Unser Haus der Kinderrechte - Amadeu Antonio Stiftung
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Welche Dinge sind Dir im<br />
Leben wichtig, was brauchst<br />
Du, um ein gutes, glückliches<br />
Leben führen zu können?<br />
Was brauchst Du, damit Du<br />
Dich in Deiner Schule wohl<br />
fühlst?<br />
Aufgrund ihres Interesses am Thema erklärten sich die Lehrerinnen nach zwei Vorgesprächen<br />
trotz ihrer Bedenken bereit, mit uns zusammenzuarbeiten und zunächst zweimal zwei<br />
Unterrichtsstunden für die ersten beiden Workshops in je<strong>der</strong> Klasse zur Verfügung zu stellen.<br />
Das Projekt wurde daraufhin im Kollegium vorgestellt, wo es auf Zustimmung stieß.<br />
Die Eltern wurden in einem Brief über das Projekt informiert und zu einem Workshop eingeladen,<br />
in dem sie ihre Wünsche und Ideen zur Umsetzung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>rechte an <strong>der</strong> Schule<br />
entwickeln konnten. Nur eine Mutter und ein Vater nutzten jedoch diese Gelegenheit.<br />
Was Kin<strong>der</strong> brauchen, um sich in <strong>der</strong> Schule wohl zu fühlen<br />
Die Zeit in den beiden vorgesehenen Workshops reichte bei weitem nicht aus, Kin<strong>der</strong>rechte<br />
vertiefend zu erarbeiten und ein gemeinsames Projekt zu entwickeln. Dankenswerterweise<br />
war die Schulleitung jedoch bereit, zusätzliche Unterrichtstunden zur Verfügung stellen. Jeweils<br />
drei Workshops in beiden am Projekt teilnehmenden vierten Klassen sowie einen gemeinsamen<br />
Projekttag benötigten die Schülerinnen und Schüler, um ihre Ideen zu sammeln<br />
und auszuhandeln, wie Kin<strong>der</strong>rechte in ihrer Schule (besser) umgesetzt werden<br />
können. Ausgehend von den Wünschen und Bedürfnissen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> sowie <strong>der</strong> konkreten<br />
Situation an <strong>der</strong> Schule lernten sie die Kin<strong>der</strong>rechte kennen und entwickelten Vorstellungen<br />
davon, wie eine Verwirklichung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>rechte im Schulalltag aussehen könnte. In<br />
Texten, Bil<strong>der</strong>n und Rollenspielen artikulierten sie diese Vorstellungen, aus denen dann die<br />
konkretisierten Ideen für das Projekt entwickelt wurden. Alle Workshops begannen mit gemeinsamen<br />
Aufwärm- und Kennenlernspielen, um eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre<br />
zu för<strong>der</strong>n. Auch zwischendurch gab es immer wie<strong>der</strong> spielerische Übungen, die nach anstrengenden<br />
Arbeitsphasen den Kin<strong>der</strong>n Raum für Bewegung und Entspannung ließen.<br />
Zum Abschluss <strong>der</strong> Workshops wurden schriftliche o<strong>der</strong> mündliche Feedbackrunden<br />
durchgeführt, in denen alle sagen konnten, was ihnen an <strong>der</strong> gemeinsamen Arbeit gefallen<br />
hat und was sie sich an<strong>der</strong>s wünschen.<br />
Workshop I<br />
Ziel des ersten Workshops war es, sich gegenseitig kennenzulernen, Vertrauen aufzubauen<br />
und Spaß am gemeinsamen Arbeiten zu entwickeln. Inhaltlich ging es darum, Kin<strong>der</strong>n den<br />
Raum zu geben, ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu formulieren. Nach einem Austausch<br />
darüber, was eigentlich Bedürfnisse und Wünsche sind und was beide voneinan<strong>der</strong><br />
unterscheidet, hatten die Kin<strong>der</strong> Gelegenheit, ihre eigenen Bedürfnisse im Leben und in <strong>der</strong><br />
Schule sowie ihre Wünsche für die Lebens- und Schulgestaltung auf kleine Karten zu schreiben.<br />
Diese Karten und die dazu gehörigen Geschichten wurden dann von den Kin<strong>der</strong>n vorgestellt<br />
und alle nebeneinan<strong>der</strong> auf einer langen Leine für alle sichtbar aufgehängt. Welche<br />
Dinge sind Dir im Leben wichtig? Was brauchst Du, um ein gutes, glückliches Leben führen<br />
zu können? Was brauchst Du, damit Du Dich in Deiner Schule wohl fühlst?<br />
Wir erlebten in diesem ersten Workshop eine große Offenheit und Dankbarkeit bei den Kin<strong>der</strong>n<br />
dafür, dass sie gefragt wurden und Raum hatten zu erzählen, was ihnen eigentlich im<br />
Leben und in <strong>der</strong> Schule wichtig ist. »Ich fand es toll, meinen Ideen freien Lauf zu lassen!«,<br />
hörten wir am Ende, und: »Ihr sollt nicht gehen!«. In den Geschichten lernten nicht nur wir<br />
als Neue in <strong>der</strong> Klasse die Kin<strong>der</strong> kennen, son<strong>der</strong>n sie selbst erfuhren überraschende Dinge<br />
übereinan<strong>der</strong> und erlebten sich gegenseitig von noch unbekannten Seiten.<br />
28<br />
Art. 2 Achtung <strong>der</strong> Kindesrechte, Diskriminierungsverbot<br />
Art. 16 Schutz <strong>der</strong> Privatsphäre und <strong>der</strong> Ehre<br />
Der Umgang mit Unterschieden innerhalb <strong>der</strong> Klassen ist eines <strong>der</strong> zentralen Themen<br />
in den Geschichten <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>. Diskriminierung unter den Kin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> von Erwachsenen<br />
gegenüber Kin<strong>der</strong>n aufgrund ihrer sozialen o<strong>der</strong> ethnischen Herkunft, des Aussehens<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sprache, des Geschlechts o<strong>der</strong> des Machtungleichgewichts zwischen Erwachsenen<br />
und Kin<strong>der</strong>n gehören zu ihrem Alltag in <strong>der</strong> Schule. Mitunter sind diese<br />
Diskriminierungen zunächst nicht bewusst, in den seltensten Fällen werden sie reflektiert<br />
und in <strong>der</strong> Klasse besprochen. Kin<strong>der</strong> spüren und beobachten diskriminierendes<br />
Verhalten jedoch sehr genau. Bei vielen gibt es ein klares Unrechtsbewusstsein: »Karl<br />
wird immer geärgert, weil er so dick ist«, sagt Mareike, als es um das Thema Diskriminierung<br />
geht. »Dabei kann er doch gar nichts dafür.« Und David erzählt, dass behin<strong>der</strong>te<br />
Kin<strong>der</strong> oft gehänselt und ausgeschlossen werden und dass er das eigentlich blöd findet.<br />
Anknüpfend an diese Geschichten lassen sich diskriminierende Verhaltensweisen<br />
und <strong>der</strong>en Folgen thematisieren sowie anerkennende und solidarische Umgangsformen<br />
mit Unterschieden bzw. ungleichen Ausgangsbedingungen einüben.