Spice Frühling 2012 (PDF) - SV Group
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DAS MAGAZIN DER <strong>SV</strong> GROUP<br />
Chefinnen<br />
DReI FRaueN, DReI KaRRIeReN<br />
IN DeR <strong>SV</strong> GRoup<br />
e ngageme n t<br />
GeSuNDe VeRpFLeGuNG IN DeR<br />
GemeINScHaFtSGaStRoNomIe<br />
Opt imierte LOgistik<br />
NeueS BeScHaFFuNGSKoNzept<br />
IN zuSammeNaRBeIt mIt pIStoR<br />
FRÜHLING <strong>2012</strong>
coNteNtS<br />
6<br />
12<br />
16<br />
20<br />
24<br />
28<br />
31<br />
3 eDItoRIaL<br />
4 NeWS aus der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong><br />
6 SHoWcaSe<br />
Drei Küchen- und Restaurantchefinnen der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> erzählen von ihrer Faszination<br />
fürs Essen und aus ihrem Leben in einer Männerdomäne.<br />
12 RouND taBLe<br />
Mit dem Projekt «Good Practice – Gemeinschaftsgastronomie» soll ein gesund-<br />
heitsförderndes Verpflegungsangebot unterstützt werden. Drei Expertinnen disku-<br />
tieren zu diesem Engagement.<br />
16 cLaSSIcS<br />
Wir stellen <strong>SV</strong> Klassiker mit dem persönlichen Touch der jeweiligen Küchen-<br />
chefs vor.<br />
20 GReeN tReNDS<br />
Das Hotel Courtyard by Marriott Zürich Nord geht beim Umweltschutz neue Wege.<br />
Ein Lagebericht.<br />
22 HIStoRY<br />
60 Jahre Diätmenus im Angebot der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong>. Ein Essay zum Abnehmen führt zur<br />
tröstlichen Einsicht: «Wir müssen nicht immer nur vernünftig sein.»<br />
24 DIaRY<br />
Das neue Beschaffungskonzept der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> bringt wirtschaftlichen und ökologischen<br />
Nutzen. Patrick Camele, CEO der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> in der Schweiz, und Markus<br />
Lötscher, CEO der Pistor AG, erklären im Interview warum.<br />
28 BeSt cHoIce<br />
Die Wahl der Lieferanten ist ausschlaggebend für die Qualität der verwendeten<br />
Produkte. Vier Beispiele zeigen, wie regionale Innovationskraft die Einkäufer der<br />
<strong>SV</strong> <strong>Group</strong> überzeugt.<br />
31 LocatIoN<br />
Das neue Kaffeebarkonzept der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> heisst «Caffè Vicino» und steht für<br />
Italianità auf höchstem Niveau.<br />
ImpReSSum<br />
<strong>2012</strong> <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> konzeption/realisation: Primafila AG Copyrights: Marc Kollmuss (Cover), <strong>SV</strong> (Schweiz) AG (S. 4 oben), Olivier Brandenberg<br />
(S. 4 unten), www.seniorenzentrum-st-martin.de (S. 5 oben), www.dineandshine.ch (S. 5 unten), Pilippe Horak (S. 7), Dieter Mayr, Dave Brüllmann (S. 9),<br />
Marc Kollmuss (S. 10), keystone (S. 28), iStockphoto (S. 29 oben), shutterstock (S. 29 unten), www.jumi.lu (S. 30) Druck: Neidhart+Schön, Zürich<br />
(CO ² - neutral gedruckt) nächste ausgabe: Herbst <strong>2012</strong> www.sv-group.com<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
3 Frauen, 3 Karrieren: 1933 erhält Eugénie Brazier, die Gründerin des bekannten Restaurants<br />
Mère Brazier in Lyon, als erster weiblicher Chefkoch 3 Sterne im «Guide Michelin». Die<br />
Funktion der Küchenchefin bleibt aber bis heute eine Männerdomäne. Nicht so bei uns: Wir<br />
stellen Ihnen stellvertretend drei Küchenchefinnen der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> aus der Schweiz, Deutschland<br />
und Österreich vor, die das Küchenzepter fest in der Hand halten.<br />
Good Practice in der Personalverpflegung: Jeden Tag verpflegen sich in der Schweiz rund<br />
eine Million Menschen in der Gemeinschaftsgastronomie. Hier sollen sich Berufstätige<br />
und Senioren ebenso wie Jugendliche und Kinder gesund und ausgewogen ernähren<br />
können. Mit der finanziellen Unterstützung der <strong>SV</strong> Stiftung haben die Berner Fachhochschule<br />
(BFH) und die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) in einem gemeinsamen<br />
Projekt Qualitätsstandards für eine gesundheitsfördernde Gemeinschaftsgastronomie entwickelt.<br />
spice hat die Exponentinnen zu einem Round-Table-Gespräch eingeladen.<br />
Optimierte Logistik: In Österreich, in Deutschland und in der Schweiz hatte die <strong>SV</strong> <strong>Group</strong><br />
in der jüngeren Vergangenheit Projekte zur effizienteren Belieferung der einzelnen Betriebe<br />
durchgeführt. Weshalb effizienter in diesem Fall auch nachhaltiger bedeutet, erklärt der<br />
Schweiz-CEO Patrick Camele im Interview.<br />
Ich wünsche Ihnen einen guten Sommer und viel Vergnügen bei der Lektüre!<br />
philippe echenard, CeO der sV group<br />
eDItoRIaL<br />
3
liveEasy Plus mit Gütesiegel<br />
D<br />
ie <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> in Österreich erhielt für die Menulinie liveEasy Plus, die<br />
am Standort Raiffeisen Capital Management angeboten wird, das begehrte<br />
Gütesiegel der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE).<br />
Mit liveEasy werden in den betreuten Mitarbeiterrestaurants besonders<br />
leichte und ausgewogene Hauptmahlzeiten und Snacks angeboten. Am<br />
Standort Raiffeisen Capital Management ging die <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> nun sogar noch<br />
einen Schritt weiter und kreierte eigens ein Menuprogramm mit aufeinander<br />
abgestimmten Gängen: das liveEasy-Plus-Menu. Hier wird die liveEasy-<br />
Hauptmahlzeit mit einer Suppe oder einem Salat sowie einem Dessert oder<br />
einem Vitalshake so ergänzt, dass etwa ein Drittel des täglichen Bedarfs<br />
an Kohlenhydraten, Eiweiss, Fett, Vitaminen und Mineralstoffen abgedeckt<br />
wird. «Besonders Wert gelegt wird auch auf eine bedarfsgerechte Zufuhr<br />
von Kalzium, Magnesium, Eisen und Jod sowie von Vitamin C, B1 und E.<br />
Die liveEasy-Plus-Menus garantieren neben einer optimalen Nährstoffzufuhr<br />
aber auch eine abwechslungsreiche Zusammenstellung und einen hohen<br />
Anteil an Gemüse und Obst», erklärt Jasmina Kavka, Ernährungswissenschafterin<br />
der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong>.<br />
Kocholympiade in Erfurt<br />
D<br />
ie Internationale Kochkunstausstellung (IKA) findet seit<br />
100 Jahren statt, immer in Deutschland. Vom 5. bis 10. Oktober<br />
<strong>2012</strong> treffen sich die weltbesten Profis zum grössten Berufswettbewerb<br />
für Köche und Patissiers zum vierten Mal in Erfurt.<br />
Insgesamt werden 85 Teams gegeneinander antreten.<br />
Unter dem Motto «grenzenlos kochen – kommen, sehen, staunen<br />
und probieren» wird sich erstmals ein Team der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> mit der<br />
Konkurrenz messen. Unter der Leitung von Thomas Achermann<br />
werden sechs Köche am Dienstag, 9. Oktober <strong>2012</strong>, in der Kategorie<br />
Gemeinschaftsgastronomie gegen Teams aus Schweden,<br />
Österreich und Deutschland antreten. Vor den Augen der IKA-<br />
Besucher werden 150 Mittagessen zu einem anspruchsvollen<br />
kulinarischen Thema zubereitet und stilvoll präsentiert – mit dem<br />
Ziel, die Goldmedaille mit nach Hause zu bringen.<br />
Titanisch – dine&shine<br />
it «Evita – das Musical» hat vor zehn Jahren die Erfolgsgeschichte<br />
der Thunerseespiele begonnen. Und bereits<br />
zum siebten Mal mit dabei ist dine&shine Event Catering. Zum<br />
Dezenniumsjubiläum, das vom 10. Juli bis 30. August <strong>2012</strong> mit<br />
dem «Titanic – das Musical» gefeiert wird, kreiert das Team um<br />
Küchenchef Maik Böttger reichhaltige Buffets für Anspruchsvolle<br />
und Unkomplizierte – und das für jeweils 520 Gäste pro Abend.<br />
Auf das opulente Vorspeisenbuffet mit modern interpretierten<br />
Klassikern folgt eine Hauptspeisenauswahl von der Fischkomposition<br />
über ein gereiftes Rindsfile-Tournedo im Kräutermantel<br />
bis zu einem raffinierten Risotto mit karamellisiertem<br />
4 5<br />
M<br />
Pflegeheime – Ausbau<br />
des Portfolios in Deutschland<br />
D<br />
NeWS<br />
ie <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> in Deutschland setzt ihre Expansionsstrategie im Pflegebereich<br />
fort. Zurzeit führt sie bereits das Seniorenzentrum St. Martin<br />
in Bad Neuenahr-Ahrweiler. In Solingen ist ein Zentrum im Bau (Eröffnung<br />
im Frühjahr 2013). Nun wurden in Mönchengladbach die Verträge zur Führung<br />
einer weiteren Einrichtung mit 79 vollstationären Pflegeplätzen, vier<br />
Wohnungen für betreutes Wohnen sowie Büroflächen für einen ambulanten<br />
Pflegedienst unterzeichnet. Zeitgleich werden in unmittelbarer Nachbarschaft<br />
zwei weitere Gebäude mit 26 Einheiten des Betreuten Wohnens errichtet,<br />
deren Mieter die Leistungen der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> in Anspruch nehmen können. Die<br />
Kombination der Angebote von Pflege und von Wohnen bietet Senioren ein<br />
Leistungsspektrum, aus dem sie individuell auswählen können. Durch die<br />
zentrale Lage sind sämtliche öffentlichen Einrichtungen, Ärzte und Einkaufsmärkte<br />
in Gehdistanz. Die Eröffnung ist auf Ende 2013 geplant.<br />
Ziegenkäse und Erdbeersalsa. Krönender Abschluss ist dann<br />
ein luxuriöses Dessertbuffet, das seinesgleichen sucht. Ein Angebot<br />
also, wie es vielleicht auch den noblen Gästen auf dem<br />
Luxusliner serviert worden ist.<br />
Zusätzlich zu den «Ticket und Buffet»-Angeboten in der Musical-<br />
Bar und im Musical-Restaurant wird auf der Terrasse des Musical-Gartens<br />
aber auch für die weiteren 2000 Open-Air-Liebhaber<br />
kulinarisch gesorgt.<br />
Tickets und weitere Informationen zu den Thunerseespielen gibt<br />
es unter www.thunerseespiele.ch oder www.dineandshine.ch.
SHoWcaSe<br />
cHeFIN am HeRD<br />
SHoWcaSe<br />
Drei Küchen- und Restaurantchefinnen der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> erzählen, warum essen faszinierend sein<br />
kann und wie es ist, Vorgesetzte in einer männerdomäne zu sein. text: anna Catherin Loll<br />
hildegard aigner<br />
Küchenchefin im SeneCura Sozialzentrum Pöchlarn<br />
Hildegard Aigner ist stolz, Küchenchefin zu sein. Auch wenn es<br />
nicht immer unbedingt einfach ist: «Eine Frau hat es schwerer,<br />
sich bei den Mitarbeitern durchzusetzen, als ein Mann», weiss die<br />
Küchenchefin. Dabei seien Frauen oft besser organisiert und gerade<br />
deshalb in hohen Positionen sehr gut aufgehoben, findet sie.<br />
Im Renaissance-Schloss Pöchlarn in Niederösterreich, das heute<br />
als SeneCura Sozialzentrum Pöchlarn pflegebedürftigen älteren<br />
Menschen ein komfortables Zuhause bietet, sorgt Aigner mit ihrem<br />
siebenköpfigen Team für die Verköstigung von 130 Senioren<br />
und von 20 Schulkindern einer 200 Meter entfernten Schule.<br />
Die Österreicherin kocht für ihr Leben gern. «Essen ist das<br />
Wichtigste», ist die 40-Jährige überzeugt. Die Geselligkeit und<br />
die Gespräche in der Familie oder im Sozialzentrum seien essenziell<br />
für einen schönen, lebendigen Alltag.<br />
Aigner fasziniert, was richtige Ernährung bewirken kann. Kö-<br />
chin wollte sie schon von klein auf werden. Die Bedeutung des<br />
Essens wurde ihr ausserdem bewusst, als ihr Sohn Neurodermitis<br />
bekam. «Da habe ich gesehen, was sich zum Beispiel mit<br />
einer Weizen- oder Milchkur verändern lässt», erzählt sie. Im<br />
vergangenen Jahr hat sie die Fortbildung zur diätisch geschulten<br />
Köchin abgeschlossen.<br />
«frauen sind oft<br />
besser organisiert»<br />
In ihrer Küche gibt es drei Köche, jeder macht alles, auch Aigner.<br />
Neben der Essenszubereitung bereitet ihr die Zusammenarbeit mit<br />
ihrem Team, dem Pflegedienst und der Heimleitung viel Spass.<br />
Die Begegnungen mit den Bewohnern sind ihr ebenfalls wichtig.<br />
Täglich besucht Aigner die Stationen. Sie hat zudem die «Essens-<br />
kommission» eingerichtet, bei der sie jeden Donnerstag im Monat<br />
mit den Senioren über die Speisepläne diskutiert. «Einen schöneren<br />
Arbeitsort kann man sich kaum vorstellen», findet Aigner.<br />
Wenn sie vom Herd aufschaut, blickt sie auf ihren Kräutergarten,<br />
dahinter glitzert ein Schlossteich in der Wintersonne.<br />
Aussergewöhnliche Ereignisse wie das im Schloss zweimal jähr-<br />
lich stattfindende Candle-Light-Dinner lassen die Küchenchefin<br />
und ihre Mitarbeitenden zu Höchstleistungen auflaufen. Nichts<br />
sei erfüllender, als zur Lebensqualität ihrer Gäste beizutragen,<br />
betont Aigner. Sie berichtet von einer Bewohnerin: «Die Dame<br />
kam mit einer Nierenerkrankung zu uns ins Heim.» Aigner<br />
stimmte mit der Diätologin der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> den Speiseplan der<br />
Frau auf deren individuellen Bedürfnisse ab. Die angepasste Kost<br />
trug zur Besserung des Allgemeinzustandes bei. Heute fährt die<br />
Bewohnerin mit ihrem Rollstuhl munter durch die Gänge. «Es ist<br />
ein unglaublich tolles Erlebnis, wenn ich sie im Aufenthaltsraum<br />
sitzen sehe und sie mir fröhlich zuwinkt.»<br />
hildegard aigner<br />
● Geboren 1972 in Seimetzbach, Österreich<br />
● Verheiratet, zwei Kinder: Sandra (18 Jahre) und<br />
Dominik (17 Jahre)<br />
● Diätisch geschulte Köchin<br />
● Seit 2007 im Schloss Pöchlarn tätig, seit 2009, nach der<br />
Übernahme des Sozialzentrums durch SeneCura, Küchen-<br />
chefin bei der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong>, verantwortlich für die Verköstigung<br />
von 130 Heimbewohnern und 20 Schulkindern.<br />
7
SHoWcaSe<br />
nicoleta Larionovs<br />
Restaurant Manager im St. Josef Krankenhaus in<br />
Viernheim, Deutschland<br />
Es ist 10.30 Uhr, Nicoleta Larionovs steckt mit ihrem Team gerade<br />
mitten in der Vorbereitung fürs Mittagessen. Sie gibt Anweisungen,<br />
hilft aber auch überall mit. « Mit anpacken, etwas ausprobieren<br />
und verbessern, das macht mir Spass», sagt Larionovs.<br />
In Viernheim, einem Industriestädtchen am Rande von Mannheim<br />
in Deutschland, ist sie mit ihrem achtköpfigen Team zuständig<br />
für das Essen von rund 80 Patienten im St. Josef Krankenhaus.<br />
Dazu kommt die Versorgung von bald 60 Kindern eines nahegelegenen<br />
Kindergartens. Eine grosse Verantwortung, viel ist zu tun.<br />
Doch ein Problem, «der Chef» zu sein, hat Larionovs nicht. Führungspositionen<br />
seien nur was für Männer? Larionovs winkt ab.<br />
Ihr <strong>SV</strong> Vorgesetzter habe sie gefragt, wo sie sich in zehn Jahren<br />
sehe. «Auf Ihrer Position!», habe sie ihm geantwortet, erzählt sie<br />
lachend. «Wenn man das richtige Selbstvertrauen, Durchsetzungsvermögen<br />
und auch die nötige Fachkompetenz hat, ist es kein Problem,<br />
sich als Frau den nötigen Respekt zu verschaffen», ist die<br />
quirlige 41-Jährige überzeugt. Allerdings müsse «frau» sich stark<br />
engagieren. «Eine Frau muss besser sein als ein Mann, wenn sie<br />
vorankommen will. Und auch dann ist der Aufstieg nicht sicher.»<br />
«eine frau muss besser<br />
sein als ein mann, wenn sie<br />
vorankommen will»<br />
Larionovs weiss, wovon sie spricht. Bei ihr hat es mit der Karriere<br />
geklappt, aber leicht hatte es die Managerin nicht immer. In<br />
Rumänien geboren, lernte sie Armut und Mangel kennen. Einen<br />
Teil ihrer Kindheit verbrachte sie im Heim, erst mit zehn Jahren<br />
konnte ihre Mutter sie nach Deutschland holen. «Das werde ich<br />
nie vergessen», sagt Larionovs. «Es war eine harte Zeit. Und dann<br />
betrat ich am 17. September 1980 deutschen Boden.» Er sollte eine<br />
neue Heimat für sie werden. In der Pension ihres Stiefvaters lernte<br />
das Mädchen die Gastronomie lieben. Schon mit zwölf Jahren<br />
schwor sie sich: «Wenn ich mal gross bin, arbeite ich in einem<br />
grossen Hotel.»<br />
Sie machte ihren Vorsatz wahr und arbeitete sich Schritt für<br />
Schritt hoch zum Restaurant Manager. Nach ihrer Lehre zur<br />
Hotelfachfrau wurde sie Chef de Rang, unter anderem im Mövenpick<br />
Viernheim und im Astron Hotel Weinheim. Später leitete<br />
sie ein Sporthotelrestaurant und das Restaurant im Hotel Weber<br />
in Mannheim-Sandhofen. Nicoleta Larionovs mag keinen Stillstand.<br />
«Man weiss nie, was morgen ist», meint sie. «Ich möchte<br />
Herausforderungen annehmen und das Beste aus ihnen machen.»<br />
Anerkennung ist ihr wichtig. Sie bewege sich mit ihrer Küche im<br />
St. Josef Krankenhaus bald auf Hotelniveau. «Wenn ich höre, das<br />
war toll, ein Lob an die Küche – dann bin ich stolz auf mein Team<br />
und auf mich.»<br />
nicoleta Larionovs<br />
● Geboren 1970 in Iasi, Rumänien; kommt 1980 mit zehn<br />
Jahren nach Deutschland<br />
● Verheiratet, ein Sohn (15 Jahre)<br />
● 1992 Abschluss als Hotelfachfrau, anschliessend verschie-<br />
dene Tätigkeiten als Chef de Rang in grossen Hotels und<br />
Gastronomiebetrieben.<br />
● Seit 2008 als Restaurant Manager im St. Josef Kranken-<br />
haus in Viernheim, seit 2009 bei der <strong>SV</strong> Care. Mit ihrem<br />
achtköpfigen Team ist Larionovs zuständig für die Verpfle-<br />
gung von rund 80 Patienten und 30 Kindern eines Kinder-<br />
gartens, der im August auf 60 Kinder aufgestockt wird.<br />
8 9<br />
SHoWcaSe
Liliane Osterwalder<br />
Restaurant Manager mit Kochfunktion im Culinarium<br />
Theaterstrasse bei der AXA Versicherung in Winterthur<br />
Führungskraft in einer Männerdomäne? «Kein Problem», findet<br />
Restaurant Manager und Küchenchefin Liliane Osterwalder. Die<br />
Männer seien immer sehr hilfsbereit und unterstützten sie. Ausnützen<br />
sollte man dies aber nicht. Sonst sei es schnell vorbei mit<br />
der Liebe, meint die 37-jährige Schweizerin schmunzelnd. «Man<br />
darf sich nicht zu schön sein, anzupacken.»<br />
Seit 2004 arbeitet Osterwalder als Restaurant Manager bei der<br />
<strong>SV</strong> <strong>Group</strong>. Seit Juni vergangenen Jahres leitet sie das Culinarium<br />
der AXA Versicherung in Winterthur. Mit ihren zehn Mitarbeitenden<br />
bietet Osterwalder den 350 Angestellten von AXA morgens<br />
in der Cafeteria im zweiten Stock des Unternehmenshochhauses<br />
Birchermüesli und Brötli an. Mittags versorgt sie sie im ersten<br />
Stock des Restaurants mit vier verschiedenen Menus: zwei klassischen<br />
und einem vegetarischen. Dazu kommt der so genannte<br />
«Wochenhit». Diese Woche gab es schön schweizerisch Raclettekäse.<br />
«Meine Motivation ist immer, alles unter einen Hut zu bringen»,<br />
meint Osterwalder. Sie organisiert die Produktion und wenn<br />
der Koch nicht da ist, greift sie selbst zum Löffel und bereitet das<br />
Essen zu. Ihre eigentliche Tätigkeit sieht sie jedoch als Manager.<br />
«Auch wenn Kochen mein Lieblingsfach in der Ausbildung war,<br />
ich bin erst im Berufsleben dort hineingewachsen.»<br />
Osterwalder kommt aus einfachen, bodenständigen Verhältnissen.<br />
Sie wuchs auf einem Bauernhof in Kemmental im Kanton Thurgau<br />
auf. Die Verbindung zu den «normalen Leuten», wie sie sagt,<br />
hat sie so nie verloren. Ihre Leidenschaft für die Gastronomie<br />
entdeckte sie im bäuerlichen Haushaltslehrjahr mit 17 Jahren.<br />
«Da waren manchmal 20 Leute am Tisch. Das hat mir sehr<br />
gefallen.»<br />
In grossen Hotels und Restaurants hat Osterwalder als Chef de<br />
Rang an der Front gearbeitet. Doch ganz ihre Welt war es nicht.<br />
Richtig wohl fühlt sie sich bei der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong>. Sechs Jahre leitete<br />
sie verschiedene Betriebsrestaurants der SBB in Romanshorn,<br />
Arth-Goldau, Zürich und Winterthur. «Das hat viel Spass<br />
10 11<br />
SHoWcaSe<br />
gemacht», sagt sie. Verwundert hat sie allerdings manchmal die<br />
Essenswahl der Gäste. In manchen Restaurants liefen bestimmte<br />
Sandwiches oder Desserts gut, in anderen nicht. «Das war sehr verrückt»,<br />
meint Osterwalder lächelnd. «Dabei war es ja das gleiche<br />
Unternehmen und die Gäste alle Bähnler.» An ihrer Position als<br />
Restaurant Manager reizt sie die Abwechslung. «Verantwortung<br />
zu übernehmen und überall mitzumischen, nicht nur der Chef zu<br />
sein, der aus dem Büro delegiert, sondern auch manchmal etwas in<br />
der Küche mit den Händen herzustellen – das finde ich gut.»<br />
«man darf sich nicht zu<br />
schön sein, anzupacken»<br />
anna Catherin Loll ist freie Journalistin uns schreibt unter<br />
anderem für die «frankfurter allgemeine Zeitung», die «neue<br />
Zürcher Zeitung» und den «spiegeL».<br />
Liliane Osterwalder<br />
● Geboren 1975, Heimatort Kemmental im Thurgau<br />
● Nach der abgeschlossenen Lehre als Servicefachangestellte<br />
1994 arbeitete Osterwalder in verschiedenen Hotels und<br />
Gasthöfen als Chef de Rang und Chef de Service. Laufend<br />
Weiterbildungen im Gastronomiebereich. Sie erwarb unter<br />
anderem das eidgenössische Diplom als Restauratrice.<br />
● Seit 2004 bei der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> als Restaurant Manager tätig,<br />
zuerst bei der SBB, seit Juni 2011 leitet Osterwalder das<br />
Culinarium in der Theaterstrasse in Winterthur, das Personal-<br />
restaurant der AXA Versicherung.
«WIR SucHeN GemeINSam NacH<br />
pRaxIStauGLIcHeN LöSuNGeN»<br />
Übergewicht und adipositas stellen weltweit ein grosses problem dar. In der Schweiz verursacht<br />
übermässiges Körpergewicht rund einen Drittel der Kosten des Gesundheitswesens. Das projekt<br />
«Good practice – Gemeinschaftsgastronomie» bietet der Branche die chance, sich nachhaltig für<br />
ein gesundheitsförderndes Verpflegungsangebot stark zu machen. zum engagement der Schweizer<br />
Gemeinschaftsgastronomie hat spice einen experten-Round-table durchgeführt.<br />
Wie beurteilen sie die gemeinschaftsgastronomie<br />
in der schweiz? Wird hierzulande auf die gesundheit<br />
geachtet?<br />
sigrid Beer-Borst: Ja, die Branche ist darum bemüht. Zwei<br />
Drittel der Verpflegungsanbietenden, die an unserer Online-<br />
Umfrage teilgenommen haben gaben an, Ernährungsempfehlungen<br />
bei der Zusammenstellung des Angebots zu beachten.<br />
pia fach: Es wird viel darüber geredet. Das Gros der Gäste<br />
isst aber immer noch Schnitzel und Pommes frites. Das ist so.<br />
Auf der anderen Seite ist der Ruf nach ausgewogener Ernährung<br />
aber da. Wir setzen uns dafür schon sehr lange ein und<br />
haben bei der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> bereits 2007 in allen unseren Mensen<br />
das Ernährungskonzept fit@school lanciert. In den Personalrestaurants<br />
wurden vor sage und schreibe 60 Jahren die ersten<br />
Diätmenus angeboten; 2005 folgte dann mit fit@work das erste<br />
Label für gesunden Genuss.<br />
Heute bieten wir in allen <strong>SV</strong> Betrieben täglich ein liveEasy-Menu<br />
an. Diese vitamin- und ballaststoffreichen Hauptmahlzeiten<br />
haben ca. 650 Kalorien und eine ausgewogene Nährwertzusammensetzung.<br />
Insbesondere in Österreich sind liveEasy-Menus<br />
und -Snacks enorm beliebt.<br />
susy Brüschweiler: Ganz wichtig ist, dass sich die Leute wohl<br />
fühlen nach der Mahlzeit. Wenn sich der Gast nach dem Essen<br />
text: mark Baer fotos: Das Bild – Judith stadler und andré Uster<br />
gesund und zufrieden fühlt, dann kommt er wieder. Zudem muss<br />
alles, was wir anbieten, gesund sein. Auch wenn das relativ<br />
schwierig zu definieren ist. Denn Schnipo beispielsweise ist<br />
ja nicht per se ungesund. Höchstens, wenn jemand andauernd<br />
Schnitzel und Pommes frites isst.<br />
sigrid Beer-Borst: Eigentlich geht es darum, dass jeder Gast<br />
aus einem abwechslungsreichen, vielfältigen Angebot auswäh-<br />
len kann, was er benötigt, aber auch gerne mag. Immer häufiger<br />
möchten Gäste auch vegetarisch essen.<br />
susy Brüschweiler: Ich denke, dass ein Personalrestaurant<br />
heute gar nicht mehr überleben könnte ohne ein Vegi-Menu.<br />
Generell kann man sagen, dass das Angebot in der Schweizer<br />
Gemeinschaftsgastronomie immer vielfältiger wird. Früher<br />
gab es einfach nur Menu 1, 2 und 3. Heute kann der Kunde<br />
in den meisten Personalrestaurants seinen Teller grundsätzlich<br />
mit dem bestücken, was ihm schmeckt.<br />
Braucht es dann überhaupt eine solche good-practicestrategie?<br />
sigrid Beer-Borst: Verbesserungspotenzial besteht immer.<br />
Beim Good-Practice-Verfahren steht die Qualitätsverbesserung<br />
in der Gesundheitsförderung im Zentrum. Schaffen wir<br />
es, die Qualität des gesundheitsfördernden Engagements in der<br />
Branche sukzessive, aber kontinuierlich zu verbessern, steigt die<br />
Wahrscheinlichkeit, dass dieses Engagement nachhaltig wirksame<br />
Veränderungen auslöst. So suchen wir nach guten, praxistauglichen<br />
Lösungen, die anerkannte Standards beachten oder<br />
gar übertreffen. Aus den Erfahrungen und Lösungsstrategien<br />
können andere Akteure jeweils Anregungen ableiten. Es braucht<br />
also ein gemeinschaftliches Denken, kein Konkurrenzdenken.<br />
susy Brüschweiler: Es geht nicht darum, Perfektion zu errei-<br />
chen. Man kann sich nur kontinuierlich entwickeln. Über allem<br />
steht aber immer die Eigenverantwortung.<br />
frau Beer-Borst, es gibt viele firmen, welche die<br />
gesundheitsförderung heute im Unternehmensleitbild<br />
verankert haben. haben sie Zahlen dazu?<br />
sigrid Beer-Borst: Wir haben diverse Befragungen bei Verpflegungsendanbietern<br />
durchgeführt. Demnach räumt die Branche<br />
der betrieblichen Gesundheitsförderung tatsächlich einen bedeutenden<br />
Stellenwert ein. In rund 80 Prozent der teilnehmenden<br />
Betriebe war die Gesundheitsförderung im Unternehmensleitbild<br />
verankert. Wir stellen in der Branche eine sehr positive<br />
Haltung bezüglich Umsetzung der Schweizer Qualitätsstandards<br />
für eine gesundheitsfördernde Gemeinschaftsgastronomie<br />
fest. Die Standards und das Good-Practice-Projekt müssen<br />
aber noch bekannter werden.<br />
Wichtiger als die gesundheit ist für den gast nach wie<br />
vor eh der geschmack.<br />
sigrid Beer-Borst: Ja, unsere Online-Umfrage zeigt, dass das<br />
wichtigste Kriterium für den Gast bei der Auswahl seiner Speisen<br />
der Geschmack ist, gefolgt von einer abwechslungsreichen<br />
Zusammenstellung des Angebots. Gesundheitsbezogene<br />
Aspekte wie Nährstoff- und Kaloriengehalt kommen erst an<br />
sechster Stelle.<br />
gesundheitsförderndes Verpflegungsangebot ist zentral in der gemeinschafts-<br />
gastronomie. ein expertinnengespräch mit susy Brüschweiler, präsidentin<br />
der sV stiftung, sigrid Beer-Borst, Dozentin am fachbereich gesundheit<br />
der Berner fachhochschule, und pia fach, area manager der schulen in der<br />
nordwestschweiz der sV group (von oben).<br />
RouND taBLe<br />
13
RouND taBLe<br />
susy Brüschweiler: Der Geschmack ist deshalb immer auch<br />
der grösste Kritikpunkt. Das Schwierige daran ist, dass eine<br />
Mahlzeit für den einen zu fad und für den anderen zu scharf<br />
ist. Es allen Gästen recht zu machen, ist eine grosse Herausforderung.<br />
mindestens eine million personen aller altersund<br />
sozialschichten nehmen in einer einrichtungs<br />
der schweizer gemeinschaftsgastronomie täglich<br />
eine oder mehrere mahlzeiten zu sich. Welches sind –<br />
neben der gesunden ernährung – die gründe,<br />
weshalb sie das projekt lanciert haben?<br />
sigrid Beer-Borst: Es geht uns darum, Ernährungsverhältnisse<br />
zu schaffen, die die Konsumenten bei der Optimierung ihres<br />
persönlichen Lebensstils unterstützen. Es gibt viele Faktoren,<br />
auf welche die Betriebe hier achten müssen. Im Zentrum steht<br />
immer das Verpflegungsangebot. Wichtig sind aber auch Themen<br />
wie Kommunikation und Ambiente. Wenn sich jemand<br />
wohl fühlt, dann kommt er auch wieder, selbst wenn das Essen<br />
jetzt nicht sooo gut geschmeckt hat.<br />
pia fach: Man kann in diesem Zusammenhang auch von Gast-<br />
freundschaft sprechen. Der Gast soll merken, dass er geschätzt<br />
wird. Er soll nicht abgefertigt werden. Personalrestaurants<br />
stehen für Alltagsgenuss, für die kleine Auszeit und den Austausch.<br />
Wir nehmen diese Gastgeberrolle sehr ernst.<br />
susy Brüschweiler: Dieses Projekt kann auch die allgemeine<br />
Wahrnehmung der Öffentlichkeit unserer Branche gegenüber<br />
etwas korrigieren. Wir kämpfen noch immer gegen das Vorurteil,<br />
dass die Gemeinschaftsgastronomie der öffentlichen Gastronomie<br />
nicht ebenbürtig sei. Der Gast muss merken, dass man<br />
in einem Personalrestaurant, einer Mensa, einem Spital oder<br />
in einem Heim genauso gut oder besser als in einem normalen<br />
Restaurant isst.<br />
Das ganze projekt hat aber auch einen wichtigen<br />
image-aspekt gegenüber dem personal.<br />
sigrid Beer-Borst: Korrekt. Ein Betrieb, der sich für die Gesundheit<br />
und das Wohlbefinden seiner Angestellten engagiert,<br />
zeigt Verantwortung. Ein Unternehmen oder eine Einrichtung<br />
sollte mit seiner Gemeinschaftsgastronomie ein Umfeld bieten,<br />
in dem die Mitarbeitenden sich von ihrer Arbeit erholen<br />
und ihre Reserven wieder auffüllen können. Neben dem Essen<br />
und Trinken möchten die einen Ruhe finden, während die anderen<br />
lieber den Austausch in angenehmer Atmosphäre pflegen.<br />
Wenn die Menschen nach dem Essen rausgehen und sagen<br />
«Mein Betrieb kümmert sich um mich», ist das tatsächlich ein<br />
wichtiges Image-Plus. Betriebliche Gesundheitsförderung hat<br />
auch mit Wertschätzung der Mitarbeitenden zu tun.<br />
sie führen neu gespräche am runden tisch durch.<br />
Wer wird da alles eingeladen?<br />
pia fach: Wenn sich ein <strong>SV</strong> Betrieb im Sinne der Good-Practice-Strategie<br />
engagieren will, steht und fällt dieses Engagement<br />
natürlich zuerst mit der Führung. Miteinbezogen werden sollte<br />
aber auch das Küchenpersonal. Denn diese Mitarbeitenden wissen<br />
am besten, welche Speisen rausgehen und welche zurückkommen.<br />
Sie sind so nah am Gast wie sonst niemand.<br />
susy Brüschweiler: Dass alle Mitarbeitenden in ihrer Hetero-<br />
genität mitmachen, ist ganz wichtig. Nur so kann gewährleistet<br />
werden, dass alle am gleichen Strick ziehen.<br />
sigrid Beer-Borst: Für ein derartiges Projekt benötigt es natür-<br />
lich auch ein Commitment der Leitung, die sagt: «Ja. Wir sind<br />
bereit zu investieren!» Die Ernährungsverhältnisse und speziell<br />
das Ernährungsverhalten der Gäste lassen sich aber nicht<br />
von heute auf morgen verändern. Es sind kleine, aber vielversprechende<br />
Schritte, die wir hier vorwärtsgehen. Gelingt es<br />
beispielsweise, den Salzgehalt der in der Gemeinschaftsgastronomie<br />
angebotenen Menus durchwegs zu senken, werden<br />
Veränderungen im Blutdruckprofil der Bevölkerung in vielleicht<br />
fünf bis zehn Jahren ersichtlich sein.<br />
gastfreundschaft, Wertschätzung der mitarbeitenden,<br />
alltagsgenuss: Die gemeinschaftsgastronomie ist der öffentlichen<br />
gastronomie in jeder Beziehung ebenbürtig.<br />
round-table-teilnehmerinnen<br />
sigrid Beer-Borst ist Dozentin am Fachbereich Gesundheit der<br />
Berner Fachhochschule. Seit 2007 leitet sie in dieser Funktion<br />
diverse Forschungs- und Entwicklungsprojekte in Ernährung<br />
und Diätetik. Die Deutsche mit Schweizer Pass war von 1989<br />
bis 2006 an Forschungseinrichtungen in der Schweiz und in<br />
Kanada im Bereich der Ernährungsepidemiologie tätig.<br />
susy Brüschweiler ist Präsidentin der <strong>SV</strong> Stiftung. Die Stiftung<br />
ist Mehrheitsaktionärin der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> und unterstützt Projek-<br />
te, welche die gesunde und erschwingliche Ernährung für die<br />
Bevölkerung fördert. Bis zu ihrer Pensionierung 2010 war die<br />
Schweizerin elf Jahre lang CEO der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong>. Brüschweiler<br />
kommt ursprünglich aus dem Gesundheitsbereich.<br />
pia fach ist Area Manager der Schulen in der Nordwestschweiz<br />
der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong>. Die Deutsche ist ausgebildete Hotelfachfrau und<br />
durchlief verschiedene Weiterbildungen in Betriebswirtschaft.<br />
Seit 1998 ist Fach bei der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> tätig und seit fünf Jahren<br />
ist sie dort für die Ausbildungen zuständig.<br />
Good Practice in der Gemeinschaftsgastronomie<br />
Das Projekt «Good Practice – Gemeinschaftsgastronomie»<br />
wurde 2007 lanciert und setzt sich für gesundheitsfördernde<br />
Massnahmen in Mensen, Personalrestaurants, Spital- und<br />
Heimküchen ein. Getragen wird es von allen Akteuren der<br />
Gemeinschaftsgastronomie, das heisst vom Anbieter bis zum<br />
Konsumenten. Als Branchenverband unterstützt der Schweizer<br />
Verband für Spital-, Heim- und Gemeinschaftsgastronomie<br />
(<strong>SV</strong>G) das Vorhaben. Durchgeführt wird das Projekt von der<br />
Berner Fachhochschule (BFH) und der Schweizerischen<br />
Gesellschaft für Ernährung (SGE), in Kooperation mit Forschungspartnern,<br />
der Haute école de santé Genève und der<br />
Hochschule Luzern. Die Finanzierung erfolgt zurzeit durch das<br />
Bundesamt für Gesundheit und die <strong>SV</strong> Stiftung.<br />
Siehe www.goodpractice-gemeinschaftsgastronomie.ch<br />
14 15
im personalrestaurant von raiffeisen Capital<br />
management in Wien ist die Dinkelpizza nicht nur gesund,<br />
sondern auch sehr geschätzt von den gästen.<br />
Der beliebte sV ice-tea enthält weniger Zucker<br />
und schmeckt wie hausgemacht.<br />
im novartis-personalrestaurant auf dem Basler<br />
klybeck-areal geniesst der hackbraten mit persönli-<br />
cher handschrift des Chefs einen sehr guten ruf.<br />
KLaSSIKeR mIt<br />
INDIVIDueLLeR Note<br />
Klassiker wie Schnipo, currywurst und pasta sind aus der personalgastronomie nicht wegzudenken<br />
und bei den Gästen enorm beliebt. Wir stellen Ihnen sechs Renner vor, die dank der persönlichen<br />
Handschrift der <strong>SV</strong> Küchenchefs einen Ruf weit über die Grenzen des Restaurants hinaus geniessen.<br />
So werden aus Klassikern Spezialitäten. text: monique rijks fotos: armin Zogbaum<br />
Früher waren Betriebskantinen ein Hort des pragmatischen Essens,<br />
wo sich die Belegschaft zur Mittagszeit ohne Firlefanz und<br />
Zeitverlust verköstigte. Tempi passati. «Die Ansprüche unserer<br />
Gäste sind in den letzten Jahren stetig gestiegen», konstatiert<br />
Claudia Munch, Restaurant Manager im Novartis-Personalrestaurant<br />
Klybeck in Basel. Das allgemeine Interesse für eine<br />
genussvolle und bewusste Ernährung sei überall spürbar, auch<br />
am Tresen des Betriebsrestaurants: «Die Menschen interessieren<br />
sich für Fragen rund ums Essen, sind informiert, wissen<br />
genau, was sie wollen.» Und sie verlangen Transparenz: «Essen<br />
ist zur Vertrauenssache geworden. Der Kunde will wissen, was<br />
er auf dem Teller hat.»<br />
<strong>SV</strong> Ice-tea und Dinkelpizza<br />
Diese Ansprüche erfüllt man in den Betriebsrestaurants der<br />
<strong>SV</strong> <strong>Group</strong> mit einem attraktiven Angebot, das auch aus speziellen<br />
Corporate-Food-Gerichten und -Getränken besteht. Ein Bei-<br />
cLaSSIcS<br />
spiel dafür ist der <strong>SV</strong> Ice-Tea, der in allen Restaurants in zwei<br />
Varianten (normal und kalorienreduziert) angeboten wird. Das<br />
Getränk – eine klassische Mischung aus Schwarztee, Limonen,<br />
Zitronen und Vitamin C – ist weniger süss als die gängigen Produkte<br />
oder wie die Fans sagen: «Er schmeckt wie hausgemacht.»<br />
Der Verbrauch sei im Sommer leicht höher, stellt F&B-Manager<br />
Steffen Strössenreuther fest. Aber auch in der kühleren Jahreszeit<br />
erfreue sich das Getränk grosser Popularität. Dasselbe<br />
gilt für die Dinkelpizza, die in den österreichischen Business-<br />
Betrieben der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> zum klassischen Angebot gehört. Das<br />
Gericht wurde für die Linie lifeEasy konzipiert, welche den<br />
Fokus auf gesunde, kalorienreduzierte Produkte legt. Die Basis<br />
der Pizza bildet ein Teig aus bekömmlichem Dinkelmehl,<br />
der mit mediterranem Gemüse und einem Quäntchen Mozzarella<br />
belegt wird. Die Kombination Gesund und Genuss kommt<br />
an: Jedesmal, wenn die Dinkelpizza im Personalrestaurant von<br />
Raiffeisen Capital Management in Wien auf dem Menuplan<br />
steht, wird sie von einem Drittel der Kunden geordert.<br />
17
cLaSSIcS<br />
Der legendäre Hackbraten des Küchenchefs<br />
Zu diesen <strong>SV</strong> Spezialitäten gesellen sich Gerichte, welche die<br />
persönliche Handschrift der jeweiligen Küchenchefs tragen<br />
und sich grösster Beliebtheit erfreuen, wie etwa der legendäre<br />
Hackbraten des Küchenchefs Markus Gerber im Novartis-<br />
Personalrestaurant auf dem Basler Klybeck-Areal, wo täglich<br />
zwischen 1800 und 2000 Mittagsmahlzeiten verkauft werden.<br />
Gibt es Hackbraten, bestellt ihn rund ein Drittel der Gäste. «Er<br />
ist der absolute Leader unserer Produkte», sagt Claudia Munch.<br />
Das würde den Grossvater des Küchenchefs freuen – von ihm<br />
stammt das klassische Rezept. Der wahre Grund für den Erfolg<br />
des Hackbratens ortet Munch aber in der Tatsache, dass er von<br />
Hand geknetet wird: «Das verleiht ihm die luftige Konsistenz,<br />
die von unseren Gästen so geschätzt wird.»<br />
Der Hackbraten macht nicht nur den Stammgästen Freude, son-<br />
dern ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie man ein einheitliches<br />
Angebot mit einzelnen Signature-Dishes aufwertet und damit,<br />
wie die Restaurant Managerin überzeugt ist, «die Gäste längerfristig<br />
an den Betrieb binden kann».<br />
pouletflügeli an chefsauce<br />
Diese Meinung teilt Claudia Effenberger. Sie leitet das Personalrestaurant<br />
der Firma Endress + Hauser AG im benachbarten<br />
Reinach, welches unter anderem für seine Pouletflügeli an<br />
Chefsauce bis weit über das Betriebsareal hinaus berühmt ist.<br />
«Unsere Gäste sind regelrecht süchtig danach», sagt Effenberger.<br />
Alle zwei Monate werden die Flügeli mit der reichhaltigen<br />
Sauce aus Rahm, Butter und scharfen Gewürzen<br />
angeboten. Über 400 Personen bestellen das Menu jeweils,<br />
obwohl es, wie Effenberger anfügt, eigentlich eine ziemliche<br />
Kalorienbombe ist.<br />
Das Rezept hat Küchenchefin Cornelia Eichacker von ihrem<br />
Vorgänger übernommen. Es vom Angebot zu streichen, ist für<br />
sie undenkbar: «Damit würde ich eine kleine Revolution auslö-<br />
18<br />
sen.» Sowieso stellte sie fest, dass ihre Gäste offen sind für Neues,<br />
aber auch immer wieder Freude an traditionellen Gerichten<br />
haben, «vielleicht auch, weil die meisten Menschen zuhause<br />
keine Zeit haben, um diese doch eher aufwendigen Gerichte<br />
zuzubereiten.»<br />
cremeschnitte vom chef<br />
Diese Aussage passt perfekt zum Run auf die Cremeschnitte von<br />
Küchenchef Renzo Domingo im Personalrestaurant des Kernkraftwerks<br />
Leibstadt. Das Dessert wird alle drei Monate angeboten<br />
und ist immer innert weniger Minuten ausverkauft. «Vielleicht<br />
liegt es daran, dass wir alles selber machen, den Teig, die<br />
Creme und die Glasur.» Das ist zwar aufwendig, aber es lohnt<br />
sich: «Sogar die Kunden, die sonst eher zurückhaltende Esser<br />
sind, greifen tüchtig zu.»<br />
exotische currywurst<br />
«Im Betriebsrestaurant sollten sich die Gäste nicht nur ernähren<br />
können, sondern auch ab und zu etwas Neues entdecken», ist<br />
Maik Leppin vom daylis in Langenfeld überzeugt. Letztes Jahr<br />
hat er zusammen mit seinem Team eine exotische Variante der<br />
in Deutschland sehr beliebten Currywurst entwickelt. «Die Bratwurst<br />
wird bei uns mit einer pikanten Sauce auf grüner Curry-<br />
Basis überzogen und mit Wedges serviert – das schmeckt nicht nur<br />
gut, sondern sieht auch noch toll aus», sagt Leppin. Denn auch das<br />
gehört zum Credo zeitgemässer Personalrestaurants: «Eintönige<br />
Mittagsmenus, das war einmal – unsere Kunden wollen auch mit<br />
den Augen geniessen.»<br />
monique rijks schreibt für verschiedene schweizer medien zu<br />
themen aus der gastronomie.<br />
Die Cremeschnitte im personalrestaurant des<br />
kernkraftwerks Leibstadt ist immer innert weniger<br />
minuten ausverkauft.<br />
Die pouletflügeli mit Chefsauce des personal-<br />
restaurants der firma endress + hauser ag in reinach<br />
sind weit über das Betriebsareal hinaus berühmt.<br />
im Betriebsrestaurants Dailys in Langenfeld wird<br />
mit einer exotischen Variante der in Deutschland sehr<br />
beliebten Currywurst kulinarisch gepunktet.
Die Biologin Julia hofstetter und der hotelmanager stefano alborghetti entwickelten das projekt klimaLokal Zürich nord.<br />
GemeINSam FÜR eIN BeSSeReS KLIma<br />
Das von der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> geführte Hotel courtyard by marriott zürich Nord geht beim umweltschutz<br />
neue Wege. Dabei zählt jede Lampe und jedes Frottiertuch. und Gäste, die in einem<br />
myclimate-zimmer übernachten, leisten Klimaschutz in zürich Nord und malawi.<br />
Küchen sind oft zum Schwitzen. In den Pfannen brutzelt und<br />
dampft es, Herdplatten und Öfen heizen kräftig. Nicht so in der<br />
Küche des Hotels Courtyard by Marriott in Zürich Nord. Auch<br />
zur hektischen Mittagszeit ist hier das Klima angenehm. «Hier<br />
sind nur Geräte eingeschaltet, die gerade gebraucht werden»,<br />
sagt Stefano Alborghetti, General Manager des Hotels. Er, der<br />
seine Hotelleriekarriere einst in einer Küche in Bergamo/Italien<br />
begonnen hat, sagt: «Früher kam man morgens in die Küche und<br />
schaltete erst mal alle Geräte ein, eine Energie- und Geldverschwendung<br />
sondergleichen.» Der 39-jährige Alborghetti, der in<br />
vielen Ländern tätig war, hat sich ganz der Effizienz verschrieben.<br />
Er steht stolz in der Küche des Courtyard, begrüsst den Chefkoch<br />
und zeigt auf eine kleine Etikette an einem Steamer. Darauf steht:<br />
«Aufheizzeit: 1,5 Min.». An jedem elektrischen Gerät klebt eine<br />
Etikette, welche die exakte Aufheizzeit angibt. Die Köche dürfen<br />
das Gerät erst einschalten, wenn sie es wirklich brauchen, und<br />
text: niels Walter fotos: Dave Brüllmann<br />
müssen es danach gleich wieder ausschalten. Das ist nur ein Beispiel,<br />
wie im Hotel Courtyard Energie gespart wird.<br />
energiebilanz bis ins Detail<br />
Alborghetti zählt weitere Massnahmen auf, die er seit der Eröffnung<br />
des Hotels im Herbst 2006 umgesetzt hat: Sparhähne reduzieren<br />
den Wasserverbrauch um 25 Prozent. Die Kühlschränke in<br />
den Zimmern sind auf «halb» eingestellt, die Klimaanlagen ausgeschaltet.<br />
Will der Gast, dass es wärmer oder kälter als 20 Grad<br />
ist, kann er die Anlage selber einstellen. Bettwäsche und Frottiertücher<br />
werden nur gewechselt, wenn es der Gast wünscht. Und<br />
wenn er sein Zimmer verlässt, wird automatisch die Stromzufuhr<br />
unterbrochen (keine Stand-by-Verluste). Alle Energiesparlampen<br />
im Restaurant und in der Lobby werden dieses Jahr durch effizientere<br />
LED-Leuchten ersetzt. An der Rezeption steht an prominenter<br />
Stelle die Infotafel «Unsere Öko-Bilanz». In Prozenten<br />
so viel energie wie nötig: Die geräte in der küche<br />
des hotels Courtyard by marriott in Zürich nord werden nur<br />
eingeschaltet, wenn sie wirklich gebraucht werden.<br />
wird die Gesamtumweltbelastung des Hotels aufgeschlüsselt, vom<br />
Strom- bis zum Toilettenpapierverbrauch – keine Bettwäsche,<br />
kein Bleistift entkommt der Energiebilanz, alles wird in kuBP<br />
(Kiloumweltbelastungspunkte) umgerechnet.<br />
10 Franken für den Klimaschutz<br />
Nach dem Motto «think global, act local» engagiert sich Alborghetti<br />
mit seinem Team auch in der Quartierwerkstatt Neu-<br />
Oerlikon. Gemeinsam mit der Biologin Julia Hofstetter, die bei<br />
der Non-Profit-Stiftung myclimate für Klimabildung verantwortlich<br />
ist, entwickelte er das Projekt KlimaLokal Zürich Nord: Der<br />
Gewerbeverband, Schulen, Elternverbände und der Quartierverein<br />
setzen sich mit Aktionen für den Klimaschutz im Quartier ein.<br />
Letzten Sommer lancierten das Hotel und myclimate auch ein<br />
neuartiges Klimaschutzpaket für Gäste. Diese können ein myclimate-Zimmer<br />
buchen und zahlen so zusätzlich zur Übernachtung<br />
zehn Franken. Damit unterstützen sie KlimaLokal Zürich<br />
Nord und Klimaschutzprojekte im südostafrikanischen Malawi,<br />
wo Einheimische mit dem Geld energieeffiziente Kochöfen und<br />
Tabaktrocknungsanlagen herstellen, die halb so viel Brennholz<br />
verbrauchen wie die traditionellen. In drei Jahren wurden laut<br />
Hofstetter über 17 000 solche neue Öfen und Anlagen in Betrieb<br />
genommen. Somit konnte der CO2-Ausstoss um 80 000 Tonnen<br />
reduziert werden.<br />
Begehrte myclimate-zimmer<br />
Bei der ISO-Zertifizierung wurde im Hotel Courtyard berechnet,<br />
wie viel Energie eine Logiernacht benötigt, also wie viel CO 2-Ausstoss<br />
produziert wird. Mit dem Geld für Malawi werden dort so viele<br />
alte Öfen durch neue ersetzt, um dieselbe Menge CO2 zu reduzieren,<br />
die eine Übernachtung im Courtyard verursacht hat. Für myclimate-Gäste<br />
heisst das: Sie übernachten «klimaneutral». Hofstetter<br />
sagt: «Die Gäste können sich so bewusst werden, dass es etwas<br />
kostet, wenn man CO2 produziert.» Sie und Alborghetti sind mehr<br />
als zufrieden darüber, wie das Projekt gestartet ist. Ihr Ziel war,<br />
in drei Jahren 3000 myclimate-Übernachtungen zu verkaufen. Die<br />
Hälfte ist schon erreicht, nach nur sieben Monaten. Die Reaktionen,<br />
so Alborghetti, seien sehr positiv. Der Tenor der Gäste: Toll, dass<br />
ihr so was macht!<br />
niels Walter arbeitet als Journalist für schweizer Zeitungen und<br />
ist freier autor. er pendelt zwischen der schweiz und kuba, seiner<br />
zweiten heimat.<br />
GReeN SpecIaL tReNDS<br />
Auf dem Internet<br />
myclimate-Zimmer im Hotel Courtyard by Marriott Zürich Nord<br />
kann man online buchen:<br />
www.marriott.de/hotels/travel/zrhcy-courtyard-zurich-north/<br />
Alles über das Projekt KlimaLokal Zürich Nord und dessen Aktionen:<br />
www.facebook.com/KlimaLokalZH<br />
Informationen zur Stiftung myclimate und ihren Engagements:<br />
www.myclimate.org/de<br />
20 21
aLLeS, NuR KeIN HuNGeR<br />
eine kleine Geschichte des abnehmens: Wie uns verschiedenste Diäten davon abraten, einfach<br />
nur vernünftig zu sein. essay: martin seiler<br />
I<br />
ch bin ein Freund von Diäten, obwohl ich nicht an sie glaube.<br />
Sie belustigen mich. Sie erheben allen Ernstes den Anspruch,<br />
einen Menschen von heute auf morgen zu einem anderen zu machen,<br />
seine kulinarischen Leidenschaften, die sich wie die Ringe<br />
eines Baumstammes auf seine Hüften gelegt haben, mit ein paar<br />
Regeln auszulöschen und durch neue Angewohnheiten zu ersetzen.<br />
Keine Pasta mehr. Kein Reis mehr. Kein Wein mehr. Dafür<br />
literweise Wasser und, wahlweise, viel mageres Fleisch oder gar<br />
kein Fleisch, viel Bewegung oder gar keine Bewegung, Fisch oder<br />
kein Fisch, Fruchtsäfte oder Milch oder sicher nicht Milch und<br />
schon gar keine Fruchtsäfte, kleine Mahlzeiten über den ganzen<br />
Tag verteilt oder nur drei Mahlzeiten pro Tag, wobei mindestens<br />
fünf Stunden zwischen diesen Mahlzeiten liegen müssen: Jede<br />
Regel, die ihren Urheber für eine gewisse Zeit an die Spitze der<br />
Sachbuch-Bestsellerliste befördert hat, wird von einem anderen<br />
Sachbuch-Bestsellerautor bestimmt mit aufgerissenen Augen als<br />
das Gegenteil dessen identifiziert, was wirklich, einzig und allein<br />
und ganz sicher zum Erfolg führen soll. Erfolg bedeutet in diesem<br />
Zusammenhang, dass sich ein etwas rund gewordenes Lebewesen<br />
in einen schlanken, ansehnlichen Menschen verwandelt, und zwar<br />
zuerst schnell und dann für immer.<br />
«ich wollte mit einer Biotta-kur eine<br />
einmalige entschlackung machen.»<br />
Spaziergänge mit Hippokrates<br />
I<br />
Werner sender, Vertriebsleiter, Deutschland<br />
ch dachte, Diäten seien ein relativ junges Phänomen, das mit<br />
dem modernen Schönheitsideal zusammenhängt, gemäss dem<br />
wir jung und spannkräftig aussehen sollen, auch wenn wir alt und<br />
müde sind. Aber das stimmt nicht. Lang bevor es die erste Frauenzeitschrift<br />
gab – eine Zeitschriftengattung, der ohne raffinierte<br />
Abnehmtipps etwas so Entscheidendes fehlen würde wie einem<br />
Auto das linke Vorderrad –, kümmerten sich bereits berühmte<br />
Männer darum, auf merkwürdige Weise zu werden, was sie nicht<br />
waren: schlank und vital.<br />
Die britische Medizinhistorikerin Louise Foxcroft trug in ihrem<br />
Buch «Calories & Corsets. A history of dieting over 2000 years»<br />
erstaunliche Massnahmen zusammen, wie berühmte historische<br />
Personen sich oder andere in Form zu halten pflegten, ob es nun<br />
Dionysios von Herakleia war, der seine gewaltigen Fettpolster<br />
durch Nadelstiche behandeln liess oder der griechische Arzt Hippokrates,<br />
der seinen dicken Patienten Spaziergänge und anschliessende<br />
Brechkuren verordnete.<br />
Erster echter Diätratgeber<br />
D<br />
er erste echte Diätratgeber datiert aus dem 16. Jahrhundert.<br />
Sir Thomas Elyot philosophierte darin über die blutverdünnenden<br />
Effekte des Fischgenusses und vom Käse als dem «Feind<br />
des Magens». Der Venezianer Luigi Cornaro nannte sein Hauptwerk<br />
«Vom mässigen Leben» und gönnte sich selbst zuweilen nicht<br />
mehr als einen Eidotter zum Mittagessen. Der Amerikaner Horace<br />
Fletcher wiederum empfahl, jeden Bissen des Essens minutenlang<br />
zu kauen – eine Anregung, die später in der F.-X.-Mayr-Lehre aufgenommen<br />
wurde –, was ihm die Bewunderung und Gefolgschaft<br />
der um ihre Linie besorgten Schriftsteller Henry James und Franz<br />
Kafka eintrug.<br />
Lord Byron, ein überzeugter Schlanker, der unglücklicherweise<br />
zum Übergewicht neigte, hungerte sich gar zu Tode, nur 36 Jahre<br />
alt. Er ist damit ein erstes Symbol für die Irrwege des Schlankheitskults,<br />
aber auch für die romantische Vorstellung, den eigenen<br />
Körper notfalls mit Mühen und Entbehrungen in die gewünschte<br />
Form zu bringen.<br />
«ich wollte, abnehmen weil ich mich<br />
gesundheitlich und optisch unwohl fühlte.»<br />
Schlank im Schlaf<br />
D<br />
«ich lebe mit der erkenntnis,<br />
dass die Diät nie fertig ist.»<br />
felix egli, supply Consultant, schweiz<br />
serge grünwald, training & Development manager, schweiz<br />
as ist ein entscheidender Punkt, der aktuelle Diäten von Byrons<br />
Hungerorgien unterscheidet: Niemand mag, während<br />
er Gewicht liegen lässt, hungern. Die Diäten der Gegenwart sind<br />
umso erfolgreicher, je weniger Mühsal sie versprechen. Entsprechend<br />
konsequent ist der aktuelle Bestseller «Schlank im Schlaf.<br />
Die revolutionäre Formel.» Darin wird der «Bio-Uhr» des Menschen<br />
die Arbeit aufgebürdet, Fettreserven zu verbrennen, die<br />
man sich vorher genussvoll angemampft hat.<br />
«Wenn ich wieder mal von der<br />
notwendigkeit einer Diätphase überzeugt<br />
bin, bin ich absolut diszipliniert.»<br />
tobias heyer, senior-personalreferent, Deutschland<br />
Von Atkins bis zu Dukan<br />
ndere Autoren, andere Einfälle. Der amerikanische Arzt<br />
Robert C. Atkins begründete zu Beginn der 1970er Jahre die<br />
nach ihm benannte Schule, die ganz auf den Genuss von Eiweiss<br />
setzt, solange man Fleisch, Fisch und Käse nur mit möglichst wenigen<br />
Kohlenhydraten kombiniert. Atkins war der Erste, der sich<br />
gegen die These stellte, vor allem Fett mache fett. Atkins’ französischer<br />
Gegenpapst Michel Montignac versprach den Probanden<br />
der Montignac-Methode gar, dass sie «essen und dabei abnehmen»<br />
können, und antwortete auf die Frage, wie er selbst es geschafft<br />
habe, sein Idealgewicht zu erreichen und zu halten: «Indem ich im<br />
Restaurant esse und an Geschäftsessen teilnehme.»<br />
Ähnlich apodiktisch verkaufen die Macher der Low-Carb-Diät ihr<br />
Produkt. Auf die Frage, die ihre potenziellen Leser zuerst stellen,<br />
nämlich was sie essen dürfen, antworten sie schlicht: «Alles.» Nebenbemerkung:<br />
«Nur besser.» Nicht etwa: «Weniger.»<br />
Die Glyx-Diät ordnet allen Lebensmitteln eine Farbe zu und verspricht<br />
den Diäterfolg, wenn nur die richtigen Produktgruppen kombiniert<br />
werden – ein Grundmuster, dem auch klassische Trennkost-<br />
Diäten folgen. Bei der Blutgruppendiät und bei Metabolic Balance<br />
werden für den jeweiligen Kunden (gegen Aufpreis) spezifische<br />
Diätpläne entworfen. Die gerade gehypte Dukan-Diät wiederum<br />
verspricht sich ihren Erfolg vom bei den Weight Watchers abgeschauten<br />
Kontrolleffekt der Gemeinschaft, den Dr. Dukan an die<br />
Online-Community delegiert. Nur die South-Beach-Diät scheint<br />
mir insofern vernünftig, als sie sich gar nicht als «Diät», sondern<br />
als «Lebensweise» präsentiert, die ohne Zucker, Softdrinks und<br />
Junkfood auskommt. Darauf könnte man allerdings auch kommen,<br />
ohne davor ins Buchgeschäft gegangen zu sein.<br />
Ich finde, dass es gar nicht so schwer ist, aus der Geschichte der<br />
Diäten die richtigen Lehren zu ziehen. Weniger essen und mehr<br />
bewegen ist nicht ganz falsch. Der Rest ist Unterhaltung.<br />
Christian seiler ist Buchautor und Journalist. seine kulinarischen<br />
reportagen «reise zum geschmack» erschienen im<br />
«echtzeit»-Verlag.<br />
Diätmenus – Erste Diätmenus im Angebot.<br />
aktion speck weg – Erstes Kochbuch mit<br />
Vollprogramm zum Abnehmen in vier Wochen.<br />
aktion ernährung 2000 – Neue Schweizer<br />
Küche – erstes Konzept zur gesunden und<br />
ausgewogenen Ernährung.<br />
«vegetarisch-kulinarisch» – Vegetarische<br />
Menus werden zum Standardangebot in<br />
allen Restaurants und Mensen.<br />
Voilà, die leichte Linie – Macht Essen zur<br />
Freude. 20 <strong>SV</strong> Köche entwickeln Rezepte<br />
für leichten Genuss. 1996 wird das Konzept<br />
samt Kochbuch in den Betrieben umgesetzt.<br />
genuss pur – 5 am tag – Die Aktion zur<br />
Darmkrebsprävention in über 300 Personalrestaurants<br />
und Mensen.<br />
fit@work – Der Genuss mit maximal 500 Kalorien<br />
am Arbeitsplatz in 65 Personalrestaurants.<br />
Cuisine légère – Die nationale Promotionswoche<br />
zur gesunden Ernährung.<br />
Balance Boy award – Auszeichnung<br />
für ausgewogenes und jugendgerechtes<br />
Fast Food.<br />
fit4life – Jährliche Aktionswochen werden in<br />
114 Personalrestaurants eingeführt.<br />
fit@school – Lancierung von gesundem<br />
und ausgewogenem Fast Food in 38 Mensen<br />
der Deutschschweiz.<br />
liveeasy – Weiterentwicklung der<br />
bestehenden Linien. Täglich eine ausgewogene<br />
Hauptmahlzeit mit rund 650 Kalorien.<br />
22 23<br />
A<br />
60 Jahre kalorienbewusst bei der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong><br />
1952<br />
1985<br />
1987<br />
1993<br />
1995<br />
2001/<br />
2002<br />
2005<br />
2006<br />
2006<br />
ab<br />
2005<br />
ab<br />
2006<br />
2010<br />
HIStoRY
meHR tRaNSpaReNz, WeNIGeR<br />
aNFaHRteN, WeNIGeR aDmINIStRatIoN<br />
patrick camele, ceo der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> in der Schweiz, und markus Lötscher, ceo der pistor aG,<br />
erklären im Gespräch das neue Beschaffungskonzept der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> – und warum es nicht nur<br />
wirtschaftlichen, sondern auch ökologischen Nutzen bringt. interview: David signer fotos: Luxwerk<br />
Was gab den ausschlag für das gemeinsame projekt?<br />
patrick Camele: Die Ausgangslage war, dass wir sehr viele Artikel<br />
hatten – über 100 000 –, die unsere Restaurants täglich angeliefert<br />
bekamen. Das bedeutete eine zunehmende Komplexität.<br />
Nicht nur, dass wir sehr viele Lastwagen-Anfahrten hatten;<br />
es war auch schwierig, Transparenz zu haben, welche Produkte<br />
überhaupt im Sortiment waren. Jede Anlieferung brauchte einen<br />
Lieferschein und eine Rechnung. Viele unserer Restaurants<br />
liegen in der Innenstadt; Abgas und Lärmemissionen waren ein<br />
wichtiges Thema. Wir hatten auch viele Küchenchefs, die es gewohnt<br />
waren, ihre Bestellung sehr kurzfristig aufzugeben und<br />
die mehr oder weniger bei ihren diversen Lieferanten jeweils<br />
am Vorabend die Waren bestellten. Diese Methode verursachte<br />
nicht nur viel Verkehr, sie war auch kompliziert.<br />
markus Lötscher: Das Problem war für alle Lieferanten das<br />
gleiche – bei der Anlieferung am frühen Morgen kam es zu<br />
Staus an der Abladerampe. Dies war nervenaufreibend für die<br />
Chauffeure und das Personal kam in Zeitnot, die Lieferungen<br />
in kurzer Zeit entgegenzunehmen, Lieferscheine zu kontrollieren<br />
und schliesslich die Waren in die Lager zu verräumen.<br />
Dank den grossen Fortschritten mit der neuen Software für die<br />
Bestellplattform sowie den Innovationen in der Transportlogistik<br />
konnten wir der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> im Rahmen eines Gesamtkonzeptes<br />
grosse Optimierungen anbieten. Vor ein paar Jahren<br />
wäre ein solches Projekt noch nicht möglich gewesen.<br />
Worin besteht nun die innovation beim Beschaffungs-konzept,<br />
das die sV group schweiz dieses<br />
Jahr zusammen mit pistor umsetzt?<br />
markus Lötscher: Das Herzstück ist eine moderne elektronische<br />
Bestellplattform, bei der die Betriebe heute schon sehr vieles<br />
und in naher Zukunft alles bestellen können. So sind nicht<br />
nur die Bestellungen, sondern auch die Inventur und die ganze<br />
markus Lötscher, pistor ag (links), und patrick Camele, sV group, nehmen<br />
im interview stellung zum neuen Beschaffungskonzept der sV group.<br />
«Das herzstück ist eine moderne<br />
elektronische Bestellplattform.»<br />
markus Lötscher<br />
24 25<br />
DIaRY<br />
Kommunikation mit Lieferanten an einem einzigen Ort konzentriert.<br />
Ziel ist, mit weniger Lieferungen mehr Bedürfnisse des<br />
Kunden abzudecken. Das heisst, im selben Camion werden tiefgekühlte,<br />
gekühlte und ungekühlte Produkte geliefert.<br />
patrick Camele: Regionale Produkte wie beispielsweise Salat,<br />
Gemüse, Fleisch oder Backwaren werden nach wie vor regio-<br />
nal angeliefert. Mittelfristig möchten wir jedoch, dass diese<br />
Produktgruppen auch über die Bestellplattform abgewickelt<br />
werden können. So schaffen wir es, eine breite Regionalität unseres<br />
Angebotes beizubehalten, die Anfahrten und somit den<br />
CO -Ausstoss zu verringern sowie den administrativen Auf-<br />
2<br />
wand zu minimieren.<br />
Was sind die Vorteile der neuen strategie?<br />
markus Lötscher: Infolge der wenigen Anfahrten gibt es weniger<br />
Staus, und es gibt nur noch eine statt mehrerer Bestellungen<br />
für den gleichen Liefertag, eine Anlieferung, eine Warenkontrolle<br />
und eine Rechnung, welche wir in Zukunft elektronisch<br />
übermitteln wollen. Dadurch verringert sich der administrative<br />
Aufwand für das Restaurant, und es bleibt mehr Zeit für die<br />
Gäste. Der Waren- und der Rechnungsfluss werden effizienter,<br />
und die Beschaffungskonditionen werden optimiert: Durch die<br />
Zentralisierung der Administration, die Bestellung von grösseren<br />
Mengen und die Reduzierung der Fahrten werden Kosten<br />
und Zeit gespart.<br />
patrick Camele: Dazu ein konkretes Beispiel: Ein Restaurant<br />
Manager, der vorher bei einem Mitbewerber tätig war, sagte<br />
mir, dass er bei der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> drei Tage weniger pro Monat im<br />
Büro verbringe.<br />
Ein sehr wichtiger Vorteil für den Gast ist, dass die Produkttransparenz<br />
stark verbessert wird. Unsere Restaurantgäste<br />
wollen heute genau wissen, was sie essen. Da geht es um Allergene,<br />
um die GDA-Ausweisung – also Angaben zum durchschnittlichen<br />
Tagesbedarf –, um Rückverfolgbarkeit und<br />
Zusatzstoffe. Durch die Straffung des Sortiments und einen<br />
klaren Überblick über die Herkunft der Waren haben wir
DIaRY<br />
heute einen Grad an Transparenz wie sonst niemand in der<br />
Schweiz. Auch falls es zu einer Epidemie oder zu Lebensmittelskandalen<br />
kommen sollte, sind Rückverfolgung, Kontrolle<br />
und Massnahmen natürlich einfacher, wenn man nur wenige<br />
Lieferanten hat. Wir sind uns sicher, dass die Ansprüche der<br />
Konsumenten zur Lebensmitteltransparenz in den nächsten<br />
Jahren weiter zunehmen werden.<br />
Verbessert sich durch die reduktion der anfahrten<br />
auch die Ökobilanz?<br />
markus Lötscher: Auf jeden Fall: Gab es früher bei einem<br />
Restaurant mindestens fünf Anfahrten von fünf verschiedenen<br />
Lieferanten pro Tag, so ist es heute im Idealfall noch eine.<br />
Das führt natürlich zu einem messbar tieferen CO -Ausstoss.<br />
2<br />
Aber es geht nicht nur um die Zahl der Anfahrten. Pistor ist<br />
der nachhaltigste Logistiker auf dem Markt, nicht nur was die<br />
technische Ausrüstung betrifft, sondern auch die Auslastung<br />
der Fahrzeuge. Letztes Jahr wurde ein neues, ausgefeiltes und<br />
effizientes Tourenplanungssystem eingeführt. Die Westschweiz<br />
wird per Bahn angefahren. Auch führen wir regelmässig Kurse<br />
in ökologischer Fahrweise für die Camionneure durch, und die<br />
Lastwagen werden gemäss der höchsten Euro-Norm beschafft.<br />
Kürzlich wurde auf unserem neuen Warenumschlagszentrum<br />
eine Photovoltaikanlage eingeweiht, die drittgrösste der<br />
Schweiz.<br />
können sie noch etwas zum wichtigen faktor der<br />
kühlung sagen, sowohl beim transport wie bei der<br />
Lagerung?<br />
markus Lötscher: Wir haben in die neue Infrastruktur viel investiert.<br />
Der Vorteil ist, dass man bei Neubauten, wie im Fall<br />
unseres Warenumschlagszentrums, und bei Neuanschaffungen,<br />
wie im Fall der 20 Lastwagen mit Stickstoffkühlung, sich<br />
«regionale produkte wie beispielsweise<br />
salat, gemüse, fleisch oder Backwaren<br />
werden nach wie vor regional angeliefert.»<br />
patrick Camele<br />
wirklich an der modernsten und zukunftsweisendsten Technologie<br />
orientieren kann. Und natürlich hat hier ein grosses<br />
Unternehmen mehr Möglichkeiten als ein kleines. Die Hybridlastwagen<br />
haben wir eigens entwickeln und testen lassen; die<br />
Kühlsysteme werden nicht mehr mit Diesel betrieben, sie sind<br />
umweltfreundlicher und ohne Lärmemission. Auch die Kühlung<br />
im neuen Lager ist heute energiesparender, weil wir mehrere<br />
verschiedene Kältezonen haben, je nach Produkterfordernis. Es<br />
wird nur noch jeweils so weit gekühlt als nötig.<br />
patrick Camele: Tiefkühlen verbraucht sehr viel Energie. Bis<br />
anhin fuhr der Tiefkühlwagen ein bis zwei Mal pro Woche –<br />
und zwar separat – zum Restaurant. Das heisst, der Restaurant<br />
Manager benötigte Tiefkühlkapazität für eine Woche, eben bis<br />
der Lastwagen wieder eintraf. Jetzt kommt der Lastwagen, der<br />
auch Tiefkühlprodukte bringt, öfter. Das spart Energie in den<br />
Betrieben.<br />
Lässt sich ihr Beschaffungskonzept auch anderswo<br />
anwenden beziehungsweise verallgemeinern?<br />
patrick Camele: Ich wage die Hypothese, dass die Gastronomie<br />
eine der Branchen ist, die in der Schweiz sehr viel Lastwagenverkehr<br />
verursacht. Würde unser Beschaffungskonzept<br />
in vielen Restaurants angewendet, aber beispielsweise auch in<br />
Spitälern oder Bäckereien, liessen sich die Emissionen massiv<br />
verringern. In der Stadt Zürich verfügt die <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> über<br />
50 Restaurants, die täglich angefahren werden. Wenn wir bei<br />
jedem Restaurant fünf Anfahrten einsparen – was realistisch<br />
ist –, dann haben wir 250 Lastwagenfahrten pro Tag weniger.<br />
David signer ist Journalist («nZZ am sonntag», «DU») und<br />
schriftsteller.<br />
ETH Studie: 30 Prozent weniger Umweltbelastung<br />
Im Frühjahr 2010 unterzog die <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> in der Schweiz alle Prozesse der Warenbeschaffung sowie die Sortimente und die Lieferanten-<br />
vielfalt einer umfassenden Analyse. Angesichts der Komplexität entstand das Bedürfnis nach einer radikalen Vereinfachung. In<br />
Zusammenarbeit mit der Pistor AG wurde ein Logistikkonzept erarbeitet, das die Bestellvorgänge auf einer einzigen elektronischen<br />
Plattform konzentriert, die Lagerung zentralisiert und die Verteilung bündelt. Trotzdem ist es weiterhin möglich, Produkte mit hoher<br />
regionaler Bedeutung – wie Gemüse, Milchprodukte, Backwaren oder lokale Getränke – dezentral einzukaufen (derzeit rund die<br />
Hälfte des Beschaffungsvolumens). Durch die Doppelstrategie wurden ökonomische und administrative Einsparungen, aber auch<br />
eine ökologische Optimierung erreicht. Eine begleitende Studie der ETH Zürich (Julia Baumann: «Umwelt und Logistik», Masterarbeit)<br />
kommt zum Ergebnis, dass dank des Beschaffungskonzepts die Umweltbelastung um rund 30 Prozent gesenkt werden konnte.<br />
26 27<br />
DIaRY
BeSt cHoIce<br />
auS ÜBeRzeuGuNG<br />
FÜR DaS Gute<br />
effizienz und Wirtschaftlichkeit sind stete Forderungen an die Küchenchefs und Gastro-<br />
manager. Das spiegelt sich auch in der Wahl der Lieferanten. Dass dabei Betriebe mit besonders<br />
nachhaltigen Konzepten und qualitativ hochstehenden produkten das Rennen machen, ist kein<br />
Widerspruch – sondern der konsequente Schluss. Vier Beispiele, wie regionale Innovationskraft<br />
die einkäufer überzeugt. text: elisabeth tschiemer<br />
metzgerei Niedermann – die beste cervelat<br />
Bruno Greuter, Schlossherr des Gastrobetriebs auf Schloss Laufen – hoch über<br />
dem Rheinfall –, knüpft mit Ritterbrunch und Spanferkel an alte Traditionen<br />
an. Beim Einkauf geht er aber gern neue Wege. Auf der Suche nach hochwertigen<br />
Produkten ist er nun in der Region fündig geworden: Fleisch, Käse, Brot<br />
und Wein bezieht er bevorzugt aus der unmittelbaren Nachbarschaft.<br />
Eine besonders enge Zusammenarbeit hat sich mit der Metzgerei Niedermann<br />
aus Uhwiesen ergeben, einem Familienunternehmen mit 25 Angestellten. Hier<br />
profitiert der erfahrene Gastronom von den über Generationen weitergegebenen<br />
Rezepturen. So kommt im Snack des Rheinfall-Besucherzentrums eine der<br />
besten Schweizer Cervelats auf den Grill: an guten Tagen bis zu 1000 Stück.<br />
Und das hat auch mit einer Schweizer Tradition zu tun. So ist die Cervelat auf<br />
Schulreisen oder Familienausflügen immer noch die Nummer eins gegen den<br />
kleinen Hunger zwischendurch. Dass die Produktion dieser Wurst aus Rindund<br />
Schweinefleisch, Rückenspeck, Gewürzen und Pökelsalz – aufgrund eines<br />
EU-Importverbots für brasilianische Rinderdärme – vor ein paar Jahren gefährdet<br />
schien, machte sie zudem über die Landesgrenzen hinaus bekannt.<br />
Am Pfingstsamstag, 26. Mai, wird Urs Schüpbach, Leiter der Metzgerei Niedermann,<br />
dann aber nicht Cervelats, sondern ein Spanferkel nach alter Tradition<br />
am Spiess überm offenen Feuer grillieren. Anlass genug, für einen kulinarischen<br />
Abstecher an den Rheinfall.<br />
www.metzgerei-niedermann.ch<br />
BioHof Niedermayer –<br />
vielfältige Kartoffelsorten aus der Region<br />
Erich Miedler ist Restaurant Manager im Bundesministerium für Inneres<br />
in Wien. Ihm ist es wichtig, dass seine Gäste naturbelassene und regional<br />
produzierte Nahrungsmittel geniessen können. Er weiss um die enge<br />
Beziehung von Leistungsfähigkeit und qualitativ hochwertiger Ernährung.<br />
Seine Sorgfalt bei der richtigen Auswahl der Lebensmittel gilt der<br />
gesamten Speisenkombination – von Fleisch, Fisch und Gemüse bis hin<br />
zu den Beilagen. So bezieht er aus Überzeugung die Kartoffeln vom Bio-<br />
Hof Niedermayer. Im warmen Lössboden bei Aspendorf, rund 50 Kilometer<br />
nördlich von Wien, werden seit Generationen vielfältige Kartoffelsorten<br />
kultiviert – seit über zehn Jahren nach den strengen Richtlinien<br />
des organisch-biologischen Landbaus.<br />
Neben der Wahl der Saatkartoffel gehört auch die Vielfalt der Fruchtfolge<br />
mit Mais, Körner- und Platterbse sowie Luzerne zum Erfolgsrezept. Dazu<br />
kommen modernste Technik und Wissen aus der landwirtschaftlichen<br />
Forschung, um die Kartoffeln in bester Qualität vom Acker zu holen, zu<br />
lagern und zum Kunden zu bringen.<br />
Erich Miedler schätzt neben der hohen Qualität auch den zuverlässigen<br />
Service und die Nähe des Betriebs. www.bio-kartoffel.at<br />
Wolf-Nudeln aus tagesfrischen eiern<br />
Wenn Flugzeuge sicher landen und der Bahnverkehr flüssig läuft, steht in<br />
vielen Fällen Know-how der Firma Frequentis dahinter. Ökonomisches<br />
und ökologisches Denken wird auch im betriebseigenen Restaurant grossgeschrieben.<br />
Martin Doppler, verantwortlich für den gastronomischen<br />
Bereich am Standort der Frequentis AG in Wien, wählt seine Lieferanten<br />
sorgsam aus. Unter anderem verwendet er bei einigen Gerichten auch Eierteigwaren<br />
der Firma Wolf. Wichtig bei der Auswahl der Produzenten<br />
ist ihm nicht nur, dass die Produkte qualitativ hochwertig sind, sondern<br />
auch, dass ihre Herstellung ressourcenschonend erfolgt.<br />
Dass ihm der Nudelproduzent Wolf aus Güssing im südlichen Burgenland<br />
dabei besonders imponiert, wird klar, wenn man erfährt, dass dort<br />
die Teigwaren CO -neutral produziert werden: Penne, Spaghetti, Nudeln,<br />
2<br />
Hörnli, Tagliatelle oder Pappardelle aus tagesfrischen Eiern von Hühnern<br />
aus den eigenen Stallungen, gefüttert mit Mais von eigenen Äckern.<br />
Das Betriebskonzept des 1956 gegründeten Familienbetriebs Wolf ist einzigartig:<br />
In der im vergangenen Jahr neu erstellen Biogasanlage werden<br />
Hühnermist und Grünsilage in selbst verwertete Energie umgewandelt<br />
und das Gärprodukt der Biogasanlage kommt als natürlicher Dünger auf<br />
die Äcker, wo der Futtermais für die Hühner angebaut wird.<br />
www.wolfnudeln.at<br />
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BeSt cHoIce<br />
Jumi-Käse –<br />
erste adresse für Sterneköche<br />
Mark Thommen ist Küchenchef im Renaissance Tower Hotel im trendigen<br />
Stadtteil Zürich-West. Nachhaltige regionale Produkte gehören zu seinem<br />
erklärten Credo. Die traditionell gereiften und innovativ veredelten JUMI-<br />
Käse hat er in St. Moritz kennen gelernt: «Die Qualität und die Leidenschaft,<br />
mit der Mike Glauser und Jürg Wyss ihre Produkte herstellen<br />
und vertreiben, hat mich restlos überzeugt. Ihr Käsebuffet beim White<br />
Turf stellte alles in den Schatten.»<br />
Der einstige Geheimtipp vom «Bärner Märit» ist dank der Kreativität<br />
der beiden Jungunternehmer und ihrer Rückbesinnung auf traditionelle<br />
Reifungsarten zu einer der ersten Adresse für Sterneköche und Delikatessgeschäfte<br />
geworden. Der grösste Teil ihrer Sorten wird aus frischer<br />
Rohmilch von Weidekühen hergestellt – so entstehen hocharomatische<br />
Käse in limitierten Mengen.<br />
Der 2005 gegründete Betrieb baut auf dem profunden Wissen von Peter<br />
Glauser auf, dem Onkel von Mike – und arbeitet heute mit neun ausgesuchten<br />
Käsereien in der Region zusammen. Neben der bereits legendären<br />
Belperknolle sind Käse mit klingenden Namen wie «Summerhimmu»,<br />
«Blaus Hirni» oder «Appenberger» zu entdecken. www.jumi.lu<br />
elisabeth tschiemer schreibt über Lifestylethemen und leitet zusammen<br />
mit ihrem mann den independent-Verlag Libelle.<br />
im Januar wurde für die sBB das erste Caffè Vicino an der grossen schanze in Bern eröffnet.<br />
LeIDeNScHaFt KaFFee<br />
Die Kaffeebar lebt von der Leidenschaft und Professionalität des<br />
Barista, der mit seinem gesamten Auftritt Gastfreundschaft und<br />
Professionalität vermittelt. Der Barista ist die Gastgeberpersönlichkeit<br />
und das Gesicht von Caffè Vicino. Er kennt nicht nur<br />
die Herkunft des Kaffees und die Geheimnisse der erstklassigen<br />
Zubereitung, er beherrscht auch das technische Know-how und<br />
führt die täglichen Handgriffe wie Einstellen, Reinigung und<br />
Wartung der hochwertigen Maschine im Handumdrehen aus. Für<br />
das Kaffeebarkonzept Caffè Vicino wurden zusammen mit der<br />
Schweizer Gourmetrösterei Rast Röstungen für Café crème und<br />
Espresso ausgewählt. Die Erfolgsgeschichte der Firma Rast garantiert<br />
ein Premium-Produkt, 2010 wurde sie als erste Rösterei<br />
der Schweiz zum «Röster des Jahres» gekürt.<br />
Caffè Vicino bringt Italianità und Liebe zum Detail ins Personalrestaurant.<br />
Vor der italienischen Bilderwelt hinter der Theke<br />
LocatIoN<br />
«caffè Vicino» ist das Schlüsselwort für gelebte Italianità. Das neue, gesamtheitliche Kaffee-<br />
barkonzept der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong> steht für Kaffeekompetenz, die auf drei pfeilern gründet: dem<br />
motivierten, perfekt geschulten Barista, einer halbautomatischen Kaffeemaschine für den<br />
besonderen Kaffeegenuss sowie exquisiten Kaffeebohnen.<br />
Von Cristina mcDaniel, sV group fotos: geri krischker<br />
servieren die Mitarbeitenden traditionell elegant gekleidet, sie<br />
tragen weisse Hemden, schwarze Bistroschürzen und schmale<br />
schwarze Krawatten. Die Speisen werden in tiefen, flachen<br />
Glasvitrinen präsentiert, die an die Kaffeehäuser von Napoli<br />
erinnern. Auch das kulinarische Angebot lässt keine Wünsche<br />
offen. Es reicht vom Gipfeli mit Sprüngli-Schokolade bis zum<br />
verspielt rustikal präsentierten Wurst- und Käseplättli mit einem<br />
lokalen Bier. Sehen, riechen und schmecken: Im Caffè Vicino<br />
treffen sich altes Handwerk und modernes italienisches Design<br />
zu einem Gesamterlebnis für alle Sinne.<br />
Cristina mcDaniel ist projektmanagerin bei der sV group und<br />
verantwortlich für das konzept Caffè Vicino.<br />
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ps<br />
Wussten Sie?<br />
Das culinarium Banca Julius Baer & co. Sa in Lugano ist das<br />
südlichste Restaurant der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong>. es wird von Restaurant<br />
managerin Sara D’oria geführt. Sie und ihr team bedienen alle<br />
rund 100 Gäste pro tag am tisch.<br />
Das personalrestaurant von montblanc in Hamburg ist das nördlichste<br />
Restaurant der <strong>SV</strong> <strong>Group</strong>. es wird von Restaurant manager<br />
Heino arndt geführt. er und sein team geben pro tag bis zu<br />
440 menus raus.<br />
<strong>SV</strong> <strong>Group</strong>, Memphispark, Wallisellenstrasse 57, Postfach, CH-8600 Dübendorf 1,<br />
Telefon +41 43 814 11 11, Telefax +41 43 814 11 12, info@sv-group.ch, www.sv-group.com