18 Osteopathie Was ist Osteopathie? Eine ausschließlich manuelle Therapie. d.h. der Therapeut arbeitet ausschließlich mit seinen Händen und seinen Sinnen und verabreicht keine Medikamente bzw. benutzt keine Instrumente. Sie kann grundsätzlich bei allen Funktionsstörungen des Körpers angewandt werden, egal wie lange diese schon besteht. Altersbeschränkungen gibt es nicht. Andrew Tailor Still, geb. am 6. August 1828 in Jonesboro, Virginia gest. 1917 ist der Begründer der Osteopathie. Schon von seinem Beruf als Arzt frustriert, musste er hilflos mit ansehen wie drei seiner Kinder bei einer Epidemie (Meningo- Encephalitis) starben. Kurz darauf starb sein Vater an einer Lungenentzündung. Danach bricht er mit der traditionellen Medizin und entwickelt ein völlig neues Konzept, welches er 1885 als Osteopathie bezeichnet. Ein Schüler Still´s, William Garner Sutherland entdeckte und erforschte die Cranio-Sacrale-Komponente und integrierte diese in das bestehende osteopathische Konzept. Mitte des vergangenen Jahrhunderts integrierten zwei französische Osteopathen Jacques Weischenk und Jean-Pierre Barral den 3. Aspekt, die viscerale Komponente. D.h. die Osteopathie besteht aus drei Aspekten, welche wie folgt untergliedert werden. Parietal: dazu gehören die Behandlung des Bewegungsapparates, von Knochen, Muskeln, Sehnen, Gelenke, Wirbel etc. Bewegungseinschränkungen, Nackenverspannungen, Schulter- Armsyndrom, Haltungsschäden sind einige klassische Beispiele für die Behandlung des parietalen Bereichs. Cranio-sacral: beinhaltet die Behandlung von Schädel + WS mit Gehirnflüssigkeit, Hirnhäuten, dem NS und all dessen Funktionen. Migräne, Tinnitus, Depressionen, Hormonstörungen, Entwicklungsstörungen bei Babys, Kindern und Jugendlichen sind nur einige Beispiele, bei denen bevorzugt mit diesem Aspekt gearbeitet wird. Visceral: integriert in das osteopathische Konzept die inneren Organe mit deren Blutgefäßen, Lymphgefäßen und den zugehörigen Nerven. Verdauungsbeschwerden, Blasenentzündungen, Leber- Galleprobleme, Magenerkrankungen, Nachsorge nach Operationen sind Schwerpunkte bei der Behandlung mit dieser Komponente. Bewegungsverlust in einem dieser drei Aspekte hat sofort einen Einfluss auf die anderen Aspekte, es muss also immer eine konstante Synthese aller drei Aspekte erfolgen. Die Osteopathie geht von drei Prinzipien aus. Struktur + Funktion befindet sich in gegenseitiger Abhängigkeit. Bsp.: Das Mastoid entwickelt sich erst in seiner Form, wenn der Säugling beginnt den zugehörigen Muskel zu nutzen, das heißt sein Köpfchen zu heben. Selbstheilungs- und Selbstregulierungskräfte des Patienten, der Therapeut wirkt nur als Kanal. Funktionelle Einheit des Körpers D.h. dass nie nur der Ort des Schmerzes untersucht und behandelt wird, sondern auch geschaut wird: wohin strahlt es noch aus, woher kommt es. Bsp.: Schulterschmerzen durch fascialen Zug als Folge von Leberproblemen - D.h. der menschliche Organismus entwickelt eine konstante Wechselwirkung mit der Umgebung, in physischen und psychischen Funktionen, in Krankheit sowie in Gesundheit. Bsp.: psychische Veränderungen nach Schädeltrauma Wie wird osteopathisch gearbeitet? Am Anfang steht immer einen intensive mündliche und palpatorische Befunderhebung. Zur kompletten akuten Krankengeschichte kommen z.B. Fragen über: - Komplikationen bei der Geburt - durchgemachte Krankheiten - Operationen (Narben, Verklebungen) - Ernährungsgewohnheiten. Der Therapeut arbeitet mit den äußeren Ohren und nutzt seine Hände als „innere Ohren“, er lauscht was ihm die Gewebe, die oberflächlichen und die tieferen erzählen. Er spürt ob ein Gewebe verdichtet ist, ob Bewegung möglich ist, ob sie eventuell nur in eine Richtung möglich ist, ob die Spannung erhöht ist, das Gewebe kalt oder mangeldurchblutet ist. Anschließend wird bei eher chronischen Beschwerden mit minimalen Berührungen und oft an für den Patienten verblüffenden Stellen (z.B. bei Kopfschmerzen am Steißbein oder bei Kreuzschmerzen am Unterkiefer) behandelt. D.h. der Therapeut geht in die Richtung mit, in die das Gewebe sich noch gut bewegt, solange bis ein Stillpunkt eintritt – anschließend organisiert sich die Bewegung neu, freier, ausgeglichener. Oft atmet der Patient dann tiefer, sein Bauch macht Geräusche, d.h. also er entspannt sich, er kann auch Bilder eines lange zurückliegenden Traumas sehen, welches irgendwann mal die tiefere Ursache war, da sich jedes Trauma ob physisch oder psychisch im Gewebe abspeichert. Während der Behandlung erinnert er sich, um dann loslassen zu können. An vorher deutlich verhärteten Stellen kann man eine Erwärmung und ein deutliches Pulsieren fühlen – ein Zeichen dafür, dass vorher minderversorgtes Gewebe wieder besser durchblutet, sprich versorgt wird und somit gesunden kann. Bei akuten Problemen – hier kommen die wenigsten Patienten sofort, sondern lassen sich in der Regel zuerst vom Arzt behandeln - wird auch gelegentlich manipuliert, d.h. z.B. ein Wirbel eingerenkt. Wichtig ist, daran erkennt man, ob jemand sein Handwerk versteht, die anschließende Betrachtung und Behandlung der umliegenden Gewebe, bis alles wieder im Fluss, in Bewegung ist und der Patient nicht immer wieder nach einigen Tagen erneut Schmerzen hat und erneut eingerenkt werden muss. Das Ziel einer osteopathischen Behandlung ist die Harmonisierung der Mobilitätsverhältnisse und Bewegung der anatomischen Strukturen oder anders ausgedrückt die Wiederherstellung der nicht mehr geregelten Mechanismen. Als Bild: Fließendes Gewässer wird immer aufgefrischt und bleibt gesund, still stehendes Gewässer wird trübe und zu einem Ansteckungsherd. Das Gleiche geschieht im Körper.
Was für eine Bewegung ist hier gemeint? Jede Zelle, jedes Gewebe, jedes Organ bewegt sich in einem Rhythmus, und bei Krankheit ist dieser gestört, d.h. unregelmäßig oder gar unterbrochen. Es ist ein nicht so bewusster Rhythmus wie der Puls, oder der Atemrhythmus. Er ist viel langsamer ca. 10 – 12 Zyklen / min, bzw. die Long Tide 0,6 – 2,5 Zyklen / min. Um ihn selbst spüren zu können muss man ganz ruhig werden wie zum Beispiel bei regelmäßiger Meditation. Ein schönes Bild ist: Die Verbindung mit dem göttlichen Atem, das ein und Ausatmen des Universums, womit wir wieder bei der Einheit des Köpers sind, eben auch mit seiner Umgebung, und hierfür ist der Therapeut nur Kanal, er hilft beim sich Erinnern, die Arbeit machen die Selbstheilungskräfte eines jeden selbst. Uta Glöckner Hp BHN 2/05 19