KMU RUNDSCHAU
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AUSGABE 02 /2015<br />
Nicht in die Falle gehen<br />
Die Zukunft der beruflichen Vorsorge<br />
INNOVATION & MARKETING<br />
| INDUSTRIE 4.0 | BIG DATA IM FOKUS | CONNECTED CAR
«Eine unkomplizierte Bank, die das<br />
Wachstum von <strong>KMU</strong> unterstützt.»<br />
Bettina Walser-Meier und Erwin Meier-Honegger,<br />
Ernst Meier AG<br />
Film anschauen auf www.zkb.ch/firmen<br />
Für das Garten-Center Ernst Meier AG ist die Zürcher<br />
Kantonalbank eine Partnerin, die gute Geschäftsideen<br />
zum Blühen bringt. Mit regionalem Know-how,<br />
Kundennähe und Blick fürs Wesentliche unterstützen<br />
wir die langfristigen Wachstumspläne.
Liebe Leserin, Lieber Leser<br />
Früher war nicht alles besser, aber vieles anders. So verlief das<br />
Leben von Bankern in geruhsameren Bahnen. Sie waren konservativ<br />
und geregelt. Das Bild vom Banker, der sich für drei<br />
Prozent Geld leiht, dann für weitere drei Prozent weiterverleiht<br />
und um drei Uhr nachmittags auf dem Golfplatz zu finden ist,<br />
war weit verbreitet.<br />
Heute ist das Bild ein völlig anderes. Es ist aus einem langen<br />
Prozess entstanden. Mit dem Ende des festen Systems von<br />
Bretton-Woods Mitte der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts<br />
bekam die Finanzbranche mehr Geld, mehr Instrumente<br />
und mehr Einfluss. Die Petro-Dollars mussten eingespeist<br />
werden, und es wurde immer mehr in Eurogeldmärkte und<br />
weniger in Unternehmen investiert. Die Finanzbranche drehte<br />
an immer grösseren Rädern, erfand immer neue Produkte und<br />
kam von ihrem hohen Ross nicht mehr herunter. Die Folge<br />
waren und sind fortlaufende Skandale, die als Einzelfälle abgetan<br />
werden, das lange Festhalten an Schwarzgeldstrategien,<br />
eine «Too big to fail» – Problematik und, und, und. Die Liste der<br />
negativen Meldungen sprengt ein Editorial.<br />
Die Reputation von Banken und Bankern ist heute am Boden.<br />
Im aktuellen Bestseller von Martin Suter «Montecristo» wird<br />
der Spruch «Die Bank gewinnt immer» in einen Wirtschaftskrimi<br />
verpackt. Der Hauptprotagonist entdeckt, dass auf<br />
zwei 100-Franken-Scheinen die identischen Seriennummern<br />
stehen. Er denkt natürlich sofort an Falschgeld, irrt sich aber<br />
und deckt einen gigantischen Komplott auf. Eine Grossbank<br />
lässt mithilfe von staatlichen Komplizen Geld drucken. Das ist<br />
keine verschwörungstheoretische Fantasie. Suter bekam Inspirationen<br />
von Peter Siegenthaler, der den Posten als Direktor der<br />
Eidgenössischen Finanzverwaltung innehat.<br />
Dabei braucht es gerade heute Banker und Banken, die ihr<br />
Geschäft verstehen und uns an der Hand nehmen und durch<br />
turbulente Zeiten leiten. In der vorliegenden Ausgabe haben wir<br />
wieder einige versammelt. Sie können uns strategische Tipps<br />
geben. Inzwischen haben wir im siebten Jahr ein Aktienhoch, nur<br />
von technischen Korrekturen durchbrochen. Wie geht es damit<br />
weiter? Früher waren Staatsanleihen eine mündelsichere Anlage.<br />
Doch auch hier kann man sich nicht festhalten. Die Staatsanleihen<br />
sind in Turbulenzen geraten und erlebten in den letzten<br />
Wochen eine Ausverkaufswelle. Das betrifft nicht nur Griechenland,<br />
sondern auch deutsche oder US-Treasuries. Bei einigen<br />
klassischen Anlagemöglichkeiten drohen negative Zinsen.<br />
Genau den letzten Punkt treffen auch institutionelle Anleger<br />
von Pensionskassen. Sie müssen heute Fantasie entwickeln,<br />
um Anlagemöglichkeiten zu finden. Unter andern ging es<br />
darum auch bei einer Diskussionsrunde zum Thema der<br />
beruflichen Vorsorge, die wir im Baur au Lac in Zürich veranstalteten.<br />
Wir brachten hier Kompetenz und unterschiedliche<br />
Positionen zusammen. Auf den folgenden Seiten können Sie<br />
eine spannende Diskussion verfolgen.<br />
Georg Lutz<br />
Chefredaktor kmu <strong>RUNDSCHAU</strong><br />
lutz@rundschaumedien.ch<br />
www.kmurundschau.ch<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 1
06<br />
Die berufliche Vorsorge in der Debatte<br />
Das Drei-Säulen-Modell der Schweiz kommt aus verschiedenen<br />
Gründen unter Druck. Wir brachten im Baur au Lac in<br />
Zürich die unterschiedlichen Kompetenzen und Positionen<br />
der Schweiz zusammen. Es entwickelte sich eine spannende<br />
Diskussion. Teilnehmer waren: Joe Bättig, Dr. jur. Doris Bianchi,<br />
Marco Baur, Ronald Biehler, Prof. Dr. Olaf Meyer und Reto<br />
Tarreghetta. Moderation: Bernhard Bauhofer und Georg Lutz.<br />
Innovationsmarketing bringt Vorsprung<br />
40<br />
Innovative Produkte und Dienstleistungen in immer kürzeren<br />
Zeitabständen hervorzubringen ist für viele Unternehmen zur<br />
Realität geworden. Dagegen wird bei der Vermarktung von<br />
Innovationen längst noch nicht das Potenzial ausgeschöpft,<br />
das Unternehmen dabei zur Verfügung steht. Wir fächern in<br />
einem Einleitungstext das Thema auf und konkretisieren es an<br />
einem Fallbeispiel.<br />
60<br />
Industrie 4.0<br />
Industrie 4.0 und D!conomy sind die neuen Trendstichworte,<br />
wenn es um die Zukunft der Produktion in unseren Unternehmen<br />
geht. Was verbirgt sich hinter der vierten industriellen<br />
Revolution, die wie ihre Vorgängerinnen nicht nur ganze<br />
Branchen, sondern auch Gesellschaften ummodeln wird?<br />
Wir geben erste Einblicke.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 2
Mythos und Wahrheit von Big Data<br />
Big Data – alle sprechen davon, aber die wenigsten wissen,<br />
was sich hinter dem Terminus verbirgt. Für die meisten Unternehmen<br />
ist Big Data immer noch ein nebulöses Feld mit vielen<br />
Unsicherheiten – vieles von dem, was Unternehmen über Big<br />
Data annehmen, ist falsch. Das führt zu falschen Entscheidungen.<br />
Zeit für eine Richtigstellung.<br />
68<br />
86<br />
Bedrohungen aus dem Cyberspace<br />
Die <strong>KMU</strong>-Landschaft in der Schweiz ist extrem vielfältig. In<br />
den verschiedensten Wirtschaftsbranchen leisten <strong>KMU</strong> hervorragende<br />
und innovative Arbeit. Genau dieser Umstand<br />
macht sie anfällig für Angriffsszenarien unterschiedlicher Art.<br />
Wir sind vor Ort<br />
Unter anderem sind wir in den nächsten Monaten an folgenden<br />
Messen und Veranstaltungen vor Ort. Gerne können Sie<br />
im Vorfeld mit uns Termine vereinbaren. Auf Wunsch schauen<br />
wir in Ihrem Unternehmen auch persönlich vorbei.<br />
Rubriken<br />
Editorial01<br />
Kommentar04<br />
Highlight06<br />
Unternehmen unterwegs 22<br />
Menschen in Unternehmen 28<br />
Marcom40<br />
Global & Lokal 52<br />
Software & Hardware 60<br />
IT-Sicherheit86<br />
SKO Leader Circle, www.sko.ch<br />
Business Frühstück FFHS, ww.ffhs.ch<br />
automation & electronics, www.easyfairs.com<br />
TopSoft/Suisse EMEX, www.topsoft.ch, www.suisse-emex.ch<br />
Swiss CRM Forum, www.swisscrmforum.com<br />
Im Web<br />
Wir halten Sie zwischen den Ausgaben mit aktuellen News,<br />
Fotostrecken, Kolumnen und Analysebeiträgen auf dem Laufenden.<br />
Sie sind gerne eingeladen, sich crossmedial zu beteiligen.<br />
Zum Beispiel mit News: 1 000 Zeichen, Bild und URL.<br />
Besuchen Sie www.kmurundschau.ch<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 3
Kommentar<br />
Für Datensicherheit einstehen –<br />
seit jeher und weltweit<br />
von Marco Schmid<br />
Lokale Schweizer Cloud-Anbieter argumentieren gerne, dass<br />
nur im eigenen Land die Daten sicher seien. Was einleuchtend<br />
klingen mag, hat wenig mit der Realität zu tun. Denn Datensicherheit<br />
ist nicht vom Ort, sondern von der Art und Weise,<br />
wie Daten abgespeichert und gehandhabt werden, abhängig –<br />
und somit von der Kompetenz des Cloud-Anbieters.<br />
Wer einen Cloud-Anbieter anhand des Standortes seines<br />
Rechenzentrums auswählt, fällt seine Entscheidung auf der<br />
Basis eines falschen Kriteriums. Informationssicherheit ist<br />
grundsätzlich standortunabhängig, zumal landes- oder industriespezifische<br />
regulatorische Anforderungen bezüglich Datensicherheit<br />
und Umgang mit sensitiven Daten für alle Anbieter<br />
gelten. Dementsprechend gilt: Nicht der Ort, wo die Daten<br />
gelagert werden, ist massgebend, sondern der professionelle<br />
Umgang mit ihnen.<br />
Bevor eine Entscheidung für einen Cloud-Anbieter getroffen<br />
wird, ist eine umfassende Analyse der eigenen Bedürfnisse und<br />
der verschiedenen Möglichkeiten unabdingbar. Unabhängig<br />
davon, ob das Unternehmen zu expandieren plant oder bereits<br />
global tätig ist, braucht es einen Cloud-Partner, mit dem<br />
es wachsen kann. Dies ist insofern von Bedeutung, als dass<br />
im Sinne einer nahtlosen Customer Experience die Applikationen<br />
und Daten dort zu speichern sind, wo sich die Kundschaft<br />
des Unternehmens befindet. Denn Verzögerungen und lange<br />
Ladezeiten aufgrund einer irrtümlich auserwählten Infrastruktur<br />
kann sich heute kein Unternehmen mehr erlauben. Sind<br />
diese Punkte geklärt, befasst man sich mit der Kernfrage: Welcher<br />
Partner erfüllt all diese Punkte unter Einhaltung höchster<br />
Sicherheitsstandards?<br />
Ist der Partner gefunden, gilt es gemeinsam zu entscheiden,<br />
welche Variante der Cloud sich am besten eignet. Gerade für<br />
ein <strong>KMU</strong> mit begrenzten personellen Ressourcen empfiehlt<br />
sich eine Managed Cloud: Das Unternehmen kann sich nicht<br />
nur auf seine Kernkompetenzen konzentrieren, sondern profitiert<br />
auch von der Erfahrung des Cloud-Partners im Security-<br />
Bereich. Von zentraler Bedeutung ist, dass der Cloud-Anbieter<br />
die Sicherheitsmassnahmen immer im Sinne des Kunden<br />
umsetzt und diesen umfassend berät. Beispielsweise zu<br />
Themen wie der Verschlüsselung. Nur eine echte Ende-to-End-<br />
Verschlüsselung – häufig auch als «clientseitige Verschlüsselung»<br />
bezeichnet – stellt sicher, dass ausser dem Sender und<br />
Empfänger auch tatsächlich kein Unbefugter Einblick in die<br />
sensiblen Daten erhält.<br />
Die Enthüllungen von Edward Snowden rund um die Aktivitäten<br />
der NSA haben nicht zuletzt zu einer zwingend notwendigen<br />
Sensibilisierung eines grösseren Bewusstseins der Gesellschaft<br />
bezüglich der Datensicherheit geführt. Zwar haben<br />
lokale Anbieter einen psychologischen Vorteil, doch der Kunde<br />
ist gut beraten, in Kompetenzen und nicht in Lokalitäten zu<br />
denken. Denn Datensicherheit und -verfügbarkeit müssen<br />
global und nicht nur lokal gewährleistet werden. Auch die teilweise<br />
bewusst von lokalen Anbietern geschürte Angst, der<br />
Kunde würde bei einem internationalen Cloud-Anbieter die<br />
Oberhoheit über seine Daten verlieren, ist unbegründet. Vertrauenswürdige<br />
und kompetente Provider wie Rackspace<br />
informieren den Kunden über den exakten Standort, an dem<br />
die Daten abgespeichert sind. Wichtig ist deshalb, nicht nur<br />
mit einem Anbieter, sondern einem echten Partner zusammenzuspannen.<br />
Marco Schmid<br />
ist Country Manager DACH bei Rackspace.<br />
www.rackspace.com/de<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 4
Kommentar<br />
Wir leben die Schweizer<br />
Cloud – seit jeher<br />
von Gabriel Gabriel<br />
IT-Giganten und US-Cloud-Anbieter wie Amazon, Google,<br />
Oracle und Salesforce überbieten sich aktuell gegenseitig mit<br />
Ankündigungen, in Europa neue Rechenzentren zu eröffnen.<br />
Was ist davon zu halten?<br />
Die von Edward Snowden angestossenen Enthüllungen haben<br />
nur bestätigt, was Fachleute schon lange vermuteten:<br />
Ausländische Geheimdienste – und nicht nur die – versuchen<br />
mit allen Mitteln, Datensicherheits-Technologie zu knacken<br />
und Datenschutzstandards zu brechen. Das geht umso leichter,<br />
je niedriger die gesetzlichen Hürden sind. Deshalb ist bei<br />
IT-Profis und Bürgern nun eine neue Sensibilität für das weltweite<br />
Verschieben von Daten in der Cloud entstanden. Fragen<br />
nach der Sicherheit der Daten und ihrem Speicherort fordern<br />
eine Antwort – und das zu Recht. Die Kunden von Brainloop<br />
waren immer besser geschützt. Weil wir seit jeher davon überzeugt<br />
sind, dass es durchaus einen Unterschied macht, in<br />
welchem Land die Daten gespeichert sind.<br />
Der Traum von der virtuellen Wolke, in der Nutzer zwangsläufig<br />
nicht mehr wissen, wo ihre Daten liegen, ist ausgeträumt. Der<br />
Markt kommt deshalb in Bewegung: Amazon, Google, Oracle<br />
und Salesforce haben lautstark angekündigt, Rechenzentren<br />
in Europa zu eröffnen. Bisher sollten die Daten des Nutzers<br />
unbemerkt und ungehindert Giga-, Tera- oder Petabyteweise<br />
rund um den Globus und von einem Wolkenmeer in<br />
das nächste fliessen. Wie sich herausstellte, war dies kein<br />
guter, sondern ein gefährlicher Traum.<br />
Es war vielmehr eine Idee von Administratoren und Speicherexperten,<br />
denen Effizienz und Verwaltbarkeit ‹ihrer Cloud›<br />
über alles gingen. Dabei haben sie einen wesentlichen Aspekt<br />
übersehen: Trotz Globalisierung und Welthandelsabkommen<br />
sind die meisten Gesetze und Vorschriften über Datenschutz<br />
und Datensicherheit lokale Gesetze. Dazu kommt, dass sich<br />
die Länder auch in ihrer Kultur beim Umgang mit Daten unterscheiden.<br />
Kein Wunder also, dass – im Kontext der Datenspeicherung<br />
– das Vertrauen ins eigene Land am höchsten ist.<br />
Zugegeben: Niemand ist zu 100 Prozent vor Kriminellen sicher,<br />
und nichts kann zu 100 Prozent vor Spionen geschützt<br />
werden. Aber in einigen Ländern gelten strengere Gesetze<br />
als in anderen, und schon das sorgt für ein deutliches Plus<br />
an Sicherheit, die Cloud-Provider anbieten müssen. Nicht<br />
umsonst verlagern die grossen US-Anbieter ihre Rechenzentren<br />
nach Europa. Wir von Brainloop waren hingegen schon<br />
immer in dem Land, wo unsere Kunden sind.<br />
Und nicht zuletzt deshalb können wir unseren Kunden bieten,<br />
was keine Dropbox vermag: eine Auskunft darüber, wo<br />
die Daten liegen. Unsere Kunden wissen, wo ihre Daten<br />
gespeichert sind. Wer seine Informationen lieber in der Private<br />
Cloud der eigenen IT-Infrastruktur weiss, bekommt von Brainloop<br />
auch dafür die passende Lösung. Mit dem Brainloop<br />
Secure Dataroom bieten wir zum Beispiel eine webbasierte<br />
Lösung, die mit ihrer Logik die revisionssichere Einhaltung<br />
von gesetzlichen Vorgaben sowie Compliance-Richtlinien<br />
unterstützt. Dadurch sind die Informationsprozesse in Gremien,<br />
Projekten, Personalabteilungen sowie im Finanz- und<br />
Vertragsmanagement sicher und gleichzeitig effektiv und<br />
flexibel zu bearbeiten.<br />
Von diesem Ansatz waren wir schon immer überzeugt. Zu<br />
Recht, wie sich jetzt zeigt.<br />
ist Geschäftsführer der Brainloop Switzerland AG.<br />
www.brainloop.com<br />
Gabriel Gabriel<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 5
Highlight<br />
Reto Tarreghetta (Novarca AG), Ronald Biehler (BIEHLER Stiftungsberatungen), Prof. Dr. Olaf Meyer (Profond), Dr. jur. Doris Bianchi (SGB), Dr. Sabina R. Korfmann-<br />
Bodenmann (KCCC), Marina Merino (KCCC), Bernhard Bauhofer (Sparring Partners), Georg Lutz (kmu<strong>RUNDSCHAU</strong>), Joe Bättig (AgaNola) und Marco Baur (IAF), v.l.n. r.<br />
Handlungsbedarf ist da<br />
Die berufliche Vorsorge in der Debatte<br />
Diskussion mit Joe Bättig, Dr. jur. Doris Bianchi, Marco Baur, Ronald Biehler, Prof. Dr. Olaf Meyer und Reto Tarreghetta<br />
Moderation Bernhard Bauhofer und Georg Lutz<br />
Das Drei-Säulen-Modell der Schweiz kommt aus verschiedenen Gründen unter Druck. Wir brachten im Baur au Lac<br />
in Zürich die unterschiedlichen Kompetenzen und Positionen der Schweiz zusammen. Es entwickelte sich eine spannende<br />
Diskussion.<br />
Lutz: Das Drei-Säulen-Modell der Vorsorge<br />
in der Schweiz wird meist über<br />
den grünen Klee gelobt. Bernhard<br />
Bauhofer hat uns dazu eine mediale<br />
Vorlage mitgebracht.<br />
Bauhofer: Ja, ich will den üblichen<br />
optimistischen Prognosen wie dem<br />
BILANZ-Talk zum Thema, die zwar von<br />
Herausforderungen reden, aber insgesamt<br />
ein positives Bild zeichnen, etwas<br />
entgegensetzen. Die Financial Times<br />
vom 20. April 2015 wählt ein sehr negatives<br />
Bild. Dort ist die Rede davon, dass<br />
das Schweizer Vorsorgesystem in zehn<br />
Jahren zusammenbrechen könnte. Demografie,<br />
die weltweite Zinssituation<br />
und der Negativzinsentscheid der SNB<br />
sind hier die zentralen Stichworte. Wo<br />
liegt nun die Wahrheit?<br />
Lutz: Vielleicht gibt es ja auch unterschiedliche<br />
Wahrheiten?<br />
Bättig: Wenn ich die Wahrheit über die<br />
Situation in zehn Jahren prognostizieren<br />
könnte, dann wäre ich ein sehr reicher<br />
Mann. Das kann ich nicht. Aber einige<br />
Hinweise kann man schon geben. Mit den<br />
heutigen wichtigen Parametern wie dem<br />
Umwandlungssatz, dem Mindestzinssatz<br />
und den Zinswelten, wie wir sie kennen,<br />
kann man das, was man heute von politischer<br />
Seite verspricht, nicht mehr einhalten.<br />
Wenn die Menschen älter werden und<br />
man immer noch mit den alten Modellen<br />
rechnet, genügt ein Dreisatz, um hier Handlungsbedarf<br />
anzumelden. Wenn Parameter<br />
durch politische Entscheidungen anstatt<br />
durch Markt wie Mindestzinssatz festgelegt<br />
werden, dann stimmt etwas nicht.<br />
Ich glaube aber an Optimierungen im<br />
System. Wenn man mit den gleichen Rahmenbedingungen<br />
weiterfährt, ist man in<br />
zehn Jahren nicht bankrott. Später vielleicht<br />
… Aber bankrott heisst nicht, dass<br />
das System bankrott ist, sondern man<br />
kann gewisse Verpflichtungen nicht einhalten.<br />
Das Worst-Case-Szenario wäre<br />
eine Kürzung der Renten. Wir müssen im<br />
Übrigen auf allen drei Säulen optimieren<br />
und nicht nur auf der zweiten Säule aktiv<br />
werden.<br />
Lutz: Man muss gut rechnen können,<br />
die Parameter im Auge haben und<br />
dann optimieren?<br />
Tarreghetta: Zunächst ist es wichtig zu<br />
verstehen, welche Parameter wir verändern<br />
können und welche nicht. Den de-<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 6
Highlight<br />
mografischen Wandel können wir weder<br />
kurz- noch mittelfristig beeinflussen. Einerseits<br />
werden die Leute älter und auch<br />
die Alterspyramide sieht heute anders<br />
aus als 1985, als das BVG in Kraft gesetzt<br />
wurde. Was wir diskutieren können,<br />
ist das Leistungsniveau und die Finanzierungseite.<br />
Das Zinsniveau zum Beispiel<br />
hat sich seit der Finanzmarktkrise immer<br />
weiter nach unten bewegt. Damit ist die<br />
Herausforderung auf der Finanzierungseite<br />
nicht einfacher geworden.<br />
Bianchi: Lassen Sie mich nochmals auf<br />
den Beitrag in der Financial Times zurückkommen.<br />
Da musste ich etwas schmunzeln.<br />
In den Neunzigerjahren wurden wir<br />
mit Horrorbildern konfrontiert, die den<br />
Zusammenbruch der AHV beinhalteten.<br />
Jetzt verlagert sich die Diskussion auf die<br />
zweite Säule. Sie galt ja als der unsinkbare<br />
Tanker. Jetzt sind die AHV-Themen<br />
auch in der Pensionskassenwelt angekommen.<br />
Das erstaunt mich schon sehr.<br />
Man will den Leuten Angst einjagen.<br />
Bauhofer: Betreibt hier die Financial<br />
Times Swiss Bashing?<br />
Bianchi: Nein. Die Herausforderungen<br />
liegen heute eher im Bereich der zweiten<br />
Säule als bei der AHV. Es läuft nicht so<br />
geschmiert, wie man es bei der zweiten<br />
Säule immer prognostiziert hatte. Bei den<br />
Parametern darf man nicht vergessen,<br />
dass wir im Rahmen einer Sozialversicherung<br />
agieren. Es geht bei der zweiten<br />
Säule nicht um reines Ansparen, je<br />
nach Marktlage. Man muss gewisse<br />
Leistungsniveaus einhalten. Schon das<br />
heutige Leistungsniveau ist für Geringverdiener<br />
nicht berauschend.<br />
Lutz: Nochmals nachgefragt: Geht es<br />
letztendlich um einen Systemwechsel<br />
oder nur das Verändern von Stellschrauben?<br />
Meyer: Es ist ein gutes System, da es<br />
diversifiziert. Die Alterspyramide ist die<br />
Herausforderung der AHV. Die zweite<br />
Säule hat andere Probleme, aktuell die<br />
der geringen Zinsen. Doch stimme ich<br />
zu: Man muss optimieren. Ich frage<br />
mich, ob der Wille da ist zum Agieren<br />
und ob unternehmerisch in der zweiten<br />
Säule gearbeitet werden darf. Bei<br />
den Optimierungen kann man heftig diskutieren,<br />
und da geht es nicht nur um<br />
kleine Veränderungen. Es geht nicht nur<br />
um den Umwandlungssatz, sondern um<br />
«Wir haben hier in der Schweiz ein anderes politisches System».<br />
die zweite Säule, die im Gegensatz zu<br />
einer Sozialversicherung eine unternehmerische<br />
Aufgabe darstellt. Die Unternehmen<br />
der zweiten Säule haben die<br />
Aufgabe, bestmöglichste Leistungen bei<br />
vertretbarem Risiko zur Verfügung zu<br />
stellen und sich nicht auf ein Minimum<br />
zu fixieren.<br />
Lutz: Was muss sich jetzt wirklich ändern?<br />
Biehler: Das BVG-System ist 25 Jahre<br />
alt. Auch eine Strasse braucht nach diesem<br />
Zeitraum einen neuen Belag oder<br />
eine zusätzliche Spur. Unser Säulensystem<br />
ist grundsätzlich gut. Allerdings<br />
lehnen wir uns gerne zurück und klopfen<br />
uns auf die Schulter. Das ist fatal.<br />
Schauen wir doch über unseren Tellerrand.<br />
Wir reden hier von der Reform der<br />
Altersvorsorge 2020 mittels einer Reform<br />
des Renteneintritts von Frauen von 64<br />
auf 65 Jahre. In Europa passt man das<br />
Rentenalter verschiedentlich von 65 auf<br />
67 Jahre an. In Spanien ist das beispielsweise<br />
bereits durchgezogen worden.<br />
Der zuständige Minister hat sich an<br />
die Bevölkerung gewandt und Klartext<br />
geredet: Bürger, ihr werdet fast alle über<br />
80, ja 90 Jahre alt, ich habe aber nur<br />
noch für zehn Jahre Geld in der Rentenkasse.<br />
Man kann dann noch zehn Jahre<br />
weitermachen und dann die Rentenzahlungen<br />
einstellen oder wir müssen<br />
das Rentenalter höher ansetzen. Wenn<br />
wir über unseren Inselstaat Schweiz<br />
hinausschauen, relativieren sich einige<br />
Situationen.<br />
Bianchi: Moment. Wir haben hier in der<br />
Schweiz ein anderes politisches System.<br />
In keinem europäischen Land<br />
würde eine Abstimmung zur Erhöhung<br />
des Rentenalters erfolgreich verlaufen.<br />
Wir können also unsere Reformen nur<br />
sehr umsichtig umsetzen.<br />
Baur: Ich würde den Blick von der Systemfrage<br />
abwenden. Es geht um das<br />
Thema der Vorsorge und damit letztlich<br />
um uns selber. Ich gebe Ihnen in<br />
einem Punkt recht: Wenn wir heute in<br />
der Schweiz die Bürgerinnen und Bürger<br />
fragen, wer bereit ist, länger zu arbeiten<br />
oder weniger Rente zu haben, wird die<br />
Zustimmung homöopathisch ausfallen.<br />
«Ich glaube an Optimierungen im System».<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 7
Highlight<br />
Lutz: Warum eigentlich?<br />
Baur: Der Wille und die Bereitschaft der<br />
Politik, hier aufzuklären ist gering, da<br />
die Themen Arbeitszeit und Rentenreduktion<br />
sehr unpopulär sind. Wenn ich<br />
es aber von der Beratungsseite beim<br />
Kunden anschaue, sieht das Bild ganz<br />
anders aus. Im privaten Umfeld erleben<br />
wir es ja. Mit 65 ist es nicht ungewöhnlich,<br />
noch drei Jahrzehnte zu leben. Im<br />
Bereich der privaten Vorsorge haben wir<br />
die Herausforderung darum verstanden.<br />
30 Jahre nach Pension – das ist ein halbes<br />
Erwerbsleben und das kostet Geld.<br />
Bei der AHV haben bei ihrer Einführung<br />
acht Erwerbstätige die ersten Säule<br />
finanziert. In zehn bis 15 Jahren sind<br />
das noch gut zwei arbeitende Personen.<br />
Man muss der Situation klar in die<br />
Augen schauen und die Frage stellen,<br />
wer das finanziert. Wir als Individuen<br />
müssen mehr sparen, womit die Bedeutung<br />
der dritten Säule höher sein wird. In<br />
der zweiten Säule geht es um nüchterne<br />
mathematische Formeln. Wenn Menschen<br />
älter werden, gibt es entweder<br />
tiefere Renten oder höhere Beiträge. Wer<br />
bezahlt das? Entweder die Erwerbstätigen<br />
oder der Steuerzahler. Man muss<br />
darum die Frage stellen, was wir eigentlich<br />
wollen. Es geht somit letztlich nicht<br />
nur um die Auswirkungen in den einzelnen<br />
Säulen, sondern um eine volkswirtschaftliche<br />
Debatte, die wichtig ist.<br />
Lutz: Von der gewerkschaftlichen<br />
Seite sieht man dies vermutlich etwas<br />
anders. Dort gibt es nicht nur Alt und<br />
Jung, sondern unterschiedliche gesellschaftliche<br />
Gruppen mit unterschiedlichem<br />
Einkommen und Interessen.<br />
Bianchi: Was nützen mir acht Arbeitslose,<br />
die nicht in die AHV einzahlen? Da<br />
bin ich mit zwei Angestellten, die gut verdienen<br />
und gut einbezahlen, doch besser<br />
aufgestellt. Für die Entwicklung der<br />
AHV ist die Beschäftigungssituation viel<br />
wichtiger als die Bevölkerungssituation.<br />
Hier müssen wir die Situation im Griff behalten.<br />
Der Ruf nach mehr Kindern bringt<br />
uns singulär betrachtet nicht weiter.<br />
Auch der Punkt mit dem Rentenalter<br />
wird mir zu einseitig aufgegriffen. Der<br />
Entscheid, wann ich zu arbeiten aufhöre,<br />
wird aufgrund der Rentenhöhe gefällt<br />
werden. Wenn die Rente zu tief ist oder<br />
sogar abgesenkt wird, muss ich länger<br />
arbeiten, sofern der Arbeitsmarkt dies<br />
überhaupt zulässt. Aber das ist der<br />
Knackpunkt. Wir sind doch weit entfernt<br />
von einer Situation, in der Menschen,<br />
die über 60 Jahre sind, gute Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
finden. Ich erlebe<br />
in erster Linie Frauen, die auf ihre kümmerliche<br />
Rente aus der Pensionskasse<br />
verweisen und länger arbeiten wollen,<br />
aber vor den verschlossenen Toren des<br />
Arbeitsmarktes stehen: «Mich nimmt<br />
keiner mehr» lautet eine oft gehörte frustrierte<br />
Aussage.<br />
«Wenn Menschen<br />
älter werden,<br />
gibt es entweder<br />
tiefere Renten<br />
oder höhere<br />
Beiträge. »<br />
Bauhofer: Aber da liegt ja ein sozialpolitischer<br />
Sprengstoff vor unseren<br />
Füssen. Es betrifft die Menschen<br />
mit einem tiefen Gehalt und Teilzeitbeschäftigte.<br />
Eigentlich geht es ja<br />
um einen Generationenvertrag, der<br />
solidarisch aufgestellt ist. Er ist eigentlich<br />
in Stein gemeisselt – nun<br />
aber infrage gestellt. Bei einer Swiss-<br />
Re-Veranstaltung wurde gar vom Madoff-<br />
Prinzip und Rentenklau gesprochen.<br />
Die Babyboomer beklauen demnach<br />
die jüngeren Generationen. Und das<br />
stellt das System und damit das Vertrauen<br />
in die Altersvorsorge infrage.<br />
«Der Generationenkampf<br />
wird gerne von<br />
den Medien<br />
hochgespielt.»<br />
Bianchi: Was ist denn die Alternative?<br />
Junge Menschen zahlen nicht mehr in<br />
die AHV und kümmern sich individuell,<br />
wie sie ihre Eltern im Alter über die Runden<br />
bringen. Ist das für Sie der bessere<br />
Weg?<br />
Bauhofer: Es ist vielleicht ein ehrlicheres<br />
und realistischeres Szenario …<br />
Bianchi: Die klassische Familie erodiert<br />
doch immer mehr. Gerade die zunehmenden<br />
Pachtwork-Realitäten erfordern<br />
einen solidarischen Ausgleich. Jeder<br />
vernünftige junge Mensch ist froh über<br />
die AHV, da er weiss, dass er bei der<br />
Vorsorge für seine Eltern entlastet wird.<br />
Zudem garantiert es mir Ansprüche in<br />
einem soliden System. Der Generationenkampf<br />
wird gerne von den Medien<br />
hochgespielt. Ich erlebe in den Betrieben<br />
keinen Aufstand der jungen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter gegen ihre<br />
älteren Kollegen. Ich erlebe vielmehr,<br />
dass sich die Jungen überhaupt nicht<br />
interessieren für die zweite Säule. Das<br />
Interesse beginnt mit Mitte fünfzig und<br />
schlägt dann schnell in Panik um. Dort,<br />
wo es etwas bringen würde, im Alter zwischen<br />
dreissig und vierzig Jahren, ist<br />
das kein Thema. Ich kenne niemanden,<br />
der dreissig ist und bei der Einstellung<br />
frägt, wie die Situation in der Pensionskasse<br />
aussieht.<br />
Bauhofer: Hat das mit mangelndem<br />
Vertrauen zu tun? Vielleicht denkt<br />
man inzwischen insgeheim, ich bekomme<br />
so oder so nicht alle Gelder.<br />
Baur: Nein, es ist genau umgekehrt. Das<br />
Vertrauen in unsere Vorsorgesysteme ist<br />
riesig. Der einzelne Bürger glaubt, dass<br />
die Vorsorgewerke halten.<br />
Lutz: Jetzt kommt doch noch eine politische<br />
Debatte auf.<br />
Bättig: Ich stelle einen Unterschied zwischen<br />
heute und der Situation von vor<br />
zehn Jahren fest. Heutige Teilnehmer<br />
von Informationsveranstaltungen zur Altersvorsorge<br />
sind viel jünger. Wenn Sie<br />
den Leuten die Informationen geben,<br />
dann fällt oft der Groschen. Von alleine<br />
kommt niemand. Da gebe ich Ihnen recht,<br />
Frau Bianchi. Folglich müssen wir mehr<br />
aufklären. Und schon sind wir bei den<br />
Parteien, Politikern und Verbänden angelangt.<br />
Wenn wir es schaffen würden –<br />
das ist allerdings pure Theorie – uns ein<br />
rein sachpolitisches Bild zu machen,<br />
würden vermutlich die Meinungen, auch<br />
hier, viel näher sein. Dann kommt man<br />
auch sehr schnell auf das Leistungsniveau<br />
zu sprechen. In der Folge braucht<br />
es flankierende Massnahmen für einige<br />
Gruppen. In Spanien, das war das<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 8
Sparen Sie dort, wo es niemand<br />
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«Heute muss man auch die Liquidität als Anlageklasse managen».<br />
vorherige Fallbeispiel, hat man über das<br />
Leistungsniveau gesprochen. Und wenn<br />
man dies nicht hier auch macht, öffnet<br />
sich auch der Arbeitsmarkt nicht. Das<br />
ganze Tableau der Säulen muss auf den<br />
Tisch. Nur so bekommen wir eine belastbare<br />
Grundlage.<br />
Meyer: Wir sind immer noch zu sehr in dem<br />
heutigen System verhaftet. Weiten wir<br />
doch einfach den Zeitrahmen aus. Sprechen<br />
wir doch nicht über die nächsten<br />
zehn, sondern 50 Jahre. Die meisten<br />
Menschen werden dann gar kein Arbeitseinkommen<br />
mehr erwirtschaften.<br />
Das sagen jedenfalls die Futurologen<br />
und Trendforscher. Was machen wir<br />
dann mit der Vorsorge, wenn sie gar<br />
nicht mehr mit Arbeitseinkommen zu<br />
finanzieren ist? Wir sind aus meiner Sicht<br />
in einer Übergangssituation, die uns zu<br />
ganz neuen Lösungen führen wird.<br />
Lutz: Lassen Sie uns zur anderen<br />
Seite, der Anlegerseite kommen. Da<br />
sind wir ja in einer sehr volatilen Situation.<br />
Das Zinsniveau ist sehr tief,<br />
und die Aktien steigen seit Jahren. Es<br />
besteht aber die reale Gefahr der Korrekturen.<br />
Sie sind Verantwortliche für<br />
grosse Anlagesummen. Wie gehen Sie<br />
mit dieser Gefahr um?<br />
Biehler: Die Finanzmärkte sind gerade<br />
eine grosse Herausforderung. Ich habe<br />
auf dem 2. Vorsorgeforum in Interlaken<br />
gefragt, wer schon negative Zinsen bezahlt?<br />
Noch ist das nicht der Fall.<br />
Japan kennt diese Situation bereits<br />
lange Jahre. Wir müssen uns damit auseinandersetzen<br />
und selbstverständlich<br />
auch nach Alternativen umschauen. Ich<br />
benötige für eine stabile Pensionskasse<br />
und um ein realistisches Leistungsversprechen<br />
garantieren zu können, eine<br />
Performance von vier Prozent.<br />
«Wir sind immer<br />
noch zu<br />
sehr in dem<br />
heutigen System<br />
verhaftet.»<br />
Lutz: Gibt es strategische Tipps, wie<br />
man die Situation in Griff bekommen<br />
kann?<br />
Tarreghetta: Ausgelöst durch die Finanzmarktkrise<br />
haben wir es heute mit einer<br />
Geldschwemme und einem Tiefzinsumfeld<br />
zu tun. Die aktuell viel diskutierten<br />
Negativzinsen sind auch nur ein weiterer<br />
Tropfen auf diesem heissen Stein.<br />
Heute muss man auch die Liquidität als<br />
Anlageklasse managen. Eine Pensionskasse<br />
kann sich jedoch, auch wenn sie<br />
unternehmerisch ist, nur im gegebenen<br />
regulatorischen Rahmen bewegen. Dieser<br />
kann sicherlich optimiert werden.<br />
Bei der Suche nach Rendite respektive<br />
neuen Anlageklassen darf man jedoch<br />
die damit einhergehenden Risiken<br />
nicht vernachlässigen. Das heisst, man<br />
braucht auch die entsprechenden Spezialisten.<br />
Die Vermögensanlage ist im<br />
heutigen Umfeld klar anspruchsvoller.<br />
Die Renditeerwartungen sind für die<br />
kommenden Jahre sicherlich tiefer anzusetzen.<br />
Biehler: Pensionskassen reden ja schon<br />
von einem Anlagenotstand. Man muss<br />
aus meiner Sicht aber schlicht innovativer<br />
werden. Wir haben grosse Herausforderungen<br />
in dieser Gesellschaft zu<br />
bewältigen. Eine ist das Wohnen im<br />
Alter. Wenn man 65 Jahre alt wird, bekommt<br />
man von seinen Kolleginnen und<br />
Kollegen einen Kasten Bier, vom Chef<br />
vielleicht einen Whisky und ein Schulterklopfen<br />
und von seiner Bank das Schreiben<br />
mit der Kündigung der Hypothek.<br />
Das ist ein Problem. Die derzeitigen<br />
Tragbarkeitsrechnungen, für jemanden<br />
der eine garantierte Leistung bekommt,<br />
sprich AHV- und Pensionskassenrente,<br />
mit fünf Prozent hochzurechnen, wenn<br />
er eine Festhypothek mit einem Prozent<br />
auf zehn Jahre hat, ist schlicht ein Witz.<br />
Viele ältere Personen müssen Notverkäufe<br />
realisieren, da sie die Tragbarkeitsrechnungen<br />
nicht mehr erfüllen können.<br />
Hier arbeiten wir an einem Projekt, um<br />
die geschilderte Situation über die Pensionskassen<br />
aufzufangen. Wir sind ja in<br />
einem Anlagenotstand. Wieso sollen wir<br />
nicht das Wohnen im Alter über die Pensionskassen<br />
finanzieren, mittels eines<br />
Anlagefonds, der hier tätig wird.<br />
Ein weiterer innovativer Punkt betrifft<br />
eine Langzeitpflegeversicherung für<br />
Vorsorgenehmer. Ab Alter 80 haben wir<br />
es oft mit einem Langzeitpflegefall zu<br />
tun. Das ist der Albtraum einer jeden<br />
Krankenkasse. Wir müssen innovativer<br />
werden mittels der Möglichkeit, für<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 10
die Vorsorgenehmer im Rahmen seiner<br />
Pensionskasse einer Pflegeversicherung<br />
beizutreten.<br />
Meyer: Sie haben mir aus dem Herzen<br />
gesprochen. Es fehlen die unternehmerischen<br />
Innovationen. Lassen Sie uns<br />
zu neuen Ufern aufbrechen! Pensionskassen<br />
haben früher um die 150 oder<br />
200 Millionen Franken verwaltet. Mein<br />
Haus, die Profond, steht heute bei knapp<br />
sechs Milliarden. Warum sollen wir immer<br />
noch mit der gleichen Strategie arbeiten?<br />
Man muss mit eigenen Teams<br />
Neues wagen.<br />
Lutz: Wo finden wir das?<br />
Meyer: Wir sollten uns an neue Anlageklassen<br />
herantrauen. Die Akzeptanz in<br />
der Bevölkerung ist doch nur da, wenn<br />
klar ist, dass wir handeln. Wenn ich nur<br />
über die Situation jammere und dann<br />
die Leistung runterfahre, bin ich unglaubwürdig.<br />
Man muss zeigen, was<br />
man macht, dann akzeptieren die Leute<br />
auch schwierige Entscheidungen. Bisher<br />
gibt es aber hier wenig Druck und<br />
Wettbewerb im Vorsorgebereich. Wenn<br />
in einem Unternehmen weniger Kunden<br />
kämen, müsste ich sofort reagieren. In<br />
Pensionskassen sind wir oft abgeschottet.<br />
Marktdruck auf Pensionskassen ist<br />
die wahre Lösung. Wir reden hier primär<br />
von einem Effizienz- und erst dann von<br />
einem Verteilungsproblem.<br />
Bättig: Wenn man den Markt transparenter<br />
und mobiler machen würde,<br />
der Mitarbeiter nicht immer wechseln<br />
müsste, wenn er zu einem neuen Arbeitgeber<br />
geht, Pooling-Lösungen möglich<br />
wären, dann würden wir schon weiterkommen.<br />
Regulierung, die die Sicherung<br />
der Vorsorge sicherstellt, muss gewährleistet<br />
sein. Aber gleichzeitig braucht<br />
es neue Lösungen. Wir schrumpfen ja<br />
zusammen. Im Jahr 2002 hat es in der<br />
Schweiz 6 400 Pensionskassen gegeben,<br />
heute gibt es noch 2 800. In fünf<br />
Jahren gibt es noch 800, so meine Prognose.<br />
Es braucht spezialisierte Anbieter,<br />
die in ihrem Bereich die Vorsorgewerke<br />
unterstützen können. Sammelstiftungen<br />
haben schon solche Pooling-Instrumente<br />
…<br />
Highlight<br />
Meyer: Ja, das sind die treibenden Akteure.<br />
Lutz: Was sagt man von Gewerkschaftsseite<br />
zur Anlageseite? Es gibt<br />
ja auch Pensionskassen, die Ihnen nahestehen.<br />
Bianchi: Die Renditen sind doch bisher<br />
gut. Wir reden von acht, neun Prozent.<br />
Da fällt es schwer, auf den ersten Blick<br />
an die düsteren Szenarien zu glauben.<br />
Die Tiefzinsphase eröffnet auch Chancen.<br />
Wir müssen innovativer werden.<br />
Das betrifft auch die Kostenseite. Da<br />
hat sich in den letzten Jahren doch einiges<br />
bewegt. Wenn die Renditen nicht<br />
mehr so sprudeln, achtet man, dass man<br />
auf dem Weg dorthin nicht viel verliert.<br />
Baur: Wo sind welche Entscheidungsgremien<br />
für welche Zinssätze? Der Bundesrat<br />
legt den Mindestzins im BVG fest.<br />
In der dritten Säule entscheidet die<br />
Finma, welche die Mindestzinssätze für<br />
private Lebensversicherungen festlegt,<br />
und eine Nationalbank legt Leitzinsen<br />
fest, «spielt» also auch noch mit. Auch<br />
da müsste man sich die Frage stellen,<br />
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ob hier alles am richtigen Ort aufgehoben<br />
ist, oder ob es nicht ein Kompetenzzentrum/Entscheidungträger<br />
für alle<br />
diese Fragen geben müsste.<br />
Bättig: Eine freie und transparente Wahl<br />
ist für mich der wichtigste Punkt.<br />
Bianchi: Die freie Pensionskassenwahl<br />
bringt uns aber in Teufels Küche. Dann<br />
müssten die Pensionskassen verpflichtet<br />
sein, alle aufzunehmen. Sonst geht<br />
es ja immer nur um knallharte Risikoselektion.<br />
Bättig: Das ist versicherungstechnisch<br />
lösbar. Man muss es nur wollen.<br />
Biehler: Wenn Sie heute als Arbeitgeber<br />
die Pensionskasse oder Sammelstiftung<br />
wechseln wollen, dann haben<br />
wir das Problem, was mit den bestehenden<br />
Rentnern passiert. Keiner will die<br />
aufnehmen. Es gibt in der Schweiz kein<br />
bestehendes Modell für ein Auffangbecken<br />
einer Rentnerkasse. Das ist eine<br />
weitere Herausforderung.<br />
Bättig: Sie sprechen genau die Punkte<br />
an, die es zu lösen gilt. Braucht es eine<br />
andere Organisation für die Rentner?<br />
Und dabei muss man auf die veränderte<br />
Verrentungsquote achten. Früher waren<br />
rund 60 Prozent auf das Kapital bezogen,<br />
heute liegen wir bei 40 Prozent. Ich<br />
bin ein ehemaliger Versicherer. Und jetzt<br />
muss ich Nestbeschmutzung betreiben,<br />
da hier zu wenig Transparenz und zu<br />
hohe Kosten die Regel sind. Da haben<br />
die Verantwortlichen einen schlechten<br />
Job gemacht …<br />
«<strong>KMU</strong> fallen oft in die Hände von Brokern, die letztendlich nicht ihre Interessen vertreten».<br />
Lutz: Und wo haben Sie einen guten<br />
Job gemacht?<br />
Sie haben die <strong>KMU</strong> in eine Vollkasko-<br />
Mentalität geführt. Aber auch das muss<br />
heute auf den Prüfstand.<br />
Biehler: Einspruch. Das Vollkasko-Angebot<br />
der Versicherungen ist eine Mogelpackung,<br />
denn das Bundesgericht<br />
hat in einem Streitfall zugunsten einer<br />
Versicherungsgesellschaft entschieden,<br />
dass im Falle finanzieller Schwierigkeiten<br />
– sprich Unterdeckung – Sanierungsbeiträge<br />
erhoben werden dürfen.<br />
Wo ist hier die Vollkasko?<br />
Lutz: Kommen wir am Schluss noch<br />
auf die praktische Ebene. Gibt es strategische<br />
Tipps, wie <strong>KMU</strong>ler, die ja ihr<br />
Kernbusiness im Auge haben wollen,<br />
mit dieser doch komplexen Situation<br />
klarkommen?<br />
Meyer: Es fehlt etwas in der Schweiz.<br />
Wenn ich mich als <strong>KMU</strong>-Verantwortlicher<br />
entscheiden will, welcher Versicherung<br />
oder Sammelstiftung ich mich anschliessen<br />
will, falle ich oft in die Hände<br />
von Brokern, die letztendlich nicht meine<br />
Interessen vertreten.<br />
Es gibt wenig Neigung und kaum reales<br />
Bemühen, praktikable und unabhängige<br />
Vergleichsmöglichkeiten für <strong>KMU</strong> und<br />
die Versicherten zu schaffen. Die Konstrukte<br />
der Stiftungen und Versicherungen<br />
sind ja oft sehr unterschiedlich. Bisher<br />
hat das auch noch niemand finanziert.<br />
Das ist sehr bedauerlich, da es erst<br />
dann zu einem wirklichen Markt käme.<br />
Es werden auch dann nicht alle zum<br />
gleichen Anbieter rennen. Es gibt noch<br />
genügend Unterschiede zwischen Vorsorgeeinrichtungen.<br />
Die eine will etwas<br />
risikoreicher, die andere konservativer<br />
aufgestellt sein. In diesem Universum<br />
der Möglichkeiten muss es doch möglich<br />
sein zu erkennen, wer zu mir passt.<br />
Es gibt nur wenige qualifizierte Beratungsprozesse<br />
und keine Transparenz.<br />
Hier hat die Politik aus meiner Sicht eine<br />
wichtige Aufgabe zu lösen.<br />
Baur: Wir müssen auch von der Ausbildungsseite<br />
noch einige Hausaufgaben<br />
machen. Ich will hier eine Lanze für<br />
Gesetzesdiskussionen brechen, die im<br />
Moment laufen, zum Beispiel für das<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 12
Highlight<br />
FIDLEG. Hier werden Ausbildungsanforderungen<br />
für finanzberatende Personen<br />
endlich klar benannt. Parallel dazu<br />
hat die Versicherungsbranche ein Projekt<br />
mit dem Namen Cicero angestossen.<br />
Auch dort geht es um klare Qualifikationsmerkmale<br />
in der Vorsorge- oder<br />
Finanzberatung. Dieser Berufsstand<br />
kann durch diese Gesetzesvorlagen<br />
endlich bezüglich Expertise und Vertrauen<br />
einiges aufholen,<br />
Meyer: Das ist bei den Stiftungsräten<br />
auch so. Ich bin ja selbst einer. Oft sitzen<br />
Personen in diesen Gremien, die kaum<br />
auf diese Aufgabe vorbereitet sind, aber<br />
die Macht besitzen mit Milliardensummen<br />
zu agieren. Die Professionalisierung<br />
auf allen Ebenen ist wichtig. Dabei<br />
müsste endlich die heilige Kuh des Milizsystems<br />
in der Vorsorge vom Sockel<br />
gestossen werden. Die Trennung von<br />
Verkauf und Beratung muss vorangetrieben<br />
werden. Da gehe ich noch einen<br />
Schritt weiter als Herr Baur.<br />
«Das Vollkasko-<br />
Angebot der<br />
Versicherungen<br />
ist eine<br />
Mogelpackung,»<br />
Bianchi: Die fehlende Transparenz im<br />
System gilt es nochmals, klar zu benennen.<br />
Das ganze Feld der beruflichen Vorsorge,<br />
wir sprechen hier von 800 Milliarden,<br />
interessiert kaum jemanden in der<br />
Forschung.<br />
Meyer: Das ist leider richtig. Auch an den<br />
Universitäten wird dazu kaum geforscht.<br />
Lutz: Jetzt haben wir nochmals einen<br />
klaren Handlungsbedarf festgestellt.<br />
Danke für die spannende Diskussion.<br />
Marco Baur<br />
ist Präsident des Vorstands der Interessengemeinschaft<br />
Ausbildung im Finanzbereich<br />
(IAF)<br />
www.iaf.ch<br />
Joe Bättig<br />
ist Chairman der AgaNola.<br />
www.AgaNola.com<br />
Bernhard Bauhofer<br />
ist Gründer und CEO von Sparring<br />
Partners.<br />
www.sparringpartners.ch<br />
Dr. Doris Bianchi<br />
ist Geschäftsführende Sekretärin Ressort<br />
Sozialversicherungen beim Schweizerischen<br />
Gewerkschaftsbund (SGB).<br />
www.sgb.ch<br />
Ronald Biehler<br />
ist Geschäftsführer bei BIEHLER Stiftungsberatungen<br />
und Management und<br />
Stiftungsratspräsident der BVG-Sammelstiftung<br />
Jungfrau.<br />
www.biehler-stiftungen.ch<br />
www.bvg-jungfrau.ch<br />
Dr. Sabina Korfmann<br />
ist CEO bei KCCC<br />
Georg Lutz<br />
ist Chefredaktor von kmu<strong>RUNDSCHAU</strong>.<br />
www.kmurundschau.ch<br />
Marina Merino<br />
ist Consultant bei KCCC.<br />
Professor Dr. Olaf Meyer<br />
ist Stiftungspräsident der Profond<br />
Vorsorgeeinrichtung.<br />
www.profond.ch<br />
Reto Tarreghetta<br />
ist CEO und Managing Partner<br />
der Novarca AG.<br />
www.novarca.ch<br />
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Das Angebot an Finanzierungslösungen hat zugenommen. Entsprechend ist der Bedarf an Beratung gestiegen, denn<br />
die Wahl der richtigen Finanzierungsform einerseits und die Ausgestaltung der Konditionen andererseits sichern die<br />
Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens und im Besonderen die Stärke zu Innovation.<br />
Wir haben knapp 400 Entscheidungsträger<br />
von Unternehmen<br />
in einer repräsentativen Studie<br />
befragt: Rund jeder dritte Unternehmer<br />
sieht deutliches Optimierungspotenzial<br />
im Bereich der eigenen Finanzierung und<br />
ist gleichzeitig nicht zufrieden mit seiner<br />
Bankberatung. Unternehmer wünschen<br />
sich in erster Linie mehr Flexibilität und<br />
eine aktivere Beratung von ihrer Bank.<br />
Seit Jahrzehnten berate ich Unternehmen<br />
für grössere Finanzierungsvorhaben.<br />
Noch heute stelle ich fest, dass industrielle<br />
Leasinglösungen nicht oder zu<br />
spät in Betracht gezogen werden. Viele<br />
Unternehmer und deren Unternehmen<br />
vergeben sich zum Teil aus mangelndem<br />
Wissen günstigere Finanzierungslösungen,<br />
belasten unnötigerweise ihre Bilanz<br />
und engen die eigene Liquidität ein.<br />
Mit Leasing zum modernen Fuhrpark<br />
Vor einigen Jahren traf ich den Geschäftsführer<br />
eines Transportunternehmens, der<br />
mit einer Flotte von acht Lastwagen arbeitete.<br />
Es entging ihm nicht, dass die<br />
Instandhaltungskosten der in die Jahre<br />
gekommenen Fahrzeuge kontinuierlich<br />
zunahmen. Ich habe mit dem Geschäftsführer<br />
zusammen die Situation ausgelegt,<br />
und wir sind zum Schluss gekommen,<br />
dass die Instandhaltungskosten<br />
zusammen mit den nach alter Euro-Norm<br />
berechneten Schwerverkehrsabgaben<br />
(LSVA) etwa den Leasingkosten eines<br />
neuen Lastwagens entsprechen.<br />
Das Transportunternehmen hat sich entschieden,<br />
einen neuen Lastwagen mit<br />
Leasing zu finanzieren. Dadurch konnte<br />
das Unternehmen seine Produktivität<br />
steigern, ohne weitere Instandhaltungskosten<br />
zu verursachen. Gleichzeitig spart<br />
das Unternehmen auf den reduzierten<br />
LSVA-Abgaben und dem reduzierten Dieselverbrauch<br />
Betriebskosten gegenüber<br />
den alten Lastwagen.<br />
In den letzten zwei Jahren hat der Geschäftsführer<br />
den grossen Teil der Lastwagen<br />
ersetzt und über Leasing finanziert.<br />
Mit seinem neuen Fuhrpark ist das<br />
Unternehmen gewachsen und geniesst<br />
heute das Image eines modernen und<br />
effizienten Transportunternehmens.<br />
Mit Leasing zu einer neuen Maschine<br />
Entscheide über die Anschaffung von<br />
neuen Maschinen sind typisch für Industrieunternehmen.<br />
Gerade für <strong>KMU</strong> ist es<br />
dabei überlebenswichtig, den richtigen<br />
Zeitpunkt und die richtige Finanzierung<br />
zu wählen. Einerseits soll die Liquidität<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 14
Highlight<br />
und damit die Flexibilität erhalten bleiben,<br />
andererseits muss ein Unternehmen<br />
fortlaufend investieren, um konkurrenzfähig<br />
Dank dieser Leasingfinanzierung blieb<br />
das Unternehmen liquide und konnte<br />
seine Verbindlichkeiten stets problemlos<br />
den Mittel für Investitionen freigehalten,<br />
welche nicht geleast werden können.<br />
Leasing-Investitionen werden von der<br />
zu bleiben.<br />
bedienen und dennoch über eine neue Bank zu 100 Prozent fremdfinanziert<br />
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Rahmen von vermögenswirksamen Leistungen<br />
an. Das fängt bei einem Einzahlplan<br />
mit CHF 100 im Monat an. Ich bekomme<br />
hier eine Vermögensverwaltung<br />
im Packet angeboten.<br />
Und Fonds sind in der heutigen volatilen<br />
Situation ein geeignetes Anlagegefäss?<br />
Ja, das ist in der heutigen Situation das<br />
Richtige. Voraussetzung ist, dass sie<br />
professionell geführt werden und die Mischungen<br />
der Anlageklassen im Fonds<br />
immer wieder optimiert werden. Ertrag<br />
und Risiko sollten zum Kunden passen.<br />
Die Ausgangssituation für kleinere Anleger<br />
ist aber heute nicht gerade rosig.<br />
Sie sind durch die niedrigen Zinsen,<br />
die eine Geldschwemme ausgelöst<br />
haben, fast schon enteignet worden –<br />
auf Sparkonten bekommt niemand<br />
mehr eine Rendite. Gleichzeitig haben<br />
wir seit sechs Jahren steigende Aktienmärkte<br />
– immer wieder mit Rückschlägen<br />
– aber trotzdem mit einer<br />
steigenden Tendenz. Man ist aber beispielsweise<br />
seit der Finanzkrise ein<br />
gebranntes Kind und hat den Einstieg<br />
nicht wieder geschafft. Die alte Sparsituation<br />
ist unrentabel und vor den<br />
Aktienmärkten hat man nach wie vor<br />
Angst. Das ist aus meiner Sicht die<br />
Laiensituation. Wie gehen Sie als Profi<br />
damit um?<br />
Die mentale Herausforderung ist, dass<br />
wir innerhalb einer Generation mehrere<br />
Einbrüche an den Börsen erlebt haben.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 16
Die Dotcom-Blase ist erst vor 15 Jahren<br />
geplatzt, und die Finanzkrise hat uns<br />
2007 / 08 gewaltig durchgeschüttelt. Das<br />
waren zwei Megaeinbrüche, die in der<br />
über 200 Jahre alten Börsengeschichte<br />
normalerweise nur einmal in 25 Jahren<br />
stattfinden. Umso wichtiger ist es, den<br />
aktuellen Zeitpunkt an den Märkten zu<br />
bewerten. Stehen wir wieder kurz vor<br />
dem Kollaps? Früher hat man gesagt,<br />
wenn das Dienstmädchen oder der Taxifahrer<br />
mit dir Börsentipps austauschen,<br />
wird es Zeit, die Aktien im Anlegerportfolio<br />
kräftig abschmelzen zu lassen. Soweit<br />
ist es derzeit aber noch lange nicht.<br />
Zwar gibt es immer wieder Verwerfungen<br />
an den Börsen, aber solange die Zinsen<br />
niedrig bleiben, ist der längerfristige<br />
Aufwärtstrend intakt. Es wäre also verfehlt,<br />
auf einen Bärenmarkt für den Wiedereinstieg<br />
zu warten.<br />
Pädagogisch ist da wenig zu machen.<br />
Aber Sie können von der Angebotsseite<br />
darauf reagieren. Ihr Team entwickelt<br />
Angebote, im Rahmen Ihrer<br />
Fonds, welche Risiken minimiert und<br />
«Wenn ich mich<br />
dann für ein<br />
richtiges<br />
Mischprodukt<br />
entschieden<br />
habe, dann habe<br />
ich mir eine Vermögensverwaltung<br />
gekauft.»<br />
Potenziale abschöpft, bei denen es<br />
noch Luft nach oben gibt. Dazu brauchen<br />
Sie aber fast ein wissenschaftliches<br />
Team, welches unterschiedliche<br />
Faktoren auf dem Schirm hat, die Veränderungen<br />
bei den Kursen bewirken<br />
können.<br />
Highlight<br />
Es macht keinen Sinn zu sagen: «Jetzt<br />
kauf schnell Aktien.» Das ist profan und<br />
geht schief. Ich brauche Manager, die<br />
mir die Risiken nicht abnehmen, aber<br />
dennoch minimieren können. Zuerst<br />
geht es um die Aufteilung des Vermögens<br />
auf Aktien, Renten und Cash. Das<br />
ist ein erster Schritt für den Laien, denn<br />
viele Anleger trauen sich nicht an den<br />
Aktienmarkt, obwohl sie wissen, dass<br />
Aktien im Vermögen sehr gut laufen<br />
können. Dann kann ich in einem zweiten<br />
Schritt einen Fonds suchen, der für<br />
mich das richtige Mischungsverhältnis<br />
der Anlageklassen zusammenstellt.<br />
Dabei hilft ein Blick auf seine Performance.<br />
Wenn er in den letzten Jahren<br />
ganz gut sich im Markt bewegt hat, habe<br />
ich eine gute Chance, dass ihm dies<br />
auch in den nächsten Jahren gelingt.<br />
Wenn ich mich dann für das passende<br />
Mischprodukt entschieden habe, verfüge<br />
ich über eine Vermögensverwaltung<br />
im Fondsmantel und kann ruhiger<br />
schlafen. Falls ich dann morgens höre,<br />
der Aktienkurs ist um zehn Prozent<br />
Die Post macht vieles<br />
einfacher. Auch anspruchsvolle<br />
Logistik.<br />
Als grösste Logistikerin der Schweiz bietet die Post sämtliche Dienstleistungen an:<br />
vom Paketversand über den schnellen Kurierdienst bis hin zum Transport und zur<br />
Lagerung von Waren. Dabei erarbeiten wir für Sie spezifische Lösungen oder übernehmen<br />
Ihre gesamte Logistik.<br />
Das für Sie passende Angebot finden Sie unter www.post.ch/logistik<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 17
Highlight<br />
Die BHF-BANK<br />
Die Muttergesellschaft der<br />
BHF-BANK (Schweiz) AG, die<br />
BHF-BANK in Frankfurt am Main,<br />
ist eine der führenden Privatbanken<br />
im deutschsprachigen<br />
Raum. Die BHF-BANK ist die<br />
moderne Privatbank für international<br />
engagierte mittelständische<br />
Unternehmerfamilien. Ihre<br />
Tätigkeitsfelder Vermögensverwaltung<br />
und Corporate Advisory<br />
sind eng miteinander verknüpft<br />
und ganz auf die Bedürfnisse<br />
ihrer anspruchsvollen Kunden<br />
ausgerichtet. Die Muttergesellschaft<br />
der BHF-BANK (Schweiz)<br />
AG, die BHF-BANK in Frankfurt<br />
am Main, ist eine der führenden<br />
Privatbanken im deutschsprachigen<br />
Raum. Die BHF-BANK ist die<br />
moderne Privatbank für international<br />
engagierte mittelständische<br />
Unternehmerfamilien. Ihre Tätigkeitsfelder<br />
Vermögensverwaltung<br />
und Corporate Advisory sind eng<br />
miteinander verknüpft und ganz auf<br />
die Bedürfnisse ihrer anspruchsvollen<br />
Kunden ausgerichtet.<br />
FRANKFURT-TRUST<br />
Der 1969 gegründete FRANK-<br />
FURT-TRUST ist eine 100-prozentige<br />
Tochter der BHF-BANK,<br />
einer der führenden Privatbanken<br />
Deutschlands. FRANKFURT-<br />
TRUST ist ein aktiver Fondsmanager<br />
mit disziplinierten, transparenten<br />
Investmentprozessen.<br />
Besondere Stärken bestehen in<br />
der konsequenten Risikosteuerung<br />
eines Gesamtportfolios<br />
durch hoch flexible Vermögensverwaltungslösungen.<br />
Des Weiteren<br />
hat sich FRANKFURT-TRUST<br />
darauf spezialisiert, nachhaltig<br />
ertragreiche Investment-Ideen<br />
und langfristige Trends an den<br />
Kapitalmärkten zu identifizieren<br />
und seinen Anlegern mit innovativen<br />
Produkten auf intelligente Art<br />
und Weise zu erschliessen.<br />
Aktuell managt FRANKFURT-<br />
TRUST ein Volumen von 16.2 Mrd.<br />
Euro in Publikumsfonds, Spezialfonds<br />
und Beratungsmandaten.<br />
BHF in der Schweiz<br />
Die BHF-BANK (Schweiz) AG ist<br />
eine hundertprozentige Tochtergesellschaft<br />
der BHF-BANK<br />
Aktiengesellschaft in Frankfurt<br />
am Main. Die Gesellschaft wurde<br />
1974 gegründet und hat ihren Sitz<br />
in Zürich. Sie widmet ihre besondere<br />
Aufmerksamkeit der Vermögensberatung<br />
und -verwaltung<br />
sowie der Finanzplanung für eine<br />
anspruchsvolle, internationale<br />
Privatkundschaft. Daneben zählen<br />
die Beratung und Steuerung von<br />
Finanzanlagen im Unternehmensbereich<br />
und das Emissionsgeschäft<br />
am Schweizer Kapitalmarkt<br />
zu ihren Aufgabenbereichen.<br />
eingebrochen, weiss ich, dass sich ein<br />
professioneller Manager darum kümmert<br />
und meine Verluste begrenzt. Und<br />
wenn es nach oben geht, weiss ich,<br />
dass ich mit dabei bin.<br />
Da würde ich gerne nachhaken. Wie<br />
beurteilen Sie konkret die Situation<br />
der Aktie bei dem volatilen Rahmen<br />
der Volkswirtschaften – immer aus<br />
Sicht der Anleger?<br />
Generell gilt, dass sich die Kursanstiege<br />
der letzten Monate wesentlich dynamischer<br />
entwickelt haben als die Erhöhung<br />
der Unternehmensgewinne. Die gestiegene<br />
Bewertung macht den Aktienmarkt<br />
anfälliger für negative Überraschungen.<br />
Denkbare Risiken wären unerwartete<br />
Währungsturbulenzen, starke Gewinneinbrüche<br />
bei US-Unternehmen infolge<br />
der Dollar- und Ölpreisentwicklung oder<br />
gar ein heftiges Aufflackern der Zinserhöhungsdiskussion<br />
in den USA. Die<br />
aktuelle US-Berichtssaison, das sich<br />
abschwächende US-Wachstum und<br />
die niedrige Inflation liefern allerdings<br />
momentan wenig Hinweise auf solche<br />
Risiken. Trotz zwischenzeitlich zunehmend<br />
optimistischer werdender Marktprognosen<br />
spricht der Umstand, dass<br />
grosse Asset Manager und Investoren<br />
ihr Aktienexposure mittels Gewinnmitnahmen<br />
schon deutlich reduziert haben,<br />
gegen kräftige Korrekturen. Grundsätzlich<br />
sollte die Aktienmarktentwicklung in<br />
den nächsten Monaten wesentlich holpriger<br />
verlaufen, wodurch der Stressfaktor<br />
beziehungsweise die Volatilität deutlich<br />
zunehmen dürfte.<br />
Und was heisst das praktisch für die<br />
Strategie Ihres Hauses?<br />
Wir werden versuchen, grösseren Kursrückschlägen<br />
mit Absicherungsmassnahmen<br />
zu begegnen und Kaufgelegenheiten<br />
mutig zu nutzen.<br />
Lassen Sie uns einen volkswirtschaftlichen<br />
Dauerbrenner vertiefen. Viele<br />
sagen, die Phase der niedrigen Zinssätze<br />
ist vorbei, da die US-amerikanische<br />
Zentralbank FED die Zinssätze<br />
wieder steigen lassen wird und es<br />
dann zu Verwerfungen kommt. Wie<br />
analysieren Sie die Situation?<br />
Der zentrale Punkt ist das schwache<br />
Wachstum in den USA. Vor der Finanzkrise<br />
haben die USA zwischen dreieinhalb<br />
und fünf Prozent Wachstum. Jetzt<br />
haben sie noch zwischen eineinhalb<br />
und zweieinhalb Prozent Wachstum.<br />
Auch von der Inflationsseite insbesondere<br />
den wichtigen Importpreisen wie<br />
Öl haben die Verantwortlichen in den<br />
USA keinen Druck, an der Zinsschaube<br />
zu drehen. Im Gegenteil, es wird auch<br />
dort versucht, weiter einen Aufschwung<br />
zu befördern.<br />
Und es droht auch keine Deflation?<br />
Wer so die Situation analysiert, zeichnet<br />
ein völlig falsches Bild. Es gibt Faktoren,<br />
wie die Einführung von neuen Technologien,<br />
die preismindernd wirken. In einer<br />
klassischen Deflation entwickelt sich die<br />
Situation aber in Richtung einer tiefen<br />
Wirtschaftskrise. Sehen Sie dafür Anzeichen?<br />
Die Leute konsumieren doch,<br />
da ich kaum mehr Zinsen auf mein Sparbuch<br />
bekomme. Ich kaufe jetzt meinen<br />
Fernseher und mein Auto. Das ist das<br />
genaue Gegenteil von Deflation. Zudem<br />
wird der Arbeitsmarkt immer enger. Wir<br />
laufen in eine demografische Falle hinein,<br />
deren Auswirkungen wir noch nicht<br />
realisiert haben und die sich auch über<br />
Zuwanderung nur teilweise lösen lassen<br />
wird. Daher werden die Löhne in den<br />
nächsten 20 Jahren steigen. Qualifizierte<br />
Leute werden teurer.<br />
Was interessiert Ihr Haus am Schweizer<br />
Markt? Die Branche ist im Umbruch.<br />
Es verschwinden hier eher<br />
Banken vom Markt, als dass neue dazukommen.<br />
Haben Sie die richtige<br />
Bootsgrösse?<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 18
Highlight<br />
Es gibt einen grossen Unterschied zwischen<br />
Deutschland und der Schweiz in<br />
der Struktur des Bankensektors. Hier in<br />
der Schweiz haben Sie noch die grossen<br />
Oligopole und einige kleine Player. In<br />
Deutschland gibt es nur noch die Deutsche<br />
Bank, und die kämpft mit ihrem<br />
Selbstverständnis. Die anderen grossen<br />
Player haben sich verhoben. Freie<br />
Vermögensverwalter und kleine Privatbanken<br />
haben es in diesen Situationen<br />
einfacher. Dazu kommen der Trend des<br />
Online-Banking und die Direktbankentwicklung.<br />
Grosse Player auf dem Markt<br />
sind hier aus meiner Sicht nicht flexibel<br />
genug. Ihre grosse Angebotspalette,<br />
aus der ich modular etwas rausziehen<br />
kann wie beispielsweise den besten<br />
amerikanischen oder europäischen<br />
Fonds ist zu unbeweglich. Es wird wenig<br />
verändert und kaum agiert. Flexibilität<br />
ist nicht die Stärke von alten und<br />
grossen Playern, und daher versprechen<br />
wir uns, da wir diese Stärke haben, einiges<br />
bewegen zu können. Wir suchen die<br />
Nischen, die grosse Marktteilnehmer<br />
nicht optimal abdecken können. Und die<br />
gibt es. Ohne Frage, Oligopole können<br />
den Markt besser abschirmen, aber<br />
heutige Generationen wollen Transparenz<br />
und sie wollen vergleichen. Da wird<br />
hier einiges aufbrechen und wir nutzen<br />
dies im positiven Sinne für den Kunden<br />
aus.<br />
Dr. Manfred<br />
Schlumberger<br />
ist seit 2001 bei der BHF Trust Management<br />
Gesellschaft für Vermögensverwaltung<br />
mbH und dort Sprecher der<br />
Geschäftsführung sowie Leiter der klassischen<br />
und individuellen Vermögensverwaltung.<br />
Dr. Schlumberger managt<br />
für FRANK-FURT-TRUST den 660 Mio.<br />
Euro grossen vermögensverwaltenden<br />
BHF Flexible Allocation FT (ISIN:<br />
LU0319572730).<br />
Unterwegs mit dem ÖV statt<br />
Stillstand im Stau.<br />
Die Schweiz ist das ÖV-Land schlechthin. Wer hierzulande<br />
effizient unterwegs sein und pünktlich ankommen<br />
will, reist mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das ist<br />
für Unternehmen interessant und vor allem lukrativ.<br />
Unterwegs arbeiten, vorbereitet<br />
ankommen.<br />
Immer mehr Menschen pendeln<br />
immer weiter zur Arbeit. Wer<br />
auf seinem Arbeitsweg vor<br />
dem Notebook statt hinter dem<br />
Steuer sitzt, kann seine Reisezeit<br />
optimal nutzen. Die wichtigsten<br />
E-Mails sind schon beantwortet,<br />
die Präsentation wird noch<br />
etwas geschliffen. Kurz: Man<br />
kommt bestens vorbereitet an.<br />
Viermal günstiger als mit dem<br />
Auto reisen.<br />
Wer eine Firmenflotte unterhält,<br />
weiss: Autofahren ist teuer.<br />
Bei 25 000 Kilometern pro Jahr<br />
kostet ein Auto pro Kilometer<br />
etwa 65 Rappen.* Und da sind<br />
die Parkplatzkosten noch nicht<br />
einmal eingerechnet. Reist<br />
man die gleiche Strecke mit<br />
einem 2.-Klass-GA, kostet das<br />
15 Rappen, und selbst mit einem<br />
1.-Klass-GA kommt man nur<br />
auf 24 Rappen pro Kilometer. Mit<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln ist<br />
man also drei- bis viermal günstiger<br />
unterwegs als mit dem Auto.<br />
Mehr erfahren über die Vorteile<br />
von SBB Businesstravel.<br />
Mit SBB Businesstravel, dem<br />
Online-Portal für Geschäftskunden,<br />
kaufen Mitarbeitende<br />
ÖV-Abos und -Billette bequem<br />
online oder unterwegs mit der<br />
Smartphone-App. Die Käufe<br />
werden direkt auf der hinterlegten<br />
Kostenstelle verbucht. So gehört<br />
das Verwalten von einzelnen<br />
Belegen und Spesenzetteln<br />
der Vergangenheit an. Zudem<br />
profitieren Geschäftskunden von<br />
attraktiven Rabatten. Melden<br />
Sie Ihr Unternehmen bis am<br />
31. Juli 2015 an, und sichern Sie<br />
sich 30 Franken Startguthaben:<br />
sbb.ch/businesstravel.<br />
* Beispiel für ein Fahrzeug mit Neupreis<br />
47 000 Franken. Quelle: tcs.ch.<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 19
Highlight<br />
Export als vitale Existenzgefährdung<br />
Strategische Überlegungen nach dem Währungsentscheid<br />
von Andreas D. Baumann<br />
Der Entscheid der Schweizer Nationalbank (SNB) zeigt weiter Wirkung. Bei vielen sitzt der Schock immer noch tief.<br />
Erfolgreiche Unternehmenslenker der exportorientierten Branchen überzeugen jetzt mit cleveren Entscheiden. Sie<br />
sichern damit das Unternehmen und dessen Arbeitsplätze.<br />
Seit dem 15. Januar 2015 sitzt der<br />
Schock tief bei den exportierenden<br />
Schweizer <strong>KMU</strong>. Die Branche<br />
des Maschinenbaus ist nur ein Beispiel.<br />
Der lange garantierte Mindestkurs von<br />
CHF 1.20 ist Geschichte. Doch nicht<br />
genug der schlimmen Meldungen: Der<br />
im März durch die EZB begonnene<br />
Staatsanleihen-Grosseinkauf schwächt<br />
den EUR zusätzlich. Für die insgesamt<br />
60 Prozent der Schweizer Exporte in die<br />
Eurozone wird die Zukunft dadurch ungewisser<br />
denn je. Auch Szenarien mit<br />
einem EUR-Wert unter einem Franken<br />
müssen jetzt ernsthaft diskutiert werden.<br />
Die aktuellen Symptome lassen sich<br />
wie folgt beschreiben: Über Nacht sank<br />
die Marge um 15 bis 20 Prozent. Kunden<br />
aus dem EU-Raum stornieren bereits<br />
fix geglaubte Aufträge und Bestellungen<br />
oder wollen mindestens über<br />
den Preis neu verhandeln. Je weniger<br />
strategische und effizienzsteigernde<br />
Fitnessprogramme ein <strong>KMU</strong> in den letzten<br />
Jahren durchlaufen hatte, desto<br />
schmerzhafter die Massnahmen, die nun<br />
notwendig werden. Verwaltungsrat und<br />
Geschäftsleitung tun gut daran, die<br />
Komfortzone jetzt schnell zu verlassen:<br />
Überleben beginnt im Kopf, umso<br />
mehr als bereits ca. 4 000 Arbeitsplätze<br />
in der Schweiz verloren gegangen sind.<br />
Die Frage nach den Handlungsoptionen<br />
Für viele Unternehmensverantwortliche<br />
ähnelt die Lösungssuche einer Gleichung<br />
mit drei Unbekannten. Unser Fitnessrad<br />
in Abbildung 1 zeigt die anstehenden<br />
Herausforderungen auf einen<br />
Blick: Ein RTSC (Real Time Strategic<br />
Change) ist notwendig, um Umsätze,<br />
Margen und auch Liquidität zu sichern<br />
oder zumindest zu stabilisieren.<br />
Aktuell werden die folgenden Massnahmen<br />
diskutiert: Arbeitsproduktivität<br />
steigern, Lohnanpassungen, Automatisierungen,<br />
Erhöhung Produktionsanteil<br />
Ausland (16 Prozent der Schweizer Firmen<br />
denken darüber nach), Standortverlagerungen<br />
und Ersatz von Schweizer<br />
Lieferanten durch ausländische. Mittelfristig<br />
werden diejenigen Unternehmen<br />
überleben, die sich radikal auf ihre komparativen<br />
Kernkompetenzen im Wettbewerb<br />
konzentrieren und Mut zu Produkt-/<br />
Dienstleistungs- und Verfahrensinnovationen<br />
zeigen. Günstige Finanzierungsbedingungen<br />
erlauben die Akquisition von<br />
(ausländischen) Partnern, die die eigene<br />
Wertschöpfungskette ideal ergänzen.<br />
Die Wertschöpfungskette ist im<br />
schlimmsten Fall komplett neu zu erfinden!<br />
«Alles aus einer Hand» wird sich<br />
in Zukunft weder rechnen noch Abnehmer<br />
finden. Insgesamt werden die Geschäftsmodelle<br />
integral neu zu definieren<br />
sein – haben sie doch den grössten<br />
positiven Einfluss auf die Wettbewerbssicherung!<br />
Aus unserer Praxis<br />
Kurzfristig bleiben nur Effizienzverbesserungen,<br />
Produktivitätssteigerungen<br />
und clevere Kostensparprogramme.<br />
Eine kürzlich mittels unserer Methodik<br />
APOA © durchgeführte Overhead-Analyse<br />
hat folgende Verbesserungen gebracht:<br />
> Nicht wertschöpfende Aktivitäten:<br />
Reduziert um 34 Prozent<br />
(3 600 Arbeitstage/Jahr)<br />
> Fremdkosten: CHF 2 Mio. über<br />
zehn Jahre nachhaltig eingespart<br />
> Produktionsplanung: Neu eine<br />
Person mit Stellvertreter anstelle<br />
von 14 Personen<br />
> Kernprozessmodell: Analysiert,<br />
optimiert und umgesetzt<br />
(Schnittstellen geklärt)<br />
> Alle Kostentreiber: Überprüft<br />
und reduziert<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 20
Highlight<br />
> Überdotierte Führungsfunktionen:<br />
Reduziert zugunsten «produktiver»<br />
Arbeiten<br />
> Zwei Service Level Agreements:<br />
Optimiert und massiv verbilligt<br />
> Branchen-IT-Lösung: Ausgebaut<br />
mit intelligenten Schnittstellen.<br />
© Consultingworld AG<br />
Danach war der Unternehmens-«BMI»<br />
wieder im grünen Bereich. Jedes Kilogramm<br />
weniger erhöht die Lebenserwartung.<br />
Je länger man mit dem Fitnesscheck<br />
zuwartet, desto teurer und langwieriger<br />
wird der Genesungsprozess. Das können<br />
sich viele exportorientierte <strong>KMU</strong> nicht<br />
mehr leisten. Clevere Führungskräfte handeln,<br />
bevor der Leidensdruck chronisch<br />
wird, und sichern damit ihre eigene Führungsposition.<br />
Latente Krankheitsverläufe<br />
in Unternehmen, ergänzt durch die Auswirkungen<br />
des 15. Januar 2015 sind heute<br />
leider oftmals irreversibel. Unsere Methodik<br />
APOA © zeigte mittels «Ultraschallbild»,<br />
wo sich im oben genannten Unternehmen<br />
ungesunde Fettpolster angesetzt hatten.<br />
Fokussierung notwendig<br />
Überleben werden nur diejenigen <strong>KMU</strong>,<br />
die extrem fokussierte und spezialisierte<br />
Produkte oder Dienstleistungen produzieren<br />
und exportieren. Dies bedeutet<br />
eine Konzentration und/oder Reduktion<br />
der Wertschöpfungskette auf Nischen-<br />
und Innovationsprodukte, die<br />
mit einzigartigem Humankapital hergestellt<br />
werden. Der Kampf um austauschbare<br />
Produkte wird an der Preisfront<br />
entschieden – genau dort also, wo die<br />
Schweiz zunehmend verliert.<br />
Das Sensitivitätsmodell von Frederic<br />
Vester kann in der aktuell schwierigen<br />
Lage mithelfen, die Massnahmen-Prioritäten<br />
korrekt zu setzen. Das Modell –<br />
auch Papiercomputer genannt – beurteilt<br />
die Wirkungen der Massnahmen<br />
auf- und untereinander. Es klassiert die<br />
einzelnen Handlungsoptionen in vier Felder.<br />
In Abbildung 2 ist das Augenmerk<br />
vor allem auf die beiden Felder «kritisch»<br />
und «aktiv» zu richten. Die dort erwähnten<br />
Massnahmen gelten als Erfolgsfaktoren<br />
für die Überlebenssicherung der<br />
exportorientierten Betriebe.<br />
Der limitierende Faktor<br />
Exogene Faktoren wie den CHF-/EUR-<br />
Kurs können die Schweizer Unternehmen<br />
nicht beeinflussen. Er trifft alle genau<br />
gleich hart. Einzig die Führungsperformance<br />
entscheidet zwischen Überleben<br />
© Consultingworld AG<br />
oder Redimensionieren unter erschwerten<br />
Bedingungen.<br />
Beeinflussbar bleibt vor allem die eigene<br />
Unternehmensfitness! Hier entscheidet<br />
sich der Kampf um die Zukunft: Clevere<br />
Führungskräfte trimmen ihre Betriebe<br />
auf Vordermann. Die Schweizer Wirtschaft<br />
hat schon des Öfteren gezeigt,<br />
dass sie mit neuen, abrupt auftretenden<br />
Bedrohungen durchaus umgehen<br />
kann und gestärkt aus Krisen hervorgeht!<br />
Voraussetzung dazu ist ein «sich<br />
neu erfinden».<br />
Unternehmen sind – wie alle sozialen<br />
Systeme – auf Bewahrung angelegt.<br />
Veränderung ist daher meistens eine<br />
Funktion von Dringlichkeit, weniger von<br />
Einsicht. Unternehmerische Katastrophen<br />
sind immer Folgen von Schmerzvermeidung.<br />
Der limitierende Faktor dabei<br />
ist der Geschäftsführer respektive<br />
der Eigentümer. Warum? Ein <strong>KMU</strong> kann<br />
maximal so schnell wachsen, wie sich<br />
der Geschäftsführer selbst verändern<br />
kann.<br />
Dies ist ein überarbeiteter Beitrag aus:<br />
Lebensmittel-Industrie Nr. 3/4 2015<br />
Andreas D. Baumann<br />
ist Geschäftsführer der<br />
Consultingworld AG in Zug.<br />
www.consultingworld.ch<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 21
Unternehmen unterwegs<br />
Integrierte Lösung<br />
braucht mehr Kooperation<br />
Die zweite Generation der Connected Cars<br />
Der Kampf um die digitale Vorherrschaft im Automobil hat begonnen.<br />
von Matthias Loebich<br />
Waren früher Motorleistung und Hubraum die ausschlaggebenden Kriterien für den PKW-Kauf, so gewinnen Online-<br />
Dienste in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung. Infotainment- und Informationsdienste der ersten Connected-Car-Generation<br />
sind heute schon fast selbstverständlich. Jetzt geht es in die nächste Runde<br />
Angebote wie «Realtime-Verkehrsinformationen»<br />
und eine «Warnung<br />
bei überhöhter Geschwindigkeit»<br />
spielen für 87 Prozent beziehungsweise<br />
67 Prozent der Kunden<br />
bereits heute eine wesentliche Rolle<br />
bei der Kaufentscheidung. Damit sind<br />
Connected-Car-Dienstleistungen wesentliche<br />
Markttreiber der Automobilindustrie.<br />
Laut der Studie «Connected<br />
Car in Europe» werden Connected-<br />
Car-Services mit 80 Prozent vernetzter<br />
Neuwagen bereits im Jahr 2020 zum<br />
Standard gehören.<br />
Mit der kommenden zweiten Connected-<br />
Car-Generation verschiebt sich der<br />
technische Fokus der Unternehmen von<br />
der Konnektivität innerhalb des Autos<br />
in Richtung einer «Car to X»-Konnektivität,<br />
also zu der Anbindung von Fahrzeugen<br />
an externe Informationsquellen<br />
und Dienstleistungen. Durch den daraus<br />
folgenden ständigen Informationsaustausch<br />
zu Verkehrsfluss, Witterung und<br />
vorausfahrenden Fahrzeugen können<br />
neuartige Kundenerlebnisse geschaffen<br />
werden. So passt das intelligente<br />
Auto beispielsweise Geschwindigkeit<br />
und Route so an, dass es auf einer nahezu<br />
immergrünen Welle durch die Stadt<br />
schwimmt. Dies führt zu weniger Staus<br />
und Unfällen und damit zu mehr Zeit und<br />
weniger Stress beim Fahrer.<br />
Integratives Denken<br />
Somit wird das Fahrzeug Teil einer digitalen<br />
Welt, in der neue Regeln wie eine<br />
kurze «time to market», «always on» und<br />
«social business» gelten. Haben sich Automobilhersteller<br />
bisher vor allem auf die<br />
technische Machbarkeit bei der Vernetzung<br />
einzelner Fahrzeuge konzentriert,<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 22
ist es nun notwendig, integrativ zu denken<br />
und das komplexe «Connected-Car-<br />
Ökosystem» gemeinsam mit Partnern<br />
sinnvoll zu gestalten. Aktuell im Fokus<br />
sind hierbei unter anderem Sicherheitslösungen<br />
und Fahrerassistenzsysteme.<br />
Zunehmend werden auch Dienste für<br />
das After-Sales-Geschäft entwickelt,<br />
welche Effizienzsteigerungen in der<br />
übergreifenden Wertschöpfungskette<br />
versprechen. Hierbei sind die ganzheitliche<br />
Betrachtung der Customer Journey<br />
sowie der digitale Marktplatz aktuell von<br />
besonderem Interesse für Entscheider<br />
der Automobilbranche.<br />
Die Customer Journey rückt den Kunden<br />
in den Mittelpunkt aller Aktivitäten. Ziel<br />
ist es, das wahrgenommene Servicelevel<br />
durch eine nahtlose Durchgängigkeit<br />
der Daten aus Kundensicht deutlich zu<br />
erhöhen und alle Kundenkontaktpunkte<br />
zu einem stimmigen Gesamterlebnis<br />
zu verbinden. Eng damit verbunden<br />
ist der Wunsch, die Connected-<br />
Car-Dienstleistungen im Rahmen eines<br />
digitalen Marktplatzes anzubieten und<br />
auch abzurechnen.<br />
Standards und neue Wettbewerber<br />
Um diese Ziele zu erreichen, müssen<br />
Automobilhersteller und ihre Partnerunternehmen<br />
aus unterschiedlichen<br />
Branchen einer Vielzahl von Herausforderungen<br />
begegnen. Neben fehlenden<br />
Standards – beispielsweise bei der<br />
Fahrzeugkommunikation und tragfähigen<br />
Geschäftsmodellen – sind es vor<br />
allem neue Wettbewerber, die den etablierten<br />
Anbietern zu schaffen machen.<br />
So ist in den Fahrzeugen von Tesla die<br />
bei Computern bereits übliche Ferndiagnose<br />
oder das regelmässige Update<br />
der Software über das Internet bereits<br />
umgesetzt.<br />
Unternehmen wie Google oder Apple<br />
haben das Potenzial der von Connected<br />
Car erhobenen Daten erkannt und versuchen,<br />
die Schicht zwischen Fahrzeug<br />
und Kunde aktiv mit eigenen Lösungen<br />
zu belegen. So kann ein Smartphone<br />
oder Tablet das traditionelle Armaturenbrett<br />
im Autoraum von morgen ersetzen.<br />
Anfang 2014 hat Google die<br />
sogenannte Open Automotive Alliance<br />
(OAA) ins Leben gerufen. Dabei handelt<br />
es sich um eine technologische Verbindung<br />
von führenden Automobil- und<br />
Technologieherstellern wie Audi, GM,<br />
Hyundai, Honda und Nvidia (Chiphersteller),<br />
die auf der Android-Plattform<br />
aufbauen. Auch Apple hat vor einem<br />
guten Jahr unter dem Namen CarPlay<br />
ein neues System vorgestellt, welches<br />
eine Verbindung zwischen dem iPhone<br />
und dem Infotainment-System des Fahrzeugs<br />
schafft.<br />
Doch genau bei den Kundendaten liegt<br />
auch die grösste Herausforderung für<br />
die Kundenakzeptanz. Schon im Vorfeld<br />
gab es Gerüchte über «gläserne» Autofahrer,<br />
welche Kunden gerade in Europa<br />
zunehmend verunsichern. Kundendaten<br />
wecken Begehrlichkeiten bei zahlreichen<br />
Interessenten, angefangen bei Versicherungen,<br />
die vom Fahrverhalten abhängige<br />
Policen anbieten wollen, über Städteplaner,<br />
die Verkehrsströme intelligent<br />
steuern wollen, bis hin zu Automobilherstellern<br />
und Autohäusern, die ihre<br />
Kunden rechtzeitig in die eigene Werkstatt<br />
leiten wollen. Unternehmen aus unterschiedlichen<br />
Branchen versprechen<br />
sich hier neue, auf Kundendaten basierende<br />
Geschäftsmodelle. Daneben<br />
streben auch staatliche Organisationen<br />
nach dem Zugriff auf Daten, beispielsweise<br />
für die Aufklärung von Straftaten.<br />
Datenschutz und Privatsphäre stehen<br />
dabei geschäftlichen Interessen gegenüber<br />
und müssen gegeneinander abgewogen<br />
werden. Die eindeutige Regelung<br />
des Zugangs zu Kundendaten ist – auch<br />
vor dem Hintergrund von unerlaubten<br />
Zugriffen – eine der zentralen Aufgaben,<br />
die die Automobilindustrie lösen muss,<br />
um der Idee des vernetzten Fahrens zum<br />
Durchbruch zu verhelfen.<br />
Damit sich das Auto nicht analog dem<br />
Smartphone zu einer reinen Plattform<br />
entwickelt, auf der die grossen Software-<br />
Konzerne das Geschäft dominieren, ist<br />
es für Automobilhersteller und Zulieferer<br />
wichtig, sich der aktuellen Situation<br />
bewusst zu werden und nachhaltige<br />
Schritte einzuleiten.<br />
Unternehmen unterwegs<br />
Gemeinsame Plattform<br />
Automobilhersteller und ihre Partner<br />
müssen Hand in Hand bedarfsgerechte<br />
Servicepakete schnüren und diese für<br />
ein nahtloses Kundenerlebnis im Fahrzeug<br />
bereitstellen. Hierzu ist es notwendig,<br />
eine gemeinsame Plattform zu<br />
etablieren, welche die Basis für einen<br />
digitalen Marktplatz im Mobilitäts-Ökosystem<br />
stellt. Eine solche Plattform sollte<br />
nahtlos die Dienstleistungen verschiedener<br />
Partner wie Medien-, Telekommunikations-,<br />
Versicherungs- und Automobilunternehmen<br />
bündeln und zugleich<br />
die unterschiedlichen Zahlungsströme<br />
und Geschäftsmodelle berücksichtigen.<br />
Wettbewerbsentscheidend ist, dass der<br />
Zugriff und das Handling aus Endkundensicht<br />
möglichst einfach und problemlos<br />
ermöglicht werden.<br />
Schon jetzt stellen Apple und Google<br />
die entscheidenden Smartphone-Plattformen.<br />
Diese Player drängen mit Macht<br />
in die digitalen Nervenzentren im Auto.<br />
Durch Kooperationen mit Automobilherstellern<br />
erhalten auch sie den Zugang<br />
zu Kundendaten. Der Kampf um<br />
die digitale Vorherrschaft im Automobil<br />
ist somit längst entbrannt. Daher ist es<br />
für die Positionierung bei der Schicht<br />
zwischen Fahrzeug und Kunde wichtig,<br />
diese Anbieter zu integrieren, ohne die<br />
eigene Identität und die Datenhoheit aufzugeben.<br />
Für die Kundenakzeptanz dieser Massnahmen<br />
und des Connected Car insgesamt<br />
ist es neben den Mehrwerten<br />
der einzelnen Dienste wichtig, dass der<br />
Kunde Transparenz darüber hat, welche<br />
Daten erhoben und wofür diese genutzt<br />
werden.<br />
Wer die Vorherrschaft über Daten hat, erreicht<br />
– wie in anderen Branchen auch –<br />
den Zugang zum Kunden. Nicht alle Beteiligten<br />
werden sich diesen Zugang<br />
sichern können – es bleibt daher spannend<br />
auf dem Weg zum Connected Car.<br />
ist globaler Leiter Discrete Industries<br />
bei BearingPoint.<br />
www.bearingpoint.com<br />
Matthias Loebich<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 23
Kommentar<br />
Ein herausforderndes Jahr<br />
für die Flottenbetreiber<br />
von Patrick Bünzli<br />
Durch den Entscheid der Schweizerischen Nationalbank<br />
(SNB) vom 15. Januar 2015, die Untergrenze des Eurokurses<br />
aufzuheben, wurden die Flottenbetreiber vor eine neue,<br />
herausfordernde Situation gestellt. Von einem Tag auf den<br />
anderen wurde ein Wertverlust der eigenen Fahrzeugflotte<br />
mit bis zu 20 Prozent prognostiziert. Mit dieser Situation<br />
umgehen zu können ist ein schwieriges Unterfangen. Erschwerend<br />
kommt dazu, dass die letzte Wertberichtigung<br />
vor fünf Jahren noch heute bei einigen Flottenbesitzern am<br />
Nachhallen ist.<br />
Was dieses Mal auffallend war, ist die Tatsache, wie schnell<br />
die Fahrzeugimporteure mit einer neuerlichen Preissenkung<br />
auf Schweizer Fahrzeuge reagiert hatten. Bei der letzten<br />
Ankündigung haben sie sich gegenseitig beäugt, was die<br />
Konkurrenz macht. Heuer haben die meisten schnell und<br />
effizient reagiert und neuerlich Euro-Rabatte in ihre Preisgestaltung<br />
aufgenommen. Gemäss der Statistik von Auto<br />
Schweiz ist dieses Unterfangen gelungen. Per Ende März<br />
2015 ist ein Neuwagenzuwachs von 5.7 Prozent gegenüber<br />
der gleichen Periode im Vorjahr zu verzeichnen.<br />
Doch wie sollen sich die Flottenbetreiber verhalten? Investieren<br />
oder abwarten? Diese Frage ist ein zentraler Punkt<br />
der Mitglieder im Schweizerischen Fahrzeugflottenbesitzer-<br />
Verband, kurz sffv. Eine These wäre natürlich, man nützt die<br />
neuerliche Preissenkung und investiert in die eigene Flotte.<br />
Um dies umsetzen zu können, ist eine gewisse Finanzkraft<br />
vonnöten. Man muss bereit sein, eine Einbusse auf die<br />
bestehende Fahrzeugflotte in Kauf zu nehmen. Eine andere<br />
Möglichkeit wäre, man analysiert die eigene Flotte und vergleicht<br />
die bestehenden Fahrzeuge mit dem Absatzmarkt<br />
in der Schweiz. Dieser Vergleich zeigt einem schnell auf,<br />
welche Fahrzeuge man austauschen könnte und welche man<br />
weiter in der Flotte behalten sollte. Dies ist natürlich locker<br />
auf dem Papier umzusetzen, aber in der Realität mit einem<br />
erheblichen Aufwand verbunden. Erschwerend kommt noch<br />
dazu, dass die meisten Flottenfahrzeuge, ob im Leasing oder<br />
nicht, eine Laufzeit von 24 bis 48 Monaten aufweisen. Diesem<br />
Modus ist auch die Abschreibung unterlegen. Eine weitere<br />
Möglichkeit wäre, man verlängert die Laufzeit, damit sich<br />
die Abschreibung der Wertberichtigung annähert. Gemäss<br />
Rückmeldungen der Verbandsmitglieder war dies bei der<br />
letzten Einbusse ein gängiges Erfolgsmodell. Was auch nicht<br />
zu vergessen ist, ist die Tatsache, dass sich auch ein grosser<br />
Teil der Firmenfahrzeuge in einem Leasingverhältnis befinden.<br />
Hier ist die Situation fast am klarsten, weil der Restwert<br />
vertraglich vereinbart worden ist. Hier möchten wir positiv<br />
anmerken, dass die Leasingprovider sich sehr kundenorientiert<br />
auf die neue Situation einstellen und Lösungen anbieten.<br />
Das kann zum Beispiel eine neuerliche Laufzeitverlängerung<br />
sein. Zum Schluss stellt sich natürlich die Frage: Welches ist<br />
die richtige Entscheidung für meine Flotte? Ein Patentrezept<br />
gibt es nicht. Es gibt allerdings einen grossen Erfahrungsschatz<br />
aus der letzten Wertberichtigung. Der moderne Flottenmanager<br />
tauscht sich aus und teilt seine Erfahrung mit<br />
seinen Kollegen. Mit diesem Wissen ist es möglich, die richtige<br />
Entscheidung für den eigenen Fuhrpark zu erarbeiten.<br />
Dieser Herausforderung stellen sich die Flottenbetreiber und<br />
werden auch diese neuerliche Krise meistern.<br />
ist Präsident des Schweizerischen Fahrzeugflottenbesitzer-<br />
Verbandes.<br />
www.sffv.ch<br />
Patrick Bünzli<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 24
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Richtig reagieren<br />
Flottenmanagement auf der Höhe der Zeit<br />
Bei einem Ducato gibt es inzwischen um die 10’000 Bestellversionen.<br />
Interview mit Arthur Schnyder von Georg Lutz<br />
Der Markt für Flottenmanagement ist gleichzeitig attraktiv, aber auch hart. Zwar gibt es immer mehr Unternehmensverantwortliche,<br />
die sich für Flottenmanagement entscheiden, der SNB-Entscheid ist aber ein Grund, warum der<br />
Kampf um Marktanteile härter wird. Welche strategischen Entscheidungen sind heute zentral?<br />
Das Flottengeschäft ist im Kommen –<br />
auch in der Schweiz. Ist das eine richtige<br />
Aussage?<br />
Ja, das ist definitiv ein wachsender<br />
Markt.<br />
Was wächst da genau, und warum<br />
sind die Zahlen am Steigen?<br />
Es gibt die Tendenz, Firmen- mit Privatfahrzeugen<br />
zu koppeln. Da bietet sich<br />
Flottenmanagement besonders an. Im<br />
Nutzfahrzeugbereich haben kleinere<br />
Modelle (bis dreieinhalb Tonnen) in den<br />
letzten Jahren Oberwasser bekommen.<br />
Insbesondere sehen wir dort erfreulich<br />
steigende Zahlen, was das Flottenmanagement<br />
betrifft. Die Hersteller investieren<br />
stark in das Flottenmanagement, da<br />
dieses eine immer grössere Bedeutung<br />
erlangt. Das spricht sich ja auch herum.<br />
Grundsätzlich hat sich bei den kleineren<br />
Nutzfahrzeugen das Modellangebot<br />
enorm verbreitert. Wurde früher bei<br />
den kleineren Fahrzeugen ein Radstand<br />
angeboten, so findet man heute minde-<br />
stens zwei oder drei Radstände in jedem<br />
wichtigen Segment. Das gilt auch für<br />
die Dachhöhen – bald jeder Kundenanspruch<br />
wird individuell bedient.<br />
Warum ist die Zahl von kleineren Nutzfahrzeugen<br />
gestiegen?<br />
Einer der Einflussfaktoren ist sicherlich<br />
die grosse Flexibilität dieser Fahrzeuge<br />
und natürlich auch, dass man<br />
heute vieles von zu Hause aus erledigt,<br />
welches früher ausserhalb der eigenen<br />
vier Wände geschah. Wir bestellen<br />
alle immer mehr über das Internet. Die<br />
Internetwirtschaft verzeichnet eine immer<br />
grössere Nachfrage. Logistik und<br />
Transportketten müssen sich darauf<br />
einrichten.<br />
Ich sage nur Päckchen, Päckchen und<br />
Päckchen …<br />
Grosse Nutzfahrzeuge sind auch durch<br />
Nachtfahrverbot und Abgaben vom Gesetzgeber<br />
ausgebremst worden. Zudem<br />
sinkt die gesellschaftliche Akzeptanz<br />
von immer grösseren Nutzfahrzeugen.<br />
Das alles spricht für die kleineren Modelle.<br />
Flottenmanagement bezieht sich nicht<br />
nur auf einzelne Fahrzeuge, sondern<br />
umfasst sehr viele Dienstleistungen.<br />
Welche sind die zentralen Services<br />
aus Ihrer Sicht?<br />
Der zentrale Punkt ist ein gutes Leistungspaket,<br />
welches einen attraktiven<br />
Preis hat. Der Kunde sucht und kauft<br />
eine umfassende Lösung für seine Aufgabenstellung,<br />
verbunden mit einer<br />
langfristigen Kostensicherheit. Das ist<br />
schon von der Seite der Buchhaltung<br />
des Kunden einfacher zu handhaben.<br />
Viele Kunden wünschen eine monatliche<br />
Rate, die ihnen keine negativen Überraschungen<br />
bietet. Es geht bei uns nicht<br />
um ein Fahrzeug, sondern ein Paket<br />
(Service, Unterhalt, Leasing oder Versicherung),<br />
welches Kostensicherheit<br />
garantiert.<br />
Inwieweit helfen da neue Technologien?<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 26
Optional haben wir in unseren Fahrzeugen<br />
Schnittstellen eingebaut. Man kann<br />
mit der entsprechenden Software Daten<br />
aus den Fahrzeugen ziehen und analysieren.<br />
Wir haben einige Kunden, die so<br />
besser Einfluss auf ihre Fahrer nehmen<br />
können. Da geht es beispielsweise um<br />
den Verbrauch von Treibstoff. Das kann<br />
man sehr gut mit diesen elektronischen<br />
Hilfsmitteln angehen, um nur eines der<br />
Beispiele zu nennen.<br />
Der SNB-Entscheid hat vermutlich<br />
auch einige Flottenmanagementanbieter<br />
unter Druck gesetzt. Wie sehen<br />
Sie die Situation?<br />
Das ist definitiv so. Die meisten Akteure<br />
haben mit der Einführung eines Eurobonus<br />
rasch auf diese Marktveränderung<br />
reagiert und konnten somit die Zahlen<br />
stabil halten. Die Prognosen sind<br />
aber eher negativ, was das Wirtschaftswachstum<br />
betrifft, und das werden wir im<br />
zweiten Halbjahr merken. Viele Kunden<br />
haben klare Anweisungen, ihre Kosten<br />
stabil zu halten, wenn nicht sogar sie zu<br />
senken. Da geht es dann beispielsweise<br />
um günstigere Fahrzeuge oder längere<br />
Laufzeiten. Der Effekt wird durchschlagen.<br />
Im Moment wächst der Markt für<br />
kleine Nutzfahrzeuge noch um rund fünf<br />
Prozent. Ich gehe aber davon aus, dass<br />
im besten Fall der Markt stabil bleibt.<br />
Der Wettbewerb wird sich verschärfen?<br />
Auch da liegen Sie richtig. Diejenigen<br />
Anbieter, die am schnellsten auf die<br />
Kommunikation der Nationalbank reagiert<br />
haben, sind heute am besten aufgestellt.<br />
Die anderen mussten in härteres<br />
Brot beissen. Dazu kommt, dass<br />
die Volatilität des Marktes fast schon an<br />
das Börsengeschehen erinnert. Kunden<br />
sehen sich heute Eurokurse an und plädieren<br />
dann für Kauf oder Verschieben<br />
einer Anschaffung.<br />
Das ist kein ruhiges Business mehr?<br />
Ruhig war es noch nie. Wir müssen<br />
heute aber eine tägliche Marktanalyse<br />
vornehmen. Das gab es früher nicht. Das<br />
hat man früher monatlich oder quartalsweise<br />
erledigt. Aktuell müssen wir mindestens<br />
wöchentliche und monatliche<br />
Anpassungen vornehmen.<br />
Auch die Angebotsseite im Nutzfahrzeugbereich<br />
hat sich verändert. Es<br />
gibt nicht nur neue Modelle, sondern<br />
eine unglaubliche Flexibilität an verschiedenen<br />
Ausstattungen.<br />
Ja, wir versuchen, möglichst viele Nischen<br />
abzudecken, die früher nur einigen<br />
wenigen Aufbauherstellern vorbehalten<br />
waren. Nehmen Sie nur das<br />
Beispiel der Drei-Seiten-Kipper. Das haben<br />
wir heute üblicherweise schon als<br />
Werklösung angeboten. Die Spezialisierung<br />
wird hier weiter zunehmen. Das<br />
kann über eigene Angebote geschehen<br />
oder in Form von Kooperationsmodellen<br />
erfolgen.<br />
Was bedeutet das für die interne Firmenstruktur<br />
der Händler?<br />
Um die leichten Nutzfahrzeuge vertreiben<br />
und warten zu können, genügt<br />
es heute nicht mehr, eine Markentafel<br />
an der Fassade montiert zu haben,<br />
einige der zweigleisig fahrenden Hersteller<br />
respektive Importeure fahren<br />
deshalb mit einem zweiten Label – bei<br />
Fiat eben «Fiat Professional», bei Volkswagen<br />
«VW Nutzfahrzeuge» – andere,<br />
wie zum Beispiel Ford oder Mercedes,<br />
bestehen zumindest auf zwei unterschiedlichen<br />
Abteilungen, und die Vertreter<br />
haben teilweise zwei verschiedene<br />
Vertriebsverträge, wobei Letzteres<br />
praktisch für alle Markenvertreter gilt,<br />
welche auch Nutzfahrzeuge verkaufen<br />
wollen.<br />
Unternehmen unterwegs<br />
Es geht bei Ihnen nicht nur um Verkäufer,<br />
die Autos oder Nutzfahrzeuge<br />
an den Kunden bringen, sondern um<br />
Berater mit aktuellem Wissensstand.<br />
Das braucht sicher umfassende Weiterbildungsmassnahmen?<br />
Das ist ein grosses Thema innerhalb der<br />
Nutzfahrzeugbranche. Bei einem Ducato<br />
aus unserem Hause gibt es inzwischen<br />
um die 10’000 Bestellversionen. Da muss<br />
der Verkaufsberater sehr gutes Knowhow<br />
haben, damit der Kunde eine gute<br />
Basis für seinen Entscheid hat. Das bedarf<br />
einer ständigen Schulung, nicht nur<br />
um technische Neuigkeiten kennenzulernen,<br />
sondern auch zum Thema Fahrverhalten.<br />
Da müssen wir viel leisten.<br />
Bei Fiat Professional bestehen die speziellen<br />
Nutzfahrzeuge-Standards ausser<br />
in einem grossen Ausstellungsplatz im<br />
Freien hauptsächlich in der permanenten<br />
Lagerverfügbarkeit der angebotenen<br />
Modelle sowie der regelmässigen Teilnahme<br />
an internen Schulungen, was<br />
letztlich fast automatisch in auf Nutzfahrzeuge<br />
spezialisiertes Personal mündet.<br />
Es werden nicht mehr Autoverkäufer<br />
rekrutiert, sondern «Verkaufsberater<br />
Nutzfahrzeuge».<br />
Wir stellen Sie sich mit dem Label Fiat im<br />
Nutzfahrzeugmarkt der Schweiz auf?<br />
Wir haben eine Produktpalette die 96 bis<br />
98 Prozent der Bedürfnisse der kleinen<br />
bis mittleren Nutzfahrzeuge abdeckt.<br />
Wir versuchen immer mehr Nischen<br />
besser abzudecken. Im Camper Bereich<br />
ist uns dies beispielsweise schon<br />
sehr gut gelungen. Wir haben hier eine<br />
starke Position. Drei von vier Camperfahrzeugen<br />
in Europa sind auf Basis von<br />
Fiat Nutzfahrzeugen aufgebaut. Es gilt<br />
immer die Branchen genau zu beobachten,<br />
um hier zu immer besseren Lösungen<br />
zu kommen.<br />
Flottenmanagement abdecken. Das Beispiel hier: Nuovo Doblo<br />
Arthur Schnyder<br />
ist Brand Country Manager bei Fiat Professional.<br />
www.fiatprofessional.ch<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 27
Diskussion im Rahmen des SKO-Leader Circle: Roland Dahinden, Brunner Druck und Medien, Gudela Grote, ETH Zürich, Pascal Ihle, «Handelszeitung»,<br />
Nicole Herzog, Haufe-umantis, Matthias Mölleney, peopleXpert (von links nach rechts).<br />
Es geht auch anders<br />
Mitarbeiterunternehmen in der Praxis<br />
Interview mit Marc Stoffel von Georg Lutz<br />
Beim 34. SKO Leader Circle zum Thema «Mitarbeitende als Mitunternehmer – oder wird die Zitrone noch mehr<br />
ausgepresst?» entstand die Idee zum folgenden Schwerpunkt. Es geht um die Frage, wie es ist, wenn Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter in die Entscheidungen einbezogen werden, die im Normalfall der Geschäftsführung vorbehalten<br />
sind. Ohne das Einverständnis der Mitarbeiter wird niemand Chef bei der Haufe-umantis AG. Beim St. Galler IT-<br />
Unternehmen mit 150 Angestellten wählen die Mitarbeiter die Geschäftsleitung und das mittlere Management. Wir<br />
führten mit dem aktuell Verantwortlichen ein Interview.<br />
Können Sie die Unterschiede von<br />
beiden Modellen, finanzielle Beteiligung<br />
und Demokratie in betrieblichen<br />
Strukturen kurz skizzieren?<br />
Die Anforderungen und Erwartungen<br />
von Mitarbeitenden an Unternehmen haben<br />
sich geändert. Viel Geld verdienen<br />
ist für viele nicht mehr so wichtig. Mitarbeitende<br />
wollen etwas bewegen und<br />
sich einbringen. Unternehmen, die dies<br />
fördern, motivieren ihre Mitarbeitenden<br />
nachhaltig und erzielen dadurch langfristig<br />
mehr Erfolg als jene, die monetär<br />
motivieren.<br />
Wie ist Ihr Unternehmen historisch auf<br />
das Thema Mitarbeitende als Mitunternehmer<br />
gestossen?<br />
Im Jahr 2000 wurde die umantis AG als<br />
Spin-off von HSG und ETH gegründet.<br />
Sie entwickelte damals individualisierte<br />
Software. Sehr bald erkannten Mitarbeitende,<br />
dass bei rasantem Wachstum der<br />
Kundenservice für die individualisierten<br />
Lösungen nicht länger gewährleistet werden<br />
konnte. Daraufhin wurde gemeinsam<br />
beschlossen, auf Standard-Software umzusteigen.<br />
Ein paar Jahre später (2012)<br />
«Streng<br />
hierarchische<br />
Unternehmen<br />
müssen<br />
umdenken.»<br />
stellte der Gründer, Hermann Arnold,<br />
die Belegschaft vor den Entscheid zur<br />
Übernahme durch die deutsche Haufe-<br />
Gruppe. Und seit Sommer 2013 entscheiden<br />
die Mitarbeitenden jährlich über die<br />
Besetzung der Positionen des CEO und<br />
des mittleren Managements. Mitarbeitende<br />
arbeiten heute auch bei der Strategie,<br />
bei der Rekrutierung neuer Kollegen<br />
sowie bei der Projektplanung mit.<br />
Flache Hierarchien sind ja Trend. Das<br />
Silodenken ist, jedenfalls in der Theorie,<br />
vorbei. Aber Mitarbeiter, die bestimmen<br />
– das klingt exotisch und<br />
chaotisch. Ist es das?<br />
Mitarbeitende wissen oftmals schneller<br />
und besser als ihre Vorgesetzten, in<br />
welche Richtung sich das Unternehmen<br />
weiterentwickeln muss, weil sie näher<br />
am Kunden und am Marktgeschehen<br />
sind. Demokratie im Unternehmen führt<br />
also zu schnelleren und besseren Entscheiden.<br />
Welche Anlaufschwierigkeiten gab<br />
es? Haben da alle mitgemacht, oder<br />
gab es auch Widerspruch und «innere<br />
Emigration»?<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 28
Die ganz grosse Mehrheit macht mit.<br />
Aber selbstverständlich gibt es Mitarbeitende,<br />
denen der demokratische<br />
Führungsansatz nicht liegt und die lieber<br />
klassisch geführt werden wollen.<br />
Auch Widersprüche gehören dazu. Wir<br />
sind noch mitten im Demokratisierungsprozess.<br />
Einiges wird heute bereits zusammen<br />
mit der Belegschaft entschieden,<br />
anderes noch nicht. Wir entwickeln<br />
uns immer weiter und binden alle Mitarbeitenden<br />
bestmöglich in diesen Prozess<br />
ein.<br />
Wie lauteten die Vorbehalte, die sicher<br />
auch von einigen Stakeholdern kamen?<br />
Wie sind Sie damit umgegangen?<br />
Wie sehen die Entscheidungsstrukturen<br />
konkret aus?<br />
Es gibt das Management. Es soll ein<br />
Umfeld schaffen, in welchem Mitarbeitende<br />
ihre Aufgaben gut erfüllen und die<br />
gemeinsamen Ziele erreichen können.<br />
Parallel dazu gibt es die Projektteams<br />
mit je einem vom Projektteam gewählten<br />
People Coach und einem Projektverantwortlichen.<br />
Ersterer kümmert sich<br />
um die Anliegen und die Förderung der<br />
Teammitglieder und Letzterer darum,<br />
dass die Projektziele gemeinsam erreicht<br />
werden. Viele Entscheidungen<br />
werden dann von allen Teammitgliedern<br />
gemeinsam getroffen.<br />
Menschen in Unternehmen<br />
Zum anderen sind Mitarbeitende näher<br />
am Kunden und am Marktgeschehen<br />
und erkennen Veränderungen oft<br />
schneller und besser als ihre Vorgesetzten.<br />
Dadurch kann auch das Unternehmen<br />
schneller auf Veränderungen<br />
reagieren, was in der heutigen Zeit mit<br />
dem heutigen Druck ein Wettbewerbsvorteil<br />
ist.<br />
Sind diese auf andere Unternehmen<br />
übertragbar?<br />
Roland Dahinden und sein Haus, die Brunner<br />
Druck und Medien kam über das Thema Nachfolge<br />
zum Modell der organisierten flachen<br />
Hierarchien.<br />
Gudela Grote von der ETH Zürich flankierte die<br />
Debatte von der wissenschaftlichen Seite.<br />
Nicole Herzog von Haufe-umantis berichtete<br />
aus der Praxis.<br />
Der Verwaltungsrat und die Mitarbeitenden<br />
stehen hinter unserer Philosophie<br />
«Mitarbeitende führen Unternehmen».<br />
Schliesslich wurde ja keiner vor<br />
vollendete Tatsachen gestellt. Im Gegenteil:<br />
Die Belegschaft hat viel darüber<br />
diskutiert und schliesslich gemeinsam<br />
entschieden. Natürlich musste auch<br />
Überzeugungsarbeit geleistet werden,<br />
aber letztlich sehen heute alle, dass<br />
wir mit unserer Philosophie erfolgreich<br />
sind.<br />
Gab und gibt es bei der Umsetzung<br />
strategische Schritte?<br />
Jährlich findet ein Strategiemeeting mit<br />
der gesamten Belegschaft statt. Während<br />
zweier Tage arbeiten wir in Teams<br />
an Zielen, Strategie und Massnahmen<br />
und legen diese für das kommende Jahr<br />
fest.<br />
Nehmen wir ein konkretes Beispiel.<br />
Die Bestimmung des Gehalts einer<br />
Führungsperson. Normalerweise ein<br />
sehr diskretes Thema. Wie läuft bei<br />
Ihnen der Entscheidungsprozess?<br />
Die Gehaltsfrage wird heute noch klassisch<br />
gelöst. Sie ist eine von vielen Themen,<br />
über die wir aktuell diskutieren. In<br />
Zukunft wollen wir diesbezüglich transparenter<br />
werden und Mitarbeitende in<br />
den Entscheid miteinbeziehen.<br />
Wo liegen die Gründe für den Erfolg?<br />
Zum einen sind Mitarbeitende, die sich<br />
einbringen können, motivierter und wollen<br />
das Unternehmen, für das sie arbeiten,<br />
weiterbringen. Wer sich einbringt,<br />
teilt auch sein Wissen, und je mehr um<br />
anderen sind Mitarbeitende sich einbringen,<br />
desto mehr Wissen wird generiert.<br />
Mitarbeiter mehr miteinzubeziehen ist<br />
auf jeden Fall auf andere Unternehmen<br />
übertragbar. Ich wage sogar zu behaupten,<br />
dass streng hierarchische Unternehmen<br />
umdenken müssen, wenn sie<br />
auch künftig wettbewerbsfähig bleiben<br />
wollen. Zudem gibt es schon viele Unternehmen,<br />
die Mitarbeitende mitentscheiden<br />
lassen. Beispiele sehr erfolgreicher<br />
internationaler Unternehmen<br />
sind Semco, Gore und AES.<br />
ist basisdemokratisch gewählter Chef<br />
der Haufe-umantis AG.<br />
www.umantis.com<br />
Marc Stoffel<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 29
Kommentar<br />
Unsere Mitarbeiter sind<br />
auch Mitunternehmer<br />
von Roland Dahinden<br />
Das Thema Nachfolgeregelung ist in vielen <strong>KMU</strong> aktuell. In<br />
Betrieben, die von einer Familie oder einem Patron geführt<br />
werden, kann die Suche nach geeigneten Nachfolgern zu einer<br />
grossen Herausforderung werden. Dann nämlich, wenn niemand<br />
aus der Besitzerfamilie den Wunsch hegt, die Dynastie<br />
weiterzuführen.<br />
Genau dieser Fall trat 1983/84 anlässlich der Nachfolgeregelung<br />
der Brunner AG, Druck und Medien in Kriens, ein. Inhaber<br />
und Patron Alex Brunner musste auf eine externe Lösung<br />
setzen, weil seine Nachkommen die Firma nicht übernehmen<br />
wollten. Bereits 1972 hatte er das Unternehmen wohlüberlegt<br />
in eine Aktiengesellschaft überführt, die Aktienmehrheit jedoch<br />
behalten. Als es Ernst galt, entschied sich Alex Brunner dafür,<br />
den Vorschlag des damaligen Geschäftsführers weiterzuverfolgen<br />
und den Betrieb an die Mitarbeitenden zu verkaufen.<br />
Dessen hehre Absicht war, die Arbeitsplätze zu sichern und<br />
die Vision zu verwirklichen, Mitarbeiter enger in wichtige Prozesse<br />
einzubinden.<br />
Alex Brunner wählte eine riskante Lösung, denn Referenzobjekte<br />
bestanden zu jener Zeit keine. Zuerst musste genügend<br />
Kapital aufgetrieben werden. Geschäftsleitung und Mitarbeitende<br />
begeisterten sich für das gewählte Modell und zeichneten<br />
auf freiwilliger Basis innert Jahresfrist genügend Papiere,<br />
um die Mitarbeiter-AG zu verwirklichen. In der Rezessionsphase<br />
1993/94 erklärten sich die Aktionärsmitarbeiter sogar<br />
bereit, das Kapital mittels Investivlohn um 100’000 Franken zu<br />
erhöhen. Gegenwärtig liegt es bei 670’000 Franken.<br />
Damit das Mitarbeiter-AG-Modell ideell und materiell gewinnbringend<br />
gelebt werden kann, sind erweiterte Anforderungen<br />
an die Corporate Governance notwendig. Auch wenn die<br />
Hierarchien flach gehalten werden, sind klare Führungsstrukturen<br />
und Kompetenzregelungen zwingend. Die Mitunternehmer<br />
haben das Anrecht auf eine aktive und offene Kommunikation.<br />
Nur transparent informiert können sie ihrem Anspruch<br />
gerecht werden, mitzudenken und Entscheide mitzuverantworten.<br />
Um Stabilität zu gewährleisten und Ränkespiele zu<br />
verhindern, wurde festgelegt, dass ein Aktionär nicht mehr als<br />
15 Prozent des Aktienkapitals besitzen darf.<br />
Unser Mitarbeiter-AG-Modell ist nach innen und aussen ein<br />
Imageträger und eine Erfolgsgeschichte, weil es zahlreiche<br />
Vorteile bietet und von seinen Protagonisten gelebt wird. Wir<br />
beobachten eine starke Identifikation der Mitarbeitenden mit<br />
«ihrem» Unternehmen. Sie sind motiviert und denken unternehmerisch<br />
mit, um die Brunner AG vorwärtszubringen. Und<br />
weil das Unternehmen seine Aktionäre und deren Interessen<br />
kennt, kann es proaktiv handeln und wird nicht von unvorhergesehenen<br />
Entscheiden überrascht.<br />
Entscheidend für den Erfolg ist natürlich die Bereitschaft der<br />
Mitunternehmer, sich täglich auf die anstehenden Herausforderungen<br />
einzulassen. Für uns als Medien- und Druckereibetrieb<br />
bestehen sie darin, den Bedürfnissen unserer Kunden<br />
zu entsprechen, die sich mit dem Wandel in der Mediennutzung<br />
vervielfältigt haben. Als Unternehmen, das Lösungen im<br />
Print- und Online-Bereich anbietet und diese kundenspezifisch<br />
verknüpft, sind wir mit unserer aktiven und erfahrenen Belegschaft<br />
bestens dafür gerüstet.<br />
ist Geschäftsführer der Brunner AG, Druck und Medien.<br />
www.bag.ch<br />
Roland Dahinden<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 30
Sie möchten Ihr<br />
Lebenswerk erfolgreich<br />
weitergeben?<br />
Die Bank für Unternehmer hilft Ihnen dabei.<br />
Ein Generationenwechsel in der Firmenleitung ist ein komplexer Prozess. Nutzen Sie<br />
unsere langjährige Erfahrung in der Nachfolgeplanung und rufen Sie Ihren persönlichen<br />
Berater oder das Business Center an unter der Gratis-Nummer 0800 88 88 71.<br />
credit-suisse.com/nachfolge
Kommentar<br />
Vom Wohlbefinden<br />
zum Finden des Wohls<br />
von Mariella de Matteis<br />
Welche Faktoren beeinflussen das Wohlbefinden der Mitarbeitenden<br />
am Arbeitsplatz? Studien über den ganzen Globus<br />
hinweg sind sich scheinbar einig: Die Wahrnehmung der Mitarbeitenden<br />
wird zu über 50 Prozent als das Wohlbefinden in<br />
materiellen oder monetären Aspekten gesehen und erlebt. So<br />
ist es nicht verwunderlich, dass in Grossraumbüros Wasserspender,<br />
Grünpflanzen in den Gängen oder Gratiskaffee/-tee<br />
in der Firmenküche zu finden sind. Zudem entwickeln Personalmanagement-Strategien<br />
Bonusprogramme als Anreiz für<br />
erfolgreiche Geschäftsabschlüsse oder laden Mitarbeitende<br />
für ihre hervorragenden Ergebnisse in luxuriöse Weekends ein.<br />
Ist das ein Big Picture für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz?<br />
Meine Praxis zeichnet ein etwas anderes Bild.<br />
Als ich kürzlich einen Teambildungsanlass mit einem zwölfköpfigen<br />
Team eines Unternehmens durchführte – es war der<br />
dritte Tag im Prozess –, ging es um individuelle Erlebnisse am<br />
Arbeitsplatz. Die Teilnehmenden unterhielten sich in Gruppen<br />
zu Erlebnissen, die für sie «IRRITIEREND» (stört mich/<br />
erlebe ich nicht gut), «EGAL» (hat keinen Einfluss auf mich)<br />
und «TOP» (da geht's mir richtig gut) waren. Das Ziel dabei<br />
war, die eigenen und fremden Wohlfühlbereiche zu erkennen<br />
und zu respektieren. Die zentrale Frage war, wie jeder Einzelne<br />
zum Teamwohlbefinden beitragen kann. Schon in der Gruppenarbeit<br />
– das Zusammenführen der individuellen Wahrnehmungen<br />
– entstanden heftige Diskussionen und förderliche<br />
Meinungsverschiedenheiten. Die Pinnwand wurde regelrecht<br />
mit den geschriebenen Karten überfüllt.<br />
Bei der Betrachtung des Resultats zeichneten sich verschiedene<br />
Begebenheiten/Erlebnisse ab, die sich in Bereiche wie<br />
materiell, emotional, kommunikativ oder atmosphärisch zuordnen<br />
liessen. Interessanterweise überwogen die emotionalen<br />
sowie die atmosphärischen Bereiche. Noch interessanter war<br />
die Erkenntnis, dass materielle und monetäre Begebenheiten<br />
oder Anreize zu über 70 Prozent im Bereich «EGAL» lagen.<br />
Im Anschluss schauten wir uns an, welche Erlebnisbeispiele<br />
positive und negative Einflüsse auf das Wohlbefinden hatten.<br />
Die Aussagen der Teilnehmenden fokussierten sich auf die<br />
Kommunikation und die Führung. Sie betonten die Bedeutung<br />
von Jahresgesprächen und erwähnten Alltagssituationen<br />
wie das morgendliche Öffnen von Fenstern. Am Schluss der<br />
Sequenz hatten die Teilnehmenden zum Teil verblüffende<br />
Einsichten, wie unterschiedlich sie alle «tickten» und was sie<br />
selber tun konnten, um einander mit Respekt zu begegnen.<br />
Alles in allem eine gut gelungene Seminarsequenz, welche die<br />
Teilnehmenden mit lachenden, gegenseitig schulterklopfenden<br />
Gesten quittierten.<br />
Im Nachgang gingen mir einige Gedanken durch den Kopf.<br />
Wenn ich mich in einem Gespräch zur Vorbereitung eines<br />
Teambildungsprozesses mit den Auftraggebenden befinde,<br />
erhalte ich normalerweise viele Informationen zur Geschichte<br />
des Teams und was sich im Unternehmen verändert hat. Das<br />
betroffene Team soll von einer externen Fachperson im Prozess<br />
begleitet werden, um so einen neuen Zusammenhalt<br />
finden zu können. So erfahre ich, dass das Management<br />
zusammen mit dem HR schon einiges zum Wohlbefinden<br />
am Arbeitsplatz unternommen hat, allerdings auch mit der<br />
unterschwelligen Ohnmacht, die Mitarbeitenden damit nicht<br />
erreichen zu können.<br />
Wo liegt der Hebel für eine Antwort auf diese Herausforderung?<br />
Eigentlich geht es darum, so viel Sicherheit vermitteln<br />
zu können, dass eine aktive Teilnahme am fortlaufenden Wandel<br />
in und rund um das Unternehmen möglich ist. Welche<br />
Wohlfühlelemente dafür notwendig sind, kann ja nur ein Ergebnis<br />
eines dialogischen Prozesses sein. Denn Wohlbefinden<br />
ist und bleibt eine subjektive Angelegenheit – in welcher Veränderungsphase<br />
wir uns auch immer befinden.<br />
ist Trainerin / Beraterin und Inhaberin von mdm training.<br />
www.mdm-training.com<br />
Mariella de Matteis<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 32
unikat<br />
«Für eine herzhafte,<br />
gesunde Ernährung.»<br />
www.swissfruit.ch
Kommentar<br />
Mitarbeitende als Mitunternehmer –<br />
Mitgefangen, mitgehangen?<br />
von Professor Gudela Grote<br />
In den heutigen Managementkonzepten wird gerne davon gesprochen,<br />
dass Mitarbeitende sich als Unternehmer fühlen und<br />
auch so handeln sollten. Damit ist im Kern vor allem angesprochen,<br />
dass sie Mitverantwortung für den Erfolg des Unternehmens<br />
übernehmen sollen. In der positiven Lesart heisst das,<br />
dass sie durch die grössere Verantwortung anspruchsvollere<br />
Tätigkeiten erhalten, die ihrem Wunsch nach interessanten<br />
und motivierenden Aufgaben entsprechen. So wäre die viel<br />
beschworene «Win-Win-Situation» erreicht, denn das Unternehmen<br />
profitiert natürlich auch von höherer Motivation und<br />
mehr Engagement der Mitarbeitenden. Warum ist es trotzdem<br />
so schwer, diese Idee umzusetzen, und ist das überhaupt so<br />
wünschenswert wie gemeinhin behauptet?<br />
Bei vielen Vorgesetzten sind Widerstände darin begründet,<br />
dass sie ihren Mitarbeitenden diese Verantwortungsübernahme<br />
nicht zutrauen und ihnen bei der Nutzung der damit<br />
einhergehenden Entscheidungsspielräume nicht über den Weg<br />
trauen. Hinzu kommt, dass sie eigene Entscheidungsspielräume<br />
abgeben oder zumindest teilen müssen, was auch nicht<br />
jedermanns Sache ist. Auch die Mitarbeitenden hegen unter<br />
Umständen Misstrauen, da sie sich – bei Weitem nicht immer<br />
zu Unrecht – fragen, ob hier nicht ein Risiko auf sie abgeschoben<br />
werden soll, das von der Unternehmensleitung zu tragen<br />
wäre. Auf Seite der Mitarbeitenden kann die neue Anforderung<br />
auch zu einer Überforderung führen, denn sich im Wettbewerb<br />
am Markt zu behaupten fordert Fähigkeiten, die nicht jeder hat.<br />
Ein wirklich gemeinsames Tragen von Verantwortung, das zu<br />
den gewünschten positiven Effekten für Mitarbeitende und<br />
Unternehmen führt, gelingt nur dann, wenn gegenseitiges<br />
Vertrauen geschaffen werden kann und eine grosse beidseitige<br />
Loyalität besteht. Ausserdem muss ein demokratisches<br />
Führungsverständnis vorhanden sein und die Bereitschaft,<br />
auf die Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnisse der Mitarbeitenden<br />
individuell einzugehen, um das richtige Mass an<br />
Mitverantwortung zu bestimmen. Schliesslich heisst es auch,<br />
Kontrolle abgeben zu können, wenn den Mitarbeitenden Entscheidungsbefugnisse<br />
übertragen werden.<br />
Nicht angesprochen wurde hier bisher das finanzielle Verständnis<br />
von Mitunternehmertum im Sinne von Miteigentum,<br />
zum Beispiel durch Verkauf oder Vergabe von Unternehmensaktien<br />
an die Mitarbeitenden. Miteigentum ist denkbar,<br />
ohne dass notwendigerweise die bisher beschriebenen<br />
Randbedingungen gegeben sind. Damit sich die finanzielle<br />
Teilhabe nicht nur auf die Bindung ans Unternehmen, sondern<br />
auch auf das alltägliche Handeln positiv auswirken kann,<br />
müssen die Mitarbeitenden aber in unternehmerische Entscheidungsprozesse<br />
eingebunden sein und ihre eigene Arbeitstätigkeit<br />
mitgestalten können. Das grundlegende unternehmerische<br />
Risiko sollte allerdings in den meisten Fällen<br />
bei denjenigen verbleiben, die für die Übernahme dieser<br />
Verantwortung rechtlich zuständig und nicht selten fürstlich<br />
entlohnt sind.<br />
Gudela Grote ist Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie<br />
am Departement Management, Technologie und<br />
Ökonomie der ETH Zürich.<br />
www.ethz.ch<br />
Gudela Grote<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 34
RZ_TG_IL_INSERAT_<strong>KMU</strong>_180X258.indd 1 02.04.14 11:33<br />
Flottenmanagement für<br />
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Jede Flotte, jeder Wagenpark erfordert ein<br />
individuelles Flottenmanagement. Unternehmen haben<br />
unterschiedliche Bedürfnisse, ebenso<br />
wie die Menschen, die täglich beruflich das Auto<br />
nutzen. Wir haben für jedes Bedürfnis die<br />
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WIR DENKEN. SIE LENKEN.
Menschen in Unternehmen<br />
Eine Bewusstseinsveränderung<br />
Die Führungskräfte von morgen<br />
von Barbara Liebermeister<br />
Die Manager von morgen werden «empathische Netzwerker» sein. Das ist die<br />
Kernthese einer Studie des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter<br />
(IFIDZ) in Frankfurt (D). Was heisst dies in der Praxis? Im folgenden Beitrag<br />
beantwortet Barbara Liebermeister, die Leiterin des Instituts, diese Frage.<br />
Dabei sollten in allen Bereichen alle Mitarbeiter<br />
am selben Strang ziehen. Diese<br />
These ist aber theoretisches Wunschdenken,<br />
das mit der Praxis wenig zu tun<br />
hat. Faktisch bleibt es eine der grössten<br />
Herausforderungen für Unternehmen:<br />
Wie können wir die Zahl der Schnittstellen<br />
möglichst reduzieren beziehungsweise<br />
aus ihnen sozusagen Nahtstellen<br />
machen, sodass kaum Reibungsverluste<br />
entstehen? Deshalb überraschte es uns<br />
nicht, dass in unserer Studie fast zwei<br />
Drittel der befragten Führungskräfte die<br />
Aussage «voll und ganz» bejahten, vernetztes<br />
Denken und Handeln sei künftig<br />
eine Voraussetzung für erfolgreiche<br />
Führung – zudem bejahten 31 Prozent<br />
diese Aussage teilweise.<br />
Das digitale Zeitalter ist angebrochen,<br />
und auch Führungskräfte<br />
müssen sich neu erfinden. Der<br />
Siegeszug der modernen Informationsund<br />
Kommunikationstechnologie und die<br />
Arbeitsstrukturen und -beziehungen in<br />
den Betrieben haben sich radikal gewandelt.<br />
Aus diesem Grund haben sich auch<br />
die Anforderungen an Führung verändert.<br />
Ein konservativer Stillstand ist in dieser<br />
Situation schlicht das falsche Rezept.<br />
Wir gehen von dem empathischen Netzwerker<br />
als Leitbild aus. Führungskräfte<br />
müssen mit Internet und den sozialen<br />
Medien umgehen können. Information<br />
und Kommunikation bekommen eine<br />
immer wichtigere Bedeutung. Es greift<br />
jedoch zu kurz, wenn man die veränderten<br />
Anforderungen auf die Medienkompetenz<br />
reduziert. Denn dann wird<br />
nur die Oberfläche gestreift. Heute wird<br />
in den meisten Unternehmen die Leistung<br />
weitgehend in bereichsübergreifender<br />
Team- und Projektarbeit erbracht.<br />
Das heisst, die Performance eines Bereichs<br />
hängt auch stark davon ab, wie<br />
gut dieser mit den anderen Bereichen<br />
kooperiert. Also darf das Denken einer<br />
Führungskraft nicht an der Grenze des<br />
eigenen Bereichs enden. Sie muss vielmehr<br />
versuchen, ihren Bereich mit den<br />
anderen so zu vernetzen, dass Top-Leistungen<br />
erbracht werden. Das setzt voraus,<br />
dass die Führungskraft auch die<br />
Mitarbeiter der anderen Bereiche sowie<br />
deren Vorgesetzte für ihre Ziele beziehungsweise<br />
die übergeordneten Ziele inspirieren<br />
kann. Das gelingt ihr nur, wenn<br />
sie bei ihrem Denken und Handeln auch<br />
berücksichtigt: Welche Interessen haben<br />
die anderen Bereiche und deren Mitarbeiter?<br />
Sonst kann sie keine tragfähigen<br />
Bündnisse schmieden.<br />
Das Beispiel der IT-Branche<br />
Springen wir in die Praxis, um die Unterscheide<br />
besser fassen zu können.<br />
Betrachten wir zum Beispiel die Hightech-Unternehmen<br />
– unabhängig davon,<br />
in welcher Branche sie zu Hause sind.<br />
Wie erbringen diese heute ihre Leistung?<br />
Meist im Dialog mit ihren Kunden. Das<br />
heisst: Wie gut ihre Leistung ist, hängt<br />
auch stark davon ab, wie sie die Beziehung<br />
zu ihren Kunden gestalten. Ebenso<br />
verhält es sich auf der Lieferanten- und<br />
Zuliefererebene. Zum Beispiel im IT-Sektor.<br />
Auch hier agieren die Unternehmen,<br />
wenn sie zum Beispiel ein neues Produkt<br />
entwickeln möchten, meist im Verbund.<br />
Das bedeutet, sie engagieren Heerscharen<br />
externer Software-Entwickler und<br />
vergeben Teilaufträge an hoch qualifizierte<br />
Spezialisten, von deren Expertise<br />
sie faktisch oft abhängig sind, wenn das<br />
Endprodukt wirklich Spitze sein soll. Also<br />
müssen die Verantwortlichen dazu fähig<br />
sein, tragfähige Beziehungsnetze zu knüpfen,<br />
die Spitzenleistungen erbringen.<br />
Dabei sollten die Beteiligten auf Augenhöhe<br />
agieren. Früher waren die Zulieferer<br />
meist von ihren Auftraggebern abhängig.<br />
Heute ist dies teilweise umgekehrt. Ohne<br />
deren Spezialwissen und Unterstützung<br />
könnten viele grosse Unternehmen ihre<br />
Leistung gar nicht mehr erbringen – oder<br />
sie würden sich in kurzer Zeit zu Dinosauriern<br />
in ihrem Markt entwickeln und<br />
von diesem verschwinden.<br />
Das Beispiel der Automobilbranche<br />
Wenden wir uns der Automobilproduktion<br />
zu. Hier lässt sich immer schwieriger sagen,<br />
wer in diesem Produktionsverbund<br />
der stärkere Partner ist: die Autoherstel-<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 36
ler, die die Fahrzeuge produzieren, oder<br />
die Elektronikhersteller, die die Autoelektronik<br />
entwickeln? Zuweilen gewinnt man<br />
den Eindruck: Die Elektronikhersteller sitzen<br />
am längeren Hebel, weil aus ihrem<br />
Know-how faktisch die technische Innovation<br />
der Fahrzeuge resultiert, die diese<br />
wiederum für Kunden attraktiv macht.<br />
Daher grassiert das Gerücht, Google beabsichtige,<br />
selbst Autos zu bauen. Die<br />
Argumentationsfigur kommt in der Öffentlichkeit<br />
nur durch, da die Experten,<br />
dies als möglich erachten. Daraus folgt<br />
für die Manager in der Autoindustrie: Sie<br />
müssen ihre Organisation mit anderen<br />
Unternehmen so vernetzen, dass ihr Unternehmen<br />
auch noch in zehn Jahren<br />
marktfähige Autos baut.<br />
Netzwerker und empathisch<br />
An diesem Punkt stellt sich die Frage, wie<br />
zu dem Begriff Netzwerker der Begriff empathisch<br />
dazukommt. Auch hier hilft ein<br />
Beispiel. Ich merke bei meiner Arbeit als<br />
Managementberaterin immer wieder: Für<br />
manche Kunden arbeite ich gern, für andere<br />
weniger gern. Und das hat nichts mit<br />
dem Honorar zu tun, das sie mir zahlen,<br />
sondern damit: Wie ist die Kommunikation<br />
mit ihnen? Fühle ich mich von ihnen,<br />
obwohl ich eine externe Beraterin bin, als<br />
Person wahr- und ernst genommen? Wie<br />
verbindlich sind Absprachen? Und, und,<br />
und … Stimmt die Chemie, dann erbringe<br />
ich für Kunden auch gerne gewisse Mehrleistungen,<br />
weil ich mich mit ihnen und ihren<br />
Zielen identifiziere. Ähnlich verhält es<br />
sich mit den Dienstleistern, die für mich<br />
arbeiten. Habe ich bei ihnen das Gefühl,<br />
dass sie mich und meine Bedürfnisse<br />
verstehen, dann bin auch ich für ihre Bedürfnisse<br />
offener, was sich positiv auf die<br />
Zusammenarbeit und die Ergebnisse auswirkt,<br />
wodurch wiederum unsere Beziehung<br />
stabiler wird. Wenn die Partner die<br />
Bedürfnisse des jeweils anderen wahrnehmen<br />
und respektieren und sich ernsthaft<br />
um die Beziehung bemühen, dann werden<br />
aus den ehemaligen Schnittstellen Nahtstellen,<br />
was letztlich zu Spitzenleistungen<br />
führt. Das setzt jedoch voraus, dass die<br />
Partner keine emotionalen Autisten sind.<br />
«Alpha Intelligence»<br />
Die fachliche Kompetenz der Führungskräfte<br />
muss sich mit ihrer analytischen<br />
und emotionalen Intelligenz paaren, damit<br />
sie die grösste Wirksamkeit haben. Um<br />
dies deutlicher in der Praxis herausstellen<br />
zu können, verwenden wir in unserer Studie<br />
für diese «Symbiose» den Begriff «Alpha<br />
Intelligence», da aus unserer Warte<br />
die Menschen, die künftig die echten Leader<br />
in den Unternehmen sind – also die<br />
Personen, denen andere Menschen bereitwillig<br />
folgen – ein solches Persönlichkeits-<br />
und Kompetenzprofil haben.<br />
Mehr Kommunikationskanäle zur Verfügung<br />
zu haben, bedeutet aber noch<br />
lange nicht automatisch, dass sie empathische<br />
Netzwerker sind. Sie nutzen<br />
zwar häufig die neuen Medien intensiv,<br />
faktisch denken sie aber noch in alten<br />
«top down»-Kategorien.<br />
In unserer Studie verdeutlicht dies die<br />
Diskrepanz im Antwortverhalten der<br />
jüngeren und älteren Führungskräfte.<br />
So erachten es zum Beispiel 85 Prozent<br />
der jüngeren, aber nur 63 Prozent der<br />
Menschen in Unternehmen<br />
älteren Führungskräfte als sehr wichtig,<br />
dass Informationen regelmässig weitergegeben<br />
und nicht als Herrschaftswissen<br />
zurückgehalten werden. Zugleich<br />
erwarten aber nur 36 Prozent<br />
der jüngeren Führungskräfte, dass die<br />
digitale Vernetzung sozusagen automatisch<br />
zu einer transparenteren Mitarbeiterführung<br />
führt, während 60 Prozent<br />
der älteren Führungskräfte hiervon<br />
überzeugt sind.<br />
Ein mentaler Turnaround<br />
Jungen Führungskräften ist stärker bewusst,<br />
dass allein dadurch, dass mehr<br />
Kommunikationskanäle zur Verfügung<br />
stehen, sich qualitativ noch nichts ändert,<br />
so lange kein mentaler Turnaround<br />
in den Köpfen stattfindet. Die Gründe<br />
liegen auf der Hand. Zum einen haben<br />
die jungen Führungskräfte, weil sie mit<br />
den neuen Technologien aufgewachsen<br />
sind, vermutlich ein feineres Gespür dafür,<br />
was deren Möglichkeiten, aber auch<br />
Grenzen sind, wenn es um die zwischenmenschliche<br />
Kommunikation geht. Eine<br />
weitere Ursache dürfte sein: Die jüngeren<br />
Führungskräfte sind in der Unternehmenshierarchie<br />
meist noch tiefer als<br />
ihre älteren Kollegen angesiedelt. Deshalb<br />
sammeln sie im Betriebsalltag häufiger<br />
die Erfahrung: Unsere Chefs setzen<br />
uns zwar immer öfter ins Cc, wenn<br />
sie irgendwelche Entscheidungen treffen<br />
und kommunizieren, sie binden uns<br />
aber nicht stärker in ihre Meinungsbildungs-<br />
und Entscheidungsprozesse ein.<br />
Das heisst: Faktisch haben sie oft noch<br />
das alte Top-down-Denken verinnerlicht,<br />
selbst wenn sie glauben, bereits empathische<br />
Netzwerker zu sein.<br />
Barbara Liebermeister<br />
Top-down-Kommunikation ist von gestern.<br />
leitet das Institut für Führungskultur im<br />
digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt. Interessierte<br />
können kostenlos die Broschüre<br />
anfordern, in der die Studienergebnisse<br />
zusammengefasst sind.<br />
www.ifidz.de<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 37
Menschen in Unternehmen<br />
Schnittstelle Universität und Business<br />
Nachhaltige Ideen wirtschaftlich beraten<br />
von Julia Hunziker<br />
Angefangen als kleines Projekt bestehend aus sechs Personen, hat sich Student Impact innert dreier Jahre zu einer<br />
erfolgreichen 55-köpfigen Unternehmensberatung entwickelt. Doch der Slogan «be the change» lässt erahnen, dass<br />
es sich bei Student Impact nicht um eine Beratungsfirma im klassischen Sinne handelt …<br />
Student Impact ist die studentische<br />
Unternehmensberatung der anderen<br />
Art. Ihr Ziel ist es, sozialen und<br />
ökologischen Impact zu erzielen und so<br />
mehr Nachhaltigkeit in die Wirtschaft<br />
zu integrieren. Consulting ist dabei Mittel<br />
zum Erfolg: Das Team von Student<br />
Impact fördert nachhaltige Geschäftsideen,<br />
indem es sozial oder ökologisch<br />
fokussierte Start-ups und <strong>KMU</strong> zu verschiedenen<br />
wirtschaftlichen Fragestellungen<br />
berät. Student Impact ist eine<br />
Non-Profit-Organisation bestehend aus<br />
Studenten der Universität St. Gallen.<br />
Die Berater arbeiten zwischen 20 und<br />
40 Prozent auf ehrenamtlicher Basis,<br />
weil sie bei Student Impact einen echten<br />
Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten<br />
und bereits während ihrer akademischen<br />
Ausbildung Praxiserfahrung<br />
sammeln können. Dank dieses ehrenamtlichen<br />
Engagements kann Student<br />
Impact den Kunden Beratungsdienstleistungen<br />
zu sehr günstigen Konditionen<br />
anbieten.Beispielsweise kostet ein<br />
dreimonatiges Beratungsprojekt für ein<br />
<strong>KMU</strong> mit fünf Beratern 4 500 Franken.<br />
Der Erfolg des Kunden ist oberstes Ziel<br />
von Student Impact. Um dem Kunden<br />
durch die Projektarbeit einen möglichst<br />
wertvollen Beitrag zum Geschäftserfolg<br />
bieten zu können, setzt Student Impact<br />
auf Qualität, Diversität & Innovation sowie<br />
Interaktion. Die Mitglieder von Student<br />
Impact werden durch verschiedene<br />
Workshops und zahlreiche Coaching-<br />
Sessions professionell ausgebildet.<br />
Durch externe Events mit Mentoren aus<br />
der Beratungsbranche und interne Ausbildungsveranstaltungen<br />
vertiefen die<br />
Student Impact Consultants ihr Wissen<br />
über relevante Ansätze und Tools, um<br />
den Kunden optimal beraten zu können.<br />
Parallel dazu gewährleistet ein internes<br />
Controlling-System top Qualität bei den<br />
Beratungsmandaten. Zudem sieht Student<br />
Impact Out-of-the-box-Denken<br />
als zentrale Voraussetzung für den Geschäftserfolg<br />
eines Unternehmens und<br />
Diversität als entscheidende Grundlage<br />
für innovative Ideen und kreative<br />
Ansätze. Die Student-Impact-Beratungsteams<br />
bestehen deshalb aus<br />
einem bunten Mix von Assessment-<br />
Studierenden bis zu Doktoranden, die<br />
verschiedenste Backgrounds und Erfahrungen<br />
mitbringen. Zuletzt ist aber<br />
vor allem auch die interaktive Zusammenarbeit<br />
zwischen dem Kunden und<br />
den Consultants unentbehrlich für den<br />
Projekterfolg. Aktive Integration des<br />
Kunden in die Projektarbeit, wöchentlicher<br />
Austausch sowie verschiedene<br />
Workshops sind folglich fester Bestandteil<br />
jedes Beratungsmandats, denn nur<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 38
so kann die Arbeit proaktiv und effizient<br />
vorangetrieben und ein optimales Projektergebnis<br />
erzielt werden.<br />
Student Impact hat es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, sowohl neue Geschäftsideen<br />
als auch etablierte Unternehmen in verschiedenen<br />
wirtschaftlichen Themenbereichen<br />
zu unterstützen. Dabei hat<br />
sich das Team im Bereich <strong>KMU</strong> auf<br />
vier Themenfelder spezialisiert: Business-Plan,<br />
strategische Projektbegleitung,<br />
Marketingkonzepte und Prozess-/<br />
Strukturoptimierungen. Innerhalb dieser<br />
Themenbereiche werden sämtliche Projektaufträge<br />
individuell an die jeweilige<br />
Situation und die bestehenden Bedürfnisse<br />
angepasst, um einen möglichst<br />
grossen Mehrwert für den Kunden und<br />
seine Geschäftsidee zu erzielen.<br />
Business-Plan<br />
Beinahe jedes Unternehmen benötigt<br />
einen Business-Plan, sei dies für die<br />
Zusammenarbeit mit Partnern, für eine<br />
Standortbestimmung der aktuellen Geschäftslage<br />
oder für die strategische<br />
Weiterentwicklung des Unternehmens.<br />
Student Impact unterstützt <strong>KMU</strong> bei<br />
der Konzipierung sowie Überarbeitung<br />
von Business-Plänen, indem die Berater<br />
wichtige Themenbereiche kritisch<br />
reflektieren und dort ansetzen, wo vertiefte<br />
Analysen notwendig sind.<br />
Strategische Projektbegleitung<br />
Auch bei etablierten <strong>KMU</strong> treten immer<br />
wieder strategische Fragen auf, deren<br />
Bewältigung die ganze Unternehmung<br />
in Anspruch nimmt. Mit fachlichem<br />
Know-how, innovativen Ideen und Outof-the-box-Ansätzen<br />
unterstützen die<br />
Berater von Student Impact strategische<br />
Projekte von <strong>KMU</strong>. Die Analyse<br />
und Integration neuer Geschäftsfelder,<br />
die Entwicklung eines einheitlichen<br />
Unternehmensauftritts oder die Begleitung<br />
eines Change-Management-<br />
Prozesses sind Beispiele möglicher Ansatzpunkte<br />
von bereits abgeschlossenen<br />
Projekten.<br />
Marketingkonzepte<br />
Nicht immer ist klar, wer die Zielgruppen<br />
eines Produktes oder Services sind<br />
und wie die einzelnen Kundensegmente<br />
adressiert werden können. Student<br />
Impact unterstützt Kunden bei der optimalen<br />
Positionierung im Markt, der<br />
Identifikation ihrer Kundensegmente<br />
und entwickelt individuelle Vermarktungskonzepte,<br />
um die relevanten Kundengruppen<br />
gezielt anzusprechen und<br />
optimal zu erreichen.<br />
Prozess- / Strukturoptimierung<br />
Effiziente Strukturen und darauf abgestimmte<br />
Prozesse sind zentral fürden<br />
Unternehmenserfolg. Die Beraterteams<br />
von Student Impact unterstützen <strong>KMU</strong><br />
bei der Identifikation geeigneter Organisationsstrukturen,<br />
der Entwicklung<br />
effizienter Prozesse und der Erarbeitung<br />
eines einheitlichen Unternehmenssystems<br />
– Aufgaben, für die Unternehmer<br />
im Alltag häufig nicht die nötige Zeit aufbringen<br />
können.<br />
Student Impact hat in den letzten drei<br />
Jahren bereits 43 nachhaltige <strong>KMU</strong><br />
und Start-ups beraten. Darunter waren<br />
Unternehmen wie die Helvetia Versicherung,<br />
Sbrinz Käse GmbH und<br />
EnergieSchweiz. Nina Diethelm, Fachspezialistin<br />
für Digitale Medien bei EnergieSchweiz,<br />
ist von der Arbeit von Student<br />
Impact überzeugt: «Sowohl auf<br />
professioneller wie auch auf persönlicher<br />
Ebene habe ich die Zusammenarbeit<br />
mit Student Impact sehr geschätzt.<br />
Ich kann anderen Organisationen und<br />
Unternehmen diese studentische Unternehmensberatung<br />
der besonderen<br />
Art nur empfehlen».<br />
Julia Hunziker<br />
Julia Hunziker ist für Medien- und Kommunikationsarbeit<br />
bei Student Impact<br />
zuständig.<br />
www.studentimpact.ch<br />
version internet<br />
ABACUS Business<br />
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Innovationsmarketing: Kundenorientiert entwickeln und vermarkten<br />
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Innovative Produkte und Dienstleistungen in immer kürzeren Zeitabständen hervorzubringen<br />
ist für viele Unternehmen zur Realität geworden. Dagegen wird bei der Vermarktung<br />
von Innovationen längst noch nicht das Potenzial ausgeschöpft, das Unternehmen<br />
dabei zur Verfügung steht. Gemeinsam mit Partnern aus der Unternehmenspraxis<br />
haben Verantwortlichen der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) einige Ansatzpunkte für<br />
ein erfolgreiches Innovationsmarketing zusammengetragen. Wichtige Impulse stammen von<br />
einem Business Breakfast der FFHS, bei dem das Thema im Zentrum stand.<br />
Zwei der grössten Herausforderungen<br />
für den unternehmerischen<br />
Erfolg sind der Aufbau und die<br />
nachhaltige Bindung einer hinreichenden<br />
Kundenbasis. Dies ist vor allem der<br />
Fall, wenn es sich um innovative Produkte<br />
und Dienstleistungen handelt, für<br />
die es noch keine Erfahrungswerte gibt<br />
und Voraussagen zur Marktentwicklung<br />
schwierig abzuschätzen sind. Insbesondere<br />
<strong>KMU</strong> und junge Unternehmen tun<br />
sich oft schwer mit der Vermarktung von<br />
Innovationen. So belegen auch verschiedene<br />
Studien, dass deutlich weniger als<br />
50 Prozent der neu gegründeten Unternehmen<br />
die ersten Jahre überleben.<br />
Einer der Hauptgründe für das Scheitern<br />
von jungen Unternehmen ist, dass diese<br />
keine geeigneten Absatzmärkte finden<br />
und die Kundengruppe deutlich kleiner<br />
bleibt, als für ein erfolgreiches Geschäft<br />
notwendig wäre.<br />
Auch für etablierte Unternehmen kann<br />
die Vermarktung von Innovationen eine<br />
schwierige Aufgabe sein, da sie beim<br />
Vertrieb oft nur bedingt auf den bestehenden<br />
Kundenstamm zurückgreifen<br />
können. Mangelndes Marketing kann<br />
hier als einer der Hauptgründe für das<br />
Scheitern von Innovationen gesehen<br />
werden.<br />
Aber was genau sind erfolgversprechende<br />
Elemente des Innovationsmarketings?<br />
Wie kann ein <strong>KMU</strong> ein solches<br />
aufbauen? Und wie funktioniert<br />
erfolgreiches Innovationsmarketing in<br />
etablierten Unternehmen, die es immer<br />
wieder schaffen, einem bestehenden<br />
Kundenstamm innovative Produkte und<br />
Dienstleistungen anzubieten?<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 40
Marcom<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 41
Marcom<br />
Diese Fragen standen im Zentrum der<br />
zweiten Ausgabe des FFHS Business<br />
Breakfast. Sven Beichler, CEO und<br />
Gründer von mySwissChocolate AG, und<br />
Caroline Wilke, Mitglied der Direktion und<br />
Leiterin Strategie / Innovation / Produkte<br />
Privatkunden bei Helsana, erlaubten<br />
einen Blick hinter die Kulissen ihrer Firmen<br />
und diskutierten ihre Perspektiven<br />
zum erfolgreichen Marketing innovativer<br />
Produkte und Dienstleistungen.<br />
Suche nach wirkungsvollem<br />
Marketing-Mix<br />
Um für Innovationen die passende Kundengruppe<br />
zu finden, können Unternehmen<br />
aus einer Vielzahl von Marketinginstrumenten<br />
wählen. Die Palette reicht<br />
von konventionellen PR-Aktivitäten<br />
über Messeauftritte, Product Placement<br />
Strategien bis hin zum Einsatz Sozialer<br />
Medien, Blogs, Virales Marketing und<br />
Search Engine Optimization (SEO). Viele<br />
Firmen tun sich jedoch schwer mit der<br />
Auswahl der richtigen Marketinginstrumente<br />
und legen sich zu früh auf ein<br />
bestimmtes Instrument fest. Aus dem<br />
Blickfeld gerät dabei, dass nicht nur die<br />
Identifikation einer geeigneten Kundengruppe<br />
ein Suchprozess ist, sondern der<br />
Wahl des richtigen Marketing-Mix ebenfalls<br />
ein Prozess des Suchens und Testens<br />
vorausgeht. Erfolgreiches Innovationsmarketing<br />
verläuft deshalb häufig als<br />
iterativer Prozess von Kundengruppenidentifikation<br />
und Marketingtoolsuche.<br />
Diese Erfahrung machten auch Sven<br />
Beichler und sein Geschäftspartner<br />
Christian Philippi bei der Gründung von<br />
mySwissChocolate. Die Firma ist ein<br />
Start-up im Lebensmittelsektor, das es<br />
ermöglicht, via mobile App Bild- und<br />
Grussbotschaften auf eine Tafel Schokolade<br />
zu drucken und diese weltweit für<br />
CHF 5.50 verschicken zu lassen. Inzwischen<br />
nimmt das Unternehmen Bestellungen<br />
aus 43 Ländern entgegen.<br />
Die entscheidende Herausforderung war<br />
es, die geeigneten Marketingstrategien<br />
zu finden, um das Start-up mit einer<br />
komplett neuartigen Dienstleistung auf<br />
dem Schweizer Markt und darüber hinaus<br />
bekannt zu machen. Den Gründern<br />
von mySwissChocolate war klar, dass<br />
ihnen eine Reihe an Marketinginstrumenten<br />
zur Verfügung stand. Wie gut<br />
diese für ihr Start-up funktionierten,<br />
konnten sie jedoch nur herausfinden,<br />
indem sie die Tools nacheinander test-<br />
eten und kontinuierlich neue Instrumente<br />
ausprobierten, so Beichler (vergleiche<br />
auch anschliessendes Interview mit<br />
Sven Beichler, die Redaktion).<br />
Neue Marketinginstrumente<br />
sind erforderlich<br />
Eine weitere Herausforderung im Innovationsmarketing<br />
ergibt sich mit dem Wachstum<br />
der Kundengruppe. Hat sich ein<br />
innovatives Produkt in einem Marktsegment<br />
etabliert, verändern sich mitunter<br />
die Anforderungen an das Marketing. Bis<br />
dahin eingesetzte Instrumente verlieren<br />
ihre Wirkung. Die erfolgreiche Vermarktung<br />
erfordert dann die Implementierung<br />
neuer Marketingtools. Für Firmen gilt es,<br />
diese Veränderungen rechtzeitig zu erkennen<br />
und zu managen.<br />
Die Skalierbarkeit von Instrumenten<br />
spielt dabei eine wichtige Rolle. Dies zumindest<br />
ist die Erfahrung der Gründer<br />
von mySwissChocolate. Eine ihrer Lessons<br />
learnt aus dem Start-up-Prozess ist,<br />
dass Marketingtools das Firmenwachstum<br />
für eine gewisse Zeit begleiten<br />
können sollten und nicht zu schnell an<br />
Effektivität verlieren, wenn sich der Absatzmarkt<br />
vergrössert. Je besser sich<br />
ein Tool erfolgreich skalieren lässt, desto<br />
länger lässt sich die mitunter kostenintensive<br />
Implementierung neuer Marketingtools<br />
hinauszögern.<br />
Kundenorientierte Innovationen<br />
Eine ganz andere Bedeutung kommt<br />
dem Innovationsmarketing in Unternehmen<br />
zu, die bereits auf eine bestehende<br />
Kundengruppe zurückgreifen können.<br />
Für solche – meist grössere und etablierte<br />
– Firmen besteht die Herausforderung<br />
darin, innovative Produkte und<br />
Dienstleistungen entsprechend den Ansprüchen<br />
der bestehenden Kunden zu<br />
entwickeln. Bei der Identifizierung der<br />
Kundenbedürfnisse und der Übersetzung<br />
dieser in Produkt- und Dienstleistungsinnovationen<br />
spielt das Innovationsmarketing<br />
eine zentrale Rolle.<br />
Caroline Wilke kennt die Herausforderung,<br />
im «Dschungel» der vielen Versicherungsprodukte<br />
gehört zu werden,<br />
und erläutert, wie die Prozesse bei<br />
Helsana gestaltet sind, um unter diesen<br />
Bedingungen neue Produkte und Dienstleistungen<br />
erfolgreich zu entwickeln und<br />
an den Kunden zu bringen. Die Helsana-<br />
Gruppe ist der führende Schweizer Kranken-<br />
und Unfallversicherer für Private<br />
und Unternehmen. Mit Prämieneinnahmen<br />
von 5.7 Milliarden Franken belegt<br />
Helsana eine Spitzenposition im Schweizer<br />
Versicherungsmarkt und beschäftigt<br />
über 3 000 Mitarbeitende.<br />
Caroline Wilke berichtet, dass es bei<br />
Helsana immer wieder eine zentrale Frage<br />
sei, wie sich Innovationen in einem etablierten<br />
Umfeld finden und auf den Markt<br />
bringen lassen. Dazu würden Lernprozesse<br />
initiiert, bei denen beispielsweise<br />
Mitarbeitende – inklusive des Managements<br />
– in regelmässigen Abständen für<br />
ein gewisse Zeit im Kundenservice tätig<br />
sind. Somit entsteht ein enger Kontakt zu<br />
den Kunden und ermöglicht ein besseres<br />
Verständnis über deren Bedürfnisse. Dies<br />
ist in einem ausdifferenzierten Marktumfeld<br />
umso wichtiger, weil darin oft «der<br />
Kunde nicht weiss, was der Bedarf ist»,<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 42
Einfach.<br />
Besser.<br />
Organisiert.<br />
so Caroline Wilke. Diesen Bedarf zu identifizieren<br />
und Innovationen für den<br />
Kunden zu entwickeln ist eine wichtige<br />
Aufgabe des Innovationsprozesses. Dagegen<br />
ist es bei der Entwicklung von Innovationen<br />
für institutionelle Partner wie<br />
Spitäler bedeutend, Key-Partner in gewissem<br />
Umfang direkt in den Prozess<br />
einzubinden. Insgesamt spiele das Branding<br />
als Marketinginstrument im Versicherungsbereich<br />
aber eine zentrale Rolle,<br />
unterstreicht Caroline Wilke.<br />
Unternehmensspezifische Wahl<br />
Was allerdings gut für einige – insbesondere<br />
grosse – Unternehmen ist, funktioniert<br />
oft in anderen – vor allem jungen –<br />
Firmen trotz scheinbar ähnlicher Kontexte<br />
nicht. So sind wichtige Marketinginstrumente,<br />
die sich beispielsweise zum<br />
Branding eignen, mitunter weniger<br />
hilfreich für kleinere Unternehmen. my-<br />
SwissChocolate hat diese Erfahrung<br />
gemacht: «Was hilft es, wenn ich heute<br />
meine Marke stärke, aber nichts verkaufe?»,<br />
fragt Sven Beichler. Damit macht<br />
er deutlich, wie wichtig der spezifische<br />
Kontext eines Unternehmens und seiner<br />
Produkte und Dienstleistungen für die<br />
richtige Wahl geeigneter Instrumente des<br />
Innovationsmarketings ist. Das heisse<br />
aber nicht, dass diese Instrumente generell<br />
in der Start-up-Phase nicht funktionieren<br />
würden. «Manche Instrumente<br />
funktionieren sehr gut – aber nicht für<br />
uns», sagt Beichler und verdeutlicht damit<br />
die Wichtigkeit des Suchprozesses<br />
für einen geeigneten firmenspezifischen<br />
Marketing-Mix.<br />
Innovationsmarketing ist auch in etablierten<br />
Unternehmen noch kein Selbst-<br />
Einfach ECM<br />
Dokumenten-Management<br />
Archivierung<br />
Workflow<br />
www.elo.ch
Marcom<br />
Nächstes Business Breakfast<br />
Das 3. FFHS Business Breakfast<br />
findet am 18. Juni 2015,<br />
8.00 – 10.00 Uhr, im Imagine,<br />
HB Zürich, statt. Thema ist:<br />
«Neue Arbeitswelten: Arbeitsmodelle<br />
und Unternehmenskultur»<br />
Skalierbarkeit der Marketingtools ist ein wichtiger Punkt.<br />
Wir stehen heute vor einer paradoxen<br />
Situation. Im Zeitalter der<br />
Digitalisierung und Wissensarbeit<br />
werden Wertschöpfung und<br />
Innovation immer wichtiger.<br />
Von Mitarbeitenden werden immer<br />
anspruchsvollere Leistungen und<br />
immer mehr Engagement erwartet.<br />
Doch unterstützt die Arbeitswelt<br />
diese Ansprüche?<br />
Es gibt nur wenige Unternehmen,<br />
die sich auf den Weg der New<br />
Work – neue Arbeitswelt –<br />
machen. Unflexible Arbeitsmodelle<br />
und starre hierarchische Strukturen,<br />
in denen sich Mitarbeiter<br />
eingeengt fühlen, gehören zum<br />
Alltag. Diese klassischen Arbeitsmodelle<br />
können in offene und<br />
kreative Systeme umgewandelt<br />
werden. Nur so kann Kontrolle<br />
durch Vertrauen ersetzt werden.<br />
Die FFHS schaut zwei Unternehmen<br />
hinter die Kulissen und<br />
erfährt, wie deren neuen Arbeitswelten<br />
aussehen: ICT-Gigant<br />
Microsoft als Vorreiter, was<br />
innovative Arbeitswelten anbelangt<br />
und das Traditionsunternehme<br />
Rivella, das wohl das<br />
bekannteste Schweizer Getränk<br />
produziert. Zwei Unternehmen,<br />
die beim Umgestalten ihrer<br />
Arbeitswelten diversen Herausforderungen<br />
gegenüberstanden.<br />
läufer. Deshalb wird das für viele <strong>KMU</strong><br />
relevante Thema vermehrt im Master-<br />
Studiengang MSc in Business Administration<br />
mit Schwerpunkt Innovationsmanagement<br />
der Fernfachhochschule<br />
Schweiz (FFHS) aufgegriffen.<br />
«Wir haben die wachsende Bedeutung<br />
des Innovationsmarketings für die Unternehmenspraxis<br />
erkannt und integrieren<br />
den Themenbereich in unseren Aus- und<br />
Weiterbildungsprogrammen», sagt Ute<br />
Eisenkolb, Studiengangsleiterin für das<br />
Masterprogramm der FFHS. Dies äussert<br />
sich beispielsweise darin, dass sich<br />
verschiedene Forschungs- und Masterarbeiten<br />
mit der Vermarktung von Innovationen<br />
beschäftigen.<br />
Lessons learnt<br />
Sowohl in jungen Start-ups als auch in<br />
etablierten Unternehmen bleibt der Prozess<br />
des Suchens nach einem geeigneten<br />
Marketing-Mix zentral für eine erfolgreiche<br />
Vermarktung von Innovationen. Dabei<br />
ist die Identifizierung des geeigneten<br />
Mix das Ergebnis eines Suchprozesses<br />
und oft nicht einfach vorherbestimmbar.<br />
Die Anforderungen und Prozesse für die<br />
Vermarktung von Innovationen verändern<br />
sich über den Produktlebenszyklus<br />
hinweg. Durch Unternehmens- und<br />
Kundenwachstum werden bestehende<br />
Marketinginstrumente ineffektiv, und<br />
es besteht die Notwendigkeit – und die<br />
Herausforderung – neue Instrumente zu<br />
finden und zu implementieren.<br />
Der Firmenkontext spielt für das Innovationsmarketing<br />
ebenfalls eine wichtige<br />
Rolle. So sehen sich etablierte Unternehmen<br />
weniger mit der Frage konfrontiert,<br />
neue Kunden zu gewinnen. Vielmehr zielt<br />
ihr Innovationsmarketing darauf ab, für<br />
bestehende Kundengruppen neue Lösungen<br />
zu entwickeln, die den Bedarf<br />
des bestehenden Kundenstamms abdecken<br />
und somit zur Stärkung der eigenen<br />
Wettbewerbsposition beitragen.<br />
Dr. Hagen Worch<br />
ist Wissenschaftlicher Projektleiter am<br />
Institut für Management & Innovation<br />
(IMI) der Fernfachhochschule Schweiz<br />
(FFHS) und doziert im Master-Studiengang<br />
Innovation Management. Seine<br />
Forschungsschwerpunkte sind in den<br />
Bereichen Innovationsmanagement, Innovationsökonomik,<br />
Firmenwachstum<br />
und Management von Kompetenzen in<br />
Firmen.<br />
www.helsana.ch<br />
www.myswisschocolate.ch<br />
www.ffhs.ch<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 44
FÜR SIE BRÜTEN WIR IDEEN AUS<br />
Effektive Lösungen, die passen –<br />
fünf Gründe, weshalb Sie<br />
bei uns goldrichtig sind auf<br />
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Die Bank der Privat- und Geschäftskunden<br />
Basel, Fribourg, Genf,<br />
Lausanne, Lugano,<br />
Neuchâtel, Sion, Zürich<br />
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Marcom<br />
im Kopf, wir hätten das Ei des Kolumbus<br />
gefunden. Dann war es doch ein Flop.<br />
Fünf Jahre Zeit mit dem Verlust von Zeit,<br />
Geld und Nerven können lang sein und<br />
graue Haare erzeugen.<br />
Ist das positive Resultat das Ergebnis<br />
eines strukturierten Suchprozesses<br />
oder eines Gedankenblitzes?<br />
Ich glaube nicht an Ideen oder Geistesblitze,<br />
auf die man hinarbeiten kann. Ich<br />
glaube an einen Prozess, in dessen Rahmen<br />
man Ideen hat, der sich mit der Zeit<br />
über Fehler und kleine Erfolge klarer fassen<br />
lässt. Da gibt es auch viel Scheitern,<br />
und dann hat man vielleicht ein brauchbares<br />
Ergebnis.<br />
Was für Komponenten hat es bei my-<br />
SwissChocolate gebraucht? Zentrale<br />
Punkte aus meiner Sicht sind die pfiffige<br />
Idee, technische Umsetzung via<br />
App, individuelle Möglichkeiten, ein<br />
einfaches Handling und Swissness.<br />
Der Vierklang<br />
Marketing, IT, Swissness und Schokolade<br />
Hier sprechen Marketing, Schokolade<br />
und IT auf gleicher Augenhöhe.<br />
Interview mit Sven Beichler von Georg Lutz<br />
Wer als Unternehmen neu auf den Markt kommt, braucht Innovationen. In<br />
der Theorie hört sich das schön an, in der Praxis ist das meist ein schwieriger<br />
Hürdenlauf. Wir sprachen mit dem CEO von mySwissChocolate, die<br />
Schokolade mit IT und Marketing verschmelzen und so eine bahnbrechende<br />
Geschäftsidee entwickelt haben.<br />
Innovation ist in der Theorie ein schönes<br />
Wort. In der Praxis folgt fast immer<br />
die Ernüchterung. In Unternehmen<br />
sind neun von zehn Innovationen auf<br />
dem Holzweg. Wie viele Anläufe haben<br />
Sie gebraucht, um zu Ihrem jetzigen<br />
Erfolgsmodell zu kommen?<br />
Wir haben mehr als zehn Anläufe gebraucht.<br />
Und da sind wir in guter Gesellschaft.<br />
Das ist völlig normal. Viele<br />
Ergebnisse fühlen sich auch innovativ<br />
an, ob sie sich dann später auf dem<br />
Markt durchsetzen werden, ist eine ganz<br />
andere Frage. Eine Sache, die wirklich<br />
einschlägt, braucht im Durchschnitt eher<br />
hundert Anläufe.<br />
Danke, dass Sie uns auf den Boden<br />
der Realität zurückgeholt haben.<br />
Es gibt auch Menschen, die Ihr ganzes<br />
Leben nach einer innovativen Idee suchen<br />
und sie nicht finden.<br />
Das ist Frust pur. Setzen Sie uns Ihr<br />
positives Beispiel dagegen.<br />
Bei uns hat es über fünf Jahre gedauert,<br />
und wir hatten mehrfach die Vorstellung<br />
Die mySwissChocolate AG ist das Mutterhaus.<br />
Das tragende innovative Produkt,<br />
um das es hier geht, heisst Chocogreets.<br />
Dabei geht es um mehrere<br />
zentrale Punkte. Swissness ist bei der<br />
Schweizer Schokolade naheliegend. Das<br />
Zweite betrifft die IT-Kompetenz, damit<br />
wir in unserer Kostenstruktur überhaupt<br />
arbeiten können. Wir bieten die Verschickung<br />
von Schoko-Greets in ganz Euro pa<br />
für CHF 5.50 an.<br />
Das hört sich für schweizerische Verhältnisse<br />
sehr preiswert an.<br />
Das ist es aber auch für die europäischen<br />
Nachbarn.<br />
Jetzt lassen wir die Katze aus dem<br />
Sack. Worum geht es genau?<br />
Es geht um eine personalisierte Schokolade,<br />
handgegossen mit Bild und<br />
Grusstext. Frisch muss die Schokolade<br />
zudem sein. Zudem sind wir extrem preisaggressiv.<br />
Und wie schaffen Sie das?<br />
Es geht um zwei Dinge. Neben der erwähnten<br />
IT-Kompetenz braucht es<br />
eine sehr moderne und passende Logistikkompetenz.<br />
Da geht es beispielsweise<br />
um die Herausforderung Verzollung.<br />
Da haben wir einige schmerzhafte<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 46
Erfahrungen machen müssen, damit<br />
wir zu dem richtigen Ergebnis gekommen<br />
sind.<br />
Wir haben zwar eine Schokoladenmanufaktur,<br />
sind aber, wenn ich in unsere<br />
Bilanz schaue, eine IT-Firma.<br />
Das passt ja zu unserem Schwerpunkt<br />
in diesem Magazin, wo wir die<br />
Verschmelzung von ICT-Lösungen<br />
im Unternehmen mit dem Produktionsprozess<br />
darstellen.<br />
Gab es da Vorbilder? Ich kenne aus<br />
dem Foodbereich my muesli.com. aus<br />
Deutschland, die mit einem individualisierten<br />
Angebot über das Netz sehr<br />
erfolgreich waren und, glaube ich,<br />
noch sind.<br />
«Keiner wirft<br />
Schokolade weg.»<br />
Da gibt es Überschneidungen, was<br />
die individuelle Zusammenstellung betrifft.<br />
Es gibt aber auch Unterschiede.<br />
Bei Chocogreets kann der Kunde aus<br />
Taiwan per App einen schokoladenen<br />
Gruss nach Zürich verschicken, und<br />
einen Tag später bekommt der Empfänger<br />
eine Grusspostkarte aus Schweizer<br />
Schokolade mit essbarem Bild und<br />
Grusstext.<br />
Das kann dann im Marketing eingesetzt<br />
werden?<br />
Ja, das ist richtig. Wir bewegen uns<br />
heute in dem Dreieck Schokolade, IT<br />
und Marketing. Und genauso werden wir<br />
auch wahrgenommen. Das ist neu. Wer<br />
heute über Marketing spricht, hat Google<br />
Adwords oder Performance Marketing<br />
und andere technische Lösungen im<br />
Kopf. Bei uns kommen neben der Technik<br />
die Emotion und der Genuss mit an<br />
Bord. Wir haben bei den Conversion<br />
Rates einen Erfolg von über zehn Prozent.<br />
Die Werbewelt ist heute laut und<br />
aufdringlich. Wir erreichen den Kunden<br />
via Schokolade trotzdem. Keiner wirft<br />
Schokolade weg.<br />
Da gibt es jetzt bei diesem Erfolg sicher<br />
einige Akteure auf dem Markt,<br />
die auf den Zug aufspringen?<br />
Es gibt tatsächlich einige Nachahmer.<br />
Das sind meist grosse Player. Aber sie<br />
kommen trotzdem nicht an die Idee eines<br />
personalisierten Schokoladengrusses<br />
heran, welcher als Marketingtool einsetzbar<br />
ist. Das gibt es in der Schweiz<br />
schlicht noch nicht. Grosse Firmen können<br />
meist die Kostenstruktur nicht so<br />
herunterbrechen.<br />
Jedes Jahr werden beispielsweise auf<br />
Marketingmessen wieder neue Marketingtools<br />
angepriesen. Als Unternehmer<br />
verliere ich da schnell den<br />
Überblick. Gibt es verallgemeinerbare<br />
strategische Schritte, wie ich zu einer<br />
passenden Lösung komme?<br />
Alle sollen Chocogreets verwenden …<br />
Klar, dass dies aus Ihrem Munde kommt.<br />
Wir haben tatsächlich selbst schon viel<br />
probiert. Vom Guerilla-Marketing über<br />
Online bis Fernsehwerbung die Marketingtools<br />
abgegrast. Mit einem Flashmob<br />
im Zürcher Oberland haben wir in Uster<br />
Marcom<br />
Der Rohstoff Schokolade kann mit personalisierten<br />
Botschaften versehen werden.<br />
schon einen Busbahnhof lahmgelegt.<br />
Es gibt keine Patentrezepte. Die eigne<br />
Philosophie und die authentischen Inhalte<br />
sollten aber erkennbar sein. Es<br />
darf nicht künstlich oder aufgesetzt<br />
wirken.<br />
Sven Beichler<br />
ist CEO der mySwissChocolate AG.<br />
www.chocogreets.com<br />
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fh-hwz.ch
Marcom<br />
Die zehn Gebote<br />
Nachhaltigen Kundenservice<br />
von Christian Weiten<br />
Ein nachhaltiger Kundenservice steigert das Vertrauen in die Marke sowie Weiterempfehlungen und führt zu schnellerem<br />
Zahlungseingang. Im folgenden Beitrag stellt Christian Weiten, Geschäftsführer von Xucker, seine zehn Gebote<br />
für eine erfolgreiche Kundenservice-Philosophie vor.<br />
mit Kritik im Unternehmen definiert ist –<br />
wie zum Beispiel in der Kommunikation<br />
zum Kunden bei einem Shitstorm.<br />
4. Flexibilität<br />
Nachhaltigkeit in Bezug auf den Kundenservice<br />
heisst nicht, in Umfragen herauszufinden,<br />
was die Kunden möchten und<br />
lediglich seine Werbung darauf auszurichten.<br />
Viel wichtiger ist es, flexibel zu<br />
bleiben: Reflektieren, infrage stellen und<br />
eventuell neu justieren. Soll die Identität<br />
des Unternehmens wirklich an Glaubensbekenntnissen<br />
und Marken hängen?<br />
Viel nachhaltiger ist es doch, sich<br />
darauf einzulassen, dass ein ständiger<br />
Wandel stattfindet, den Kunden und Unternehmen<br />
gemeinsam vollziehen.<br />
Zufriedene Kunden bleiben ihren<br />
Marken treu, empfehlen diese häufiger<br />
weiter und zahlen ihre Rechnungen<br />
wesentlich schneller. Sie identifizieren<br />
sich mit dem Unternehmen, den<br />
Produkten und sorgen somit für Erfolg.<br />
In meinen zehn Geboten für nachhaltigen<br />
Kundenservice skizziere ich die<br />
wichtigsten Punkte:<br />
1. Ganzheitliche Qualität<br />
Der Anspruch an eine besonders hohe<br />
Qualität umfasst nicht nur das Produkt.<br />
Zu ganzheitlicher Kundenorientierung<br />
gehören eine schnelle Bestellabwicklung,<br />
angemessenes Kulanzverhalten, hohe<br />
Erreichbarkeit und Interaktion mit dem<br />
Kunden auf verschiedenen Kanälen. Mittlerweile<br />
nimmt jeder Siebte über Social-<br />
Media-Kanäle Kontakt zum Kundenservice<br />
auf. Unternehmen sollten sich daher<br />
Gedanken über ihre Dialogkanäle machen,<br />
wobei diese natürlich auch bedient<br />
werden müssen. Ein nicht unbedeutender<br />
Teil der Zeit muss darauf verwendet werden,<br />
Kundenanfragen zu beantworten:<br />
Mit gutem Service beim Kunden punkten.<br />
sei es bei Facebook, in E-Mails oder auch<br />
längeren Telefongesprächen.<br />
2. Ehrlichkeit<br />
Zusätzlich zu vollständigen Produktinformationen<br />
gehören auch besondere<br />
Bestellbedingungen oder Ähnliches,<br />
auf die ein Kunde hingewiesen werden<br />
muss. So kann er selbst vorab entscheiden,<br />
ob das Produkt für ihn geeignet<br />
ist oder nicht, und es kommt nicht zu<br />
schlechten Bewertungen aufgrund von<br />
nicht erfüllten Erwartungen.<br />
3. Kritikfähigkeit<br />
Die Kunden geben wichtige Anregungen,<br />
stellen kritische Fragen und bestehen<br />
zum Beispiel auf den Verzicht von<br />
Zusatzstoffen, die nur optischen Verbesserungen<br />
und nicht dem Geschmack<br />
dienen, also auch weggelassen werden<br />
könnten. So werden mithilfe der Kunden<br />
die Produkte noch ehrlicher, reiner und<br />
am Ende auch in Bezug auf die Umwelt<br />
nachhaltiger. Kritikfähigkeit impliziert<br />
aber auch, dass ein konkreter Umgang<br />
5. Motivation im<br />
Unternehmen/der Mitarbeiter<br />
Motivierte Mitarbeiter haben eine Strahlwirkung<br />
auf den Kunden. Wenn das gesamte<br />
Unternehmen gemeinsame Ziele<br />
verfolgt, dann können diese auch viel<br />
besser nach aussen transportiert werden.<br />
Dies ist ein Marketing-Kanal, der<br />
sich verselbstständigen wird und komplett<br />
gratis ist. Schon beim Lächeln im<br />
Kundentelefonat spürt das Gegenüber<br />
die positive Energie.<br />
6. Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
Das Preis-Leistungs-Verhältnis der Produkte<br />
muss ausgewogen sein. Sobald<br />
Kunden das Verhältnis von Geben und<br />
Nehmen als unausgewogen empfinden,<br />
werden sie enttäuscht sein. Warum ist<br />
das nachhaltig? So wie in den Kreisläufen<br />
der Natur, ist es für Hersteller und<br />
Händler riskant, mehr zu nehmen als zu<br />
geben. Ist der Kunde jedoch zufrieden,<br />
dann wird er das Unternehmen auch<br />
weiterempfehlen.<br />
7. Bedürfnisse kennen<br />
Den Bedarf des Kunden erfüllen beziehungsweise<br />
mit den verkauften Produkten<br />
den gewünschten Nutzen bringen,<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 48
sollte schon bei der Unternehmensgründung<br />
oberste Priorität besitzen. Dazu<br />
gehört es natürlich, den Kunden bestmöglich<br />
zu kennen: seine Gewohnheiten,<br />
seine Ängste, seine Freuden.<br />
8. Transparenz<br />
Wenn der Kunde das Gefühl hat, Teil des<br />
Unternehmens zu sein und Arbeitsprozesse<br />
für ihn verständlich sind, dann fühlt<br />
er sich gleichwertig. Warum sollte der<br />
Kunde nicht zum Beispiel mal eine Führung<br />
durch das Unternehmen machen<br />
dürfen? Es gibt nichts zu verheimlichen.<br />
Es ist ausserdem bekannt, dass Kunden<br />
höhere Preise für Produkte bei transparenten<br />
Prozessen eher annehmen, da sie<br />
so leichter nachvollziehbar sind.<br />
9. Risikobereitschaft<br />
Es ist durchaus sinnvoll, auch mal kostenlose<br />
Proben zu versenden oder den<br />
Kunden anderweitig die Möglichkeit zu<br />
geben, ein Produkt zu testen. Die Ausgaben<br />
erhöhen sich dadurch zwar kurzzeitig,<br />
aber bei einem guten Produkt<br />
kommt der Kunde sicher zurück. Weiterhin<br />
lohnt sich eine gewisse Risikobereitschaft<br />
auch in Bezug auf neue<br />
Produkte oder Marketingaktionen –<br />
wer auffällt, erreicht mehr potenzielle<br />
Kunden.<br />
10. Authentizität<br />
So abgedroschen der Begriff klingt,<br />
so wahr bleibt er. Sowohl in Sachen<br />
Leadership als auch im Kundenservice<br />
ist Authentizität ein klarer<br />
Erfolgsfaktor. Wer komplett hinter<br />
dem steht, was er tut, wird ernster<br />
genommen und bekommt mehr<br />
Vertrauen entgegengebracht. Und<br />
Vertrauen ist es, worum es letztlich<br />
bei nachhaltigem Kundenservice<br />
geht.<br />
Unternehmensporträt<br />
Marcom<br />
Xucker – eine Kombination aus<br />
den Worten Xylit und Zucker –<br />
bietet eine gesunde und leckere<br />
Alternative zu Zucker. Mit der<br />
grössten Auswahl von Xylit- und<br />
Erythritprodukten setzt Xucker auf<br />
Spass, Lifestyle und Qualität.<br />
Die natürlichen Zuckeralternativen<br />
ersetzen den normalen Haushaltszucker<br />
und helfen damit, Karies<br />
zu stoppen, abzunehmen und<br />
Süsses ohne Reue zu geniessen.<br />
ist CEO & Founder, Autodidakt und Ernährungsexperte<br />
von Xucker.<br />
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Christian Weiten
Marcom<br />
Auf die Plätze, fertig, los!<br />
Präsentationen im Handumdrehen planen<br />
von Dr. Gudrun Fey<br />
Kurzfristig eine Präsentation planen und halten – vor dieser Herausforderung stehen auch Führungskräfte immer<br />
wieder – meist auch noch unerwartet. Im folgenden Beitrag gibt eine Expertin Tipps, wie Sie im Handumdrehen eine<br />
überzeugende Präsentation konzipieren und beim Präsentieren Ihr Ziel erreichen.<br />
Unternehmensverantwortliche stehen<br />
oft vor der Situation, eine Präsentation<br />
vorzubereiten und zu<br />
halten. Fällt Ihnen das leicht? Wenn nein,<br />
dann helfen Ihnen folgende Tipps.<br />
Schritt 1: Das Ziel definieren<br />
Angenommen die Kollegen der Geschäftsleitung<br />
bitten Sie morgens früh<br />
um 8 Uhr, einem Kunden zwei Stunden<br />
später, also um 10 Uhr, einen zehnminütigen<br />
Bericht über den Stand Ihres<br />
Projekts zu geben. Dann sollten Sie sich<br />
zunächst fragen: Was ist mein Anliegen<br />
beziehungsweise Ziel bei der Präsentation?<br />
Zum Beispiel mehr Ressourcen<br />
bekommen? Oder dem Kunden vermitteln<br />
«Alles läuft wie geschmiert»?<br />
Schritt 2: Einen Zwecksatz formulieren<br />
Wenn Sie das Ziel kennen, sollten Sie<br />
dieses in einem «Zwecksatz» formulieren<br />
– zum Beispiel: «Ich möchte erreichen,<br />
dass …» Hierfür benötigen Sie<br />
vielleicht fünf Minuten.<br />
Der Zwecksatz hilft Ihnen, das für<br />
die Präsentation Wichtige zu erkennen.<br />
Das reduziert die Gefahr, dass<br />
Sie sich beim Präsentieren verzetteln<br />
und «vom Hundertstel ins Tausendstel»<br />
kommen. Und weil Sie wissen, was<br />
Sie wollen, können Sie Ihre Präsentation<br />
auch so aufbauen und gestalten,<br />
dass sie überzeugend ist. Das erhöht<br />
die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Ihr Ziel<br />
erreichen.<br />
Angenommen Ihr Projekt «läuft wie geschmiert».<br />
Dann kann es Ihr Anliegen<br />
sein, genau darauf hinzuweisen – mit<br />
dem Ziel, dass Ihr Ansehen bei dem<br />
Kunden steigt. Oder dass dieser die Zügel<br />
lockerer lässt und Sie seltener zum<br />
Rapport bittet. Dann könnte Ihr Zwecksatz<br />
lauten: «Ich möchte Ihnen vermitteln,<br />
dass das Projekt termingerecht<br />
fertig wird und wir den Kostenrahmen<br />
voraussichtlich um zehn Prozent unterschreiten,<br />
weshalb sie …»<br />
Doch Projekte verlaufen selten wie geplant.<br />
Also kann Ihr Zwecksatz auch<br />
lauten: «Ich möchte dem Kunden vermitteln,<br />
dass wir aus den Gründen a,<br />
b und c, um den geplanten Termin zu<br />
halten, noch eine Arbeitskraft benötigen,<br />
und erreichen, dass diese bewilligt<br />
wird.»<br />
Schritt 3: Daten, Fakten<br />
und Argumente sammeln<br />
Wenn der Zwecksatz formuliert ist, beginnt<br />
die Stoffsammlung. Nun tragen<br />
Sie alle für Ihr Anliegen relevanten Daten,<br />
Fakten und Argumente zusammen<br />
und schreiben diese jeweils auf ein<br />
DIN-A7-Kärtchen – noch unsortiert. Das<br />
dürfte zirka 15 Minuten dauern.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 50
Hinweis<br />
Am 15. Juli 2015 führt<br />
study & train in Stuttgart ein<br />
von Dr. Gudrun Fey geleitetes<br />
«Intensiv-Präsentationstraining»<br />
durch. Zudem findet am 10./11.<br />
Juni ein Seminar «Rhetorik mit<br />
Power – Überzeugend auftreten<br />
und reden» mit ihr statt. Dort<br />
wird das Thema «Über-zeugend<br />
präsentieren» ebenfalls erörtert.<br />
Schritt 4: Die Präsentation<br />
zielführend aufbauen<br />
Nach der Stoffsammlung beginnt das<br />
Planen des Aufbaus Ihrer Präsentation.<br />
Das ist sehr einfach. Sie müssen hierfür<br />
nur die Kärtchen in eine Reihenfolge<br />
bringen, die aus Ihrer Warte logisch, psychologisch<br />
geschickt und zielführend ist.<br />
Und was zum Erreichen des Ziels überflüssig<br />
ist? Das lassen Sie einfach weg.<br />
Bewährt hat sich beim Planen des Aufbaus<br />
einer Präsentation die «Problemlösungsformel»:<br />
1. Was ist die aktuelle Situation?<br />
2. Wie sollte die Situation sein?<br />
3. Wie können wir das erreichen?<br />
4. Vorteile und Nutzen der vorgeschlagenen<br />
Lösung<br />
5. Auffordernder Schlusssatz<br />
(zum Beispiel: «Ich halte den<br />
Termin sicher, wenn Sie<br />
uns eine Hilfskraft gewähren.<br />
Deshalb bitte ich Sie ...»)<br />
Für das Ordnen Ihrer Kärtchen gemäss<br />
dieser Gliederung benötigen Sie etwa<br />
zehn bis 15 Minuten.<br />
Schritt 5: Die Präsentation laut üben<br />
Danach sollten Sie Ihre Präsentation anhand<br />
der sortierten Kärtchen laut üben.<br />
Das ist wichtig! Denn beim lauten Sprechen<br />
merken Sie, wo Ihre Präsentation<br />
noch «holpert» und Sie zum Beispiel<br />
noch ein Argument oder einen Übergangssatz<br />
brauchen.<br />
Kalkulieren Sie für das Üben und Überarbeiten<br />
einzelner Passagen Ihrer Präsentation<br />
nochmals zirka 20 Minuten. Erst<br />
danach sollten Sie überlegen: «Brauche<br />
ich zur Visualisierung Powerpoint-Charts,<br />
oder wirkt es überzeugender, wenn ich<br />
mein Anliegen mit Kärtchen, die ich als<br />
Marcom<br />
Spickzettel nutze, frei vortrage – und den<br />
Zuhörern dabei in die Augen schaue?»<br />
Schritt 6: Entspannt einen Tee<br />
oder Kaffee trinken<br />
Wenn Sie für die Präsentation tatsächlich<br />
zwei, drei Charts benötigen, haben<br />
Sie für deren Gestaltung noch ausreichend<br />
Zeit. Denn seit Ihnen die Kollegen<br />
der Geschäftsleitung den Präsentationsauftrag<br />
erteilt haben, ist maximal eine<br />
Stunde vergangen. Also können Sie vor<br />
der Präsentation auch noch relaxt eine<br />
Tasse Tee oder Kaffee trinken.<br />
ist Geschäftsführende Gesellschafterin<br />
des Trainings- und Beratungsunternehmens<br />
study & train, Stuttgart (D).<br />
www.study-train.de<br />
Dr. Gudrun Fey<br />
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Global & Lokal<br />
Pacific Alliance Agreement<br />
Von Handelsabkommen profitieren<br />
von Maria Mülli<br />
<strong>KMU</strong>, die in einen ausländischen Markt vorstossen wollen, sind mit grossen Herausforderungen konfrontiert. Nicht<br />
zuletzt wenn es darum geht, die Vorteile von bilateralen Vereinbarungen oder Freihandelsabkommen (FHA) zu verstehen.<br />
Noch spannender ist es abzuschätzen, wie regionale Abkommen zwischen Staaten ausserhalb der Schweiz<br />
den Verkauf und Vertrieb der Produkte von Schweizer <strong>KMU</strong> in diesen Ländern positiv beeinflussen können. Wir<br />
beleuchten ein Fallbeispiel.<br />
Der folgende Beitrag verdeutlicht<br />
anhand möglicher, praktischer<br />
Beispiele, welche neuen Chancen<br />
sich aus dem Pacific Alliance Agreement<br />
(PA) für Unternehmen, unter anderem<br />
während eines Internationalisierungsprozesses,<br />
ergeben können. Ziel<br />
des Artikels ist es, neue Einblicke zu<br />
geben, um das Interesse an der stark<br />
wachsenden Region Lateinamerika (wieder)<br />
zu wecken und in eine Internationalisierungsstrategie<br />
von Unternehmensverantwortlichen<br />
aufzunehmen.<br />
Freihandelsabkommen<br />
als Herausforderung<br />
<strong>KMU</strong>, die ihre Marktentwicklungsstrategien<br />
analysieren, denken nicht notwendigerweise<br />
zuerst an die Chancen von<br />
FHAs. Nicht selten wird überhaupt nicht<br />
an die damit verbundenen Möglichkeiten<br />
gedacht, obwohl deren Berücksichtigung<br />
den Markteintritt vereinfachen kann. So<br />
können unter anderem die Kosten gesenkt<br />
und damit die Produkte mit einem wettbewerbsfähigeren<br />
Preis im internationalen<br />
Markt positioniert werden. Im ersten<br />
Schritt müssen die für die gewünschten<br />
Produkte und Zielmärkte massgebenden<br />
Abkommen identifiziert werden. Danach<br />
gilt es, die entsprechenden Randbedingungen<br />
und Voraussetzungen zu<br />
verstehen. Die Herausforderung einer<br />
sauberen Anwendung eines FHA besteht<br />
darin, die Balance zwischen den Zusatzanforderungen<br />
zur Erfüllung der Vorgaben<br />
aus den Abkommen einerseits und<br />
den realen Vorteilen sowie möglichen<br />
Einsparungen mit einem FHA andererseits<br />
zu halten respektive zugunsten der<br />
Produkte auszutarieren.<br />
Die internationale Rolle der Schweiz<br />
Das Schweizer Aussendepartement arbeitet<br />
ständig an der Implementierung<br />
weiterer Freihandelsabkommen. 2014<br />
wurden nicht nur zwei weitere FHAs<br />
abgeschlossen (Schweiz – China und<br />
EFTA – Zentralamerika mit Costa Rica,<br />
Guatemala und Panama), sondern die<br />
Schweiz hat sich auch als Beobachterin<br />
des Pacific Alliance Agreement in Position<br />
gebracht. Der Besuch von Bundesrat<br />
Schneider-Ammann in einigen der<br />
teilnehmenden Staaten Lateinamerikas<br />
vor zwei Jahren hat wiederholt gezeigt,<br />
dass die Schweiz sich der Chancen und<br />
Vorteile des Handels mit diesen Staaten<br />
sehr wohl bewusst ist.<br />
Chancen für Schweizer <strong>KMU</strong><br />
Es stellt sich natürlich die Frage, warum<br />
gerade kleine Schweizer Unternehmen<br />
sich auch auf lateinamerikanische<br />
Staaten ausrichten sollten. Wie kann ein<br />
Schweizer <strong>KMU</strong> von einem regionalen<br />
Abkommen wie dem Pacific Alliance Agreement<br />
(PA) profitieren? Wie können die<br />
Verantwortlichen diese Vereinbarung in<br />
ihre Internationalisierungsstrategie implementieren?<br />
Der folgende Informationskasten zeigt<br />
zusammenfassend die wichtigsten Fakten<br />
zum PA und verdeutlicht einige wichtige<br />
Punkte, warum es sich lohnt, mehr<br />
als einen Blick auf diese Märkte zu<br />
werfen.<br />
Nachfolgende Beispiele zeigen, wie<br />
Schweizer <strong>KMU</strong> vom PA profitieren kön-<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 52
Global & Lokal<br />
Übersicht zur Pacific Alliance<br />
> Mitgliedstaaten: Chile,<br />
Kolumbien, Mexiko und Peru<br />
(Mitgliedkandidaten sind<br />
Costa Rica und Panama)<br />
> Unterzeichnet am 28. April 2011,<br />
in Kraft seit Mai 2013.<br />
> Die Pacific Alliance umfasst<br />
den achtgrössten Wirtschaftsraum<br />
und repräsentiert die siebtgrösste<br />
Exporteinheit weltweit.<br />
> In den vier bisherigen<br />
Mitglied staaten leben rund 212<br />
Millionen Menschen mit einem<br />
durchschnittlichen GDP von<br />
USD 10’000. Die Bevölkerung ist<br />
mehrheitlich jung und verfügt über<br />
gut ausgebildete Arbeits kräfte.<br />
Zusätzlich ist es ein sehr attraktiver<br />
Markt mit stetig wachsender<br />
Kaufkraft.<br />
> Als Produzenten haben<br />
die Pacific-Alliance-Mitglieder<br />
wettbewerbsfähige Vorteile in<br />
den folgenden Industrien: Bergbau,<br />
Waldwirtschaft, Energiesektor,<br />
Landwirtschaft, Autobau,<br />
Fischindustrie und industrielle<br />
Produktion im Allgemeinen.<br />
> Die Hauptabsichten des<br />
Abkommens umfassen<br />
wirtschaftliche Integration,<br />
schrittweise Ermöglichung des<br />
freien Güterverkehrs sowie von<br />
Dienstleistungen, Kapital und<br />
nicht zuletzt Arbeitskräften.<br />
> Die Vereinbarung strebt<br />
danach, das Wachstum, die Entwicklung<br />
und die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der teilnehmenden Staaten<br />
zu fördern, um eine Wirtschaftsund<br />
Handelspartnerschaft zu<br />
generieren, die international einen<br />
starken Marktteilnehmer darstellt<br />
und insbesondere in der Asien-<br />
Pazifik-Region zu bestehen vermag.<br />
> Euromonitor International hat<br />
die PA-Mitglieder unter den 20<br />
Non-BRIC-(Brasilien, Russland,<br />
Indien und China)-Entwicklungsmärkten<br />
was Konsumgüter betrifft<br />
hervorgehoben. Mexico City und<br />
Santiago übertreffen sogar São<br />
Paulo, Shanghai und Mumbai bezüglich<br />
Haushaltseinkommen und Anteil<br />
an Haushalten mit einem jährlichen<br />
Einkommen über USD 10’000.<br />
nen, ohne dass die Schweiz selbst Mitglied<br />
ist. Wir empfehlen allen Firmen,<br />
die sich mit der Internationalisierung ihres<br />
Unternehmens auseinandersetzen,<br />
diese allfälligen Vorteile zu berücksichtigen.<br />
Gleiches gilt natürlich für Firmen,<br />
die bereits mit einem der Mitgliedstaaten<br />
geschäftlich verbunden sind.<br />
Bereiche, in denen auch kleine Unternehmen<br />
profitieren können:<br />
1 Marktzugang<br />
Zwischen den vier Ländern sind gemäss<br />
entsprechendem Vertrag 92 Prozent der<br />
Produkte mit Präferenzzollsatz mit Inkraftsetzung<br />
dieses Abkommens zollbefreit.<br />
Die restlichen Zollsätze werden mit wenigen<br />
Ausnahmen in den nächsten Jahren<br />
schrittweise ebenfalls verschwinden.<br />
Beispiel 1: Nehmen wir eine Schweizer<br />
Firma, die in Mexiko Kaffeemaschinen<br />
herstellt. Diese strategische Position erlaubt<br />
es der Unternehmung, mit den Vorteilen<br />
des NAFTA-Abkommens in den<br />
Markt der USA einzudringen. Mit dem<br />
PA können diese Produkte nun auch<br />
ohne Zollabgaben in Chile, Peru oder<br />
Kolumbien kommerzialisiert werden.<br />
Beispiel 2: Sie sind eine Schweizer Firma,<br />
die Federn für die grosse, mexikanische<br />
Automobilindustrie exportiert. Ihre Produkte<br />
werden aber auch in Kolumbien<br />
in der Zulieferung nachgefragt. Ihre<br />
kürzlich durchgeführte Analyse zeigte,<br />
dass der Aufwand, um den kolumbianischen<br />
Markt zu bedienen, in Gegenüberstellung<br />
zum möglichen Profit in<br />
einem schlechten Verhältnis steht. Ihre<br />
Firmenstrategie sieht aber vor, den lokalen<br />
Umsatz zu steigern. Das PA erlaubt<br />
nun, über den Erstexport nach Mexiko<br />
auch die anderen Mitgliedstaaten auf<br />
Basis des PA zu bedienen. Dies ermöglicht<br />
auf einfachste Weise, den Marktzugang<br />
in den Mitgliedstaaten zu erhöhen<br />
und damit den entsprechenden Umsatz<br />
zu steigern.<br />
2 Ursprungskumulierung und<br />
gemeinsame Ursprungsregeln<br />
Präferenzzölle können nur mit einem<br />
offiziellen Ursprungszertifikat erwartet<br />
werden. Das PA erlaubt innerhalb der<br />
Unterzeichnungsstaaten die Verwendung<br />
von Produkteanteilen aus den verschiedenen<br />
Staaten zur Erfüllung der<br />
Ursprungsregeln. Damit erhöhen sich<br />
die Anzahl möglicher Lieferanten und<br />
damit auch der Wettbewerb zwischen<br />
diesen. Das bedeutet, dass aus den vier<br />
Mitgliedstaaten stammendes Rohmaterial<br />
kumuliert werden darf, um ein regionales<br />
Ursprungszertfikat zu erhalten.<br />
Balance zwischen Anforderungen einerseits und den realen Vorteilen eines Freihandelsabkommens<br />
andererseits halten. Hier im Hafen von Valparaiso (Chile).<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 53
Global & Lokal<br />
Weiter wird die Einführung einer gemeinsamen,<br />
allgemeinen Ursprungsbezeichnung<br />
«Certificado de Origen-Alianza<br />
del Pacífico» angestrebt. Diese soll als<br />
COE (basierend auf den spanischen Initialbuchstaben)<br />
auch elektronisch zur<br />
Verfügung stehen. Das Gesamte soll<br />
ähnlich des EFTA-Systems in Europa<br />
sein und helfen, die Prozesse zu vereinfachen<br />
und damit Kosten zu sparen.<br />
Beispiel 1: Zur Herstellung der Kaffeemaschinen<br />
in Mexiko kauft Ihre Firma<br />
zurzeit Kunststoffdeckel in Chile und Bestandteile<br />
aus Aluminium in Peru ein.<br />
Das Produkt kann nun ein regionales<br />
Ursprungszertifikat erhalten.<br />
Beispiel 2: Eine Schweizer Firma produziert<br />
in Peru und Chile. Um die entsprechenden<br />
Ursprungszertifikate zu erhalten,<br />
muss das Unternehmen mit zwei<br />
unterschiedlichen Stellen verhandeln. Sie<br />
braucht für beide Prozesse lokale Unterstützung,<br />
um möglichst rasch die Dokumente<br />
zu erhalten. Zukünftig kann eine<br />
Stelle mit einem Formular die Ursprungszertifikate<br />
elektronisch übermitteln.<br />
Im Allgemeinen strebt das Abkommen<br />
die Vereinfachung des Handels über Kooperation<br />
der lokalen Zollbehörden an.<br />
Zurzeit ist eine Serie von Vereinbarungen<br />
zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung<br />
von Zollprozessen am Laufen.<br />
Dies führt beispielsweise zu folgenden<br />
Resultaten: grössere Agilität beim Versand<br />
von Gütern, erhöhte Automatisierung<br />
von Prozessen, bessere Verfügbarkeit<br />
von Informationen in Datenbanken,<br />
fortschreitende Reduktion von Papierdokumenten<br />
und Erweiterung der Interoperabilität<br />
von One-Stop-Zentren.<br />
Ein grosses Projekt ist die Schaffung<br />
von VUCE, der spanischen Abkürzung<br />
für «Ventanilla Unica de Comercio Exterior».<br />
VUCE wird ein One-Stop-Shop-<br />
Tool sein, welches dem Zusammenspiel<br />
zwischen den einzelnen Ländern bezüglich<br />
gegenseitiger, abkommenskonformer<br />
Anerkennung offizieller Dokumente<br />
dienen wird. Zu detaillierten Inhalten besteht<br />
bereits Einigkeit. Diese sind sehr<br />
genau im offiziellen Dokument «Protocolo<br />
Adicional al acuerdo de la Alianza<br />
del Pacífico» niedergeschrieben.<br />
Trotzdem wurde noch nicht zu allen Ideen<br />
und Vorschlägen Einigkeit gefunden, oder<br />
sie wurden noch nicht eingeführt. In der<br />
Folge kann nicht ausgeschlossen werden,<br />
dass die konkrete Umsetzung der bis anhin<br />
beschriebenen Beispiele noch nicht<br />
vollständig möglich sein könnte.<br />
Ein Ausblick<br />
Der Blick auf den Handel mit Asien ist<br />
der Hauptmotivator des PA. Im Vergleich<br />
zu anderen Handelsabkommen ist das<br />
PA eine noch junge Vereinbarung, die in<br />
Zukunft noch weitere, starke Staaten integrieren<br />
möchte. Der allfällige Zusammenschluss<br />
mit dem Trans-Pacific-Partnership-Abkommen,<br />
kurz TPP, in welchem<br />
Chile, Peru und Kolumbien zusammen<br />
mit den USA, Kanada, Australien, Neuseeland,<br />
Brunei, Malaysia, Singapur und<br />
Vietnam vereint sind, könnte zu einem<br />
grossen Zusammenschluss und zu einem<br />
Pazifik-Freihandelsabkommen führen.<br />
Während der ersten beiden Jahre seit<br />
der Unterzeichnung des PA konnte das<br />
Abkommen 32 Beobachter-Staaten anziehen,<br />
darunter auch die Schweiz. Die<br />
Möglichkeit, dass sich weitere Staaten<br />
wie Panama dem Abkommen anschliessen,<br />
erhöht die Möglichkeiten des Handels<br />
in der Region. Der strategische Nutzen<br />
der Colon-Free-Trade-Zone oder<br />
der Eröffnung der Panamakanal-Erweiterung<br />
2016, welche deutlich grösseren<br />
Schiffen den Transit erlauben wird, kann<br />
nicht hoch genug gewertet werden.<br />
Maria Mülli<br />
schlägt Business-Brücken zwischen<br />
Mexico, Mittel- und Südamerika und der<br />
Schweiz und ist Inhaberin und General<br />
Manager von Latam Business Network.<br />
www.latambusinessnetwork.ch<br />
www.alianzapacifico.net<br />
Produkte können nun auch ohne Hürden wie Zollabgaben in Chile, Peru oder Kolumbien und Mexiko vertrieben werden.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 54
Marcom<br />
Emerging Markets<br />
Chance und Herausforderung für Schweizer <strong>KMU</strong><br />
von Patrick Jäger<br />
Gesättigte Märkte und Frankenstärke – exportorientierte Schweizer <strong>KMU</strong> müssen sich in letzter Zeit zunehmend<br />
nach neuen Absatzmärkten umsehen. Die Emerging Markets bieten in dieser Hinsicht viel Potenzial. Daher sind sie<br />
auch Themen von wichtigen Events wie dem letzten Aussenwirtschaftsforum der Schweiz. Um allerdings erfolgreich<br />
in einem fremden Markt Fuss zu fassen, sind viel spezialisiertes Know-how und Erfahrung gefragt. Es lohnt sich<br />
deshalb, beim Import von und Export nach Schwellenländern auf einen starken Logistikpartner zu setzen, der sich<br />
mit den Zollbestimmungen im Zielland auskennt und dort auch gut aufgestellt ist.<br />
Viele traditionelle Exportmärkte<br />
sind heute grösstenteils gesättigt<br />
und weisen nur noch geringe<br />
Wachstumsraten auf. Das schränkt auch<br />
die Wachstumsmöglichkeiten von exportorientierten<br />
Schweizer <strong>KMU</strong> ein.<br />
Erschwerend hinzu kommt die zunehmende<br />
Frankenstärke – dieser Trend<br />
hat sich seit der Aufhebung der Wechselkursuntergrenze<br />
zum Euro im Januar<br />
2015 noch akzentuiert. Schweizer Unternehmen,<br />
die vom Export leben, sind<br />
deshalb dringend auf neue Absatzmärkte<br />
angewiesen.<br />
Ein Trend kommt den Unternehmen<br />
dabei entgegen: In vielen Emerging<br />
Markets – und das gilt nicht nur für die<br />
sogenannten BRICS-Staaten Brasilien,<br />
Russland, Indien, China und Südafrika –<br />
hat sich in den vergangenen Jahren eine<br />
konsumfreudige Mittelschicht entwickelt.<br />
Vielfach kann dabei die eigene Industrie<br />
die Bedürfnisse dieser neuen Mittelschicht<br />
noch nicht abdecken. Das ist<br />
auch eine Chance für exportorientierte<br />
Schweizer <strong>KMU</strong>. Dabei gilt es zwischen<br />
den verschiedenen Schwellenländern zu<br />
differenzieren und jene Märkte zu identifizieren,<br />
die aus Sicht des jeweiligen<br />
Unternehmens am vielversprechendsten<br />
sind. Denn oft sind es gerade nicht<br />
die offensichtlichen Schwellenländer, die<br />
aus wirtschaftlicher Perspektive am attraktivsten<br />
sind.<br />
Angeschlagenes Russland<br />
So ist etwa Russland zwar ein riesiger<br />
Markt, der zudem in vielen Bereichen einen<br />
erheblichen Aufholbedarf aufweist.<br />
Insofern wäre das Land eigentlich prädestiniert<br />
als attraktiver Exportmarkt.<br />
Aufgrund der Ukraine-Krise müssen Unternehmen<br />
bei Exporten nach Russland<br />
derzeit allerdings die gegen das Land<br />
verhängten Sanktionen berücksichtigen.<br />
Verboten ist unter anderem die Ausfuhr<br />
von sogenannten Dual-Use-Gütern, Waren<br />
also, die sowohl zu militärischen wie<br />
auch zu friedlichen Zwecken verwendet<br />
werden können. Was sich zunächst einfach<br />
anhört, entpuppt sich bei näherer<br />
Betrachtung als komplexe Aufgabe. Ist<br />
eine Röntgenröhre ein Dual-Use-Gegenstand?<br />
Ein Maschinenbauteil? Ein pharmazeutisches<br />
Produkt?<br />
Viele Unternehmen schrecken vor solchen<br />
Schwierigkeiten zurück und vermeiden<br />
Geschäfte mit entsprechenden<br />
Ländern – zu Recht, denn die<br />
Konsequenzen einer Nichtbeachtung<br />
von Sanktionen oder Vorschriften sind<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 56
Global & Lokal<br />
Indien ist ein spannender Markt,<br />
aber mit immer noch vielen Hürden.<br />
Über den Agility<br />
Emerging Markets Index<br />
Der Agility Emerging Markets<br />
Index ist eine jährlich erscheinende<br />
schnell Studie, mit die hohen anhand Kosten von öffentlich verbunden.<br />
Aber zugänglichen nicht nur Wirtschafts- Unternehmen, und die nach<br />
Russland Handelsdaten, exportieren, sozialen leiden Indikatoren unter<br />
den und Handelsbeschränkungen. weiteren Informationen Für das<br />
Land 45 Schwellenländer selber sind die westlichen in einem Sanktionen<br />
Ranking im auflistet. Zusammenhang Dabei werden mit der Ukraine-Krise<br />
Regionen, Länder nicht minder und Branchen schmerzhaft:<br />
Gemäss auf Wachstumschancen dem Agility Emerging und Markets Risiko<br />
Index, geprüft. einer Die jährlich Studie erscheinenden stützt sich Studie<br />
dabei zur auf Entwicklung Daten des der IMF, Schwellenländer<br />
im Weltbank Bereich sowie der Logistik, diverser sind weiterer mehr als<br />
75 nationaler Prozent der und weltweit multinationaler befragten Logistikdienstleister<br />
Organisationen. pessimistisch, Zudem wird was eigens die<br />
Entwicklung für den Index der alljährlich Importe eine und Exporte<br />
angeht. Befragung Erstmals unter ist mehr Russland als im Index<br />
denn 800 Logistikexperten auch unter den 20 Ländern weltweit mit den<br />
schlechtesten durchgeführt. Aussichten für die nähere<br />
Zukunft aufgelistet.<br />
Aufsteiger Pakistan<br />
Auch Brasilien ist nicht mehr das Eldorado,<br />
als das es noch vor Kurzem galt.<br />
Das Land ist geprägt von Stagnation<br />
aufgrund hoher Steuern, weit verbreiteter<br />
Bürokratie, vergleichsweise teurer<br />
Lohnkosten, steigender Inflation und einem<br />
chronischen Mangel bei der Infrastruktur.<br />
Darunter hat zuletzt auch die<br />
politische Stabilität des Landes gelitten,<br />
was sich ebenfalls negativ auf die Wirtschaft<br />
auswirkt.<br />
Es überrascht deshalb kaum, dass<br />
Russland und Brasilien im Index 2014<br />
vergleichsweise schlecht abschnitten.<br />
Weit ungewöhnlicher liest sich dagegen<br />
die Liste jener Länder, die als Aufsteiger<br />
des Jahres aufgeführt werden: Die<br />
Plätze eins bis fünf werden von Pakistan,<br />
Kolumbien, Algerien, Bangladesch<br />
und den Philippinen belegt. Gerade Pakistan<br />
dürfte auch für viele Kenner der<br />
Logistikbranche eine Überraschung<br />
sein, ist das Land bei uns doch vorrangig<br />
wegen Terroranschlägen und anderer<br />
Probleme in den Medien. Grund<br />
für die positive Beurteilung des Landes<br />
sind unter anderem die massive Verbesserung<br />
der Energieversorgung im<br />
vergangenen Jahr sowie eine Stärkung<br />
der verarbeitenden Industrie und des<br />
Dienstleistungssektors seit den letzten<br />
nationalen Wahlen. Damit wird das<br />
Land auch für international tätige Unternehmen<br />
attraktiver – sei es beim Import<br />
oder beim Export. Zum Beispiel für<br />
Schweizer <strong>KMU</strong>, die auf der Suche nach<br />
neuen Absatzmärkten sind.<br />
Starker Partner ist gefragt<br />
Das ist allerdings leichter gesagt als<br />
getan. Denn oft sehen sich Unternehmen<br />
– gerade in Schwellenländern –<br />
mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert.<br />
So verfügt etwa der indische<br />
Markt zwar über ein riesiges Potenzial.<br />
Um sich dieses zu erschliessen, muss<br />
man aber erst einmal Fuss fassen. Hohe<br />
bürokratische Hürden machen dies alles<br />
andere als leicht. Kommt hinzu, dass die<br />
indische Mentalität sehr stark von der<br />
westlichen differiert, was sich ebenfalls<br />
erschwerend auf die Geschäftstätigkeit<br />
mit indischen Partnern auswirkt. Ähnliches<br />
gilt für viele Emerging Markets.<br />
Das heisst keineswegs, dass man einen<br />
Geschäftseintritt in Schwellenländer<br />
abschreiben sollte. Aber Schweizer<br />
<strong>KMU</strong>, die in Emerging Markets exportieren<br />
– oder von solchen Waren beziehen<br />
– möchten, tun gut daran, einen<br />
entsprechenden Schritt sorgfältig vorzubereiten.<br />
Dazu gehört nicht zuletzt<br />
die Wahl des Logistikpartners. Es ist<br />
von Vorteil, wenn dieser sich im Zielland<br />
bestens auskennt und dort zudem<br />
über eine starke Präsenz verfügt. Damit<br />
lässt sich nicht nur die Zollabfertigung<br />
vereinfachen, sondern das Unternehmen<br />
hat auch die Gewissheit, sich stets<br />
an sämtliche Vorschriften und Auflagen<br />
des Gastlandes zu halten. Damit steigen<br />
letztlich auch die Erfolgsaussichten eines<br />
langfristigen geschäftlichen Engagements<br />
in einem Schwellenland.<br />
ist Managing Director von Agility Area<br />
Western Europe.<br />
www.agility.com<br />
Patrick Jäger<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 57
Marcom<br />
Neue Chancen für den alten Player<br />
Die USA als Wachstumsmotor für die Welt?<br />
von Guido Baldi<br />
Oft wurde der US-Wirtschaft schon der Absturz vorhergesagt – zuletzt nach der Finanzkrise im Jahr 2008. Doch<br />
die Vereinigten Staaten schaffen es durch Flexibilität und Innovationen immer wieder, sich rasch von einer Krise zu<br />
erholen. So befindet sich die US-Wirtschaft momentan im Vergleich zu anderen entwickelten Volkswirtschaften in<br />
einem beneidenswerten Zustand.<br />
Auch wenn sich im ersten Halbjahr<br />
2015 eine vorübergehende<br />
Wachstumsverlangsamung abzeichnet,<br />
deutet doch einiges darauf<br />
hin, dass die USA in den kommenden<br />
Jahren zu einem wichtigen Wachstumsmotor<br />
für die Welt werden. Zusammen<br />
mit der Aufwertung des Dollars bietet<br />
die wachsende Investitionsbereitschaft<br />
der US-Unternehmen grosse Chancen<br />
für Schweizer Exportfirmen. Allerdings<br />
hängt die künftige Entwicklung der US-<br />
Wirtschaft stark davon ab, ob im Zuge<br />
der Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt<br />
auch die Einkommen der amerikanischen<br />
Haushalte kräftiger zulegen als<br />
in den vergangenen Jahren.<br />
Die USA sind deutlich besser durch die<br />
Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen<br />
als viele Länder in Europa. In den<br />
Vereinigten Staaten hat die Wirtschaft<br />
seit Ende 2008 real um mehr als elf<br />
Prozent zugelegt und dürfte auch 2015<br />
nach einem schwachen Auftaktquartal<br />
mit einer Rate zwischen zwei und<br />
drei Prozent wachsen. Die EU hingegen<br />
wird voraussichtlich erst im laufenden<br />
Jahr wieder ein höheres Bruttoinlandprodukt<br />
als vor der Krise aufweisen. Die<br />
vergleichsweise robuste wirtschaftliche<br />
Entwicklung der Vereinigten Staaten<br />
lässt sich auch daran ablesen, dass Unternehmen<br />
in den USA optimistischer in<br />
die Zukunft blicken und kräftiger investieren<br />
als jene in Europa. Die Investitionen<br />
waren auf der anderen Seite des<br />
Atlantiks im vergangenen Jahr real um<br />
fast 18 Prozent höher als im Jahr 2008,<br />
während sie sowohl in der EU als auch<br />
im Euroraum erst 2014 wieder dasselbe<br />
Niveau wie vor der Finanzkrise erreicht<br />
haben. Bei der Infrastruktur besteht allerdings<br />
in den USA wie in vielen anderen<br />
Ländern ein Nachholbedarf.<br />
Chancen für die Schweiz<br />
Die Schweizer Exportstruktur kommt<br />
dem Bedarf von US-Unternehmen beim<br />
Aufbau und der Modernisierung der Produktionskapazitäten<br />
mit qualitativ hochwertigen<br />
Maschinen und Zulieferteilen<br />
entgegen. Ein kräftiger US-Wachstumsmotor<br />
bietet deshalb grosse Chancen<br />
für die Schweizer Exportwirtschaft – insbesondere<br />
für die Maschinenbranche –<br />
und dürfte vor dem Hintergrund des<br />
schwachen Euro und der wenig dynamischen<br />
Entwicklung in Europa einer der<br />
wichtigsten Exportwachstumstreiber<br />
sein. Die wirtschaftliche Stagnation im<br />
Euroraum war ein wichtiger Grund für<br />
die Europäische Zentralbank, im März<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 58
dieses Jahres ein massives Anleihekaufprogramm<br />
zu starten. Demgegenüber<br />
hat die US-Notenbank ihr eigenes<br />
Kaufprogramm im vergangenen Jahr<br />
auslaufen lassen und bereitet nun die<br />
Finanzmärkte auf eine erste vorsichtige<br />
Erhöhung der Leitzinsen vor. Diese weniger<br />
expansive Geldpolitik verringert die<br />
mittlerweile hohen Gefahren von Blasenbildungen<br />
an den Finanzmärkten und<br />
verdeutlicht die gegenwärtig vergleichsweise<br />
günstige Lage der US-Wirtschaft.<br />
Sind die USA somit in den kommenden<br />
Jahren wie so oft in der Vergangenheit<br />
in der Rolle des globalen Wachstumsmotors?<br />
Einiges deutet darauf hin, vor<br />
allem nachdem wichtige Schwellenländer<br />
wie China oder Brasilien an Dynamik<br />
verloren haben. Allerdings ist auch<br />
Vorsicht geboten.<br />
Luft nach oben bei der Nachfrage<br />
Kopfzerbrechen bereiten insbesondere<br />
der Arbeitsmarkt und die Entwicklung<br />
der verfügbaren Einkommen. Zwar<br />
schaffen die US-Unternehmen trotz<br />
einer wohl vorübergehenden Delle im<br />
Frühjahr des laufenden Jahres viele neue<br />
Stellen; im Jahr 2014 wurde das höchste<br />
Beschäftigungswachstum seit 1999<br />
verzeichnet. Die Arbeitslosenquote hat<br />
sich seit 2009 beinahe halbiert und lag<br />
im April des laufenden Jahres noch<br />
bei 5.4 Prozent. Weiterhin ist aber die<br />
Zahl jener hoch, die sich zumindest<br />
vorübergehend aus dem Arbeitsmarkt<br />
zurückgezogen haben – vielfach weil sie<br />
die Hoffnung auf einen Job aufgegeben<br />
haben. Zudem werden häufig schlecht<br />
bezahlte neue Jobs geschaffen – etwa<br />
in der Gastronomie. So haben die verfügbaren<br />
Einkommen in den vergangenen<br />
Jahren nur leicht zugelegt – pro<br />
Kopf beläuft sich der jährliche reale<br />
Zuwachs lediglich auf rund ein Prozent.<br />
Die Brieftasche der grossen Masse<br />
spürt die Fortschnitte auf dem Arbeitsmarkt<br />
also nur wenig. Für eine nachhaltige<br />
Erholung der US-Wirtschaft braucht<br />
es aber deutlichere Zuwächse bei den<br />
Löhnen, was etwa durch mehr gut bezahlte<br />
Stellen in der Industrie oder in anderen<br />
Sektoren mit hoher Produktivität<br />
erreicht werden kann. Nur so können<br />
Global & Lokal<br />
der private Konsum und die bis anhin<br />
schleppende Erholung des Wohnungsbaus<br />
zulegen, ohne dass sich die Verschuldung<br />
der Haushalte wie vor der<br />
Krise dramatisch ausweitet. Mehr Jobs<br />
mit hoher Produktivität und ein stärkerer<br />
Anstieg der Haushaltseinkommen<br />
sind zentral, damit die US-Wirtschaft<br />
weiter kräftig zulegen und ein Motor für<br />
die Weltwirtschaft – und die Schweizer<br />
Exportbranche – sein kann.<br />
Guido Baldi<br />
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des<br />
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung<br />
(DIW Berlin), wo er die US-Wirtschaft<br />
und die weltweite Entwicklung der<br />
Investitionen analysiert. Zudem forscht<br />
er an der Universität Bern und ist Dozent<br />
an der Fernfachhochschule Schweiz.
Software & Hardware<br />
Eine neue Qualität<br />
Industrie 4.0<br />
von Georg Lutz<br />
Industrie 4.0 und D!conomy sind die neuen Trendstichworte, wenn es um die Zukunft der Produktion in unseren<br />
Unternehmen geht. Was verbirgt sich hinter der vierten industriellen Revolution, die wie ihre Vorgängerinnen nicht<br />
nur ganze Branchen, sondern auch Gesellschaften ummodeln wird? Wir geben erste Einblicke.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 60
Maschinen lernen von Maschinen.<br />
Maschinen kommunizieren<br />
untereinander. Das ist die<br />
Zukunftsvision, die schon heute in den<br />
Entwicklungsabteilungen ist und langsam<br />
den Weg in die Praxis nimmt. Softund<br />
Hardware sind nicht mehr Unterstützer<br />
der Produktion, sondern in ihr<br />
integriert. Was heisst dies in der Praxis?<br />
Wenn eine Maschine in Saigon einen<br />
Fehler macht, wird die gleiche Maschine<br />
aus der gleichen Serie in Zürich nicht den<br />
gleichen Fehler machen. Das zweite Beispiel<br />
betrifft die automatische Regulierung<br />
in der Produktion. Wenn die Schokoladen-Produktion<br />
hochgefahren wird,<br />
bestellt die Maschine am Ende der Fertigungskette<br />
zusätzliches Verpackungsmaterial.<br />
So sieht das Big Picture der<br />
Industrie 4.0 aus. Es geht um eine neue<br />
Qualität der Vernetzung und noch mehr<br />
Automatisierung. Auch das selbstfahrende<br />
Auto, dessen Prototypen jetzt<br />
durch die Strassen rollen geht in diese<br />
Richtung.<br />
Da die sogenannte «Smart Factory» Fehler<br />
minimiert, Personal spart und Ressourcen<br />
optimal nutzt, ist sie seit ein<br />
paar Jahren das grosse Thema der Industrie<br />
in den Teppichetagen und den<br />
Entwicklungsabteilungen. Der Prozess<br />
könnte eine neue industrielle Revolution<br />
einleiten. Diesmal geht es nicht mehr um<br />
Dampf und Kohle oder um Chemie und<br />
Elektrizität, sondern um die Verschmelzung<br />
der Produktion mit der IT.<br />
Industrie 4.0 ist so die Basis einer digitalisierten<br />
Wirtschaft. Maximale Geschäftsnutzen<br />
erzielen Unternehmen<br />
durch Smart Services. Sie entstehen,<br />
wenn intelligente und vernetzte Produkte<br />
auch nach dem Verkauf Kontakt<br />
zum Hersteller halten können, sodass<br />
die Wertschöpfungskette rund um die<br />
gefertigte Ware nicht am Fabriktor endet.<br />
Die Hersteller können so das Produkt<br />
über seinen gesamten Lebenszyklus begleiten,<br />
indem sie dem Käufer neue Servicedienste<br />
anbieten, beispielsweise zur<br />
vorausschauenden Wartung.<br />
Software & Hardware<br />
Die Digitalisierungswellen werfen ganze<br />
Branchen und deren Geschäftsmodelle<br />
um. Die Musikindustrie hat den Prozess<br />
bereits hinter sich. CD und Schallplatten<br />
sind heute Nischengeschäfte. Andere<br />
Branchen haben die Umbrüche noch<br />
vor sich. Darauf gilt es sich einzustellen.<br />
Zudem sind die Prozesse zu begleiten.<br />
Wie in früheren industriellen Revolutionen<br />
liegen Potenziale und Ängste dicht<br />
nebeneinander.<br />
Auf den folgenden Seiten geben wir<br />
schon einige Eindrücke, wie sich schon<br />
heute die Produktion verändert hat.<br />
Georg Lutz<br />
ist Chefredaktor von kmu <strong>RUNDSCHAU</strong>.<br />
KOSTENLOSE REGISTRIERUNG<br />
www.automation-electronics.ch<br />
Einladungs-Code: 5630<br />
MESSE ZÜRICH<br />
24. – 25. Juni 2015
Agieren statt reagieren<br />
Industrie 4.0 in den Unternehmenswelten<br />
Interview mit Michael Juhas von Georg Lutz<br />
Der Wandel ist spürbar und wird auf vielen Panels beschworen. Industrie 4.0 ist eine Herausforderung. Nur, wie wird<br />
sie in der betrieblichen Praxis umgesetzt? Wir sprachen mit einem Unternehmensverantwortlichen, Michael Juhas,<br />
in dessen Hause genau dies passiert.<br />
Digitalisierung der Industrie steht auf<br />
der Tagesordnung. So verschmelzen<br />
Produktionsprozesse und IT. Sind das<br />
für Sie eher Weiterentwicklungen von<br />
Tendenzen der letzten Jahre oder tatsächlich<br />
Trends, die in Richtung einer erneuten<br />
industriellen Revolution gehen?<br />
Beides. Die Entwicklung hin zur Digitalisierung<br />
gibt es natürlich schon einige<br />
Jahre, insofern ist das nichts Neues.<br />
Neu sind allerdings die nun vorhandenen<br />
Möglichkeiten der Nutzung, die sich<br />
erst dadurch ergeben, dass die Schnelligkeit<br />
der Datenübertragung und der<br />
Speicherfähigkeiten von Daten immens<br />
zugenommen hat. Konzepte gab es in<br />
der Vergangenheit schon, umsetzbar<br />
sind sie erst jetzt, nachdem mithilfe der<br />
IT die entsprechenden Lösungen verwirklicht<br />
werden können.<br />
Welche neuen Qualitäten hat das auf<br />
betriebswirtschaftlicher Ebene?<br />
Vernetzte Systeme vorausschauender<br />
Instandhaltung können sowohl ungeplanten<br />
kostspieligen Stillstand vermeiden<br />
als auch Wartungs- und Instandhaltungskosten<br />
dank besserer Planbarkeit<br />
minimieren. Weiter ermöglicht die laufende<br />
Erfassung aller Betriebsdaten und<br />
Energieverbrauchswerte, die Energieeffizienz<br />
der gesamten Druckluftversorgung<br />
kontinuierlich zu optimieren und<br />
somit die Betriebskosten stetig zu reduzieren.<br />
Diese ständige Optimierung<br />
schlägt sich auf betriebswirtschaftlicher<br />
Ebene somit mit tieferen Betriebskosten<br />
nieder.<br />
Wie sehen Sie diese Herausforderung<br />
in Ihrem Hause?<br />
Kaeser Kompressoren ist von jeher ein<br />
innovatives Unternehmen, das als Technologieführer<br />
im Bereich Drucklufttechnik<br />
schon immer auf konstante Weiterund<br />
Neuentwicklung sowie Optimierung<br />
setzt. Wir sind daher in jeder Hinsicht<br />
sehr gut aufgestellt, treiben die Entwicklung<br />
aktiv voran und haben bereits in<br />
grossem Umfang in die entsprechenden<br />
Bereiche investiert. Auch anstehende<br />
und künftige Herausforderungen werden<br />
wir zuverlässig, effizient und qualitativ<br />
hochwertig meistern – ganz wie es der<br />
Firmenphilosophie entspricht.<br />
Und wie kann ich mir das praktisch<br />
vorstellen?<br />
Industrie 4.0 ist bei uns keine leere theoretische<br />
Hülle und kein Zukunftsprojekt,<br />
sondern es ist bereits mit praktischem<br />
Leben gefüllt. Kaeser bietet schon heute<br />
Produkte, Dienstleistungen und Services<br />
über den gesamten Life-Cycle der<br />
Druckluftversorgung an, die dieses Konzept<br />
zur Grundlage haben. Natürlich gibt<br />
es auch hier noch viel Potenzial, das<br />
sich ausschöpfen lässt. Aber die ersten<br />
Schritte sind bereits umgesetzt.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 62
Software & Hardware<br />
Gerne würde ich noch zwei Punkte<br />
ansprechen. Der erste betrifft den<br />
Sicherheitsaspekt. Im Consumer-<br />
Bereich kommt das Thema «Internet<br />
der Dinge» auf uns zu. Im Businessbereich<br />
haben wir es schon jetzt mit<br />
einem Wettrüsten zwischen Maleware-Anbietern<br />
und Schutzanbietern<br />
zu tun. Das wird sich mit der neuen<br />
Entwicklung sicher noch verstärken.<br />
Wie schützen Sie Ihre Daten, die<br />
am Weltmarkt sicher von Interesse<br />
sind?<br />
Sicherheit spielt natürlich eine grosse<br />
Rolle. Sowohl für Kunden als auch für<br />
uns als Anbieter und Dienstleister. Um<br />
höchstmögliche Sicherheit der Daten zu<br />
gewährleisten, ist Kaeser auch hier eigene<br />
Wege gegangen und hat ein eigenes,<br />
in sich geschlossenes Netzwerk<br />
entwickelt, das sogenannte Kaeser Network,<br />
das die Druckluftstation in sich<br />
abriegelt und unseren Kunden höchstmögliche<br />
Datensicherheit bietet.<br />
Qualifikation der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter ist das zweite wichtige<br />
Stichwort. Wo sehen Sie hier die<br />
Herausforderungen, und wie sehen<br />
die praktischen Lösungen aus?<br />
Die gesamte Wertschöpfungskette, von der Drucklufterzeugung bis zur Produktion,<br />
ist von Industrie 4.0 betroffen.<br />
Es geht folglich nicht nur um neue<br />
technologische Standards oder Werkzeuge,<br />
sondern die Wertschöpfung<br />
findet immer mehr im Software-Bereich<br />
statt?<br />
Software spielt beim Thema Digitalisierung<br />
zwangsläufig eine Rolle. Erst durch<br />
die Weiterentwicklungen in der IT werden<br />
Konzepte wie Industrie 4.0 überhaupt<br />
erst realisierbar. Auch Kaeser hat<br />
in diesem Bereich stark investiert. Zuerst<br />
müssen aber die Produkte selbst<br />
entsprechend weiterentwickelt werden.<br />
Software alleine reicht nicht aus. Industrie<br />
4.0 ist ein Gesamtkonzept, das Strategie,<br />
Produkte, Software und Services<br />
verknüpft.<br />
Kaeser arbeiten wir bereits damit. Unsere<br />
neuen Serviceangebote im Bereich<br />
der vorausschauenden Wartung, zum<br />
Beispiel Kaeser Sigma Smart Air, greift<br />
unter anderem auf die Fähigkeit der Maschinen<br />
«selbstständig zu lernen» zurück.<br />
Natürlich gibt es auch hier noch<br />
viel Potenzial und viel zu tun. Aber die<br />
Grundlagen sind bereits vorhanden.<br />
«Industrie 4.0<br />
ist ein<br />
Gesamtkonzept.»<br />
Industrie 4.0 funktioniert natürlich nicht<br />
ohne qualifizierte Mitarbeiter. Trotz einem<br />
«Internet der Dinge» bleibt der<br />
Mensch nach wie vor derjenige, der<br />
steuert, entwickelt und letztendlich die<br />
Entwicklung auch nutzt. Genauso wie<br />
die Maschinen «qualifiziert» und vernetzt<br />
werden müssen, müssen auch die Menschen<br />
qualifiziert und vernetzt werden.<br />
Allerdings ist das nichts Neues. Auch in<br />
der Vergangenheit gab es schon Neuund<br />
Weiterentwicklungen, und die Menschen<br />
haben sich darauf ein- und umgestellt<br />
und entsprechend qualifiziert.<br />
Denken Sie nur an das Internet, das die<br />
Kommunikation revolutioniert hat. Vor<br />
25 Jahren wusste keiner etwas damit<br />
anzufangen. Heute surfen schon Sechsjährige<br />
ganz selbstverständlich vom<br />
Handy aus. Wir werden auch die jetzigen<br />
Herausforderungen meistern.<br />
Die nächste Generation von Maschinen<br />
wird selbst lernen können. Das<br />
ist ein neuer qualitativer Schritt, der<br />
in den nächsten Jahren aus der Forschung<br />
in den Markt kommen wird.<br />
Sehen Sie solche neue Tendenzen<br />
schon?<br />
Ja, diese Entwicklung wird nicht erst<br />
kommen, sie ist schon im Gange. Bei<br />
ist CEO der KAESER Kompressoren AG<br />
(Schweiz)<br />
www.kaeser.com<br />
Michael Juhas<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 63
Rubrik<br />
Industrie 4.0<br />
Die vierte industrielle Revolution<br />
Neues Verständnis von Produktionsprozessen realisieren.<br />
Interview mit Silvan Wyser von Georg Lutz<br />
Themen wie «Industrie 4.0», «Internet der Dinge» oder auch «Smart Factory» sind aktuell in aller Munde. Aber was<br />
genau ist damit gemeint? Und wo stehen wir in dieser neuen Entwicklung? Wir sprachen mit Silvan Wyser, dem<br />
Marketingleiter der GIA Informatik AG.<br />
Ist das Stichwort «Industrie 4.0» nur<br />
ein Schlagwort, um einen Verkaufshype<br />
auszulösen, oder steckt dahinter<br />
eine «echte» industrielle Revolution?<br />
Der Begriff «Industrie 4.0» hat seinen<br />
Ursprung in Deutschland und wurde<br />
zunächst im wissenschaftlichen Kontext<br />
geprägt. Kurz zusammengefasst<br />
versteht man darunter die umfassende<br />
Kommunikation in der Produktion. Jeder<br />
«spricht» dabei mit jedem: Maschinen,<br />
Teile, Mitarbeitende, Lieferanten –<br />
ja sogar Kunden. Der Vorteil liegt darin,<br />
dass aufgrund der Vernetzung die<br />
Effizienz gesteigert wird und die Produktion<br />
in Echtzeit umgestellt werden<br />
kann, zum Beispiel bei Sonderwünschen<br />
eines Kunden. Weil sich die einzelnen<br />
Komponenten in einem offenen<br />
«cyber-physischen System» gegenseitig<br />
steuern, wird dabei eine zentrale Steuerung<br />
überflüssig. Aber eine exakte Definition<br />
des Begriffs «Industrie 4.0» existiert<br />
nicht. Ich gehe davon aus, dass<br />
dieser Begriff auch in kurzer Zeit wieder<br />
verschwinden wird, weil die «Smart<br />
Factory» selbstverständlich sein wird.<br />
Somit ist auch schon die zweite Frage<br />
beantwortet. «Industrie 4.0» ist weder<br />
ein Hype noch ein Zukunftsszenario; es<br />
ist einfach ein völlig neues Verständnis<br />
der Produktionsprozesse und der Arbeitsabläufe<br />
in der Industrie. War die<br />
erste industrielle Revolution durch die<br />
Dampfmaschine, die zweite durch die<br />
Elektrizität und die dritte durch die IT geprägt,<br />
so zeichnet sich die vierte industrielle<br />
Revolution durch die Vernetzung<br />
aller am Produktionsprozess beteiligten<br />
Elemente aus.<br />
In der Schweiz ist das Thema aber<br />
noch kaum bekannt. Eine kürzlich<br />
durchgeführte Studie belegt: Nur<br />
jeder Zehnte konnte mit dem Begriff<br />
etwas anfangen.<br />
Ja – ich kenne diese Studie. Und ich<br />
kenne auch die Schweizer Fertigungsindustrie<br />
und weiss deshalb, dass viele<br />
Unternehmen bereits smart produzieren<br />
– ohne dass sie es diesem Thema<br />
unterstellen.<br />
Können Sie uns ein Beispiel verraten?<br />
Die FAES AG in Wollerau eignet sich<br />
dazu. Es ist ein Dienstleister im Maschinenbau.<br />
Dieses Unternehmen kann<br />
seine Produktion mit Stolz als «Smart<br />
Factory» bezeichnen und hat sich hervorragend<br />
in die gesamte Versorgungs-<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 64
kette integriert. Mit diesem Schritt ist<br />
die FAES AG vom austauschbaren Lieferanten<br />
zum intelligenten Wertschöpfs<br />
ungspartner seiner Kunden geworden.<br />
Und genau das muss das Ziel sein. Ich<br />
bin überzeugt, dass die meisten Unternehmen<br />
das Potenzial einer flächendeckenden<br />
IT-Integration in die Produktion<br />
erkannt haben und entsprechende<br />
Investitionen tätigen werden.<br />
Wird durch diese Investitionen die<br />
Produktion nicht einfach teurer?<br />
Im ersten Moment wird sie mit Bestimmtheit<br />
teurer. Aber schliesslich geht es darum,<br />
dass die Kollaborationsproduktivität<br />
zunimmt, also dass der Anteil an<br />
indirekten Aufwänden sinkt. Und wenn<br />
das der Fall ist, wird die Produktion auf<br />
längere Sicht günstiger.<br />
Neben einem Unternehmensbeispiel<br />
gibt es sicher auch ein Produktbeispiel,<br />
welches sich aus Ihrer Sicht als<br />
«smart» bezeichnen darf?<br />
Ein eindrückliches Beispiel findet sich<br />
auf «Plattform Industrie 4.0», einem Gemeinschaftsprojekt<br />
der deutschen Wirtschaftsverbände<br />
BITKOM, VDMA und<br />
ZVEI: Ein Bauteil im Auto ist künftig so<br />
ausgestattet, dass es kontinuierlich Daten<br />
über seinen Zustand sammelt und<br />
diese auch mitteilen kann. Das Produkt<br />
sendet selbstständig eine Mitteilung an<br />
den Hersteller, dass Ersatz gefertigt werden<br />
muss. Die Bestellung enthält neben<br />
genauen Angaben zum Fahrzeugtypen<br />
auch die Information, wohin das Bauteil<br />
anschliessend versandt werden muss.<br />
In der Fabrik wird der Auftrag bearbeitet,<br />
die Maschinen konfigurieren sich selbst,<br />
sodass das passende Teil gefertigt wird,<br />
und schicken es schliesslich auf die Reise<br />
an den richtigen Zielort. Der Termin in der<br />
Werkstatt ist dann bereits vereinbart –<br />
auch darum hat sich das Auto gekümmert.<br />
Dieses Beispiel lässt sich eigentlich<br />
sehr leicht umsetzen, denn die Technologie,<br />
die es dazu braucht, existiert bereits.<br />
Ist die Umstellung auf eine «intelligente»<br />
Fabrik eine Gefahr für den<br />
Arbeiter und Angestellten?<br />
Wenn man die Produktivität erhöht, ist<br />
das schon mal etwas Positives und kann<br />
aktuell auch eine gute Antwort auf die<br />
Frankenstärke sein. Aber natürlich verändert<br />
sich unsere Arbeit – ein Blick in<br />
die Geschichte ist da interessant. Die<br />
Schübe der Veränderungen zogen sich<br />
über Jahre hin, wälzten im Ergebnis aber<br />
ganze Branchen und Arbeitswelten um.<br />
Dabei sind die Fragen für die Unternehmensverantwortlichen<br />
immer die gleichen<br />
geblieben: Welche Mitarbeiter<br />
«Die Aufgabe<br />
besteht darin,<br />
sich vom austauschbaren<br />
Lieferanten zum<br />
intelligenten<br />
Wertschöpfungspartner<br />
der<br />
Kunden<br />
entwickeln».<br />
brauche ich? Welche Ausbildungen und<br />
Qualifikationen sind nötig? Einfache Arbeiten<br />
werden sicher tendenziell durch<br />
die Automatisierung unterstützt oder sogar<br />
ersetzt werden. Sei es durch Roboter,<br />
die als Montageassistenten dienen<br />
oder allgemein durch die Automatisierung<br />
von Prozessen.<br />
Es geht um eine flächendeckende IT-Integration<br />
in die Produktion.<br />
Software & Hardware<br />
Welches sind aus Ihrer Sicht die grossen<br />
Herausforderungen, die es zu<br />
meistern gilt?<br />
Themen, die uns sicher alle weiter beschäftigen<br />
werden, sind Datenhoheit,<br />
Datensicherheit und Datenschutz. Ganz<br />
besonders vor dem Hintergrund der<br />
NSA-Affäre. Wir werden uns gut überlegen<br />
müssen, wem wir unsere Daten<br />
anvertrauen, mit wem wir Informationen<br />
austauschen und an welche Dritte<br />
wir diese weitergeben wollen. Wir müssen<br />
uns darauf verlassen können, dass<br />
mit den Daten, die wir preisgeben, keine<br />
Schindluderei betrieben wird. Dazu wird<br />
man klare Regeln definieren müssen.<br />
Wie können sich Unternehmen auf<br />
«Industrie 4.0» vorbereiten?<br />
Die zentralen Fragen lauten: Was bedeutet<br />
«Industrie 4.0» für mein Unternehmen?<br />
Hat das Thema Relevanz für<br />
uns? Was müssen wir beachten, damit<br />
wir den Zug nicht verpassen? Welche<br />
Chancen bezüglich neuer Geschäftsmodelle<br />
könnten sich durch das Thema<br />
«Industrie 4.0» ergeben? Das Ziel muss<br />
sein, die konkrete Bedeutung und die<br />
Auswirkungen des Themas für das eigene<br />
Unternehmen zu beleuchten sowie<br />
eine grobe Roadmap für die angestrebten<br />
Ziele zu erstellen. Wir bieten<br />
unseren Kunden eintägige Workshops<br />
an, die die Erstellung einer Roadmap<br />
«Auf dem Weg zu Industrie 4.0» zum Ziel<br />
haben.<br />
ist Marketingleiter der GIA Informatik AG.<br />
www.gia.ch<br />
Silvan Wyser<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 65
Rubrik<br />
Moderner Produktionsstandort in Ostrach-Einhart (D).<br />
Mit Esprit im Markt<br />
Heutige Anforderungen für Präzisionswerkzeuge<br />
Interview mit Gökhan Sonuç von Georg Lutz<br />
Schwaben wird ein besonderer Innovations- und Erfindergeist zugesprochen. Ein aktuelles Beispiel ist die Neher<br />
Auto mation, die in der Bodenseeregion tätig ist. Hier geht es nicht nur um Präzisionswerkzeuge, sondern zunehmend<br />
um Systemkomponenten, die sich in den Produktionsprozess einbinden lassen. Das ist eine wichtige Voraussetzung<br />
beim Thema Industrie 4.0. Wir führten mit Gökhan Sonuç, dem Geschäftsführer der Neher Automation ein<br />
Interview.<br />
Wenn Besucher Ihres Hauses im schönen<br />
Ostrach vorbeikommen, fällt zunächst<br />
das Logo auf, welches auf dem<br />
Dach platziert ist. Es ist ein stilisierter<br />
Diamant. Was hat dies für einen historischen<br />
Hintergrund?<br />
Wir haben unseren Markteintritt mit<br />
Diamantwerkzeugen begonnen und<br />
auch unsere ersten Markterfolge erzielt.<br />
Der harte Diamant ist daher eine<br />
naheliegende Wahl für ein Logo und<br />
die damit zusammenhängende Firmenphilosophie.<br />
Er steht aber für uns<br />
nicht nur für Härte und Qualität, sondern<br />
auch für brillante Lösungen. An<br />
diesem Dreiklang wollen wir uns messen<br />
lassen.<br />
Sie haben um 1990 begonnen. Mit welcher<br />
innovativen Idee ist Ihr Haus auf<br />
den Markt gekommen?<br />
Wir haben in Ostrach-Einhart mit einer<br />
Maschine in einer alten Mühle begonnen.<br />
Die Situation war zunächst wie bei einem<br />
Start-up sehr schwer. Es wurden hohe Investitionen<br />
getätigt. Zudem stand der Diamantwerkzeugmarkt<br />
noch in den Anfängen.<br />
Der Markt musste überzeugt werden.<br />
Das ist eine typische Gründersituation.<br />
Da muss die Idee schnell Marktreife<br />
beweisen.<br />
Der Gründer Fritz Neher hatte die Idee,<br />
mit einer spezifischen Geometrie von Dia-<br />
Werkzeuge mit Präzisionsgarantie ermöglichen<br />
die Realisierung unserer Wünsche.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 66
mantwerkzeugen die mechanische Bearbeitung<br />
von NE-Metallwerkstücken wirtschaftlicher<br />
zu machen. Dies war damals<br />
zwar wissenschaftlich bekannt, allerdings<br />
war sie weit entfernt davon, wirtschaftlich<br />
zu sein. Wir konnten das realisieren.<br />
Einzelne Werkzeuge waren Herrn<br />
Neher allerdings zu wenig. Er wollte<br />
diese Werkzeuge in den Produktionsprozess<br />
einbinden, um Automatisierungsprozesse<br />
und Produktionsabläufe<br />
zu optimieren.<br />
Ja, die Gründerfamilie war schon immer<br />
innovativ und wollte dem Markt<br />
etwas voraus sein. Der Urgrossvater hat<br />
zu Beginn der Automobilgeschichte sein<br />
eigenes Auto entwickelt. Damals gab es<br />
hier noch gar kein Auto. Auf die heutige<br />
Zeit bezogen wollen wir die Effizienzpotenziale<br />
mit neuen Ideen immer weiter<br />
ausreizen.<br />
Sie liefern jetzt nicht mehr einzelne<br />
Produkte, sondern sind ein Systemlieferant?<br />
Wir konnten unser Produktportfolio in<br />
der Zwischenzeit so weit ausbauen,<br />
dass wir nicht nur Lieferant von einzelnen<br />
Werkzeugen, sondern die gesamte<br />
Wertschöpfungskette unseren Kunden<br />
in der mechanischen Bearbeitung anbieten<br />
können. Dabei haben wir bei kleinen<br />
Kunden begonnen. Heute können wir<br />
von A bis Z die Bearbeitung des Bauteils<br />
anbieten. Das geht von den Werkzeugen<br />
über die Spannvorrichtung selbst bis hin<br />
zur Dichtheitsprüfung.<br />
In welchen Branchen kommt dies zur<br />
Anwendung?<br />
Oft geht es um die Automobilbranche,<br />
sprich Teile, die dort verbaut werden.<br />
Einzelkomponenten wie Lenkgehäuse,<br />
Getriebedeckel oder Motorblöcke sind<br />
hier konkrete Beispiele. Aber auch Komplettaggregate<br />
kommen bei der Dichtheitsprüfung<br />
zum Tragen. In der Luft- und<br />
Raumfahrt fassen wir gerade Fuss.<br />
Das heisst, Sie sind im Vorfeld der eigentlichen<br />
Produktion aktiv?<br />
Richtig, bei uns geht es hauptsächlich<br />
um die Fertigung von Komponenten, die<br />
erst später am Fliessband eingesetzt<br />
werden. Wir sind für das Gehäuse, welches<br />
noch kein Innenleben hat, mit verantwortlich<br />
und bieten hier unseren Kunden<br />
innovative Lösungen.<br />
Lassen Sie uns eine neue Produktionslinie,<br />
die unter Ihrer Verantwortung<br />
steht, thematisieren. Es geht um die<br />
Dichtheitsprüfung. Wo liegt der Vorteil?<br />
Wenn ein Produkt in der Montage eingesetzt<br />
wird, ist die Wertschöpfung im<br />
Vorfeld bereits weit fortgeschritten. Es<br />
gilt daher schon im Vorfeld einige Qualitätskontrollen<br />
zu realisieren.<br />
«Heute können<br />
wir von A bis Z<br />
die Bearbeitung<br />
des Bauteils<br />
anbieten.»<br />
Lassen Sie uns doch da in die Praxis<br />
springen. Sie als Unternehmer kaufen auf<br />
dem Weltmarkt ein Produkt, welches Sie<br />
in Ihrer Fertigung einsetzen wollen. Wenn<br />
es Qualitätsmängel hat, haben Sie einige<br />
Probleme am Hals. Diese können Sie<br />
schon im Vorfeld ausräumen und haben<br />
dann weniger Ausschuss. Und Sie haben<br />
auch mit weniger Reklamationen von<br />
Endkunden zu kämpfen. Als Endkunde<br />
wollen Sie ja auch nicht, dass bei Ihnen<br />
in der Garage Öl auf den Boden tropft.<br />
Gibt es weitere Beispiele neben der<br />
Automobilbranche, bei der es um<br />
Dichtungsprüfungen geht?<br />
Wir sind auch in der Elektrowelt sehr aktiv.<br />
Wo viel Elektrik ist, darf kein Wasser<br />
rein. Dafür haben wir Prüfstände, die garantieren,<br />
dass das entsprechende Teil<br />
auch wirklich dicht ist und verbaut werden<br />
kann.<br />
Wie funktioniert die Prüfanlage genau?<br />
Es gibt zum einen die konventionelle<br />
Technologie mit pneumatischen und<br />
hydraulischen Antrieben oder eine Kombination<br />
aus beiden Antriebsformen,<br />
um hier zu Lösungen zu kommen. Dann<br />
wird das Bauteil mit definiertem Druck<br />
beaufschlagt. Wir haben aber auch neue<br />
nachhaltige Lösungen im Angebot.<br />
Pneu matik braucht sehr viel Energie. Wir<br />
Software & Hardware<br />
haben jetzt mit der DX02e ein Produkt<br />
entwickelt, mit dem wir bis zu 60 Prozent<br />
Energieeinsparung im Vergleich zu bisherigen<br />
Produkten erzielen können. Wir<br />
haben den elektrischen Antrieb in die<br />
Prüfung integriert. So kann auf pneumatische<br />
und hydraulische Energie weitestgehend<br />
verzichtet werden.<br />
Da geht es nicht nur um Produktivitätsfortschritte,<br />
sondern auch um<br />
Energie und Effizienz?<br />
Ja, nachhaltige Ziele wollen wir nicht nur<br />
im Blick haben, sondern auch reduzieren.<br />
Das betrifft auch den CO 2-Ausstoss.<br />
Wird eigentlich jedes Teil geprüft?<br />
Das kommt auf das Produkt und den<br />
Kundenwunsch an. Nehmen Sie zum<br />
Beispiel sicherheitsrelevante Teile, die<br />
im Auto verbaut werden. Da gibt es<br />
nicht nur die Einzelkomponenten Dichtheitsprüfung,<br />
sondern in der Montage<br />
selbst wird nochmals geprüft. Bei anderen<br />
Branchen wie der Lebensmittelindustrie<br />
wird nur einmal oder in Stichproben<br />
geprüft. Nehmen Sie zum Beispiel<br />
die Wassertanks von Kaffeeautomaten<br />
oder die Dichtheit von Chips-Tüten. Es<br />
kommt immer auf das Produkt an und<br />
wie sicherheitsrelevant es ist.<br />
Brauchen Sie selbst eine F & E-Abteilung?<br />
Wir haben schon eine F & E-Abteilung<br />
und werden diese auch weiter stetig<br />
ausbauen. Unser Erfolg liegt auch zum<br />
Teil in unserer F & E-Abteilung. Um auf<br />
den Markt schneller reagieren zu können,<br />
gehen wir auch Kooperationen mit<br />
Instituten ein. Hier im Bodenseeraum in<br />
und um Friedrichshafen gibt es Universitäten,<br />
bei denen wir uns einbringen und<br />
profitieren können.<br />
Gökhan Sonuç<br />
Gökhan Sonuç ist Geschäftsführer der<br />
Neher Automation GmbH in Ostrach-<br />
Einhart (D).<br />
www.neher-group.com<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 67
Rubrik<br />
Bestandsaufnahme<br />
Mythos und Wahrheit von Big Data<br />
Es geht um die Analyse der Aufbereitung, der Bereitstellung und des Zugangs zu den Daten.<br />
von Christoph Höinghaus<br />
Big Data – alle sprechen davon, aber die wenigsten wissen, was sich hinter dem Terminus verbirgt. Für die meisten<br />
Unternehmen ist Big Data immer noch ein nebulöses Feld mit vielen Unsicherheiten – vieles von dem, was Unternehmen<br />
über Big Data annehmen, ist falsch. Das führt zu falschen Entscheidungen. Zeit für eine Richtigstellung.<br />
Niemand sagte es schöner als der<br />
CEO von Xing, Stefan Gross-<br />
Selbeck: «Daten sind das Öl<br />
des 21. Jahrhunderts.» So lautet das<br />
Schlagwort der Stunde denn auch: «Big<br />
Data». Doch: Was ist das genau, Big<br />
Data? Der Ursprung des Begriffes wird<br />
in der wunderbaren von Gil Press geschriebenen<br />
«Sehr kurzen Geschichte<br />
von Big Data» einem gewissen John<br />
R. Masey, damals Forschungsleiter von<br />
Silicon Graphics, zugeschrieben. Er<br />
soll den Begriff bereits im April 1998<br />
in seinem Vortrag «Big Data … and<br />
the next Wave of Infrastress» definiert<br />
haben. Und darunter vor allem sehr grosse<br />
Datenmengen verstanden und auf<br />
die Konsequenzen für die IT hingewiesen<br />
haben. In jüngster Zeit wird unter<br />
«Big Data» aber zunehmend auch «Fast<br />
Data» verstanden. Damit sind Daten<br />
gemeint, die sehr schnell erzeugt werden,<br />
wie beispielsweise Informationen<br />
aus Sensoren, die alle Millisekunden<br />
einen Messwert erzeugen, oder Daten<br />
aus dem automatisierten Hochfrequenzhandel<br />
an der Börse. Die Interpretation<br />
dieser Daten muss in bestimmten<br />
Fällen sehr schnell erfolgen, damit beispielsweise<br />
eine Bank eine Risikoposition<br />
rechtzeitig erkennt, bevor sie das<br />
Geld ihrer Kunden verliert. Weiter wird<br />
«Big Data» mit dem Begriff «All Data»<br />
assoziiert. Darunter wird jede Art von<br />
Daten verstanden, ob sie nun strukturiert<br />
oder nicht strukturiert sind.<br />
Der Rohstoff des 21. Jahrhunderts<br />
Wir sehen: Das Schlagwort «Big Data»<br />
wird unterschiedlich ausgelegt. Grundsätzlich<br />
steht der Begriff sowohl für<br />
Daten und deren spezielle Eigenschaften<br />
als auch für die innovativen Technologien<br />
zur Analyse dieser Daten. Um<br />
wieder auf Stefan Gross-Selbeck zurückzukommen:<br />
«Big Data» ist nichts<br />
anderes als das systematische Fördern<br />
des Rohstoffes des 21. Jahrhunderts –<br />
nämlich Daten – mit modernster Technologie.<br />
Die Menge der Daten wächst<br />
sehr stark. Die Studie «Digitales Universum»,<br />
die im letzten Jahr gemeinsam<br />
von EMC und IDC veröffentlicht wurde,<br />
sagt für das Jahr 2015 ein Datenaufkommen<br />
von über acht Zettabytes voraus –<br />
40 Prozent mehr als letztes Jahr. Zwei<br />
Drittel dieser Informationen werden<br />
von Privatpersonen erzeugt, der Rest<br />
durch Unternehmen. Unternehmen<br />
sind bereits heute mit 85 Prozent der<br />
privat erzeugten Daten in irgendeiner<br />
Art und Weise in Kontakt. Der überwältigende<br />
Anteil dieser Daten kommt aus<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 68
Software & Hardware<br />
dem Netz der Sozialen Medien, wird<br />
von Sensoren und anderen Geräten erzeugt<br />
und als Bild, Film, Ton, Office-<br />
Dokumente oder in anderen Formaten<br />
gespeichert. Speziell an diesen Daten<br />
ist, dass sie in immer grösserer Geschwindigkeit<br />
erzeugt werden, in immer<br />
grösserer Vielfalt vorliegen und dass sie<br />
nicht immer zu 100 Prozent verifizierbar<br />
sind, beispielsweise im Falle von<br />
fehlenden, falschen oder doppeldeutigen<br />
Daten. Neue Analyseverfahren sollen<br />
es erlauben, aus dem Datenmeer<br />
Informationen zu gewinnen, die Unternehmen<br />
helfen, den Kunden und den<br />
Markt besser zu verstehen, Produkte<br />
und Services schneller und gezielter zu<br />
platzieren, Kosten zu sparen, Umsätze<br />
zu steigern und Wettbewerbsvorteile<br />
auszubauen – also schlicht und einfach,<br />
die unternehmerischen Ziele rascher zu<br />
erreichen.<br />
Von Big Data zu Data Science<br />
Die schlechte Nachricht zuerst: «Daten<br />
bleiben scheu und grausam. Es ist<br />
schwierig, aus ihnen zu lernen, und noch<br />
schwieriger, das Gelernte umzusetzen»,<br />
sagte der Data-Mining-Pionier Nicolas<br />
Ins_Rundschau_210x148mm_Layout 1 20.11.12 11:20 Seite 1<br />
Bissantz bereits vor zwei Jahren im Wissensmagazin<br />
des Gottlieb-Duttweiler-<br />
Instituts. Konkret bedeutet dies, dass<br />
nicht aus jeder technisch ableitbaren<br />
Wechselbeziehung auch eine wirtschaftlich<br />
relevante Ursache abgeleitet werden<br />
kann. Die Auswertung von Daten ist und<br />
bleibt eine aufwändige Arbeit und erfordert<br />
grosses Fachwissen. Aus diesem<br />
Grund hat sich ein neuer multidisziplinärer<br />
Ansatz für die Aufbereitung, die<br />
Bereitstellung und den Zugang zu Daten,<br />
Analysen und Auswertungen entwickelt,<br />
der sich «Data Science» nennt. Viele<br />
Unternehmen ergänzen bereits heute<br />
ihre Analyseteams mit Data-Science-<br />
Spezialisten, um aus dem Rohstoff<br />
Daten möglichst schnell hochwertige<br />
Informationen zu gewinnen. Grössere<br />
Unternehmen setzen sogar auf ganze<br />
Data-Science-Teams.<br />
Doch es gibt zum Glück auch gute Nachrichten,<br />
selbst wenn die Entwicklung erst<br />
in den Anfängen steckt. Auf den ersten<br />
Blick kann Big Data vor allem eines:<br />
interne mit externen Daten umfassend<br />
und schnell kombinieren. Also beispielsweise<br />
interne Informationen über Kunden<br />
wie Adresse, Alter oder gekaufte<br />
Produkte mit externen Informationen wie<br />
Such- und Navigationsverhalten im Netz<br />
oder momentanen Aufenthalt zusammenführen.<br />
Die individuelle und gut auf<br />
Kundenbedürfnisse abgestimmte Bewerbung<br />
und Platzierung von Angeboten<br />
sind bereits heute die sichtbaren Resultate<br />
einer solchen Kombination. Weitere<br />
Beispiele sind im Bereich Risiko- und<br />
Chancenauswertung zu finden. So können<br />
beispielsweise Portfolio-Risiken und<br />
-Chancen durch das Korrelieren von internen<br />
Bankdaten mit Bewegungen am<br />
externen Aktienmarkt rechtzeitig erkannt<br />
werden. Damit kann eine Bank oder ein<br />
anderer institutioneller Anleger sehr viel<br />
effektiver wirtschaften.<br />
Immenses Potenzial<br />
Kundendaten und Marktdaten sind<br />
bei Weitem nicht die einzige Kombination,<br />
die sich lohnt. So verarbeitet die<br />
Flotten management-Plattform TomTom<br />
WebFleet der Firma TomTom Telematics<br />
bereits heute mehr als 500 Millionen<br />
Nachrichten, die von 400’000 Fahrzeugen,<br />
die mehr als 65 Mio. Kilometer<br />
zurückgelegt haben, erzeugt werden.<br />
IT-Services. Fair und kompetent.<br />
• Beratung und Konzepte<br />
• Virtualisierung und Mobility<br />
• SAP Einführung und -Outsourcing<br />
• Netzwerke und Storage<br />
• Outsourcing und Cloud Services<br />
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Die sehr schnelle und einfache Kombination<br />
von Statusinformationen, Positionsangaben,<br />
Tachostand und Verbrauchswerte<br />
spart laut TomTom Telematics<br />
Managing Director Thomas Schmidt<br />
Treibstoff für CHF 80 Mio. pro Monat.<br />
Weitere Beispiele von Big-Data-Anwendungen,<br />
die auf einer klugen Kombination<br />
interner und externer Daten beruhen,<br />
existieren für jede Branche.<br />
Eine Vielzahl von Praxisbeispielen und<br />
Studien belegt das Potenzial von Big<br />
Data. Kein Wunder, ist ein Drittel der mittelgrossen<br />
und grossen Schweizer Unternehmen<br />
der Meinung, dass sich eine<br />
Investition in diesen Bereich lohnt. Die<br />
Marktforschungsfirma MSM hat diese<br />
Zahlen bereits Mitte letztes Jahr im Rahmen<br />
einer Umfrage eruiert. Heute dürften<br />
es noch mehr Unternehmen sein, die<br />
sich die neuen Möglichkeiten einer umfassenderen<br />
Datenanalyse und rascheren<br />
Informationsgewinnung nicht entgehen<br />
lassen wollen. Allerdings bedeutet<br />
der sinnvolle Einsatz von Big Data immer<br />
ein Umdenken. Ein Umdenken, welches<br />
das Wissen und die Instrumente umfasst,<br />
die notwendig sind, um die neu<br />
möglichen Anwendungsfälle und deren<br />
Fragestellungen und Geschäftsmodelle<br />
erfolgreich anzuwenden. Es gilt, sorgfältig<br />
abzuklären, ob und wann sich ein<br />
Einsatz lohnt. Eine Vielzahl sich in Entwicklung<br />
befindender Technologien,<br />
Verfahren und Vorgehensweisen erschwert<br />
diese Abklärung. Da ist guter<br />
Rat teuer.<br />
Data Science ist die neue qualitative Stufe.<br />
Im Big-Data-Dschungel zurechtkommen<br />
Aus Daten wertvolle Informationen und<br />
damit Wettbewerbsvorteile gewinnen –<br />
welches Unternehmen möchte das nicht!<br />
Sich gut vorbereiten und umfassend informieren<br />
– das sind die wichtigsten beiden<br />
Voraussetzungen, um das Potenzial<br />
von Big Data zu nutzen. Sich gut vorbereiten<br />
bedeutet, den Unternehmenswert<br />
Information wie jede andere wichtige<br />
Unternehmensressource – ob das<br />
nun Personal, Immobilien oder Finanzen<br />
sind – zu managen. Es beutet also, eine<br />
Strategie, eine Governance-, eine Aufbau-<br />
und eine Ablauforganisation und<br />
eine Infrastruktur etabliert zu haben,<br />
die es erlaubt, Informationen entsprechend<br />
ihrem Wertbeitrag umsichtig zu<br />
verwalten und zu schützen. Im Minimum<br />
ist ein Bewertungssystem einzuführen,<br />
welches die Unterscheidung zwischen<br />
wichtigen und weniger wichtigen Informationen<br />
erlaubt. Ein gut vorbereitetes<br />
Unternehmen weiss genau, wo Potenziale<br />
durch den Einbezug zusätzlicher<br />
Datenquellen entstehen könnten. Und<br />
es hat diese Potenziale auch auf dem<br />
mittel- und langfristigen strategischen<br />
Radar. Die Vielzahl der Angebote und die<br />
rasche Entwicklung der Analyseinstrumente<br />
und datenproduzierenden Geräte<br />
erfordern zudem, dass sich ein Unternehmen<br />
umfassend informiert. Am besten<br />
durch den Einbezug externer Spezialisten<br />
und den Auf- und Ausbau interner<br />
Fachleute oder sogar Teams. Für den<br />
Aufbau des internen Know-how existiert<br />
heute in der Schweiz bereits eine Vielzahl<br />
von Big-Data-, Big-Data-Analyticsoder<br />
Data-Science-Kursen.<br />
Ohne die Bereitschaft, in einer konkreten<br />
Umsetzung Lehrgeld zu bezahlen,<br />
geht es trotz allem nicht. Es gilt, die<br />
Praxistauglichkeit im konkreten Umfeld<br />
zu prüfen. Da ist im Minimum ein Pilotprojekt<br />
mit realen Daten vonnöten. Erst<br />
dann lohnt es sich überhaupt, sich einen<br />
Weg durch den Big-Data-Dschungel zu<br />
bahnen.<br />
ist CEO der IT-Dienstleisterin Trivadis.<br />
www.trivadis.com<br />
Christoph Höinghaus<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 70
Sie können damit surfen,<br />
damit schreiben, damit<br />
arbeiten, damit chatten,<br />
damit fotografieren, damit<br />
emailen, damit spielen,<br />
damit navigieren, damit<br />
kommunizieren ….<br />
…wir können es sichern.<br />
Sophos Mobile Control<br />
Viele Geräte. Ein Lösung.<br />
Kostenlos testen: sophos.de/mobile
Software & Hardware<br />
Aus der Schockstarre befreien<br />
Die ICT-Branche im Zeichen der Aufhebung des Mindestkurses<br />
Interview mit Jean-Marc Hensch von Georg Lutz<br />
Noch letztes Jahr war die demonstrative Zuversicht der ICT-Branche zu spüren.<br />
Nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses stand der Schock den Verantwortlichen<br />
ins Gesicht geschrieben. Auch der Swico-ICT-Index ist dramatisch<br />
gefallen. Allerdings gilt es zu differenzieren. Wir führten ein Interview<br />
mit dem Geschäftsführer des Dachverbandes Swico.<br />
Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses<br />
Mitte Januar hat auch die ICT-<br />
Branche der Schweiz unter Druck gesetzt.<br />
Ihre letzte Pressemitteilung hat<br />
den Titel «Schweizer ICT-Branche im<br />
Schockzustand». Inwiefern stellen Sie<br />
einen solchen Schockzustand fest?<br />
Die prekäre Lage wird aus der Entwicklung<br />
des ICT-Index ersichtlich. Als wir<br />
die Umfrage im Rahmen des Swico-ICT-<br />
Index kurz nach dem Entscheid der Nationalbank<br />
durchführten, war der Schock<br />
für die Betroffenen offensichtlich gross.<br />
Das damalige Panikgefühl ist allerdings<br />
bereits wieder etwas verflogen.<br />
Bestätigt sich hier das Sprichwort «Es<br />
wird nicht so heiss gegessen, wie es<br />
gekocht wird»?<br />
Ja. Die Nationalbank hat Unternehmer<br />
mit ihrem Entscheid teils überrascht und<br />
manche von ihnen auf dem falschen Fuss<br />
erwischt. Einige Jahresplanungen mussten<br />
revidiert und durch neue ersetzt werden.<br />
Anfangs gab es für Betroffene sicherlich<br />
einige schlaflose Nächte. Je<br />
länger je mehr wird es aber auch in positivem<br />
Sinne als Herausforderung angesehen,<br />
welche es zu bewältigen gilt.<br />
Hinzu kommt, dass Volatilität für die Wirtschaft<br />
nichts Neues ist. Ein freier Markt<br />
bringt nun mal Dynamik mit sich. Nach<br />
dem Entscheid der Nationalbank wurde<br />
mit Vergünstigungen und sogenannten<br />
Eurorabatten versucht, den Markt attraktiv<br />
zu behalten. Sicher ist jedenfalls, dass<br />
sich die Einbussen des ersten Quartals<br />
wieder legen werden.<br />
In welche Richtung gehen die Handlungsoptionen?<br />
Auf der Absatzseite können Preise geschickt<br />
vermarktet werden. Man denke<br />
da an die Autoverkäufer, welche mit<br />
Listenpreisen und verschiedenen Arten<br />
von Rabatten jonglieren, aber im Prinzip<br />
für jeden Wagen ihre Marge sichern<br />
können. Auf der Kostenseite kann das<br />
Aufschieben von grossen Investitionen<br />
eine Überlegung wert sein. Eine weitere<br />
Handlungsoption ist die Beeinflussung<br />
der Lohnkosten oft der grösste Kostenfaktor.<br />
Anpassungen sind im Bonus-Bereich<br />
viel eher möglich als bei Fixlöhnen.<br />
Man muss vermutlich zwischen unterschiedlichen<br />
Segmenten wie Consumer<br />
Electronics und Consulting differenzieren,<br />
um ein realistischeres Bild<br />
zu erhalten?<br />
Sicher, schauen wir deshalb die verschiedenen<br />
Segmente einzeln an:<br />
Da Hardware primär in Dollar gehandelt<br />
wird, hätten die Preise aufgrund der<br />
Kursentwicklung in Schweizer Franken<br />
eher erhöht werden müssen. Dies war<br />
natürlich aus psychologischen Gründen<br />
nach dem 15. Januar nicht mehr<br />
möglich.<br />
Die Heimelektronik ist vergleichsweise<br />
gut aufgestellt. Die Preise sind im europäischen<br />
Raum konkurrenzfähig. Die<br />
Problematik liegt nicht in der Währung,<br />
sondern beim beinharten landesinternen<br />
Wettbewerb. Denn die Preise sind schon<br />
auf einem extrem tiefen Niveau. Hier hat<br />
es definitiv keine Luft mehr nach unten.<br />
Kommen wir zur Software-Produktion.<br />
Kernthema bei der Software-Industrie<br />
ist die Produktion für die Schweiz. Im<br />
Bereich der spezialisierten Software<br />
sieht die Lage gut aus. Grund dafür<br />
sind hohe regulatorische Anforderungen,<br />
welche der Schweizer Software-<br />
Markt abzudecken vermag. Ein ähnlicher<br />
Mechanismus gilt für den Export.<br />
Erfolg haben jene Software-Produzenten,<br />
welche sich durch Spezialisierung<br />
auszeichnen können und nicht zu generalistisch<br />
aufgestellt sind. Die profitable<br />
Nische ist ausschlaggebend. Und<br />
diese Betriebe haben ja auch nicht auf<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 72
Software & Hardware<br />
Es gilt die Herausforderungen anzunehmen.<br />
den Euro-Schock gewartet und schon<br />
früher reagiert, zum Beispiel durch Nearshoring,<br />
indem einige Schweizer Software-Firmen<br />
bereits einen Teil ihrer Produktion<br />
nach Osteuropa ausgelagert<br />
haben. Zusammengefasst: Die Hausaufgaben<br />
wurden hier überwiegend bereits<br />
gemacht.<br />
Die Dienstleistungen aus der Schweiz<br />
sind jetzt aber richtig teurer geworden?<br />
Technologiesprünge führen teilweise zu einer abwartenden Haltung.<br />
Das betrifft die Consultingbranche sowie<br />
IT-Services. Sie stehen ebenfalls im<br />
Wettbewerb mit anderen europäischen<br />
Anbietern und sind spätestens seit Januar<br />
vergleichsweise teurer geworden.<br />
Da liegen Sie richtig. Das Kernproblem<br />
dieser Branche sind aufgrund tieferer<br />
Preisen ins Ausland abwandernde Projekte<br />
internationaler Konzerne. Da diese<br />
Projekte international ausgeschrieben<br />
werden, ist diese Problematik nicht auf<br />
nationaler Ebene beeinflussbar.<br />
Die Digitalisierung verändert die gesamte<br />
Wirtschaft. Die Musikbranche<br />
hat es bereits hinter sich, die Baubranche<br />
noch vor sich. Ist das nicht<br />
eine Chance für die IT-Anbieter der<br />
Schweiz?<br />
Ganz gewiss. Zwar sind gewisse Unternehmen<br />
vorsichtiger geworden, was den<br />
Kauf von neuen IT-Lösungen betrifft. Die<br />
schwierige Situation mit ihrer Dynamik<br />
muss zuerst konsolidiert werden. Gerade<br />
in Zeiten von Technologiesprüngen<br />
ist es für einige Unternehmen teilweise<br />
sicherer abzuwarten, um mögliche Fehlschläge<br />
zu verhindern. Diese Form der<br />
Zurückhaltung spürt zum Beispiel heute<br />
die Cloud-Branche. Viele Firmen haben<br />
Angst, hier vorwärtszumachen, trotz der<br />
grossen Einsparpotenziale.<br />
Andererseits gibt es zahlreiche Unternehmen,<br />
die mit ihrer IT an Grenzen stossen<br />
und ihre Kosten nur in den Griff kriegen,<br />
wenn sie dank IT-Investitionen effizienter<br />
werden. Diese sind nun bereit, Aufträge<br />
vorzuziehen und weiterzugehen als ursprünglich<br />
geplant, da der Leidensdruck<br />
grösser geworden ist. Und diese erteilen<br />
tatsächlich Aufträge an unsere Branche,<br />
die sonst nicht gekommen wären.<br />
«ICT-Produkte<br />
werden in<br />
Zukunft nicht<br />
weniger, sondern<br />
sehr viel stärker<br />
nachgefragt<br />
werden.»<br />
Und wieder andere müssen sich völlig neu<br />
orientieren und neu erfinden, um die Herausforderungen<br />
zu meistern. Das ist wohl<br />
das, was der Philosoph Joseph Schumpeter<br />
mit «schöpferischer Zerstörung»<br />
meinte.<br />
Die Transformation wird dadurch weiter<br />
befeuert, dass Produktionsprozesse und<br />
IT-Funktionen im Zeichen von Industrie<br />
4.0 zunehmend verschmelzen und<br />
untrennbar zusammenwachsen. Dadurch<br />
verändert sich die Branchenstruktur.<br />
Sie haben zu Recht das Beispiel der<br />
Musikindustrie angeführt. Man könnte<br />
auch die Medienbranche hinzufügen.<br />
Hier verändern sich die Businessmodelle<br />
fundamental. All diese Branchen<br />
sind vollkommen auf Lösungen der ICT-<br />
Wirtschaft angewiesen. Per saldo haben<br />
Sie daher recht: ICT-Produkte werden in<br />
Zukunft nicht weniger, sondern sehr viel<br />
stärker nachgefragt werden.<br />
ist Geschäftsführer von Swico.<br />
www.swico.ch<br />
Jean-Marc Hensch<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 73
Software & Hardware<br />
Kreativ in die vierte Dekade<br />
Business-Software aus der Schweiz<br />
Interview mit Claudio Hintermann von Georg Lutz<br />
Der Firmensitz in Wittenbach (St. Gallen) mit dem firmeneigenen Edelrestaurant.<br />
Es begann nach dem Wirtschaftsstudium an der Hochschule St. Gallen. Hier hat Claudio Hintermann gemeinsam<br />
mit seinen Studienfreunden Eliano Ramelli und Thomas Köberl vor 30 Jahren die Softwarefirma ABACUS gegründet.<br />
Heute ist das Unternehmen im Bereich Standardgeschäftslösungen für <strong>KMU</strong> in der Schweiz führend. Ausruhen<br />
ist für die Verantwortlichen aber keine Option. Wir führten mit dem CEO Claudio Hintermann ein Interview über<br />
Erfolg, Freundschaft, Teamwork und den Spirit bei der Arbeit.<br />
Schon der Eingangsbereich verdeutlicht die etwas andere Philosophie.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 74
30 Jahre Erfolg in der Software sind<br />
eine Ausnahme. Normalerweise verschwinden<br />
viele Anbieter vom Markt<br />
oder werden filetiert, verkauft und unter<br />
neuem Namen anders zusammengesetzt.<br />
Was macht den Unterschied<br />
aus?<br />
Unser Bestreben war und ist es immer,<br />
unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit<br />
zu bieten, sich in ihrem Aufgabenbereich<br />
optimal zu entfalten und somit<br />
das Beste aus sich herauszuholen, um<br />
letztlich stolz auf die eigene Arbeit sein<br />
zu können. Unsere Software ist nur mithilfe<br />
vieler Entwickler, Produktmanager<br />
und Supporter zu dem geworden, was<br />
sie heute ist. Mit jeder neuen Version haben<br />
sie die einzelnen Programme nicht<br />
nur funktional erweitert, sondern immer<br />
gleichzeitig auch substanziell verbessert<br />
und perfektioniert.<br />
Das hört sich nach einer guten Philosophie<br />
an. Nur, wie kommen bei ABA-<br />
CUS Theorie und Praxis zusammen?<br />
Gerade weil die IT eine so extrem schnelllebige<br />
Branche und deshalb einem ständigen<br />
Veränderungsprozess unterworfen<br />
ist, lohnt es sich zweifellos, immer<br />
über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen,<br />
um Trends frühzeitig zu erkennen<br />
und zu antizipieren. Bei uns sind<br />
damit mehrere Personen beschäftigt.<br />
Sie tragen die Puzzlesteine aus der<br />
Branche und den gesetzlichen Vorgaben<br />
zusammen und holen zudem die<br />
Wünsche unserer Partner und Anwender<br />
ein. So hatte uns beispielsweise ein Vertriebspartner<br />
auf die Idee gebracht, unser<br />
ERP mit Funktionen zur kompletten<br />
Digitalisierung sämtlicher Geschäftsdokumente<br />
– von der Lieferantenrechnung<br />
bis zur Bilanz mit integrierten PDF-Originaldokumenten<br />
– zu ergänzen und somit<br />
ein produktiveres Arbeiten zu unterstützen.<br />
Die Version war unter dem Namen<br />
«Digital ERP» sehr erfolgreich.<br />
An was arbeiten Sie und Ihre Entwickler<br />
aktuell?<br />
Wir programmieren derzeit Apps für<br />
Smartphones unter iOS und Android.<br />
Diese können nicht nur im Zusammenhang<br />
mit unserer Business-Software<br />
nützlich sein, sondern lassen sich von<br />
allen Besitzern eines intelligenten Handys<br />
unentgeltlich verwenden. Denn zum<br />
Beispiel mit der App AbaClik können<br />
So begann alles: die erste Fibu von ABACUS.<br />
Spesenbelege fotografiert und anschliessend<br />
geordnet werden. Einen Mehrnutzen<br />
lässt sich daraus ziehen, wenn eine<br />
Firma, die ABACUS Software einsetzt,<br />
bei den Spesenerfassungen in der Buchhaltung<br />
auf Papier verzichten will. In diesem<br />
Fall lassen sich solche Belege via<br />
Smartphone automatisch zur Weiterverarbeitung<br />
an die Buchhaltung schicken.<br />
Ist damit Ihre Software mobil geworden?<br />
Das ist sie schon seit geraumer Zeit. Für<br />
das Apple-Tablet iPad bieten wir bereits<br />
seit mehreren Jahren eine eigene Lösung<br />
an. Sie wird von unseren Anwendern<br />
zum Beispiel für die Leistungserfassung<br />
bei Service-Einsätzen oder auf<br />
den Baustellen für die Tagesrapporterfassung<br />
eingesetzt. Zudem haben wir<br />
die Möglichkeit geschaffen, dass sämtliche<br />
Auswertungsfunktionen der ABA-<br />
CUS Software sich auch auf einem Tablet-Rechner<br />
ganz nach dem Motto «you<br />
get what you need», auf Deutsch «Man<br />
bekommt, was man braucht», nutzen<br />
lassen.<br />
Wie geht es in den nächsten Jahren<br />
weiter mit Ihrem Haus?<br />
Wir haben vorletztes Jahr das Aktionariat<br />
unserer Firma auf langjährige Mitarbeitende<br />
ausgeweitet. Das bedeutet<br />
einen ersten Schritt, Verantwortung für<br />
das Unternehmen mit anderen, sprich<br />
erfahrenen Mitarbeitenden, zu teilen. Wir<br />
sind es unseren Anwendern und Vertriebspartnern<br />
schuldig, die zum Teil<br />
seit vielen Jahren auf unsere Software<br />
setzen, alles zu unternehmen, damit die<br />
Erfolgsgeschichte von ABACUS auch<br />
weiter fortgeschrieben wird.<br />
An Herausforderungen dürfte es Ihnen<br />
somit nicht fehlen?<br />
Software & Hardware<br />
Die nächste steht sozusagen bereits vor<br />
der Tür: Der Baubeginn unseres zweiten<br />
Firmengebäudes ist in Sichtweite. Damit<br />
hoffen wir, endlich die von uns dringend<br />
benötigten Arbeitsplätze schaffen<br />
zu können.<br />
Für ABACUS und ihre Produkte spricht,<br />
dass Ihre Partner und Anwender der<br />
ersten Stunde auch nach 30 Jahren immer<br />
noch auf Ihre Lösungen setzen.<br />
Darauf bin ich besonders stolz. Von den<br />
ersten 50 Kunden, die vor 30 Jahren<br />
eine Fibu-Lizenz gekauft haben, setzt<br />
ein Drittel weiterhin die ABACUS Software<br />
ein – selbstredend in aktuellen Programmversionen.<br />
Diese Anwender haben<br />
uns von der allerersten Fibu-Version,<br />
die unter dem Betriebssystem DOS lief,<br />
über die Windows- bis zur heutigen Internet-Version<br />
begleitet und alle Update-<br />
Schritte dazwischen mitgemacht.<br />
Dasselbe gilt auch für die meisten unserer<br />
heutigen Vertriebspartner, die nicht<br />
nur unsere Software ihren Kunden empfehlen<br />
und bei ihnen implementieren,<br />
sondern ebenfalls über all diese Jahre<br />
sämtliche unsere Entwicklungsschritte<br />
mitgemacht und damit stets top aktuell<br />
geblieben sind.<br />
Wie wichtig ist für ABACUS der bisherige<br />
Vertriebskanal mit den Partnerfirmen<br />
noch, jetzt wo man ja direkt<br />
über das Internet die Software<br />
im Abo beziehen und mit ihr online<br />
arbeiten kann?<br />
Ob die Software lokal installiert oder aus<br />
der Cloud via Internet bezogen wird, ist<br />
unerheblich. Denn Buchhaltung bleibt<br />
Buchhaltung. Geschäftsprozesse müssen<br />
mit geeigneten Instrumenten optimal<br />
unterstützt werden, seien diese in der<br />
Produktion, in der HR-Abteilung mit dem<br />
Bewerbermanagement oder dem Employee-Self-Service,<br />
bei der Projektplanung<br />
und -überwachung mit Zeitrapportierung<br />
oder im Bereich des immer wichtiger<br />
werdenden digitalen Dokumentenaustausches<br />
über E-Business-Plattformen.<br />
Dies alles richtig abzubilden und umzusetzen<br />
benötigt ein umfassendes Branchen-<br />
und Prozess-Know-how, wie es<br />
nur unsere Vertriebs- und Implementierungspartner<br />
zu bieten in der Lage sind.<br />
Die beste Software nützt nichts, wenn<br />
ihr Anwender nicht in der Lage ist, sich<br />
ihre Vorteile zunutze zu machen.<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 75
Software & Hardware<br />
Spesenbescheinigung auf dem iPhone mit AbaClik.<br />
ABACUS-Lösung auf dem iPad.<br />
Rückblickend betrachtet können Sie<br />
heutigen Jungunternehmern Tipps<br />
geben, wie auch sie erfolgreich sein<br />
können?<br />
Patentrezepte gibt es nicht. Aber man<br />
sollte bei einer Firmengründung versuchen,<br />
die richtigen Leute, die richtigen<br />
Partner zu finden, die mit ihren Stärken<br />
die eigenen Schwächen kompensieren<br />
und gemeinsam ein starkes Team bilden<br />
können. Auch den Spass an der Arbeit<br />
sollte man nie aus den Augen lassen.<br />
Denn wenn man etwas mit Freude<br />
macht, macht man es besser. Meine<br />
grösste Motivation ist es auch nach<br />
30 Jahren immer noch, die beste Business-Software<br />
zu programmieren. Der<br />
Anspruch, damit auch viel Geld zu verdienen,<br />
war und ist für mich sekundär.<br />
Wenn man sich hohe Ziele steckt – die<br />
durchaus auch etwas «daneben» sein<br />
dürfen – und man dazu auch das nötige<br />
Quäntchen Glück hat, stellt sich der Erfolg<br />
fast von selber ein. Und mit steigendem<br />
Erfolg kommt auch das Geld, das<br />
man für die Weiterentwicklung seiner<br />
Idee braucht.<br />
Nach 30 Jahren erfolgreichen Unternehmertums<br />
hat man doch sicher ein<br />
finanzielles Polster?<br />
Wir sind in erster Linie reich an Erfahrungen<br />
geworden, das bestimmt! Wir<br />
haben stets das, was wir erwirtschaftet<br />
haben, in den weiteren Aufbau unseres<br />
Unternehmens gesteckt. Zugegeben,<br />
wir haben uns hie und da auch das eine<br />
oder andere Extra geleistet, das auf den<br />
ersten Blick als ausgefallen erscheinen<br />
mag. So führen wir etwa in unserem<br />
Firmensitz zwei Restaurants, die nicht<br />
nur für die Öffentlichkeit, sondern auch<br />
für alle Mitarbeitenden von ABACUS<br />
gedacht sind. Das eine ist durchaus der<br />
High-end-Klasse zuzuschreiben, indem<br />
es einen ausgewiesenen Haubenkoch,<br />
eine voll ausgebaute Spitzenküche und<br />
einen gut dotierten Weinkeller vorweisen<br />
kann. Auch der ABACUS-Mensch<br />
lebt schliesslich nicht von Software<br />
allein!<br />
«Zufriedenheit<br />
ist der<br />
Brennstoff für<br />
Leistung<br />
und Motivation.»<br />
Vor einem Firmensitz ein eigenes<br />
Edelrestaurant zu betreiben ist<br />
schon eine ungewöhnliche Sache.<br />
Und auch ich als Redaktor durfte<br />
schon vorbeischauen. Haben Sie im<br />
Arbeitsalltag Zeit, die Annehmlichkeiten<br />
Ihres «Campus» zu geniessen?<br />
In unserem Spitzenrestaurant bin ich<br />
vermutlich der beste Gast. Bei der<br />
Mehrzahl meiner dort eingenommenen<br />
Mahlzeiten handelt es sich jedoch um<br />
Geschäftsessen mit Partnern oder Mitarbeitenden.<br />
Ich bin der Überzeugung,<br />
dass es sich in ungezwungener Atmosphäre,<br />
vor allem wenn dazu einem das<br />
Essen erst noch mundet, vieles einfacher<br />
besprochen werden kann als in<br />
einem sterilen Sitzungssaal.<br />
«Management by Haute Cuisine»? Ist<br />
das Ihr Erfolgsgeheimnis?<br />
Es gehört dazu, das ist sicher. Es geht<br />
mir darum, zusammen mit unseren Leuten<br />
und Partnern jeweils das bestmögliche<br />
Resultat im Dienst unsere gemeinsamen<br />
Kunden zu realisieren. Dazu<br />
braucht es Ideenreichtum, Engagement<br />
auf allen Positionen und Wertschätzung.<br />
Erst durch die Wertschätzung<br />
und auch Anerkennung aller Beteiligten<br />
kann Zufriedenheit geschaffen werden.<br />
Zufriedenheit ist der Brennstoff für<br />
Leistung und Motivation. Fehlt dieser<br />
Brennstoff, kommt der Motor ins Stottern<br />
und schliesslich ins Stocken. Das<br />
Wertvollste, was ich deshalb unseren<br />
Mitarbeitenden bieten kann, um zu optimalen<br />
Resultaten zu kommen, ist es,<br />
ihnen meine Zeit, meine Aufmerksamkeit<br />
und einen Freiraum zu bieten, um<br />
kreativ zu denken und demgemäss auch<br />
zu handeln.<br />
ist CEO der ABACUS Research AG.<br />
www.abacus.ch<br />
Claudio Hintermann<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 76
BE SICHERE THE ONE GESCHÄFTSPROZESSE<br />
WHO<br />
– IHR VERDIENST<br />
Erfolgreiches Business geht auf Nummer sicher!<br />
Unsere Arbeitswelt ist mittlerweile fast komplett vernetzt. Täglich warten neue<br />
digitale Gefahren auf uns, die Ihr Business in massive Schwierigkeiten bringen<br />
kann. Die Sicherung Ihres Geschäftserfolges und somit Ihrer Daten ist unser Ziel.<br />
Kaspersky Security for Business vereint leistungsstarke Anti-Malware- und<br />
Kontrollinstrumente, Verschlüsselung, Mobile und Systems Management in<br />
einer einzigen integrierten Plattform.<br />
Das Ergebnis – eine flexible Arbeitsumgebung ohne Sicherheitsrisiken.<br />
Interesse? Weitere Informationen, informative Leitfäden und überzeugende<br />
Testversionen finden Sie unter www.kaspersky.de/business-security
Kommentar<br />
Bereit für die digitale Transformation?<br />
von Helmar Steinmann<br />
Das Motto der diesjährigen CeBIT Informatikmesse in Deutschland<br />
lautete: «d!conomy». Ein Wortspiel, das aus den beiden<br />
Begriffen «digital» und «economy» zusammengesetzt ist. Ein<br />
Motto, das tatsächlich den Zeitgeist trifft und mir sehr gut<br />
gefällt. Denn heute ändern sich diverse Geschäftsprozesse<br />
mit einer unglaublich hohen Geschwindigkeit dank des Treibers<br />
Digitalisierung. Kein einziges Unternehmen kann es sich<br />
heute mehr leisten, die digitale Transformation einfach ausser<br />
Acht zu lassen.<br />
Die Vernetzung von Wirtschaft und Digitalisierung öffnet täglich<br />
neue Türen für Geschäftsmodelle, Dienstleistungen oder<br />
Strukturen. Ganze Branchen können durch die Digitalisierung<br />
umgewälzt werden – wir haben dies gesehen im Musikbusiness,<br />
erleben es heute gerade bei den Filmen und vielleicht<br />
auch bei den Büchern. Und auch wenn es um Geschäftsdaten<br />
wie Verträge, Korrespondenz oder Rechnungen geht, sehe ich<br />
immer mehr, wie die digitale Transformation greift: Systeme<br />
für digitale Erfassung und Archivierung von Dokumenten sind<br />
immer gefragter – nicht zuletzt, um die rechtskonforme Aufbewahrung<br />
von Archiven zu gewährleisten. Aber auch weil<br />
Routinearbeiten durch definierte Prozesse vereinfacht oder<br />
gar automatisiert werden können. Aus einer einfachen digitalen<br />
Archivierungslösung hat sich heute ein umfassendes<br />
Enterprise-Content-Management-(ECM)-System entwickelt:<br />
Willkommen in der d!conomy.<br />
Etliche Mal werde ich nach dem Patentrezept in Sachen<br />
Digitalisierung gefragt. Doch darauf kann ich nicht antworten.<br />
Denn leider gibt es das beliebte Patentrezept auf die digitale<br />
Transformation nicht. Ein Tipp kann ich jedoch jedem Unternehmen<br />
mit auf den Weg geben: Bei der Digitalisierung der<br />
Unternehmungsdaten geht es in erster Linie darum, individuelle<br />
und schrittweise Anpassungen vorzunehmen. Wer diese<br />
Anpassungen tätigt, profitiert in der Zukunft von effektiverem<br />
Arbeiten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben mehr Zeit<br />
für das Wesentliche und sind stets über das aktuelle Geschehen<br />
im Unternehmen informiert.<br />
Moderne Enterprise-Content-Management-(ECM)-Systeme<br />
sorgen für effizientere Geschäftsabläufe. Das ist heute auch<br />
notwendig, denn Unternehmen haben mit immer mehr geschäftsrelevanten<br />
Daten zu tun – Stichwort: Big Data. Diese<br />
Daten können dank ECM-Systemen übersichtlich abgelegt<br />
und klar strukturiert werden. Die relevanten Informationen sind<br />
somit leichter zugänglich und wiederauffindbar. Durch ein<br />
modernes, digitales Archiviersystem werden Papierarchive<br />
hinfällig, und das lange Suchen nach Dokumenten hat ein<br />
Ende. Sind Sie bereit für die d!conomy?<br />
ist Niederlassungsleiter der ELO Digital Office CH AG.<br />
www.elo.ch<br />
Helmar Steinmann<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 78
Intelligent<br />
Power Pod<br />
Your Business Live 365<br />
Eatons Intelligent Power Pod ist ein integriertes Power Management System<br />
für moderne IT Rechenzentren einschließlich konvergenter Infrastruktur<br />
Lösungen. Es umfasst nicht nur die sichere Unterbringung und den Schutz<br />
ihrer IT Anwendungen, sondern garantiert den Geschäftsbetrieb und die<br />
Datensicherheit über eine komplette Integration von Hypervisoren zur<br />
automatisierten Migration von virtualisiertem Equipment in die Cloud oder<br />
auf ein Backup Device während eines Stromausfalls. Ihre Anwendung ist<br />
intelligent geschützt, verwaltet und arbeitet ohne Unterbrechung 365 Tage<br />
im Jahr.<br />
www.eaton.eu/IntelligentPowerPod
Sicherheit muss nicht kompliziert sein.<br />
Das Stichwort heisst Usability.<br />
Unsere Arbeit ist an unterschiedlichen Orten. Die Frage ist, ob unsere Sicherheit dabei mitkommt.<br />
Business unterwegs<br />
Zehn Merkpunkte für das mobile Arbeiten<br />
von Marcel Burkart<br />
Wir erleben es Tag für Tag im Zug, im Café oder zu Hause: Menschen arbeiten<br />
unterwegs. Unsere mobile Arbeitsweise verdanken wir der hohen Akzeptanz<br />
von Smartphones und Tablets. Dank dieser Smart Devices sind wir nicht<br />
mehr an einen fixen Arbeitsplatz gebunden. Dies birgt Risiken. Wer diese<br />
jedoch kennt, kann mit den richtigen Massnahmen gleichzeitig die Produktivität<br />
der Mitarbeitenden und die Datensicherheit im Unternehmen steigern.<br />
Auch Gratis-Apps haben einen Preis<br />
Viele Apps sind gratis. Doch gratis gibt<br />
es eigentlich nichts. Als Gegenleistung<br />
wollen die Entwickler meist Informationen.<br />
Wie wär’s mit ein paar Adressdaten,<br />
Mails oder Telefonnummern aus der<br />
privaten oder geschäftlichen Ecke? Zur<br />
Erstellung eines «digitalen Profils» des<br />
App-Kunden bedienen sich App-Entwickler<br />
aller Informationen, welche sie<br />
finden können. Meist ist der Anwender<br />
schnell bereit, den Standort oder den<br />
Zugriff auf Kontakte oder Bilder freizuschalten<br />
– oft merkt er dies nicht einmal.<br />
Darum muss eine Mobility-Lösung des<br />
Arbeitgebers sicherstellen, dass die geschäftlichen<br />
Daten und Anwendungen in<br />
einen für alle anderen Apps unsichtbaren<br />
Container gestellt werden.<br />
Der folgende Beitrag listet zehn<br />
Merkpunkte auf, die eine zentrale<br />
Grundlage für erfolgreiche Unternehmen<br />
sind und die Arbeitsplätze in<br />
«mobile Enterprise-Modelle» verwandeln.<br />
Geschäftliches und Privates<br />
vermischt sich<br />
Beinahe vier Millionen Schweizer Smartphones<br />
sind täglich unterwegs. Eine<br />
E-Mail wegwischen, dann ein «I like» setzen<br />
und anschliessend ein Sudoku lösen.<br />
Ein gleichzeitiges Eindringen über offene<br />
Bluetooth und Wireless-Hotspots durch<br />
Fremde hinterlässt dabei oft keine Spuren.<br />
Was alles unter der Glasscheibe von<br />
Smartphones oder Tablets digital verkehrt,<br />
war noch vor gar nicht langer Zeit<br />
auf abgeschotteten Systemen unzugänglich.<br />
Auf unseren persönlichen wie auch<br />
geschäftlichen Geräten sind Privates,<br />
Geschäftliches und der öffentliche Raum<br />
derart nah beieinander, da stellt sich für<br />
die IT und für den Security-Officer die<br />
Frage: Haben wir das noch im Griff? Ein<br />
gefundenes Fressen für Cyberkriminelle,<br />
die durch den Identitätsmissbrauch oder<br />
Datendiebstahl Kasse machen.<br />
Im Schatten der IT:<br />
Das Dropbox-Problem<br />
Ein neues Tablet zum Geburtstag erfreut<br />
zwar den Beschenkten, kann jedoch<br />
zum Ärger in der IT führen. Denn<br />
kaum am Netz, sollen darauf möglichst<br />
rasch und ohne Drumherum die geschäftlichen<br />
Dinge mobil und zu jeder Zeit erledigt<br />
werden. Weigert sich die IT, schreitet<br />
man zu Plan B und baut sich aus Bequemlichkeit<br />
die eigene IT: Geschäftliche<br />
E-Mails landen im privaten Hotmail Account.<br />
Wichtige Dokumente kopiert man<br />
einfach in die Dropbox und zieht sie mit<br />
der passenden App aufs Geburtstagsgeschenk.<br />
Doch der Plan B führt zu einer<br />
Schatten-IT: Diese umgeht alle Hebel der<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 80
sonst aufwendig aufgestellten internen Sicherheitsmassnahmen<br />
einer Firma. Eine<br />
moderne IT hat bereits ausgereifte Mittel<br />
bereit, um Daten mobil und sicher zur Verfügung<br />
zu stellen. Sie gibt dem Anwender<br />
sogar die Möglichkeit, Apps unabhängig<br />
von der IT bequem selbst einzurichten.<br />
In Fundbüros<br />
gibt es keine Smartphones<br />
Verlorene iPhones & Co. sucht man vergebens<br />
im Fundbüro. Mit dem Gerät sind<br />
zwar die Daten nicht verloren, denn diese<br />
lagern hoffentlich in der Cloud oder im<br />
lokalen Backup. Unheil naht, wenn der<br />
neue unrechtmässige Besitzer jedoch<br />
auf Kontakte, Mails oder via Dropbox<br />
auf vertrauliche Daten zugreifen kann.<br />
Die Antwort darauf wäre ein geschützter<br />
Container, also ein spezieller Ort, der alle<br />
Geschäftsdaten und Geschäftsapplikationen<br />
abgetrennt verwaltet. Wünschenswert<br />
ist eine Lösung, die das Smartphone<br />
orten, sperren (Remote Lock) und<br />
notfalls die Geschäftsdaten ferngesteuert<br />
löschen kann (Remote Wipe).<br />
Bei Kündigung wandern die Daten mit<br />
So verlockend und gutklingend ein<br />
Bring-your-own-Device-Konzept (BYOD)<br />
für Smart Devices scheinen mag, die<br />
Verwaltung von zahlreichen unterschiedlichen<br />
Herstellern und Geräten bringt die<br />
IT an den Anschlag. Manchmal lebt ein<br />
BYOD-Gerät länger als ein Arbeitsverhältnis.<br />
Verlässt ein Mitarbeitender die<br />
Firma mit seinem BYOD-Gerät, dann<br />
wird sich die IT-Abteilung sputen müssen,<br />
alle relevanten Geschäftsdaten vom<br />
Gerät zu entfernen. Oder die IT setzt das<br />
ganze Gerät zurück? Sackgasse, die Ferienfotos<br />
bleiben schön drauf und gehen<br />
niemanden etwas an. Und das gilt auch<br />
für die Dropbox.<br />
Wer Sicherheit will, setzt auf Komfort<br />
Mit einer Sensibilisierung von Mitarbeitenden<br />
im Umgang mit mobilen Geräten<br />
kann die Basis gelegt werden. Dazu<br />
gehört zum Beispiel, auf die Wichtigkeit<br />
der Verwendung eines Sperrcodes hinzuweisen.<br />
Über entsprechende technologische<br />
Funktionen kann dies sogar erzwungen<br />
werden. Besser ist, wenn der<br />
Betrieb von Unternehmens-Apps ausschliesslich<br />
in einer geschützten Umgebung<br />
mit einem gesicherten Zugang<br />
zum Unternehmensnetzwerk erfolgt. So<br />
muss sich der Mitarbeitende um Malware<br />
oder Lauschangriffe keine Sorgen<br />
machen. Komfortabel für den Anwender<br />
ist es, wenn dazu nur ein einziger Login<br />
für die Nutzung sämtlicher geschäftlichen<br />
Apps erforderlich ist. Dabei muss<br />
man als Unternehmensverantwortlicher<br />
nicht mit dem pädagogischen Zeigefinger<br />
argumentieren. Sicherheit und Usability<br />
müssen sich nicht immer beissen.<br />
Im besten Fall ergänzen sie sich: Je einfacher<br />
es ist für einen Benutzer, sich an<br />
die Regeln zu halten, desto eher wird er<br />
es tun. Und macht damit die IT sicherer.<br />
Produktiv wird es erst<br />
mit Business-Apps<br />
Die neue Arbeitsweise liegt sozusagen<br />
in der Hand, und die leistungsfähigen<br />
Smart Devices führen zur Mobilisierung<br />
von Geschäftsprozessen. Doch viele<br />
Nutzer stellen fest, dass mit den smarten<br />
Devices und der Unmenge an Apps<br />
zwar einzelne Arbeitsschritte unterwegs<br />
schnell von der Hand gehen, doch schon<br />
vergleichsweise einfache Aufgaben wie<br />
das Empfangen, Bearbeiten und Zurückspeichern<br />
eines Word-Dokuments den<br />
umständlichen Wechsel zwischen mehreren<br />
Apps erfordern. Dies führt zu einer<br />
paradoxen Situation: Einerseits gewinnen<br />
Mitarbeiter Zeit, weil sie bereits<br />
unterwegs reagieren können, andererseits<br />
ist die Durchführung der einzelnen<br />
Arbeitsschritte aber umständlicher. Ein<br />
wirklicher Produktivitätsgewinn für mobile<br />
Benutzer erfordert mehr. Gefragt<br />
sind vielmehr Workflow-orientierte Verzahnungen<br />
einiger weniger, aber dafür<br />
nützlicher Business-Apps. Denn um<br />
auch unterwegs effizient arbeiten zu<br />
können, haben berufliche Nutzer Anforderungen,<br />
die sich von Consumer-Apps<br />
nicht unterscheiden:<br />
> Für den Unternehmenseinsatz<br />
optimierte Apps<br />
> Zusammenspiel der Business-<br />
Apps, wie es der jeweilige<br />
Arbeitsablauf erfordert<br />
> Einheitliches, benutzerfreundliches<br />
Interface<br />
> Möglichkeit, unternehmenseigene<br />
Apps anzubieten.<br />
In Szenarien denken<br />
Ein Mobilitätsprojekt ist immer ein Sicherheitsprojekt.<br />
Aber bevor technische<br />
und organisatorische Massnahmen ergriffen<br />
werden, empfiehlt es sich, die<br />
mobilen Einsatzszenarien genau zu ermitteln.<br />
Nicht jede Lösung deckt die<br />
gleichen Szenarien ab und ist für alle<br />
Anwendungsfälle gleich geeignet. Wer<br />
Software & Hardware<br />
sich damit auseinandersetzt, wer warum<br />
und wie mobil arbeitet, denkt vom<br />
Mensch her und erhöht damit die Akzeptanz<br />
der Lösung.<br />
Die beste Lösung ist die passende<br />
Da Smartphones für Privatanwender entwickelt<br />
wurden, fehlen zuverlässige Verwaltungs-<br />
und Schutzsysteme. Unter dem<br />
Begriff Mobile Device Management (MDM)<br />
entwickeln führende Anbieter wie Citrix,<br />
Mobile Iron, Trend Micro und airwatch Lösungen,<br />
die sowohl für Tablets wie auch<br />
für Smartphones Sicherheit, Management<br />
und Bereitstellung überwachen. Nicht jedes<br />
Anwendungsszenario wird mit jeder<br />
Lösung abgedeckt. Wer nur sicher mit einem<br />
mobilen Gerät Informationen teilen<br />
will, stellt andere Anforderungen an die<br />
Lösung als jemand, der lernen, kommunizieren<br />
und ganze Abläufe steuern will. Bei<br />
der Wahl der passenden Lösung könnte<br />
ferner die Flexibilität, auf neue Trends zu<br />
reagieren, oder die Integration in eine bestehende<br />
Infrastruktur entscheidend sein.<br />
Die moderne IT:<br />
Dein Freund und Helfer<br />
Mit der Technologie einer ausgereiften<br />
und auf die Bedürfnisse abgestimmten<br />
MDM-Lösung kreiert ein Unternehmen<br />
effizientere Prozesse und einen besseren<br />
Kundenservice. So kann zum Beispiel der<br />
Vertrieb unterwegs auf aktuelle Preislisten<br />
zugreifen und schneller auf Kundenanfragen<br />
reagieren. Oder ein Produktmanager<br />
kann unterwegs per Klick im Kalender<br />
eine Videokonferenz zu seinem standortübergreifenden<br />
Team starten. Wirksamkeit<br />
und Anpassungsfähigkeit sind wie nie<br />
zuvor zu entscheidenden Erfolgsfaktoren<br />
der IT geworden. Aber die Lösung muss<br />
für alle einfach und nachvollziehbar sein.<br />
Denn nur wenn der Mensch von dem begeistert<br />
ist, was die Technologie vorgibt,<br />
bleibt das Business mobil.<br />
ist Head Customer Management bei UP-<br />
GREAT. Er berät Kunden bei der Einführung<br />
von Enterprise-Mobility-Lösungen.<br />
www.up-great.ch<br />
Marcel Burkart<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 81
Software & Hardware<br />
Ganzheitliche Steuerung<br />
Workspace-Management gehört die Zukunft<br />
von Oliver Bendig<br />
In der modernen Arbeitswelt verschmelzen zunehmend die Grenzen zwischen Hard- und Software sowie von privaten<br />
und geschäftlichen Inhalten. Die Steuerung und Kontrolle von IT-Arbeitsplätzen werden deshalb für die Unternehmen<br />
zu einer immer grösseren Herausforderung, zumal die Anwender mobiler werden und ein agiles Arbeitsumfeld<br />
einfordern. Wer diese individuelle Multigeräte-Arbeitsumgebung inklusive der dazugehörigen Daten technisch, prozessual<br />
und kostenseitig im Griff behalten möchte, benötigt ein innovatives Workspace-Management.<br />
Wer heute durch die Büros einer<br />
beliebigen Firma geht, wird<br />
dort sicher noch «ganz klassische»<br />
Arbeitsumgebungen finden:<br />
Schreibtische mit Bildschirmen, Tastatur<br />
und Maus, einem PC unter dem Tisch<br />
oder einen Laptop darauf – verbunden<br />
mit dem Unternehmensnetzwerk über<br />
ein Ethernet-Kabel oder WLAN. Es gibt<br />
aber auch Unternehmen, die für ihre Mitarbeiter<br />
bereits überhaupt keine festen<br />
Arbeitsplätze mehr besitzen. Vielmehr<br />
können sich die Mitarbeiter jeden Morgen<br />
zum Arbeiten einen beliebigen Ort in<br />
der Firma aussuchen, das Home Office<br />
nutzen oder unterwegs arbeiten. Arbeit<br />
ist also kein Ort mehr, sondern vielmehr<br />
ein Zustand.<br />
Hinzu kommt, dass sowohl Anzahl und<br />
Art der Endgeräte zunehmen, sich Arbeitsstile<br />
ändern und die Ansprüche<br />
der Nutzer steigen. Eine Art «Mobility-<br />
Tsunami» fegt durch die Unternehmen<br />
und beschert den IT-Profis einen wahren<br />
«Geräte-Zoo», den sie managen müssen.<br />
Das hat signifikante Auswirkungen<br />
auf die Verwaltung von IT-Arbeitsplätzen,<br />
die Management-Werkzeuge und<br />
den Content.<br />
IT-Geräte und Umgebungen im Wandel<br />
Bis jetzt haben IT-Abteilungen mithilfe<br />
des traditionellen Client-Managements<br />
einen Grossteil der Endgeräte in den Unternehmen<br />
sicher und zuverlässig verwalten<br />
können: Sie kennen sich aus,<br />
wenn es darum geht, Software zu verteilen,<br />
und wissen, wie man IT-Servicemanagement<br />
oder den Service-Desk in den<br />
Griff bekommt. Das aber ist Schnee von<br />
gestern – zukünftig müssen komplexere<br />
Situationen gelöst werden, und diese<br />
erfordern einen Perspektivenwechsel.<br />
Traditionelle Management-Werkzeuge<br />
verfolgen einen zentralistischen Ansatz,<br />
bei dem die IT-Abteilung alleine<br />
entscheidet, wer welche Applikationen,<br />
Arbeitsplatzkonfiguration und IT-Services<br />
bekommt. Moderne Workspace-<br />
Management-Lösungen dagegen geben<br />
dem Anwender mehr Eigenverantwortung<br />
und gewähren gleichzeitig der IT<br />
weiterhin die Kontrolle. Ein Beispiel: Der<br />
Anwender war in der IT-Abteilung bei<br />
vielen Unternehmen nicht erwünscht,<br />
denn er gehörte zu dem Personenkreis,<br />
der die IT-Mitarbeiter von der Arbeit<br />
abhielt, indem er Fragen stellte und<br />
Hilfe benötigte. Beim modernen Workspace-Management<br />
wird der Anwender<br />
hingegen wie ein Kunde behandelt.<br />
Er bekommt mehr Kontrolle über seine<br />
Arbeitsumgebung und Gehör bei der IT.<br />
Die Folge: Die IT-Abteilung muss sich<br />
anders aufstellen.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 82
Einfache Zugriffe<br />
Anwender erwarten heutzutage, dass<br />
sie ihre Geräte und Services genauso<br />
einfach bestellen können und geliefert<br />
bekommen, wie sie es von den Apps<br />
auf ihren Mobilgeräten gewohnt sind –<br />
zum Beispiel bei MyTaxi App. Transparenz<br />
und Einfachheit heissen die Zauberwörter.<br />
So wie mit MyTaxi ein Taxi<br />
transparent, nachvollziehbar und einfach<br />
mittels Übermittlung des Standorts<br />
bestellt und automatisch abgerechnet<br />
werden kann, genauso funktioniert<br />
auch ein cleveres Arbeitsumgebungsmanagement.<br />
Modernes Workspace-<br />
Management ermöglicht den einfachen<br />
Zugriff auf die richtige Applikation, in<br />
der passenden Bereitstellungsform, auf<br />
dem betreffenden Gerät und zum korrekten<br />
Preis – und das am besten über<br />
ein Self-Service-Portal oder Mobilgerät.<br />
Workspace-Management kümmert<br />
Software & Hardware<br />
Lösungen (Software as a Service), aber<br />
auch mobile Apps Einzug, die diesen<br />
Anteil signifikant verkleinern werden;<br />
Windows wird nicht mehr das dominante<br />
Betriebssystem sein.<br />
Die Folge: Die Bereitstellung von SaaSund<br />
Web-Apps ist im Grunde vergleichbar<br />
mit der Bereitstellung von physischen<br />
und virtuellen Apps, die technische Lösung<br />
unterscheidet sich jedoch gänzlich.<br />
Ein modernes Workspace-Management<br />
muss deshalb für die Steuerung von<br />
SaaS-Apps auch über Workflow-Steuerung,<br />
Autorisierungs- und Authentifizierungsfunktionalitäten<br />
via SAML2, OAuth<br />
oder Ähnliches verfügen. War es zudem<br />
früher selbstverständlich, dass alle Geräte<br />
und Prozesse, die in der IT zum Einsatz<br />
kamen, der Firma beziehungsweise<br />
der Unternehmens-IT gehörten, so bringen<br />
heute bereits in vielen Unternehmen<br />
Mitarbeiter ihre eigenen Geräte ins Firmennetzwerk<br />
ein und nutzen dabei auch<br />
eigene Programme und Apps.<br />
Die 4.0-Revolution steht bevor<br />
Wer glaubt, dass der Arbeitsplatz zukünftig<br />
weiterhin auf diese Art und<br />
Weise standardisierbar ist, muss umdenken.<br />
Was der Unternehmens-IT bevorsteht,<br />
bezeichnen Unternehmen wie<br />
Matrix42 als die Workspace-4.0-Revolution:<br />
Der IT-Arbeitsplatz wird zu einer<br />
Multigeräte-Arbeitsumgebung, in der<br />
Rechner, Laptops, mobile Geräte und<br />
sogar Maschinen zum Einsatz kommen.<br />
Der Schlüssel zum Erfolg sind dabei vor<br />
allen die Einfachheit und das Arbeiten<br />
im Anwender-Kontext, denn nur wenn<br />
eine Arbeitsumgebung auch wirklich<br />
einfach zu nutzen ist und den Bedürfnissen<br />
des Anwenders entspricht, wird<br />
sie auf Zuspruch stossen.<br />
IT-Verantwortliche müssen heute komplexe Sachverhalte managen.<br />
sich also nicht nur um die technischen<br />
Aspekte des IT-Arbeitsplatzes, sondern<br />
vor allem auch um die geschäftlichen<br />
und prozessualen Anforderungen, inklusive<br />
Lizenzkosten, Bereitstellungsprozesse,<br />
Integration in den Service Desk<br />
und das IT-Service-Management. Nur<br />
so entsteht ein bestmögliches Service-<br />
Erlebnis für den Anwender.<br />
Die Veränderung der Arbeitsumgebungen<br />
hat in vielen Unternehmen schon<br />
begonnen und wird in den nächsten<br />
Jahren weiter zunehmen. Klassischerweise<br />
wurden Desktops, Laptops und<br />
Notebooks sowie Thin Clients von der<br />
IT verwaltet. Hinzu kommen mobile Geräte,<br />
alsbald neue Endgeräte wie Wearables<br />
und sogar Maschinen, die über das<br />
sogenannte «Internet of Things» (IoT) angesteuert<br />
werden; alles, was ein Display<br />
besitzt, kann in Zukunft eine Erweiterung<br />
der Arbeitsumgebung werden und<br />
muss deshalb eventuell verwaltet werden.<br />
Eingabegeräte wie Tastatur und<br />
Maus werden zwar nicht aus den Firmen<br />
verschwinden, aber Sprach- und<br />
Touch-Steuerung werden einen grösseren<br />
Anteil für sich beanspruchen. Hatten<br />
es die IT-Abteilungen bis vor wenigen<br />
Jahren auf den Desktops meistens nur<br />
mit einem Betriebssystem – in der Regel<br />
Windows – zu tun, so sehen sich IT-<br />
Abteilungen nun mit den unterschiedlichsten<br />
Systemen (Mac OS, Chrome,<br />
Android, Windows Phone, iOS) konfrontiert.<br />
Bei den Anwendungen sieht es<br />
ähnlich aus: Waren bislang 90 Prozent<br />
der eingesetzten Applikationen Windows-Programme,<br />
so halten nun Browser-agnostische<br />
Web-Apps und SaaS-<br />
Beim modernen Workspace-Management<br />
werden nicht mehr die einzelnen<br />
Geräte, Anwendungen oder Inhalte verwaltet,<br />
sondern dem Anwender wird<br />
eine persönliche Cloud bereitgestellt.<br />
Diese setzt sich aus mehreren Geräten,<br />
sehr vielen unterschiedlichen Anwendungstypen<br />
(zum Beispiel mobile,<br />
virtuelle oder physische Apps, SaaS-<br />
Apps), verschiedenen Datencontainern<br />
(zum Beispiel SharePoint, Google Drive<br />
etc.) sowie vielfältigen digitalen Identitäten<br />
(zum Beispiel AD Account, Google<br />
ID, Apple ID oder Ähnliches) und heterogenen<br />
IT-Diensten zusammen. Die<br />
IT-Mannschaft kann diese Cloud von<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 83
Software & Hardware<br />
Einfachheit und das Arbeiten im Anwender-Kontext bringen Erfolg.<br />
einer zentralen Plattform aus verwalten<br />
und betreuen. Für sie besteht dabei<br />
die Herausforderung darin, diese<br />
neue Vielfalt der Geräte zu managen<br />
und dem Nutzer zugleich einen leichten,<br />
richtlinienkonformen und sicheren<br />
Zugriff auf seine persönliche Cloud zu<br />
ermöglichen. In diesem Zusammenhang<br />
ist es ganz entscheidend, dass auch der<br />
Aufwand für die IT so gering wie möglich<br />
gehalten werden kann.<br />
Neue Prinzipien<br />
Die Analysten von Gartner bezeichnen die<br />
Anbieter, die derartige Workspace-4.0-<br />
Lösungen bereits zur Verfügung stellen,<br />
als «Workspace Aggregator». Sie haben<br />
zudem festgestellt, dass im Jahr 2013<br />
diese Lösungen von weniger als einem<br />
Prozent der Unternehmen genutzt wurde.<br />
Spannend hierbei ist, dass der Anteil<br />
der Firmen, der moderne «Workspace-<br />
Aggregator-Lösungen» in seinen Netzen<br />
einsetzt, bis 2017 auf 15 Prozent<br />
ansteigen und einen Multi-Milliarden-<br />
US-Dollar-Markt erzeugen wird.<br />
Für die Verwaltung der Arbeitsplätze bedeutet<br />
das, dass hier ganz neue Prinzipien<br />
im Vergleich zum traditionellen<br />
Client-Management gelten: IT-Fachleute<br />
müssen akzeptieren, dass Heterogenität<br />
der neue Standard ist. Aber auch<br />
wenn Heterogenität grundsätzlich mit<br />
Komplexität gleichgesetzt wird, darf die<br />
Antwort darauf nicht bedeuten, dass<br />
die IT sich nun mit einer höheren Komplexität<br />
in ihren Managementwerkzeugen<br />
konfrontiert sieht. Die Lösung muss<br />
Einfachheit heissen – Einfachheit, die<br />
ein modernes Workspace-Management<br />
bieten kann.<br />
ist als Chief Technology Officer (CTO)<br />
für die Produktstrategie, Roadmap<br />
und Weiterentwicklung des Matrix42-<br />
Produktportfolios verantwortlich. Neben<br />
der Führung des Matrix42-Product-<br />
Managements und -Entwicklungsteams<br />
berät er Kunden im Bereich IT-Service-<br />
Management und Infrastructure-Management<br />
mit einem Schwerpunkt auf<br />
Cloud, Virtualisierung und Business<br />
Mobility.<br />
www.matrix42.ch<br />
Oliver Bendig<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 84
Rubrik<br />
Eindeutig betroffen<br />
<strong>KMU</strong> und die Bedrohungen aus dem Cyberspace<br />
von Max Klaus<br />
Die <strong>KMU</strong>-Landschaft in der Schweiz ist extrem vielfältig. In den verschiedensten Wirtschaftsbranchen leisten <strong>KMU</strong><br />
hervorragende und innovative Arbeit. Genau dieser Umstand macht sie anfällig für Angriffsszenarien unterschiedlicher<br />
Art.<br />
Schon aufgrund der Attraktivität von<br />
Firmendaten geraten auch kleinste<br />
Unternehmen immer wieder in den<br />
Fokus von Cyberangriffen. Gelingt es<br />
der Täterschaft beispielsweise, Baupläne<br />
oder Forschungsergebnisse für<br />
ein neues Medikament zu entwenden,<br />
kann dies für das betroffene Unternehmen<br />
verheerende Folgen haben. Es sind<br />
Fälle bekannt, in denen selbst sehr grosse<br />
und renommierte Unternehmen in<br />
den Konkurs gehen mussten, weil ihr<br />
Image nach einem Hackerangriff irreparabel<br />
zerstört war.<br />
Eine im angelsächsischen Raum durchgeführte<br />
Umfrage bei <strong>KMU</strong> brachte zutage,<br />
dass insbesondere Unternehmen<br />
mit einer Mitarbeiterzahl von elf bis hundert<br />
Personen besonders im Fokus von<br />
Angreifern aus dem Cyberspace stehen.<br />
Ein Grund für diese Tatsache mag sein,<br />
dass <strong>KMU</strong> oft nicht über die notwendigen<br />
personellen und finanziellen Ressourcen<br />
verfügen, um ihre am Internet<br />
angeschlossenen Systeme wirksam vor<br />
Angriffen aller Art zu schützen.<br />
Vielfältige Werte für Angreifer<br />
Oft unterliegen <strong>KMU</strong> und Privatpersonen<br />
aber auch einem Irrglauben: Gedanken<br />
wie «Wir haben keine Daten, die für<br />
Hacker interessant sein könnten» sind<br />
definitiv nicht angebracht. Denn selbst<br />
mit Daten, die für Hacker uninteressant<br />
sind, lässt sich Geld verdienen: Sogenannte<br />
Verschlüsselungstrojaner verschlüsseln<br />
alle auf dem Computer (und<br />
allenfalls auch auf angeschlossenen<br />
externen Datenträgern) vorhandenen<br />
Daten. Diese Daten haben unter Umständen<br />
keinen besonderen Wert für<br />
den Angreifer, jedoch mit Sicherheit einen<br />
grossen, vielleicht nur ideellen, Wert<br />
für das betroffene Unternehmen. Sind<br />
die Daten verschlüsselt, können sie so<br />
lange nicht mehr genutzt werden, bis auf<br />
die Erpressungsforderung der Angreifer<br />
eingegangen wird. Doch auch dann<br />
gibt es keine Garantie, dass die Daten<br />
wieder entschlüsselt werden: Denn<br />
mit einer Zahlung signalisiert das betroffene<br />
Unternehmen die Bereitschaft,<br />
auf Forderungen einzugehen. Dies wiederum<br />
könnte die Angreifer veranlassen,<br />
weitere Forderungen zu stellen.<br />
Doch zurück zum E-Banking: Mit gutem<br />
Gewissen lässt sich festhalten, dass<br />
die Schweizer E-Banking-Systeme im<br />
Vergleich mit ausländischen Angeboten<br />
sehr gut geschützt sind. Insbesondere<br />
im angelsächsischen Raum gibt<br />
es heute noch zahlreiche E-Banking-<br />
Lösungen, bei denen für das Login lediglich<br />
ein Benutzername und ein Passwort<br />
verwendet werden muss. Bei sämtlichen<br />
Schweizer E-Banking-Systemen<br />
wird mindestens ein drittes Element wie<br />
zum Beispiel ein Code aus einer Strichliste,<br />
ein per SMS zugeschickter Code<br />
oder Ähnliches verlangt.<br />
Neue Angriffstrends<br />
Es erstaunt deshalb nicht, dass die Angriffe<br />
normalerweise nicht den Banken<br />
direkt, sondern den E-Banking-Kunden<br />
gelten. Die von den Kunden verwendeten<br />
Geräte können von den Banken<br />
nicht kontrolliert werden und bieten daher<br />
eine grössere Angriffsfläche, wenn<br />
sie ungenügend geschützt sind.<br />
Einen neuen Trend von Angriffen auf<br />
E-Banking-Kunden konnte die Meldeund<br />
Analysestelle Informationssicherung<br />
MELANI Anfang Februar 2015 feststellen:<br />
Immer öfter dringen die Angreifer zuerst<br />
in eine Kundendatenbank einer <strong>KMU</strong><br />
ein und entwenden unter anderem die<br />
E-Mail-Adressen der Kunden. In einem<br />
zweiten Schritt versenden die Angreifer<br />
im Namen der <strong>KMU</strong> an alle Kunden<br />
E-Mails mit einem verseuchten Anhang.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 86
Wird dieser Anhang geöffnet, installiert<br />
sich auf dem Computer des Kunden eine<br />
Schadsoftware. Diese wiederum erlaubt<br />
es dem Angreifer, Geld vom E-Banking-<br />
Konto des Kunden zu entwenden.<br />
Es liegt auf der Hand, dass die Empfänger<br />
dieser E-Mails eine grössere Gefahr<br />
laufen, den Angriff nicht als solchen zu erkennen:<br />
Denn sie erhalten die Mail ja im<br />
Namen einer <strong>KMU</strong>, die ihnen persönlich<br />
bekannt ist und bei der sie schon einmal<br />
eingekauft haben. Deshalb setzen<br />
die Kunden voraus, die E-Mail stamme<br />
tatsächlich von dieser Firma und klicken<br />
vertrauensvoll auf den Anhang. – Das<br />
Unheil nimmt seinen Lauf.<br />
Essenzielle Massnahmen<br />
Trotzdem können Sie das Internet weiterhin<br />
als das nutzen, was es ja eigentlich<br />
sein soll: ein Medium, das Ihnen und<br />
Ihren Mitarbeitenden die Arbeit erleichtert,<br />
das als Informations- oder Absatzquelle<br />
genutzt werden kann. Dafür sind<br />
lediglich ein paar Hinweise zu beachten:<br />
> Stellen Sie sicher, dass Sie regelmässig<br />
ein Backup Ihrer Daten erstellen<br />
(täglich) und an einem sicheren Ort<br />
aufbewahren (offline). Testen Sie die<br />
Funktionsfähigkeit Ihres Backups regelmässig.<br />
> Stellen Sie sicher, dass auf Ihrem<br />
Computer ein aktuelles Virenschutzprogramm<br />
installiert ist.<br />
> Scannen Sie Ihren Computer<br />
regelmässig mit einem aktuellen Virenschutzprogramm<br />
(vollständiger<br />
Systemscan).<br />
> Seien Sie vorsichtig beim Umgang<br />
mit E-Mails, auch wenn diese<br />
von vertrauenswürdigen Absendern<br />
stammen. Im Zweifelsfall fragen Sie<br />
beim Absender der E-Mail telefonisch<br />
nach.<br />
> Sollten Sie beim Login ins E-Banking<br />
nach Eingabe der Anmeldeinformationen<br />
(wie Passwort oder Code) einen<br />
Sperrbildschirm erhalten, zum Beispiel<br />
«Das E-Banking steht derzeit nicht zur<br />
Verfügung», kontaktieren Sie bitte unverzüglich<br />
Ihre Bank.<br />
> Falls beim Login-Prozess aussergewöhnliche<br />
Vorkommnisse auftreten<br />
(zum Beispiel Anzeige von Minuten-<br />
Timer und Ähnliches), sollte die Bank<br />
unverzüglich kontaktiert werden.<br />
IT-Sicherheit<br />
Auf der Internetseite von MELANI<br />
(www.melani.admin.ch) finden<br />
Interessierte neben einer Anleitung<br />
zur Entfernung von Schadsoftware<br />
auch ein Merkblatt für die IT-<br />
Sicherheit in <strong>KMU</strong>. Schliesslich<br />
bietet das <strong>KMU</strong>-Portal der<br />
Bundesverwaltung neben<br />
allgemeinen Informationen zur<br />
IT-Sicherheit ein 10-Punkte-<br />
Programm sowie eine Checkliste<br />
für IT-Sicherheit an.<br />
Max Klaus<br />
ist Stellvertretender Leiter Melde- und<br />
Analysestelle Informationssicherung<br />
MELANI.<br />
www.melani.admin.ch<br />
<strong>KMU</strong>-LÖSUNGEN: RACKBOX<br />
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Ein weites Feld<br />
Trends und Herausforderungen bei Sicherheitslösungen<br />
Interview mit Stephan Schweizer und Tom Sprenger von Georg Lutz<br />
Aktuell wird medial fast jede Woche ein neues Horrorszenario aufgebaut. Nehmen wir ein Beispiel: Die Kollegen von<br />
Kaspersky Lab haben eine neue Schadsoftware entdeckt. Die Virenforscher sprechen von bislang ungeahnter Komplexität<br />
und Qualität, vom «Todesstern der Malware-Galaxie». Die Stuxnet-Angriffe sollen da vergleichsweise harmlos<br />
sein. Da kommen einige wirkungsmächtige Bilder zusammen, die den Laien frösteln lassen.<br />
Inwieweit betreffen solche Meldungen<br />
durchschnittliche Schweizer <strong>KMU</strong>-<br />
Verantwortliche?<br />
Stephan Schweizer: Es gilt hier sehr nüchtern<br />
zu bleiben und strategische Punkte<br />
zu beachten. Als <strong>KMU</strong>-Verantwortlicher<br />
muss man primär seine Hausaufgaben<br />
richtig machen. So sollte die Informatikinfrastruktur<br />
auf einem aktuellen Stand<br />
gehalten werden. Es gilt die Benutzer<br />
zu instruieren und die gängigen Sicherheitsmechanismen,<br />
die ja heute schon zur<br />
Verfügung stehen, konsequent einzuset-<br />
zen. Dabei muss Geld investiert werden.<br />
Sicherheit aus dem Hobbykeller reicht<br />
schon lange nicht mehr aus. Es sollten<br />
Fachkräfte damit beauftragt werden.<br />
Jetzt könnte man einwenden, ich arbeite<br />
ja nicht in einem iranischen<br />
Atomkraftwerk.<br />
Klar. Aber es gibt viele Schweizer <strong>KMU</strong>,<br />
die sehr interessante Daten für potenzielle<br />
Angreifer haben. Der «Todesstern<br />
der Malware-Galaxie» ist allerdings nun<br />
wirklich die ganz hohe Schule der Malware.<br />
Der Aufwand für den Angreifer ist<br />
beträchtlich. Das lohnt sich nur bei «High-<br />
Value Targets».<br />
Woran machen Sie das fest?<br />
Die Malware ist sehr aufwändig programmiert<br />
und funktioniert zielgerichtet auf<br />
bestimmte Endsysteme. Sie erkennt beispielsweise<br />
selbst, ob sie ein lohnendes<br />
Ziel getroffen hat. Wenn nicht, schaltet sie<br />
sich automatisch ab.<br />
Der erste Schritt in Richtung passen-<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 88
IT-Sicherheit<br />
der Schutz ist vermutlich die strategische<br />
Bewertung meiner Daten?<br />
Tom Sprenger: Ja, dem stimme ich zu.<br />
Allerdings ist ein gewisser Grundschutz<br />
auf der Höhe der Zeit für alle <strong>KMU</strong> notwendig.<br />
Dabei geht es um Dinge wie die<br />
regelmässige Aktualisierung der Software<br />
oder eine saubere Perimetersicherheit. Es<br />
gibt heute zwei Möglichkeiten. Entweder<br />
schafft man selbst den Rahmen auf lokaler<br />
Ebene oder man geht in eine professionelle<br />
Cloud-Lösung.<br />
Wo liegen die Risiken einer klassischen<br />
Sicherheitsarchitektur?<br />
Heute läuft fast die gesamte Malwareproduktion<br />
auf einem sehr hohen<br />
Niveau ab. Schauen Sie sich nur die aktuellen<br />
Zahlen der Mutationen an. Inzwischen<br />
haben wir es mit Hunderten von Millionen<br />
unterschiedlicher Schadsoftware-<br />
Varianten zu tun. Das ist ein gigantisches<br />
Katz- und Maus-Spiel zwischen Angreifern<br />
und Schützern. Wir als Verteidiger<br />
können nur das bekämpfen, was<br />
wir wirklich kennen. Es gibt daher heute<br />
nur einen bedingten Schutz mit einem<br />
Virenscanner. Er reicht für einige aus,<br />
für andere aber nicht. Wenn es um sehr<br />
schützenswerte Daten geht, dann muss<br />
man sich über Themen wie Datenverschlüsselung<br />
und restriktive Datenzugriffsrechte<br />
Gedanken machen.<br />
Dies umso mehr, wenn neben den eigenen<br />
Mitarbeitenden auch externe Personen<br />
wie Kunden und Lieferanten auf die<br />
Kernsysteme des Unternehmens Zugriff<br />
haben.<br />
«Es geht um eine<br />
Awareness der<br />
Mitarbeitenden.»<br />
Es gibt in der Sicherheitsbranche zwei<br />
grundsätzlich unterschiedliche Herangehensweisen.<br />
Zum einen geht es<br />
um den Präventionsansatz, zum anderen<br />
um den Reaktionsansatz. Wann ist<br />
welche Strategie sinnvoller?<br />
Prävention heisst übersetzt, den Fokus<br />
auf vorbeugende Massnahmen zu<br />
legen. Man hat aktualisierte Systeme,<br />
genauer gesagt man lässt sie aktualisieren.<br />
Bei einem Virenscanner muss<br />
man heute fast tagesaktuell sein. Dazu<br />
kommen die Vorkehrungen im Rahmen<br />
der Infrastruktur. Beim reaktiven Ansatz<br />
liegt die Voraussetzung darin, dass Mechanismen<br />
die Detektion ermöglichen.<br />
Zudem braucht es ein Monitoring und<br />
dann am Ende dieser Sicherheitskette<br />
Kompetenzen, damit man die nötigen<br />
Massnahmen einleiten kann.<br />
Das Handeln in Echtzeit erfordert<br />
aber eine Performance auf sehr hohem<br />
Niveau. Wenn ich nur an die<br />
nötige Rechnerleistung denke. Das ist<br />
auf klassischen <strong>KMU</strong>-Servern in der<br />
Besenkammer nicht zu leisten.<br />
Schweizer: Kommt darauf an, was man<br />
in Echtzeit haben will. Wenn man das<br />
Verhalten der Nutzer innerhalb des<br />
Unternehmens analysieren will, um sicherheitsrelevante<br />
Defizite festzustellen,<br />
trifft Ihre These zu.<br />
Können Sie das kurz etwas ausführen?<br />
Es geht zum Beispiel darum, dass der<br />
Ort und die Bewegungen von schützenswerten<br />
Dokumenten lückenlos erfasst<br />
werden. Verlässt ein schützenswertes<br />
Dokument unautorisiert per Mail<br />
das Unternehmen, schrillen die Alarmglocken.<br />
Man muss aber in jedem einzelnen<br />
Fall die Anforderungen genau<br />
anschauen, um zu einer passenden Lösung<br />
zu kommen. Mit massgeschneiderten<br />
Lösungen lassen sich die Performance-Anforderungen<br />
massgeblich<br />
reduzieren.<br />
Die beste technische Sicherheitsstruktur<br />
nützt mir nichts, wenn ein<br />
Mitarbeiter einen USB-Stick auf seinem<br />
Schreibtisch findet und ihn in den<br />
Rechner steckt. Wie kann die Sensibilität<br />
bei solchen Themen wachsen?<br />
Es braucht eine Sicherheitskultur. Um<br />
diese operativ zu implementieren, führen<br />
wir mit Unternehmen Sicherheitsprogramme<br />
durch. Nur die technische<br />
Seite abzudecken ist heute definitiv zu<br />
wenig. Es geht um eine Awareness der<br />
Mitarbeitenden. Es gilt klare Prozesse<br />
zu definieren, bei denen auch Rechte<br />
vergeben und entzogen werden.<br />
Oftmals ist gerade auch in der Finanzbranche<br />
der historisch gewachsene<br />
punktuelle Schutz noch vorherrschend.<br />
Betrug, Identitätsdiebstahl,<br />
Spam und Phishing nehmen in Zeiten<br />
des Onlinebanking zu. Können Sie die<br />
Bedrohungen qualitativ einordnen?<br />
Sprenger: Die Bedrohungssituation in<br />
der Finanzbranche ist sicherlich akuter.<br />
Es geht ja im wahrsten Sinne des Wortes<br />
um mehr Geld. Im internationalen<br />
Vergleich ist der Schweizer Finanzplatz,<br />
was das Thema Sicherheit betrifft, gut<br />
aufgestellt. Wenn wir in die einschlägigen<br />
Foren reinschauen, heisst der Tenor<br />
dort: Lasst uns die Kanonen auf andere<br />
Länder ausrichten, der Aufwand ist hier<br />
viel zu hoch. Das betrifft zum Beispiel<br />
die berühmten fingierten Transaktionsbestätigungen.<br />
Von der zuständigen staatlichen<br />
Stelle, dem MELANI (vergleiche. Einleitungstext<br />
in dieser Rubrik, die Redaktion),<br />
hört man aber doch immer<br />
wieder von Trojanern, die auch die<br />
Finanzbranche betreffen.<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 89
IT-Sicherheit<br />
Manchmal kann der Diebstahl nicht verhindert werden, aber der anschliessende Missbrauch.<br />
Meine Aussage heisst nicht, dass die<br />
Verantwortlichen die Hände in den<br />
Schoss legen können. Es gibt tatsächlich<br />
Trojaner, die gezielt für E-Banking-<br />
Lösungen gebaut und eingesetzt werden.<br />
Das ist effektiv ein Thema. Mit<br />
unseren Lösungen adressieren wir den<br />
Themenkomplex auf verschiedenen<br />
Ebenen. Die grundsätzliche Stossrichtung<br />
ist die, dass wir neben der Perimetersicherheit<br />
auf einem höheren Abstraktionslevel<br />
Anomalie-Erkennung<br />
betreiben. Selbst sehr gut getarnte Trojaner<br />
verhalten sich anders als ein Mitarbeiter.<br />
Das kann man erkennen.<br />
Was heisst das praktisch?<br />
Man analysiert, wie sich der Nutzer innerhalb<br />
der Applikation bewegt. So erhält<br />
man einen Navigationsablauf. Der Benutzer<br />
wählt innerhalb der Applikation einen<br />
üblichen Pfad, weicht er davon ab, gilt<br />
es genauer hinzuschauen. Beim Thema<br />
Identitätsdiebstahl kann man aktuell Lücken<br />
nicht ausschliessen. Da wird gerade<br />
im privaten Bereich doch auf einen Link<br />
geklickt, die Hardware dann aber auch<br />
im Unternehmen eingesetzt.<br />
Das ist die Sicherheitsherausforderung<br />
bei Bring your own Device?<br />
Richtig. Daher lautet der Ansatz hier wie<br />
folgt: Wenn man den Diebstahl schon<br />
nicht verhindern kann, dann wenigstens<br />
den Missbrauch. Dort helfen intelligente<br />
Autorisierungssysteme weiter. Diese erkennen,<br />
dass potenziell eine gestohlene<br />
Identität verwendet wird, und notifizieren<br />
den rechtmässigen Besitzer. Dieser<br />
hat dann die Möglichkeit, einzugreifen,<br />
indem er die verdächtige Verwendung<br />
der Identität (Session) terminiert.<br />
Es geht, um die grundsätzlichen Ansätze<br />
nochmals zusammenzufassen,<br />
nicht nur um präventive und reaktive<br />
Möglichkeiten, sondern man kann<br />
drittens auch nach dem Schadensfall<br />
die Situation bearbeiten?<br />
Ja. Gerade beim Thema Identitätsdiebstahl<br />
kann der Zeithorizont zwischen<br />
dem Diebstahl und dem Auffallen des<br />
Verlustes sehr weit sein. Die Idee ist<br />
hier, dass man den Nutzer schon bei<br />
Verdacht in die Reaktionskette miteinbezieht.<br />
Was wird sich in den Bedrohungsszenarien<br />
in den nächsten Jahren tun?<br />
Wagen Sie eine Prognose?<br />
Die Erfahrungswerte geben leider keinen<br />
Anlass zur Entwarnung. Die Bedrohungen<br />
werden zunehmen. Es gibt<br />
dafür eine ganze Branche, die weltweit<br />
sehr gut aufgestellt ist und Produktion<br />
und Vertrieb professionell betreibt. Die<br />
werden nicht so schnell die Flinte ins<br />
Korn werfen. Heute kann man Malware<br />
für verschiedenste Zwecke und Zielgruppen<br />
problemlos einkaufen.<br />
Schweizer: Die meisten Banken wollen<br />
heute ihre Kunden auf verschiedenen<br />
Kommunikationswegen erreichen. Das<br />
führt zu einer Ausweitung der Sicherheitsbedrohungen.<br />
Insbesondere die<br />
mobilen Kommunikationskanäle werden<br />
davon betroffen sein.<br />
Sprenger: Das mobile Gerät ist ein<br />
High-Level Target. Dort hat der Benutzer<br />
seine gesamte digitale Identität<br />
gespeichert. Wenn man ihn umfassend<br />
schädigen will, dann liegt man<br />
hier richtig.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 90
Schweizer: Die klassische Perimetersicherheit<br />
erodiert. Durch die zunehmende<br />
Verbreitung von Cloud-Lösungen<br />
und mobilen Geräten ist die klassische<br />
Mauer löchrig geworden. Man braucht<br />
sie in der Zukunft trotzdem, sie reicht<br />
aber nicht aus. Man wird eine neue Ge-<br />
neration von Sicherheitslösungen bauen<br />
müssen. Dabei geht es nicht nur um Abschirmung,<br />
sondern um Beobachtung<br />
von auffälligem Verhalten.<br />
Jetzt kommen Anbieter wie AdNovum<br />
mit einer Managed Security ins Spiel?<br />
IT-Sicherheit<br />
Es gibt bei uns auch Produkte zu kaufen.<br />
Es geht nicht nur um Dienstleitungen.<br />
Aber klar, wir wollen die ganze<br />
Kette abdecken. Das betrifft zum Beispiel<br />
die Sicherung von Webportalen,<br />
die Datenfilterung auf dem Kommunikationskanal,<br />
die Sicherstellung der<br />
Authentifizierung und das Identitätsmanagement.<br />
Diese standardisierten<br />
Lösungen brauchen meist ein kleines<br />
Integrationsprojekt. Alternativ können<br />
sie Teil einer Gesamtlösung sein, bei<br />
der von uns auch Applikationen entwickelt<br />
werden.<br />
Bei Ihnen läuft das unter dem Stichwort<br />
«CIO as a Service». Da kann ich<br />
mir mein passendes Paket zusammenstellen.<br />
Das betrifft auch <strong>KMU</strong>?<br />
Schweizer: Wir können die Bausteine<br />
dieses Ansatzes bei <strong>KMU</strong> implementieren.<br />
Das ist auch für kleine Unternehmen<br />
sehr attraktiv. Sie beziehen das als<br />
Service innerhalb einer Cloud-Lösung.<br />
Da braucht es einen sicheren Cloud-<br />
Provider. Das Auslagern der CIO-Funktion<br />
macht für viele <strong>KMU</strong> Sinn. Daher<br />
auch unser Motto: «CIO as a Service».<br />
Stephan Schweizer<br />
ist Nevis Product Manager bei der Ad-<br />
Novum Informatik AG und in dieser Rolle<br />
auch für strategische Kundenprojekte<br />
verantwortlich.<br />
Dr. Tom Sprenger<br />
Die klassische Perimetersicherheit erodiert.<br />
ist seit 2013 CTO der AdNovum Firmengruppe.<br />
Davor hat er als CIO den Aufbau<br />
der globalen IT-Infrastruktur von AdNovum<br />
vorangetrieben.<br />
www.adnovum.ch<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 91
IT-Sicherheit<br />
In der Poleposition<br />
Cloud Computing bei Industrie 4.0<br />
von Helmut Fallmann<br />
Im Cloud Computing ist umfassende Sicherheit die zentrale Währung für<br />
Erfolge am Markt. Verantwortliche Provider haben in Bezug auf die Vorbehalte<br />
der Wirtschaft, insbesondere kleinerer und mittelständischer Unternehmen,<br />
ihre Lektion gelernt. Heute sind flexible IT-Dienstleistungen aus<br />
der Cloud und die Beherrschung der Komplexität von Security etablierte<br />
zentrale Assets für die Zukunft der IT. Mit diesem traditionell akkumulierten<br />
Know-how ist Cloud Computing gegenwärtig einer der zentralen Treiber von<br />
Industrie 4.0 und die entwickelten Security-Designs eine Art Blaupause, die<br />
für den Aufbau von Smart Factories als sicherer Ausgangshafen dienen kann.<br />
Durch die jahrelange Konzentration<br />
auf Sicherheitsherausforderungen<br />
in der Cloud und die<br />
Fokussierung auf eine verlässliche Umsetzung<br />
technologischer und organisatorischer<br />
Security-Massnahmen befindet<br />
sich Cloud Computing zu Recht in<br />
der Poleposition für die Konzeption von<br />
Sicherheitsarchitekturen, wie sie im Kontext<br />
von Industrie 4.0 erforderlich sind.<br />
Natürlich stellt die Integration von mechanischen<br />
und elektronischen Komponenten<br />
mit IT- und Netzkapazitäten, wie<br />
sie in einer intelligenten industriellen Fertigung<br />
angestrebt wird, zusätzliche neue<br />
Herausforderungen an das IT-Security-<br />
Management. Aber die in einem Working<br />
Paper der Technischen Universität Dortmund<br />
erörterten «Design- Prinzipien für<br />
Industrie 4.0. Szenarios» 1) – Interoperabilität,<br />
Virtualisierung, Dezentralisierung,<br />
Kapazität in Echtzeit, Serviceorientierung<br />
und Modularität – sind Gestaltungsparameter,<br />
die auch im Cloud Computing<br />
gelernt sind und angewendet werden.<br />
Mehr Effizienz in der Produktion<br />
Das Funktionieren der Cloud in der Automatisation<br />
ist eine zentrale Voraussetzung<br />
für die fortschreitende Digitalisierung<br />
der gesamten industriellen<br />
Wertschöpfung. 2) Durch die Verlagerung<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 92
von Daten aus den Produktions- und<br />
den sie begleitenden Business-Prozessen<br />
in die Cloud und die dabei erfolgende<br />
Virtualisierung kommt es zu deutlichen<br />
Effizienzsteigerungen und zu einer<br />
insgesamt besseren Performance in<br />
den Produktionsabläufen. Die mithilfe<br />
von Cloud Computing gesteuerten, miteinander<br />
vernetzten, interagierenden<br />
und sich selbstkonfigurierenden cyberphysikalischen<br />
Systeme führen zu einer<br />
neuen Qualität der Automatisierung in<br />
der industriellen Produktion.<br />
Die industrielle Konzeption, Planung und<br />
Fertigung von Maschinen, Anlagen oder<br />
technischen Komponenten finden heute<br />
oft auf geografisch dispersen Standorten<br />
statt. Auch aus dieser Perspektive ist<br />
Cloud Computing mit seinem verteilten<br />
Zugriff auf IT-Ressourcen das prädestinierte<br />
und hoch flexible On-demand-<br />
Bereitstellungsmodell.<br />
Cloud an Schnittstellen<br />
In der Weiterentwicklung von Industrie<br />
4.0 wird es neben der Vernetzung<br />
eingebetteter Systeme und der digitalen<br />
Veredelung von technischem Produktionsequipment<br />
auch um Business-Prozess-Innovationen<br />
gehen müssen, damit<br />
die Smart Factory wirklich abheben<br />
kann. Dies erfordert vertikal die Anbindung<br />
von Produktionssystemen an betriebswirtschaftliche<br />
Prozesse innerhalb<br />
der Fabriken und horizontal die Einbindung<br />
in verknüpfte Wertschöpfungsnetzwerke.<br />
Auch in dieser Hinsicht kann<br />
Cloud Computing mit Erfahrungen bei<br />
der sicheren Gestaltung von Schnittstellen<br />
sowie mit modernen Datenanalysetechniken<br />
nachgefragte (Vor-)Erfahrungen<br />
einbringen.<br />
Die technologischen Voraussetzungen<br />
für Industrie 4.0 sind mit Cloud-Technologie,<br />
mit intelligenter Lokalisierungstechnik<br />
zum Beispiel auf Basis von<br />
RFID-Chips, mit Sensoren und Aktoren<br />
aus dem «Internet of Things», mit Protokollen<br />
für M2M Communication, mit<br />
dem erweiterten Adressraum von IPv6<br />
und mit Data Analytics im Zuschnitt von<br />
Big Data jedenfalls zur Gänze gegeben.<br />
Und auch die industrielle Basis für eine<br />
weltweite Vorreiterrolle bei Industrie 4.0<br />
ist in Österreich und Deutschland mit der<br />
herausragenden Qualität der Unternehmen<br />
in den Bereichen Automobil-, Maschinen-<br />
und Anlagenbau nicht nur auf<br />
industrieller Ebene, sondern auch bei<br />
kleinen und mittleren Zulieferbetrieben<br />
optimal gegeben.<br />
IT-Sicherheit<br />
<strong>KMU</strong> intensiv beraten<br />
Natürlich müssen wir an der <strong>KMU</strong>-Front<br />
künftig starke Beratungsarbeit leisten,<br />
um diese Unternehmen von den Vorteilen<br />
der Nutzung von Cloud Computing<br />
und der schrittweisen Einführung<br />
von Industrie-4.0-Verfahren zu überzeugen.<br />
Wenn es der IT-Industrie gelingt,<br />
den Klein- und Mittelbetrieben zu demonstrieren,<br />
welches enorme ökonomische<br />
Potenzial in intelligenten, eindeutig<br />
identifizier- und lokalisierbaren Produkten<br />
schlummert, dann kann Industrie 4.0<br />
auch bei <strong>KMU</strong> rasch Fuss fassen. Und<br />
mit dem Erreichen kritischer Massen<br />
wird auch der Standardisierungsdruck<br />
für die zügige Vereinheitlichung technischer<br />
Parameter sorgen, die ihrerseits<br />
Industrie 4.0 in eine neue Dimension pushen<br />
können.<br />
IT-Welten und Produktionswelten<br />
verschmelzen immer mehr.<br />
Anmerkung<br />
1)<br />
Mario Hermann, Tobias Pentek (Business Engineering<br />
Institute St. Gallen), Boris Otto, Design Principles<br />
for Industrie 4.0 Scenarios, A Literature Review,<br />
Working Paper No. 01/2015, Technische Universität<br />
Dortmund, Audi Stiftungslehrstuhl Supply Net, Order<br />
Management.<br />
2)<br />
Prof. Dr. Ing. Dr. h.c. Detlef Zühlke, Die Cloud ist die<br />
Voraussetzung für Industrie 4.0, Wissenschaftlicher<br />
Direktor Innovative Fabriksysteme am DFKI Kaiserslautern,<br />
VDI-Pressegespräch beim Kongress «AU-<br />
TOMATION 2013».<br />
Helmut Fallmann<br />
ist Mitglied des Vorstandes<br />
der Fabasoft AG.<br />
www.fabasoft.com<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 93
IT-Sicherheit<br />
Die Sicherheitsarchitektur mit klaren Grundlagen und Strukturen führt zum Ziel.<br />
Genug ist nicht genug<br />
Ist IT-Sicherheit heutzutage noch relevant?<br />
von Umberto Annino<br />
Die Gefahr der computerbasierten Wirtschaftskriminalität steigt kontinuierlich an, genauso wie die Komplexität der<br />
Angriffe. Trotzdem wiegen sich immer noch viele <strong>KMU</strong> in falscher Sicherheit, dass sie diesbezüglich nicht betroffen<br />
und zu wenig interessant seien. Der kürzlich bekannt gewordene Angriff auf ein Freiburger <strong>KMU</strong>-Betrieb mit seinem<br />
Verlust in Millionenhöhe infolge Hackings der Firmenkonti zeigt leider die Realität sehr schmerzlich auf. Cyber<br />
Security ist heutzutage wichtiger denn je.<br />
Um die Themen IT-Sicherheit, Informationssicherheit,<br />
Cyber-Sicherheit<br />
– rund um den Schutz<br />
der Daten und Infor mationen eines Unternehmens<br />
– ranken sich heute viele<br />
Begriffe, welche nicht so trennscharf<br />
unterschieden werden können und inhaltlich<br />
ineinander übergehen. Insbesondere<br />
beim Präfix «Cyber» beobachte<br />
ich sehr oft, dass den wenigsten wirklich<br />
klar ist, was darin nun enthalten sein soll<br />
und was nicht. Ein weiterer Aspekt, der<br />
im Bereich der «Sicherheit von Informationssystemen»<br />
oft zu hören ist: «Vergesst<br />
die Technik, der Mensch ist oft<br />
das Hauptproblem.» Doch ist die Technik<br />
wirklich vernachlässigbar?<br />
Während «IT-Sicherheit» begrifflich die<br />
«Sicherheit der IT» bezeichnet – technische<br />
Systeme –, bezieht sich «Informationssicherheit»<br />
auf die «Sicherheit der<br />
Information» – unabhängig, ob die Information<br />
mithilfe (technischer) IT-Systeme<br />
bearbeitet wird. Wenn man sich<br />
überlegt, wie viel Information in beziehungsweise<br />
mithilfe von IT-Systemen<br />
(das heisst jede erdenkliche Art eines<br />
technischen Systems) bearbeitet wird,<br />
kann man sehr rasch folgern, dass die<br />
«Sicherheit der IT-Systeme» ein wichtiges<br />
und wesentliches Fundament darstellt.<br />
Weitere moderne Entwicklungen<br />
in Sachen Informationsverarbeitung<br />
wie «Big Data» sowie auch «Internet of<br />
Things» wären ohne technische Systeme<br />
gar nicht möglich. Entsprechend ist<br />
der Stellenwert einer funktionierenden,<br />
wirtschaftlichen und Risiko-basierten<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 94
IT-Sicherheit<br />
technischen IT-Sicherheit auch heute –<br />
und in Zukunft – nicht hoch genug einzuschätzen.<br />
Unbestechliche technische Seite<br />
Ein Vorteil der technischen IT-Sicherheit<br />
ist, dass die Massnahmen weitgehend<br />
«unbestechlich» sind. Im Gegensatz zu<br />
«organisatorischen Sicherheitsmassnahmen»,<br />
die oft auf dem «Faktor Mensch»<br />
beruhen, haben technische Sicherheitsmassnahmen<br />
keine Motivationsprobleme<br />
und kennen kein TGIF – thank god it’s<br />
Friday. Sicherheit beim Menschen zu<br />
etablieren benötigt Voraussetzungen,<br />
die weiteren Aufwand oder Kosten bedeuten.<br />
Sicherheit in Prozesse einzubetten<br />
bewirkt unmittelbar vor allem, dass<br />
der Prozess eher verlangsamt als beschleunigt<br />
wird – betriebswirtschaftlich<br />
kein einfach zu vermittelnder Nutzenfaktor.<br />
Technische Sicherheit wird hingegen<br />
oft als «gegeben» betrachtet und hat<br />
dadurch oftmals eine höhere Akzeptanz.<br />
Oft wird diese auch implizit erwartet –<br />
wobei man im Bereich der IT-Sicherheit<br />
noch immer nicht am Punkt angelangt<br />
ist, wo eine «grundsätzliche Sicherheit»<br />
in technischen bzw. IT-Systemen erwartet<br />
werden kann. Hingegen haben<br />
Sie noch nie ein Auto gekauft, wo die<br />
Bremsen zuerst spezifiziert und explizit<br />
dazugekauft werden mussten und das<br />
Auto (Zweck: vorwärtskommen) ansonsten<br />
ohne Bremsen ausgeliefert wird.<br />
Die Frage nach dem Wieviel<br />
Es gibt ein Mindest-Niveau an Sicherheit,<br />
und dieses wird am besten zuerst<br />
im technischen Bereich aufgebaut,<br />
begründet mit den vorangehenden<br />
Ausführungen bezüglich den Herausforderungen<br />
der «organisatorischen<br />
Sicherheitsmassnahmen». Erinnern<br />
Sie sich noch, als Microsoft Windows<br />
ohne Anti-Malware und ohne Personal<br />
Firewall ausgeliefert wurde? Inzwischen<br />
sind die Funktionen entweder<br />
mit im Betriebssystem eingebaut<br />
oder zumindest kostenlos durch den<br />
Hersteller angeboten. Als Informatik-<br />
Spezialist sollte man nie vergessen, dass<br />
der Nutzer der IT-Leistungen selten ein<br />
entsprechender Fachspezialist ist und<br />
auch nicht sein muss – die wenigsten Autofahrer<br />
können ihr Auto reparieren, wenn<br />
es einen Motorschaden hat. Damit hat der<br />
Nutzer eine implizite Erwartungshaltung,<br />
dass er sich auf die Funktionalität der<br />
technischen IT-Systeme verlassen kann –<br />
mit Sicherheit!<br />
Das Thema Sicherheit beim Menschen zu etablieren benötigt Voraussetzungen.<br />
Bezugnehmend auf die Thematik Auto:<br />
Als ich meins vor zirka acht Jahren wegen<br />
eines mechanischen Defekts zur Werkstatt<br />
brachte, habe ich gestaunt, als der Service-Fachmann<br />
zuerst mal die neue Firmware<br />
implementieren wollte. Heute wird<br />
dies ohne expliziten Kundenwunsch nicht<br />
Swiss Information Security<br />
von InfoGuard<br />
Die InfoGuard AG ist spezialisiert<br />
auf umfassende Informationssicherheits-<br />
und innovative Netzwerklösungen.<br />
Unsere Kunden<br />
profitieren von der langjährigen<br />
Erfahrung, Professionalität und<br />
Zuverlässigkeit hinsichtlich Architektur,<br />
Auditing, Beratung und<br />
Projektleitung sowie im Betrieb und<br />
Support von komplexen Unternehmensnetzwerken.<br />
durchgeführt. Das hat mein Vertrauen in<br />
die Verlässlichkeit eines modernen Autos<br />
nicht etwa bestärkt – heute wird die<br />
Software meines Autos vom Hersteller<br />
«OTA – over the air» auf den aktuellsten<br />
Stand gebracht, und vor einigen Wochen<br />
wurde so ein security-patch installiert, der<br />
eine Lücke gestopft hat, mit der ein Angreifer<br />
das Auto via Funkbefehl spurlos hätte<br />
öffnen und wieder schliessen können.<br />
Faktor Technik versus Faktor Mensch:<br />
Die technische Sicherheit gilt immer<br />
mehr als gegeben und rückt somit aus<br />
dem Fokus – dem Menschen wird zurzeit<br />
in dieser Hinsicht viel Aufmerk samkeit<br />
zuteil. Das eine gegen das andere auszuspielen<br />
wäre aber sehr kontra produktiv.<br />
Mit System zu mehr Sicherheit<br />
Die grosse Herausforderung für ein<br />
<strong>KMU</strong> ist einerseits die Komplexität des<br />
Themas «Informatik, Technik, Internet».<br />
Zwar werden die Angebote für den Benutzer<br />
immer einfacher und bequemer,<br />
aber die Komplexität dahinter nimmt zu,<br />
und «Security by Design» ist bei den<br />
meisten Herstellern und Anbietern nach<br />
wie vor ein Fremdwort. Und auf der anderen<br />
Seite steht auch immer der Kostendruck.<br />
Erfahrungsgemäss ist die Sicherheitsthematik<br />
in kleineren und mittleren<br />
Betrieben rund um die IT-Infrastruktur<br />
noch immer zweitrangig. Ein <strong>KMU</strong> hat<br />
schlicht nicht die notwendigen finanziellen<br />
und Mitarbeiter-Ressourcen, um sich<br />
dezidiert darum zu kümmern – weder um<br />
die IT-Sicherheit noch um die Rolle des<br />
Mitarbeiters bei der Wahrung der Informationssicherheit.<br />
Wie viel Wert aber<br />
die Daten eines Unternehmens haben,<br />
mussten schon viele Schweizer Betriebe<br />
schmerzlich erfahren – gerade <strong>KMU</strong>, welche<br />
auf Portale, Webshops oder Online-<br />
Reservationen setzen, sind besonders <br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 95
IT-Sicherheit<br />
Die Bedrohungsszenarien werden komplexer.<br />
bedroht. Die Folgen sind dann gravierend:<br />
Hätten beispielsweise die Kunden<br />
eines Online-Versandhandels länger keinen<br />
Zugriff auf das Bestellsystem, dann<br />
entstünden dem Unternehmen beträchtliche<br />
finanzielle Einbussen und Imageschaden<br />
inklusive. Ein Schlüsselfaktor<br />
zur Sicherheit besteht darum darin, dass<br />
sich die <strong>KMU</strong> mit dem Wert ihrer Daten<br />
vermehrt auseinandersetzen und die<br />
Risiken gezielt analysieren, um so geeignete<br />
Massnahmen treffen zu können.<br />
Ein systematisches Vorgehen ist also<br />
vonnöten. Der Sicherheitsanbieter Info-<br />
Guard hat sich auf die Beratung von<br />
<strong>KMU</strong> im Bereich Informationssicherheit<br />
spezialisiert und begleitet sie bei einem<br />
systematischen Vorgehen. Dieses beinhaltet<br />
eine Identifikation der Sachwerte<br />
und Bewertung der Information. Was<br />
sind die Kunden- und Entwicklungsund<br />
Produktdaten wert; was würde<br />
nach deren Manipulation oder Entwendung<br />
geschehen? Dann die Ermittlung<br />
des Schutzbedarfs aufgrund des Werts<br />
für das Unternehmen und aufgrund gesetzlicher<br />
Anforderungen. Im Anschluss<br />
erfolgt eine Risikoanalyse, um festzustellen,<br />
gegen welche Bedrohungen<br />
sich das Unternehmen wirklich zur Wehr<br />
setzen muss. Und schliesslich sind die<br />
Planung und Konzeption eines umfassenden<br />
Sicherheitskonzepts und dessen<br />
Umsetzung angezeigt inklusive die<br />
notwendigen personellen und monetären<br />
Ressourcen. Sicherheit – egal ob<br />
wir es nun IT-Sicherheit, Informationssicherheit<br />
oder Cyber-Sicherheit nennen<br />
– muss in der Kultur eines Unternehmens<br />
etabliert werden. Alles andere<br />
ist eine reine Pflästerlipolitik und das<br />
Gegenteil von «sicher».<br />
Umberto Annino ist Senior Security<br />
Consultant der InfoGuard AG.<br />
www.infoguard.ch<br />
Umberto Annino<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 96
IT-Sicherheit<br />
Ein Leitfaden<br />
Sicherheit für WLANs in kleinen Unternehmen<br />
Neuer WLAN-Standard bringt mehr Qualität.<br />
von Sascha Pfeiffer<br />
WLANs sind aus der heutigen Geschäftswelt nicht mehr wegzudenken. Mitarbeiter verlassen sich voll und ganz auf<br />
ihren WLAN-Zugang, um rund um die Uhr Zugriff auf Geschäftsanwendungen zu haben. Kunden erwarten überall<br />
und jederzeit WLAN-Zugang für ihre mobilen Geräte – ob sie nun in einer Werkstatt auf die Reparatur ihres Autos<br />
warten, in einem Secondhandladen stöbern oder in einem Bistro zu Mittag essen. Das birgt aber auch Risiken.<br />
Leider haben unsere Recherchen<br />
ergeben, dass die WLANs kleiner<br />
und mittelständischer Unternehmen<br />
(<strong>KMU</strong>) oft alles andere als sicher<br />
sind. In einer Studie namens Project<br />
Warbike schickte Sophos einen Radfahrer<br />
mit einem Computer, GPS, zwei<br />
Dynamos und einigen Solarpanels auf<br />
die Strassen verschiedener Metropolen<br />
weltweit, um zu ermitteln, wie viele<br />
WLANs ungesichert sind. Von den<br />
knapp 107’000 WLANs, die im Rahmen<br />
der Studie erfasst wurden, waren 27 Prozent<br />
schlecht oder gar nicht gesichert.<br />
Die höchste Dichte schlecht gesicherter<br />
WLANs wurde bezeichnenderweise in<br />
Strassen gemessen, wo besonders viele<br />
Kleinunternehmen ansässig sind.<br />
Die Einrichtung von WLANs in <strong>KMU</strong> erscheint<br />
auf den ersten Blick einfach. So<br />
mancher mag denken, dass die Angelegenheit<br />
mit der Installation eines Access<br />
Points für Privatanwender schnell erledigt<br />
ist – schliesslich haben alle Mitarbeiter<br />
WLAN-Zugang. Wo also liegt das<br />
Problem? WLANs in Unternehmen sind<br />
viel komplizierter als private WLANs.<br />
Unternehmensnetzwerke müssen neben<br />
internen Mitarbeitern auch externen<br />
Mitarbeitern und Besuchern Zugriff<br />
gewähren – und jede dieser Gruppen<br />
benötigt eine andere Zugangsstufe. Zudem<br />
müssen Unternehmen Mitarbeitern<br />
ermöglichen, mit Privatgeräten auf das<br />
Unternehmens-WLAN zuzugreifen. Ohne<br />
geeignete Zugriffskontrollen hat jede<br />
beliebige Person Zugang zum Netzwerk<br />
und kann unter Umständen sensible<br />
Daten gefährden. <strong>KMU</strong> müssen in der<br />
Lage sein, ihre WLANs aktiv zu sichern<br />
und zu verwalten.<br />
Das Problem und die Risiken<br />
Wie im Rahmen von Project Warbike<br />
eindrucksvoll bewiesen, scheitern<br />
die meisten <strong>KMU</strong> selbst an den einfachsten<br />
Sicherheitsvorkehrungen für<br />
WLANs. Eine sichere Verschlüsselung<br />
ist schon lange die Methode der Wahl,<br />
um WLAN-Datenverkehr vor neugierigen<br />
Blicken Unbefugter abzuschirmen.<br />
Von den fast 40 Prozent WLANs mit<br />
schlechter oder unzureichender Verschlüsselung<br />
nutzte die Hälfte die mitt-<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 98
lerweile technisch überholte WEP-Verschlüsselung<br />
– eine Sicherung, die sich<br />
innerhalb von Sekunden knacken lässt.<br />
Die andere Hälfte war überhaupt nicht<br />
verschlüsselt. Auch den öffentlichen<br />
Netzwerk-Standardnamen (oder Service<br />
Set Identifier, SSID) zu ändern, gilt<br />
als bewährte Sicherheitsmethode für<br />
WLANs. Neun Prozent der im Rahmen<br />
von Project Warbike erfassten WLANs<br />
verwendeten jedoch Netzwerk-Standardnamen<br />
ohne jegliches Zufallselement,<br />
zwölf Prozent verwendeten den<br />
Standardnamen mit einem Zufallselement<br />
pro Gerät (zum Beispiel Standard<br />
165496). Von dieser Erfassung ausgenommen<br />
sind Standardnamen offensichtlich<br />
identifizierbarer, bewusst frei<br />
zugänglicher Hotspots (zum Beispiel<br />
von Hotels und Cafés).<br />
Herausforderungen bei der Verwaltung<br />
von WLANs bergen weitere Risiken für<br />
WLANs in <strong>KMU</strong>. Access Points für Privatanwender<br />
sind für Kleinunternehmen<br />
schlicht ungeeignet. Sie müssen<br />
einzeln eingerichtet werden und erfüllen<br />
Unternehmensanforderungen wie VPN<br />
(Virtual Private Network) meist nur im<br />
begrenzten Masse oder gar nicht. Unternehmen<br />
drohen ebenfalls Datenverluste,<br />
wenn sie keine Gastzugänge verwalten.<br />
Lösungen der Enterprise-Klasse<br />
sind wiederum oft zu ressourcenintensiv.<br />
Sie können die Finanzen und das<br />
Personal unnötig belasten. Ausserdem<br />
sind viele IT-Manager in kleineren Unternehmen<br />
Allround-Talente, die nicht<br />
unbedingt erfahren genug sind, um eine<br />
Wireless-Lösung der Enterprise-Klasse<br />
zu verwalten. Darüber hinaus müssen<br />
<strong>KMU</strong>-Verantwortliche stets auf dem<br />
Laufenden sein, was neue technologische<br />
Entwicklungen betrifft.<br />
Der neueste WLAN-Standard wurde<br />
im Januar 2014 zugelassen. 802.11ac<br />
unterstützt Single-Link- und Multi-<br />
Station-Optimierungen. Ein Durchsatz<br />
von mindestens 500 Megabit pro<br />
Sekunde (MBit/s) wird für Single-Link<br />
WLANs und mindestens ein Gigabit<br />
pro Sekunde für Multi-Station-WLANs<br />
er wartet. Durch diese Optimierungen<br />
werden ein gleichzeitiges Streaming<br />
von HD-Video auf mehreren Clients,<br />
eine schnelle Synchronisierung<br />
und ein Backup grosser Datendateien<br />
ermöglicht. 802.11ac-Access-Points<br />
und -Router verfügen zudem über eine<br />
USB-3.0-Schnittstelle.<br />
Fünf Merkpunkte für Sicherheit<br />
Die gute Nachricht ist, dass die Sicherung<br />
von WLANs nicht kompliziert sein<br />
muss. <strong>KMU</strong> können ihre Sicherheit ganz<br />
einfach um ein Vielfaches erhöhen, wenn<br />
sie die folgenden fünf Grundregeln beherzigen:<br />
1. Entscheiden Sie sich für eine<br />
WPA2-Verschlüsselung: Bei der Konfiguration<br />
des WLAN sollten Sie WPA2,<br />
den neuesten Sicherheitsalgorithmus,<br />
auswählen. Um ältere Sicherheitsoptionen<br />
wie WEP auszuhebeln, brauchen<br />
Angreifer lediglich ein Browser-Add-on<br />
oder eine mobile Anwendung.<br />
2. Erstellen Sie längere Passwörter<br />
mit Sonderzeichen: Angreifer können<br />
unsichere Passwörter mit der entsprechenden<br />
Software innerhalb von Sekunden<br />
knacken. Erstellen Sie Passwörter,<br />
die mehr als zehn Zeichen umfassen und<br />
Sonderzeichen, Ziffern sowie eine Kombination<br />
aus Gross- und Kleinbuchstaben<br />
beinhalten.<br />
3. Benennen Sie Standard-SSIDs<br />
um: Weil der SSID bei der WPA2-Verschlüsselung<br />
Teil des Passworts ist, geben<br />
Hacker häufige SSIDs ein, um Passwörter<br />
einfacher knacken zu können.<br />
4. Verwenden Sie im SSID-Namen<br />
keine Informationen über Ihr Unternehmen:<br />
Über SSIDs sollte nicht auf das<br />
Unternehmen oder den Standort geschlossen<br />
werden können. So erhalten<br />
Hacker auch nicht gleich den Eindruck,<br />
dass sie es bei Ihrem Netzwerk mit einem<br />
leichten Ziel zu tun haben.<br />
5. Begrenzen Sie die Funkreichweite:<br />
Moderne Access Points haben mehrere<br />
Antennen, damit Benutzer auch aus<br />
grösserer Distanz Netzwerkzugriff erhalten.<br />
Eine grössere Reichweite birgt<br />
jedoch auch eine erhöhte Gefahr, dass<br />
jemand das Signal abfangen und das<br />
Netzwerk kompromittieren könnte.<br />
IT-Sicherheit<br />
Zugriff mit Werkzeugen<br />
Neben diesen grundlegenden Sicherheitsvorkehrungen<br />
für WLANs müssen<br />
<strong>KMU</strong>-Verantwortliche spezifische Sicherheitsmassnahmen<br />
für Unternehmen<br />
treffen, zum Beispiel die Einrichtung<br />
eines kontrollierten Gastzugriffs.<br />
Häufig erhalten Kunden, externe Mitarbeiter<br />
und Besucher IDs und Passwörter,<br />
mit denen sie dauerhaft Zugriff auf<br />
interne Netzwerke haben. Es gibt immer<br />
wieder Geschichten über externe<br />
Mitarbeiter, deren Passwörter noch wochen-<br />
oder monatelang gültig waren, obwohl<br />
sie längst für eine andere Firma<br />
arbeiteten. Der Zugriff sollte zeitlich und<br />
auf bestimmte Bereiche des Netzwerks<br />
beschränkt werden. <strong>KMU</strong>-Verantwortliche<br />
müssen zudem die Verwaltung<br />
mehrerer Access Points in ihren Hauptniederlassungen<br />
vereinfachen. Die Bereitstellung<br />
und Verwaltung von Wireless<br />
Access Points kann sehr zeitintensiv<br />
sein. Komplizierte Verwaltungsaufgaben<br />
lassen die Personalkosten ansteigen<br />
und erhöhen die Wahrscheinlichkeit für<br />
versehentliche Fehlkonfigurationen, die<br />
Sicherheitslücken verursachen können.<br />
Gleichzeitig müssen die Unternehmen<br />
eine Strategie zur Verwaltung von Access<br />
Points in Aussenstellen erarbeiten.<br />
Remotebüros und Aussenstellen technisch<br />
zu unterstützen kann alles andere<br />
als einfach sein. Ständige Geschäftsreisen<br />
sind selten realisierbar, und es ist<br />
schwierig, das Personal vor Ort entsprechend<br />
anzuweisen, insbesondere wenn<br />
keine speziell geschulten IT-Mitarbeiter<br />
vorhanden sind. Daher benötigen Administratoren<br />
Werkzeuge, mit denen sie<br />
externe Access Points über eine zentrale<br />
Konsole bereitstellen, kontrollieren und<br />
aktualisieren können.<br />
WLAN-Datenverkehr sollte in die Netzwerksicherheits-Infastruktur<br />
eingebunden<br />
werden. Immer mehr Cyberkriminelle<br />
greifen gezielt WLAN-Datenverkehr an,<br />
um auf diesem Weg in Unternehmens-<br />
WLANs zu gelangen. Um zu verhindern,<br />
dass WLAN-Datenverkehr zum Einfallstor<br />
für Bedrohungen wird, sollten die <strong>KMU</strong>-<br />
Verantwortlichen sicherstellen, dass der<br />
drahtlose Datenverkehr die gesamte Network-Security-Struktur<br />
durchläuft und<br />
somit auf Malware gescannt werden<br />
kann. So können auch unbefugte Prozesse<br />
zum Auskundschaften des Netzwerks<br />
und Angriffe erkannt werden.<br />
ist Principal Security Consultant<br />
bei Sophos.<br />
www.sophos.com<br />
Sascha Pfeiffer<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 99
IT-Sicherheit<br />
Daten und Geschäfte kommen in Fahrt<br />
Colocation bringt das Business weiter<br />
Outsourcing hilft neue Geschäftsfelder zu entdecken.<br />
von Peter Moebius<br />
Geschäftsmodelle befinden sich in einem stärkeren Wandel als je: Um laufend profitabler, effizienter, schneller zu<br />
werden, stützen sich Unternehmen auf eine exponentiell wachsende Menge von Daten und deren Analyse. Damit wird<br />
für jedes Unternehmen die Datenverarbeitung zum zentralen Dreh- und Angelpunkt seines Geschäftserfolgs – jedes<br />
Unternehmen wird praktisch zu einem IT-Unternehmen. Manager können mit der Wahl des IT-Standorts zu diesem<br />
Geschäftserfolg beitragen – dies ist eine der Erkenntnisse einer veröffentlichten Studie von IDG Connect, dem grössten<br />
Technologie-Medienunternehmen der Welt.<br />
Der Wandel in den Unternehmen<br />
geschieht rapide, die globalen<br />
Herausforderungen lassen keine<br />
Atempause zu. Treiber der schnellen<br />
Veränderungen sind neben der Marktkonkurrenz<br />
auch Sicherheitsaspekte<br />
und staatliche Regulative. Social Networking,<br />
der zunehmende Gebrauch von<br />
Mobilgeräten und etwa das «Internet der<br />
Dinge» sorgen im Weiteren dafür, dass<br />
die Spannung nicht abnimmt. In all diesen<br />
Entwicklungen stecken nicht nur<br />
Aufwand und Risiken, sondern auch unzählige<br />
Möglichkeiten für neue Ertragsquellen.<br />
Je besser ein Unternehmen<br />
sein Datenmanagement im Griff hat,<br />
desto stärker wird es von diesen neuen<br />
Geschäftsmöglichkeiten profitieren können.<br />
Und je besser es sich mit anderen<br />
Unternehmen vernetzt, die ihm dabei<br />
helfen, eine Position aufzubauen oder<br />
zu stärken, desto positiver sind seine<br />
Zukunftsaussichten.<br />
Intern versus extern –<br />
eigentlich keine Frage mehr<br />
Wie soll ein Unternehmen angesichts<br />
dieser Aufgaben nun seine IT-Infrastruktur<br />
organisieren? Grundsätzlich<br />
stehen zwei Wege zur Verfügung: eine<br />
interne Lösung oder ein Outsourcing.<br />
Wobei komplett abgekapselte Inhouse-<br />
Lösungen kaum zu realisieren sind, denn<br />
um beispielsweise von effizienten Verkaufstools<br />
oder anderer Software as<br />
a Service profitieren zu können, sind<br />
Unternehmen ohnehin auf externe Provider<br />
und Cloud-Lösungen angewiesen.<br />
Mittelfristig wird also eine geschickte<br />
Kombination externer und interner<br />
Lösungen zur Regel – wir sprechen von<br />
Co-Sourcing- oder Hybrid-Lösungen.<br />
Die IDG-Connect-Umfrage unter IT-<br />
Verantwortlichen zeigt, dass europaweit<br />
im Jahr 2014 bereits rund 45 Prozent<br />
eine solche Hybrid-Lösung eingesetzt<br />
haben. Diese Zahl ist ein klarer Indikator<br />
für einen sich im Wandel befindenden<br />
Markt. Und sie ist auch ein Hinweis auf<br />
«Altlasten». Denn auf Lösungen, die<br />
praktisch vollumfänglich auf die Cloud<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 100
setzen, haben vorerst insbesondere jene<br />
(jungen) Firmen Appetit, die keine umfangreiche<br />
IT-Vergangenheit in Form von<br />
Servern, Anwendungen und Netzwerken<br />
aufweisen. Doch auch Unternehmen, die<br />
jahrelang eigene Infrastrukturen aufgebaut<br />
haben, beginnen sich von der Philosophie<br />
zu lösen, alles selber bewältigen<br />
zu wollen. Und zwar relativ rasch: Schon<br />
2016 werden sich laut Studie nicht nur<br />
knapp die Hälfte aller Unternehmen,<br />
sondern ganze 80 Prozent für den hybriden<br />
Ansatz entscheiden.<br />
Das Beste aus zwei Welten<br />
Die hybride IT, die immerhin noch einiges<br />
an interner Kapazität verlangt, stellt<br />
für die meisten Unternehmen die bevorzugte<br />
Lösung dar. Doch auch dieser Zustand<br />
wird sich wohl ändern. Denn im<br />
Cloud-Zeitalter stellen Unternehmen<br />
immer öfter fest, dass es sich kaum<br />
mehr lohnt, eine eigene Rechenzentrums-Infrastruktur<br />
aufrechtzuerhalten.<br />
Einige Gründe dafür sind offensichtlich:<br />
hoher Kapitalbedarf, Raumknappheit,<br />
steigende Energiekosten (weil veraltete<br />
Infrastruktur in der Regel einen höheren<br />
Energiebedarf hat) sowie spezifische<br />
Zertifizierungen. Viele Unternehmen haben<br />
zudem erkannt, dass ihre internen<br />
Rechenzentren Überkapazitäten aufweisen,<br />
seitdem sie Teile der Unternehmens-IT<br />
in die Cloud ausgelagert haben.<br />
Ein eigenes Rechenzentrum lässt sich<br />
eben – im Gegensatz zur mitbenutzten<br />
Fläche in einem Colocation Data Center –<br />
nicht flexibel verändern. 56 Prozent der<br />
IT-Verantwortlichen reagieren darauf mit<br />
dem Versuch, das eigene Rechenzentrum<br />
zu redimensionieren. Der Rest hat<br />
erkannt, dass es besser ist, eigene Infrastruktur<br />
zu schliessen und auch geschäftskritische<br />
Anwendungen ausser<br />
Haus zu verlegen. Jahr für Jahr entscheiden<br />
sich mehr IT-Verantwortliche, ihre IT<br />
komplett in ein externes Rechenzentrum<br />
auszulagern. Und dort treffen sie, neben<br />
einer grossen Auswahl an breitbandigen<br />
Anschlüssen in die weite Welt, auch auf<br />
einen weiteren Vorteil des Outsourcing:<br />
auf eine Cloud Community, die ihnen<br />
hilft, neue Geschäftsfelder zu entdecken<br />
und zu entwickeln.<br />
Das Colocation<br />
Data Center als Marktplatz<br />
Ein Colocation-Rechenzentrum bietet<br />
Mehrwert, wenn es nicht einfach nur<br />
Infrastruktur zur Verfügung stellt. Ein<br />
modernes Rechenzentrum wird zum echten<br />
Partner der Unternehmen, die sich<br />
dort einmieten – es wird zum «Enabler»,<br />
indem es einen realen Marktplatz für<br />
Unternehmen schafft. Ein Rechenzentrum<br />
bringt Menschen zusammen, die<br />
gemeinsam an einem Strick ziehen (oder<br />
ziehen könnten) – dies aber noch gar<br />
nicht wissen. Wie seit dem mittelalterlichen<br />
Markt rund um den Kirchturm<br />
ist die Kommunikation von Mensch zu<br />
Mensch noch immer die effizienteste<br />
Form, jegliche Art von Business voranzutreiben.<br />
So bietet das Interxion-<br />
IT-Sicherheit<br />
Rechenzentrum in Glattbrugg mit seinem<br />
«Marketplace» eine Plattform, die<br />
nicht nur dem Austausch von Visitenkarten<br />
dient: Hier treffen sich an Branchenmeetings<br />
Entscheidungsträger, die<br />
voneinander profitieren und miteinander<br />
wachsen können. Hier erhalten sie auf<br />
einen Schlag den Zugang zu einer Vielzahl<br />
von Service- und Cloud-Providern,<br />
mit denen sie ihr eigenes Geschäft weiterbringen<br />
können. Und weil sich alle<br />
im selben Zentrum befinden, kann man<br />
sich schnell untereinander verbinden –<br />
via Cross Connects mit tiefen Latenzzeiten,<br />
was einerseits die Geschwindigkeit<br />
erhöht, anderseits die Kosten senkt. So<br />
wird das Colocation-Rechenzentrum zu<br />
einem eigentlichen Business-Turbo.<br />
Die Studie von IDG Connect gibt es als<br />
Download unter:<br />
http://www.interxion.com/ch/branchen/<br />
unternehmen/der-aufstieg-der-hybrid-it/.<br />
Peter Moebius<br />
ist Managing Director der<br />
Interxion Schweiz AG.<br />
www.interxion.com / ch<br />
Den Business-Turbo anwerfen.<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 101
Rubrik<br />
Den richtigen Schirm nutzen<br />
Passende Sicherheitsstrategien<br />
Interview mit Holger Suhl von Georg Lutz<br />
Die digitale Transformation der Wirtschaft ist in vollem Gange. Gleichzeitig erfordern die immer komplexer werdende<br />
Cyberbedrohungslandschaft sowie die zunehmende Vernetzung spezifische und branchenfokussierte IT-<br />
Sicherheitskonzepte und -Lösungen. Kaspersky Lab diskutiert im folgenden Interview und Beitrag die derzeitigen<br />
Herausforderungen, mit denen die Branchen Industrie und Banken konfrontiert werden.<br />
Was sind die grössten sicherheitsrelevanten<br />
Herausforderungen, denen<br />
mittelständische Unternehmen aktuell<br />
ausgesetzt sind?<br />
«Die eingesetzte<br />
Sicherheits-Software<br />
muss zum<br />
Unternehmen<br />
passen.»<br />
Grundsätzlich gilt: Kein Unternehmen<br />
ist zu klein, um nicht von Cyberkriminellen<br />
angegriffen zu werden. Im Gegenteil:<br />
Betrüger werden oft gerade dort<br />
aktiv, wo wenig Widerstand vermutet<br />
wird. Daher gilt es, das geistige Eigentum<br />
einer Firma sowie sensible Kundendaten<br />
adäquat vor Cyberbedrohungen<br />
zu schützen. Laut einer Kaspersky-<br />
Umfrage liegen die durchschnittlichen<br />
Folgekosten einer gezielten Cyberattacke<br />
bei 360’000 Euro für grosse und<br />
41’000 Euro für mittelständische Unternehmen.<br />
Nicht mitgezählt ist hier der<br />
entstandene Imageschaden. Eine weitere<br />
Herausforderung für den Mittelstand:<br />
je kleiner ein Unternehmen, desto<br />
weniger gehört IT-Sicherheit zur Kernkompetenz,<br />
weil sich die Unternehmer<br />
auf originäre Belange ihres Geschäfts<br />
konzentrieren müssen. Vor allem Kleinunternehmer,<br />
die ihren Vertrieb über<br />
das Internet abwickeln, sollten vorsichtig<br />
sein. Cyberkriminelle haben nämlich<br />
grosses Interesse an sensiblen Kundendaten<br />
wie Namen, Adressen oder Kreditkartennummern<br />
sowie an den Bankdaten<br />
des Unternehmens.<br />
Welche Schutzmassnahmen empfehlen<br />
Sie?<br />
Wir empfehlen einen IT-Schutz, der<br />
professionell, aber leicht zu installieren,<br />
konfigurieren und aktualisieren ist. Nur<br />
so können sich Unternehmen auf ihre<br />
eigenen Stärken besinnen und ihr Geschäft<br />
erfolgreich führen. Unsere neue<br />
Version von Kaspersky Small Office<br />
Security 1) ist genau so eine Lösung: Sie<br />
bietet eine Technologie auf Unternehmensniveau,<br />
wurde jedoch auf die speziellen<br />
Anforderungen von kleinen Firmen<br />
zugeschnitten. Neben ausgezeichnetem<br />
Anti-Malware- und Online-Finanzschutz<br />
profitieren Unternehmen von den ein-<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 102
fach und ohne grosse IT-Kenntnisse zu<br />
bedienenden Funktionen wie zentrale<br />
Verwaltung, Verschlüsselung, Backupsowie<br />
Passwort-Management.<br />
Bis zu welcher Unternehmensgrösse<br />
ist diese Lösung einsetzbar?<br />
Unternehmen mit bis zu 25 Mitarbeitern<br />
sind die Kernzielgruppe. Bei grösseren<br />
Unternehmen empfehlen wir unser<br />
Flaggschiffprodukt Kaspersky Endpoint<br />
Security for Business 2) . Hierbei handelt<br />
es sich um eine modular aufgebaute und<br />
für jede Firmengrösse skalierbare IT-<br />
Sicherheitslösung, die neben den oben<br />
aufgeführten Funktionen auch noch beispielsweise<br />
Mobile Device Management<br />
(MDM), Systems Management oder Verschlüsselung<br />
bietet. Allerdings sind hier<br />
schon mehr IT-Kenntnisse gefragt, was<br />
aber auch von einem EDV-Berater geleistet<br />
werden kann.<br />
Können Sie neben dem Einsatz von<br />
IT-Sicherheits-Software dem Mittelstand<br />
weitere Security-Tipps an die<br />
Hand geben?<br />
die Zugangsdaten der Nutzer gestohlen<br />
und öffentlich gemacht. Ein gefundenes<br />
Fressen für Angreifer, die es auf<br />
Unternehmensressourcen abgesehen<br />
haben. Denn die meisten Menschen nutzen<br />
für alle Zugänge nur eine Handvoll<br />
Passwörter. So ist die Chance gross, erfolgreich<br />
in ein Unternehmensnetzwerk<br />
einzudringen. Daher sollte man ein professionelles<br />
Passwortmanagement einführen<br />
– was mittlerweile komplett über<br />
eine Software gelöst werden kann.<br />
Auf was muss man bei Social-Media-<br />
Kanälen wie Facebook oder Twitter in<br />
Sachen IT-Sicherheit Acht geben?<br />
IT-Sicherheit<br />
brauchen. Mittels sogenanntem Spear-<br />
Phishing sollen Mitarbeiter in Firmen<br />
über massgeschneiderte E-Mails dazu<br />
gebracht werden, auf einen infizierten<br />
Link oder Anhang zu klicken. Fällt der<br />
Mitarbeiter auf diesen Trick herein, hat<br />
der Cyberkriminelle direkten Zugang ins<br />
Unternehmensnetz. Jeder Unternehmer<br />
oder Arbeitnehmer sollte genau aufpassen,<br />
welche Informationen er auf Sozialen<br />
Netzwerken veröffentlicht.<br />
Wenn wir uns die aktuelle IT-Bedrohungslage<br />
ansehen: Vor welchen<br />
Gefahren muss sich der Mittelstand<br />
aktuell und in Zukunft einrichten?<br />
Unsere Experten sehen pro Tag 325’000<br />
neue Schädlinge. Zudem steigt die Anzahl<br />
an mobilen Schadprogrammen<br />
stetig. Heisst: Eine Grundabsicherung,<br />
und zwar aller Geräte, ist heutzutage ein<br />
absolutes Muss und gehört zum Basisschutz<br />
einer jeden Firma. Zudem sehen<br />
wir, dass Cyberattacken auf Unternehmen<br />
immer zielgerichteter werden, wovon<br />
auch mittelständische Unternehmen<br />
betroffen sind. In zweierlei Hinsicht:<br />
Kundendaten und geistiges Eigentum<br />
sind für die Konkurrenz – vor allem im<br />
Ausland – interessant. Gleichzeitig hat<br />
sich ein Trend etabliert, bei dem Cyberkriminelle,<br />
die ein grosses Unternehmen<br />
Die eingesetzte Sicherheits-Software<br />
muss zum Unternehmen passen. Kleine<br />
Unternehmen benötigen einen auf ihre<br />
Anforderungen zugeschnittenen Schutz.<br />
Die Software muss grundsätzlich bezahlbar<br />
bleiben, umfassenden Schutz<br />
liefern, aber auch intuitiv bedienbar sein,<br />
damit sie am Ende nicht mehr Probleme<br />
als Lösungen liefert. Man sollte immer<br />
auch an den Schutz der eingesetzten<br />
Server, Macs und mobilen Geräte denken.<br />
Zudem runden Mitarbeiterschulungen<br />
und richtiges Informationsmanagement<br />
die IT-Sicherheitsaktivitäten ab.<br />
Schulungen für alle Mitarbeiter verringern<br />
das Risiko einer Infizierung durch<br />
Schadsoftware sehr stark. Zudem hilft<br />
das korrekte Informationsmanagement<br />
dabei, Daten je nach Grad ihrer Sensibilität<br />
richtig zu speichern und zu verwalten.<br />
Die Einsatzzentrale bei Kaspersky im Echtzeiteinsatz.<br />
Wie sieht es mit im Unternehmen geschützten<br />
Passwörtern aus?<br />
Um kritische Unternehmensdaten zu<br />
schützen, sind sichere, starke Passwörter<br />
ein Muss. Besonders wichtig ist es,<br />
für jeden Zugang ein eigenes Passwort<br />
zu verwenden. Denn regelmässig werden<br />
Online-Plattformen oder Webseiten<br />
von Cyberkriminellen kompromittiert,<br />
Aus IT-Sicherheitsperspektive bieten<br />
Soziale Netzwerke vor allem einen riesigen<br />
Fundus an Informationen über ein<br />
Unternehmen und deren Mitarbeiter. Die<br />
Folge: Cyberkriminelle können die im<br />
Web verfügbaren Daten für zielgerichtete<br />
Angriffe auf Unternehmen miss-<br />
im Visier haben, die Zulieferkette des<br />
anvisierten Unternehmens attackieren;<br />
also im ersten Schritt ein kleines, weniger<br />
gut geschützes Unternehmen mit<br />
einem Schädling zu infiltrieren, um dann<br />
im zweiten Schritt diesen in das Netzwerk<br />
des eigentlichen Zielobjekts platzieren<br />
zu können. Unternehmen, die<br />
einen Online-Shop betreiben, sollten <br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 103
Rubrik<br />
Die Maske des Angriffs hat meist eine sympathische Seite.<br />
sich zudem vor DDoS-Angriffen (Distributed<br />
Denial of Service) in Acht nehmen.<br />
Dabei werden Server mit so vielen unsinnigen<br />
Anfragen konfrontiert, bis diese<br />
zusammenbrechen. So konnte das sogenannte<br />
«Miner-Botnetz» vor einiger Zeit<br />
die Webseiten von Pizza-Lieferdiensten<br />
ausser Gefecht setzen – eine Attacke, die<br />
sich für solche Unternehmen existenzbedrohend<br />
auswirken kann.<br />
Wenn die Angriffe immer zielgerichteter<br />
werdern, wie werden dann die<br />
Sicherheitsmassnahmen aussehen?<br />
Individuelle, auf die Anforderungen von<br />
Kunden und Branchen zugeschnittene<br />
Lösungen sowie Sicherheitsservices ergänzen<br />
das klassische Endpoint-Produktportfolio.<br />
So bieten wir bereits die<br />
folgenden Security Intelligence Services<br />
an: Cybersecurity-Trainings, Cybersecurity-Reports,<br />
Botnetz-Tracking<br />
und individuell erstellte Data Feeds. Für<br />
Unternehmen und Organisationen sind<br />
heute aufgrund der verschärften Bedrohungslage<br />
komplexe Sicherheitskonzepte<br />
erforderlich, die durch die<br />
Services und Lösungen von Kaspersky<br />
Lab gewährleistet werden. IT-Sicherheit<br />
kann sich so als entscheidender Eckpfeiler<br />
des digitalen Wandels, den die<br />
Wirtschaft auch in der Schweiz derzeit<br />
erlebt, etablieren.<br />
Anmerkung<br />
1)<br />
http://www.kaspersky.com/de/small-office-security<br />
2)<br />
http://www.kaspersky.com/de/business-security<br />
Die Zeiten<br />
ändern sich<br />
Cybersecurity in der Praxis<br />
von Holger Suhl<br />
Die digitale Transformation der Wirtschaft<br />
ist in vollem Gange. Gleich zeitig<br />
erfordern die immer komplexer<br />
werdende Cyberbedrohungslandschaft<br />
sowie die zunehmende Vernetzung<br />
spezifische und branchenfokussierte<br />
IT-Sicherheitskonzepte und -Lösungen.<br />
Kaspersky Lab diskutiert im<br />
folgenden Interview und Beitrag die<br />
derzeitigen Herausforderungen, mit<br />
denen die Branchen Industrie und<br />
Banken konfrontiert werden.<br />
Wie zielgerichtet Cyberkriminelle im<br />
Bankenbereich vorgehen, zeigt ein Fall,<br />
bei dem im vergangenen Jahr die Experten<br />
von Kaspersky Lab zu Rate gezogen<br />
wurden, weil eine russische Bank einen<br />
Einbruch in ihr Online-Bezahlsystem zu<br />
beklagen hatte. Der geplante Überfall<br />
hatte System: Cyberkriminelle attackierten<br />
die Buchhaltung über Social-Engineering-Tricks<br />
(also die Überlistung von<br />
Mitarbeitern), installierten ein Schadprogramm<br />
für die anvisierte Banken-Software<br />
und stahlen ein Passwort über ein<br />
Keylogger-Programm. Der Banküberfall<br />
flog jedoch auf, weil der Buchhalter auf<br />
seinem Computer eine Banken-Software<br />
zum Erstellen und Versenden von Zahlungsanweisungen<br />
nutzte und im Aktivitätsprotokoll<br />
dieser Software zwei verdächtige<br />
Überweisungen verzeichnet<br />
waren, die beide an ein und dieselbe Adresse<br />
gingen. Die erste Zahlung in Höhe<br />
von ungefähr 6 000 Euro wurde bereits<br />
erfolgreich durchgeführt, die zweite in<br />
Höhe von mehr als 60’000 Euro weckte<br />
allerdings das Misstrauen der Bankangestellten<br />
1) . Es handelt sich hierbei um<br />
einen klassischen Cyberangriff, der darauf<br />
abzielt, die Schwachstelle Mensch,<br />
also den Mitarbeiter, auszunutzen.<br />
Doch was kann man aus Sicht der Bank<br />
tun, um einen solchen Fall zu vermeiden?<br />
Grundsätzlich müssen alle Mitarbeiter, die<br />
Kenntnis über wichtige Unternehmensdaten<br />
haben und mit Finanzinstitutionen<br />
in Verbindung stehen, über die Grundlagen<br />
der IT-Sicherheit aufgeklärt sein. Im<br />
Unternehmen sollten Sicherheitsregeln<br />
gelten, die das Risiko einer Infektion des<br />
Unternehmensnetzwerks infolge einer<br />
Fahrlässigkeit der Mitarbeiter auf ein Minimum<br />
reduzieren. Im Idealfall sollten die<br />
Computer, die für Finanztransaktionen in<br />
Online-Bezahlsystemen verwendet werden,<br />
im Modus «Default Deny» laufen, und<br />
zwar mit eingeschränktem Internetzugriff<br />
und dem Verbot zum Start von Drittanbieter-Software,<br />
die nicht auf Whitelists<br />
verzeichnet ist.<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 104
IT-Sicherheit<br />
Kaspersky Lab bietet zudem eine spezielle<br />
IT-Sicherheitslösung für Banken,<br />
Finanz- und E-Commerce-Dienstleister<br />
zum sicheren Abwickeln von Finanztransaktionen<br />
an. Mit Kaspersky Fraud<br />
Prevention 2) werden Komponenten der<br />
IT-Sicherheit sowohl innerhalb der IT-<br />
Infrastruktur des Anbieters als auch auf<br />
den Geräten der Kunden installiert – auf<br />
Computern, Laptops, Smartphones oder<br />
Tablets, die mit unterschiedlichen Betriebssystemen<br />
arbeiten. Zudem beinhaltet<br />
die Lösung Werkzeuge, mit denen<br />
sichere, mobile Apps entwickelt werden<br />
können. Ergänzt wird das Ganze mit<br />
Dienstleistungen, bei denen Informationen<br />
über aktuelle Cybergefahren und<br />
Wege, diese zu bekämpfen, kundenspezifisch<br />
aufbereitet werden.<br />
Industrie 4.0: = Hacking 4.0?<br />
Industrie 4.0 und das Internet der Dinge<br />
bieten Unternehmen ungeahnte Möglichkeiten,<br />
aber auch Herausforderungen.<br />
Denn: Sobald ein System mit dem<br />
Internet verbunden ist, müssen IT-<br />
Schwachstellen berücksichtigt werden.<br />
Industriespionage, Datenabfluss sowie<br />
Sabotage von Produktionsanlagen gilt<br />
es zu verhindern. Kaspersky Lab zeigt<br />
potenzielle Gefahrenquellen und Gegenmassnahmen.<br />
APTs und Spear Phishing<br />
Advanced Persistent Threats (APTs) sind<br />
komplexe und zielgerichtete Angriffe auf<br />
kritische IT-Infrastrukturen und vertrauliche<br />
Daten von Unternehmen oder Organisationen.<br />
Bei APTs wird meist die<br />
Schwachstelle Mensch ausgenutzt. Das<br />
Ziel: Ein Mitarbeiter soll dazu gebracht<br />
werden, einen mit Schadcode präparierten<br />
E-Mail-Anhang zu öffnen. Diese Angriffsart<br />
nennt sich Spear Phishing. Da<br />
beim Spear Phishing die Psyche von Mitarbeitern<br />
ausgenutzt werden soll, sind<br />
Mitarbeiterschulungen eine geeignete<br />
Gegenmassnahme. Wichtig dabei: Es<br />
müssen reale Praxisbeispiele und für<br />
den Ernstfall die richtigen Ansprechpartner<br />
aufgezeigt werden. Zudem soll<br />
Mitarbeitern die Angst genommen werden,<br />
solche Fälle zu melden. Im Ernstfall<br />
sollten alle Mitarbeiter wissen, was<br />
zu tun ist.<br />
Mobile Schädlinge<br />
Immer mehr mobile Schadprogramme<br />
zielen auf Android- und gejailbreakte<br />
iOS-Geräte ab. Gleichzeitig verstärken<br />
Trends wie die grundlegende Mobilisierung<br />
der IT sowie Bring-your-own-<br />
Device (BYOD) die Nutzung von Smartphones<br />
und Tablets in Unternehmen.<br />
Die Gefahr, dass Geräte mit darauf<br />
gespeicherten sensiblen Daten verloren<br />
gehen oder gestohlen werden, steigt.<br />
Alle im Unternehmensnetzwerk genutzten<br />
mobilen Komponenten müssen<br />
adäquat geschützt werden – durch IT-<br />
Sicherheitslösungen für mobile Geräte<br />
und Mobile-Device-Management-<br />
Lösungen (MDM) zur einfachen zentralen<br />
Verwaltung für den IT-Administrator.<br />
Wirtschaftsspionage<br />
über Hotel-Netzwerke<br />
Im vergangenen Jahr wurden bei der<br />
Darkhotel-Kampagne Manager über<br />
Hotel-WLANs gezielt ausspioniert 3) .<br />
Die Angreifer schlichen sich über gefälschte<br />
Updates auf die Zielrechner ein.<br />
Der Klassiker: Ein Software-Update wird<br />
angeboten. Anstelle von mehr Sicherheit<br />
durch den Patch wurden die anvisierten<br />
Systeme mit einem Schädling<br />
kompromittiert. Netzwerke ausserhalb<br />
der Firma sollten als nicht vertrauenswürdig<br />
eingestuft werden. Zudem sollte<br />
man keine Updates installieren, bis wieder<br />
ein vertrauenswürdiges Netzwerk in<br />
Reichweite ist.<br />
Exploits<br />
Hier werden Programmschwachstellen<br />
ausgenutzt, um dadurch Schädlinge auf<br />
Rechnern zu platzieren. Dies kann zielgerichtet<br />
oder per Zufall geschehen. Die<br />
Konsequenzen sind real: Laut einer Kaspersky-Umfrage<br />
führen IT-Sicherheitsmängel<br />
wie Software-Schwachstellen<br />
bei jedem fünften Industrieunternehmen<br />
zum Verlust von geistigem Eigentum.<br />
Professionelle Patch-Management-<br />
Lösungen helfen Unternehmen dabei,<br />
mögliche Software-Lücken frühzeitig<br />
und automatisiert zu schliessen.<br />
Attacken auf kritische Infrastruktur<br />
Entsprechend eines BSI-Berichts von<br />
Ende 2014 wurde ein deutsches Stahlwerk<br />
gehackt 4) . Steuerelemente fielen<br />
aus, ein Stahlofen liess sich nicht mehr<br />
herunterfahren. Grundsätzlich können<br />
kritische Systeme gehackt werden – im<br />
industriellen Umfeld der denkbar ungünstigste<br />
Fall. Kritische Infrastruktursysteme<br />
wie Kraftwerke, Produktionsanlagen<br />
oder Verkehrseinrichtungen<br />
erfordern besonderen Schutz. Die Plattform<br />
Kaspersky Security System 5) ist in<br />
das Echtzeitbetriebssystem Pike OS von<br />
Sysgo eingebettet und bietet speziellen<br />
Schutz für Systeme, die erweiterte Sicherheit<br />
erfordern wie beispielsweise<br />
intelligente Stromnetze (Smart Grids),<br />
das Internet der Dinge oder kritische Infrastruktursysteme.<br />
Das Internet der (gefährlichen) Dinge<br />
Die zunehmende Vernetzung von Dingen<br />
ermöglicht eine immer grössere Angriffsfläche<br />
für Cyberkriminelle. Unternehmen<br />
sollten daher immer den Ansatz<br />
«Security by Design» berücksichtigen.<br />
Das heisst: Bei jeder Komponente, die<br />
mit dem Internet verbunden wird, sollte<br />
von Beginn an die IT-Sicherheit gedacht<br />
und entsprechende Vorkehrungen wie<br />
Netzwerksegmentierung vorgenommen<br />
werden.<br />
Anmerkung<br />
1)<br />
http://www.viruslist.com/de/analysis?pubid=200883866<br />
2)<br />
http://www.kaspersky.com/de/business-security/fraudprevention<br />
3)<br />
http://newsroom.kaspersky.eu/de/texte/detail/article/darkhotel-kaspersky-lab-warnt-vor-spionageangriff-auf-geschaeftsreisende/<br />
4)<br />
https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Publikationen/Lageberichte/Lagebericht2014.pdf?__blob=publicationFile<br />
5)<br />
http://www.kaspersky.com/industrial-security-cip<br />
verantwortet seit Mai 2013 als General<br />
Manager DACH bei Kaspersky Lab<br />
die Geschäfte im Heimanwender- und<br />
Unternehmensbereich für Deutschland,<br />
Österreich und die Schweiz.<br />
www.kaspersky.com<br />
Holger Suhl<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 105
IT-Sicherheit<br />
Security-Audit<br />
Sicherheit strategisch aufgleisen<br />
von Andreas Wisler<br />
Fast täglich liest und hört man von Angriffen auf Firmen und Regierungen. Auch der Datendiebstahl bei kleinen<br />
und mittleren Unternehmen nimmt stetig zu. Gemäss aktuellem Report von Symantec sind es bereits 50 Prozent aller<br />
Angriffe, die auf <strong>KMU</strong>-Betriebe zielen. Eine einzige Schwachstelle kann genügen, und die eigenen Daten sind in den<br />
falschen Händen. Es gibt aber Gegenstrategien, dem frühzeitig zu begegnen.<br />
Ein Ausfall oder gar Datenverlust<br />
hat gravierende Folgen für die<br />
gesamte Firma. Maschinen und<br />
Menschen sind auf die ständig verfügbaren<br />
Informationen angewiesen. Daher<br />
gilt es, die IT-Umgebung zu schützen,<br />
sei dies vor Ausfällen, Datenmanipulation<br />
oder Fehlhandlungen.<br />
Ein Security-Audit soll dabei aufzeigen,<br />
wie es um die eigene IT-Sicherheit<br />
steht. Dabei genügt es nicht, nur die<br />
technischen Mittel einer Firma zu prüfen.<br />
Wichtig sind auch die Organisation und<br />
das technische sowie sicherheitsrelevante<br />
Wissen in einer Firma.<br />
Die Anforderungen an ein Security-<br />
Audit umfassen einige Merkpunkte:<br />
Wiederholbarkeit gewährleisten<br />
Ein IT-Security-Audit sollte keine einmalige<br />
Angelegenheit sein. Die IT-<br />
Umgebungen ändern sich heutzutage<br />
fast täglich. Was heute aktuell ist, ist in<br />
einigen Wochen bereits wieder veraltet.<br />
Firmen wachsen, stellen andere Anforderungen<br />
an Hardware und Software.<br />
Ein Security-Audit sollte daher spätestens<br />
nach grösseren Veränderungen<br />
in der Organisation oder der Technik<br />
wiederholt werden. Dabei sollten nicht<br />
nur die veränderten oder neu entstandenen<br />
Bereiche angeschaut werden.<br />
Meistens haben diese Veränderungen<br />
auch Auswirkungen auf andere Bereiche.<br />
Welche Konsequenzen haben diese?<br />
Wurden durch diese Veränderungen neue<br />
Schwachstellen geöffnet? Welche Änderungen<br />
sind an die Organisation gerichtet<br />
(zum Beispiel Notfallplanung, IT-Strategie/<br />
IT-Konzepte)? Dies sind nur einige<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 106
IT-Sicherheit<br />
Fragen, die geklärt werden müssen. Das<br />
Security-Audit sollte dabei so durchgeführt<br />
werden, dass es nachvollziehbar ist.<br />
Objektiv und neutral<br />
Wichtig bei einem Security-Audit ist die<br />
Objektivität. Egal, durch welche Person<br />
eine solche Überprüfung durchgeführt<br />
wird, das Resultat sollte das gleiche<br />
sein. Diese Anforderung kann nur erfüllt<br />
werden, wenn ein standardisiertes<br />
Vorgehen gewählt wird. Der Standard<br />
ISO 27001 mit seinen Ergänzungen liefert<br />
einen idealen Leitfaden. Auch die<br />
Grundschutzkataloge des BSI (Bundesamt<br />
für Sicherheit in der Informationstechnik)<br />
bieten eine umfassende Liste<br />
von Kontrollfragen.<br />
Ablauf eines IT-Security-Audits<br />
Der Ablauf eines Security-Audits gliedert<br />
sich in folgende Punkte auf:<br />
Bedürfnisaufnahme<br />
Die Vorbereitungen auf eine Sicherheitsüberprüfung<br />
ist eins der wichtigsten<br />
Elemente. Wie sieht die Struktur<br />
der zu überprüfenden Firma aus? Welche<br />
Mittel werden eingesetzt? Welche<br />
Prozesse zeichnen das Unternehmen<br />
aus? Sind Verbindungen zu einem externen<br />
Arbeitsplatz oder Aussenstellen<br />
vorhanden? Gibt es eine IT-Strategie?<br />
Welche Anforderungen werden<br />
an die Verfügbarkeit, den Datenschutz<br />
gestellt?<br />
Mit diesen Fragen kann der Grundkatalog<br />
an Fragen und Prüfpunkte vorbereitet<br />
werden. Zu klären sind auch Bedürfnisse<br />
und Wünsche des Unternehmens. In welche<br />
Richtung soll sich das Unternehmen<br />
entwickeln? Welche Schwachstellen und<br />
Probleme sind bereits bekannt und welche<br />
Massnahmen wurden getroffen?<br />
Die Geschäftsleitung hat eine einfache<br />
Liste mit den kritischen Geschäftsprozessen<br />
zu erarbeiten. Die IT-Leitung<br />
erweitert die Liste mit den dazugehörenden<br />
Applikationen und stellt sicher,<br />
dass kritische Systemabhängigkeiten<br />
beschrieben werden.<br />
Dokumentation<br />
Bevor ein Audit durchgeführt werden<br />
kann, müssen durch die bei der Bedürfnisaufnahme<br />
definierten Unterlagen, die<br />
Struktur bzw. die Prozesse einer Firma<br />
bekannt sein.<br />
Folgende Unterlagen werden unter<br />
anderem geprüft:<br />
> IT-Strategie<br />
(evtl. mit Sicherheitskonzept)<br />
> Regelung/Weisungen<br />
> Notfallkonzept<br />
> Technische Unterlagen zu<br />
Hardware, Software, Backup<br />
und Netzwerkaufbau<br />
Mit der Bedürfnisaufnahme und dem Studium<br />
der Dokumentationen können sich<br />
die Auditoren sehr gut auf das Unternehmen<br />
vorbereiten und kennen die Struktur.<br />
Audit<br />
Damit die Firma komplett untersucht<br />
werden kann, empfiehlt sich ein dreiteiliges<br />
Vorgehen.<br />
Fragenkatalog<br />
Der Fragenkatalog wird auf Basis des<br />
Standards ISO 27001, den Grundschutzkatalogen<br />
des BSI und der Erfahrung der<br />
Auditoren erarbeitet. Für jedes Gebiet,<br />
technisch oder organisatorisch, werden<br />
die Massnahmen zusammengestellt, welche<br />
umgesetzt sein müssen, um den gewünschten<br />
Sicherheitsstandard zu erreichen.<br />
Aus diesen Massnahmen werden<br />
die Fragen erarbeitet, über die der Erfüllungstand<br />
einer Massnahme festgestellt<br />
werden kann.<br />
Die Fragen betreffen alle Stufen einer<br />
Firma. Das heisst, es sind Fragen an<br />
die Geschäftsleitung (IT-Strategie, IT-<br />
Sicherheitskonzept sowie Mitarbeiterund<br />
Notfallplanung), die IT-Verantwortlichen<br />
(Hard- und Software, technische<br />
Mittel, Backup etc.) sowie die Mitarbeiter<br />
(Basiswissen, Sicherheitsverständnis)<br />
vorhanden. Die Fragen ergänzen<br />
sich teilweise oder ermöglichen eine<br />
Rückkontrolle. Dies ist zum Beispiel für<br />
Schwächen in der Organisation wichtig.<br />
Die Geschäftsleitung ist der Meinung,<br />
eine Massnahme wurde sauber<br />
umgesetzt, jedoch weiss die IT nichts<br />
davon.<br />
Rundgang<br />
Im Rundgang werden die vorhandenen<br />
Mittel geprüft. Wie sieht der Serverraum<br />
aus? Welche Mittel sind darin<br />
vorhanden? Welche Schutzmassnahmen<br />
(Brandschutz, Früherkennung oder<br />
USV.) sind erhalten? Wie ist der physikalische<br />
Aufbau des Netzwerkes? Wo<br />
werden Backups und Unterlagen aufbewahrt?<br />
Auf dem weiteren Rundgang werden die<br />
Arbeitsplätze sowie weitere IT-bezogene<br />
Räume untersucht.<br />
Technische Kontrolle<br />
Verschiedene Tools schliessen die<br />
Kontrolle der IT ab. Kontrolliert wird, ob<br />
die Dokumentationen auf dem korrekten<br />
Stand sind, ob Abweichungen vorhanden<br />
sind und wie die Konfiguration<br />
der Server aussieht (Benutzer, Rechte,<br />
Patchstand oder bekannte Schwachstellen).<br />
Diese Überprüfungen werden<br />
nicht nur im internen Netz durchgeführt,<br />
sondern auch von extern. Somit<br />
wird auch die Konfiguration der Firewall<br />
und der Internetzugänge (VPN) miteinbezogen.<br />
Ausgabe 2_2015 // Seite 107
IT-Sicherheit<br />
Resultate<br />
Mit den Antworten auf die Fragen werden<br />
Rückschlüsse auf bereits umgesetzte<br />
oder noch nicht angepackte Massnahmen<br />
gezogen. Aus den Massnahmen<br />
leiten sich Gefahren ab. Da oft mehrere<br />
Massnahmen notwendig sind, eine Gefahr<br />
zu beseitigen, ist ein umfangreicher<br />
Fragenkatalog notwendig, um Gefahren<br />
korrekt einschätzen zu können.<br />
Auswertung<br />
Alle Erkenntnisse aus den verschiedenen<br />
Stufen: Dokumentation, externe<br />
Kontrolle (Penetration Test), Fragenkatalog,<br />
technische Kontrollen und Interviews<br />
werden zusammengetragen. Aus<br />
diesen Ergebnissen leiten sich Gefahren<br />
und entsprechende (Gegen-)Massnahmen<br />
ab. Diese werden in einem ausführlichen<br />
Bericht festgehalten. Am Ende<br />
findet der Kunde eine Checkliste, auf<br />
welcher alle Massnahmen nochmals<br />
kurz aufgelistet und eine erste Gefährdungseinstufung<br />
(gering, mittel, hoch)<br />
gemacht wird.<br />
Umsetzung<br />
Als Resultat zeigen sich Massnahmen,<br />
die umgesetzt werden sollten. Nicht<br />
alle Massnahmen sind jedoch kritisch,<br />
andere hingegen sehr. Zum Teil haben<br />
Massnahmen auch Auswirkungen auf<br />
andere Gebiete und Massnahmen. Daher<br />
sollte der Umsetzungsreihenfolge<br />
grosse Beachtung geschenkt werden.<br />
Die Massnahmen sollten nach eigenen<br />
Bedürfnissen priorisiert werden. Je<br />
grösser die Gefahr, die von einer Lücke<br />
ausgeht, umso schneller sollte die Gegenmassnahme<br />
ergriffen werden. Die<br />
Abhängigkeiten sollten ebenso geprüft<br />
und aufgezeichnet werden. Damit eine<br />
Massnahme auch umgesetzt werden<br />
kann, müssen genügend Ressourcen<br />
zur Verfügung stehen. Seien dies finanzielle<br />
Mittel, das Wissen oder diejenigen<br />
Personen, die alles umsetzen. Mit einem<br />
Zeitplan können kritische Lücken schnell<br />
angepackt und umgesetzt werden.<br />
Nutzen<br />
Ein IT-Security-Audit zeigt pragmatisch<br />
und in kurzer Zeit, wie es um die eigene<br />
IT-Sicherheit steht. Allfällig vorhandene<br />
Schwachstellen in der Infrastruktur<br />
können systematisch behoben werden.<br />
Durch den detaillierten Bericht sind auch<br />
Hintergrundinformationen, warum der<br />
Auditor eine Massnahme vorschlägt und<br />
welche Massnahmen zur Lösung ergriffen<br />
werden können, ersichtlich. Wichtig<br />
ist auch, dass der Massnahmenkatalog<br />
so aufgebaut ist, dass die notwendigen<br />
Schritte selbstständig oder mit dem bestehenden<br />
Partner umgesetzt werden<br />
können.<br />
Somit kann das Unternehmen sicher<br />
sein, seine Kontrollfunktion gewissenhaft<br />
wahrgenommen zu haben, und optimiert<br />
damit die Ausrichtung der Infrastruktur<br />
auf die Anforderungen an die<br />
Business-Prozesse.<br />
(CISSP, CISA, ISO 22301 + 27001 Lead-<br />
Auditor) ist Geschäftsführer und Senior-<br />
Security-Auditor bei der goSecurity<br />
GmbH, welche IT-Sicherheitsüberprüfungen<br />
und -beratungen durchführt.<br />
Weiter unterrichtet er unter anderem an<br />
der Fachhochschule Nordwestschweiz<br />
FHNW IT-Sicherheitsthemen.<br />
www.gosecurity.ch<br />
Andreas Wisler<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 108
AUSERLESENE IMMOBILIENUNTERNEHMEN IHRER REGION<br />
WWW.PRESTIGEHOME.CH
IT-Sicherheit<br />
Global aufgestellt und gleichzeitig in lokalen Märketn verankert, das ist Teil der Unternehmensphilosophie von AVG.<br />
Online, Mobil und Cloud<br />
Umfassender Schutz<br />
von Georg Lutz<br />
Der global agierende Sicherheitsanbieter AVG mit Schwerpunkt von Online-<br />
Sicherheitslösungen ist seit Mai 2015 mit seinem Angebot für Business-<br />
Anwender auch in der Schweiz vertreten. Ziel ist es, sich als führender Anbieter<br />
im Bereich Internet Security und Remote Monitoring und Management<br />
(RMM) zu etablieren. Anlässlich des zentralen Medien-Events von AVG in der<br />
Schweiz führten wir mit den Verantwortlichen Hintergrundgespräche.<br />
Heute ist der Schutz vor Maleware<br />
viel mehr als der Kauf eines einzelnen<br />
Produktes wie der eines<br />
Antivirenschutzes. Die Bedürfnisse haben<br />
sich geändert. So arbeiten wir immer<br />
mehr mobil oder im Home Office.<br />
Zudem professionalisieren sich die Betreiber<br />
von Maleware.<br />
In dieser Situation bietet der globale<br />
Anbieter neue Lösungen an. Sie heissen<br />
AVG Business Managed Workplace,<br />
AVG Business CloudCare und AVG Business<br />
SSO und sind jetzt in deutscher<br />
Sprache verfügbar. Alle Daten und Services<br />
werden in einem lokalen Rechenzentrum<br />
von Amazon Web Services in<br />
Frankfurt am Main gehostet.<br />
Neue Aufstellung in der Schweiz<br />
Das neue Angebot wird flankiert von<br />
einem Vertriebsstandort in Basel. Als<br />
Sales Director, DACH & Benelux bei<br />
AVG Business, verantwortet François<br />
Tschachtli ab sofort die Geschäfte der<br />
AVG Business in der DACH-Region,<br />
Belgien, den Niederlanden und Luxemburg.<br />
Gemeinsam mit dem neu aufgestellten<br />
Vertriebsteam treibt er in diesen<br />
Märkten ein proaktives Partnerprogramm<br />
voran, um die Zusammenarbeit<br />
mit Vertriebspartnern und Managed-<br />
Service-Providern zu stärken. Der Startschuss<br />
war Anfang Mai in Zürich. «Unser<br />
Ziel ist es, die Arbeit der IT-Anbieter<br />
einfacher und effizienter zu gestalten.<br />
Das passt natürlich hervorragend zu den<br />
Bedürfnissen unserer Vertriebspartner.<br />
Mit unseren integrierten Anwendungen<br />
für die Bereiche Cloud Security, Remote<br />
Monitoring und Management sowie Mobile<br />
Management können unsere Partner<br />
ihren Kunden jetzt perfekt aufeinander<br />
abgestimmte IT-Dienstleistungen für<br />
deren Geräte, Daten und Anwender anbieten»,<br />
erklärt Tschachtli.<br />
Tschachtli war auch schon Verantwortlicher<br />
bei Norman Safeground. Das Unternehmen<br />
wurde Ende 2014 von AVG<br />
übernommen, und die Angebote werden<br />
weiter unterstützt. Die Frage nach den<br />
Gründen der Übernahme erklärt Mike Foreman,<br />
General Manager AVG Business,<br />
so: «Norman hat etablierte und professionell<br />
aufgestellte Verkaufskanäle. Die Akteure<br />
von Norman boten uns die Schlüsselfaktoren,<br />
um im Schweizer Markt<br />
erfolgreich agieren zu können. Das Wichtigste<br />
ist aber, dass sie die gleiche Unternehmensphilosophie<br />
wie AVG haben.»<br />
Philosophie und komplexe Situationen<br />
Oft drücken transnationale Unternehmen<br />
ihren Stempel auf jeden nationalen Markt<br />
auf. Hier ist das anders. «AVG ist ein global<br />
aufgestelltes Unternehmen. Es schaut<br />
aber gleichzeitig sehr genau, wie die lokalen<br />
Märkte aufgestellt sind, und sucht<br />
sich Partner, die auch die kleinen Akteure<br />
in den lokalen Märkten sehr genau kennen.<br />
Es geht bei uns nicht um eine Enterprise-Lösung,<br />
die von oben nach unten<br />
durchgedrückt wird», betont Foreman.<br />
«Fast jeder Mitarbeiter nutzt heutzutage<br />
mobile Endgeräte. Private-Cloud-<br />
Anwendungen wie Skype und Dropbox<br />
werden für geschäftliche Zwecke<br />
genutzt, der Einfluss des Internets der<br />
Dinge wächst – das alles sind Katalysatoren<br />
für das grenzenlose Unternehmen»,<br />
sagt Mike Foreman. «Für kleinere<br />
Unternehmen besteht in einer komplett<br />
vernetzten Umgebung das Risiko von<br />
Datenschutzverletzungen. AVG Business<br />
SSO macht es jetzt besonders einfach<br />
für Unternehmen ohne grosses Budget<br />
oder eigene IT-Abteilung, vertrauliche<br />
Unternehmensdaten zu sichern und zu<br />
kontrollieren – selbst wenn sie über die<br />
privaten Endgeräte der Mitarbeiter oder<br />
externe Cloud-Dienste laufen.»<br />
kmu<strong>RUNDSCHAU</strong> // Seite 110
IT-Sicherheit<br />
Die wichtigsten Vorteile<br />
Schnellere, einfachere Benutzerführung<br />
und Überwachung –<br />
Die verbesserte, intuitiv zu bedienende<br />
Nutzeroberfläche ermöglicht eine<br />
einfache und schnelle Handhabung.<br />
Die übersichtliche Anzeige von<br />
wichtigen Informationen zu den<br />
Kundensystemen, das elegante Design<br />
und die optimierten Arbeits abläufe<br />
ergänzen die Benutzung. Dadurch<br />
müssen unsere Partner ihre wertvolle<br />
Zeit nicht in endlosen Trainings<br />
verbringen.<br />
Einfacher Rollout von Sicherheitsanwendungen<br />
für Cloud- und<br />
Mobile-Anwendungen –<br />
Ein intuitiver, geführter Prozess<br />
vereinfacht den Einsatz der Anwendungen<br />
und liefert verwertbare Informationen<br />
zur einfachen Verwaltung direkt<br />
an das zentrale Dashboard.<br />
AVG Business Managed Workplace<br />
Die komplett integrierte Remote-Monitoring-<br />
und Management-(RMM)-Plattform<br />
verfügt über ein offenes Ökosystem.<br />
Die Plattform bietet nun auch<br />
Secure Sign-On (SSO) und Backup and<br />
Disaster Recovery (BDR) und ermöglicht<br />
die Integration in Microsoft365<br />
und VMware. Partner können dadurch<br />
mit AVG Business Managed Workplace<br />
noch einfacher Remote-IT-Management-Services<br />
für ihre Kunden erbringen.<br />
Nachdem die Lösung bereits<br />
in weltweit führenden Märkten, etwa in<br />
Australien, Grossbritannien, Kanada,<br />
Neuseeland, Skandinavien und den Vereinigten<br />
Staaten, eingeführt wurde, ist<br />
die deutschsprachige Version nun über<br />
neue, lokale Niederlassungen auch für<br />
Partner in Deutschland, Österreich und<br />
der Schweiz erhältlich.<br />
AVG Business Managed Workplace Version<br />
9.1 bietet eine verbesserte Nutzeroberfläche<br />
im Social-Media-Stil, die Arbeitsabläufe<br />
harmonisiert und somit das<br />
Leben von IT-Anbietern, Managed-Service-Providern<br />
und ihren kleinen und<br />
mittelständischen Kunden vereinfacht.<br />
Die Integration von Remote Mobile<br />
Security durch AVG Secure Sign-On<br />
und Backup- und Disaster-Recovery-<br />
Management-Funktionen ermöglicht die<br />
Integration neuer Kunden in sehr kurzen<br />
Zeitintervallen.<br />
Georg Lutz<br />
ist Chefredaktor von kmu <strong>RUNDSCHAU</strong>.<br />
Secure Sign-On –<br />
Single Sign-On, Cloud Identity,<br />
Identitätsmanagement und eine<br />
Multi-Faktor-Authentifizierung sind in<br />
einem System vereint. Dadurch löst<br />
das System die Herausforderungen<br />
rund um Bring-Your-Own-Device<br />
und Mit arbeitern, die im Alltag eine<br />
Mischung aus persönlichen und<br />
Firmengeräten nutzen, um sowohl<br />
im Büro als auch unterwegs zu<br />
arbeiten. Die Optionen zur Nutzung<br />
von Active Directory und Multi-Faktor-<br />
Authentifizierung machen die Bereitstellung<br />
einfach und sicher.<br />
BDR Service Integration –<br />
Durch das komplett integrierte BDR<br />
können Partner wiederkehrende<br />
Einkommensströme über Premium-<br />
Datenschutz-Dienstleistungen für<br />
Kunden aufbauen. Das umfasst<br />
Server-Backups, Backups für Endgeräte,<br />
Datenarchive, File Sharing und<br />
Disaster Recovery ins eigene Rechenzentrum<br />
oder zum Cloud-Anbieter.<br />
Zusammen stark.<br />
2200<br />
Frauen in Führungspositionen<br />
sind bereits<br />
Mitglied bei uns.<br />
10 000<br />
Männer stehen zum Netzwerken<br />
bereit.<br />
agenturamflughafen.com<br />
67<br />
Weiterbildungs- und<br />
Netzwerkveranstaltungen<br />
pro Jahr.<br />
Bessere Konnektivität mit führenden<br />
Standardanwendungen – Durch<br />
das offene Ökosystem lassen sich<br />
gängige Anwendungen wie Microsoft<br />
Office 365 und VMware sowie führende<br />
Connectivity-Tools wie ScreenConnect,<br />
Teamviewer und LogMeIn Pro nahtlos<br />
in die Verwaltung einbinden.<br />
Die SKO ist mit 2200 aktiven Damen das wohl grösste<br />
Frauennetzwerk und zugleich die bedeutendste Plattform<br />
für Führungskräfte in unserem Land. Falls Sies<br />
nicht schon sind, werden Sie jetzt Mitglied.<br />
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AUSGABE 02 /2015<br />