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Oktober - PriceWaterhouseCoopers AG

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<strong>Oktober</strong> 2010<br />

pwc:<br />

Das Magazin für Vorausdenker<br />

Stars mit Streifen<br />

Adidas-Vorstand Erich Stamminger<br />

Geist und Genius<br />

Nobelpreisträgertreffen in Lindau<br />

Plattform statt Parkett<br />

Die Entmenschlichung der Wall Street<br />

Neue Spitzen<br />

Seit Juli im Amt:<br />

PwC-Vorstandssprecher<br />

Norbert Winkeljohann und sein<br />

Führungsteam


pwc: Inhalt<br />

Titel Märkte Wissen<br />

Neue Spitzen<br />

PwC-Vorstandssprecher Norbert<br />

Winkeljohann im Gespräch mit Wolfgang<br />

Kaden. Seite 4<br />

Alle Neune<br />

Das neue Führungsteam von PwC Deutschland<br />

im Überblick. Seite 8<br />

Trends Seite 12<br />

Swissness School<br />

Alexander Niemetz über Erfolgs- und andere<br />

Geheimnisse der Schweiz. Seite 14<br />

Die Marke der Athleten<br />

Erich Stamminger, Markenvorstand der<br />

Adidas <strong>AG</strong>, im Gespräch über Stars und<br />

Streifen. Seite 18<br />

Mensch im Wertewandel<br />

Was Buchautor Jörn Klare unter anderem<br />

herausbekam, als er versuchte, seinen eigenen<br />

Wert zu berechnen. Seite 22<br />

Auf Windfang<br />

Die Offshorewindindustrie steht in Deutschland<br />

vor dem Durchbruch. Und vor einigen<br />

Fragezeichen. Seite 24<br />

Trends Seite 28<br />

Der Mustermann<br />

Der Mathematiker und Systembiologe<br />

Fabian Theis im Porträt. Seite 30<br />

Topp, dies Wetter gilt!<br />

Wetteroptionen waren ein Hit an den Derivatemärkten.<br />

Doch neue Anbieter setzen<br />

auf individualisierte Produkte. Seite 32<br />

Nobelesse oblige<br />

Ein Besuch beim Jahrestreffen der Nobelpreisträger<br />

in Lindau. Seite 34<br />

Gutes tun – gewusst wie<br />

Der Ausbildungsgang zum CSR-Manager<br />

feiert die ersten Absolventen. Seite 38<br />

2 pwc: | oktober 2010


Lösungen<br />

Trends Seite 40<br />

Wall Street 4.0<br />

Menschen an der New Yorker Börse waren<br />

gestern, Maschinen am Washington Boulevard<br />

sind heute. Seite 42<br />

Ein Offenbacher in Hongkong<br />

Wie die Schramm <strong>AG</strong> als erstes deutsches<br />

Unternehmen den Gang an die Börse in<br />

Hongkong schaffte. Seite 48<br />

Wenn nichts mehr geht<br />

Einblicke in die Arbeit der Restrukturierungsexperten<br />

von PwC. Seite 50<br />

Publikationen Seite 54<br />

Impressum Seite 55<br />

pwc: Editorial<br />

Norbert Winkeljohann,<br />

Vorstandssprecher der<br />

PricewaterhouseCoopers <strong>AG</strong><br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />

Sie, unsere Mandanten, sind das Wichtigste für uns als Dienstleister.<br />

Trotzdem stellen wir in der Titelgeschichte dieser Ausgabe von pwc:<br />

nicht Sie, sondern ausnahmsweise uns selbst in den Mittelpunkt.<br />

Warum tun wir das? Weil wir der Meinung sind, dass Sie wissen sollten,<br />

wer seit Juli an der Führungsspitze Ihres Prüfungs- und Beratungsunternehmens<br />

steht. Die älteste und schönste Form der Kommunikation ist<br />

natürlich nach wie vor der persönliche und direkte Austausch und in den<br />

vergangenen Wochen haben meine Vorstandskollegen und ich wieder<br />

viele Gespräche mit Unternehmensvertretern geführt. Diese Gespräche<br />

setzen wir selbstverständlich fort; aber das braucht Zeit – und deshalb<br />

sollen Sie uns in diesem Heft schon einmal ein wenig kennenlernen.<br />

Uns mit uns selbst zu beschäftigen, wird aber keineswegs zum Prinzip<br />

für „pwc: Das Magazin für Vorausdenker“. Auch künftig finden Sie<br />

hier Themen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, die informieren<br />

und unterhalten sollen, aber vor allem einen Blick nach vorne und einen<br />

Blick zur Seite werfen. Kurz: Beiträge, die über den Tellerrand des eigenen<br />

Geschäftsalltags hinausgehen. Das ist und bleibt die Leitidee dieses<br />

Magazins. Auch in dieser Ausgabe finden Sie dafür gute Beispiele: Wir<br />

blicken hinter die Kulissen des alljährlichen Nobelpreisträgertreffens in<br />

Lindau. Pünktlich zum Kinostart von Wall Street II liefern wir eine Zustandsbeschreibung<br />

des New Yorker Börsenparketts ab. Und wir erklären,<br />

warum sich ein Mittelständler aus dem hessischen Offenbach als<br />

erstes europäisches Unternehmen an der Hong Kong Stock Exchange<br />

hat listen lassen.<br />

Wir wünschen Ihnen gleichermaßen Anregung und Vergnügen,<br />

Norbert Winkeljohann<br />

pwc: | oktober 2010 3


pwc: Titel<br />

4 pwc: | oktober 2010


„Dialog mit Wirtschaft<br />

und Politik“<br />

Der neue PwC-Vorstandssprecher Norbert Winkeljohann im Gespräch mit<br />

Wolfgang Kaden.<br />

pwc: Herr Professor Winkeljohann, zum ersten Mal haben die 426<br />

Partner von PricewaterhouseCoopers ihren Vorstandssprecher in<br />

einer Urwahl gewählt. War es spannend?<br />

Norbert Winkeljohann: Das war schon spannend. Für unsere Firma<br />

war die Direktwahl des Sprechers ein Novum. Aber auch für mich<br />

war es eine ganz besondere Erfahrung, sich einem solchen Wettbewerb<br />

zu stellen. Die Eigenvermarktung liegt Wirtschaftsprüfern<br />

und Steuerberatern, die eher im Hintergrund arbeiten, häufig fern.<br />

Es gab drei Bewerber. Normalerweise laufen solche Ausleseprozesse<br />

doch hinter einem Vorhang ab. Was bedeutet es für ein<br />

Unternehmen, wenn das alles öffentlich geschieht?<br />

Als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stehen wir für Vertrauen und<br />

Transparenz. Diese Transparenz wollten wir als Partner und Inhaber<br />

unserer Firma auch nach innen berücksichtigt sehen. Im Ergebnis<br />

hat der damit verbundene Kulturwandel eine neue Offenheit in unserer<br />

Gesellschaft bewirkt.<br />

Was hat die Führung veranlasst, dieses Verfahren zu wählen?<br />

Der Wunsch nach mehr Partnerschaft und Unternehmertum in unserer<br />

Gesellschaft. Als Partnerinnen und Partner sind wir Unternehmer,<br />

die ihre Mandanten aus einer unternehmerischen Perspektive<br />

betreuen. Denn derjenige, der wie ein Unternehmer die Bereitschaft<br />

mitbringt, Chancen und Risiken zu tragen, kann Entscheiderinnen<br />

und Entscheider in der Wirtschaft zukunftsweisend betreuen.<br />

No Risk, no Fun. Wer sich einer solchen Wahl stellt, trägt auch das<br />

Risiko, zu verlieren. Haben Sie den möglichen Prestigeverlust einer<br />

Niederlage einkalkuliert?<br />

Dem Sprecher einer Gesellschaft wie PwC werden Entscheidungen<br />

abverlangt, bei denen er manchmal Risiken in Kauf nehmen muss.<br />

Wer sich einer solchen Wahl stellt, muss also bereit sein, Risiken<br />

einzugehen. Das Nachdenken über Chancen und Risiken stand nie<br />

im Vordergrund, sondern der Gedanke, nach welchen Grundsätzen<br />

und mit welchen innovativen Ideen unsere Firma erfolgreich durch<br />

die nächsten Jahre geführt werden kann.<br />

Die Öffentlichkeit des Auswahlprozesses macht das Risiko natürlich<br />

größer.<br />

Das ist im politischen Leben nicht anders. Und dort ist meines Wissens<br />

noch niemand daran gestorben, dass er zweiter Sieger war.<br />

Sie sind in einer bewegten Zeit Vorstandssprecher des größten Prüfungs-<br />

und Beratungsunternehmens in Deutschland geworden. Es<br />

gab nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise heftige Kritik<br />

– an den Bankern, den Aufsehern, den Politikern, den Ratingagenturen,<br />

gelegentlich auch an den Prüfungsunternehmen. Welche<br />

Lehren ziehen die Prüfer aus dem Desaster?<br />

Kurz gefasst lautet der Auftrag eines Wirtschaftsprüfers, die Richtigkeit<br />

der Rechnungslegung von Jahresabschlüssen zu prüfen. Wir<br />

befassen uns selbstkritisch mit der Frage, ob das ausreicht, um der<br />

Erwartungshaltung der Öffentlichkeit mit Blick auf unsere Tätigkeit<br />

nachzukommen; ob der Prüfungsauftrag beispielsweise eine Erweiterung<br />

im Hinblick auf das Verständnis und die Nachvollziehbarkeit<br />

von Geschäftsmodellen der zu prüfenden Unternehmen erfahren<br />

muss.<br />

Also die Abkehr vom Typus des Hakelmachers.<br />

Nicht eine Abkehr. Die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers wird weiterhin<br />

mit einem Gesamturteil enden, aber die in Teilen sehr starke<br />

Verschulung der Prüfungstätigkeit sollte um Maßnahmen zum besseren<br />

Verständnis für wirtschaftliche Gesamtzusammenhänge in<br />

den Unternehmen ergänzt werden. Wir sind beispielsweise bei PwC<br />

dabei, unsere Branchenexpertise noch weiter zu stärken, um die<br />

schwierigen Verästelungen der wirtschaftlichen Betätigung unserer<br />

Mandanten noch besser nachvollziehen zu können. Damit würde<br />

das Fundament unseres Gesamturteils deutlich breiter.<br />

Wie weit kann eine tiefer gehende, inhaltliche Prüfung gehen?<br />

Die Unternehmen stecken den Budgetrahmen für die Abschlussprüfung<br />

heute sehr eng. Das führt dazu, dass die Prüfung im Regelfall<br />

in einem kalkulierten Zeitrahmen abzuwickeln ist. Manchmal<br />

zeigt sich der Schwierigkeitsgrad von Sachverhalten aber erst<br />

während der Prüfung – zum Beispiel, wenn es darum geht, umfangreiche<br />

Verträge nachzuvollziehen, die bei grenzüberschreitenden Finanztransaktionen<br />

aufgesetzt werden. In einem solchen Fall muss<br />

es im Interesse der Aufsichtsgremien und auch des Managements<br />

liegen, dem Prüfer ausreichend Zeit zur Verfügung zu stellen, um<br />

ein sicheres Gesamturteil abgeben zu können. Das bedeutet Flexibilität<br />

von Zeitbudgets nach oben und unten.<br />

Wie weit wird eine kritische Prüfung der Unternehmen durch den<br />

Umstand erschwert, dass sie von denen bezahlt wird, die sie zu<br />

prüfen hat?<br />

Wir haben ja seit geraumer Zeit die Regelung, dass der Prüfer vom<br />

Aufsichtsrat beauftragt wird und nicht vom Vorstand. Das sichert<br />

die nötige Unabhängigkeit. Darüber hinaus gibt es detaillierte Regelungen,<br />

die eine zu große wirtschaftliche Nähe des Prüfers zum geprüften<br />

Unternehmen verhindern.<br />

In der Öffentlichkeit werden Wirtschaftsprüfungsunternehmen wenig<br />

wahrgenommen. Müssten sie nicht mehr Öffentlichkeit wagen?<br />

Einer der wichtigsten Berufsgrundsätze der Wirtschaftsprüfer ist die<br />

Verschwiegenheitspflicht. Sie führt dazu, dass Wirtschaftsprüfer im<br />

pwc: | oktober 2010 5


pwc: Titel<br />

Hintergrund agieren und weniger wahrgenommen werden. Wir ha-<br />

ben jedoch seit einigen Jahren den Dialog mit der Wirtschaft und<br />

auch mit der Politik verstärkt und bringen unsere Erfahrungen zum<br />

Beispiel in Gesetzgebungsverfahren mit ein.<br />

Wir sprachen eben über Ihren Auftraggeber, den Aufsichtsrat. Wie<br />

bewerten Sie heute dessen Rolle? Gibt es eine Art Machtverschiebung<br />

in den Unternehmen zu dessen Gunsten?<br />

Machtverschiebung ist vielleicht zu viel gesagt. Aber das Aufgabenspektrum<br />

und die Haftungsrelevanz haben deutlich zugenommen –<br />

und wir stellen fest, dass die Aufsichtsräte deutlich mehr Zeit investieren,<br />

um ihre Aufgaben zu erfüllen.<br />

Wie sehen Sie die Aufgaben eines Aufsichtsrates?<br />

Neben seinen gesetzlichen Pflichten ist der Aufsichtsrat gleichzeitig<br />

auch Sparringspartner des Vorstands, gibt kreative Impulse für die<br />

Fortentwicklung des Unternehmens, verlangt dem Vorstand Strategien<br />

ab, genehmigt Budgets und Investitionen. Wir als Abschlussprüfer<br />

begrüßen den engen Dialog mit dem Aufsichtsrat, wenn es<br />

darum geht, Schwachstellen aufzuzeigen und Risiken zu beurteilen.<br />

Der Bundestag hat durch verschiedene Gesetze versucht, den<br />

Aufsichtsrat zu stärken, gerade auch in seiner Unabhängigkeit. Zu<br />

diesen neuen Regeln gehört auch eine zweijährige Phase, in der<br />

ehemalige Vorstände nicht in den Aufsichtsrat ihres bisherigen Arbeitgebers<br />

einziehen dürfen. Halten Sie diese Reformen für richtig?<br />

Den Grundgedanken der Regelung, wonach Aufsichtsräte nicht<br />

von ehemaligen Vorstandsmitgliedern dominiert werden dürfen, die<br />

ihre eigene Arbeit kontrollieren, halte ich für richtig. Allerdings muss<br />

berücksichtigt werden, dass ehemalige Vorstandsmitglieder auch<br />

wichtige Unternehmenseinblicke in die Arbeit des Aufsichtsrats einbringen<br />

können. Daher hätte es ausgereicht, eine Dominanz ehemaliger<br />

Vorstandsmitglieder zu verhindern, etwa indem man eine Obergrenze<br />

für die Zahl ehemaliger Vorstandsmitglieder im Aufsichtsrat<br />

festsetzt. Insofern ist die jetzige gesetzliche Regelung zu starr.<br />

Wie lässt sich konkret die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat<br />

und Wirtschaftsprüfung verbessern?<br />

Wir pflegen den Dialog mit dem Aufsichtsrat beziehungsweise den<br />

Ausschüssen von Aufsichtsräten, wie zum Beispiel dem Prüfungsausschuss,<br />

immer regelmäßiger. Dabei beschäftigen wir uns systematisch<br />

mit aufsichtsrelevanten Themen, die aus Sicht des Wirtschaftsprüfers<br />

von Bedeutung sind. Übrigens geschieht das mit<br />

Wissen und Unterstützung des Managements.<br />

… also unabhängig von der Jahresprüfung.<br />

Ja, bei einer zunehmenden Zahl von Unternehmen geht der Aus-<br />

„Die Unternehmen stecken den Budgetrahmen für<br />

die Abschlussprüfung heute sehr eng. Manchmal<br />

zeigt sich der Schwierigkeitsgrad von Sachverhalten<br />

aber erst während der Prüfung.“<br />

Norbert Winkeljohann, PwC-Vorstandssprecher<br />

tausch deutlich über die Themen der Jahresabschlussprüfung hinaus<br />

und das Interesse an einem solchen Dialog ist sehr groß.<br />

Diese Beratungstätigkeit für den Aufsichtsrat ist für Sie sicherlich<br />

auch ein interessantes neues Geschäftsfeld. Was sind denn darüber<br />

hinaus die wesentlichen Wachstumstreiber für PwC?<br />

Vor dem Hintergrund weitergehender Regulierung sehe ich, das<br />

wird Sie vielleicht überraschen, das Thema Wirtschaftsprüfung/<br />

Rechnungslegung als einen Wachstumstreiber. Die Wirtschaftsprüfung<br />

wird sich in Richtung prozessorientierte Prüfung verändern.<br />

Unternehmen müssen ihre Risikomanagementsysteme mehr und<br />

mehr als geschlossene Kreisläufe organisieren, die weltweit alle für<br />

die Unternehmenssteuerung relevanten Bereiche abdecken.<br />

Daneben werden nationale Bestrebungen einzelner Länder die weltweite<br />

Vereinheitlichung der Rechnungslegung erschweren und ein<br />

differenziertes Vorgehen bei Unternehmen und Wirtschaftsprüfern<br />

notwendig machen. Weitere Wachstumstreiber sehen wir in den<br />

Bereichen Consulting, grenzüberschreitende Transaktionen, Steuerund<br />

Rechtsberatung.<br />

Ist die Beratung also Ihr wesentliches Wachstumsterrain?<br />

Wir wachsen in der Beratung in der Tat schneller als in der Prüfung.<br />

Aber Beratung ist ein weites Feld. Da sind zum einen die angesprochenen<br />

Bereiche Globales Risikomanagement und Compliance.<br />

Daneben das aktuelle Thema Nachhaltigkeit. Ein weiteres großes<br />

Wachstumsterrain ist Management-Consulting und schließlich<br />

grenzüberschreitende Unternehmenstransaktionen, die aktuell<br />

wieder zunehmen.<br />

Wie schätzen Sie die Entwicklung in Ihrer Branche ein? Werden die<br />

großen Prüfungsunternehmen zulasten der kleinen zulegen?<br />

Die weltweite Abschlussprüfung einschließlich der Prüfung von Risikomanagementsystemen<br />

erfordert zunehmend globale Prüfungsansätze.<br />

Neue Herausforderungen sehen wir beim Verständnis und<br />

der Nachvollziehbarkeit von Geschäftsmodellen. Dazu bedarf es<br />

einer weltweit aufgebauten Branchenexpertise. Dieses Know-how<br />

6 pwc: | oktober 2010<br />

Vita<br />

Norbert Winkeljohann, 52, gehört dem Vorstand von PwC Deutschland<br />

seit 1999 an und leitete seitdem den Bereich Mittelstand/Familienunternehmen.<br />

Seit 1. Juli 2010 ist er Vorstandssprecher.<br />

Der gebürtige Osnabrücker ist Doktor der Wirtschaftswissenschaften,<br />

Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie seit 2001 Honorarprofessor<br />

der Universität Osnabrück. Winkeljohann ist verheiratet<br />

und hat einen Sohn.


können sich nur global agierende Prüfungs- und Beratungsunter-<br />

nehmen leisten. Externe – nationale wie internationale – Qualitäts-<br />

sicherungsmaßnahmen tun ein Übriges, um die Prüfung bei den<br />

größeren Häusern zu konzentrieren. Kleine und mittelständische<br />

Wirtschaftsprüfungsunternehmen werden aber auch wachsen, bei-<br />

spielsweise im Bereich Gutachten oder Steuerberatung.<br />

Sie beschäftigen jetzt rund 8.500 Menschen. Wird die Mannschaft<br />

noch größer werden?<br />

Wohin die Reise geht, hängt zum einen vom Markt, vom Wachs-<br />

tum ab. Zum anderen aber auch von unserer Produktivitätsentwick-<br />

lung. Wir denken beispielsweise über Shared Service Center nach,<br />

in denen wir weltweit Standardprozesse aus der Abschlussprüfung<br />

konzentrieren. Übergeordnetes Ziel ist und bleibt aber Wachstum.<br />

Deshalb wollen wir in einigen Jahren mehr Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter beschäftigen als heute.<br />

Sie holen Ihre Mitarbeiter im Wesentlichen von den Hochschulen.<br />

Dort haben sich durch die Einführung des Bachelors und des Mas-<br />

ters die Laufbahnen entscheidend verändert. Erschwert das oder<br />

erleichtert das die Rekrutierung des Nachwuchses?<br />

Das können wir noch nicht ganz absehen, weil es den Bachelor-<br />

abschluss noch nicht so lange gibt.<br />

… reicht denn der Bachelor für eine Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer<br />

aus?<br />

Nicht in der Verwaltungsarbeit versinken: Norbert Winkeljohann im<br />

Gespräch mit Wolfgang Kaden, langjähriger Chefredakteur des Ma-<br />

nager-Magazins.<br />

Wir gehen davon aus, dass wir in Zukunft circa 70 Prozent Bache-<br />

lor- und 30 Prozent Masterabsolventen einstellen werden. Schon<br />

bisher sind wir ein Ausbildungsunternehmen, das heißt, die ersten<br />

Berufsjahre dienen der Qualifizierung für den Steuerberater, den<br />

Wirtschaftsprüfer oder andere Disziplinen. Im Bereich Wirtschafts-<br />

prüfung entwickelt unsere Branche derzeit mit verschiedenen<br />

Hochschulen einen Masterstudiengang für Accounting, den man<br />

neben der beruflichen Praxis absolvieren kann.<br />

In Ihrem obersten Führungsgremium findet sich keine einzige Frau.<br />

Kann sich ein großes Dienstleistungsunternehmen wie Ihres diese<br />

Vernachlässigung des weiblichen Potenzials leisten?<br />

Nein. Unsere Berufseinsteiger sind zu mehr als 60 Prozent weib-<br />

lich. Insofern muss sich die Anzahl der Frauen in Führungspositi-<br />

onen bei PwC ändern. Auf Partnerlevel sind wir in Teilbereichen auf<br />

gutem Wege. Beim letzten Jahrgang der Partnerernennungen waren<br />

in der Steuerabteilung immerhin schon 60 Prozent weiblich.<br />

Braucht man eine Frauenquote, um hier ein neues Denken durchzusetzen?<br />

Eine Frauenquote fordern doch nur noch einige Politiker, die sich<br />

mit dem Thema bisher nicht ausführlich auseinandersetzen konnten.<br />

Bei uns sind insbesondere die Frauen gegen eine Frauenquote.<br />

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Was wir brauchen, sind<br />

Rahmenbedingungen, die es den Frauen ermöglichen, ihre Leistungsfähigkeit<br />

fair unter Beweis zu stellen. Das Thema Frauen in<br />

Führungspositionen haben wir kürzlich ausführlich in unserer Partnerschaft<br />

diskutiert und ich habe den unbedingten Willen gespürt,<br />

hier Fortschritte zu erzielen.<br />

Herr Winkeljohann, Sie leben in Osnabrück, sind in dieser Region<br />

auch groß geworden. Nun müssen Sie umziehen nach Frankfurt.<br />

Wie schwer fällt der Ortswechsel?<br />

Mir persönlich fällt der Wechsel nicht so schwer, weil ich in den vergangenen<br />

Jahren sehr häufig auf Reisen war und dabei auch viel<br />

Zeit in Frankfurter Hotels verbracht habe. Ich freue mich auf Frankfurt.<br />

Diese Stadt hat ihre Reize und sie ist die deutsche Finanzmetropole.<br />

Sie haben neben Ihrem Prüferjob auch noch einen Lehrauftrag erfüllt<br />

und Bücher geschrieben. Mit dem Bücherschreiben wird es<br />

jetzt wohl vorbei sein?<br />

Da ich mich als Sprecher unserer Gesellschaft auf unsere Mandanten<br />

und deren Bedürfnisse konzentrieren möchte, also sehr viel<br />

in der Wirtschaft unterwegs sein will, werde ich beim Bücherschreiben<br />

kürzer treten. Allerdings wollen wir Wissensführer in unserer<br />

Branche sein. Daher werden wir Innovation und die wissenschaftliche<br />

Betätigung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern.<br />

Sie waren bisher als Vorstand noch mittendrin im Kampfgetümmel,<br />

zuständig für den Mittelstand und für Familienunternehmen. Auch<br />

in Zukunft, haben Sie gesagt, wollten Sie weiter mitmischen, nicht<br />

nur als Trainer am Spielfeldrand, sondern als „Spielertrainer“. Wie<br />

muss man sich das vorstellen?<br />

Das bedeutet, dass ich nicht in der Verwaltungsarbeit versinken<br />

will. Ich habe ein hervorragendes Team und wir haben eine Aufgabenteilung<br />

vereinbart. Mein Vorgänger hat die Firma sehr gut<br />

nach innen aufgestellt, unsere Wettbewerbsposition ist gut. Wir<br />

werden uns intensiv um unsere Mandanten kümmern und eine<br />

starke Präsenz in der Wirtschaft zeigen. Da bin ich mitten auf dem<br />

Spielfeld dabei.<br />

pwc: | oktober 2010 7


pwc: Titel<br />

Neun Spitzen<br />

Das neue Führungsteam<br />

von PwC Deutschland im Überblick<br />

Von Corinna Freudig<br />

Peter Bartels<br />

Leiter Middle Market<br />

und Public Sector<br />

Vielleicht liegt es an seiner humanistischen<br />

Schulbildung, dass der 1965 geborene Peter<br />

Bartels sich bereits im Jahre 1992 mit<br />

einem Thema beschäftigte, das erst Jahre<br />

später „modern“ wurde: Er verband Ökologie<br />

und Ökonomie und promovierte zu<br />

„Umweltrisiken und Jahresabschluss“. Dieser<br />

ganzheitliche Ansatz kam gut an: Die<br />

Arbeit wurde mit dem Forschungspreis des<br />

Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft<br />

ausgezeichnet. Der gebürtige Kieler,<br />

der im unterfränkischen Würzburg seine<br />

Jugend verbrachte, ist fast noch ein PwC-<br />

Neuling im Vorstand: Der Steuerberater<br />

und Wirtschaftsprüfer wechselte erst 2008<br />

von einer großen mittelständischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

zu PwC – hatte<br />

allerdings vor Jahren schon einmal bei einer<br />

Vorgängergesellschaft gearbeitet. Seine<br />

fachlichen Schwerpunkte liegen in der<br />

Corporate-Finance-Beratung im Allgemeinen<br />

und in der Unternehmensbewertung im<br />

Speziellen. Auch bei den Kundengruppen<br />

hat er sich spezialisiert: War er bislang Vertriebsansprechpartner<br />

für den Mittelstand<br />

und die öffentliche Hand in Hamburg, so<br />

konzentriert er sich künftig bundesweit auf<br />

diese Kundengruppen. Sein Ziel: PwC noch<br />

stärker als bisher als integrierten Berater für<br />

das breite Spektrum der Wirtschaftsprüfung<br />

und -beratung zu etablieren – ganzheitlich<br />

eben.<br />

Peter Bartels<br />

„Wir setzen auf feste Teams<br />

und Ansprechpartner für Familienunternehmen,<br />

den Mittelstand<br />

und die öffentliche<br />

Hand. Denn wir stiften nur<br />

dann Nutzen, wenn wir die<br />

Besonderheiten unserer Mandanten<br />

kennen. Und nur dann<br />

ist unsere Arbeit erfolgreich.“<br />

„Viele, vielleicht sogar die<br />

meisten unserer Kunden, sind international<br />

tätig. Deshalb brauchen<br />

sie ein funktionierendes<br />

Netzwerk. Das bietet ihnen PwC.“<br />

Jan Konerding<br />

CFO und Internationales<br />

Hamburg gilt als Tor zur Welt – und so wundert<br />

es vielleicht nicht, dass ein gebürtiger<br />

und überzeugter Hamburger die Bezeichnung<br />

„Internationales“ in seinem Vorstandstitel<br />

trägt. Viele Jahre war Jan Konerding,<br />

Jahrgang 1955, Mitglied des Global Board<br />

von PwC. Bis heute hat er eine Reihe internationaler<br />

Funktionen: Er ist COO im Führungsteam<br />

des Central Clusters von PwC<br />

und gehört zur weltweiten Extended Network<br />

Operations Group, die die netzwerkweite<br />

Zusammenarbeit bei PwC erleichtern<br />

soll. Hier sind genauso Fingerspitzengefühl,<br />

Präzision und Konzentrationskraft gefordert<br />

wie für seine deutschen Aufgaben als CFO<br />

und COO. Als Hobbygolfer sind Jan Konerding<br />

diese Fähigkeiten aber bestens<br />

bekannt. Daneben hat er vor einigen Jahren<br />

als Senior Relationship Partner eine Vertriebsaufgabe<br />

in der Hansestadt übernommen.<br />

Doch trotz aller Liebe zum Norden<br />

hat der Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer<br />

und Steuerberater, dessen fachliche Wurzeln<br />

in der Corporate-Finance-Beratung<br />

liegen, auch ein süddeutsches Standbein:<br />

Seit diesem Jahr ist er seitens des PwC-<br />

Vorstandes Linksunterzeichner für den Neumandanten<br />

MAN SE mit Sitz in München.<br />

8 pwc: | oktober 2010<br />

Jan Konerding


Georg Kämpfer<br />

„Expertise und Vertrauen sind die<br />

Basis für nachhaltige Kundenbeziehungen.<br />

Dies gilt mehr denn je für<br />

unsere Profession und muss unseren<br />

Marktauftritt prägen.“<br />

Prof. Georg Kämpfer<br />

Leiter Großkunden<br />

& Regulatory<br />

Ohne Zögern ergriff der heute 55-jährige Georg Kämpfer 1990 als junger Wirtschafts-<br />

prüfer die Chance, für die PwC-Vorgängergesellschaft Treuarbeit in die neuen Bundes-<br />

länder zu gehen. Der Aufbau des Geschäfts in Ostdeutschland hat Kämpfer während<br />

seiner Jahre in Berlin und Leipzig nachhaltig geprägt. Denn in der noch jungen Markt-<br />

wirtschaft galt es, unternehmerische Impulse zu setzen, regulatorische Anforderungen<br />

umzusetzen und sich für eine kulturell geprägte Integration einzusetzen. Die Erkennt-<br />

nis, dass so etwas nur erfolgreich sein kann, wenn man Vertrauen schafft und bereit ist,<br />

Neues dazuzulernen, begleitet ihn bis heute. Als Vertriebsvorstand profitiert er von die-<br />

sen Erfahrungen, wenn er mit seinen Kunden – Vorständen und Aufsichtsräten – über<br />

aktuelle Entwicklungen der jeweiligen Branche und die Geschäftsmodelle der Unterneh-<br />

men diskutiert. Besonders vertraut sind ihm die Bereiche Transport und Logistik, der<br />

Public Sector und Pharma/Healthcare. Zu seinen großen Mandaten gehörten unter an-<br />

derem die Deutsche Bahn, die Deutsche Telekom und B. Braun Melsungen. Aber Georg<br />

Kämpfer hat noch eine andere Leidenschaft: die eigene Branche, deren Interessen er<br />

in Berufsorganisationen wie dem IDW und der WPK vertritt. Und damit auch möglichst<br />

viele junge Menschen diese Leidenschaft entwickeln, widmet er sich außerdem der universitären<br />

Lehre, zunächst an der Handelshochschule Leipzig, seit 2004 an der Universität<br />

Mannheim.<br />

„Unsere Kunden sind ständigen regulatorischen<br />

Änderungen ausgesetzt und unterliegen<br />

einer eigenen wirtschaftlichen<br />

Dynamik. Wir gehen mit und denken voraus:<br />

mit klarem Industrieverständnis und<br />

einem integrierten Ansatz, der die Services<br />

von PwC verbindet.“<br />

Markus Burghardt<br />

Leiter Financial Services<br />

Das gesamte Spektrum von Unternehmen<br />

der Finanzdienstleistungsbranche – Banken,<br />

Versicherungen, Kapitalanlage- und Leasing-<br />

gesellschaften – umfasst der Bereich Financial<br />

Services (FS), den Markus Burghardt<br />

verantwortet. Die Besonderheit dieses<br />

Marktes: Er ist sehr stark reguliert und erfordert<br />

deshalb ein hoch spezialisiertes Branchen-Know-how.<br />

Darauf konzentrieren sich<br />

die speziell für die FS-Branche ausgebildeten<br />

Mitarbeiter. Für den 1961 in Fulda geborenen<br />

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater<br />

Burghardt ist diese Branchenspezialisierung<br />

das Erfolgsrezept. Es sei wie beim Joggen,<br />

sagt der Hobbyläufer: Wenn das Terrain<br />

bekannt ist, kann man sich ganz auf den<br />

Laufrhythmus – das Wesentliche – konzentrieren<br />

und dabei den notwendigen Weitblick<br />

entwickeln. Burghardt spricht dabei nicht als<br />

Theoretiker: Der WP und Stb ist selbst bei<br />

Financial Services beruflich groß geworden<br />

und hat während seines beruflichen Aufenthalts<br />

in Kanada und den USA auch den USamerikanischen<br />

Certified Public Accountant<br />

erworben. Internationalität ist denn auch ein<br />

wichtiger Aspekt für die Finanzdienstleistungsbranche,<br />

die eine stark vernetzte und<br />

globalen Trends ausgesetzte Industrie ist.<br />

Er selbst ist Mitglied der europäischen und<br />

weltweiten Financial-Services-Führungsteams<br />

bei PwC und legt großen Wert auf die<br />

internationale Vernetzung seiner Kollegen<br />

und Mitarbeiter.<br />

pwc: | oktober 2010 9<br />

Markus Burghardt


pwc: Titel<br />

Prof. Dieter Endres<br />

Leiter Tax<br />

Dieter Endres<br />

„Die Profilierung als Top-Berater, sowohl<br />

als einzelne Person als auch<br />

als Firma, ist für uns das A&O“<br />

Im Beruf hält es der Mannheimer Dieter Endres wie bei seinem liebsten sportlichen<br />

Hobby, dem Basketball: Das Team behält zwar die Gesamtübersicht, aber dennoch gibt<br />

es auf jeder Position einen Spezialisten. Auch der 54-Jährige ist ein solcher – für Ver-<br />

rechnungspreise, internationales Steuerrecht und M&A-Beratung. Hier innovativ zu sein<br />

und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, ist ihm und seinen Partnerkolleginnen<br />

und -kollegen wichtig, weshalb sie eine Tax Innovation/Solutions Group gebildet haben,<br />

die sich gezielt mit der Suche nach neuen Ideen beschäftigt. Besonders liegt Endres<br />

aber die Steueroptimierung beim Schritt über die Grenze am Herzen. Wer seinen Namen<br />

bei Amazon eingibt, stößt auf etliche Titel: vom „Handbuch zur Besteuerung deutscher<br />

Unternehmen mit Auslandsbeziehungen“ bis zum „Doppelbesteuerungsabkommen<br />

Deutschland/USA“. In New York war er denn auch im Rahmen eines Secondments<br />

tätig und hat an der Harvard University in Cambridge nach seiner Promotion ein Stipendium<br />

absolviert. Seitdem hat ihn die Hochschularbeit nicht mehr losgelassen: An der<br />

Universität Mannheim ist Endres, der schon mehrfach als einer der führenden Steuerberater<br />

in Deutschland ausgezeichnet wurde, Honorarprofessor. Doch auch wenn er im<br />

Hörsaal derjenige ist, der spricht, gilt für ihn das Motto: Zuhören ist wichtiger als Zutexten!<br />

Denn das Gespräch als älteste Form der Kommunikation ist seiner Meinung nach<br />

am wirkungsvollsten – beim Umgang mit Mandanten wie mit Mitarbeitern.<br />

„Das, was wir tun, ist in der Sache<br />

in weiten Teilen austauschbar. Wie<br />

wir etwas tun und wer es tut, das<br />

darf nicht austauschbar sein. Unsere<br />

Mandanten müssen merken: Er –<br />

oder sie – ist von PwC.“<br />

Marius Möller<br />

Leiter Human Capital<br />

Mit erst 33 Jahren wurde Marius Möl-<br />

ler 1997 zum Partner im Steuerbereich er-<br />

nannt – und zählte damals zu den jüngsten<br />

Partnern, die es bei PwC und den Vorgän-<br />

gergesellschaften jemals gegeben hat. In-<br />

sofern weiß er aus eigener Erfahrung, wie<br />

man Karriere macht. Und das ist gut so:<br />

Denn seit der heute 46-Jährige vor einem<br />

Jahr Personalvorstand wurde, gehört die<br />

Karriereentwicklung nebst vielen ande-<br />

ren Aufgaben vom Hochschulmarketing<br />

über die Aus- und Fortbildung bis zum Ta-<br />

lent Management zu seinem Aufgabenge-<br />

biet. Eine allzu große Umstellung war das<br />

für den im hessischen Bensheim geborenen<br />

Möller nicht – auch wenn sein beruflicher<br />

Schwerpunkt im Steuerfach insbesondere<br />

im Bereich M&A und Umstrukturierungen<br />

lag. Als Leiter Steuern der Stuttgarter Nie-<br />

derlassung war ihm Personalarbeit bestens<br />

vertraut. Zumal Mitarbeiter und Kunden für<br />

ihn ohnehin zwei Seiten einer Medaille sind:<br />

Die Sicht und Bedürfnisse der Kunden in<br />

die Personalarbeit hineinzutragen zählt er<br />

zu seinen wichtigsten Aufgaben. Denn PwC<br />

baut keine Autos, produziert keine Maschi-<br />

nen und stellt keine Tabletten her, sondern<br />

lebt als Dienstleister vom Auftreten, der Ak-<br />

zeptanz, der Kompetenz und der Zuverläs-<br />

sigkeit der Mitarbeiter.<br />

10 pwc: | oktober 2010<br />

Marius Möller


Martin Scholich<br />

„Als Berater reicht es nicht, zu wissen,<br />

wie man ein Shared Services<br />

Center designt, ein IT-Management<br />

aufsetzt, den Fair Value berechnet<br />

oder einen Kaufpreis allokiert. Wir<br />

müssen beurteilen und bewerten,<br />

vernetzen und verstehen, zuhören<br />

und zupacken.“<br />

Martin Scholich<br />

Leiter Advisory<br />

Ausdauer und Aufmerksamkeit – diese Eigenschaften<br />

braucht der begeisterte Tennisspieler<br />

Martin Scholich in einem Match.<br />

Ausdauer und Aufmerksamkeit sind für ihn<br />

aber auch essenzielle Zutaten, um der Beziehung<br />

von Beratern und Mandanten die<br />

richtige Würze zu geben. Das sind seine Erfahrungen<br />

als Senior Relationship Partner<br />

für die Unternehmen der Rhein-Main-Region:<br />

beharrlich, aber nicht aufdringlich die<br />

Mandanten betreuen; ihnen erst zuhören<br />

und dann sprechen; und dabei gut gelaunt<br />

und mit Spaß bei der Sache sein. Letzteres<br />

fällt ihm als gebürtigem Rheinländer natürlich<br />

nicht schwer. Schon seit 2004 leitet<br />

der 45-Jährige bei PwC die Sparte Advisory<br />

mit ihren Transactions- und Consulting-<br />

Services. Scholich ist zudem Mitglied im<br />

internationalen Advisory-Managementteam.<br />

Seine fachlichen Spezialgebiete sind die<br />

Unternehmensbewertung, das Portfoliomanagement<br />

und die Transaktionsberatung –<br />

und das Thema Innovationen. Er startete<br />

vor fünf Jahren ein professionelles, und<br />

in der Dienstleistungsbranche keinesfalls<br />

übliches, Innovationsmanagement. Mittlerweile<br />

ist es bei PwC unternehmensweit<br />

ausgerollt und die ersten Kunden lassen<br />

sich auch schon beraten, wie sie ein Innovationsmanagement<br />

am besten aufsetzen<br />

können.<br />

Harald Kayser<br />

„Die Wirtschaftsprüfung muss sich<br />

emanzipieren: weg von dem reinen<br />

standardisierten, verschulten<br />

und formalen Abarbeiten, hin zur<br />

Beschäftigung und Diskussion mit<br />

unseren Mandanten über ihre wirtschaftlichen<br />

Hintergründe und<br />

Geschäftsmodelle.“<br />

Harald Kayser<br />

Leiter Assurance<br />

Der 1966 im Ruhrgebiet geborene Harald<br />

Kayser ist Unternehmer aus Leidenschaft.<br />

Schon in seiner Jugend startete er mit eigenen<br />

Geschäftsideen in die Selbstständigkeit.<br />

Bereits während seines BWL-Studiums<br />

in Lüneburg und Tübingen kristallisierte sich<br />

für ihn der Branchenschwerpunkt Automobil<br />

heraus, dem er immer noch treu ist. Bei PwC<br />

übernahm der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater<br />

die Betreuung des Jahresabschlussprüfungsmandanten<br />

Bosch, bis heute ist er<br />

für den Volkswagen-Konzern zuständig. Zudem<br />

war Kayser Leiter der China Business<br />

Group, die deutsche Unternehmen bei ihren<br />

Aktivitäten in China begleitet. Später übernahm<br />

er die Branchenverantwortung für das<br />

interne Netzwerk Automotive, erst bei PwC<br />

Deutschland, dann auf europäischer Ebene.<br />

Seine fachlichen Spezialgebiete sind neben<br />

der Jahresabschlussprüfung IFRS- und US-<br />

GAAP-Einführungen sowie die Transaktionsberatung.<br />

Nachhaltig geprägt wurde sein<br />

Arbeitsverständnis von dem internationalen<br />

PwC-Programm Ulysses, bei dem er einige<br />

Monate für eine NGO in Indien arbeitete. Hier<br />

habe er gelernt, dass es in seinem Business<br />

um mehr gehe als um Business: nämlich den<br />

Menschen.<br />

„Aktuelle Themen sind es, die unsere<br />

Mandanten und Kunden interessieren<br />

und worüber sie mit uns sprechen wollen.<br />

Je flexibler wir agieren und je besser<br />

wir unser Wissen zu einem Thema<br />

bündeln, umso schneller, zielgerichteter<br />

und strukturierter können wir individuelle<br />

Fragestellungen beantworten.“<br />

Andreas Menke<br />

Leiter geschäftsbereichsübergreifende<br />

Produkte<br />

Andreas Menke ist im PwC-Vorstand<br />

doppelt neu: Der Wirtschaftsprüfer und<br />

Steuerberater ist nicht nur ein neues Vor-<br />

standsmitglied, sondern übernimmt auch<br />

einen neuen Bereich und verantwortet künf-<br />

tig die geschäftsbereichsübergreifenden<br />

Services, in denen sich Experten der drei<br />

Bereiche Governance, Risk and Compli-<br />

ance, Forensic Services und Sustainabil-<br />

ity Services aus den Geschäftsbereichen<br />

Assurance, Advisory und Tax zusammen-<br />

geschlossen haben. Ziel ist es, den Mandanten<br />

Prüfung, Unternehmens- und auch<br />

Steuerberatung branchenspezifisch aus einer<br />

Hand anbieten zu können. Der aus dem<br />

niedersächsischen Berge stammende und<br />

1960 geborene Andreas Menke hat direkt<br />

nach seinem Studium bei PwC angefangen<br />

und in den letzten Jahren DAX-Mandanten<br />

betreut: Die Deutsche Post <strong>AG</strong> begleitete er<br />

während ihrer Privatisierung, ihrem<br />

Börsengang und der Umsetzung der Internationalisierungsstrategie,<br />

danach übernahm<br />

er die weltweite Verantwortung als<br />

Global Relationship Partner für die<br />

Deutsche Telekom <strong>AG</strong>. Andreas Menke ist<br />

eines wichtig – gegenüber Kunden und Mitarbeitern:<br />

ein partnerschaftliches Miteinander<br />

und gegenseitige Akzeptanz; insbesondere<br />

in Veränderungsprozessen, in denen<br />

große Unternehmen eigentlich fast immer<br />

stecken.<br />

pwc: | oktober 2010 11<br />

Andreas Menke


pwc: Trends Trends Trends<br />

Öffentlicher Buchführungswirrwarr<br />

Die öffentlichen Haushalte stecken mit-<br />

ten in einem Reformprozess. Die traditio-<br />

nelle Kameralistik, die nur die Einnahmen<br />

und Ausgaben des Staates betrachtet, hat<br />

vielfach ausgedient. Die doppelte Buchfüh-<br />

rung (Doppik) ist im Kommen. Mit Hessen<br />

und Hamburg haben die ersten Bundeslän-<br />

der ihre Bilanz vorgelegt, so wie inzwischen<br />

sämtliche Gemeinden in Nordrhein-West-<br />

falen, Hessen und Rheinland-Pfalz. Das Er-<br />

gebnis: Die finanzielle Situation der Länder<br />

und Kommunen wird sehr viel transparenter.<br />

„Dennoch wird weiterhin diskutiert, ob die<br />

Reform von Nutzen und die Doppik für den<br />

öffentlichen Bereich geeignet ist“, sagt An-<br />

dreas Hellenbrand, bei PwC Experte für die<br />

öffentliche Verwaltung. Der Grund: Statt<br />

die dank der Doppik deutlicher zutage tre-<br />

tenden strukturellen Probleme aktiv anzu-<br />

gehen, verharrt man oft in althergebrachter<br />

Steuerungskultur. „Die Probleme lassen<br />

sich nicht aus dem Rechnungswesen he-<br />

raus lösen“, sagt Hellenbrand. „Die Ursache<br />

liegt tiefer: Die Schnittstelle zwischen der<br />

strategisch-politischen Steuerung und den<br />

operativen Ziel- und Kennzahlkonzepten im<br />

Haushalts- und Beteiligungsmanagement<br />

funktioniert nicht.“ Zu diesem Ergebnis<br />

Immer mehr Piraten an Bord Das Ausland isst mit<br />

Immer mehr deutsche<br />

Schiffe werden von Piraten<br />

attackiert. Im vergangenen<br />

Jahr hat sich der Anteil der<br />

betroffenen Reedereien von<br />

20 Prozent auf 42 Prozent<br />

mehr als verdoppelt. Das ergab<br />

eine Umfrage von PwC<br />

unter 101 deutschen Seefahrtsunternehmen.<br />

„Die Sicherheitslage<br />

hat sich offenbar<br />

auch gut ein Jahr nach<br />

Beginn der Marineoperationen Atalanta von EU und NATO kaum verbessert“,<br />

sagt Claus Brandt, Leiter des maritimen Kompetenzcenters<br />

von PwC. Knapp 70 Prozent der Reeder beklagen die Zusatzkosten<br />

durch Piraterie. Am stärksten schlagen dabei die gestiegenen Versicherungsprämien<br />

zu Buche. www.pwc.de/de/reeder2010<br />

kommt auch die PwC-Studie „Output-<br />

orientierte Steuerung in Landkreisen“. Mehr<br />

noch: Die handelnden Personen sind demnach<br />

in der Regel gar nicht bereit, sich auf<br />

ein Mehr an Steuerung einzulassen. „Es<br />

fehlen anerkannte Steuerungsstandards“,<br />

sagt Hellenbrand und fordert: „Politik und<br />

Verwaltungsleitung müssten sich ähnlich<br />

wie Unternehmen dem Corporate-Governance-Kodex<br />

einem Steuerungskodex verpflichten.“<br />

Nur so lassen sich Kompetenz<br />

und Effizienz in der Steuerung öffentlicher<br />

Verwaltungen nachhaltig erhöhen.<br />

www.pwc.de/de/Landkreisstudie<br />

Die deutsche Ernährungsindustrie erhofft sich viel vom Auslandsgeschäft.<br />

Zu diesem Ergebnis kommt das PwC-Exportbarometer dieser<br />

Branche. Demnach erwarten 38 Prozent der 400 befragten Unternehmen,<br />

dass ihr Auslandsumsatz in den kommenden sechs Monaten<br />

steigt. 57 Prozent gehen davon aus, dass sich der Handel mit<br />

Russland beleben wird, rund 51 Prozent erwarten erhöhte Ausfuhren<br />

nach Japan und immerhin 42 Prozent glauben an einen Überschuss<br />

im Handel mit den Vereinigten Staaten. Wichtigste Abnehmer bleiben<br />

aber die Staaten der<br />

Europäischen Union.<br />

82 Prozent der deutschen<br />

Exporte gehen<br />

in die Nachbarländer:<br />

vor allem nach Frankreich,<br />

Italien und in die<br />

Niederlande. www.pwc.<br />

de/de/exportbarometer<br />

12 pwc: | oktober 2010


Auf gute Nachbarschaft<br />

Die Gesellschaften von PwC Deutschland und<br />

PwC Österreich haben den Zusammenschluss in<br />

einer Holdinggesellschaft vereinbart, um die gemeinsame<br />

Marktbearbeitung zu stärken. Vor allem<br />

bei der Betreuung von Kunden in Osteuropa sehen<br />

die Gesellschaften durch das Zusammengehen<br />

gute Chancen. Die Kooperation gibt außerdem<br />

weiteren europäischen PwC-Netzwerk-Gesellschaften<br />

die Möglichkeit, beizutreten.<br />

Buchmarkt gibt sich krisenfest<br />

Während sich der deutsche Zeitungs-<br />

markt nur langsam von der Wirtschafts-<br />

krise erholt, zeigt sich der Buchmarkt<br />

erstaunlich stabil. Das geht aus dem<br />

„Global Entertainment and Media Out-<br />

look: 2010 – 2014“ von PwC hervor.<br />

Selbst in den Krisenjahren 2008 und<br />

2009 stieg der Umsatz um jeweils 0,4<br />

und 2,3 Prozent. Für die kommenden<br />

Jahre prognostizieren die PwC-Experten<br />

ein durchschnittliches Plus von 1,4 Pro-<br />

zent von 13,7 auf 14,6 Milliarden US-Dol-<br />

lar im Jahr 2014. Damit bleibt Deutschland<br />

der umsatzstärkste Buchmarkt in<br />

Europa. Gleichzeitig dämpfen die Experten<br />

die Erwartungen an das E-Book.<br />

www.pwc.de/de/outlook2010<br />

Neues von Nel<br />

Europäischer Buchmarkt<br />

Umsatz in Milliarden Dollar<br />

Ab 2010 Prognose<br />

5,83<br />

5,16<br />

3,68<br />

3,57<br />

2,48<br />

7,33<br />

Deutschland<br />

Frankreich 5,25<br />

Italien 3,62<br />

Großbritannien 3,58<br />

Spanien 2,29<br />

2006 2008 2010 2012<br />

Drei Fragen an ...<br />

Barbara Wieler<br />

… zu Biodiversität<br />

Gemeinsam mit den Vereinten Nationen hat<br />

PwC die Studie „The Economics of Eco-<br />

systems and Biodiversity“ stellt. Was ist die<br />

zentrale Botschaft?<br />

Dass die wirtschaftlichen Schäden durch die<br />

globale Umweltzerstörung und dem damit<br />

verbundenen Artenverlust enorm sind und<br />

sich jährlich auf schätzungsweise zwei bis<br />

4,5 Billionen US-Dollar belaufen.<br />

Haben die Unternehmen das Thema Biodi-<br />

versität auf der Agenda?<br />

Nicht wirklich: Nur einige wenige Vorreiter<br />

gehen das Thema strategisch an. Viele Un-<br />

ternehmen haben noch nicht realisiert, dass<br />

der Schwund der Artenvielfalt direkte Aus-<br />

wirkungen auf Angebot, Nachfrage und da-<br />

mit auch Kosten, Preise und Renditen hat.<br />

Barbara Wieler ist<br />

PwC-Expertin für<br />

Welche Zusam-<br />

menhänge gibt es<br />

zwischen Biodi-<br />

versität und wirt-<br />

schaftlicherEnt- wicklung?<br />

Ganz verschie-<br />

dene: So leisten<br />

beispielsweise<br />

Insekten durch<br />

Bestäubung ei-<br />

nen Beitrag zur<br />

Sustainability Services landwirtschaftlichen<br />

Erzeugung<br />

im Wert von bis zu 190 Milliarden US-Dollar<br />

pro Jahr. Ein anderes Beispiel: Der Markt für<br />

Biodiversity-Offsets, bei denen Verursacher<br />

von Umweltschäden gesetzlich verpflichtet<br />

sind, einen Ausgleich durch Investitionen in<br />

Ökosysteme zu schaffen, wird heute bereits<br />

auf über drei Milliarden US-Dollar jährlich geschätzt.<br />

www.pwc.de/de/teeb<br />

pwc: | oktober 2010 13


pwc: Märkte<br />

Swissness School<br />

Sie glauben, niemand kombiniere Selbstbewusstsein und Selbstzweifel besser<br />

als die Deutschen? Da kennen Sie aber die Schweizer nicht. Folgen Sie bitte<br />

unserem Autor Alexander Niemetz auf die andere Seite des Hochrheins.<br />

So etwas gibt es in Europa nur einmal: eine<br />

Nation mit vier Sprachgruppen, die es über<br />

Jahrhunderte schaffen, ohne Spannungen<br />

und Identitätskrisen zusammen zu leben, zusammen<br />

zu arbeiten, zu harmonieren, ohne<br />

jemals die nationale Identität infrage zu stellen.<br />

Belgien steht davor, an der Sprachgrenze<br />

zu zerbrechen; Tschechien und die Slowakei<br />

haben das bereits hinter sich; Spanien<br />

erlebt den Sezessionsterror der Basken und<br />

lebt mit den Separationsansprüchen der<br />

Katalanen. Kein Zweifel: Das machen die<br />

Schweizer besser.<br />

Ökonomisch gesehen gibt es so etwas sogar<br />

in der ganzen Welt nicht. Die Schweiz<br />

mit ihrem Franken demonstriert das Selbstbewusstsein<br />

einer kleinen, aber hoch effizienten<br />

Wirtschaftsnation, die keinen Vergleich<br />

scheut: nicht mit Deutschland, nicht mit den<br />

USA, nicht mit Japan oder Dubai. Ja, man<br />

sieht sich auf einer Insel der Glückseligen,<br />

mit hohen Löhnen, geringen Steuern, hohen<br />

Sozialstandards, höchster Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Kaum ein Land hat die Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

so elegant weggesteckt wie die<br />

Schweiz; welch anderes Land hat die Fast-<br />

Pleite der größten Bank (UBS) so schnell und<br />

geschmeidig – ja Gewinn bringend – gemanagt?<br />

Kaum ein Land vereint hohen Ausländeranteil<br />

und geringe Arbeitslosigkeit in<br />

gleichem Maß wie die Schweiz. Welch anderes<br />

Land kann, in dem von Schulden gebeutelten<br />

Europa, sich stolz Nettogläubiger<br />

Nicht von gestern: Was<br />

Friedrich Schiller die<br />

Schweizer im Nationalepos<br />

Wilhelm Tell sagen<br />

lässt, ist immer<br />

noch aktuell.<br />

zu nennen? Welch anderes Land kann mit<br />

einem so schlanken Staat und einer so geringen<br />

Staatsverschuldung aufwarten? Und<br />

welches Land hat eine härtere, stabilere<br />

Währung – trotz aller Turbulenzen – als die<br />

kleine Schweiz?<br />

Natürlich: Die Stabilität der Schweiz ist gepaart<br />

mit einem Schuss Schwerfälligkeit.<br />

Langsamkeit gewissermaßen als politisches<br />

Prinzip. Aber, es funktioniert. Der Staatsbürger<br />

ist in dieser direkten Demokratie die letzte<br />

Instanz. Das gilt für alles, die Steuern, die<br />

Sozialabgaben, Verträge mit dem Ausland, ja<br />

selbst für den Bau von Minaretten. Die Mehrparteien-Regierung<br />

(Bundesrat) regiert ohne<br />

Koalitionsverträge und ohne starken Regierungschef<br />

als oberstes Kollektiv. Das ist<br />

kompliziert und dennoch ein Stabilitätsfaktor.<br />

Die Schweiz leistet sich einen stark ausgeprägten<br />

Föderalismus mit 26 Kantonen, die<br />

mit weit mehr Kompetenzen ausgestattet<br />

sind als etwa die deutschen Bundesländer.<br />

Und – ein wahrer Luxus – die über dreitau-<br />

Der gebürtige<br />

Schweizer Alexander<br />

Niemetz, 66,<br />

war mehr als 20<br />

Jahre in Deutschland<br />

tätig, unter<br />

anderem als Moderator<br />

des Heute-<br />

Journals im ZDF.<br />

„Der brave Mann denkt<br />

an sich selbst zuletzt.“<br />

1. Aufzug, 1. Szene<br />

send Städte und Gemeinden verfügen über<br />

ihre eigene Einkommensteuerkompetenz,<br />

was ihnen ein hohes Maß an Selbstständigkeit<br />

und Unabhängigkeit gewährleistet. Wie<br />

gesagt: ein komplexes System von „Check<br />

and Balance“, das vernünftige, bodenständige<br />

politische Lösungen produziert.<br />

Nationale Identität, ökonomische Prosperität,<br />

politische Stabilität – die Schweizer könnten<br />

stolz sein, selbstbewusst. Aber sie sehen<br />

ihr Land quasi im Ausnahmezustand, sie<br />

ducken sich weg, schotten sich ab, fühlen<br />

sich umzingelt. Die Schweiz zweifelt an sich<br />

selbst, an ihren Institutionen; sie verzweifelt<br />

in Teilen an der Politik, an den großen<br />

Konzernen, an den (zu) großen Banken, ja<br />

sogar an ihrer Fußball-Nationalmannschaft,<br />

auch wenn die in Südafrika als Einzige den<br />

späteren Weltmeister Spanien besiegte. Es<br />

ist nicht zu fassen, aber da ist trotz ununterbrochener<br />

Erfolgsgeschichte ein Hauch von<br />

Minderwertigkeitskomplex, der die Seele<br />

dieses Volkes einschnürt und zu seltsamen<br />

Abwehrreflexen führt.<br />

Ja, man duckt sich weg, wenn die OECD,<br />

die USA, die EU und vor allem Deutschland<br />

die Bastion „Bankgeheimnis“ schleifen wollen.<br />

Die Drohung von Exfinanzminister Peer<br />

Steinbrück, die Kavallerie loszuschicken,<br />

wenn die Schweiz nicht kooperiert, die deutschen<br />

Steuerhinterzieher nicht „ausliefert“,<br />

dem automatischen Informationsaustausch<br />

nach europäischer Fasson nicht zustimmt,<br />

14 pwc: | oktober 2010


„Der kluge Mann<br />

baut vor.“<br />

1. Aufzug, 2. Szene<br />

„Verbunden werden<br />

auch die Schwachen<br />

mächtig.“<br />

1. Aufzug, 3. Szene<br />

„Der Starke ist am<br />

mächtigsten allein.“<br />

1. Aufzug, 3. Szene<br />

Deine Welt sind die Berge:<br />

Mit einer mittleren Höhe von<br />

1.307 Metern ist die Schweiz<br />

das mit Abstand höchstgelegene<br />

Land Europas.<br />

pwc: | oktober 2010 15


pwc: Märkte<br />

Genf<br />

Vevey<br />

Nestlé<br />

Basel<br />

Bern<br />

COOP<br />

Novartis<br />

Roche<br />

UBS<br />

Quellen BAK Basel Economics <strong>AG</strong>, Handelszeitung<br />

wurde als Angriff auf die Schweizer Identität<br />

gesehen, der Ankauf von CDs mit gestoh-<br />

lenen Bankkundendaten durch deutsche<br />

Regierungsstellen (auch in Deutschland ja<br />

rechtlich umstritten) galt fast als Kriegserklärung<br />

an den Finanzplatz Schweiz; aber auch<br />

als Angriff auf das schweizerische Selbstverständnis,<br />

das dem Steuerbürger Vertrauen<br />

entgegenbringt und nicht wie in Deutschland<br />

auf Misstrauen und Kontrollwahn setzt.<br />

Die Schweiz fühlt sich am Pranger – und<br />

viel schlimmer: von Freunden an den Pranger<br />

gestellt. Vorbei die Zeiten, als die katholischen<br />

Kanzler Adenauer, Kiesinger oder<br />

Kohl, mit offen zur Schau gestellter Affinität<br />

zur Schweiz, Deutschland regierten. Die<br />

schweizerische Botschaft in Berlin liegt zwar<br />

in direkter Nachbarschaft zu Bundeskanzleramt<br />

und Reichstag – aber das Klima ist<br />

frostiger, geschäftsmäßiger, distanzierter geworden.<br />

Hinzu kommt: Die Schweiz tut sich schwer<br />

mit Europa. Die EU ist zur Projektionsfläche<br />

für viele Ängste der Schweiz geworden. Das<br />

ABB<br />

Migros<br />

UBS<br />

Zurich<br />

Zürich<br />

Holcim<br />

Schindellegi Rapperswill<br />

Luzern<br />

Kühne + Nagel<br />

Lugano<br />

offizielle Sprachgebiete<br />

Französisch<br />

Deutsch<br />

Rätoromanisch<br />

Italienisch<br />

St. Gallen<br />

BIP in Franken/Kopf<br />

unter 50.000<br />

50-60.000<br />

60-70.000<br />

über 70.000<br />

Misstrauen im Volk sitzt tief, mit einer intensiveren<br />

Annäherung an die EU Souveränität<br />

zu verlieren, Bürgerrechte (wie die direkte<br />

Demokratie) an den bürokratischen Moloch<br />

Brüssel abgeben zu müssen. Es ist fatal:<br />

Kaum ein Land dieser Welt ist so intensiv<br />

in die Globalisierung eingebunden wie die<br />

Schweiz, profitiert von der Globalisierung so<br />

Schweigen ist Gold:<br />

Das Bankgeheimnis<br />

galt lange als das<br />

stärkste Argument<br />

für Geldanlagen in<br />

der Schweiz.<br />

„Wir sind´s gewohnt,<br />

dass man uns<br />

gut begegnet.“<br />

1. Aufzug, 4. Szene<br />

deutlich und bleibt politisch doch so nach innen<br />

gekehrt; das Land ist, was Außenhandel<br />

und Investitionen betrifft, intensiv mit der EU<br />

vernetzt und bleibt doch in selbst gewählter<br />

Isolierung.<br />

Es ist nicht so, als gäbe es in der Schweiz<br />

nicht das Gefühl, dass da irgendwas nicht<br />

stimme. Die Medien sind voll von Lamentos<br />

über den Zustand der Politik und vor allem<br />

der Regierung. Man führt Systemdebatten,<br />

bezweifelt die Regierungsfähigkeit des Bundesrats,<br />

beklagt den Konsensverlust zwischen<br />

staatstragenden Parteien. Es gärt in<br />

der Schweiz – aber am Ende wird sich auch<br />

hier jener typisch schweizerische Pragmatismus<br />

durchsetzen, der vielleicht ein bisschen<br />

langweilig erscheinen mag, aber insgesamt<br />

eben doch höchst erfolgsorientiert ist. Die<br />

Schweiz wird gewiss nicht Mitglied der EU,<br />

aber sie wird ein Arrangement finden, das<br />

wirtschaftlichen Erfolg und Souveränitätsverzicht<br />

in eine vernünftige Balance bringt. Die<br />

Schweiz wird nie zum Liebling europäischer<br />

und amerikanischer Finanzminister werden,<br />

aber ihr Franken bleibt eine Lieblingswährung<br />

der Finanzinvestoren.<br />

Deutschland mag derzeit für viele „national<br />

gesinnte“ Schweizer der Lieblingsfeind<br />

sein, die Deutschen juckt das wenig; Ärzte,<br />

16 pwc: | oktober 2010


„Ja, wir sind<br />

eines Herzens,<br />

eines Bluts.“<br />

2. Aufzug, 2. Szene<br />

Professoren, Banker, Ingenieure und was es<br />

sonst an Kreativen und Hochqualifizierten<br />

gibt, finden in der Schweiz ein Jobparadies<br />

zu sehr annehmbaren Bedingungen.<br />

Die Schweiz wird all die Verwerfungen über-<br />

leben, weil sie gut aufgestellt ist: Sie ist Euro-<br />

pa im Kleinformat, kann Beispiel sein für das<br />

weitere Zusammenwachsen Europas – ohne<br />

bürokratischen Überbau, mit starken föde-<br />

ralen Strukturen, mit der Mitbestimmung der<br />

Bürger. In diesem Europa hätte dann auch<br />

die Schweiz einen Platz. Die Schweiz setzt<br />

Herr Knüsel, was gefällt Ihnen an den Deutschen<br />

besonders gut?<br />

Sehr starker Teamgeist, hohes Arbeitsethos,<br />

offene Worte.<br />

Sind das keine Schweizer Eigenschaften?<br />

Die ersten beiden schon. Aber mit den Worten<br />

gehen Schweizer wesentlich vorsichtiger<br />

um. Meine persönlichen Erfahrungen dazu<br />

sind: Sie sind zurückhaltender, denken erst<br />

nach, bevor sie reden, und sagen dann auch<br />

nicht immer sofort alles, was sie so denken.<br />

Sie sind also näher an den Schwaben als an<br />

den Rheinländern?<br />

Aus meiner Sicht schon – die Sprachen sind<br />

eng verwandt. Das Schweizerdeutsche ist<br />

ebenso ein Dialekt des Alemannischen wie<br />

das Schwäbische. Ähnlich bei Schweizern<br />

und Schwaben ist auch die Angewohnheit,<br />

eher weniger zu reden und dafür mehr zu arbeiten.<br />

Wobei es in der Schweiz in den letzten<br />

Jahrzehnten eine sehr starke Öffnung<br />

gab. Die Schweiz ist sehr multikulturell und<br />

profitiert von fremden Einflüssen.<br />

„Die Zeit bringt<br />

Rat. Erwartet´s in<br />

Geduld.“<br />

2. Aufzug, 2. Szene<br />

auf Wettbewerb, nicht auf Gleichmacherei –<br />

das hat sie in den Genen. Davon kann auch<br />

Deutschland sich eine Scheibe abschnei-<br />

den. Die Schweiz vertraut ihren Bürgern, da<br />

ist ein Vertrauensklima gewachsen. Deutsch-<br />

land misstraut seinen Bürgern und schafft<br />

ein flächendeckendes Kontrollsystem. Die<br />

Schweizer können mit Problemen umgehen,<br />

sie können auch Krisen ertragen – allerdings<br />

erwarten sie, dass ihre politischen Spitzen<br />

und ihre Wirtschaftsgrößen Ehrlichkeit und<br />

Verantwortung leben und nicht nur reden.<br />

Dann sollte es ihnen, und Ihnen, nicht<br />

schwerfallen, sich in Deutschland zu integrieren.<br />

Als ich vor zwölf Jahren von PwC Schweiz<br />

nach Deutschland gekommen bin, war die<br />

Akzeptanz von Anfang an da. Ich habe sehr<br />

schnell tolle Kollegen gefunden. Auch die<br />

anderen Schweizer, die ich in Deutschland<br />

kenne, fühlen sich sehr wohl.<br />

Mit den Deutschen, die in der Schweiz sind,<br />

fühlen sich die Schweizer hingegen nicht immer<br />

so wohl …<br />

Es haben schon immer viele Deutsche in der<br />

Schweiz gelebt, ohne dass das Probleme<br />

gegeben hätte. Allerdings war die Zuwanderung<br />

zuletzt immens – bis zu 3.000 Personen<br />

pro Monat; das kann zu Konflikten führen.<br />

Was sollte man als Deutscher in der Schweiz<br />

beachten, um Konflikten zu vermeiden?<br />

Wenn man sich bewusst ist, dass in der<br />

Schweiz trotz der Nähe zu Deutschland<br />

vieles anders läuft, und sich darauf einstellt,<br />

kann man nicht viel falsch machen.<br />

„Es kann der Frömmste<br />

nicht im Frieden bleiben,<br />

wenn es dem bösen<br />

Nachbarn nicht gefällt.“<br />

4. Aufzug, 3. Szene<br />

Die Strukturen der Schweiz sind stabil – das<br />

gilt für die Politik genauso wie für den Wirt-<br />

schaftsstandort. Ein Land, das im interna-<br />

tionalen Wettbewerbsranking ebenso weit<br />

vorne steht wie im Bereich Innovation und<br />

Forschung, das im Pro-Kopf-Einkommen<br />

unter den ersten fünf rangiert, muss nicht<br />

in kollektiver Malaise erstarren. Eine Wirt-<br />

schaftsmacht, die im derzeitigen Währungs-<br />

wirrwarr von Euro-Krise und Dollar-Schwä-<br />

che zum Ankerplatz der Finanzinvestoren<br />

wird, muss nicht verzweifeln.<br />

„Erst denken, dann reden“<br />

Daniel Knüsel, seit zwölf Jahren als Schweizer bei PwC Deutschland, über die<br />

Dos und Don´ts im rheinüberschreitenden Umgang.<br />

Kitzlige Themen wie Steuerdaten oder Volksabstimmung<br />

zum Minarett-Verbot spricht<br />

man dann besser gar nicht erst an?<br />

Das wäre übertrieben, es gibt keine Tabuthemen.<br />

Es kommt nicht so sehr darauf an,<br />

was man adressiert, sondern wie man es<br />

macht.<br />

Daniel Knüsel ist bei PwC Deutschland<br />

Leiter des Bereichs Valuation & Strategy<br />

Financial Services<br />

pwc: | oktober 2010 17


pwc: Märkte<br />

„Fußball ist Herz und<br />

Seele der Marke“<br />

Adidas-Markenvorstand Erich Stamminger über Fußball und Lifestyle, über<br />

Starkult und Firmenkultur, über Wettbewerb – und nicht über Wettbewerber.<br />

Interview: Wolfgang Kaden<br />

pwc: Herr Stamminger, wenn heute jemand die Marke Adidas kaufen<br />

wollte, was müsste er wohl zahlen?<br />

Erich Stamminger: Eine Marke wie adidas ist mit ideellen Werten<br />

aufgeladen, da ist es schwer, sie nur mit einer Summe zu bewerten.<br />

…ist die Marke Adidas so viel wert wie die ganze Firma?<br />

Für mich persönlich ist sie sogar mehr wert als das, was wir an der<br />

Börse kosten. Ich bin schon fast dreißig Jahre in der Firma und daher<br />

sehr mit den drei Streifen verbunden.<br />

Wie definieren Sie den Kern der Marke Adidas?<br />

Wir wollen die besten Produkte für den Athleten, für den Sportler<br />

bereitstellen und ihm helfen, seine Leistungen zu verbessern.<br />

Sie sind also noch immer primär sportorientiert?<br />

So ist es, auch wenn Markt und Marke sich verändert haben.<br />

Wie weit sind Sie ein Sportartikel-Unternehmen, wie weit eine<br />

Mode- und Lifestyle-Firma?<br />

18 pwc: | oktober 2010


Vor zehn Jahren haben wir die Marke neu ausgerichtet. Da haben<br />

wir definiert, dass wir zwei Drittel der Marke weiterhin im Sport<br />

beheimatet sehen und ein Drittel im Freizeit-Segment. Wobei die<br />

Übergänge zwischen den Bereichen fließend sind, denn der Käufer<br />

kann ein T-Shirt ja auch für den Sport nutzen und umgekehrt. Wo-<br />

bei wichtig ist, dass wir den Freizeit-Bereich immer wieder aus dem<br />

Sport „aufladen“, denn er lebt ja auch aus dem Sport heraus.<br />

Wie weit prägt die Firmenkultur Ihre Marke?<br />

Jeder im Unternehmen muss wissen, wofür die Marke steht und wo<br />

sie herkommt. Die Mitarbeiter müssen die Marke nach innen wie<br />

nach außen leben.<br />

Viele Menschen identifizieren Adidas mit Fußball …<br />

… und Fußball ist auch das Herz und die Seele der Marke Adidas,<br />

spätestens seit Deutschland 1954 mit dem Schraubstollen-Schuh<br />

von Adi Dassler Weltmeister wurde. Allerdings gründet die Historie<br />

nicht nur auf dem Fußballschuh.<br />

Bleiben wir so kurz nach der WM noch ein wenig beim Fußball.<br />

Deutschland ist im Halbfinale ausgeschieden, aber Sie sind mit<br />

Spanien Weltmeister geworden. Ich vermute, Sie waren zufrieden<br />

mit dem Ergebnis.<br />

Ich bin sogar sehr zufrieden mit dem Verlauf der WM. Adidas war<br />

mit Abstand die sichtbarste Marke der WM und wir werden unseren<br />

Fußball-Umsatz in diesem Jahr auf eine neue Rekordmarke von<br />

mindestens 1,5 Milliarden Euro erhöhen.<br />

In der Tat – Sie waren bei der WM unübersehbar präsent. Was<br />

bringt ein solches Großereignis für Sie?<br />

Das ist die beste Plattform, die sich eine Marke wie Adidas wünschen<br />

kann, um ihre Werte und Produkte der Welt zu präsentieren.<br />

Es gibt nichts Besseres.<br />

In Südafrika waren zwölf Mannschaften vertreten, die adidas fördert<br />

– doppelt so viel wie bei der WM vor vier Jahren. Warum?<br />

Wir hatten 2006 etwas Pech, weil sich etliche Mannschaften, die<br />

bei uns unter Vertrag standen, nicht qualifizierten. Diesmal hatten<br />

wir einfach mehr Glück. Wir haben seitdem nur drei Mannschaften<br />

hinzugenommen. Mexiko und Paraguay, die sich beide qualifiziert<br />

haben; und Russland – die waren in Südafrika nicht dabei.<br />

Wie weit hängt das Marketingergebnis vom sportlichen Erfolg der<br />

von Ihnen unterstützten Teams ab?<br />

Es ist natürlich nicht gut, wenn Topmannschaften, die wir unter Vertrag<br />

haben, früh ausscheiden. Aber die Marke gewinnt nicht nur,<br />

wenn eine unserer Mannschaften ins Endspiel kommt oder wenn<br />

wir mit mindestens zwei Mannschaften im Halbfinale stehen. Den<br />

Markenaufbau muss ich immer langfristig anlegen und eine WM<br />

ist ein wichtiges Element in diesem Prozess, unabhängig vom Abschneiden<br />

der einzelnen Teams.<br />

Sie werben nicht nur mit Teams, sondern auch mit einzelnen Athleten,<br />

etwa dem Argentinier Lionel Messi. Nimmt Ihr Kunde tatsächlich<br />

wahr, dass der Messi-Schuh, den er im Laden kauft, von Adidas<br />

stammt? Er würde den auch von Puma oder Nike erwerben.<br />

Das Gute ist, dass die Marke über den einzelnen Athleten hinausreicht.<br />

Eine Marke ist langfristig angelegt, ist nicht abhängig von<br />

einem einzelnen Athleten. Gerade die junge Zielgruppe weiß ganz<br />

genau, welche Schuhmarke Messi beim letzten Spiel getragen hat.<br />

Das wissen wir durch Marktforschung. Im Übrigen gibt es wenige<br />

Athleten, bei denen der einzelne Sportler mit einem speziellen<br />

Schuh verbunden ist. Das ist beispielsweise bei David Beckham der<br />

Fall, der eine eigene Kollektion hat. Eine solche Verknüpfung haben<br />

wir aber häufiger im Basketball als im Fußball.<br />

Einen Messi für die Marke einzukaufen kostet ein Höllengeld. Können<br />

Sie messen, ob Sie dieses Geld wieder einspielen?<br />

Ja und nein. Wir kalkulieren die Verträge, aber wir können das natürlich<br />

nie hundertprozentig ermitteln. Unter anderem, weil Fußball<br />

ja nicht nur Fußball ist. Eine Fußballweltmeisterschaft wird nicht nur<br />

von Fußballfans gesehen, sondern auch von Menschen, die sich<br />

Seit fast 30 Jahren im<br />

Dienst der drei Streifen:<br />

Adidas-Markenvorstand<br />

Erich Stamminger<br />

pwc: | oktober 2010 19


pwc: Märkte<br />

sonst das ganze Jahr nicht sonderlich für Fußball interessieren. Da-<br />

mit wirken solche Werbeträger, ein einzelner Star wie eine Nationalmannschaft,<br />

über den Fußball hinweg in andere Bereiche, Laufen<br />

etwa oder Fitness. Das größte Segment bei uns ist „Training“, also<br />

Ausrüstung, die nicht einer einzelnen Sportart zuzurechnen ist.<br />

Die Fußball-WM ist ein globales Ereignis. Sie verkaufen ihre Produkte<br />

überall auf der Welt. Wie deutsch ist Adidas noch in der Markenwahrnehmung?<br />

Wir definieren uns als globale Marke mit deutschen Wurzeln. Sie<br />

werden allerdings viele Franzosen finden, die meinen, Adidas sei<br />

eine französische Marke, weil Horst Dassler einmal ein zweites<br />

Headquarter in Frankreich aufgebaut hatte. In Amerika sind viele<br />

Konsumenten überzeugt, Adidas sei eine amerikanische Marke.<br />

Das korrigieren wir nicht – warum auch? Wir verstärken diese Wahrnehmung<br />

eher noch, indem wir Designcenter in den einzelnen Regionen<br />

aufgebaut haben und versuchen, auf diese Weise den Geschmack<br />

der lokalen Konsumenten besser zu treffen.<br />

Automarken haben, bei aller Internationalität, immer noch eine<br />

starke nationale Identität. Ein Toyota ist japanisch, ein BMW<br />

deutsch. Das scheint in Ihrer Branche anders.<br />

So ist es. Unser Konsument ist sehr jung, daher stark auf das Internet<br />

orientiert und global vernetzt. Im Übrigen sind auch unsere Athleten<br />

weltweit bekannt, über die Ländergrenzen hinweg.<br />

Machen Sie regionale Unterschiede in der Markenführung?<br />

Nein, die Markenführung ist ausschließlich global. Allerdings gibt es<br />

unterschiedliche Schwerpunkte, in Amerika beispielsweise Basketball<br />

oder in Indien Cricket.<br />

Machen Sie auch Fehler in der Markenführung?<br />

Ich habe noch keinen Menschen getroffen, der keinen Fehler macht.<br />

Und da beziehe ich mich mit ein. Mein Credo ist: Solange die Trefferquote<br />

über 90 Prozent liegt, können wir zufrieden sein.<br />

Haben Sie bei Adidas so etwas wie eine Fehlerkultur?<br />

Ja. Wir erwarten von unseren Mitarbeitern und von uns selbst, dass<br />

wir Risiken eingehen, kalkulierte Risiken. Nur dadurch haben wir die<br />

Chance, Neues auszuprobieren.<br />

Zum Neuen gehört die Markenerweiterung, in Neudeutsch: Line Extension.<br />

Trügt der Eindruck, dass Adidas da eher zurückhaltend ist?<br />

Der trügt. Wir haben beispielsweise eine neue Modemarke aufgebaut,<br />

namens Y 3. Die kommt aus dem Sportswear heraus und<br />

geht in den High-End-Fashion-Bereich. Das Ypsilon steht für Yohji<br />

Yamomoto, ein Stardesigner aus Japan, die Drei für die Adidas-<br />

Der Sport-Konzern<br />

Seit der Gründung im Jahr 1949 ist Adidas aufs engste mit sportlichen<br />

Höchstleistungen verknüpft. Der Sieg bei der Fußball-WM<br />

1954 markierte nicht nur für Deutschland, sondern auch für Adidas<br />

einen großen Schritt im Nachkriegsaufstieg – Firmengründer Adolf<br />

„Adi“ Dassler höchstselbst hatte den deutschen Spielern vor dem<br />

Finale die eigens erfundenen Schraubstollen in die Schuhe gedreht.<br />

Die Ausrüstung von Spitzensportlern ist seither eines der wichtigsten<br />

Marketing-Instrumente von Adidas – nicht nur, aber vor<br />

allem im Fußball. Bei der WM<br />

2010 trugen zwölf der 32<br />

Mannschaften Schuhe und Trikots<br />

der Drei-Streifen-Marke<br />

aus Herzogenaurach – auch<br />

Weltmeister Spanien. Zudem<br />

ist Adidas seit 1970 Hersteller<br />

aller Bälle bei Fußball-Weltund<br />

Europameisterschaften.<br />

Der Umsatz von 10,4 Milliarden<br />

Euro (2009) wird zu je<br />

etwa<br />

45 Prozent mit Sportschuhen<br />

und Sportkleidung erzielt – die<br />

übrigen zehn Prozent entfallen<br />

Streifen. Wir sind mit diesem Label seit vielen Jahren, zuerst in Paris,<br />

dann in New York, ein Höhepunkt der Fashion Week geworden.<br />

Worauf führen Sie das zurück?<br />

Weil wir es authentisch aufgebaut haben. Die Mode kommt aus<br />

dem Sport heraus. Das ist eine Markenspreizung, die keine andere<br />

Marke in unserer Branche mit Erfolg geschafft hat.<br />

Mode, zumal sportliche, ist immerhin noch nahe dran am Marken-<br />

kern. Wie aber sieht es aus mit Sportgetränken, mit Sportsnacks,<br />

Sporthotels? Käme so etwas auch mal für Sie infrage?<br />

Wir decken Brillen, Sportbrillen, Kosmetik, Uhren über Lizenzen ab.<br />

Bei Getränken testen wir gerade gemeinsam mit Coca-Cola, ob es<br />

Sinn macht, ob es authentisch ist, ob der Konsument ein solches<br />

Produkt mit unserem Label haben möchte.<br />

Wo liegen die Grenzen der Markenspreizung?<br />

Dort, wo eine Erweiterung nichts mehr mit dem Sport im weitesten<br />

Sinne zu tun hat. Wir tasten uns an verschiedene Dinge heran. Aber<br />

wir sind da sehr sensibel, insoweit haben Sie recht mit ihrer ein-<br />

gangs geäußerten Skepsis.<br />

Der Weltmarktführer in Ihrer Branche ist Nike, dicht gefolgt von Adi-<br />

das. Stimmt der Eindruck, dass zwischen den beiden Konzernen<br />

eine heftige Feindschaft gepflegt wird, auch von Ihrer Seite?<br />

Ich verfolge bei Adidas die Linie, mich auf unseren eigenen Weg zu<br />

konzentrieren, Wettbewerber zu beobachten, ihnen aber nicht zu<br />

viel Bedeutung beizumessen und auch nicht groß über sie zu reden.<br />

Was genug sagt über den Umgang miteinander. Dennoch: Welche<br />

Rolle spielt denn dieser Zweikampf, extern wie auch intern, in der<br />

Kommunikation mit der eigenen Truppe, gegenüber den Kunden?<br />

20 pwc: | oktober 2010


Lassen Sie es mich so sagen: Wenn Sie eine bestimmte Sportart<br />

ausüben, dann wollen Sie gewinnen, selbstverständlich auf faire Art<br />

und Weise. Das ist ganz normal und in der Wirtschaft nicht anders.<br />

Unser Mission Statement ist „to be the leading sports brand in the<br />

world“. Das bedeutet: Wir wollen inhaltlich führend sein, in dem,<br />

was wir tun. Jeder Mitarbeiter muss hoch motiviert sein, in seinem<br />

Bereich zu gewinnen, gegen welchen Wettbewerber auch immer.<br />

Adidas ist heute nicht nur Hersteller, sondern auch Einzelhändler.<br />

Sie betreiben weltweit über 2.000 Shops, in Eigenregie und als<br />

Franchise. Was ist das wesentliche Motiv?<br />

Mit eigenen Geschäften steigen wir da ein, wo wir keine geeignete<br />

Handelslandschaft vorfinden. Beispielsweise in den osteuropäischen<br />

Ländern, in China, Indien, Korea oder im Nahen Osten.<br />

Der zweite Aspekt ist, dass es Länder gibt, in denen unsere Marken<br />

nicht fair präsentiert werden. Wenn man wie wir einen Bekanntheitsgrad<br />

von 98 Prozent aufweist und eine hohe Beliebtheit besitzt,<br />

die Kunden aber unsere Ware nicht finden, dann ist man gezwungen,<br />

eigene Geschäfte aufzumachen.<br />

In Deutschland gibt es einen gut ausgebauten Handel, und sie treten<br />

dort dennoch mit eigenen Geschäften an.<br />

Wir haben in Deutschland ganz, ganz wenige Geschäfte. Das sind<br />

Flagship-Stores, in denen wir uns als Marke angemessen präsentieren<br />

und wo wir schnell Rückmeldungen bekommen, was sich gut<br />

verkauft und was nicht so gut läuft.<br />

Ihr Konzern ist nicht nur Adidas mit seinen Untermarken. Sie betreiben<br />

außerdem den Golf-Ausrüster Taylor Made und für 3,8 Milliarden<br />

Dollar haben Sie vor vier Jahren in den USA die heruntergewirtschaftete<br />

Marke Reebok hinzugekauft. Wie grenzen Sie Reebok<br />

von Adidas ab?<br />

Adidas ist der Spezialist in praktisch allen Sportarten. Das ist unsere<br />

Herkunft, und so ist das noch heute. Reebok hatte es geschafft,<br />

eine authentische Trainings- und Fitness-Marke zu sein. Das ist die<br />

Stärke von Reebok, die wir jetzt wieder herausstellen, beispielsweise<br />

mit dem neuen Toning-Schuh EasyTone, der so gebaut ist, dass<br />

er beim Gehen spezielle Muskelgruppen im Bein und im Gesäß<br />

stärkt. Dieses Konzept ist ein Riesenerfolg: Wir werden in diesem<br />

Jahr rund zehn Millionen Paar Toning-Schuhe verkaufen.<br />

Wie viel Eigenständigkeit billigen Sie Reebok zu?<br />

Wir gewähren beiden Marken, Adidas und Reebok, eine gewisse<br />

Eigenständigkeit, aber alle Marken berichten an mich. Die Marken<br />

müssen sich ergänzen, wo es Sinn macht, und sie müssen sich<br />

überlappen, wo es Sinn macht. Wir müssen die Stärken beider Marken<br />

herausarbeiten, ohne dass sie sich unnütz in die Quere kommen.<br />

Da gibt es natürlich immer wieder mal Diskussionen mit den<br />

Markenverantwortlichen.<br />

Sie sind regelmäßig als Schlichter gefordert?<br />

Ein kalkulierter Wettbewerb im Konzern ist gesund. Er darf nur nicht<br />

aus dem Ruder laufen.<br />

Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten im Einzelhandel<br />

den Siegeszug der Discounter und der No-Name-Produkte erlebt.<br />

Sind diese Anbieter auch für einen Markenriesen wie Adidas eine<br />

Gefahr?<br />

Die Discounter spielen auch in unserem Markt eine Rolle. Aber<br />

unser Vorteil ist, dass es eben eine Begehrlichkeit nach unseren<br />

Produkten und Marken gibt. Wir arbeiten mit dem Fachhandel zusammen<br />

und müssen bei der ewigen Preisdrückerei nicht alles mitmachen.<br />

Wenn wir immer nur billiger werden, können wir nicht mehr<br />

die gewohnte Qualität liefern, die der Konsument erwartet.<br />

Erich Stamminger, Jahrgang 1957, begann 1983 seine Laufbahn bei Adidas als Assistent des Marktforschungsleiters. 1991 wurde er Marketingleiter<br />

von Adidas Deutschland, 1997 Vorstandsmitglied der Adidas <strong>AG</strong>. Seit 2009 ist der Betriebswirt als Markenvorstand für Global<br />

Brands verantwortlich.<br />

pwc: | oktober 2010 21


pwc: Märkte<br />

Mensch im Wertewandel<br />

Was der Buchautor Jörn Klare unter anderem herausbekam,<br />

als er versuchte, seinen eigenen Wert zu berechnen.<br />

Zusammengestellt von Detlef Gürtler, illustriert von Markus Kluger<br />

22 pwc: | oktober 2010


pwc: | oktober 2010 23


pwc: Märkte<br />

Auf Windfang<br />

Der Anteil der erneuerbaren Energien muss steigen. Das ist Konsens bei Politik,<br />

Wirtschaft und Gesellschaft. Deutschland setzt vor allem auf Windenergie<br />

im Allgemeinen und die noch heranreifende Offshoretechnologie im Besonderen.<br />

Über sie haben Experten bei der Fachtagung PwC Wind Day diskutiert.<br />

Von Corinna Freudig<br />

Rotor rot-weiß: Die Montage von<br />

Windstrom-Anlagen ist wetterabhängig<br />

und technisch komplex.<br />

24 pwc: | oktober 2010


„Die Nutzung der Windenergie wird die zen-<br />

trale Rolle im Energiemix der Zukunft spie-<br />

len. Offshorewindparks sind dabei eine<br />

entscheidende Größe. Unser Ziel ist eine<br />

installierte Offshoreleistung von 25.000<br />

Megawatt bis zum Jahr 2030.“ Diese Sät-<br />

ze von Umweltminister Norbert Röttgen<br />

Ende April zur Eröffnung des ersten deut-<br />

schen Offshorewindpark alpha ventus, in<br />

der Nordsee rund 65 Kilometer vor der Insel<br />

Borkum gelegen, waren eine gute Nachricht<br />

für die deutsche Offshorebranche. Sie ist für<br />

Deutschland der Treiber Nummer eins, um<br />

das ausgegebene CO 2-Einsparungsziel von<br />

40 Prozent bis zum Jahr 2020 zu erreichen.<br />

Rund 30 Offshoreprojekte für insgesamt<br />

10.000 Megawatt und mit einem gesam-<br />

ten Investitionsvolumen von voraussicht-<br />

lich mehr als 30 Milliarden Euro haben vom<br />

Staat bereits eine Genehmigung erhalten.<br />

Die deutsche Windenergieindustrie ins-<br />

gesamt wuchs trotz Wirtschaftskrisenjahr<br />

• Der weltweite Windenergiemarkt<br />

soll von<br />

30 Milliarden Euro 2009<br />

auf 200 Milliarden Euro<br />

2014 steigen.<br />

2009 um 15 Prozent. Mit rund 90.000 Be-<br />

schäftigten beschäftigt sie heute knapp 40<br />

Prozent mehr Menschen als vor fünf Jahren.<br />

Begünstigt wurde diese Entwicklung insbesondere<br />

durch die Novelle des Erneuerbare-<br />

Energien-Gesetz 2009, das die Einspeisevergütung<br />

windenergiefreundlicher gemacht<br />

hat.<br />

Und auch im weltweiten Vergleich kann sich<br />

Deutschland sehen lassen: „Nach den USA<br />

und China liegt Deutschland auf Platz drei,<br />

was die neu installierte Leistung anbelangt.<br />

Bei den EU 27 liegen wir auf Platz eins. Allerdings<br />

segelt Spanien hart am Wind und<br />

• 2009 kamen 40 Prozent<br />

der Stromversorgung<br />

aus erneuerbaren<br />

Energien in Deutschland<br />

aus der Windenergie.<br />

ist kurz davor, vorbeizuziehen“, sagte Manfred<br />

Wiegand, Leiter des Energiesektors bei<br />

PricewaterhouseCoopers (PwC) in Deutschland<br />

und Utilities Leader weltweit, beim<br />

PwC Wind Day, zu dem rund 100 Zuhörer<br />

in die Jacobs University in Bremen gekommen<br />

waren.<br />

So hoffnungsvoll all diese Entwicklungen<br />

stimmen mögen – stürmische Begeisterung<br />

wäre aus heutiger Sicht noch fehl am Platz.<br />

Denn wenn man die Gegenwart realistisch<br />

betrachtet, werden die hehren Ziele der<br />

Politik noch vom Winde verweht: Das Off-<br />

pwc: | oktober 2010 25


pwc: Märkte<br />

Umkämpfter Pionier: Die Anlage Alpha<br />

Ventus ermöglicht den Blick auf die<br />

Zukunft der Offshore-Windenergie.<br />

shoretestfeld Alpha Ventus verfügt mit sei-<br />

nen zwölf Multimegawatt-Windenergieanla-<br />

gen gerade einmal über 60 Megawatt. Die<br />

ersten rein kommerziell genutzten Windparks<br />

sind erst im Bau: Die BARD-Gruppe<br />

aus Emden hat im Juli die zweite von 80<br />

geplanten Fünf-Megawatt-Windenergieanlagen<br />

auf See errichtet – in der Endausbaustufe<br />

soll der 100 Kilometer vom Nordseeufer<br />

gelegene Park 400 Megawatt installierte<br />

Leistung bringen. Zeitgleich errichtet EnBW<br />

mit Baltic I den ersten Offshorewindpark vor<br />

Mecklenburg-Vorpommern in der Ostsee,<br />

der mit 21 Windenergieanlagen und einer<br />

installierten Leistung von 48 Megawatt allerdings<br />

vergleichsweise klein ist.<br />

Der Weg zu den politisch ausgegebenen<br />

Offshorezielen für 2030 ist also noch weit;<br />

und beschwerlich. Das machten die Redner<br />

aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft<br />

deutlich. Beschwerlich ist der Weg aus vielerlei<br />

Gründen: Aus technischer Sicht gehören<br />

dazu die noch nicht ausgereifte Entwicklung<br />

und fehlende Erfahrung mit den<br />

Multimegawatt-Offshorewindenergieanlagen<br />

und Offshore-Errichtungsgeräten. Zudem<br />

birgt der Bau solcher Offshorewindparks<br />

hohe Risiken.<br />

Diese beginnen bei der Wetterlage: Bei<br />

stürmischem Wetter kann keine Windenergieanlage<br />

und kein Fundament draußen im<br />

Meer errichtet werden. Und sie enden bei<br />

der wichtigen Frage der Finanzierung. „Die<br />

Investition in einen durchschnittlichen Park<br />

in der Nordsee mit etwa 80 Anlagen liegt<br />

heute bei mehr als 1,4 Milliarden Euro“,<br />

sagt PwC-Experte Heiko Stohlmeyer, der<br />

• Im Jahr 2009 lag der<br />

Umsatz der deutschen<br />

Windindustrie bei<br />

6,5 Milliarden Euro.<br />

26 pwc: | oktober 2010


sich schon seit vielen Jahren mit der Finan-<br />

zierung und Wirtschaftlichkeit von Offshore-<br />

Windenergieprojekten beschäftigt. „Die<br />

Obergrenze der Kreditlinien bei Banken<br />

beträgt für derartige Projekte heute aber<br />

nur 30 bis 50 Millionen Euro.“ Das heißt:<br />

Die Projektträger müssen für projektfinan-<br />

zierte Offshore-Windenergieparks eine Vielzahl<br />

von Banken ins Boot holen und das ist<br />

durch die Wirtschaftskrise nicht gerade begünstigt<br />

worden: „In Europa gibt es gerade<br />

mal etwa 20 Banken, die aktuell bereit sind,<br />

solche Projekte zu finanzieren“, so Stohlmeyer.<br />

Doch hier weht bereits ein erstes erfrischendes<br />

Lüftchen. Das versprach zumindest<br />

Umweltministeriumsvertreter Torsten<br />

Bischoff beim PwC Wind Day, der von ersten<br />

Überlegungen des Bundes berichtete,<br />

mithilfe der Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />

Finanzierungsinstrumente zu entwickeln<br />

und die Anreize für Windpark-Finanzierungen<br />

zu erhöhen.<br />

Probleme macht außerdem die teure Netzanbindung<br />

auf See, zu der die Netzbetreiber<br />

gesetzlich eigentlich verpflichtet sind,<br />

sich bisher aber noch eher in Zurückhaltung<br />

üben. Um jedoch Haushalte von Ahrensbis<br />

Augsburg mit Strom von hoher See versorgen<br />

zu können, muss diese Anbindung<br />

gewährleistet sein. „Bisher ist das Netzproblem<br />

überdies technisch noch nicht befriedigend<br />

gelöst, genauso wie der Anlagenbau<br />

selbst noch nicht ausgereift ist“, so Dr.<br />

Hans-Gerd Busmann, der das Fraunhofer-<br />

Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik<br />

in Bremerhaven leitet. Er sprach sogar<br />

von Jahren, die es noch dauern würde,<br />

• Die Anfangsvergütung<br />

für Onshore liegt nach<br />

EEG bei 9,2 Cent/kWh,<br />

für Offshore bei 13 Cent.<br />

Spitzencluster für Windenergie<br />

Das Herz der deutschen Windenergie<br />

schlägt im Norden Deutschlands. Denn Bremen,<br />

Bremerhaven, Cuxhaven, Emden und<br />

Oldenburg haben gezeigt, wie Strukturwandel<br />

aussehen kann, und sich vom Standort<br />

für Reedereien und Werften hin zum Spitzencluster<br />

für Windenergie entwickelt. Insbesondere<br />

hat sich die Region zum Zentrum<br />

des Offshorewindkraftanlagenbaus gemausert.<br />

Beispiel Bremerhaven: Hier wurde das<br />

Industriegebiet Luneort erschlossen und<br />

20 Hektar aufgesandet – mit direktem Zugang<br />

zum Hafen und seeschifftiefem Wasser.<br />

Derzeit sucht Bremerhaven Projektentwickler<br />

und Investoren für die Erweiterung<br />

des Hafens speziell für Offshoretechnologie.<br />

Viele Firmen der Windenergiebranche<br />

haben ihre Testzentren in der Region. Die<br />

bis man von einer reifen Technologie sprechen<br />

könne. Das gilt auch für die Stromspeicherung,<br />

besonders für weit entfernt<br />

gelegene Offshoreprojekte. Die F&E-Abteilungen<br />

der großen Energieversorger arbeiten<br />

zwar mit Hochdruck an technischen<br />

Lösungen, aber Fakt ist: weder Pumpspeicherkraftwerke,<br />

noch private Elektrospeicher<br />

bieten bisher nennenswerte und breit<br />

einsetzbare Alternativen.<br />

Eine weitere Herausforderung für den Offshorebereich:<br />

der Transport. Via Straße oder<br />

Schiene können die riesigen Windenergieanlagen<br />

und Fundamente für den Offshore-<br />

Bereich aufgrund ihrer Ausmaße nicht transportiert<br />

werden: Schwerlastfundamente mit<br />

mehreren tausend Tonnen und Rotorblätter<br />

mit Durchmessern von bis zu 180 Metern<br />

sind für die LKW-Verladung nun einmal<br />

nicht gemacht. Um das Transportproblem<br />

in den Griff zu bekommen, haben sich die<br />

meisten Anlagenbauer deshalb in Küstennähe<br />

angesiedelt. Vor allem in der Metropolregion<br />

Bremen-Oldenburg wurde sehr<br />

schnell das Fähnlein von „Schiffsbau“ auf<br />

„Offshorewindenergie“ gedreht und die notwendige<br />

Infrastruktur geschaffen (siehe Ka-<br />

• Europa ist mit<br />

38 Windparks mit<br />

828 Turbinen und<br />

2.056 Megawatt in neun<br />

Ländern Weltmeister<br />

bei Offshorewind.<br />

Politik hat zudem den Weg geebnet, damit<br />

sich dort ein wissenschaftliches Zentrum<br />

für die Branche etabliert: Seit 2001 wurden<br />

62 Technologieentwicklungsprojekte und<br />

Prototypen mit einem Gesamtaufwand von<br />

28,4 Millionen Euro gefördert. In Bremerhaven<br />

wurde ein Fraunhofer-Institut für<br />

Windenergie und Energiesystemtechnik gegründet<br />

und an der Hochschule gibt es verschiedene<br />

Studienschwerpunkte rund um<br />

Windenergie. In Varel hat die Stiftung Offshore<br />

Windenergie ihren Sitz, in Bremerhaven<br />

die Windenergie-Agentur, das größte<br />

deutsche Branchennetzwerk.<br />

Ihr Ansprechpartner für Bremen:<br />

thomas.ull@de.pwc.com<br />

... und zum Thema Windenergie:<br />

heiko.stohlmeyer@de.pwc.com<br />

sten). Doch noch ist die Zahl der Service-,<br />

Hub- und Errichterschiffe, die in der Lage<br />

sind, die Anlagen auf See zu transportieren<br />

und die Gründungsstrukturen zu heben und<br />

im Meeresgrund zu befestigen, bei Weitem<br />

nicht ausreichend, um die Offshoreziele<br />

der Bundesregierung zu realisieren. Dazu<br />

kommt der Gegenwind auch immer wieder<br />

von ganz anderer Seite: den Umweltschützern.<br />

Das Umweltministerium beschäftigt sich<br />

zum Beispiel gerade damit, welche Auswirkungen<br />

die Fundamente auf tiefbohrende<br />

Meeresfauna wie den Maulwurfskrebs haben.<br />

Es sei schon etwas absurd, wunderte<br />

sich Heiner Heseler, Staatsrat beim Bremer<br />

Senator für Wirtschaft und Häfen, dass Umweltschutzorganisationen<br />

die vermehrte<br />

Nutzung von Erneuerbaren Energien zwar<br />

forderten, aber manchmal vergessen würden,<br />

dass diese eben auch produziert werden<br />

müssten.<br />

Ende September erscheint im Erich-<br />

Schmitt-Verlag der Tagungsband „Die Zukunft<br />

der Windenergie“, der auf den Vorträgen<br />

und Diskussionen des PwC Wind Day<br />

basiert und im Buchhandel erhältlich ist.<br />

• Die deutsche<br />

Windenergie macht 70<br />

Prozent ihres Umsatzes<br />

mit dem Export.<br />

pwc: | oktober 2010 27


pwc: Trends Trends<br />

Das Gezerre um den Kaufpreis<br />

Langwierige Verhandlungen gehören zu je-<br />

dem Unternehmenskauf dazu. Schließlich<br />

müssen sich Käufer und Verkäufer über je-<br />

des Detail einigen. Die Ergebnisse fließen<br />

dann in den Unternehmenskaufvertrag ein,<br />

dessen zentraler Bestandteil der Kaufpreismechanismus<br />

ist. Das Problem: Oft einigen<br />

sich die Parteien auf einen Mechanismus,<br />

ohne die Konsequenzen zu überschauen.<br />

Zur Wahl stehen das Locked-Box-Modell,<br />

das sich auf den letzten Bilanzstichtag bezieht,<br />

oder der Completion-Mechanismus,<br />

der den Kaufpreis anhand eines Zeitpunkts<br />

Kurz notiert<br />

MEhR SIChERhEIT<br />

Die US-Regierung will<br />

das Exportkontrollsystem<br />

reformieren, um die<br />

nationale Sicherheit zu<br />

stärken. Das wird die<br />

Luft-, Raumfahrt- und<br />

Verteidigungsindustrie zu spüren bekommen,<br />

deren Absatz- und Produktionsschwerpunkte<br />

im Ausland liegen. Die PwC-<br />

Publikation „Point of View – Export control<br />

reforms“ informiert betroffenen Unternehmen,<br />

wie sie am besten damit umgehen.<br />

www.pwc.de/de/us-export<br />

in der Zukunft ermittelt. Das Locked-Box-<br />

Modell gilt als schnell, einfach und kostensparend.<br />

Der Nachteil: Der Käufer trägt<br />

das Risiko, wenn sich die Geschäftslage<br />

bis zum Abschluss des Deals verschlechtert.<br />

Der Completion-Mechanismus wiederum<br />

minimiert das Risiko für den Käufer,<br />

erhöht es aber für den Verkäufer, weil Umsatz-<br />

oder Gewinneinbrüche zum Stichtag<br />

des Geschäftsabschlusses eingepreist<br />

werden. Zudem gilt er als besonders kompliziert<br />

und zeitaufwendig. „Damit es bei<br />

der finalen Kaufpreisfindung keine bösen<br />

NEUER STANDARD<br />

Der IFRS 9 „Financial Instruments“ soll<br />

sukzessive den IAS 39 „Financial Instruments:<br />

Recognition and Measurement“<br />

ersetzen, was nicht nur zu tief greifenden<br />

Änderungen in der internationalen Rechnungslegung<br />

führt, sondern auch Auswirkungen<br />

auf Prozesse und Systeme haben<br />

wird. Das IASB sieht die Umsetzung spätestens<br />

für das Geschäftsjahr 2013 vor,<br />

wesentliche Umsetzungsentscheidungen<br />

sollten deshalb bereits 2011 abgeschlossen<br />

sein.<br />

www.pwc.de/de/IFRS9<br />

Überraschungen gibt, sollten sich die Vertragsparteien<br />

bei den Verhandlungen und<br />

den Vertragsformulierungen über alle möglichen<br />

finanziellen und bilanziellen Auswirkungen<br />

einzelner Vertragsregelungen genau<br />

bewusst sein“, rät daher Dirk Fischer, Transaktionsexperte<br />

bei PricewaterhouseCoopers<br />

(PwC). In der Krise hatte das Locked-Box-<br />

Modell an Attraktivität verloren, weil die Käufer<br />

die Geschäftsrisiken nicht tragen wollten. Seit<br />

Ende 2009 ist allerdings eine Rückkehr des<br />

Locked-Box-Mechanismus zu beobachten.<br />

www.pwc.de/de/preismechanismen<br />

WENIGER GELD<br />

Im Krisenjahr 2009 ist die Vergütung der<br />

Aufsichtsräte von DAX- und MDAX-Unternehmen<br />

um rund 13 Prozent zurückgegangen.<br />

Das ergab eine PwC-Kurzstudie. Der<br />

Grund: Die erfolgsabhängigen Zahlungen<br />

fielen niedriger aus als 2008. Bemerkenswert<br />

ist dabei, dass einige<br />

Aufsichtsräte entweder<br />

ganz oder teilweise<br />

auf den variablen Anteil<br />

ihrer Vergütung verzichteten.<br />

www.pwc.de/de/<br />

ar-verguetung<br />

28 pwc: | oktober 2010


89 Börsengänge gab es nach<br />

Angaben des „IPO Watch Europe“ von PwC<br />

auf den europäischen Aktienmärkten im zweiten<br />

Quartal 2010. Sie brachten den Emittenten Kapital<br />

im Volumen von insgesamt 9,014 Milliarden<br />

Euro ein. Das sind 66 Börsengänge mehr als im<br />

zweiten Quartal 2009 und zehn mehr als im<br />

Vergleich zum ersten Quartal des laufenden Jahres.<br />

Drei Fragen an ... Lorenz Bernhardt<br />

... zu Änderungen bei den Funktionsverlagerungen<br />

Der Bundestag hat Änderungen zum Thema Funktionsverlagerung<br />

beschlossen. Wie sehen die aus?<br />

Die Koalition hatte sich vorgenommen, den Forschungsstandort<br />

Deutschland durch Erleichterungen<br />

bei der Besteuerung von Funktionsverlagerungen zu<br />

stärken. Nach der Gesetzesänderung können nun unter<br />

bestimmten Voraussetzungen die einzelnen Wirtschaftsgüter,<br />

die eine Funktionsverlagerung umfasst,<br />

auch einzeln bewertet werden. Das sollte in vielen Fällen<br />

eigentlich zu einer niedrigeren Steuerlast führen als<br />

Lorenz Bernhardt leitet die bisherige Regelung.<br />

den Bereich Transfer Pricing<br />

bei PwC.<br />

Überzeugen die neuen Spielregeln?<br />

Nur bedingt. Der Gesetzestext war eine Kompromisslösung<br />

und ist vage formuliert. Mittlerweile verdichten sich leider die Hinweise, dass die<br />

Finanzverwaltung den Text eng auslegen will und davon ausgeht, „eigentlich hätte sich<br />

nichts geändert“. Wir müssen auf das in Aussicht gestellte BMF-Schreiben warten.<br />

Wie regeln andere Staaten denn Funktionsverlagerungen?<br />

Sie schließen sich Deutschlands Ansatz – jedenfalls dem bisherigem – in aller Regel<br />

nicht an. Vielmehr regeln sie, wenn überhaupt, dass eine Funktionsverlagerung unter<br />

Einschluss eines Firmenwertes nur besteuert werden soll, falls es um die Übertragung<br />

von Betrieben oder Teilbetrieben geht. Ansonsten kommt die Einzelbepreisung zur Anwendung,<br />

die typischerweise geringere Steuern nach sich zieht. Mit einer sinnvollen<br />

Auslegung der deutschen Gesetzesnovelle würden wir uns diesem Rechtsstand im<br />

Ausland annähern. www.pwc.de/de/funktionsverlagerung<br />

Alles für …<br />

Aufsichtsräte<br />

unter www.pwc.de/de/boardroom<br />

Wichtige Schatzmeister<br />

Seit der Wirtschaftskrise wird den Finanz-<br />

abteilungen innerhalb der Unternehmen<br />

deutlich mehr Wertschätzung entgegenge-<br />

bracht. Zu diesem Ergebnis kommt die in-<br />

ternationale PwC-Studie „Global Treasury<br />

Survey 2010“, für die weltweit rund 600<br />

Finanzabteilungsleiter befragt wurden. „In<br />

den Unternehmen setzt sich die Erkennt-<br />

nis durch, dass der Treasurer weit mehr<br />

ist als ein ‚Kassenwart’. Allerdings fehlen<br />

im Treasury oft die notwendigen finanziellen<br />

und personellen Ressourcen, um<br />

wichtigen Aufgaben bei der Kontrolle von<br />

Finanzierungs- und Liquiditätsrisiken an-<br />

gemessen nachkommen zu können“, erläutert<br />

Thomas Schräder, bei PwC Experte<br />

für Corporate Treasury Solutions. So sind<br />

im Treasury der Unternehmenszentralen<br />

durchschnittlich nur fünf Mitarbeiter beschäftigt.<br />

Das Jahresbudget beläuft sich<br />

bei mehr als der Hälfte der befragten<br />

Treasurer auf weniger als eine Million Euro.<br />

Mit diesen Mitteln müssen die Abteilungen<br />

häufig komplexe, großvolumige Finanztransaktionen<br />

organisieren.<br />

www.pwc.de/de/treasury2010<br />

pwc: | oktober 2010 29


pwc: Wissen<br />

„Die Zelle ist keine Suppe von Molekülen. Da gibt<br />

es Strukturen, die Sie verstehen müssen.“<br />

Fabian Theis, Professor für Mathematik an der TU München<br />

Ist den Mustern des Lebens auf der Spur: Fabian Theis vor einer Darstellung intrazellulärer Strukturen.<br />

30 pwc: | oktober 2010


Der Mustermann<br />

Fabian Theis, 34, Mathematiker und Systembiologe, beschäftigt sich damit,<br />

das Leben in unseren Zellen berechenbar zu machen.<br />

Von Vanessa de l´Or<br />

Am Telefon klingt Fabian Theis ein wenig<br />

außer Atem. Er fahre gerade mit dem<br />

Fahrrad zur Arbeit, erklärt er zwischen zwei<br />

Atemzügen. „Kommen Sie gerne vorbei –<br />

es geschieht nicht allzu oft, dass Medien<br />

sich für mich interessieren.“<br />

Das könnte sich noch ändern, denn der 34<br />

Jahre junge Physiker, Mathematiker und Informatiker<br />

gehört zu jener kleinen Schar von<br />

Wissenschaftlern, die nicht nur am Anfang<br />

einer beeindruckenden akademischen Laufbahn<br />

stehen, sondern obendrein gesellig –<br />

und damit publikumstauglich – sind.<br />

Wir treffen uns in Theis´ kleinem Büro im<br />

Münchener Helmholtz-Zentrum. Die Wände<br />

sind übersät mit Fotos und Klecksbildern<br />

seiner zwei Kinder, und nur eine kleine Tafel<br />

voller mathematischer Formeln deutet auf<br />

das hin, was der Wissenschaftler eigentlich<br />

macht: Für die Helmholtz-Gesellschaft bildet<br />

Theis biologische Systeme in algorithmischen<br />

Modellen nach.<br />

Seine Kompetenz ist die Entwicklung statistischer<br />

Methoden, um Muster – Erscheinungs-<br />

oder Verhaltensmuster – besser zu<br />

verstehen. Er erforscht unter anderem zusammen<br />

mit Biologen, wie sich die Grenze<br />

zwischen Mittel- und Hinterhirn bei der Entwicklung<br />

eines Mausembryos herausbildet.<br />

Dabei muss es sich natürlich nicht immer<br />

um die Gehirne von Mäusen handeln,<br />

bis vor ein paar Monaten waren zum Beispiel<br />

Geldströme sein Thema: Am Max-<br />

Planck-Institut in Göttingen beschäftigte er<br />

sich zusammen mit seinem Kollegen Dirk<br />

Brockmann mit dem Fluss von Dollarnoten<br />

zwischen 3.000 US-Landkreisen; anhand<br />

von Stichproben vollzogen sie deren Weg in<br />

Computermodellen nach. Auch dabei ging<br />

es darum, Muster zu erkennen und als<br />

Systeme darzustellen.<br />

Über seine aktuelle Arbeit spricht Theis in<br />

schlichten Worten. Das Ganze funktioniere<br />

nur, sagt er, „wenn Sie einen Biologen<br />

finden, der Ihnen die Ergebnisse, die Sie<br />

da errechnen, auch glaubt.“ Das hört sich<br />

an, als nehme ihn kaum einer ernst. Dabei<br />

ist es schon heute für Biologen entscheidend,<br />

mit Statistikern und Informatikern zusammenzuarbeiten,<br />

um Entwicklungsprozesse<br />

oder Verhaltensmuster zu verstehen.<br />

„In zehn bis 20 Jahren ist keine biologische<br />

Forschung mehr vorstellbar, die ohne diese<br />

Methoden auskommt“, fügt Theis hinzu.<br />

Gewagt ist die Prognose keineswegs. Diese<br />

Forschung verheißt große Fortschritte in<br />

der Praxis, zum Beispiel in der Medizin. Um<br />

eine Krankheit bekämpfen zu können, ist es<br />

notwendig, das Verhalten einzelner Stoffe<br />

im Körper im Laufe der Zeit zu kennen.<br />

Theis fasst das so zusammen: „Die Zelle<br />

ist keine Suppe von Molekülen. Da gibt<br />

es Strukturen, die Sie verstehen müssen.“<br />

Außerdem käme es auf die Prozesse an.<br />

Hierzu bringt er das Beispiel eines Radios:<br />

„Wenn ich das einfach nur zerlege und seine<br />

Einzelteile betrachte, werde ich noch nicht<br />

erkennen, wie es funktioniert.“ Die Modelle<br />

des Münchner Wissenschaftlers ermöglichen<br />

es also, nicht nur Strukturen, sondern<br />

auch Abläufe nachzubilden.<br />

Mittlerweile unterhalten wir uns schon eine<br />

gute Stunde in dem kleinen Raum. Locker<br />

Der Interdisziplinäre<br />

Der 34-jährige Spross einer Amberger Arztfamilie<br />

ist ein multidisziplinärer Durchstarter.<br />

Das Mathematikstudium begann er an der<br />

Fernuniversität, während des Zivildienstes,<br />

danach kam Physik dazu (zwei Diplome),<br />

dann Promotion erst in Biophysik und anschließend<br />

in Informatik, mit Studien- und<br />

Forschungsstationen in Regensburg, Granada,<br />

Helsinki, Tallahassee und Tokio. Im<br />

Jahr 2006 erhielt Fabian Theis den Heinz-<br />

Maier-Leibnitz-Preis für herausragende<br />

Nachwuchsforscher, seit 2009 ist er Professor<br />

für Mathematik in der Systembiologie an<br />

der Technischen Universität München.<br />

lässt er das rechte Bein über seine rechte<br />

Armlehne baumeln. Mit den Worten „darf<br />

ich das kurz erklären?“ zeichnet er hin und<br />

wieder ein anschauliches Bild auf ein Papier,<br />

wobei er die englischen Namen hinschreibt<br />

und die deutschen ausspricht.<br />

Zweifelsohne gehört Theis nicht zu jenen<br />

Mathematikern, die irgendwo im stillen<br />

Kämmerlein wissenschaftliche Rätsel lösen<br />

wollen. Er arbeitet daran, dass sein Gegenüber<br />

versteht, was er macht. Er braucht<br />

Menschen um sich herum wie überhaupt<br />

den Bezug zum realen Leben. Seine eigentliche<br />

Disziplin ist die Mathematik, jedoch<br />

setzt er sich immer wieder intensiv mit anderen<br />

Fächern auseinander, um den Bezug<br />

zu konkreten Problemen zu finden. Dabei<br />

unternimmt er eine Gratwanderung zwischen<br />

möglichst generell gültigen statistischen<br />

Modellen und möglichst individuellen<br />

Lösungen.<br />

Verschiedene Unternehmen sind bereits an<br />

Theis’ Forschung interessiert. Sein aktuelles<br />

Thema im Bereich der Zellbiologie stößt insbesondere<br />

bei Pharma- und Medizintechnikfirmen<br />

auf offene Türen – aber darüber<br />

hinaus sind Verfahren zur Mustererkennung<br />

für alle Unternehmen interessant, die<br />

schnell und präzise große Datenmengen interpretieren<br />

müssen, von Mobilfunk- bis zu<br />

Stromkonzernen.<br />

Im Verbund mit anderen Forschern arbeitet<br />

Theis mit Unternehmen wie Siemens, Beiersdorf<br />

und Roche zusammen. Außerdem<br />

gehört ihm die kleine Firma „Instant Solutions“,<br />

die sich mit vergleichsweise banaler<br />

Programmierarbeit beschäftigt und aus der<br />

Zeit stammt, als Theis noch für die Programmierzeitschrift<br />

Java schrieb; einmal<br />

wurde er von der sogar zum Autor des Jahres<br />

gekürt.<br />

Heute ist er freilich in seinem eigenen Unternehmen<br />

kaum noch aktiv. Unternehmertum<br />

interessiere ihn nicht, Geld auch nicht,<br />

bekennt er. „Unsere Währung ist, dass wir<br />

publiziert werden.“<br />

pwc: | oktober 2010 31


pwc: Wissen<br />

32 pwc: | oktober 2010


Topp, dies Wetter gilt!<br />

Wetteroptionen waren ein Hit an den Derivatemärkten. Doch für individualisierte<br />

Produkte fehlt es den Börsen an Liquidität. Eine Chance für neue Anbieter.<br />

Von Susanne Osadnik<br />

Für Eric Stein sind Wetten auf das Wetter<br />

das „fast perfekte Geschäft“. Ob das Wet-<br />

ter sich ändert oder bleibt, wie es ist, „jeder<br />

hat die gleichen Voraussetzungen, es kann<br />

keine Insiderdeals geben“, sagt der Wet-<br />

termann des Energieversorgers RWE. Stein<br />

beobachtet bei RWE die weltweite Entwick-<br />

lung von Wetter, Klima und Temperatur. Und<br />

er handelt auch selbst mit Regen, Sturm,<br />

Schnee, Sonne – an der Terminbörse von<br />

Chicago (CME), der einzigen Börse, an der<br />

zurzeit mit Wetterderivaten gehandelt wer-<br />

den kann.<br />

Dort, in Chicago, wurden die Wetterderi-<br />

vate auch entwickelt. In der zweiten Hälfte<br />

der 90er-Jahre begannen amerikanische<br />

Energiekonzerne, Optionen auf bestimmte<br />

Temperaturwerte als Instrument einzusetzen,<br />

um sich gegen Nachfrageschwankungen ih-<br />

rer Kunden abzusichern. Banken und Versi-<br />

cherungen witterten ein Geschäft und wur-<br />

den aktive Marktteilnehmer: Sie kassierten<br />

die Prämie, die die Energiekonzerne zahlten,<br />

um sich gegen Wetterkapriolen abzusichern,<br />

und übernahmen damit das Wetterrisiko.<br />

Nach außerbörslichem Start wurde<br />

1999 das erste Wetterderivat an der CME<br />

gehandelt. Seitdem ist das Handelsvolumen<br />

bis zu Beginn der Wirtschaftskrise stetig bis<br />

auf eine Million Kontrakte jährlich gestiegen.<br />

Dabei handelt es sich fast ausschließlich<br />

um Standardprodukte, die auf den Messergebnissen<br />

von Wetterstationen in aller Welt<br />

basieren und hauptsächlich Heiz- und Kühlgradtage<br />

der Energiekonzerne abdecken.<br />

Seit 24 Monaten mischt RWE mit beim<br />

großen Wetter-Poker. Zockerei will Wetterhändler<br />

Stein das nicht nennen, denn „der<br />

Markt für Wetterderivate ist sehr transparent,<br />

sind doch die relevanten Temperaturdaten<br />

auch in ihrer historischen Entwicklung<br />

verfügbar“. Er redet lieber von „wissenschaftlicher<br />

Grundlagenarbeit“. Denn die<br />

Wetterstationen, auf die er zurückgreift, erheben<br />

exakte Daten, die von den staatlichen<br />

Wetterdiensten in Modelle gegossen<br />

werden. Damit soll das Wetter so exakt<br />

wie möglich vorhergesagt werden. „Unsere<br />

Aufgabe ist es, diese Modelle zu vergleichen<br />

und Voraussagen zu treffen“, so Stein.<br />

„Wenn wir glauben, klüger als der Markt zu<br />

sein, kaufen oder verkaufen wir entsprechend.“<br />

Am Ende gibt es immer einen klaren<br />

Gewinner und einen klaren Verlierer.<br />

Doch so klar ist die Lage nur, solange man<br />

im Bereich von Standardprodukten bleibt.<br />

Zwar sind nicht nur die Energiebranche,<br />

sondern auch Tourismus, Gastronomie, Verkehr<br />

und natürlich die Landwirtschaft vom<br />

Wetter abhängig. Aber deren Bedürfnisse<br />

sind in der Regel zu speziell, um an der<br />

Börse auf Gegenliebe zu stoßen. Beispiel<br />

Luftverkehr: Wie müsste ein Derivat aussehen,<br />

das Fluglinien gegen eine Wetterlage<br />

absichert wie jene, die im April aschebedingt<br />

fast ganz Europa lahmlegte?<br />

Die an Börsen gehandelten Kontrakte sind<br />

standardisiert und eignen sich deshalb für<br />

große Energiekonzerne, die das Absatzvolumen<br />

von Konsumenten absichern wollen.<br />

Aber ein Skilift-Betreiber, der sich gegen<br />

Schneemangel an seinem Standort absichern<br />

möchte? „Viele Unternehmen sind<br />

interessiert, stellen aber fest, dass sie individuelle<br />

Lösungen brauchen“, sagt ein<br />

Mitarbeiter eines Energieanbieters. Und für<br />

solche Maßanzüge gebe es „nicht genug Liquidität<br />

im Markt“.<br />

Folglich wären sie schlicht zu teuer. „Heute<br />

bieten wir Wetterderivate nicht mehr aktiv<br />

an“, erklärt Claudia Meyer, Rohstoff- und<br />

Wetterexpertin der HypoVereinsbank. „Für<br />

viele Kunden stimmt die Relation zwischen<br />

Eintrittsprämie und Auszahlungssumme im<br />

Schadensfall nicht.“ Damit nimmt das Geschäft<br />

mit dem Wetterrisiko vorweg, was<br />

auch vielen anderen Absicherungsgeschäf-<br />

ten blüht, wenn schärfere Regulierung die<br />

Lust am Spekulieren verdirbt: Der Börsenhandel<br />

trocknet aus, an seine Stelle treten<br />

Deals, die direkt zwischen einem Unternehmen<br />

und einer Bank, einem Versicherer<br />

oder einem anderem Unternehmen geschlossen<br />

werden.<br />

Solche Deals sind das täglich Brot von<br />

Mark Rüegg. Er ist der Chef von Celsius<br />

Pro, einem jungen Unternehmen in Zürich,<br />

das immer wieder neue Ideen austüftelt,<br />

wie mit dem Wetter Geld zu verdienen ist.<br />

Der einstige UBS-Börsenhändler und sein<br />

Team sind keine Meteorologen, sondern<br />

Kinder der Hedgefonds-Branche und das<br />

Schlüsselwort für ihr Business heißt: Korrelation.<br />

„Wir bringen Temperaturschwankungen,<br />

Niederschlagsmengen, Schneehöhen<br />

oder die Zahl an Sonnenstunden in<br />

„Wir bringen Schneehöhen oder Sonnenstunden in<br />

Zusammenhang mit dem Erfolg von Unternehmen.“<br />

Mark Rüegg, Gründer von Celsius Pro<br />

Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen<br />

Erfolg von Hotels, Freizeitparks, Obstbauern<br />

oder auch Snowboard-Verleihern“, so<br />

Rüegg. Jeder Kunde von Celsius Pro kreiert<br />

seinen eigenen, maßgeschneiderten Index,<br />

indem er definiert, was er für wie lange absichern<br />

will. Für ein Tourismusunternehmen<br />

in Bayern, das sich gegen schlechtes Wetter<br />

im Sommer absichert, wäre das: kumulierter<br />

Niederschlag in München im August.<br />

Regnet es viel im August, kassieren die<br />

Bayern, scheint die Sonne, steckt Celsius<br />

Pro die Absicherungsprämie ein.<br />

Die ersten Open-Air-Festivals sind bereits<br />

Kunden des Schweizer Start-ups geworden.<br />

Eine Stadt, die sich gegen zu hohe Winterdienst-Kosten<br />

absichern<br />

wollte, ist hingegen doch<br />

noch abgesprungen. Aber<br />

der nächste Winter kommt<br />

bestimmt.<br />

pwc: | oktober 2010 33


pwc: Wissen<br />

Für Peter Badge ist Lindau ein Pflichttermin. Der Fotograf aus Berlin hat sich zum Ziel gesetzt, alle Nobelpreisträger der Welt<br />

vor seine Kamera zu bekommen – und wo ginge das besser als beim Jahrestreffen am Bodensee? Hier im Bild: Françoise Barré-Sinoussi,<br />

Mitentdeckerin des Aids-Virus (Medizin, 2008), und Paul J. Crutzen, Mitentdecker des Ozonlochs (Chemie, 1995).<br />

Frank Sherwood Rowland (links), und Mario Molina (rechts), beide Mitentdecker des Ozonlochs (Chemie, 1995). Dazwischen: Robert<br />

Laughlin, Physik-Nobelpreisträger 1998 für seinen Beitrag zur theoretischen Erklärung des fraktionellen Quanten-Hall-Effekts.<br />

34 pwc: | oktober 2010


Nobelesse oblige<br />

Beim alljährlichen Nobelpreisträgertreffen in Lindau trifft sich die Geisteselite<br />

der Welt zum wissenschaftlichen Stelldichein. Der Autor Andreas Molitor war<br />

dabei und hat für pwc: seinen persönlichen Science-Fiction aufgeschrieben.<br />

Fotos: Peter Badge<br />

Diplomatie zählt nicht unbedingt zu den besonderen<br />

Stärken von Frederik Behrends.<br />

Nein, die Äußerung seiner jungen amerikanischen<br />

Chemikerkollegin vorn auf dem Podium<br />

kann er auf keinen Fall stehen lassen.<br />

„Ehrlich gesagt denke ich darüber gar nicht<br />

nach“, hat sie lächelnd auf die Frage nach<br />

der Verantwortung der Wissenschaft für<br />

das Gemeinwohl geantwortet. „Als junge<br />

Wissenschaftlerin muss ich mich profilieren,<br />

und da geht es nun mal darum, so viel wie<br />

möglich zu publizieren. Ich bin den ganzen<br />

Tag im Labor, da mache ich mir keine Gedanken<br />

um die Gesellschaft.“<br />

Behrends erhebt sich von seinem Stuhl<br />

in der zehnten Reihe. „Das ist alles total<br />

falsch!“, ruft der junge Chemiker aus Münster<br />

in Richtung Podium. „95 Prozent der<br />

Menschen da draußen haben keine Ahnung,<br />

was wir in unseren Labors machen. Es kann<br />

doch nicht darum gehen, so viele Aufsätze<br />

wie möglich zu veröffentlichen. Wissenschaft<br />

muss der Gesellschaft dienen!“ Er<br />

bekommt Beifall. Endlich mal eine Störung<br />

der Harmonie!<br />

Die grauhaarige Dame ganz links auf dem<br />

Podium hat aufmerksam zugehört. Nicht<br />

zuletzt für solche Themen ist sie von Paris<br />

zum Nobelpreisträgertreffen nach Lindau<br />

an den Bodensee gereist. „Wissenschaftler<br />

sind menschliche Wesen“, sagt sie trocken<br />

lächelnd und schaut dabei zu der jungen<br />

Chemikerin herüber, „menschliche Wesen<br />

sind Primaten, und Primaten verteidigen<br />

nun mal ihr Territorium.“ Kurze Pause. „Sie<br />

haben nichts Falsches gesagt. Als junge<br />

Forscherin werden Sie nun mal daran gemessen,<br />

wie viel sie publiziert haben. Sie<br />

sind ein Opfer des Systems.“<br />

Und dann setzt Françoise Barré-Sinoussi<br />

zu einer kurzen Brandrede an, jeder Satz<br />

ein Torpedo. „Als Wissenschaftler und erst<br />

recht als Nobelpreisträger haben wir eine<br />

besondere Verantwortung.“ Treffer. „Wir<br />

sollten uns immer fragen, welchen Nutzen<br />

unsere Forschung für die Menschen dieser<br />

Erde hat.“ Treffer. „Ich bin ganz klar der<br />

Meinung, dass es unsere Aufgabe ist, unsere<br />

Stimme gegenüber der Politik zu erheben,<br />

damit die richtigen Entscheidungen getroffen<br />

werden.“ Behrends strahlt, die junge<br />

Chemikerin schaut betreten drein. Wer ist<br />

schon gern Opfer eines Systems?<br />

Françoise Barré-Sinoussi ist nicht einfach<br />

eine Wissenschaftlerin, sie ist eine Legende.<br />

1983 hat sie mit ihrem Kollegen Luc Montagnier<br />

das HI-Virus als Auslöser von Aids<br />

identifiziert. Vor zwei Jahren wurden beide<br />

dafür mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet.<br />

Die 63-jährige Virologin verkörpert<br />

den Prototyp der sozial engagierten, kämpferischen<br />

Forscherin. Sie selbst bezeichnet<br />

sich als „Wissenschaftsaktivistin“; wo sie<br />

auftritt, weht ein Hauch von Greenpeace.<br />

Nach der Entdeckung des HI-Virus blieb sie<br />

nicht in ihrem Labor des Pariser Pasteur-Instituts,<br />

sondern reiste ein ums andere Mal<br />

nach Afrika, um die Ausbreitung von Aids<br />

an Ort und Stelle zu bekämpfen. Beharrlich<br />

stellte sie sich gegen Ignoranz, Unwissen<br />

und Totschweigen. Wenn sie Armut und<br />

fehlende Bildung als gesellschaftliche Ursachen<br />

von Aids kritisiert, spricht sie Klartext.<br />

Voriges Jahr beispielsweise bezeichnete sie<br />

Äußerungen von Papst Benedikt XVI., Kondome<br />

seien keine Lösung für das Aidsproblem,<br />

als „falsch und fatal“.<br />

Solche Streitbarkeit ist das Salz in der Suppe<br />

des Lindauer Nobelpreisträgertreffens.<br />

Einmal im Jahr beherbergt das beschauliche<br />

Bodensee-Inselstädtchen das wohl<br />

höchstmögliche Konzentrat wissenschaftlicher<br />

Exzellenz. In diesem Jahr trafen sich<br />

Ende Juni/Anfang Juli 71 Vertreter der naturwissenschaftlichen<br />

Forschungselite zum<br />

Austausch von Gedanken und Ergebnissen<br />

mit Kollegen und 650 Nachwuchswissen-<br />

schaftlern, die aus 70 Ländern nach Lindau<br />

gepilgert waren. Die jungen Wissenschaftler,<br />

ausgewählt aus 20.000 Bewerbern, strömen<br />

in die Vorträge und Diskussionsrunden,<br />

sie hängen an den Lippen der Laureaten<br />

und stellen sich am Podium an, um nach<br />

der Präsentation vielleicht eine Frage stellen<br />

zu können. Beim Dinner (Dresscode Smart<br />

Casual) am zweiten Abend dürfen die Jungforscher<br />

sich an den Tischen der Preisträger<br />

verteilen. Wer das Pech hat, als Biologe<br />

beispielsweise neben einem Laureaten aus<br />

der Elementarteilchenphysik zu sitzen, ist<br />

zwar beim Tischgespräch fachlich etwas<br />

eingeschränkt, kann aber problemlos auf einen<br />

Gedankenaustausch zum Thema Niedrigtemperaturgaren<br />

ausweichen. Oder der<br />

mitgereisten Frau des Nobelpreisträgers erzählen,<br />

was man mit Drosophila-Fliegen so<br />

alles anstellen kann.<br />

Es gibt insbesondere eine Frage, die das<br />

Lindauer Treffen seit jeher begleitet: die<br />

nach dem Selbstverständnis des Wissen-<br />

„Als Wissenschaftler und erst recht als Nobelpreisträger<br />

haben wir eine besondere Verantwortung.“<br />

Françoise Barré-Sinoussi, Medizinnobelpreisträgerin 2008<br />

schaftlers. Soll er für eine wertfreie, positivistische<br />

Forschung kämpfen und sich<br />

aus allen Niederungen, vor allen denen der<br />

Politik, heraushalten? Oder zählt es zu den<br />

Pflichten der wissenschaftlichen Top Executives,<br />

auch zu politischen, ökonomischen<br />

und ethischen Debatten Stellung zu beziehen?<br />

Die Antwort von Barré-Sinoussi ist<br />

bekannt. Die Gegenposition nimmt – unter<br />

anderen – Osamu Shimomura ein, Chemie-<br />

Nobelpreisträger 2008. Auf die Frage in<br />

einem Wissenschaftsblog, ob Forscher sich<br />

stärker politisch engagieren sollten, antwortete<br />

er mit einem einzigen Satz: „No politics<br />

at all!“<br />

Dass Lindau eine Stätte des Innehaltens<br />

und Räsonierens wird, wenn die Laurea-<br />

pwc: | oktober 2010 35


pwc: Wissen<br />

Streitbare Laureaten: Rita Levi-Montalcini, Entdeckerin des Nervenwachstumsfaktors (Medizin, 1986) und<br />

mit derzeit 101 Jahren die älteste Nobelpreisträgerin aller Zeiten. Rechts: Richard R. Ernst, Chemienobelpreis 1991<br />

für Erkenntnisse zur magnetischen Kernspinresonanz-Spektroskopie.<br />

„Die Welt stagniert,<br />

wenn sie aufhört, nach Wissen zu streben.“<br />

Martin Chalfie, Chemienobelpreisträger 2008<br />

Osamu Shimomura (links) und Martin Chalfie forschten beide an fluoreszierenden Proteinen und legten den Grundstein dafür, dass Protei-<br />

ne als genetische Marker eingesetzt werden können. Gemeinsam mit Roger Y. Tsien erhielten sie den Chemie-Nobelpreis 2008.<br />

36 pwc: | oktober 2010


ten anreisen, ein Ort der Diskussion um das<br />

Wohl der Menschheit und die Zukunft des<br />

Planeten, hat eine gewisse Tradition. 1955<br />

verfassten auf Initiative Werner Heisenbergs<br />

18 in der Atomforschung tätige Nobelpreis-<br />

träger eine Erklärung gegen den poten-<br />

ziellen Einsatz von Atomwaffen. Knapp zwei<br />

Jahrzehnte später appellierte Physiknobel-<br />

preisträger Dennis Gabor an die in Lindau<br />

versammelten Wissenschaftler, „eine neue<br />

Technik zu entwickeln, eine, die ausschließ-<br />

lich unerschöpfliche und sich selbst erneu-<br />

ernde Ressourcen nutzt“. Und nie wurde<br />

ein Vortrag frenetischer bejubelt als jener<br />

des Jahres 1993, in dem die Medizinnobelpreisträgerin<br />

Rita Levi-Montalcini, damals<br />

schon 84 Jahre alt, von ihren Zuhörern deren<br />

Einsatz zum Schutz der Biosphäre und<br />

für eine gerechtere Welt forderte und eine<br />

„Magna Charta of Duties“ skizzierte.<br />

Dieses Jahr lastete der Klimawandel bleischwer<br />

über so manchem Vortrag und mancher<br />

Diskussion. Robert Laughlin (Physik,<br />

1998) wagte einen Blick ins Jahr 2210,<br />

in eine Welt ohne Kohle und Erdöl. Auch<br />

das legendäre Ozon-Trio war angereist.<br />

Sherwood Rowland, Paul Crutzen und Mario<br />

Molina (Chemie, 1995) hatten in den<br />

70er-Jahren als Erste die Zerstörung der<br />

Ozonschicht dokumentiert. Nachdem die<br />

Verwendung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen<br />

(FCKW) inzwischen weltweit erheblich<br />

eingeschränkt wurde, deutet jetzt vieles<br />

darauf hin, dass die Ozonkonzentration<br />

über der Antarktis im Jahr 2080 wieder das<br />

Niveau von 1950 erreichen könnte. Ein gern<br />

zitiertes Beispiel dafür, dass wissenschaftliche<br />

Erkenntnis durchaus zu Problemlösungen<br />

führt – auch wenn es im Einzelfall<br />

mal etwas länger dauert.<br />

Die jungen Wissenschaftler erstarrten aber<br />

keineswegs in Ehrfurcht vor den bahnbrechenden<br />

Erkenntnissen der Vergangenheit.<br />

Immer wieder fragten sie die „Klima“-Laureaten<br />

nach einem Ausweg aus der CO2-Fal le, nach der kühnen Idee für die Lösung der<br />

Energieprobleme der Zukunft. Wer, wenn<br />

nicht die Ikonen der Klimaforschung, sollte<br />

den großen Wurf zustande bringen? Molinas<br />

Forderung nach neuen Kernkraftwerken<br />

war den meisten zu wenig.<br />

Sybille Anderl, 28-jährige Astrophysikerin<br />

aus Bonn, verließ die Diskussion der Kli-<br />

maexperten sehr nachdenklich. „Ich frage<br />

mich, ob ich mich meiner persönlichen Verantwortung<br />

für die Zukunft unserer Welt als<br />

Astrophysikerin durch das Beobachten und<br />

Beschreiben des Universums wirklich angemessen<br />

stelle“, vertraute sie ihrem Internet-Tagebuch<br />

an. Einerseits argumentiert<br />

Anderl, die auch Philosophie studiert hat, in<br />

bester aristotelischer Tradition, es sei nun<br />

mal „eine natürliche Antriebskraft des Menschen,<br />

die Welt zu verstehen und das Wissen<br />

zu mehren“. Aber so richtig glücklich ist<br />

sie damit auch nicht. „Es wäre schon verlockend,<br />

mein Leben etwas greifbar Sinnvollem<br />

zu widmen“, sagt sie. „Mit dem, was<br />

ich mache, werde ich niemals jemanden<br />

retten, der krank ist.“<br />

Am meisten beeindruckt, aber auch irritiert<br />

zeigte sich Anderl von Richard R. Ernst,<br />

der für seine Erkenntnisse zur magnetischen<br />

Kernspinresonanz-Spektroskopie<br />

(NMR) 1991 den Chemienobelpreis erhielt.<br />

Mit jakobinischem Furor zertrümmerte der<br />

77-jährige Schweizer die Hoffnung des wissenschaftlichen<br />

Nachwuchses, von ihm Rezepte<br />

zur Rettung der Welt zu erhalten: „Ich<br />

habe keine Lösung! Ihr seid diejenigen, die<br />

„Wir haben schon so viel Mist erforscht, der<br />

niemandem etwas gebracht hat.“<br />

Richard R. Ernst, Chemienobelpreisträger 1991<br />

es in der Hand haben, etwas zu ändern! Ihr<br />

seid diejenigen, die die Verantwortung für<br />

die Zukunft unseres Planten tragen!“ „Von<br />

der eigenen Verantwortung hat er nicht gesprochen“,<br />

sagt die Astrophysikerin, enttäuscht<br />

darüber, dass Ernst die Lichtgestalten<br />

ins Dunkel stellt. „Das ist mir dann<br />

doch ein bisschen wenig.“<br />

Der Bildungsoptimist Ernst sieht die Aufgabe<br />

seiner Zunft vor allem in einer Lehre,<br />

die sich nicht auf die sinnlose Anhäufung<br />

von Wissen beschränkt. „Wir brauchen keine<br />

Experten, die sehr viel über sehr wenig<br />

wissen“, kritisiert er den heutigen Universitätsbetrieb.<br />

„Wir haben schon so viel Mist<br />

erforscht, der niemandem etwas gebracht<br />

hat.“ Was er damit genau meint, sagt er allerdings<br />

nicht. Ist es obsolet, den Zerfall von<br />

Quarks zu untersuchen? Zu erforschen, wie<br />

die Membran um die ersten primitiven Zellen<br />

wohl wuchs, vor mehr als drei Milliarden<br />

Jahren? In die Unendlichkeit des Universums<br />

hineinzurufen: „Is anybody out there?“<br />

Ernst spricht abfällig von „Luxuspflänzchen,<br />

die von der Gesellschaft brav gewässert<br />

werden, weil sie angeblich so wahnsinnig<br />

wertvoll sind“. Soll man sie vertrocknen lassen?<br />

Brauchen wir stattdessen noch mehr<br />

Klimaforschung? Noch mehr Zukunftsszenarien<br />

zur Energieversorgung?<br />

„Nein“, formuliert Martin Chalfie (Chemie,<br />

2008) die Gegenposition. „Es gibt nach wie<br />

vor eine Menge guter Gründe, Dinge zu erforschen,<br />

die keinen direkten Anwendungsbezug<br />

haben“, meint der Amerikaner. „Die<br />

Welt stagniert, wenn sie aufhört, nach Wissen<br />

zu streben.“Allerdings will Chalfie nicht,<br />

dass die Wissenschaftler sich mit ihren Erkenntnissen<br />

in die kleine Welt ihrer Labors<br />

und Kolloquien zurückziehen. „Wenn ich die<br />

Menschen für meine Forschung begeistern<br />

will, muss ich ihnen erst mal erklären, was<br />

ich überhaupt mache.“<br />

Aber interessieren sich die Menschen<br />

tatsächlich für die Details aus den Forschungstempeln?<br />

Nicht mal Frederik Behrends,<br />

der junge Physiker, der so vehement<br />

für eine gesellschaftsdienliche Wissenschaft<br />

plädiert, glaubt daran. „Wenn ich mich auf<br />

den Marktplatz stelle und erzähle, dass ich<br />

bestimmte Eigenschaften von Gläsern erforsche,<br />

bleibt keiner stehen.“<br />

Es ist ein Dilemma: Je mehr man wissenschaftliche<br />

Erkenntnis popularisiert, desto<br />

weniger hat das mit Wissenschaft zu tun.<br />

„Wissenschaftliches Wissen kann es nur innerhalb<br />

der Wissenschaft geben“, konstatiert<br />

der Soziologe Hans Peter Peters vom<br />

Forschungszentrum Jülich. Seit 25 Jahren<br />

untersucht er das Verhältnis von Wissenschaft<br />

und Öffentlichkeit. Die Gesellschaft<br />

habe die Produktion von Wissen an ein Teilsystem<br />

delegiert, das nach eigenen Regeln<br />

funktioniere. „Der Alltagsbürger hat in der<br />

Wissenschaft schlichtweg keine Rolle.“<br />

Man könnte sagen: Es gibt Wissenschaft<br />

und es gibt Science Pop. Letzterer verschafft<br />

dem Publikum wohl nur die Illusion,<br />

etwas verstanden zu haben. Aber vielleicht<br />

ist selbst diese Verstehensillusion wichtig –<br />

weil sie zur Integration der Wissenschaft in<br />

die Gesellschaft beiträgt.<br />

Hat Richard R. Ernst in Lindau mit seinen<br />

Kollegen über solcherlei geredet? Oder darüber,<br />

wer – wie er sagt – „Mist erforscht“<br />

und wer nicht? „Leider, leider eben nicht“,<br />

sagt Ernst. „Untereinander ist man halt immer<br />

sehr nett und unverbindlich.“<br />

Wie beim abendlichen Get-together. Links<br />

reihen sich die Damen auf, rechts die<br />

Herren, denen noch flugs eine rote Nelke<br />

ins Knopfloch gesteckt wird, die Musikband<br />

gibt den Takt vor. Science Pop mag es vielerorts<br />

geben. Aber nicht in Lindau – dort<br />

gibt es die Nobelpreisträger-Polonaise. NO-<br />

BELesse oblige.<br />

pwc: | oktober 2010 37


pwc: Wissen<br />

38 pwc: | oktober 2010


Gutes tun, gewusst wie<br />

Eine neue Ausbildung soll zur Professionalisierung des Managements von<br />

Corporate Social Responsibility beitragen. Jetzt gibt es die ersten Absolventen<br />

– und bereits die nächsten Interessenten.<br />

Von Detlef Gürtler<br />

Dass Corporate Social Responsibility (CSR)<br />

ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen<br />

sein kann, haben inzwischen viele gelernt.<br />

Doch wie sie dazu werden kann und<br />

wie man selbst verantwortlich dazu beitragen<br />

kann, das wissen nur wenige. Seit<br />

dem Frühjahr 2010 sind es zwölf Menschen<br />

mehr: die Absolventen der ersten Weiterbildung<br />

zum CSR-Manager an der „Fundraising-Akademie“<br />

in Frankfurt.<br />

Im Herbst 2009 ging der Kurs erstmals an<br />

den Start – von Beginn an in Kooperation<br />

mit PricewaterhouseCoopers (PwC). „Trotz<br />

oder gerade wegen der Finanzkrise hat<br />

die Umsetzung von Unternehmensverantwortung<br />

in den Betriebsalltag Konjunktur“,<br />

erklärte damals Dieter Horst, langjähriger<br />

CSR-Experte bei PwC, dieses Engagement,<br />

„Nur wer sich fachkundig auf neue CSR-<br />

Strategien und auf neue aus der Betriebswirtschaft<br />

adaptierte Management- und Berichterstattungsstrukturen<br />

zu CSR einstellen<br />

kann, wird in Zukunft Erfolg haben.“<br />

Auf eine Besonderheit wurde im Ausbildungsdesign<br />

von Anfang an Wert gelegt:<br />

Das Angebot sollte sowohl für Teilnehmer<br />

aus Unternehmen als auch aus Non-<br />

Profit-Organisationen passen. Beiden Seiten<br />

sollte damit die Möglichkeit gegeben<br />

werden, sich mit dem Thema CSR als Ganzes<br />

zu beschäftigen.<br />

„Das war ein sehr ambitioniertes Projekt“,<br />

sagt Thomas Kreuzer, der Leiter der Fundraising-Akademie,<br />

der dafür sorgte, dass<br />

dieser Doppelcharakter nicht nur Programm<br />

war, sondern sich auch tatsächlich in der<br />

Zusammensetzung des Kurses widerspiegelte.<br />

„CSR bedeutet eben nicht nur, dass<br />

die eine Seite zahlt, und die andere Seite etwas<br />

damit macht. Viele der Non-Profit-Organisationen<br />

haben ja inzwischen die Größe<br />

eines Mittelständlers erreicht und müssen<br />

sich deshalb selbst damit beschäftigen, wie<br />

denn bei ihnen Corporate Social Responsibility<br />

aussehen soll.“<br />

Dafür bot das Ausbildungsprogramm genügend<br />

Anregungen. Auf dem Programm<br />

standen Themen wie Stakeholder-Management,<br />

CSR-Strategieentwicklung, Messung<br />

und Bewertung unternehmerischer Nachhaltigkeit,Corporate-Citizenship-Instrumente<br />

sowie strategische Partnerschaften<br />

zwischen privatwirtschaftlichen, öffentlichen<br />

und zivilgesellschaftlichen Sektoren.<br />

Drei jeweils viertägige Blockveranstaltungen<br />

auf Schloss Herborn nordwestlich<br />

von Frankfurt wechselten mit berufsbegleitenden<br />

Aufgaben ab, am Ende standen eine<br />

Projektarbeit sowie ein Kolloquium.<br />

Das Feedback der ersten Absolventen fällt<br />

fast durchweg positiv aus. „Eine gelungene<br />

und wertvolle Ausbildung“, lautet etwa das<br />

Fazit von Gabriele Schurkus, Business Ma-<br />

nager CSR bei Manpower Deutschland. Sie<br />

lobt insbesondere „gute Praxisbeispiele,<br />

fundierte Informationen und hochkarätige<br />

Referenten“.<br />

Allein schon in der Zusammensetzung der<br />

Dozenten zeigt sich die Spannweite des<br />

Angebots: vom Deutschen Netzwerk Wirt-<br />

schaftsethik und dem Institut für Ökolo-<br />

gische Wirtschaftsforschung über KfW und<br />

Bertelsmann-Stiftung bis hin zu RWE und<br />

Deutscher Telekom. Von PwC waren die<br />

CSR-Experten Dieter Horst und Jens Brodersen<br />

im Dozenten-Kreis vertreten.<br />

Für Kreuzer stach als besonders positiv hervor,<br />

wie gut der Gemeinsamkeitsansatz in<br />

der Praxis umgesetzt wurde: „Der Austausch<br />

zwischen Profit- und Non-Profit-Teilnehmern<br />

war phänomenal.“ Das bestätigt auch<br />

Kursteilnehmerin Sabine te Heesen, beim<br />

VNR Verlag für die deutsche Wirtschaft als<br />

Referentin für Vorstandsprojekte tätig und<br />

dabei auch für CSR zuständig: „Es war für<br />

mich sehr hilfreich, die Sicht- und Denkweise<br />

der Non-Profit-Organisationen kennenzu-<br />

lernen.“ Gewünscht hätte sich te Heesen allerdings<br />

eine stärkere Berücksichtigung des<br />

CSR-Managements bei kleinen und mittleren<br />

Unternehmen (KMU): „Gerade für KMU ist<br />

dieser Ausbildungsgang sehr wichtig, denn<br />

CSR-Manager werden meist aus dem bestehenden<br />

Mitarbeiterstamm rekrutiert. Eine<br />

berufsbegleitende Ausbildung ist daher notwendig.<br />

Deshalb halte ich es für wichtig, den<br />

Ausbildungsgang für diese Klientel attraktiver<br />

zu gestalten.“<br />

Nach den positiven Erfahrungen mit diesem<br />

Pionier-Kurs haben sich die Fundraising-<br />

Akademie und PwC entschlossen, die Kooperation<br />

fortzusetzen und auch in diesem<br />

Herbst wieder an den Start zu gehen, mit einer<br />

Ausbildungsdauer von November 2010<br />

bis April 2011. Akademieleiter Kreuzer denkt<br />

auch schon darüber hinaus: „Wir sehen hier<br />

„CSR bedeutet nicht nur, dass die eine Seite zahlt,<br />

und die andere Seite etwas damit macht.“<br />

Thomas Kreuzer, Leiter der Fundraising-Akademie<br />

ein Wachstumsfeld und möchten deshalb in<br />

Zukunft zwei Kurse pro Jahr anbieten.“ Bei<br />

einer „idealen Gruppengröße von zwölf bis<br />

15 Teilnehmern“ (Kreuzer) käme auf diese<br />

Weise in relativ kurzer Zeit eine dreistellige<br />

Zahl von Absolventen bzw. CSR-Managern<br />

zusammen – potenziell eine hervorragende<br />

Basis für ein Alumni-Netz, aus dem<br />

sich auch ein nationales CSR-Netzwerk<br />

entwickeln kann. Für dessen Aufbau kann<br />

die Akademie zwar Hilfestellung geben, die<br />

eigentliche Verbindungsarbeit müssen aber<br />

in erster Linie die Absolventen selbst leisten.<br />

Doch da ist Kreuzer zuversichtlich: „Ich fand<br />

es beachtlich, wie intensiv sich die Kurs-Kollegen<br />

sofort vernetzt haben.“<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

dieter.w.horst@de.pwc.com<br />

jens.brodersen@de.pwc.com<br />

www.fundraisingakademie.de<br />

www.pwc.de/de/sustainability<br />

pwc: | oktober 2010 39


pwc: Trends<br />

Neue<br />

Risikokultur<br />

Am 30. Juni 2010 hat die Bundesanstalt für<br />

Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erst-<br />

mals die aufsichtsrechtlichen Mindestanfor-<br />

derungen an das Risikomanagement von<br />

Investmentgesellschaften (InvMaRisk) fest-<br />

gelegt. Verlangt wird ein ganzheitliches Risi-<br />

komanagementsystem, das die Risiken aus<br />

den Sondervermögen bei der Gesamtbe-<br />

trachtung der Risiken der Gesellschaft mit<br />

einbezieht. Ziel einer solchen Betrachtung<br />

ist neben der Sicherung des Vermögens<br />

der Gesellschaft der Solvenzschutz – vor<br />

allem der Anlegerschutz in Bezug auf das<br />

verwaltete Treuhandvermögen. Das Mot-<br />

to “Client risk is our risk“ wird zur obersten<br />

Maxime erklärt. Das muss sich jetzt auch<br />

in einem integrierten Risikomanagement-<br />

system widerspiegeln. Eine Risk Manage-<br />

ment Policy hat alle wesentlichen Risiken<br />

der Investmentvermögen zu adressieren.<br />

Das Risikocontrolling ist im Investmentpro-<br />

zess zu verankern. Neben einem Limitsy-<br />

stem sowie risikoadäquaten Stresstests<br />

Kurz notiert<br />

BELIEBTER ARBEITGEBER<br />

Der Marktforscher Trendence<br />

hat 220.000 Studenten in<br />

Europa gefragt, wo sie<br />

gern arbeiten würden.<br />

Das Ergebnis: PwC ist<br />

bei Wirtschaftswissen-<br />

schaftlern der beliebteste<br />

Arbeitgeber, gefolgt von Google. Im aktu-<br />

ellen Universum-Ranking, das Studierende<br />

von 100 europäischen Hochschulen berück-<br />

sichtigt, landete PwC auf Platz sieben.<br />

Alles über die …<br />

PwC-onlinekanäle<br />

unter www.pwc.de/de/pwc-im-netz<br />

fordert die BaFin erstmals die Einführung<br />

eines angemessenen Liquiditätsrisikoma-<br />

nagements. Basierend auf den Erfahrungen<br />

aus der Finanzkrise gilt es nun, Handlungsalternativen<br />

festzulegen, um auch im Falle<br />

eines Liquiditätsengpasses die Aussetzung<br />

der Anteilsrücknahme zu verhindern. Die<br />

Gesellschaften müssen ihr Risikodeckungspotenzial<br />

vierteljährlich ihrem Gesamtrisikoprofil<br />

gegenüber stellen und darüber hinaus<br />

eine unabhängige Compliance-Funktion mit<br />

einem Compliance-Beauftragten einrich-<br />

THE WINNER IS …<br />

Für Steuerberater ist der Preis „Tax Firm of<br />

the Year“, den die Londoner Zeitschrift „International<br />

Tax Review“ jedes Jahr vergibt,<br />

eine besondere Auszeichnung. PwC hat die<br />

Trophäe nach 2008 nun zum zweiten Mal<br />

geholt. Freuen können sich auch die Kollegen<br />

vom Transfer Pricing. Sie gewannen den<br />

„European Transfer<br />

Pricing Firm of the<br />

year“. www.pwc.de/<br />

de/auszeichnungen<br />

ten. Der BaFin ist es gelungen, in enger Abstimmung<br />

mit der Praxis ein Regelwerk von<br />

Mindestanforderungen an das Risikomanagementsystem<br />

vorzulegen, das den Besonderheiten<br />

und dem geschäftstypischen<br />

Zusammenspiel von Eigen- und Treuhandgeschäft<br />

der Investmentgesellschaften<br />

Rechnung trägt. Die gelebte Risikokultur ist<br />

dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Risikomanagement<br />

ist zugleich aber immer auch<br />

Chancenmanagement.<br />

www.pwc.de/de/InvMaRisk<br />

STIMMUNGS-<br />

BARoMETER<br />

Im Personalmanagement<br />

werden<br />

die Bedürfnisse von<br />

Mitarbeitern zu wenig berücksichtigt. Es gelingt<br />

oft nicht, Talente an ein Unternehmen<br />

zu binden. PwC hat daher mit dem St. Galler<br />

ISG Institut das Instrument PeopleValue<br />

entwickelt, das die Zufriedenheit eines Mitarbeiters<br />

mit seinem Job und seinem Arbeitgeber<br />

misst. www.pwc.de/de/talentcheck<br />

40 pwc: | oktober 2010


Wirtschaftsbestseller<br />

Die beliebtesten deutschen Unternehmen 2010<br />

Prozent der Befragten, die das Unternehmen positiv bewerten, in Klammern: 2009<br />

1. (2.) Daimler 19% (15%)<br />

2. (3.) Siemens 15% (11%)<br />

3. (1.) Volkswagen 14% (22%)<br />

4. (4.) BMW 11% (10%)<br />

5. (5.) Audi 6% (5%)<br />

6. (8.) Bosch 5% (4%)<br />

7. (-) Lufthansa 3% (1%)<br />

8. (9.) BASF 3% (3%)<br />

9. (-) Bayer 3% (2%)<br />

10. (7.) Porsche 3% (5%)<br />

Die getAbstract-Top-Five unter den<br />

deutschsprachigen Wirtschaftsbüchern:<br />

1. Stefan Riße: Die Inflation<br />

kommt!, FinanzBuch, 19,90<br />

Euro<br />

2. Meinhard Miegel: Exit, Propy-<br />

läen, 22,95 Euro<br />

3. Gunter Dueck: Aufbrechen!,<br />

Eichborn, 19,95 Euro<br />

4. Susanne Schmidt: Markt<br />

ohne Moral, Droemer, 19,95<br />

Euro<br />

5. Beate Brüggemeier: Wert-<br />

schätzende Kommunikation im Business,<br />

Junfermann, 24 Euro<br />

Deutschlands Starkonzerne<br />

Die getAbstract-Top-Five unter den<br />

englischsprachigen Wirtschaftsbüchern:<br />

1. Eamon Javers: Broker, Trader, Lawyer,<br />

Spy; HarperBusiness, 30,99 Dollar<br />

2. Arthur B. Laffer, Stephen Moore: Re-<br />

turn to Prosperity, Threshold Editions,<br />

48,68 Dollar<br />

3. Erik Qualman: Socialnomics, Harper<br />

Collins, 24,95 Dollar<br />

4. Robert Skidelsky: Keynes, Allen Lane,<br />

35 Dollar<br />

+40 21 225-3818<br />

5. Peter Cappelli, Harbir Singh, Jitendra<br />

Singh, Michael Useem: The India Way,<br />

Harvard Business Press, 29,95 Dollar<br />

getAbstract ist der weltweit größte<br />

Anbieter von Buchzusammenfassungen:<br />

www.getAbstract.de<br />

ist die Telefonnummer der German Business Group<br />

von PricewaterhouseCoopers in Bukarest.<br />

Ansprechpartner sind dort Jörg Wiederhold und<br />

Wilhelm Simons. Die beiden Wirtschaftsprüfer sind<br />

nicht nur in Rumänien bestens vernetzt, sondern<br />

stehen auch im engen Kontakt mit den Kollegen<br />

der übrigen German Business Groups in Südost-<br />

und Mittelosteuropa.<br />

Quelle: PwC-Umfrage<br />

Drei Fragen an ...<br />

Markus Böhm<br />

… zum Thema IT-Risiken<br />

Markus Böhm ist<br />

bei PwC<br />

Experte für<br />

IT-Governance.<br />

Was machen Unterneh-<br />

men falsch beim Um-<br />

gang mit IT-Risiken?<br />

Leider fehlt es oft an der<br />

notwendigen IT-Gover-<br />

nance und definierten<br />

Regeln für eine Risiko-<br />

vorsorge in der IT. Statt-<br />

dessen sind persön-<br />

liches Ermessen und<br />

immer knappere Bud-<br />

gets ausschlaggebend<br />

für die Balance zwi-<br />

schen Risiken, Überwa-<br />

chungsmechanismen und Investitionen. Aber<br />

der Kardinalfehler ist: Man vergisst oft, dass<br />

IT-Risiken immer auch Business-Risiken sind.<br />

Was können Unternehmen dagegen tun?<br />

Die etablierten Maßnahmen für IT-Governance<br />

und Risikomanagement ermitteln, analysieren,<br />

bewerten, mit den Realitäten des<br />

Unternehmens und mit anderen abgleichen.<br />

Dabei hilft zum Beispiel unsere Methode „IT<br />

Governance and Risk Diagnostic (IT-GaRD)“.<br />

Werden IT-Risiken bei einer „normalen“ IT-<br />

Prüfung nicht ohnehin betrachtet?<br />

Ja und nein – sie sind zwar zentraler Bestandteil<br />

von IT-Prüfungen und auch IT-Governance<br />

spielt zunehmend eine Rolle, aber: Der Fokus<br />

liegt fast ausschließlich auf der Rechnungslegung.<br />

Andere Auswirkungen, die IT-Risiken<br />

auf das Geschäft haben können, kommen<br />

hier möglicherweise zu kurz.<br />

pwc: | oktober 2010 41


pwc: Lösungen<br />

The place to be: In den 1920er-Jahren<br />

wurde die New Yorker<br />

Börse zum Zentrum des globalen<br />

Finanzmarkts – eine Position,<br />

die trotz Crash und Weltwirtschaftskrise<br />

nie in Gefahr geriet.<br />

42 pwc: | oktober 2010


Wall Street 4.0<br />

Im Herbst kehrt Gordon Gekko in Wall Street II in die Kinos zurück. Doch die<br />

letzte Tanzrunde auf dem Börsenparkett hat längst begonnen. Menschen an der<br />

Wall Street waren gestern, Maschinen am Washington Boulevard sind heute.<br />

Von Christine Mattauch<br />

Auf den ersten Blick ist alles so wie früher.<br />

Alan Valdes steht an seiner Arbeitsbox mit<br />

der Nummer 5EC, wie stets akkurat gekleidet<br />

in Nadelstreifen und Krawatte. Mit der<br />

einen Hand hält er das Handy ans Ohr, mit<br />

der anderen zupft er seinen Firmenpartner<br />

am Ärmel, deutet auf ein Laufband mit Kürzeln<br />

und Kursen. Gleich wird die „Opening<br />

Bell“ einsetzen, mit der jeden Vormittag um<br />

9.30 Uhr der Handel an der New York Stock<br />

Exchange (NYSE) beginnt. Trader laufen<br />

vorbei, tippen hektisch auf Handcomputern.<br />

Der Lärm ist ohrenbetäubend – Gesprächsfetzen,<br />

laute Rufe und das Klatschen der<br />

Besucher auf der Empore.<br />

Wenige Minuten später ist es, als sei ein<br />

Orkan vorbeigezogen. Die Ruhe nach dem<br />

Sturm. Alan wandert über das Parkett.<br />

„Love of my life, wie geht es dir?“, schäkert<br />

er mit einer CNN-Journalistin. Eine chinesische<br />

Korrespondentin stürmt auf ihn zu<br />

und fragt, ob er einen Kommentar geben<br />

kann. Alan sagt zu. Abgesehen vom Börsenauftakt<br />

und dem Handelsschluss um<br />

16 Uhr hat der große Mann mit der Silbermähne<br />

in diesen Tagen viel Zeit. „Piloten<br />

werden bei Start und Landung benötigt. So<br />

ist das jetzt auch bei uns.“<br />

Denn in Wirklichkeit ist nichts so wie früher.<br />

Das Herz der Wall Street, das Parkett der<br />

NYSE, ist kaum mehr als eine lebhafte Kulisse<br />

für eine Finanzwelt, die mehr und mehr<br />

ohne Menschen auskommt. Rund 1.500<br />

Parketthändler gibt es noch, es waren mal<br />

6.000. Zugleich sinkt die Bedeutung der<br />

Börse selbst: Nur rund ein Drittel der Aktien,<br />

die an der NYSE notiert sind, werden im Tagesgeschäft<br />

tatsächlich noch dort gehandelt<br />

– vor vier Jahren waren es noch 75 Prozent.<br />

Der Rest läuft über Computerbörsen,<br />

elektronische Plattformen und sogenannte<br />

Dark Pools, in denen Algorithmen Angebot<br />

und Nachfrage zusammenbringen, automatisch<br />

und in Sekundenbruchteilen. Der<br />

Marktanteil der NYSE-Euronext-Gruppe am<br />

US-Handel liegt nur noch bei 25 Prozent.<br />

Die Touristen, die sich vor dem ehrwürdigen,<br />

1901 erbauten Sitz der NYSE in Downtown<br />

Manhattan gegenseitig fotografieren, ahnen<br />

davon nichts. Für sie ist das „Big Board“,<br />

wie die NYSE auch genannt wird, immer<br />

noch eine Ikone, Symbol einer Glitzerwelt,<br />

in der Emotionen und Gier das Geschehen<br />

beherrschen. Das liegt am Fernsehen,<br />

das gern Bilder von aufgeregten und panischen<br />

Händlern zeigt, und das liegt an<br />

Regisseuren wie Oliver Stone, der in seinem<br />

neuen Film „Wall Street: Geld schläft nicht“<br />

den Mythos aufleben lässt. Dabei sind die<br />

Händlerszenen des Films nicht einmal in<br />

New York gedreht, sondern in New Jersey.<br />

Konkret: bei der Firma Knight Capital, am<br />

Washington Boulevard in Jersey City.<br />

Vom Finanzdistrikt in Manhattan trennt Jersey<br />

City nur der Hudson, doch die Büromieten<br />

sind günstiger. Vor fünf Jahren ist<br />

Knight in den verspiegelten Glasbau mit 22<br />

Etagen gezogen. Es gibt kein Schild, kein<br />

Logo und natürlich keine Touristen. Außerhalb<br />

der Finanzbranche ist die Firma nahezu<br />

unbekannt, dabei hat sie, gemessen am<br />

Handelsvolumen, bereits die NYSE überholt.<br />

Erst 1995 gegründet, ist Knight Capital heute<br />

die größte der elektronischen Plattformen.<br />

Viele Experten sehen in ihr die Zukunft der<br />

Finanzbranche. „Wir sind die Avantgarde“,<br />

sagt Peter Kenny. Zum Beweis führt er in<br />

den Handelssaal im ersten Stock.<br />

Der ist so groß und so hoch wie eine Fabrikhalle<br />

und dabei tageslichthell. An den<br />

Wänden das Sternenbanner und große TV-<br />

Bildschirme. Hunderte von Menschen sitzen<br />

an langen Tischen, ohne Raumteiler,<br />

ohne Zwischenwände, arbeiten ruhig und<br />

konzentriert. Jeder hat vier Monitore vor<br />

sich, eine Tastatur, ein Telefon, eine Gegensprechanlage.<br />

Peter Kenny, ein schlanker<br />

Mann mit kurzen braunen Haaren, ist einer<br />

der Geschäftsführer, doch er sitzt an einem<br />

Tischabschnitt wie jeder andere. Sein Blick<br />

wandert über Zahlenkolonnen und Kurvendiagramme.<br />

Er greift zum Telefon, sagt leise,<br />

pwc: | oktober 2010 43


pwc: Lösungen<br />

„Hey, what’s up“, hört zu, sagt „I like that a<br />

lot“, legt auf. Es wird 9.30 Uhr. Auf einem<br />

der Wandbildschirme wird live der Börsen-<br />

auftakt an der Wall Street übertragen, ohne<br />

Ton. Keiner sieht hin. Auch der Geräuschpe-<br />

gel verändert sich nicht. Plötzlich ruft einer<br />

„Two Fifty.“ Peter Kenny kräuselt den Mund<br />

und sagt spitz: „Immer der gleiche Kollege,<br />

der Lärm macht.“<br />

Zehn Milliarden Wertpapiere täglich wer-<br />

den bei Knight im Schnitt gehandelt, fast<br />

drei mal so viele wie an der NYSE. In New<br />

Jersey laufen 99 Prozent des Handels automatisch,<br />

von Computer zu Computer. „Wir<br />

brauchen Menschen nur noch für spezielle<br />

Situationen“, sagt Peter. Etwa wenn Großaufträge<br />

hereinkommen. Oder Investoren<br />

Rat suchen, per Mail oder telefonisch. Während<br />

Alan Valdes das Parkett jeden Tag in<br />

Anzug und Krawatte betritt, trägt Peter ein<br />

orange-schwarz-gestreiftes Polohemd und<br />

eine beige Stoffhose. Einige seiner Kollegen<br />

tragen sogar Jeans. Warum auch nicht, die<br />

Kunden sehen sie ja nicht.<br />

Peter Kenny hat bis vor vier Jahren in der<br />

NYSE gearbeitet. Dann tauschte er das<br />

quirlige Parkett gegen die Bildschirme bei<br />

Knight ein. „Es war ein gutes Timing“, sagt<br />

er und will damit wohl sagen, dass er gerade<br />

noch den Absprung gefunden hat. Kenny<br />

ist 51, und Knight Capital hat ihn eingestellt,<br />

weil er gute Kontakte zu Investoren<br />

besitzt. Die meisten seiner Kollegen bei den<br />

elektronischen Plattformen sind jünger, viel<br />

jünger. Sie werden vor allem wegen ihrer<br />

Computerkenntnisse eingekauft.<br />

Die Umstellung fiel Kenny nicht leicht. „Ich<br />

musste ein anderer Typ von Broker werden.“<br />

Ging er früher durch die Gänge der NYSE,<br />

flog hier ein Gruß und da ein Spruch, man<br />

redete über Zahlen und Trends. Bei Knight<br />

heben seine Kollegen selten die Augen vom<br />

Monitor, und der Trader-Chat läuft mit geradezu<br />

maschineller Effizienz, in Kürzeln, nur<br />

Eingeweihten verständlich: „b 25m“, „16.10<br />

for 50K“, „LDK seller 25m“.<br />

„Wir brauchen Menschen nur noch für spezielle<br />

Situationen.“<br />

Peter Kenny, Geschäftsführer von Knight Capital<br />

Die neue Welt des elektronischen Handels<br />

hat viele Vorteile gebracht – mehr Liquidität,<br />

gesunkene Kosten. Die Händlermargen,<br />

die sogenannten Spreads, die vor wenigen<br />

Jahren noch bei 25 Cent lagen, sind inzwischen<br />

auf Pennys geschrumpft. Die Kehrseite:<br />

Immer mehr Broker geben auf. „Der<br />

Parketthandel stirbt“, sagt Alan Valdes. Vor<br />

wenigen Jahren hatte seine Firma DME<br />

Securities noch sieben Partner. Heute sind<br />

es zwei. Während Knight Capital innerhalb<br />

von 15 Jahren von null auf 1.200 Mitarbeiter<br />

gewachsen ist.<br />

Alan hat sich eine zweites Standbein als<br />

College-Lehrer aufgebaut, am New York<br />

Institute of Technology. Trotzdem ist ein<br />

Abschied von der NYSE für ihn undenkbar.<br />

„Ich bin ein Teil dieser Welt. Ich liebe es,<br />

morgens durch die Tür zu kommen. Einige<br />

Kollegen kenne ich besser als meine Freundin.<br />

Wir spielen Tennis, fahren zusammen<br />

in Urlaub, man kennt die Kinder. Es ist eine<br />

Familie!“ Wenn er am Wochenende allein<br />

in seinem Haus in Pennsylvania sitzt, fehlt<br />

ihm was.<br />

Als 16-Jähriger fing er als Laufbursche an<br />

der NYSE an, verdiente sich ein Zubrot neben<br />

der High School. Behielt den Job, während<br />

er studierte, stieg auf zum Schreiber,<br />

der die Aufträge der Kunden notierte. „Als<br />

ich mit dem Studium fertig war, verdiente<br />

ich mehr als meine Professoren.“ Fast 35<br />

Jahre ist das her. Alan wurde Händler, gründete<br />

eine eigene Firma. Erlebte die goldenen<br />

Zeiten in den 80ern, als die Händler<br />

sich neue Autos kauften, wenn ein Reifenwechsel<br />

anstand. Überstand den Crash von<br />

1987, die Internetblase der 90er und den<br />

Absturz von Lehman. Und beobachtete den<br />

Siegeszug der Computer.<br />

Auch das Parkett der NYSE ist längst mit<br />

Bildschirmen vollgestellt, und die Händler<br />

laufen mit tragbaren Minicomputern herum.<br />

Keine „Tickets“ mehr, auf denen die Broker<br />

früher ihre Order notierten und nach Erledigung<br />

auf den Boden warfen. „An hektischen<br />

44 pwc: | oktober 2010


The place to watch: In den 1980er-Jahren<br />

verfolgten Millionen von Anlegern das Ge-<br />

schehen auf dem Parkett der New York<br />

Stock Exchange, Börsenreporter kom-<br />

mentieren gerne live aus dem Getümmel,<br />

das nach der Schlussglocke schlagartig<br />

vorbei war.<br />

pwc: | oktober 2010 45


pwc: Lösungen<br />

Tagen wateten wir knöcheltief in Papier“,<br />

erinnert sich Alan. War es besser damals?<br />

Alan bemüht sich um Objektivität. „Wahr-<br />

scheinlich war es nur anders“, sagt er.<br />

Aber dann siegt die Nostalgie, und er er-<br />

zählt, wie sie dem alten David heimlich den<br />

Krückstock verkürzten, jedes Mal, wenn er<br />

einnickte. Erst nach zwei Wochen bemerk-<br />

te er den Schabernack, da ging er schon<br />

krumm wie ein Fragezeichen. Anderen Kol-<br />

legen haben sie die geschlossenen Schirme<br />

mit alten Tickets gefüllt, und wenn sie die<br />

Wall Street II<br />

Eigentlich dürfte es diesen Film gar nicht<br />

geben: Trotz des gewaltigen Erfolgs von<br />

„Wall Street“ aus dem Jahr 1987 wollte Regisseur<br />

Oliver Stone um keinen Preis einen<br />

Nachfolgefilm drehen – schließlich war der<br />

von Michael Douglas gespielte Finanzhai<br />

Gordon Gekko, den Stone der Wall Street<br />

als Zerrbild vorhalten wollte, für viele Banker<br />

und Spekulanten zum Vorbild geworden.<br />

Erst die Weltfinanzkrise von 2008 änderte<br />

Stones Sinn. In „Wall Street: Geld<br />

schläft nicht“, versetzt er (den gerade aus<br />

dem Gefängnis entlassenen) Gekko ins Jahr<br />

2007, wo er in Vorträgen vor der Massenvernichtungswaffe<br />

Spekulation und dem<br />

Platzen der<br />

Finanzblase<br />

warnt – das<br />

er natürlich<br />

nicht verhindern<br />

kann.<br />

Filmstart in<br />

den USA:<br />

24. September,<br />

in<br />

Deutschland:<br />

21.<br />

<strong>Oktober</strong><br />

„War es früher besser?<br />

Ach, wahrscheinlich war es nur anders.“<br />

Alan Valdes, Börsenmakler an der New York Stock Exchange<br />

dann vor der NYSE aufspannten, regnete<br />

es Papierschnipsel. Im kühlen Handelssaal<br />

von Knight Capital sind solche Scherze undenkbar.<br />

Doch im Kampf um Marktanteile lässt sich<br />

das Rad nicht zurückdrehen. Längst hat<br />

auch die NYSE-Unternehmensgruppe elektronische<br />

Plattformen und einen Dark Pool<br />

eingerichtet. „Die großen Banken wollen<br />

das, es spart Geld“, sagt Alan, „aber ob es<br />

gut ist für Amerika?“ In einer Parallelstrategie<br />

versucht die NYSE zugleich das Parkett<br />

zu stärken, mit einer fünf Millionen Dollar<br />

teuren Modernisierung. Die meisten hölzernen<br />

Händlerkabinen verschwinden, „die<br />

stammen noch aus der Weltwirtschaftskrise“,<br />

weiß Alan. An ihre Stelle treten moderne<br />

Arbeitsnischen aus Plexiglas, in denen<br />

man sich sogar setzen kann – ein Novum.<br />

„Ich hab’ nie einen Stuhl gehabt“, sagt Alan.<br />

Um keinen Preis will die NYSE das Parkett<br />

verlieren, ihr Markenzeichen. Noch immer<br />

ist die Opening Bell ein Ereignis, von vielen<br />

Fernsehstationen live übertragen, verfolgt<br />

von 100 Millionen Menschen in aller Welt.<br />

Vor die ruhigen Arbeitstische von Knight<br />

stellt sich bisher kein Journalist. Doch wer<br />

weiß, ob sich nicht auch das einmal ändert.<br />

„Die Zukunft, das sind wir“, sagt Peter<br />

Kenny ruhig. Knight Capital wächst rasant<br />

und global, mit Ablegern in London, Hongkong,<br />

Singapur. Was ist mit Deutschland?<br />

„Nur eine Frage der Zeit.“<br />

Oliver Stone hat eine Familiensaga gedreht<br />

und das wahre Wall-Street-Drama verpasst:<br />

die Ablösung der Menschen durch Maschinen.<br />

Alan Valdes wird sich den Streifen<br />

trotzdem anschauen, mit der Haltung eines<br />

Kommissars, der in einen Krimi geht. „It’s<br />

Hollywood“, sagt er lakonisch. Peter Kenny<br />

will nicht einmal das tun. „Wozu?“, fragt er<br />

und hebt die Achseln. Mit seinem Arbeitsalltag<br />

hat die Kinowirklichkeit nun wirklich gar<br />

nichts mehr zu tun. Obwohl einige Film szenen<br />

an seinem eigenem Schreibtisch gedreht<br />

sind.<br />

46 pwc: | oktober 2010


The place to kill the place to be 2010: Han-<br />

delssaal bei Knight Capital in New Jersey,<br />

der größten elektronischen Plattform für<br />

den Wertpapierhandel in den USA. Im Handelsvolumen<br />

liegt Knight heute bereits vor<br />

der New York Stock Exchange.<br />

pwc: | oktober 2010 47


pwc: Lösungen<br />

Ein Offenbacher in<br />

Hongkong<br />

Dass ein deutsches Unternehmen in Hongkong an die Börse geht,<br />

ist alles andere als selbstverständlich. Für die Firma Schramm gab es jedoch<br />

gute Gründe für den Weg gen Osten.<br />

Von Corinna Freudig<br />

48 pwc: | oktober 2010


Genau 1.319 Aktiengesellschaften sind zum<br />

Stichtag 31. Dezember 2009 an der Börse<br />

in Hongkong gelistet. Nur elf davon kom-<br />

men nicht aus China. Und von diesen wie-<br />

derum nur eine aus Europa. Genauer ge-<br />

sagt: aus Deutschland. Noch genauer: aus<br />

Offenbach. Die Schramm <strong>AG</strong>, ein Unterneh-<br />

men, das im September seinen 200. Ge-<br />

burtstag feierte und sein Geld mit Lacken<br />

zur Oberflächenveredelung und Beschich-<br />

tung verdient: für Mobiltelefone und Mikro-<br />

wellen, Stoßdämpfer und Spiegelgehäuse,<br />

Vorschaltgeräte und Verkehrsschilder. Damit<br />

sind weltweit 850 Mitarbeiter beschäftigt,<br />

die 2009 einen Umsatz von 133 Millionen<br />

US-Dollar erwirtschaftet haben.<br />

Was sucht ein Offenbacher Mittelständler<br />

an der Börse in Hongkong? „Unser künf-<br />

tiges Wachstum kommt in erster Linie aus<br />

Asien“, sagt CEO Peter Brenner. „Wir möch-<br />

ten dort deshalb weiter in Infrastruktur und<br />

Standorte investieren, um nah bei unseren<br />

asiatischen Kunden zu sein, zu denen zum<br />

Beispiel Samsung und LG gehören.“ Zu<br />

Schramm, die im Jahr 2007 von der mit-<br />

telständischen Grebe-Gruppe an das ko-<br />

reanische Unternehmen SSCP verkauft<br />

Wo der Börsenbulle ein<br />

Börsenbüffel ist – an<br />

der Börse Hongkong –<br />

ließ sich die Offenbacher<br />

Schramm <strong>AG</strong> als<br />

erstes europäisches<br />

Unternehmen listen.<br />

wurden, gehören Joint<br />

Ventures und Lizenz-<br />

partnerschaften, aber<br />

auch eigene Unterneh-<br />

men in China und Thailand.<br />

In Taiwan entstand ein De-<br />

signzentrum für Laptops, und<br />

in Vietnam ist derzeit eine neue<br />

Produktionsstätte in Bau.<br />

Peter Brenner ist die treibende Kraft<br />

des Börsengangs. 1989 startete er bei<br />

Schramm eine Lehre zum Industriekauf-<br />

mann. Danach studierte er und kam zurück<br />

– als Vertriebsmitarbeiter. Heute ist er CEO,<br />

ein kräftig gebauter Mann, der energiegeladen,<br />

entschlossen und entscheidungsstark<br />

wirkt: „Für solch einen Börsengang darf<br />

man kein schwaches Management haben,<br />

weil man mit perhaps und maybe nicht weiterkommt.“<br />

Am 29. Dezember 2009 war der erste Handelstag<br />

an der Hong Kong Stock Exchange<br />

für die Schramm <strong>AG</strong>, die 25 Prozent ihrer<br />

Anteile über eine Kapitalerhöhung ausgegeben<br />

hatte. Schramm war das erste europäische<br />

Unternehmen und ist bis heute das<br />

einzige deutsche, das dort gelistet ist. Der<br />

„First Mover“ hat es am schwersten und es<br />

hätte auch eine einfachere Variante gegeben:<br />

eine bereits an der Hongkonger Börse<br />

zugelassene Landesgesellschaft. „Doch wir<br />

wollten unsere deutsche Identität nicht aufgeben“,<br />

erklärt Brenner, „weil sie für Innovationskraft<br />

und Qualität steht – hinsichtlich<br />

der Produkte und der Produktionsverfahren,<br />

zum Beispiel in Sachen Umweltschutz.“<br />

Als Börsenstandort war Hongkong aus<br />

deutscher Sicht also Terra incognita – für<br />

Schramm und die beteiligten externen Partner<br />

von PwC Deutschland und PwC China<br />

sowie die internationale Anwaltsgesellschaft<br />

Norton Rose. Sie mussten intensive Vorarbeiten<br />

leisten, um das deutsche mit dem<br />

Hongkonger Börsenrecht zu synchronisieren,<br />

das sich am britischen Vorbild orientiert<br />

und damit fundamentale Unterschiede, vor<br />

allem im Aktionärsschutz, aufweist. Im September<br />

2009 schließlich akzeptierte Hongkong<br />

den Rechtsrahmen börsenfähiger<br />

Gesellschaften mit Sitz in Deutschland als<br />

„acceptable jurisdiction of an issuers place<br />

of incorporation“ und erleichterte den Zugang<br />

zur Börse damit deutlich. Davon können<br />

die „Follower“ jetzt profitieren.<br />

Der eigentliche Arbeitsbeginn lag aber<br />

schon lange vor der offiziellen Anmeldung<br />

bei der Börse Anfang 2009. „Davor hat sich<br />

Schramm im Prinzip ein Jahr restrukturiert“,<br />

erzählt PwC-Experte Frank Kosner, der den<br />

Tipps zum Börsengang<br />

im Ausland<br />

1. Wählen Sie einen Börsenplatz,<br />

an dem Sie Geschäftsaktivitäten<br />

in größerem Umfang haben<br />

oder planen.<br />

2. Wählen Sie Working Parties (Anwalts-,<br />

Prüfungs- und Beratungsgesellschaften), die<br />

international tätig und im Zielland vertreten<br />

sind und bereits Erfahrung mitbringen.<br />

3. Lassen Sie Sorgfalt bei der Teamzusammenstellung<br />

von In- und Externen walten,<br />

denn: Das Projekt verläuft nur so gut und effizient,<br />

wie diese gut zusammenarbeiten.<br />

4. Planen Sie im Projektplan ausreichende<br />

Pufferzonen ein.<br />

5. Stellen Sie unternehmensintern die notwendigen<br />

personellen Kapazitäten zur Verfügung:<br />

Ein Börsengang bringt einen hohen<br />

administrativen Aufwand mit sich.<br />

6. Entscheiden Sie schnell – und auch einmal<br />

unbürokratisch.<br />

7. Bereiten Sie Ihre internen Strukturen (gesellschaftsrechtlicher<br />

Status, Rechnungslegung,<br />

steuerliche Situation, Compliance- und<br />

Risikomanagement etc.) auf die Börsennotierung<br />

vor – mit ausreichendem Zeitvorlauf.<br />

Offenbacher Fernost-Börsengang begleitete.<br />

„Das Unternehmen wurde in eine <strong>AG</strong><br />

umgewandelt, IFRS-Rechnungslegung eingeführt,<br />

ein Headquarter in Hongkong als<br />

Dach für alle asiatischen Standorte gegründet<br />

und die Vorbereitung auf die Transparenzanforderungen<br />

eines börsennotierten<br />

Unternehmens hinsichtlich Compliance, Risikomanagement<br />

und Investor Relations begonnen.“<br />

En passant wurden überdies zwei<br />

weitere chinesische Unternehmen gekauft.<br />

Mit dem Börsengang hat Brenner die Bekanntheit<br />

der Schramm <strong>AG</strong> in Asien jedenfalls<br />

deutlich erhöht: Fast jedes asiatische<br />

Wirtschaftsmagazin berichtete darüber.<br />

„Unser Brand ist breit bekannt geworden –<br />

das ist toll, weil wir uns dadurch ganz andere<br />

Möglichkeiten der Finanzierung erschließen.“<br />

Doch Brenner denkt schon längst<br />

wieder voraus: „Asiatische Firmen investieren<br />

zunehmend in Europa – wenn wir zu<br />

ihnen ein gutes Geschäftsverhältnis haben,<br />

dann bleiben oder werden sie auch in Europa<br />

unsere Kunden.“<br />

Mehr zum Thema Börsengang nach Hongkong<br />

unter www.pwc.de/de/ipo-hongkong,<br />

zu Börsengängen und IPOs insgesamt unter<br />

www.pwc.de/de/boersengang.<br />

pwc: | oktober 2010 49


pwc: Lösungen<br />

Wie geht´s weiter, wenn<br />

nichts mehr geht?<br />

Mit schnellem Überblick, klarem Konzept und konsequentem Handeln:<br />

ein Blick in den Arbeitsalltag der PwC-Restrukturierungsexperten.<br />

Von Anja Dilk und Heike Littger<br />

Als Jörg Artmann als neuer Finanzvorstand<br />

zur Alno <strong>AG</strong> kam, war der Küchenhersteller<br />

schwer angeschlagen. Immer wieder hatten<br />

die Gesellschafter Geld nachgeschossen.<br />

Immer wieder hatte man ein bisschen<br />

restrukturiert, ein wenig saniert, aber nie<br />

„das Übel an der Wurzel gepackt“, sagt Artmann.<br />

Auch die Fusion mit dem ostwestfälischen<br />

Küchenhersteller Wellmann 2003<br />

brachte nicht die erhoffte Wende. „Wenn<br />

sich zwei Kranke zusammentun, wird daraus<br />

bekanntlich kein Gesunder“, so Artmann.<br />

Ende 2009 musste dann endgültig<br />

eine Entscheidung fallen: entweder Gang in<br />

die Insolvenz; oder ein letztes, diesmal umfassendes<br />

Sanierungskonzept.<br />

Jörg Artmann lacht. Heute kann er das.<br />

Denn das Gröbste ist geschafft. Allzu gut<br />

erinnert er sich noch an jenes heiße Klausurwochenende<br />

in Frankfurt, an dem er mit<br />

seinen Vorstandskollegen über dem neuen<br />

Konzept brütete. Eine einheitliche Organisationsstruktur<br />

über alle Marken und Standorte<br />

hinweg, ein gemeinsamer Vertrieb, eine<br />

Finanzspritze von 60 Millionen Euro für den<br />

Umbau des Unternehmens. Das waren die<br />

wichtigsten Eckpfeiler für einen Sanierungs-<br />

Businessplan. So könnte es gehen. Doch<br />

die Banken winkten ab. Restrukturierungsexperten<br />

mussten her, die den Finanzinstituten<br />

das Vertrauen zum Erneuerungskurs<br />

des angeschlagenen Konzerns zurückgaben.<br />

Jörg Artmann kontaktierte Joachim<br />

Englert: „Wir brauchen ein Sanierungsgutachten.“<br />

Acht Wochen lang durchforstete<br />

der Partner in der Restrukturierungsabteilung<br />

bei PricewaterhouseCoopers (PwC) mit<br />

einem zwölf Mann starken Team die Alno<br />

<strong>AG</strong>. Sie analysierten Zahlen, Abläufe und<br />

Strukturen, durchleuchteten die Abteilungen<br />

nach Optimierungsmöglichkeiten, verfeinerten<br />

Vorstandskonzept und Businessplan.<br />

„Die Zusammenarbeit hat nicht nur<br />

menschlich sehr gut funktioniert, sondern<br />

auch die Banken überzeugt“, erinnert sich<br />

Artmann. Nachdem PwC-Mann Englert die<br />

Ergebnisse den Bankern präsentiert hatte,<br />

gab es grünes Licht für den Sanierungsplan.<br />

Dann wurde über Details verhandelt: Kreditkonditionen,<br />

Beiträge der Gesellschafter,<br />

Kapitalerhöhung.<br />

Unternehmen finden oft nur schwer allein<br />

aus der Krise. Wer seit Jahren an verschiedenen<br />

Standorten produziert, weil es historisch<br />

so gewachsen ist, mit denselben Lieferanten<br />

arbeitet, weil man sich gut kennt,<br />

und Angebote der Konkurrenz nicht mehr<br />

auf dem Schirm hat, kommt oft gar nicht<br />

auf die Idee, das Gewohnte infrage zu stel-<br />

50 pwc: | oktober 2010


len. Beharrungskraft und Betriebsblindheit<br />

gehören für den Restrukturierungsexperten<br />

Englert zu den typischen Fehlern von Unter-<br />

nehmen, die in Schieflage geraten. „Doch<br />

irgendwann muss man die alten Zöpfe ab-<br />

schneiden und sein Konzept gründlich auf<br />

den Prüfstand stellen.“ Nutzen wir alle Sy-<br />

nergien? Gibt es günstigere Lieferanten?<br />

Wäre eine Investition in Messroboter zur<br />

Qualitätssicherung sinnvoll? Und sind die<br />

Produkte, die wir im Portfolio haben, wirk-<br />

lich alle noch profitabel? Hat sich der Markt<br />

nicht längst geändert?<br />

Umso wichtiger ist, dass Restrukturierungs-<br />

teams schnell handeln. Marschrichtung:<br />

sich zunächst auf das Wesentliche konzen-<br />

trieren. Wie ist die Situation, wo liegen die<br />

Schwachstellen, mit welchen Strategien<br />

lässt sich das ändern, mit welchen Maß-<br />

nahmen können diese Strategien operativ<br />

umgesetzt werden? „Oft verfügen die alten<br />

Managementteams nicht über die Kompe-<br />

tenz, den Umbau zu bewältigen“, sagt Eng-<br />

lert. Auch in der Führungsspitze dreht sich<br />

das Personalkarussell.<br />

Haben die Unternehmen schon ein kompe-<br />

tentes Managementteam an Bord und einen<br />

eigenen Plan in der Tasche, wie es „dem<br />

neuen Vorstandsteam bei der Alno <strong>AG</strong> her-<br />

vorragend gelungen ist“, so Englert, kann<br />

der Prozess vergleichsweise schnell gehen.<br />

Zwei Monate brauchten die PwCler für das<br />

Sanierungsgutachten beim Küchenherstel-<br />

ler. Dann ging es an die Umsetzung. Auf 20<br />

Millionen Euro Kreditrückzahlung verzich-<br />

teten die Banken, dieselbe Summe schos-<br />

sen die Gesellschafter des Unternehmens<br />

Bauknecht und die Beteiligungsgesellschaft<br />

German Capital hinzu, zudem sind Artmann<br />

und sein Team derzeit auf Roadshow bei in-<br />

stitutionellen Investoren, um ihr neues Kon-<br />

zept zu präsentieren. Damit alle Marken der<br />

Firma gemeinsam und effizient produzieren<br />

können, werden parallel die Fabriken umge-<br />

baut, die Verwaltung zentralisiert, die Billigproduktpalette<br />

abgespeckt und neue Premiumprodukte<br />

entwickelt. Bis 2013 sollen das<br />

im Sanierungsgutachten bestätigte Konzept<br />

umgesetzt und Alno für die Zukunft gerüstet<br />

sein.<br />

Vor einer anderen Situation stand PwC-<br />

Mann Thomas Steinberger: Restrukturierung<br />

eines bereits insolventen Unternehmens.<br />

Am 5. März 2009 meldete der<br />

„Restrukturierung muss man ganzheitlich anpacken:<br />

Strategie, Operations, Prozesse und Finanzierung.“<br />

Joachim Englert, Restrukturierungsexperte bei PwC<br />

schwedische Autozulieferer Plastal Insolvenz<br />

an, nur einen Tag später der im fränkischen<br />

Weißenburg angesiedelte deutsche<br />

Ableger. Zusammen mit dem Insolvenzverwalter<br />

stand PwC vor der Aufgabe, ein attraktives<br />

Paket zu schnüren und möglichst<br />

viele von den gut 2.000 Arbeitsplätzen an<br />

sechs deutschen Standorten zu erhalten.<br />

Steinberger: „Heute ist es kaum möglich, für<br />

insolvente, nicht restrukturierte Unternehmen<br />

einen potenten Käufer zu finden.“ Vor<br />

allem in der krisengebeutelten Autobranche.<br />

„Ein Unternehmen muss da schon seine<br />

Hausaufgaben gemacht haben.“<br />

Konkret bedeutet das: Überarbeitung aller<br />

strategischen Komponenten vom Produktportfolio<br />

und der Wertschöpfungstiefe über<br />

Standort-, Organisations- und Führungsstrukturen<br />

bis zur Suche nach strategischen<br />

Alternativen wie Allianzen oder Veränderungen<br />

im Gesellschafterkreis. „Außerdem<br />

muss gesichert sein“, so Steinberger, „dass<br />

die Neuausrichtung nicht im Projektalltag<br />

untergeht und nicht in einem klassischen<br />

Kostensenkungsprogramm endet.“ Es gehe<br />

um die Zukunft und nicht um Bilanz-Kosmetik.<br />

Generell sei die Restrukturierung<br />

einfacher, wenn ein Unternehmen bereits<br />

insolvent ist. „Die Liquidität ist in der Regel<br />

für den Verwalter durch das Insolvenzgeld<br />

erst einmal gesichert. Und spätestens wenn<br />

der Insolvenzverwalter durchs Unternehmen<br />

geht, ist wirklich jedem klar, dass es<br />

pwc: | oktober 2010 51


pwc: Lösungen<br />

nicht mehr so weitergehen kann, wie bisher.<br />

Alle müssen an einem Strang ziehen.“ An-<br />

fang Februar hat der französische Faurecia-<br />

Konzern Plastal Deutschland übernommen<br />

– mit zweijähriger Standortgarantie.<br />

An einem Strang ziehen, alle Beteiligten ins<br />

Boot holen, im Gespräch bleiben – auch<br />

für Josef K. Fischer gehört die offene Kom-<br />

munikation innerhalb des Unternehmens<br />

und gegenüber den Stakeholdern zum A<br />

und O einer erfolgreichen Restrukturierung.<br />

„Wer das nicht macht, verspielt Vertrauen<br />

und gefährdet die Restrukturierung<br />

erheblich.“ Seit <strong>Oktober</strong> 2008 bietet der<br />

Professor für Finanzwirtschaft und Volkswirtschaftslehre<br />

an der Nürnberger Georg-<br />

Simon-Ohm-Hochschule eine Weiterbildung<br />

zum Restrukturierungsmanager an. Ein<br />

122-stündiger Ritt durch Risiko-, Changeund<br />

Innovationsmanagement, Liquiditätssicherung<br />

und Kreditbeschaffung, Arbeitsund<br />

Insolvenzrecht. Unter den Teilnehmern<br />

viele Steuerberater, Wirtschaftsprüfer,<br />

Rechtsanwälte und Banker – aber auch ein<br />

paar Geschäftsführer und Controller aus<br />

mittelständischen Unternehmen. „Restruk-<br />

turierung hat immer noch ein Geschmäckle“,<br />

so Fischer, „wer gibt schon gerne zu,<br />

dass es im eigenen Unternehmen wackelt?“<br />

Dabei ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren<br />

bei Restrukturierungen Schnelligkeit:<br />

„Wer zu lange wartet, verbaut sich Handlungsoptionen.“<br />

Das sagt auch Ulrich Krystek. Der Professor<br />

für strategisches Controlling an der TU Berlin<br />

hat gerade zusammen mit Derik Evertz,<br />

Leiter des Bereiches Business Recovery<br />

Services bei PwC, ein neues Buch über Restrukturierung<br />

und Sanierung herausgegeben<br />

(siehe Kasten). Ein Fazit: „Unternehmen<br />

schlagen immer noch zu spät Alarm.“ Weil<br />

die Hoffnung als Letztes stirbt oder weil die<br />

Geschäftsführung Angst hat, an den Pranger<br />

zu geraten. Noch immer heißt es in der<br />

Öffentlichkeit schnell: Das Management<br />

ist schuld. Doch das ist zu simpel gedacht,<br />

weiß Krystek: „Die Wirtschaftskrise hat uns<br />

allen gezeigt, dass die Ursachen nicht mehr<br />

nur intern zu verorten sind.“ Während die<br />

vorausgegangene Krise der New Economy<br />

nur einen abgegrenzten Wirtschaftszweig<br />

betraf, ist die aktuelle eine umfassende –<br />

sie hat DAX-Unternehmen wie Mittelständ-<br />

„Wer nicht offen kommuniziert, verspielt Vertrauen<br />

und gefährdet die Restrukturierung erheblich.“<br />

Josef K. Fischer, Professor für Finanzwirtschaft, Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg<br />

ler, Old and Young Economy gleichermaßen<br />

ergriffen. „Niemand hatte damit gerechnet“,<br />

so der Restrukturierungsexperte, „dass sie<br />

sich so rasant ausbreiten würde.“ Genauso<br />

wenig, dass Kredite nur noch schwer zu<br />

beschaffen sind, seit 2009 werden Sicherheiten<br />

und Konditionen nachverhandelt, Unternehmen<br />

in der Bonität herabgestuft.<br />

„Alles, was ich tue, muss der Liquidität nutzen“,<br />

beschreibt PwC-Experte Englert die<br />

wichtigste Finanzregel für Restrukturierungen.<br />

„Dabei gilt: cash is king“. Vor allem<br />

aber müssen alle Bausteine zusammenpassen:<br />

Strategie, operative Maßnahmen, die<br />

Analyse der Prozesse im Unternehmen, personelle<br />

Ausstattung, Sicherstellung der Umsetzung<br />

und Finanzierung.<br />

Thomas Will weiß das nur zu gut. Die Anfänge<br />

des Restrukturierungsprozesses bei<br />

Wohnbau Mainz waren für den neu berufenen<br />

Geschäftsführer „ein Kampf ums<br />

Überleben“. Je tiefer er in die Verästelungen<br />

des maroden Unternehmens bohrte, desto<br />

mehr Unsauberkeiten, krumme Bilanzergebnisse<br />

und finanzielle Lecks taten sich<br />

auf. Lange schon hatte das städtische Wohnungsbauunternehmen<br />

seine Ausgaben<br />

nicht mehr aus den Mieteinnahmen decken<br />

können, zumal Mieterhöhungen unter anderem<br />

aus politischen Gründen jahrelang gedeckelt<br />

oder ausgesetzt wurden. Neue Ge-<br />

52 pwc: | oktober 2010


schäftsfelder von der Gastronomie bis zum<br />

Bauträger hatten die Wohnbau Mainz erst<br />

recht in die roten Zahlen gestürzt.<br />

Als durch die Krise 2008 unerwartet Kre-<br />

dite in Höhe von 200 Millionen Euro fällig<br />

wurden, war nicht mehr zu übersehen, wie<br />

dramatisch es um das Unternehmen stand.<br />

„Die Stadt war fassungslos, die Mitarbeiter<br />

waren erschüttert“, erinnert sich Will. „Mit<br />

dieser Dimension hatte keiner gerechnet.“<br />

Doch dann überzeugte Will den Oberbür-<br />

germeister: Wir holen uns Top-Experten für<br />

die Sanierung, dafür hilft uns die Stadt zunächst<br />

mit einem Bürgschaftsrahmen von<br />

300 Millionen, damit uns die nächsten fälligen<br />

Kredite nicht in die Pleite reiten. Klar<br />

war schon damals, es wird nicht ohne Kapitalnachschuss<br />

gehen. Die Belegschaft ließ<br />

sich auf die harte Sanierung einschwören:<br />

Wenn wir alle die Ärmel hochkrempeln, können<br />

wir es schaffen, zumindest den Kern<br />

des Unternehmens zu retten. Erste Entlassungen<br />

bis in die Führungsspitze wurden<br />

ausgesprochen. Ein Verhandlungsmarathon<br />

mit den Banken begann.<br />

Die erste Bestandsaufnahme des zur Hilfe<br />

gerufenen PwC-Teams war verheerend:<br />

Schlichte Sanierung geht nicht mehr, komplette<br />

Restrukturierung tut not. Doch mittlerweile<br />

sind die entscheidenden Stellschrauben<br />

gedreht. Die Wohnbau Mainz<br />

konzentriert sich jetzt aufs Kerngeschäft<br />

der Wohnungsvermietung, die übrigen<br />

Geschäftsfelder wurden abgewickelt, die<br />

Gewerbeobjekte in einer extra für diesen<br />

Zweck gegründeten Tochtergesellschaft<br />

zum Verkauf gestellt. Neue Gesellschafter<br />

wurden gewonnen, von alten trennte<br />

man sich. Das Eigenkapital wurde auf einen<br />

branchenüblichen Stand gebracht. Die Zahl<br />

der Kreditverträge ist auf ein Fünftel eindampft,<br />

die Laufzeiten sind gut gemischt.<br />

Schulden werden abgebaut, die Zinsen sind<br />

im Griff. 2.800 Wohnungen wurden verkauft,<br />

4.000 Mieterhöhungen ausgesprochen, Bestände<br />

neu bewertet, die Sachkosten für<br />

das Vermietungsgeschäft fast halbiert, ein<br />

Was tun, wenn es brennt?<br />

Drittel der Mitarbeiter entlassen, Aufgaben<br />

neu verteilt. „Laisser-faire ist nicht mehr,<br />

aber alle arbeiten gut mit. Denn wir haben<br />

das Vertrauen aller Beteiligten zurückgewinnen<br />

können“, sagt Geschäftsführer Will.<br />

„Und das ist wesentlich für den Erfolg.“ Er<br />

lehnt sich zurück und sieht sorgenfreier in<br />

die Zukunft. „So langsam macht die Sache<br />

richtig Spaß.“<br />

Ihre Ansprechpartner:<br />

joachim.englert@de.pwc.com<br />

derik.evertz@de.pwc.com<br />

thomas.steinberger@de.pwc.com<br />

www.pwc.de/de/restrukturierung<br />

Bei der Sanierung muss alles ganz schnell und auf einmal geschehen. Aber trotzdem bitte<br />

auch gründlich und geplant, meint Prof. Ulrich Krystek, der mit Derik Evertz von PwC das<br />

neue Praxis-Handbuch „Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen“ (Schäffer-<br />

Poeschel, 69,95 Euro) herausgegeben hat. Denn genau dass hätten viele Krisen-Unternehmen<br />

zuvor sträflich vernachlässigt. Deshalb müsse für den Restrukturierungsprozess ein<br />

Controlling aufgesetzt werden, das das Management zeitnah mit Informationen versorgt:<br />

Greifen unsere Maßnahmen? Ist unser Zeit- und Budgetplan realistisch? Gibt es Faktoren,<br />

die wir nicht berücksichtigt haben? Für die Planung rät Krystek, mehrere Zukunftsszenarien<br />

zu entwickeln und daraufhin alle relevanten Unternehmensprozesse abklopfen. Es sei entscheidend,<br />

drohende Gefahren zu erkennen, um so rechtzeitig geeignete Reaktionsstrategien<br />

entwickeln zu können. „Dasselbe gilt natürlich auch für Chancen.“<br />

pwc: | oktober 2010 53


pwc: Lösungen<br />

Publikationen<br />

Alles über Medien<br />

Der „Global Entertainment<br />

und<br />

Media Outlook“<br />

nimmt weltweit<br />

die Geschäftsaussichten<br />

der<br />

Medienmärkte<br />

unter die Lupe.<br />

Ein Ergebnis:<br />

China wird 2011<br />

mit einem Umsatz von rund 95 Milliarden<br />

US-Dollar zum drittgrößten Medienmarkt<br />

hinter den USA und Japan aufsteigen und<br />

Deutschland auf Rang vier verweisen.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

werner.ballhaus@de.pwc.com<br />

Tel.: 0211 981-5848<br />

Preis: ab 100 US-Dollar je nach Format<br />

Bestellung: www.pwc.de/de/outlook2010<br />

Für Aufsichtsräte<br />

Seit einigen<br />

Jahren<br />

wächst die<br />

Bedeutung<br />

von Aufsichtsräten.<br />

Dank einiger regulatorischer Neuerungen<br />

können sie mittlerweile die Geschäftsleitung<br />

eines Unternehmens effizienter überwachen.<br />

Der PwC-Aufsteller für Aufsichtsräte<br />

erleichtert es ihnen, sich in ein neues Aufsichtsratsamt<br />

einzuarbeiten. Er richtet sich<br />

nicht nur an Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften,<br />

sondern auch an Unternehmen<br />

mit anderer Rechtsform.<br />

Ihre Ansprechpartner:<br />

henning.hoensch@de.pwc.com<br />

Tel.: 030 2636-1269<br />

Preis: 25 Euro<br />

Bestellung: www.pwc.de/de/boardroom<br />

Steuerwissen gebündelt<br />

PwC bietet<br />

eine Zusammenstellung<br />

der steuerrechtlich<br />

relevanten<br />

Themen an: Alle aktuell verfügbaren PwC-<br />

Newsletter und -Publikationen zu den Themenbereichen<br />

Steuern und Recht wurden<br />

unter dem Titel „Zapfen Sie unser Wissen<br />

an. Kostenlose Informationsdienste für<br />

Steuerexperten“ für Sie zusammengestellt.<br />

Die Übersicht kann kostenlos von der PwC-<br />

Homepage heruntergeladen oder als Newsletter<br />

abonniert werden.<br />

Ihre Ansprechpartnerin:<br />

christine.chahed@de.pwc.com<br />

Tel.: 030 2636-5267<br />

Download: www.pwc.de/de/anzapfen<br />

Erfolgsunternehmen<br />

Gerade in<br />

schwierigen<br />

Zeiten zeigt sich,<br />

welche Unternehmen<br />

innovativ<br />

und wandlungsfähig<br />

sind: Solche<br />

Unternehmen<br />

verfallen nämlich<br />

nicht in eine<br />

Schockstarre,<br />

sondern passen sich den aktuellen Problemen<br />

an oder wagen sogar etwas Neues. Die<br />

European School of Business und PwC haben<br />

fünf solcher Unternehmen und ihre Erfolgsfaktoren<br />

analysiert.<br />

Ihre Ansprechpartnerin:<br />

diane.robers@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 9585-5511<br />

Download: www.pwc.de/de/neue-wege<br />

Erbschaftsteuer<br />

Die Erbschaftsteuer<br />

treibt seit<br />

ihrer Reform etlicheFamilienunternehmer<br />

um.<br />

Die Publikation<br />

„Entscheidungswirkungen<br />

der<br />

Erbschaftsteuer<br />

auf die Unternehmensnachfolge“<br />

zeigt auf, was der deutsche Gesetzgeber<br />

etwa vom britischen Modell lernen kann.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

michael.haug@de.pwc.com<br />

Tel.: 0711 25034-1705<br />

Preis: 25 Euro, Verlag Moderne Wirtschaft<br />

ISBN: 3-934803-46-6<br />

Bestellen: www.pwc.de/de/erbschaftsteuer<br />

Auf stürmischer See<br />

Die Wirtschaftskrise<br />

hat die<br />

Schifffahrt<br />

hart getroffen.<br />

Viele deutsche<br />

Schiffe blieben<br />

2009/2010 in den<br />

Häfen liegen.<br />

Die Charterraten<br />

stürzten in den<br />

Keller. Die Folge:<br />

Etliche Reedereien hatten mit Liquiditätsengpässen<br />

zu kämpfen. Die aktuelle PwC-<br />

Studie „Deutsche Schifffahrt“ zeigt auf, wie<br />

die Reeder derzeit ihre aktuelle und mittelfristige<br />

Geschäftslage einschätzen.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

c.brandt@de.pwc.com<br />

Tel.: 040 6378-1607<br />

Bestellung: ww.pwc.de/de/reeder2010<br />

54 pwc: | oktober 2010


Due-Diligence-Ratgeber<br />

Die Risiken bei Unternehmenskäufen sind<br />

mit der Wirtschaftskrise enorm gestiegen.<br />

Das „Beck´sche Mandatshandbuch Due<br />

Diligence“ zeigt Ihnen auf, wie Sie die Risiken<br />

im Vorfeld bewerten und einen Kauf<br />

zielorientiert vorbereiten. Neben zahlreichen<br />

einschlägigen Gesetzesreformen,<br />

die es seit der Vorauflage gab, ist selbstverständlich<br />

auch die relevante Rechtsprechung<br />

und Literatur eingearbeitet.<br />

Besonders praxisrelevante Bereiche sind<br />

vertieft dargestellt. Neu enthalten ist etwa ein Kapitel zur Compliance<br />

Due Diligence. Besonders hilfreich ist die zusammenfassende,<br />

zweisprachige Checkliste.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

erik.hummitzsch@de.pwc.com<br />

Tel.: 089 5790-5185<br />

Preis: 98 Euro, Verlag C.H. Beck<br />

ISBN: 978-3-406-58973-7<br />

Bestellung: www.pwc.de/de/handbuch-due-diligence<br />

Mehr IT-Sicherheit<br />

Wie können Unternehmen die Sicherheit<br />

ihrer IT-Systeme steigern? Die Publikation<br />

„IT-Governance in der Praxis“, an<br />

der mehrere PwC-Experten mitgeschrieben<br />

haben, veranschaulicht, wie sich<br />

die Gefahren unter Berücksichtigung<br />

von technischen, prozessualen und organisatorischen<br />

Aspekten eindämmen<br />

lassen. Das funktioniert etwa mit einem<br />

sauber aufgesetzten Identity and Access<br />

Management. Indem es effiziente<br />

und sichere – und teilweise automatisierte – Prozesse für die Vergabe<br />

von Berechtigungen vorsieht, hilft es, Kosten in der Verwaltung<br />

zu sparen.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

johannes.liffers@de.pwc.com<br />

Tel.: 030 2636-1658<br />

Preis: 49,95 Euro, Springer Verlag<br />

ISBN: 978-3-642-03504-3<br />

Bestellung: www.pwc.de/de/iam-buch<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

PricewaterhouseCoopers <strong>AG</strong> WPG<br />

Olof-Palme-Straße 35, 60439 Frankfurt am Main<br />

www.pwc.de<br />

Verantwortlich für den Inhalt (V. i. S. d. P.):<br />

Oliver Heieck (PricewaterhouseCoopers <strong>AG</strong>)<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

die Meinung der Autoren wieder.<br />

Chefredaktion:<br />

Corinna Freudig (PricewaterhouseCoopers <strong>AG</strong>),<br />

Detlef Gürtler (Facts & Figures)<br />

E-Mail an die Redaktion: pwc_magazin@de.pwc.com<br />

Art-Direktion: Frauke Backer/backerdesign.com<br />

Chef vom Dienst: Heiko Hamann<br />

Bildredaktion: Heike Pankel, Heike Fritsch<br />

Litho: Stephan Müller-Siemens<br />

Infografik: Markus Kluger (Infotext GbR)<br />

Redaktionelle Mitarbeit: Johanna Lutteroth<br />

Lektorat: Christiane Barth, Werkstatt für moderne Sprache<br />

Herstellung: Matthias Richter<br />

Verlagsleitung: Karsten Krämer<br />

Verlag:<br />

Facts & Figures GmbH<br />

(ein Unternehmen der G+J Wirtschaftsmedien GmbH & Co. KG)<br />

Stubbenhuk 3, 20459 Hamburg<br />

Tel.: 040 31990-622, E-Mail: cp@guj.de<br />

Bildnachweis/Copyright-Vermerk:<br />

Titelbild: Angelo Cavalli/<strong>AG</strong>E/F1online<br />

Seite 2: Martin Ruegner/Masterfile, Herbert Spichting/Image Source,<br />

Fotosearch<br />

Seite 3: John Chiasson/gettyimages, PWC<br />

Seite 4/7: Andreas Fromm/frommfotograf.de<br />

Seite 8/9: PWC (4)<br />

Seite 10/11: PWC (5)<br />

Seite 12: Erwin Wodicka/Bilder-Box, Cinetext, Stills Online, PWC,<br />

Cartoon: NEL<br />

Seite 15: Iris Kuerschner/Laif<br />

Seite 16: Sebastian Derungs/AFP/gettyimages, PWC<br />

Seite 18/19/21: Sebastian Berger<br />

Seite 20: Adidas, Javier Soriano AFP/gettyimages<br />

Seite 24/25: Paul Langrock/Zenit/Laif<br />

Seite 26: Matthias Ibeler/Alpha Ventus Bildarchiv<br />

Seite 28: gettyimages (3), Lester Lefkowitz/Corbis<br />

Seite 29: PWC, Stephen J. Cohen/gettyimages<br />

Seite 30: Jan Greune<br />

Seite 32/33: Fotosearch<br />

Seite 38: gettyimages<br />

Seite 40: Creative Crop/gettyimages, gettyimages, Randy Faris/Corbis,<br />

W. M. Weber/TV-yesterday<br />

Seite 41: PWC<br />

Seite 42/43: culture-images, SZ Photo/Knorr + Hirth<br />

Seite 44/45: Neil Selkirk/gettyimages, Burt Glinn/Magnum Photos,<br />

Justin Guariglia/gettyimages<br />

Seite 46: Mel Evans/AP Images<br />

Seite 47: Melanie Feuerbacher<br />

Seite 48/49: Bobby Yip/Reuters/Corbis, artpartner-images/gettyimages<br />

Seite 50-53: Studio Kumicak+Namslau<br />

Druck:<br />

Druckhaus Berlin-Mitte GmbH<br />

Schützenstraße 18, 10117 Berlin<br />

pwc: erscheint viermal im Jahr in einer Auflage von<br />

12.000 Exemplaren.<br />

© <strong>Oktober</strong> 2010. PricewaterhouseCoopers <strong>AG</strong><br />

PricewaterhouseCoopers bezeichnet die PricewaterhouseCoopers <strong>AG</strong><br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbst ständigen und<br />

rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der<br />

PricewaterhouseCoopers International Limited.<br />

PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.<br />

pwc: | oktober 2010 55


www.pwc.de<br />

Erfolgsformeln<br />

Das ist die Formel von Glycerintrinitrat. Dem Schweden<br />

Alfred Nobel gelang es, diese Flüssigkeit durch Verbindung mit<br />

Kieselgur zu stabilisieren – zu Dynamit. Das Vermögen, das er<br />

damit verdiente, stiftete er für die Nobelpreise (siehe Seite 34).

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