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arbeit als eintrittskarte für ein gutes leben - WERTARBEIT.at

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PRAXISBERICHTARBEIT ALS EINTRITTSKARTE FÜR EIN GUTES LEBENEin Erfahrungsbericht aus Programmen zur Arbeitsfähigkeitsförderung durchArbeitsgestaltungIRENE KLOIMÜLLERArbeitsfähigkeit der Belegschaften erhalten ist <strong>ein</strong>e zentraleHerausforderung für die Zukunft. Höhere Arbeitsfähigkeit bedeutetlängerer Verbleib im Arbeitsprozess, bessere Gesundheit,höhere LebensUualität – auch nach der Pensionierung– und höhere Wualität und Produktivität im Unternehmen.Arbeitsfähigkeitsförderung stellt damit <strong>ein</strong>e win-win-win Situ<strong>at</strong>iondar, für Betroffene, für Unternehmen und für die Volkswirtschaft.In Österreich wurden zwei große Programme gelaunched:„Fit für die Zukunft – Arbeitsfähigkeit erhalten“ (abgeschlossen!"#$%&'()*+%,-.%/01&23456%7"148"#9#"4:1,-;


PRAXISBERICHTrInnen liegt es, „Ja“ zu den Möglichkeiten zu sagen, aktiv<strong>ein</strong>zusteigen und mitzugestalten. Lässt der Betrieb überHandlungsspielräume <strong>ein</strong>e gewisse Autonomie zu, wachsenMit<strong>arbeit</strong>erInnen mit den Herausforderungen in ihren Leistungspotenzialenund sind bereit, länger im Arbeitsprozesszu verbleiben.Überall dort hingegen, wo persönliche Werte durch diekonkrete Arbeitssitu<strong>at</strong>ion bedroht sind, und Arbeit sinnent­1))/%&50/&N9"#$%&-()/&+-4:/&50,&OP:!4&P"/(*&4)$)!&/:+#$&Motiv<strong>at</strong>ion, Gesundheit und Leistungsfähigkeit und damitArbeitsfähigkeit und die Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit, bis zum regulärenPensionsantrittsalter zu <strong>arbeit</strong>en, verloren.DAS HAUS DER ARBEITSFÄHIGKEITF")&(),-4/:'+#$)&Q"%0:%"-!&"!&R+%)//)"#$*&(")&$-$)!&S:­ten an Berufsunfähigkeit und der im europäischen Vergleichüberdurchschnittlich frühe Pensionsantritt waren Anlass fürdas Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz,die Pensionsversicherungsanstalt und Allgem<strong>ein</strong>eUnfallversicherungsanstalt in die Entwicklung von Programmenzur Förderung bzw. Erhalt oder Wiederherstellungvon Arbeitsfähigkeit zu investieren.Ganzheitliche „Arbeits(bewältigungs)fähigkeit“ oder Arbeitsfähigkeitbeschreibt, inwieweit <strong>ein</strong>/e ArbeitnehmerIn inder Lage ist, s<strong>ein</strong>e/ihre Arbeit angesichts von Arbeitsanforde­/0!4)!*&G)+0!($)"%*&,)!%:1)!&S)++-0/#)!*&T0:1"'C:%"-!)!*&persönlichen Werten und Einstellungen zu erfüllen. Arbeitsfähigkeitist die Über<strong>ein</strong>stimmung zwischen dem, was <strong>ein</strong>Betrieb dauerhaft verlangt und <strong>als</strong> Rahmen zu Verfügungstellt und dem, was <strong>ein</strong>e Person unter den gegebenen Bedingungennachhaltig leisten kann und will. Arbeitsfähigkeit zuerhalten ist k<strong>ein</strong> st<strong>at</strong>ischer Zustand, sondern <strong>ein</strong> ständigerAdaptierungsprozess, um die Balance zwischenden Anforderungender Organis<strong>at</strong>ionen und den Bedürfnissen ihrerMit<strong>arbeit</strong>erInnen herzustellen.Niedrige Werte in der Arbeitsbewältigung gehen mit<strong>ein</strong>em vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsprozess, Sinnkrisen,<strong>ein</strong>geschränkter Gesundheit, schlechterer Lebensqualitätund klassischen Produktivitätsverlusten <strong>ein</strong>her.Arbeitsfähigkeit zu erhalten bedeutet, dauerhaft zu fördernund zu fordern und das Gleichgewicht zwischen Res­+-0/#)!&0!(&D!8-/()/0!4)!&50&A9)4)!?Das Konzept von ganzheitlicher Arbeitsfähigkeit, dasZusammenspiel von Arbeit und Person wird im s.g. Modell„Haus der Arbeitsfähigkeit“ abgebildet (siehe Abb.1).F")+)+& U-()11& +%:,,%& .-!& (),& '!!"+#$)!& H"++)!­schafter Prof. Juhani Ilmarinen (2005) und verbindet dieverschiedenen Dimensionen von Arbeitsfähigkeit mit<strong>ein</strong>ander.Die Stockwerke des „Hauses der Arbeitsfähigkeit“ sind(0/#$&Q%")4)!&,"%)"!:!()/&.)/20!()!*&+")&2))"!90++)!&+"#$&P)#$+)1+)"%"4?&D/2)"%+8V$"4C)"%&P"/(&50&)%P:&LWEK


PRAXISBERICHT$-$)!&]"!90++&:08&(")&7)5")$0!4&50/&D/2)"%&0!(&(:,"%&:08&Arbeitsfähigkeit. Wie bereits im ersten Abschnitt dieses Artikelsbeschrieben, haben Mit<strong>arbeit</strong>erInnen zu Beginn ihrerBerufslaufbahn durchaus sinnerfüllte und positive Beziehungzu ihren Tätigkeiten, <strong>ein</strong> beachtlicher Teil der Mit<strong>arbeit</strong>erInnenverliert jedoch über die Jahre diese Einstellung,P)"1&"$/)&2)/09"#$)!&]/P:/%0!4)!&!"#$%&)/8Z11%&P0/()!*&P)"1&sie sich zu wenig geschätzt und gesehen fühlen oder weil dieKooper<strong>at</strong>ion im Team nicht passt (Psychologischer Arbeitsvertrag,Denise Rousseau). Das h<strong>at</strong> oft zur Folge, dass ihreMotiv<strong>at</strong>ion abnimmt.Im zweiten Stockwerk wird aber auch das motiv<strong>at</strong>ionsbedingteVerhalten von Mit<strong>arbeit</strong>erInnen abgebildet, z.B. trotzKrankheit zur Arbeit zu gehen (Präsentismus nach Aronssonet al. 2000) oder das Arbeitsklima in <strong>ein</strong>em Betrieb.Diese Ausführungen untermauern, wie eng das zweiteStockwerk mit dem obersten Stock – dem ?.7@%A#*%$ 4#*$/*0#".)0#4"'1('1#'B$4#*$C,5*('1B$4#*$/'+7*4#*('1#'$('4$D&'4-('1))9"#-*E(8#B$ 4#*$ F()&88#'&*0#".$ "8$ G#&8 –verbunden ist. Hier entscheidet sich oft, ob z.B. neg<strong>at</strong>ivesFührungsverhalten oder <strong>ein</strong> schlechtes Betriebsklima unmittelbarAuswirkungen auf die Einstellungen von Mitar­2)"%)/3!!)!&$:2)!?&^")/&+"!(&:2)/&:0#$&(")&^)2)1&50&'!()!*&mit deren Hilfe passende Herausforderungen und Weiterbildung,sowie Arbeitsmittel für möglichst viele Mit<strong>arbeit</strong>erInnenverbessert werden können und in der Folge höhereArbeitsfähigkeitswerte und Produktivität erreicht werden.3,& -2)/+%)!& Q%-#CP)/C& '!()!& +"#$& :11)& S:$,)!2)("!­gungen zur Arbeitsgestaltung wieder.angesetzt wird (siehe Abbildungen 2 und 3) , und sekundäram individuellen Verhalten von ArbeitnehmerInnen. Die Interventionenerfolgen auf Grund der Ergebnisse und Erkenntnisse<strong>ein</strong>es standardisierten Analyse­Prozesses entlang desbeschriebenen „Haus der Arbeitsfähigkeit“ u.a. mittels Arbeits­2)PV1%"40!4+"!()I&N10+d&6)"!),&e/:4)2-4)!E3!+%/0,)!%&50/&Einschätzung des Niveaus von ganzheitlicher Arbeitsfähigkeit,womit alle Mit<strong>arbeit</strong>erInnen <strong>ein</strong>es Betriebes befragt werden).())*+#, Maßnahmen nach Stockwerk im Haus der Arbeit im Zeitverlauf(Kloimüller , Czeskleba 2013)DIE ÖSTERREICHISCHEN PROGRAMME ZUR UN­TERSTÜTZUNG VON ARBEITSFÄHIGKEIT2008 wurde das fünfjährige Programm „C".$+,*$4"#$F(H%('+.$H$/*0#".)+E5"1%#".$#*5&-.#'“ ins Leben gerufen, an dem20 Pilotbetriebe mit rund 20.000 ArbeitnehmerInnen teilgenommenhaben (www.abiplus.net).Mit 1.01.2011 wurde das Arbeits­ und ­Gesundheitsge­+)%5&6DGG_&PPP?'%;P-/C?:%>&.-,&`:%"-!:1/:%&2)+#$1-++)!*&welches unter dem Programm­Namen „!"#$%&'“ umgesetztwird. Bis Ende 2013 werden rund 100 Organis<strong>at</strong>ionen undBetriebe bereits in das Programm integriert s<strong>ein</strong>.Ziel von „Fit für die Zukunft“ war es, Ansätze zu entwickeln,um Arbeitsfähigkeit von Belegschaftsgruppen zu8a/()/!&0!(b-()/&(")+)&50&)/$:1%)!?&O")1&.-!&c'%;P-/CE&7)­triebsber<strong>at</strong>ung“ ist es, die Arbeitsfähigkeit von Menschenmit bereits <strong>ein</strong>geschränkter Gesundheit möglichst gut zustützen und Rahmenbedingungen für <strong>ein</strong>e Eingliederungvon Personen mit Einschränkungen so zu gestalten, dassdiese Menschen im Erwerbsprozess bleiben können und dieArbeitsplätze erhalten bleiben. Auch hier spielt es für denErfolg <strong>ein</strong>e wesentliche Rolle, dass nicht irgend<strong>ein</strong>e Altern<strong>at</strong>iveentwickelt wird, sondern <strong>ein</strong>e für den Menschensinnvolle, die ihn <strong>ein</strong>erseits entlastet, anderseits vor positiveHerausforderungen stellt.In beiden Programmen steht die I#*5E-.'")7*"#'."#*('1$im Vordergrund, das bedeutet, dass primär an der Organis<strong>at</strong>ionskultur,an Strukturen und Prozessen im Unternehmen/00 Maßnahmen nach Interventionsprinzip im Zeitverlauf (Kloimüller,Czeskleba 2013)Als besonders relevant für den ;*5&-.$J7'$/*0#".)+E5"1%#".haben sich die 3#).&-.('1$J7'$D&'4-('1))9"#-*E(8#'$(je größerder Handlungsspielraum, umso höher die Arbeitsfähigkeit),C,5*('1)J#*5&-.#' (je wertschätzender und <strong>ein</strong>beziehender,umso höher die Arbeitsfähigkeit), !#*.#$"'$4#*$/*0#".$('4$;"'H).#--('1$:(*$/*0#".$(je besser der psychologische Arbeitsvertragerfüllt wird, umso höher die Arbeitsfähigkeit) ('4$4&)$1#)('4H5#".-"@5#$K"J#&($(je besser, umso höher die Arbeitsfähigkeit)herausgestellt (Kloimüller et al. 2012).3!&:11)!&7)%/")2)!&P0/()!&!)2)!&+A)5"'+#$)!&U:f!:$menbasierend auf den Analyseergebnissen, gem<strong>ein</strong>sam mitder Führung am Führungsverhalten (Wertschätzung, Zutrauen,Vertrauen) ge<strong>arbeit</strong>et. Handlungsspielräume wurden them<strong>at</strong>isiertund so weit möglich vergrößert, Mitbestimmungder Mit<strong>arbeit</strong>erInnen in der Entwicklung der Maßnahmen,bei der Gestaltung neuer Arbeitszeitformen etc. <strong>ein</strong>geräumt.E"ISTENZANAL*SE 30/1/2013 63


PRAXISBERICHTBetriebliche Gesundheitsförderungsprogramme wurden verstärktoder neu implementiert. Auch die Gründe für den Motiv<strong>at</strong>ionsverlustbei über der Hälfte der Belegschaften wurdenanalysiert: nicht passende Arbeitsbedingungen – z.B. engeSpielräume, zunehmende Bürokr<strong>at</strong>isierungen, sinnentleertegV%"4C)"%+:21V08)& -()/& 50& P)!"4& G/:%"'C:%"-!& 6H)/%+#$V%­zung), aber auch Enttäuschung über den Berufsverlauf wurdengenannt.Als <strong>ein</strong> 1#8#"')&8#*$ 6#*'$ 4#*$ M7."J&."7')&0'&58#$konnte auch <strong>ein</strong>e Unzufriedenheit mit den Perspektiven undmangelnde Zuversicht für die Zukunft herauskristallisiertwerden. Dafür wurde beispielsweise in Zukunftsdialogenund – werkstätten in <strong>ein</strong>er kre<strong>at</strong>ivitätsfördernden AtmosphäreZukunftsszenarien visioniert und zunächst Lösungsvorschlägeaußerhalb von Sachzwängen/Rahmenbedingungenentwickelt, welche dann in <strong>ein</strong>em weiteren Schritt in RichtungUmsetzbarkeit konkretisiert und strukturiert wurden.Lag der Fokus beim Motiv<strong>at</strong>ionsverlust eher in mangelnderWertschätzung, so wurde mittels Führungskräfteschulungen-()/&:0#$&(")&]!%P"#C10!4&)"!)+&h-()I&8Z/&)"!)!&P)/%+#$V%­zenden würdevollen Umgang, über alle Hierarchien und Altersgruppenhinweg, versucht Verbesserungen zu erzielen.D0+& )I"+%)!5:!:1B%"+#$)/& Q"#$%& +"!(& (")& G)+#$)$)!& ",&Stockwerk der Werte und Einstellungen und im Stockwerk„Arbeit“ besonders interessant. Im Zusammenspiel der beidenwird der s.g. psychologische Arbeitsvertrag getroffen.Persönliche Vorstellungen über Sinn und Wert der Arbeit, Ar­2)"%+2)("!40!4)!*& ]"!90++,a41"#$C)"%)!& P)/()!& :08& QA")1­räume, Gerechtigkeit, Unterstützung und Berechenbarkeit desArbeitgebers überprüft. Besteht <strong>ein</strong> Bruch im Vertrag, dannkommt es zur inneren Kündigung, zum Berufsumstieg oderzum Berufsausstieg.Der Prozess dieser Überprüfung läuft oft unbewusst ab.In Coachings mit Mit<strong>arbeit</strong>erInnen bietet sich die Me­%$-()& ()/& cN)/+-!:1)!& ]I"+%)!5:!:1B+)i& 0!%)/+%Z%5)!(& :!M&Was nehme ich in der Organis<strong>at</strong>ion wahr? Welches Gefühllöst es aus bei mir? Kann ich es verstehen? Es kommt zu<strong>ein</strong>er tiefen Stellungnahme und <strong>ein</strong>em Impuls, was ich gernemachen würde. Was konkret verwirklicht werden kann,hängt letztlich vom Einzelnen und den Möglichkeiten derArbeitsbedingungen ab. Im positiven Fall folgen Aktionenzur Veränderung und besseren Bewältigung, im schlechterenFall kommt es zum inneren Rückzug.In den Pilotbetrieben von „ Fit für die Zukunft“ konnte demonstriertwerden, dass gut abgestimmte Maßnahmen zu ei­!)/&j)/2)++)/0!4&.-!&D/2)"%+8V$"4C)"%&8Z$/)!&6+")$)&D22?&K>?&Üblicherweise sinken Arbeitsfähigkeitswerte, wenn Be­%/")2)& D/2)"%+8V$"4C)"%& !"#$%& 0!%)/+%Z%5)!*& 0,&

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