss ich meinen Pass abstempeln lassen, damit bewiesenist, dass ich ausgereist bin. Wir müssen ganz hinunter in die Ebene fast aufMeereshöhe fahren und dann wieder hinauf auf abenteuerlichen Serpentinen nachDarjeeling, das auf rund 2200m ü/M liegt, in Hanglage wie Gangtok, aber vielleicht


34 Teepflückerinnennoch spektakulärer. Wir fahren an zahlreichen Teegärten vorbei. <strong>Das</strong> Teepflückenist Frauensache, die Weiterverarbeitung die der Männer. – In Darjeeling hockt derNebel; wir sehen <strong>als</strong>o nichts. Ich beziehe im Hotel Bellvue mein „Deluxe Zimmer“einfacher Natur, aber mit neuem Bad. Dieses Hotel habe ich wegen seiner zentralenLage gewählt. Ich mache ein bisschen Shopping und gehe dann in einvegetarisches Restaurant essen. Um 9 Uhr bin ich wieder im Zimmer. Da eineGlühlampe defekt ist, kommt ein junger Mann und will sie auswechseln, aber da istwohl etwas am Kabel kaputt. Wir kommen ins Gespräch. Als er hört, dass ich ausder Schweiz komme, fängt er <strong>von</strong> Roger Federer zu schwärmen an… Er ist 28,heisst Sonamdorgee und ist tibetischer Flüchtling. Seine Eltern wohnen in Bhutan.Donnerstag, 28.3.Auch heute scheint die Sonne nur zeitweise und dann auch nur milchig. Der Nebelzieht weit ins Tal hinunter, leider keine Fernsicht. Ich mache ausgiebig Shoppingund Sightseeing und esse ein Zmittagznacht um 4 Uhr. Dann streife ich noch weiterdurch die Oberstadt und gehe Tee trinken, wo ich mit einem Engländerpaar, die ichim Bookshop kennengelernt hatte, ins Gespräch komme. Wir plaudern angeregtzweieinhalb Stunden lang und tauschen, natürlich, die E-Mail-Adressen aus. Siewollen nämlich nach <strong>Sikkim</strong> reisen und sich nun auch unser Hilfswerk anschauen. -An der Reception warten schon Sonamdorgee und sein nepalesischer Kollege. Daich heute an eine Demo zur Befreiung des Gorkhalandes geraten bin (Darjeelingund Umland wollen, ähnlich <strong>Sikkim</strong>, eigener Bundesstaat werden und nicht mehr anWestbengalen angeschlossen sein.), reden wir darüber, da der Nepalese ebenGorkha ist. Ich mache noch Fotos und verspreche, sie zu schicken.


35 Darjeeling <strong>von</strong> meinem Hotelfenster ausKarfreitag, 28.3.Nita LepchaIch wache früh auf und kann es ganz gemütlich nehmen. <strong>Das</strong> Frühstück bekommeich ins Zimmer serviert. Alles ist bereit zur Abreise. Meine K<strong>of</strong>ferträgerin Nita kommt


36 mich abholen, und wir gehen zusammen zum Treffpunkt mit demselben Fahrer wievorgestern. – Nita Lepcha ist 30 Jahre alt und hat 5 Söhne zwischen 5 und 15Jahren. Sie ist sehr sympathisch und <strong>of</strong>fen, und wir können miteinander reden,soweit ihr Englisch dies zulässt, bis mein Fahrer kommt. So nimmt <strong>als</strong>o meinAufenthalt hier ein Ende.Die Fahrt nach Bagdogra geht, anders <strong>als</strong> bei der Hinfahrt, entlang der Schienendes legendären Toy-Trains. Sie ist atemberaubend schön, obwohl der Dunst tiefhängt. Wir kommen immer wieder an Strassendörfern vorbei. Es ist sehr spannendzu sehen, wie sich das Leben auf der Strasse abspielt: Da steht eine Trampi-Singer-Nähmaschine am Rand, und der Schneider sitzt dahinter. Die Frauen waschen amStrassengraben auf einer darüber gelegten Steinplatte die Wäsche, bürsten sie undschwemmen sie mit dem Schlauch ab. Die Wäsche hängt zum Trocknen anWäscheleinen entlang der Hausmauern und liegt auf Dächern, was wegen derextremen Hanglage einfach ist. Natürlich flattern auch die bunten Gebetsfahnen undmanchmal auch weisse, was bedeutet, dass jemand gestorben ist (weiss ist dieTrauerfarbe). Am meisten erstaunt mich, dass ich hier etliche Missionarsschulensehe sowie Kirchen und Marienstatuen. Auch mein Fahrer – es ist der Bruder desFahrers <strong>von</strong> gestern – ist Christ und hier auf das christliche College in Kurseonggegangen. Trotzdem sind auf seinem Armaturenbrett eine nicht-christlichebatteriebetriebene sich drehende Gebetsmühle, ein Buddha und weiteres aufgeklebtzum Schutz vor Unfällen… – Zum ersten Mal überhaupt kommen wir an einemUnfall vorbei: 2 Geländewagen-Sammeltaxis haben einander touchiert, sieht nachgeringem Sachschaden aus. Die Leute stehen betr<strong>of</strong>fen am Strassenrand.batteriebetriebene GebetsmühleDie Vegetation erinnert mich auf der Höhe <strong>von</strong> Darjeeling an Kanada. Auch hierwachsen - durch die geografische Höhe und den Nebel begünstigt - Baumriesen,vor allem japanische Zedern. Man blickt in einen Urwald mit ganz viel Baumfarn,


37 Moos, Rhododendren hoch wie Bäume und Orchideen an Bäumen hängend. SattesGrün. Mit dem Herabsteigen ändert die Vegetation; die Zedern verschwinden nachund nach, und langsam wird die Vegetation subtropisch. Es kommen riesigeMangobäume und Bananenstauden, und ich entdecke ein Hinweiseschild: VorsichtElefanten. Diese kommen aber erst mit der Dunkelheit aus den Wäldern, wie mir derFahrer erklärt.In der Ebene ist es recht warm, geschätzte 25°. Wir kommen zeitig am FlughafenBagdogra an; ich habe noch 3 Stunden bis zum Start. Aber: das Prozedere ist einanderes <strong>als</strong> bei uns, und vor allem geht alles laaaangsam. Hinzu kommt die Abreisedes Dalai Lama – er war zu Einweihungen <strong>von</strong> einigen buddhistischenEinrichtungen in Gangtok und Melli angereist. Da haben er und seine Entouragenatürlich Vorrang. - Wir müssen <strong>als</strong>o lange anstehen für das „baggage screening“.Dann, zum Einchecken, geht es recht flott, und ich bringe meinen Wunsch nacheinem Fensterplatz rechts an (dann kann ich, falls das Wetter es zulässt, auf denHimalaya sehen). Jetzt sitze ich beim Gate und warte.Im Flugzeug sitzt in der 1. Reine der Dalai Lama. Er schaut auf und lächelt mich an,und ich lächle zurück. Bei ihm sitzen noch 2 weitere Mönche. Der Rest der 3 Reihen1. Klasse bleibt frei. – Der Himalaya ist vergessen… Ich nehme meinen Fensterplatzein und muss vor Ergriffenheit gleich weinen; der Dalai Lama hat mich um meineFassung gebracht. Die Dame mit Sitz am Gang greift gleich über den jungen Sikhmit Turban, der neben mir sitzt, stupst mich an und fragt auf Amerikanisch: Are youallright? – Die Amerikanerin trägt ein Häkelkäppi. Sie ist eine Amish aus demruralen Pennsylvania und erweist sich über unsere Reise hinweg evangelikalgeschwätzigund will den armen Sikh (what is that??) gleich mit einer Bibel imMiniformat beglücken… Als ich den Grund meines Ausbruchs erzähle, nickt derjunge Mann wissend, und die Amish fragt: who is that?? Eine Komödie! Die guteFrau rückt gleich mit ihren Familienfotos heraus – 4 Kinder und bereits 11 Enkel,und sie sei 56 Jahre alt… Der junge Sikh mit dem komplizierten Namen sieht sichgenötigt, uns seine Eltern und Schwester per Handy-Fotos zu zeigen (do YOU havefamily?? – Die Gute wollte natürlich wissen, ob er schon verheiratet sei und Kinderhabe..). Er arbeitet bei der Air Force <strong>als</strong> Engineer und hatte 3 Wochen in Bagdograzu tun (wo viel Militär zum Grenzschutz stationiert ist).Nach einer Weile sehe ich, dass 2 tibetisch aussehende Männer beim Vorhang zur1. Klasse stehen und dann dahinter verschwinden. Als sie wieder hervortreten, frageich den dabeistehenden Flight Attendant, ob ich wohl auch zum Dalai Lama dürfe.Ich darf! Ich darf eintreten und bin nun ganz alleine mit ihm und den beidenMönchen. Ich lasse mich im Kniestand vor ihm nieder, damit ich auf Augenhöhe mitihm bin. Der charismatische Dalai Lama nimmt meine Hand und hält sie lange und


38 führt sie zum Mund. Meine Tränen, sie rinnen, und ich streiche sie weg. Dem Mönchdaneben scheint die Wirkung, die der Dalai Lama auf Besucher ausübt, bekannt,denn er nickt wissend. So verstreicht einige Zeit. Ich sage ihm, ich hätte geahnt, erwürde in unserem Flugzeug nach Delhi sein, dass ich aber nie im Traumangenommen hätte, ihn persönlich kennenlernen zu dürfen. Er will wissen, woherich komme. Als er hört, ich käme aus der Schweiz, sagt er, er würde im April dorthinreisen. Ich antworte, dass meine Tochter Anita sich für die Teilnahme seinerVorlesung an der Uni Bern beworben habe… Er fragt, ob ich denn Ferien gemachthätte, und ich erzähle ihm vom Lepcha Cottage, <strong>von</strong> Miss Keepu und <strong>von</strong> meinemEngagement dort. „I know Miss Keepu“ sagt er – das wusste ich. Da kommt dieStewardess und gibt dem Dalai Lama mein kleines Brieflein, das ich ihmgeschrieben hatte. Schliesslich verabschiede ich mich – namasté! – Die Gefühle,die der Dalai Lama mit seiner grossen Persönlichkeit in mir ausgelöst hat sind mitWorten nicht zu beschreiben. – Was ich doch für ein unbeschreibliches Glückgehabt habe! Ich werde diese Begegnung nie vergessen! Sie hat meiner <strong>Sikkim</strong>-Reise die Krone aufgesetzt!Es spricht sich herum, wer vorne sitzt; einige haben Glück wie ich, doch bald ertöntdas fasten-seat-belt-Zeichen, und die Stehenden werden gebeten, ihre Plätzeeinzunehmen, <strong>of</strong>fensichtlich zur Schonung des Dalai Lama, denn Turbulenzen gibtes keine. Bei Verlassen des Flugzeuges bekommen wir ihn nicht mehr zu Gesicht.Am neuen schönen Flughafen in Delhi nehme ich mir auf Anraten <strong>von</strong> Nina für 4Stunden ein Zimmer; es tut sehr gut, sich auf dem bequemen Bett austrecken undeine Runde schlafen zu können. Nach der Dusche fühle ich mich richtig gut, und ichgehe eine Kleinigkeit essen. Dann wechsle ich zum internationalen Bereich undchecke ein. Es folgt ein ausgiebiges Durchstöbern der schönen Geschäfte, und ichgönne mir zur Feier des Tages eine wunderschöne bedruckte Kaschmirstola einesbekannten indischen Designers.Im Flugzeug sitze ich neben einer netten Dame aus Toronto indischer Abstammung.Der Flug ist angenehm, Wir bekommen noch einen kleinen Imbiss, <strong>von</strong> dem ich nurein paar Bissen nehme, denn auf einmal überkommt mich Bauchgrimmen undDurchfall… Da hatte ich doch 14 Tage Ruhe, dafür jetzt im Flugzeug… Oder ist esder Dalai Lama-Effekt? Ich muss <strong>als</strong>o 3x huschen, dann habe ich Ruhe undversuche, etwas Schlaf zu finden. Pünktlich landen wir nach 6 Uhr in Zürich.Auf dem Bahnh<strong>of</strong> in Basel darf ich dann Beat und Anita in die Arme schliessen.*****

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