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Die Welt in Lieferketten - PricewaterhouseCoopers AG

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April 2008<br />

pwc:<br />

Das Magaz<strong>in</strong> für Vorausdenker<br />

Golf ohne Handicap<br />

Was die Emirate so erfolgreich macht<br />

Karriere ohne Grenzen<br />

Wie Unternehmen von Expatriates profitieren<br />

Bahn ohne Behörde<br />

Wie sich Leipzigs Nahverkehr teilprivatisierte<br />

<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Lieferketten</strong><br />

Wegen der Globalisierung boomt die<br />

Logistikbranche. Doch die Risiken wachsen.<br />

Was die Branche gefährden könnte


pwc: Inhalt<br />

Titel Märkte Wissen<br />

<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>in</strong> <strong>Lieferketten</strong><br />

Logistikunternehmen freuen sich über e<strong>in</strong><br />

rasantes Wachstum. Neben den Umsätzen<br />

steigen aber auch die Risiken. Drei Szenarien,<br />

die aufzeigen, was reibungslose Abläufe<br />

und damit die gesamte Branche gefährden<br />

könnte. Seite 4<br />

Mehr als transportfähig<br />

Deutsche Unternehmen setzen weltweit<br />

ausgefeilte Logistikkonzepte um. Dabei<br />

geht es um mehr als nur Transport. E<strong>in</strong>ige<br />

Fallbeispiele. Seite 1<br />

Interview: Detthold Aden<br />

Der Vorstandsvorsitzende der Bremer BLG<br />

Logistics Group spricht über Visionen und<br />

Sp<strong>in</strong>nereien <strong>in</strong> der <strong>Welt</strong> der Logistik. Seite 14<br />

Märkte Seite 16<br />

Golf ohne Handicap<br />

Warum die Vere<strong>in</strong>igten Arabischen Emirate<br />

derzeit der dynamischste Wirtschaftsstandort<br />

der <strong>Welt</strong> s<strong>in</strong>d. Seite 18<br />

Das Fernsehduell<br />

Wie das Internetfernsehen den herkömmlichen<br />

Sendern Konkurrenz macht. Seite<br />

Grünes Licht geben<br />

Was kle<strong>in</strong>e Ökostromanbieter erfolgreich<br />

macht und wie die großen Energiekonzerne<br />

davon profitieren. Seite 4<br />

Interview: Heiko von Tschischwitz<br />

Der Geschäftsführer des Ökostromanbieters<br />

Lichtblick über Spätzünder, Unabhängigkeit<br />

und Denkzettel. Seite 7<br />

Wissen Seite 8<br />

Besten-Auslese<br />

Hervorragender Managementnachwuchs ist<br />

rar. Das sollte mittlerweile auch die Vorstände<br />

beschäftigen. Seite 30<br />

E<strong>in</strong> Gehen und Kommen<br />

Firmen schicken immer mehr Expatriates <strong>in</strong>s<br />

Ausland. Warum Aufenthalt und Rückkehr<br />

gut organisiert se<strong>in</strong> müssen. Seite 3<br />

Kolumne: Klaus Kocks<br />

Was modernes Controll<strong>in</strong>g mit der H<strong>in</strong>richtung<br />

des Lordsiegelbewahrers He<strong>in</strong>richs<br />

des Achten zu tun hat. Seite 35<br />

Pendler<strong>in</strong> zwischen den <strong>Welt</strong>en<br />

Marna Whitt<strong>in</strong>gton, Verwaltungsdirektor<strong>in</strong><br />

von Allianz Global Investors, erzählt aus<br />

ihrem Leben. Seite 36<br />

Bürgen statt Borgen<br />

Dank e<strong>in</strong>es neuen Berechnungsmodells<br />

können Landesbürgschaften als Instrument<br />

der Wirtschaftsförderung wieder e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden. Seite 40<br />

pwc: | april 008


Lösungen<br />

Lösungen Seite 42<br />

Das Tier <strong>in</strong> mir<br />

Warum Managementbücher aus der Tierwelt<br />

so erfolgreich s<strong>in</strong>d. Seite 44<br />

Was Leipzig bewegt<br />

Weshalb die Liberalisierung des öffentlichen<br />

Nahverkehrs die Leipziger Verkehrsbetriebe<br />

nicht ängstigt. Seite 50<br />

Publikationen Seite 54<br />

Impressum Seite 55<br />

pwc: | april 2008<br />

pwc: Editorial<br />

Sehr geehrte Leser<strong>in</strong>nen und Leser!<br />

„<strong>Die</strong> richtige Menge der richtigen Objekte am richtigen Ort <strong>in</strong> der rich-<br />

tigen Qualität zum richtigen Zeitpunkt zu den richtigen Kosten zur Ver-<br />

fügung stellen.“ So beschreibt der deutsche Wissenschaftler Re<strong>in</strong>hardt<br />

Jünemann die Aufgabe der Logistik, die im Fremdwörterduden e<strong>in</strong>st als<br />

„militärisches Nachschubwesen“ erklärt wurde. Es gibt vermutlich nicht<br />

sehr viele Branchen, die sich so komplett verändert haben wie die Lo-<br />

gistik, durch die außerdem die globalisierte Wirtschaft erst möglich wur-<br />

de. Denn von den reibungslosen Abläufen bei den Logistikunternehmen<br />

s<strong>in</strong>d fast alle anderen Branchen abhängig. Deshalb haben wir uns ge-<br />

fragt: Gibt es Risiken, die diese Reibungslosigkeit gefährden könnten?<br />

Und wir s<strong>in</strong>d durchaus fündig geworden.<br />

E<strong>in</strong>es der weltweit ehrgeizigsten Logistikprojekte wird mit dem Dubai<br />

World Central im Mittleren Osten realisiert. Dort sollen e<strong>in</strong>e voll <strong>in</strong>tegrierte<br />

Logistikplattform und der weltweit größte Flughafen entstehen. Grund ge-<br />

nug, die Arabischen Emirate genauer zu beleuchten: Denn sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e<br />

boomende Region, von der auch deutsche Unternehmen profitieren.<br />

Hauptsächlich zwischen den USA und Deutschland pendelt Marna Whit-<br />

t<strong>in</strong>gton. Wir freuen uns, dass die Verwaltungsdirektor<strong>in</strong> von Allianz Global<br />

Investors unseren Lesern e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> ihr Leben als <strong>Welt</strong>enwandler<strong>in</strong><br />

gibt. E<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> ihr Unternehmen haben uns außerdem die Leipziger<br />

Verkehrsbetriebe gestattet, die trotz e<strong>in</strong>er neuen EU-Verordnung, die für<br />

mehr Wettbewerb im öffentlichen Personennahverkehr sorgen soll, selbst-<br />

bewusst <strong>in</strong> die Zukunft blicken. Ebenso selbstbewusst treten die kle<strong>in</strong>eren<br />

Anbieter von erneuerbaren Energien auf, auch weil sie für die großen Ver-<br />

sorger immer <strong>in</strong>teressanter werden. Wie sich dieser Markt entwickelt,<br />

bleibt also spannend. Lassen Sie mich zum Schluss auf e<strong>in</strong>e neue Kolum-<br />

ne h<strong>in</strong>weisen, die wir künftig <strong>in</strong> jeder Ausgabe veröffentlichen. <strong>Die</strong>ses Mal<br />

verrät uns Kommunikationsberater Prof. Klaus Kocks, was He<strong>in</strong>rich VIII.<br />

und Unternehmenscontroll<strong>in</strong>g mite<strong>in</strong>ander zu tun haben.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen!<br />

Hans Wagener<br />

Hans Wagener,<br />

Vorstandssprecher der<br />

<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong>


pwc: Titel<br />

Umsatzstarke Europäer<br />

<strong>Welt</strong>weite Warenströme<br />

Anteil am <strong>Welt</strong>handel <strong>in</strong> Prozent, nur ausgewählte Standorte<br />

regionaler Handel<br />

überregionaler Handel<br />

Mittel- und Südamerika<br />

mit Nordamerika<br />

242 Mrd. $<br />

2,1 %<br />

Quelle: WTO<br />

905 Mrd. $<br />

7,8 %<br />

111 Mrd. $<br />

1,0 %<br />

Nordamerika<br />

mit Europa<br />

709 Mrd. $<br />

6,1 %<br />

Afrika mit Europa<br />

268 Mrd. $<br />

2,3 %<br />

3.651 Mrd. $<br />

31,4 %<br />

33 Mrd. $<br />

0,3 %<br />

GUS mit Europa<br />

388 Mrd. $<br />

3,3 %<br />

72 Mrd. $<br />

0,6 %<br />

Mittlerer Osten<br />

mit Asien<br />

451 Mrd. $<br />

3,9 %<br />

Europa mit Asien<br />

970 Mrd. $<br />

8,3 %<br />

80 Mrd. $<br />

0,7 %<br />

1.638 Mrd. $<br />

14,1 %<br />

Asien<br />

mit Nordamerika<br />

1.022 Mrd. $<br />

8,8 %<br />

pwc: | april 2008


pwc: | april 2008<br />

<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Lieferketten</strong><br />

<strong>Die</strong> Logistikunternehmen profitieren vom rasanten<br />

Wachstum. Aber auch die Gefahren nehmen zu.<br />

Von Alexander He<strong>in</strong>tze<br />

Das Herz der Logistik <strong>in</strong> Deutschland<br />

schlägt immer schneller. Fast neun Millio­<br />

nen Conta<strong>in</strong>er erreichen und verlassen je­<br />

des Jahr den Hamburger Hafen, <strong>in</strong> Schiffen,<br />

per Güterzug und <strong>in</strong> ungezählten Lastwa­<br />

gen. Vieles davon bleibt <strong>in</strong> Europa. Fast e<strong>in</strong><br />

Drittel des <strong>Welt</strong>handels machen die euro­<br />

päischen Staaten unter sich aus. Nach den<br />

neuesten Zahlen der <strong>Welt</strong>handelsorganisa­<br />

tion WTO waren das 2006 Waren im Wert<br />

von mehr als 3,6 Billionen Dollar. <strong>Welt</strong>weit<br />

exportierten alle Länder dieser Erde Wa­<br />

ren im Wert von 1 Billionen Dollar. Und<br />

der Austausch wird immer <strong>in</strong>tensiver. Der<br />

<strong>Welt</strong>handel legte <strong>in</strong> den vergangenen Jah­<br />

ren beständig um rund 8 Prozent jährlich<br />

zu. Das Brutto<strong>in</strong>landsprodukt aller Staaten<br />

kam dabei im Durchschnitt nur um 3, Pro­<br />

zent voran.<br />

Seit der Osten Europas se<strong>in</strong>e Isolation auf­<br />

gegeben hat und die Schwellenländer Asiens<br />

und Südamerikas immer aktiver am <strong>Welt</strong>­<br />

handel teilnehmen, gibt es praktisch ke<strong>in</strong>e<br />

Grenzen mehr. Davon profitiert die Logistik­<br />

branche. Rund 70 Prozent aller Stückgut­<br />

frachten werden weltweit mit dem Schiff<br />

transportiert, sauber verpackt <strong>in</strong> Contai­<br />

nern, deren Umschlag sich <strong>in</strong> den nächsten<br />

zehn Jahren verdoppeln wird – auf fast e<strong>in</strong>e<br />

Milliarde Standardconta<strong>in</strong>er im Jahr. Ähn­<br />

lich beflügelnd s<strong>in</strong>d die Aussichten für die<br />

Luftfracht. <strong>Die</strong> HSH Nordbank geht von ei­<br />

nem durchschnittlichen Wachstum von mehr<br />

als Prozent bis zum Jahr 2010 aus. Auf<br />

dem Boden erlebt derweil die Schiene e<strong>in</strong>e<br />

Wiedergeburt. Angesichts steigender Kos­<br />

ten für Treibstoffe und der CO 2­Diskussion<br />

ist die Bahn auf dem Weg, wieder wettbe­<br />

werbsfähig zu werden. Auch deshalb, weil<br />

die Conta<strong>in</strong>er nicht alle per Laster aus den<br />

Häfen zu schaffen s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> Kapazitäten auf<br />

den Straßen s<strong>in</strong>d schon lange erschöpft.<br />

Zudem steigen die Kosten für <strong>Die</strong>sel und<br />

Fahrer. <strong>Die</strong> Deutsche Bahn arbeitet an Al­<br />

ternativen, etwa e<strong>in</strong>em durchgehenden Gü­<br />

terzug von Hamburg nach Pek<strong>in</strong>g. Mit rund<br />

20 Tagen sollen die Züge nur halb so lange<br />

unterwegs se<strong>in</strong> wie e<strong>in</strong> Schiff. „Es wird im­<br />

mer mehr auf die Schnelligkeit ankommen“,<br />

sagt Klaus­<strong>Die</strong>ter Ruske, Logistikexperte<br />

bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC). Das sei<br />

heute schon e<strong>in</strong> großer Wettbewerbsvorteil.<br />

„Amazon bietet zum Beispiel den 24­Stunden­<br />

Versand an. Aber brauchen wir das Buch<br />

wirklich schon morgen auf dem Tisch?“, so<br />

Ruske. Selbst wenn das nicht so se<strong>in</strong> sollte,<br />

verlangten es die Kunden trotzdem. „Viele<br />

Menschen wollen ihre Wünsche schnell be­<br />

friedigen und s<strong>in</strong>d bereit, dafür mehr Geld<br />

auszugeben.“<br />

Bei aller Euphorie darf aber nicht verges­<br />

sen werden: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> ist abhängig vom<br />

Funktionieren der <strong>Lieferketten</strong>. Wenn Las­<br />

ter, Schiffe oder die Bahn stillstehen, steht<br />

auch die Wirtschaft. Als im vergangenen<br />

Jahr die Brummifahrer <strong>in</strong> Italien ihre Laster<br />

auf den Autobahnen abstellten, vergam­<br />

melte das Fleisch auf den Ladeflächen.<br />

Als die Lokführer <strong>in</strong> Deutschland streikten<br />

und die Züge <strong>in</strong> den Depots ließen, war<br />

die Bahn erst zu Verhandlungen bereit, als<br />

der Güterverkehr drohte, zum Erliegen zu<br />

kommen. Gerät die Lieferkette aus dem<br />

Takt, drohen Engpässe und wirtschaftlicher<br />

Schaden für alle. Was die reibungslosen<br />

logistischen Abläufe ebenso dramatisch<br />

verändern könnte, das lesen Sie auf den<br />

folgenden Seiten.<br />

Lesen Sie weiter ...<br />

Szenario 1:<br />

Geschmiert läuft es nur mit Öl<br />

Szenario 2:<br />

Der rote Riese Ch<strong>in</strong>a holt langsam auf<br />

Szenario 3:<br />

Im Fadenkreuz des Terrors?<br />

Mehr als transportfähig<br />

Ausgefeilte Logistikkonzepte<br />

Interview mit Detthold Aden, Vorstandsvor­<br />

sitzender der BLG Logistics Group


pwc: Titel<br />

Szenario 1<br />

Geschmiert läuft es<br />

nur mit Öl<br />

Ohne Öl läuft nichts <strong>in</strong> der Branche. Doch die hohen Rohstoffpreise werden<br />

Produktion und Handel verändern. Und vielleicht die Globalisierung beenden.<br />

Von Alexander He<strong>in</strong>tze<br />

„Bei e<strong>in</strong>em Ölpreis von 100 Dollar pro Fass ist der<br />

Lohnkostenvorteil von Asien dah<strong>in</strong>.“<br />

Bernd Bischoff, Chef von Fujitsu Siemens<br />

pwc: | april 2008


Matthew Simmons ist e<strong>in</strong> Fantast. Das<br />

behaupten se<strong>in</strong>e Gegner. Er selbst<br />

sieht sich als Realist. Der Chef der auf<br />

Energie<strong>in</strong>vestments spezialisierten Firma<br />

Simmons & Co. aus der amerikanischen<br />

Ölstadt Houston ist e<strong>in</strong>er der am meisten<br />

beachteten Experten der Branche. Sim-<br />

mons ist sicher: Der Ölpreis wird <strong>in</strong> den<br />

kommenden Jahren auf 200 bis 250 Dol-<br />

lar pro Fass (159 Liter) steigen. „Bei 100<br />

Dollar pro Barrel sprechen wir immer noch<br />

von bemerkenswert billigem Öl“, sagt der<br />

Öl-Augur. Se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung nach ha-<br />

ben die meisten Länder die Spitze ihrer Öl-<br />

produktion bereits überschritten oder s<strong>in</strong>d<br />

kurz davor. Ab 2010, so se<strong>in</strong>e Prognose,<br />

dürfte es dann <strong>in</strong> fast allen Ländern mit<br />

der Produktion nach unten und mit den<br />

Preisen deutlich nach oben gehen. Denn<br />

die Nachfrage nach dem schwarzen Gold<br />

bleibt hoch.<br />

Das Öl ist der Lebenssaft der Logistik. 0<br />

Prozent des weltweit geförderten Öls wer-<br />

den gebraucht, um Personen und Güter<br />

zu transportieren. Ölpreise weit jenseits<br />

der 200-Dollar-Marke werden dramatische<br />

Auswirkungen auf die globale Logis-<br />

tik haben. <strong>Die</strong> Folgen könnten e<strong>in</strong>e Rolle<br />

rückwärts e<strong>in</strong>leiten, schreibt die Hambur-<br />

ger Berenberg Bank <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Studie. Sie<br />

befürchtet e<strong>in</strong>e Deglobalisierung statt wei-<br />

terer Arbeitsteilung. <strong>Die</strong> Produktion und<br />

der Verkauf der Waren würden im Wesent-<br />

lichen wieder lokal erfolgen. Hohe Prei-<br />

se und Wohlstandsverluste wären nicht zu<br />

vermeiden. In e<strong>in</strong>igen Branchen hat diese<br />

Bewegung schon begonnen. „Bei e<strong>in</strong>em<br />

Ölpreis von 100 Dollar pro Fass ist der<br />

Lohnkostenvorteil von Asien dah<strong>in</strong>“, sagt<br />

beispielsweise Bernd Bischoff, der Chef<br />

des Münchner Computerherstellers Fujit-<br />

su Siemens. Immerh<strong>in</strong> wird e<strong>in</strong> Computer<br />

etwa zweie<strong>in</strong>halbmal um den Globus geflo-<br />

gen, bevor er auf dem Schreibtisch steht.<br />

Für den Münchner Professor und Logistik-<br />

fachmann Horst Wildemann von der TU<br />

München wird ab e<strong>in</strong>em Preis von 200 Dol-<br />

lar pro Fass e<strong>in</strong> Umdenken <strong>in</strong> der Logistik<br />

zw<strong>in</strong>gend erforderlich se<strong>in</strong>. Dann, so sei-<br />

ne E<strong>in</strong>schätzung, werde sich vor allem der<br />

seit Jahren fortdauernde Trend zu immer<br />

mehr Kle<strong>in</strong>sendungen umdrehen. „Globa-<br />

le Transporte lassen sich dann nur noch für<br />

hochwertige Güter rechtfertigen“, pflichtet<br />

Christopher Jahns, Rektor der European<br />

Bus<strong>in</strong>ess School (EBS) <strong>in</strong> Oestrich-W<strong>in</strong>kel<br />

bei. Für den Transport würden die Waren<br />

stärker gebündelt, um e<strong>in</strong>e höhere Aus-<br />

lastung zu erzielen. Straße ade – Schiene<br />

und B<strong>in</strong>nenschiff wären die Wirklichkeit.<br />

pwc: | april 2008<br />

Entwicklung der Rohölpreise von 1970 bis 2008<br />

$ pro Barrel<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010<br />

Quelle: www.tecson.de, HSH Nordbank<br />

Und auch die Just-<strong>in</strong>-Time-Philosophie<br />

hätte ausgedient. <strong>Die</strong> zeitgenauen Liefe-<br />

rungen würden durch mehr Zwischenlager<br />

ersetzt, wenn die Transportpreise über den<br />

Lagerkosten lägen.<br />

Bei Massenwaren liegt die Grenze höher,<br />

vielleicht erst bei 300 Dollar. So etwas ent-<br />

scheiden letztlich die Kunden. „Solange sie<br />

die Preiserhöhungen schlucken, schlagen<br />

wir die Kosten drauf“, sagt e<strong>in</strong> Mitarbei-<br />

ter e<strong>in</strong>es großen Speditionsunternehmens.<br />

<strong>Die</strong>se Schmerzgrenze ist aber noch nicht<br />

erreicht. „Der Transport e<strong>in</strong>es T-Shirts von<br />

Ch<strong>in</strong>a nach Europa kostet gerade e<strong>in</strong>mal<br />

2 Cent“, sagt Klaus-<strong>Die</strong>ter Ruske, Logis-<br />

tikexperte bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong><br />

(PwC). Selbst bei e<strong>in</strong>er Verdopplung dürf-<br />

ten die Auswirkungen demnach ger<strong>in</strong>g<br />

se<strong>in</strong>. Hippe Turnschuhe aus Vietnam und<br />

e<strong>in</strong>e Flasche südafrikanischer We<strong>in</strong> kosten<br />

dann eben noch e<strong>in</strong> paar Cent mehr. In der<br />

Größenordnung ist das ke<strong>in</strong> Problem.<br />

Steigende Ölpreise verteuern nicht nur<br />

den Transport über die <strong>Welt</strong>meere, son-<br />

dern auch den auf den letzten Abschnit-<br />

ten der Lieferkette, vom Zielhafen bis zur<br />

Verkaufsstelle. <strong>Die</strong> meisten Praktiker sehen<br />

bei diesen nationalen Verkehren weder<br />

<strong>in</strong> der Bahn noch im Schiff e<strong>in</strong>e Alterna-<br />

tive zur Straße. Wie sollte die auch aus-<br />

sehen? Andere Transportmittel dürften es<br />

schwer haben, etwa bis zu Abnehmern wie<br />

Aldi, Lidl und Co. zu gelangen. <strong>Die</strong> Flexibi-<br />

lität des Lastwagens sei nach wie vor das<br />

unschlagbare Argument, um am Transport-<br />

weg Straße festzuhalten. Umso wichtiger ist<br />

es deshalb für die Unternehmen, <strong>in</strong> diesem<br />

Bereich durch moderne Technik und <strong>in</strong>telli-<br />

gente Organisation Energiekosten e<strong>in</strong>zuspa-<br />

ren. Transportunternehmen wie der US-Rie-<br />

se UPS geben Milliardensummen dafür aus,<br />

die Routen ihrer Fahrzeuge zu optimieren,<br />

um Leerfahrten zu verh<strong>in</strong>dern. <strong>Die</strong> Spediti-<br />

onen kaufen neue, spritsparende Lastwa-<br />

gen. Schiffe dagegen fahren e<strong>in</strong>fach lang-<br />

samer oder tanken dort, wo das Bunkeröl<br />

noch billiger ist.<br />

Doch das Ende der Sparmöglichkeiten ist<br />

irgendwann e<strong>in</strong>mal erreicht. Deshalb wird<br />

bereits fieberhaft an neuen Modellen gear-<br />

beitet. Automobilhersteller wie Volvo bas-<br />

teln beispielsweise an Hybridlastern, die<br />

die <strong>Die</strong>seltechnik mit e<strong>in</strong>em Elektromotor<br />

verb<strong>in</strong>den. Das Hamburger Unternehmen<br />

Skysails experimentiert mit riesigen Se-<br />

geln, von denen sich Schiffe auf dem Meer<br />

ziehen lassen können, um Energie zu spa-<br />

ren. Das erste kommerzielle Frachtschiff<br />

mit solch e<strong>in</strong>em zusätzlichen Zugdrachen-<br />

antrieb ist bereits seit Dezember auf See.<br />

Das alles stimmt Ingrid Göpfert, Profes-<br />

sor<strong>in</strong> für Logistik an der Philipps-Universi-<br />

tät Marburg, zunächst e<strong>in</strong>mal optimistisch:<br />

„Manchmal s<strong>in</strong>d es schier aussichtslose<br />

Situationen, die erst geniale Ideen hervor-<br />

br<strong>in</strong>gen lassen.“<br />

Trotz der aufziehenden Gefahren reagiert<br />

die Industrie bislang aber nur zögerlich<br />

auf die aktuelle Situation und mögliche<br />

Perspektiven. Nach E<strong>in</strong>schätzung der Lo-<br />

gistikexperten der Berenberg Bank neig-<br />

ten viele Manager e<strong>in</strong>fach dazu, weiter-<br />

h<strong>in</strong> strategische Zickzackkurse zu fahren.<br />

Trotz zweier Ölkrisen, der Golfkriege und<br />

dem absehbaren Ende der Ölförderung<br />

ließe sich kaum e<strong>in</strong>e Neuausrichtung als<br />

Antwort auf wechselnde Energietrends<br />

erkennen. Das Fazit der Banker: <strong>Die</strong> meis-<br />

ten Manager schauen e<strong>in</strong>fach nur zu und<br />

warten ab.


pwc: Titel<br />

„Das kommunistische Land wandelt sich von der<br />

billigen Werkbank zur Wirtschaftsnation.“<br />

Klaus-<strong>Die</strong>ter Ruske, Logistikexperte bei PwC<br />

pwc: | april 200


Szenario 2<br />

Der rote Riese holt<br />

langsam auf<br />

Ch<strong>in</strong>a ist ke<strong>in</strong> Billiglohnland mehr und lässt selbst <strong>in</strong> Vietnam, Indonesien oder<br />

Malaysia produzieren. <strong>Die</strong> Logistikunternehmen profitieren davon.<br />

Von Susanne Osadnik<br />

Nach 10.000 Kilometern und 15 Tagen<br />

Fahrzeit erreicht der 700 Meter lange Pe-<br />

k<strong>in</strong>g-Hamburg-Conta<strong>in</strong>er-Express die Han-<br />

sestadt. Auf dem Schiff wären die Conta<strong>in</strong>er<br />

34 Tage unterwegs gewesen. <strong>Die</strong> Deut-<br />

sche Bahn hat gezeigt, dass die Schiene<br />

schneller ist als das Schiff. „Zum Ende des<br />

Jahrzehnts streben wir die Aufnahme ei-<br />

nes regelmäßigen Güterverkehrs auf dieser<br />

Achse an“, verkündet Bahn-Chef Hartmut<br />

Mehdorn. <strong>Die</strong> Öffnung der neuen Logistik-<br />

strecke über die eurasische Landbrücke<br />

schreckt Deutschlands Reeder und Hafen-<br />

betreiber nicht. Sie bleiben die dom<strong>in</strong>ieren-<br />

de Macht <strong>in</strong> der Ch<strong>in</strong>a-Logistik. 8 Contai-<br />

ner passen maximal auf e<strong>in</strong>en Zug. 13.000<br />

heute schon auf e<strong>in</strong>en Frachter. <strong>Die</strong> Bahn<br />

wird nur die letzte Lücke im Angebot fül-<br />

len: Güter transportieren, die relativ schnell<br />

nach Westeuropa kommen müssen, deren<br />

Transportkosten aber überschaubar bleiben:<br />

Aktionswaren der Mode- und der Elektronik-<br />

<strong>in</strong>dustrie.<br />

<strong>Die</strong> Reeder schlagen längst e<strong>in</strong> neues Ka-<br />

pitel im Handel mit dem Reich der Mitte<br />

auf: „Das kommunistische Land wandelt<br />

sich von der billigen Werkbank zur prospe-<br />

rierenden Wirtschaftsnation“, sagt Klaus-<br />

<strong>Die</strong>ter Ruske, Logistikexperte bei Price-<br />

waterhouseCoopers (PwC). „<strong>Die</strong> Zeit der<br />

niedrigen Löhne <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a ist vorbei.“ Um<br />

10 Prozent stiegen die Gehälter ch<strong>in</strong>esi-<br />

scher Arbeiter 2007, meldet die nationa-<br />

le Statistikbehörde. Nach e<strong>in</strong>er Studie von<br />

Deutsche Bank Research s<strong>in</strong>d die Löhne<br />

e<strong>in</strong>facher Arbeiter <strong>in</strong> Schanghai bereits fast<br />

doppelt so hoch wie <strong>in</strong> Indonesien, Thai-<br />

land und Vietnam. „Um ihren Kunden wei-<br />

terh<strong>in</strong> kostengünstige Waren bieten zu<br />

können, lagern ch<strong>in</strong>esische Unternehmen<br />

deshalb immer mehr Produktionstätigkei-<br />

ten <strong>in</strong> andere asiatische Länder aus“, sagt<br />

Steffen Dyck, Economist Emerg<strong>in</strong>g Mar-<br />

kets bei DB Research. „Der Aufstieg Ch<strong>in</strong>as<br />

vom Billiglohnland zur <strong>Welt</strong>wirtschaftsnation<br />

wird <strong>in</strong> den kommenden Jahren das globa-<br />

pwc: | april 2008<br />

le Transportaufkommen vermutlich deut-<br />

lich steigern.“ Und für Logistiker neue und<br />

mehr Handelsrouten eröffnen. „Früher wur-<br />

den nur Rohstoffe nach Ch<strong>in</strong>a verfrachtet<br />

und von dort Fertigwaren gen Westeuropa<br />

und Nordamerika transportiert“, sagt Ruske.<br />

Jetzt müssen Waren aus den ch<strong>in</strong>esischen<br />

Produktionsstätten <strong>in</strong> Indonesien, Malaysia,<br />

den Philipp<strong>in</strong>en, Vietnam und Kambodscha<br />

nach Ch<strong>in</strong>a gebracht werden, um sie dann<br />

<strong>in</strong> alle <strong>Welt</strong> weiterzuverteilen.<br />

Wie drastisch sich die Außenhandelsbilanz<br />

des roten Riesen verändert hat, zeigt das<br />

Beispiel der Philipp<strong>in</strong>en: Immer mehr ch<strong>in</strong>esische<br />

Unternehmen lassen MP3-Player,<br />

Stereoanlagen und Telefone <strong>in</strong> Fabriken auf<br />

dem Pazifikarchipel fertigen. Von 2000 bis<br />

2007 stieg das Handelsvolumen zwischen<br />

Ch<strong>in</strong>a und dem Inselstaat von 3,14 auf<br />

30,62 Milliarden Dollar. In Schanghai ist die<br />

Port Authority dabei, Ch<strong>in</strong>as größten Hafen<br />

zur zentralen Logistikdrehscheibe auszubauen.<br />

In den kommenden Jahren werden<br />

zusätzlich zu den großen Conta<strong>in</strong>erschiffen<br />

jede Menge Feederschiffe, das s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>e<br />

Verteilerfrachter, den Hafen ansteuern – mit<br />

Fertigwaren, die ch<strong>in</strong>esische Unternehmen<br />

produzieren ließen. „In e<strong>in</strong> bis zwei Jahren<br />

wird mehr als die Hälfte der Conta<strong>in</strong>erverladungen<br />

<strong>in</strong> Schanghai auf Feederschiffe<br />

entfallen“, prognostiziert das Shanghai Port<br />

and Shipp<strong>in</strong>g Bureau.<br />

Wirtschaftswachstum <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a<br />

Brutto<strong>in</strong>landsprodukt, Veränderung zum Vorjahr <strong>in</strong> Prozent<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

* Prognosen<br />

7,6<br />

8,4<br />

Quelle: Bundesagentur für Außenwirtschaft (BFAI)<br />

8,3<br />

9,1<br />

2003 10<br />

Längst s<strong>in</strong>d deutsche Logistiker auch mit<br />

Ch<strong>in</strong>as neuen Wirtschaftspartnern vertraut.<br />

Etwa durch Textilunternehmen wie<br />

S. Oliver, das zwar 80 Prozent se<strong>in</strong>er Waren<br />

<strong>in</strong> Asien, dort jedoch vor allem <strong>in</strong> Indien<br />

und Indonesien fertigen lässt. „Ch<strong>in</strong>a<br />

ist politisch risikobehaftet“, sagt Hans-Peter<br />

Hiemer, Geschäftsführer Produktion bei<br />

S. Oliver. „Wenn wir viele Standorte gleich-<br />

zeitig nutzen, können wir jederzeit relativ<br />

problemlos Produktionen umstellen.“ Und<br />

die Logistiker s<strong>in</strong>d ohneh<strong>in</strong> schon überall<br />

vertreten. Sie ziehen mit der Handelskara-<br />

wane weiter, so Thomas Böcher, Geschäfts-<br />

führer des Schiffsfonds<strong>in</strong>itiators Norddeut-<br />

sche Vermögensanlage. Er geht davon aus,<br />

dass auch Malaysia und Vietnam nur vor-<br />

übergehend billige Werkbankländer se<strong>in</strong><br />

werden. „Sobald auch <strong>in</strong> diesen Ländern<br />

die Löhne steigen, werden sich neue güns-<br />

tige Produktionsstandorte etablieren – viel-<br />

leicht sogar <strong>in</strong> Afrika.“ Auch wenn das noch<br />

Jahrzehnte dauern wird – den Logistikern<br />

ist es nur recht, wenn der Lebensstandard<br />

<strong>in</strong> möglichst vielen Ländern steigt. „Bis-<br />

lang fuhren die Conta<strong>in</strong>erfrachter von Eu-<br />

ropa meist leer nach Ch<strong>in</strong>a zurück“, sagt<br />

Hanspeter Stabenau, Logistikexperte der<br />

Stadt Bremen. Das werde sich aber ändern,<br />

me<strong>in</strong>t Stabenau: „Mit steigendem Konsum<br />

<strong>in</strong> Asien s<strong>in</strong>d auch unsere Waren <strong>in</strong>teres-<br />

santer. Und dann werden die Louis-Vuitton-<br />

Taschen eben dort verkauft.“<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007*<br />

2008*<br />

10,1<br />

10,4<br />

11,1<br />

11,6<br />

10,9


pwc: Titel<br />

Szenario 3<br />

Im Fadenkreuz<br />

des Terrors<br />

Wenn Attentäter logistische Brennpunkte wie Häfen, Flughäfen oder Logistikzentren<br />

lahmlegen, könnte der gesamte <strong>Welt</strong>handel zum Erliegen kommen.<br />

Von Alexander He<strong>in</strong>tze<br />

„Der Ausfall e<strong>in</strong>es Hafens hätte fatale Folgen,<br />

da man Millionen Menschen von der Versorgungskette<br />

abschneidet.“<br />

Christopher Jahns, European Bus<strong>in</strong>ess School Oestrich-W<strong>in</strong>kel<br />

10 pwc: | april 2008


Terroralarm im Rostocker Ostseehafen. Per<br />

Fähre über Russland und F<strong>in</strong>nland soll e<strong>in</strong><br />

Lastwagen mit bis zu e<strong>in</strong>er Tonne Spreng­<br />

stoff auf dem Weg se<strong>in</strong>. Letztendlich ent­<br />

puppte sich diese Meldung, die Mitte<br />

Januar über die Nachrichtenticker lief, nur<br />

als Gerücht. Doch die Angst wächst, dass<br />

Terroristen Conta<strong>in</strong>erschiffe oder Tanker<br />

als Waffen missbrauchen und damit gan­<br />

ze Häfen lahmlegen könnten. Angriffe auf<br />

die Häfen dieser <strong>Welt</strong>, auf Frachtflughäfen<br />

oder Logistikzentren? Christopher Jahns,<br />

Logistikexperte und Rektor der European<br />

Bus<strong>in</strong>ess School (EBS), kann sich so e<strong>in</strong><br />

Szenario durchaus vorstellen. „E<strong>in</strong> solcher<br />

Angriff wäre vergleichbar mit den Anschlägen<br />

auf das World Trade Center und<br />

was die wirtschaftlichen Folgen anbelangt<br />

vielleicht sogar noch dramatischer“, sagt<br />

Jahns. Der Ausfall e<strong>in</strong>es Hafens oder e<strong>in</strong>es<br />

großen Luftdrehkreuzes hätte fatale Folgen.<br />

„Man schneidet Millionen Menschen von der<br />

Versorgungskette ab“, so Jahns.<br />

Auch die Politik beschäftigt sich weltweit<br />

mit derartigen Horrorszenarien, deren Um­<br />

setzung die Wirtschaft empf<strong>in</strong>dlich treffen<br />

könnten. Im Mittelpunkt dabei: Terroranschläge,<br />

bei denen mit Sprengstoff<br />

beladene Schiffe e<strong>in</strong>gesetzt werden. <strong>Die</strong><br />

USA gehen bei ihren Gedankenspielen noch<br />

e<strong>in</strong>en Schritt weiter. Nach dem 11. September<br />

wurden Szenarien entwickelt, bei denen<br />

e<strong>in</strong> mit radioaktivem Staub beladener Conta<strong>in</strong>er<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hafen explodiert. Da 95 Prozent<br />

aller Importwaren per Conta<strong>in</strong>er <strong>in</strong> die<br />

USA e<strong>in</strong>geführt werden, wäre die Wirkung<br />

verheerend. Noch schlimmer wären die Folgen,<br />

wenn sich e<strong>in</strong> solcher Anschlag <strong>in</strong> Asien<br />

abspielte: Acht der zehn größten Häfen<br />

liegen <strong>in</strong> Mittel­ und Fernost.<br />

<strong>Die</strong> Länder Ostasiens s<strong>in</strong>d allesamt stark<br />

abhängig vom Ölimport, der Rest der <strong>Welt</strong><br />

wiederum bezieht e<strong>in</strong>en Großteil der Massenprodukte<br />

von dort. E<strong>in</strong>e Unterbrechung<br />

durch e<strong>in</strong>en Anschlag würde deshalb den<br />

<strong>Welt</strong>handel empf<strong>in</strong>dlich e<strong>in</strong>brechen lassen.<br />

Expertenschätzungen zufolge dürfte alle<strong>in</strong><br />

die Schließung des weltgrößten Hafens <strong>in</strong><br />

S<strong>in</strong>gapur jährlich über 200 Milliarden Dollar<br />

kosten. So groß die <strong>Welt</strong>meere auch<br />

s<strong>in</strong>d, die großen Wasserstraßen s<strong>in</strong>d dennoch<br />

vor terroristischen Angriffen ebenfalls<br />

nicht gefeit. Denn die meisten Tanker, Conta<strong>in</strong>erschiffe<br />

und Massengutfrachter zwängen<br />

sich durch wenige Nadelöhre. <strong>Die</strong> Straße<br />

von Hormus ist die Lebensader für den<br />

Ölexport nach Japan, <strong>in</strong> die USA und nach<br />

Westeuropa. Ebenso die Bab­el­Mandab­<br />

Passage, die das Rote Meer mit dem Golf<br />

von Aden verb<strong>in</strong>det. H<strong>in</strong>zu kommen Suesund<br />

Panamakanal, der Bosporus oder die<br />

Straße von Malakka.<br />

Um sich zu schützen, haben die Amerikaner<br />

e<strong>in</strong>e ganze Reihe von Sicherheitsvorschriften<br />

erlassen. <strong>Die</strong> Datenfülle, die<br />

die US­Behörden von jedem E<strong>in</strong>reisenden<br />

abfordern, hat <strong>in</strong> vielen Ländern Kritik hervorgerufen.<br />

Deren Nutzen ist ungewiss:<br />

Bisher s<strong>in</strong>d zwar viele illegale E<strong>in</strong>wanderer<br />

dadurch gefasst worden, aber noch<br />

ke<strong>in</strong> Terrorist. Auch die Europäische Union<br />

hat sich vom Sicherheitsfieber anstecken<br />

lassen. Unternehmen müssen seit Januar<br />

nachweisen, dass Sicherheit für sie an<br />

erster Stelle steht. Wer all die Sicherheitsvorschriften<br />

e<strong>in</strong>halten will, muss vor allem<br />

e<strong>in</strong>es tun: tief <strong>in</strong> die Tasche greifen. <strong>Die</strong><br />

Zertifizierungs­ und Sicherheitsfirma Det<br />

Norske Veritas (DNV) hat der EU­Kommission<br />

vorgerechnet, dass auf mittelständische<br />

Unternehmen Kosten von 130.000<br />

bis 300.000 Euro pro Jahr zukommen. Der<br />

Bundesverband des Deutschen Groß­ und<br />

Außenhandels (BGA) kritisiert die Maßnahmen<br />

nicht nur, weil sie teuer, sondern auch,<br />

weil sie aus se<strong>in</strong>er Sicht <strong>in</strong>effektiv s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong><br />

EU erwecke damit den E<strong>in</strong>druck, als sei<br />

„Was habe ich davon, wenn mir e<strong>in</strong> Röntgenmeister<br />

aus Dagestan die Unbedenklichkeit des Conta<strong>in</strong>ers<br />

bestätigt?“<br />

Christoph Seidelmann, Präsident der International Conta<strong>in</strong>er Security Organisation<br />

e<strong>in</strong>e umfassende Regulierung der Lieferkette<br />

das wirkungsvollste Mittel der Terrorabwehr,<br />

so der BGA. Dabei ließen sich<br />

Fahrer und deren Laster, die ungeh<strong>in</strong>dert<br />

mit Sprengstoff beladen auf Europas Straßen<br />

fahren können, gar nicht aufspüren.<br />

An den Sicherheitsideen, mit denen die<br />

Amerikaner dem Warenverkehr zu Leibe<br />

rücken, gibt es ebenfalls erheblichen<br />

Zweifel. So sollen nach den Vorstellungen<br />

der US­Heimatschutzbehörde <strong>in</strong> naher<br />

Zukunft alle für die USA bestimmten<br />

Conta<strong>in</strong>er im Herkunftsland durchleuchtet<br />

werden. Im Hamburger Hafen steht<br />

bereits e<strong>in</strong>e mehr als 18 Millionen Euro<br />

teure Röntgenanlage. Jeder Conta<strong>in</strong>er<br />

oder Sattelzug, der den Amerikanern verdächtig<br />

ersche<strong>in</strong>t, muss da durch. Doch<br />

ob sich die USA damit wirklich schützen<br />

können, ist zweifelhaft. Gerade mal 1 Prozent<br />

der Conta<strong>in</strong>er im Hamburger Hafen<br />

wird tatsächlich gescannt. Conta<strong>in</strong>er, die<br />

aus Schwellenländern kommen, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />

weiteres Problem. „Was habe ich davon,<br />

wenn mir e<strong>in</strong> Röntgenmeister aus Dagestan<br />

die Unbedenklichkeit des Conta<strong>in</strong>ers<br />

bestätigt?“, fragt Christoph Seidelmann,<br />

Präsident der International Conta<strong>in</strong>er<br />

Security Organisation (ICSO) mit Sitz <strong>in</strong><br />

Brüssel. Korruption und mafiöse Banden,<br />

die mit Terroristen zusammenarbeiten,<br />

machten die Vorkehrungen <strong>in</strong> solchen<br />

Ländern h<strong>in</strong>fällig.<br />

In den Vere<strong>in</strong>igten Staaten selbst haben<br />

die Maßnahmen die Sicherheit <strong>in</strong> den Häfen<br />

aber zweifellos erhöht. <strong>Die</strong> Zahl der gestohlenen<br />

Conta<strong>in</strong>er ist <strong>in</strong> der letzten Zeit<br />

deutlich zurückgegangen, Mafiabanden und<br />

Schmuggler haben es sehr viel schwerer,<br />

ihre Geschäfte abzuwickeln. Verbrechensbekämpfung<br />

als Nebenprodukt der Terrorangst.<br />

pwc: | april 2008 11


pwc: Titel<br />

Autoterm<strong>in</strong>al <strong>in</strong> Bremerhaven (oben): Rund zwei Millionen Autos werden von hier aus jährlich verschifft. Bis 2012 will die BLG Logistics<br />

Group das Gelände ausbauen. Auch das Hochregal-Lager von Tchibo <strong>in</strong> Bremen (unten) ist gigantisch: Es ist so groß wie 22 Fußballfelder.<br />

12 pwc: | april 2008


Mehr als transportfähig<br />

Logistikunternehmen bieten viel mehr als den bloßen Transport. Was sie sonst<br />

noch können, zeigen die Beispiele BLG Logistics und Tchibo.<br />

Von Wolfgang Kiesel<br />

Napoleon gilt als ihr Erf<strong>in</strong>der, und die Militärs<br />

haben sie kultiviert: die Logistik. <strong>Die</strong> Armeen<br />

dieser <strong>Welt</strong> verfügen allesamt <strong>in</strong>zwischen<br />

über mehr Nachschubsoldaten als kämp-<br />

fende Truppen. In der Wirtschaft hat Logis-<br />

tik neben dem Transport e<strong>in</strong>e andere Be-<br />

deutung: Sie ist oftmals Teil der Produktion.<br />

„Lean Production“ ist das Stichwort, unter<br />

dem Just-<strong>in</strong>-Time-Komponenten direkt aufs<br />

Fertigungsband bei Autos, Fernsehern oder<br />

IT-Produkten gesetzt werden. <strong>Die</strong> Folge: we-<br />

niger Lager- und Personalkosten, weniger<br />

überflüssige Transporte. Zwei Beispiele.<br />

BLG Logistics<br />

Im Technikzentrum für den Automobil-Im-<br />

und Export <strong>in</strong> Bremerhaven, das gerade<br />

e<strong>in</strong>e eigene Teststrecke erhält, baut das<br />

Logistikunternehmen BLG bei hochwertigen<br />

Mercedes-AMG-Pkw das Soundsystem e<strong>in</strong><br />

und entfernt die Geschw<strong>in</strong>digkeitsbegren-<br />

zung. In Brasilien hat das Unternehmen<br />

die Werkslogistik für die dortige Produkti-<br />

on des Mercedes-Coupé vom Typ CL 203<br />

übernommen. Damit das Werk überhaupt<br />

montieren kann, sammelt das Logistics<br />

Center <strong>in</strong> Bremen etwa 2.000 unterschied-<br />

liche Fahrzeugteile von 250 verschiedenen<br />

Zulieferern – jährlich etwa 3.000 Standard-<br />

conta<strong>in</strong>er – und organisiert die Verschif-<br />

fung nach Südamerika. Im Mercedes-Werk<br />

<strong>in</strong> Juiz de Fora, <strong>in</strong> der Nähe von Rio, wer-<br />

den die Conta<strong>in</strong>er entladen und die Teile<br />

<strong>in</strong> die Montage e<strong>in</strong>gebracht. <strong>Die</strong> fertigen<br />

Fahrzeuge gehen ausschließlich <strong>in</strong> den Ex-<br />

port, vorwiegend nach Europa. Vergleich-<br />

bares passiert mit der Mercedes-C-Klasse<br />

<strong>in</strong> Südafrika: Sammeln der Teile <strong>in</strong> Bremen,<br />

Organisation des Transports <strong>in</strong>s Werk und<br />

Distribution der Fertigfahrzeuge, die auch<br />

dort ganz wesentlich <strong>in</strong> den Export gehen.<br />

Aus Asien kommen die Kabelbäume für den<br />

Ford Escort <strong>in</strong> Conta<strong>in</strong>ern nach Südafrika,<br />

wo BLG Logistics die komplette Abwick-<br />

lung übernimmt. Bis zum Umpacken der<br />

Kabelbäume <strong>in</strong> die Produktionsbehälter und<br />

der E<strong>in</strong>lagerung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Pufferlager im Werk.<br />

Ähnlich sieht es <strong>in</strong> Malaysia aus, wo BLG<br />

für BMW Bausätze <strong>in</strong> Empfang nimmt, den<br />

Transport <strong>in</strong>s BMW-Werk <strong>in</strong> Shah Alam orga-<br />

nisiert, von dort die Fertigfahrzeuge verlädt<br />

und sogar für die Auslieferung zuständig ist.<br />

Tchibo<br />

E<strong>in</strong>es der komplexesten Logistiksysteme<br />

kommt aus dem Hause Tchibo. „Jede Wo-<br />

che e<strong>in</strong>e neue <strong>Welt</strong>“, verspricht der Kaffee-<br />

konzern, der selbst das Ergebnis e<strong>in</strong>er<br />

Logistikrevolution ist. 1949, als Kaffee noch<br />

als Luxusartikel galt, setzte Tchibo auf e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Die</strong> Top Ten der Logistik 2007<br />

Rang Unternehmen<br />

1<br />

Dt. Post World Net (D)<br />

2<br />

United Parcel Service (USA)<br />

3<br />

Fedex (USA)<br />

4<br />

Maersk A/S (Dänemark)<br />

5<br />

Deutsche Bahn (D)<br />

(<strong>in</strong>kl. Schenker und Bax)<br />

6<br />

Ch<strong>in</strong>. Staatsbahn (Ch<strong>in</strong>a)<br />

7<br />

RZB (Russland)<br />

8<br />

NYK L<strong>in</strong>e (Japan)<br />

9<br />

Union Pacific (USA)<br />

10 Nippon Express (Japan)<br />

Quelle: Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Technologien der Logistik-<br />

<strong>Die</strong>nstleistungswirtschaft (ATL)<br />

Logistik ist e<strong>in</strong>e Schlüsselbranche für die<br />

Globalisierung. Im Spannungsfeld zwischen<br />

Kostendruck und Produktionssicherheit<br />

verändern logistische Ideen die <strong>Welt</strong>wirtschaft.<br />

neue Logistik-Idee: Den frisch geröste-<br />

ten Bohnenkaffee brachte der Briefträger<br />

der Deutschen Bundespost <strong>in</strong>s Haus. Was<br />

heute <strong>in</strong> den Regalen von mehr als 60.000<br />

Tchibo-Shops liegt, hat nicht mehr unbe-<br />

d<strong>in</strong>gt etwas mit Kaffee zu tun. Kosmetik,<br />

Garten- und Haushaltsgeräte, Textilien und<br />

Spielzeug, die E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> die Tchibo-Filialen<br />

gehalten haben, kommen weitgehend aus<br />

Fernost und tragen jährlich rund 3,5 Milliar-<br />

den Euro zum Umsatz bei. Nach Deutsch-<br />

land kommt die Ware jährlich <strong>in</strong> etwa 20.000<br />

Standardconta<strong>in</strong>ern. 24 Monate dauert es,<br />

bis e<strong>in</strong> Tchibo-Produkt alle Stadien von Pla-<br />

nung, Produktion und Transport durchlaufen<br />

hat. Dabei setzt der Tchibo-Cheflogistiker<br />

Kay Middendorf schon seit den 90er-Jahren<br />

auf B<strong>in</strong>nenschiffs- und Schienenkonzepte.<br />

Der Straßentransport dient nur für die letzten<br />

Glieder der Lieferkette.<br />

Seit e<strong>in</strong>em Jahr hat sich das Unternehmen<br />

auch die Reduzierung von CO2-Emissionen<br />

der eigenen Transportketten auf die<br />

Fahne geschrieben und e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />

Projekt mit dem Bundesumweltm<strong>in</strong>isterium<br />

und der Technischen Universität Hamburg<br />

gestartet: Ziel ist es, von der Warenbeschaffung<br />

bis zur Auslieferung der Produkte neue<br />

Lösungen zu entwickeln, die die Umwelt<br />

nachhaltig schonen und Ressourcen sparen.<br />

„Jeder e<strong>in</strong>zelne Prozess <strong>in</strong> der Beschaffungs-<br />

und Transportkette wird h<strong>in</strong>sichtlich<br />

se<strong>in</strong>er Ressourcen- und Klimarelevanz<br />

überprüft“, so Middendorf. Etwa der E<strong>in</strong>satz<br />

neuer Technologien bei Überseetransporten<br />

genauso wie auch die Nutzung alternativer<br />

Antriebsformen wie zum Beispiel Wasserstoff.<br />

Kontakt<br />

klaus-dieter.ruske@de.pwc.com<br />

Tel. 0211 981-2877<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc273<br />

pwc: | april 2008 13


pwc: Titel<br />

„Deutsche Logistiker<br />

s<strong>in</strong>d weltweit spitze“<br />

Detthold Aden, der Vorstandsvorsitzende der Bremer BLG Logistics Group,<br />

über Visionen und Sp<strong>in</strong>nereien <strong>in</strong> der <strong>Welt</strong> der Logistik.<br />

Von Alexander He<strong>in</strong>tze<br />

„Unterirdische, automatisierte Transportbänder s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>e reizvolle Vorstellung, aber nicht f<strong>in</strong>anzierbar.“<br />

14 pwc: | april 2008


pwc: Dubai, Ch<strong>in</strong>a, Indien – vor allem die arabischen und asiati­<br />

schen Länder bauen ihre Logistikstrukturen aus. Welche Auswir­<br />

kungen hat das auf die <strong>in</strong>ternationalen Logistikströme?<br />

Aden: In der Summe bedeutet das immer Wachstum. <strong>Die</strong> Nach­<br />

frage nach Logistikdienstleistungen leitet sich aus dem <strong>Welt</strong>­<br />

wirtschaftsgeschehen ab. Überall dort, wo neue Produktions­<br />

kapazität und neue Nachfrage entstehen, ist die Logistik gefragt.<br />

Globalisierung heißt <strong>in</strong>ternational zunehmende Arbeitsteilung, da­<br />

mit steigendes <strong>Welt</strong>handelsvolumen und noch mehr Logistik.<br />

Kann Deutschland davon profitieren oder ist das eher e<strong>in</strong>e Ge­<br />

fahr?<br />

Wo immer ich h<strong>in</strong>komme, treffe ich auf Logistiker aus Deutsch­<br />

land. Gerade auch <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, Indien, Dubai und anderen auf­<br />

strebenden Ländern der <strong>Welt</strong>. Unser Know­how ist gefragt. E<strong>in</strong><br />

sichtbares Zeichen dafür ist die wachsende Zahl deutscher En­<br />

gagements auf der <strong>Welt</strong> – ob mit eigenen Niederlassungen, Jo<strong>in</strong>t<br />

Ventures, Kooperationen oder strategischen Allianzen.<br />

Welche Veränderungen bei den Transportwegen und Transport­<br />

mitteln zieht das nach sich?<br />

Rund 99 Prozent der <strong>in</strong>terkont<strong>in</strong>entalen Warenströme laufen über<br />

die Seewege. Der Conta<strong>in</strong>er bietet dabei die wesentliche physi­<br />

sche Basis und e<strong>in</strong> sehr gutes Preis­Leistungs­Verhältnis. Das<br />

wird sich <strong>in</strong> absehbarer Zeit nicht ändern. Innerhalb der Konti­<br />

nente müssen wir Schiene, Straße und Wasser nicht nur ausbau­<br />

en, sondern auch <strong>in</strong>telligent mite<strong>in</strong>ander vernetzen, damit unsere<br />

Wachstumspotenziale nicht im Verkehrschaos versickern. Aber<br />

die Prozesse werden immer <strong>in</strong>telligenter – gestützt auf zukunfts­<br />

orientierte IT­Systeme und vor allem auf gut ausgebildete Fach­<br />

kräfte <strong>in</strong> der Logistik.<br />

Was s<strong>in</strong>d die Transportmittel der Zukunft, auf die Unternehmen<br />

setzen müssen?<br />

Es gibt sogenannte Visionäre, die sehen Waren, die von Geister­<br />

hand gelenkt durch den Orbit gebeamt werden. „Straßen, Schie­<br />

nen, Wasser? Alles überflüssig!“ Bleiben wir auf dem Teppich.<br />

Straße, Schiene und Wasser werden auch langfristig die Ver­<br />

kehrsträger der Güterströme se<strong>in</strong>. Unterirdische, automatisierte<br />

Transportbänder oder überirdische Systeme mit Seilbahnen s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>e reizvolle Vorstellung, aber nicht f<strong>in</strong>anzierbar. Pipel<strong>in</strong>es eignen<br />

sich zurzeit leider nur für flüssige Rohstoffe. Das Flugzeug behält<br />

se<strong>in</strong>e Stärke im schnellen Personentransport. Noch stärkere<br />

Bedeutung kommt dem weltumspannenden Datentransfer zu.<br />

Aber der Begriff Datenautobahn existiert ja auch heute schon.<br />

E<strong>in</strong>e logistische Revolution ist nicht zu sehen, wohl aber e<strong>in</strong>e<br />

schnelle Evolution. In der Logistik ist Tempo wichtig. Mit Stan­<br />

dardleistungen lassen sich ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>novativen Logistikprozesse<br />

gestalten.<br />

Wo sehen Sie Ihre Zukunftsmärkte?<br />

Schauen wir nur mal e<strong>in</strong> paar Jahre zurück. Vor 2002 hat nie­<br />

mand die Entwicklung <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a so prognostiziert. Nun zeigt auch<br />

Indien e<strong>in</strong>e ähnliche Entwicklung. Das hat ebenfalls so niemand<br />

vorhergesehen. Wenn wir Aufschluss über die Potenziale haben<br />

wollen, dann müssen wir uns die Erdteile oder die Länder anse­<br />

hen, die heute <strong>in</strong>dustriell noch weitgehend brachliegen. Das s<strong>in</strong>d<br />

vor allem weitere Teile Südostasiens und Südamerikas sowie gro­<br />

ße Teile Afrikas. Auch diese werden sich zunehmend <strong>in</strong> die <strong>in</strong>ter­<br />

nationale Arbeitsteilung e<strong>in</strong>gliedern. <strong>Die</strong> Anfänge s<strong>in</strong>d längst ge­<br />

macht. <strong>Die</strong> Frage ist, wie schnell sich diese Prozesse vollziehen<br />

werden. Das lässt Spielraum für Spekulationen. Tatsache ist je­<br />

doch, dass relativ sichere politische und gesellschaftliche Verhält­<br />

nisse die wirtschaftliche Entwicklung immer beflügeln. Aktuell auf<br />

gutem Kurs sehe ich Teile Südosteuropas und auch Russland.<br />

<strong>Die</strong> ökologische Diskussion hat die Logistik erreicht. Wie kann<br />

die Logistik zum Thema Umweltschutz beitragen?<br />

E<strong>in</strong> wichtiger Schritt ist die Vermeidung von Staus durch den<br />

zielgerichteten Ausbau der Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur. Mit <strong>in</strong>telligen­<br />

ter Lenkung lassen sich Verkehre verstetigen. E<strong>in</strong>e Mautspreizung<br />

würde den Güterverkehr entzerren – zum Beispiel günstigere Sät­<br />

ze <strong>in</strong> der Nacht und auf weniger frequentierten Strecken, Anhe­<br />

bung der Maut zu anderen Zeiten und auf stark belasteten Stre­<br />

cken. Nachdenken muss man über e<strong>in</strong> generelles Überholverbot<br />

für Lkw auf zweistreifigen Autobahnen, eventuell verbunden mit<br />

e<strong>in</strong>er Geschw<strong>in</strong>digkeitsbegrenzung für Pkw. Erfolgreiche Versu­<br />

che gibt es schon <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>­Westfalen und <strong>in</strong> Niedersachsen.<br />

Beim Ausbau der Bahn<strong>in</strong>frastruktur muss der Güterverkehr im<br />

Vordergrund stehen. Dadurch lässt sich der Anteil der Bahn stär­<br />

pwc: | april 2008 15<br />

ken.<br />

Welche Zukunftskonzepte werden diskutiert und welche haben <strong>in</strong><br />

Ihren Augen wirklich Chancen auf e<strong>in</strong>e Umsetzung?<br />

Hybridmotoren gehören zu den neuen Antrieben, die auch im Lkw<br />

Anwendung f<strong>in</strong>den können. Segel für Frachtschiffe s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Er­<br />

probung. Sie können zur Unterstützung <strong>in</strong> w<strong>in</strong>dsicheren Regionen<br />

genutzt werden, wenn der W<strong>in</strong>d aus der richtigen Richtung weht.<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeitsreduzierungen bei Frachtschiffen zeigen bereits<br />

überproportionale Wirkung. Gleichmäßige Geschw<strong>in</strong>digkeiten bei<br />

Motorfahrzeugen im Teillastbetrieb ebenso.<br />

Nach Me<strong>in</strong>ung des Logistikforschers Hau L. Lee von der Stanford<br />

University reicht „schnell und billig“ nicht mehr aus. Wie sieht die<br />

Logistik der Zukunft aus?<br />

Das Preis­Leistungs­Verhältnis ist immer e<strong>in</strong> Kriterium. Im Vor­<br />

dergrund steht aber nicht „schnell und billig“, sondern „preisgüns­<br />

tig und zuverlässig“. Zum Beispiel kommt es bei der Bestückung<br />

e<strong>in</strong>er Automobilproduktion mit Tausenden unterschiedlichen Bau­<br />

teilen nicht darauf an, ob diese Teile Stunden, Tage oder Wochen<br />

unterwegs s<strong>in</strong>d, sondern, dass alle Teile <strong>in</strong> der richtigen Qualität<br />

zur richtigen Zeit <strong>in</strong> der richtigen Zahl am richtigen Arbeitsplatz<br />

<strong>in</strong> der Montage verfügbar s<strong>in</strong>d. H<strong>in</strong>sichtlich der Zukunft müssen<br />

die Logistiker im Interesse ihrer Kunden e<strong>in</strong>e noch ausgefeiltere<br />

<strong>Die</strong>nstleistungstiefe bieten, die Steuerungsprozesse weiter per­<br />

fektionieren und noch transparenter gestalten.<br />

Welche Rolle wird Deutschland künftig <strong>in</strong> der Logistik spielen?<br />

Weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e sehr starke. Als Exportweltmeister und e<strong>in</strong>er der<br />

größten Kunden des <strong>Welt</strong>markts spielen wir im globalen Handel<br />

e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle. Unser Außenhandelsvolumen von über<br />

1,7 Billionen Euro im vergangenen Jahr belegt das e<strong>in</strong>drucksvoll.<br />

Deutschland ist Schrittmacher und Nutznießer der Globalisie­<br />

rung. <strong>Die</strong> deutschen Logistiker s<strong>in</strong>d weltweit spitze. Durch die EU­<br />

Osterweiterung s<strong>in</strong>d wir von e<strong>in</strong>er geografischen Randlage <strong>in</strong>s<br />

Zentrum gerückt. Das hat unsere Drehscheibenfunktion für weite<br />

Teile Europas weiter gestärkt. Zudem sorgt die ökonomische Ent­<br />

wicklung <strong>in</strong> Russland für zunehmende logistische Impulse. Ch<strong>in</strong>a,<br />

Indien, Teile Südostasiens und Südamerikas sowie auch Afrikas<br />

s<strong>in</strong>d neue Wachstumsmärkte, die auf den <strong>Welt</strong>markt streben und<br />

gleichzeitig Kunden des <strong>Welt</strong>markts s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> Grenzen des logisti­<br />

schen Spielfelds s<strong>in</strong>d noch längst nicht abgesteckt.


pwc: Märkte<br />

Zweigeteiltes Land<br />

Viele Städte und Geme<strong>in</strong>den unternehmen zu wenig, um neue Firmen anzu-<br />

siedeln. Sie vergeben damit die Chance auf mehr Beschäftigung. Beson-<br />

ders <strong>in</strong> der Mitte Deutschlands gibt es zu wenig Gründungsdynamik. Das<br />

ergab e<strong>in</strong>e Untersuchung des Hamburgischen <strong>Welt</strong>wirtschafts<strong>in</strong>stituts<br />

(HWWI) im Auftrag von PwC. Ausgewertet wurden Handelsregister-<br />

daten von vier Millionen Unternehmen. <strong>Die</strong> auf Basis dieser Daten er-<br />

mittelte sogenannte Gründerrendite zeigt das regionale Jobwachstum<br />

durch Unternehmensgründungen, bere<strong>in</strong>igt um Firmenlöschungen.<br />

Das Ergebnis: Deutschland ist zweigeteilt <strong>in</strong> Nord und Süd. Für jun-<br />

ge Unternehmer ist der Süden besonders attraktiv. Dort entstehen<br />

die meisten Arbeitsplätze durch neu angesiedelte Firmen. In den<br />

Landkreisen München und Starnberg stieg die Zahl neuer Jobs 2007<br />

um jeweils 1,46 Prozent. Überraschend<br />

gut schneidet auch Mecklenburg-Vorpommern<br />

ab, während die Wachstumslokomotive<br />

Sachsen verliert. Für Wolfgang Wagner,<br />

Leiter des Public Sector bei PwC, s<strong>in</strong>d die<br />

hellen Flecken auf der Karte e<strong>in</strong> Warnsignal: - 0,51<br />

0,48<br />

„<strong>Die</strong> Städte und Geme<strong>in</strong>den müssen sich<br />

0,06<br />

0,71<br />

fragen, ob sie e<strong>in</strong> optimales Umfeld für<br />

0,25<br />

1,46<br />

Firmengründer bieten.“<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc274<br />

Stahlharte Deals<br />

Wo das Jobwunder<br />

zu Hause ist<br />

Beschäftigungsentwicklung<br />

2007 <strong>in</strong> Prozent*<br />

* neue Jobs durch Firmenansiedlungen,<br />

abzüglich des Jobabbaus durch Firmenlöschungen<br />

Quelle: PwC<br />

E<strong>in</strong>e beispiellose Fusionswelle hat den Stahl- und Alum<strong>in</strong>iumsektor<br />

erfasst. Seit Anfang 2007 hat es <strong>in</strong>sgesamt 120 Fusionen und<br />

Übernahmen gegeben. Grund dafür ist der Boom an den <strong>in</strong>ternationalen<br />

Rohstoffmärkten. <strong>Die</strong> gute <strong>Welt</strong>konjunktur und der kaum<br />

zu stillende Bedarf Ch<strong>in</strong>as und Indiens treiben die Nachfrage nach<br />

Rohstoffen wie Eisenerz kräftig an. Aber selbst durch den Zusammenschluss<br />

von Arcelor und Mittal oder Tata und Corus schon im<br />

Jahr 2006 kontrollieren die Unternehmen<br />

noch nicht die gesamte<br />

Branche. Denn „<strong>in</strong> der<br />

Stahlbranche verfügen die fünf<br />

größten Produzenten geme<strong>in</strong>sam<br />

über e<strong>in</strong>en Marktanteil<br />

von gerade e<strong>in</strong>mal 20 Prozent“,<br />

so Peter Albrecht, Leiter des<br />

Bereichs Industrielle Produktion<br />

bei PwC. Onl<strong>in</strong>e-Info:<br />

www.pwc.de/de/pwc275<br />

Ausverkauf der Stadtwerke<br />

<strong>Die</strong> oft desolate F<strong>in</strong>anzlage<br />

vieler Kommunen nährt die<br />

Diskussion, ob lokale Energieversorger<br />

privatisiert werden<br />

sollten. Wenn 2009 die Anreizregelung<br />

<strong>in</strong> Kraft tritt, die dazu<br />

beitragen soll, Ineffizienzen bei<br />

den Netzbetreibern abzubauen<br />

und Kosten zu sparen, gibt<br />

es weitere Argumente für e<strong>in</strong>en<br />

Verkauf. Denn die Energieversorger<br />

müssen dr<strong>in</strong>gend umstrukturieren. E<strong>in</strong>e PwC-Umfrage<br />

bei 202 deutschen Kommunen ergab jetzt: 86 Prozent der Städte<br />

und Geme<strong>in</strong>den erwarten e<strong>in</strong>e Verr<strong>in</strong>gerung der Renditen aus den<br />

Stadtwerkebeteiligungen <strong>in</strong>folge der Anreizregulierung. Vor diesem<br />

H<strong>in</strong>tergrund will mehr als e<strong>in</strong> Drittel der Befragten se<strong>in</strong>e Anteile an<br />

den Energieversorgern reduzieren. Das gilt vor allem für f<strong>in</strong>anzschwache<br />

Kommunen. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc276<br />

16 pwc: | april 2008


Autos made <strong>in</strong> Germany<br />

<strong>Die</strong> Automobilproduktion <strong>in</strong> Deutschland wächst <strong>in</strong> den kom-<br />

menden Jahren stärker als <strong>in</strong> jedem anderen Land der<br />

Europäischen Union. Laut e<strong>in</strong>er Prognose von PwC im<br />

Global Automotive F<strong>in</strong>ancial Review 2007 werden<br />

2014 <strong>in</strong>- und ausländische Hersteller hierzulande rund<br />

900.000 Autos mehr fertigen als 2006. „Steigende<br />

E<strong>in</strong>kommen <strong>in</strong> Schwellenländern wie Ch<strong>in</strong>a und Indien<br />

führen weltweit zu e<strong>in</strong>er höheren Nachfrage im Premium-<br />

segment. Von diesem Trend kann der Standort Deutschland<br />

überdurchschnittlich profitieren“, sagt Felix Kuhnert, Automotiv-<br />

experte bei PwC. Schon heute könnten deutsche Premium-<br />

hersteller bei manchen Modellen die Nachfrage <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a nicht mehr<br />

<strong>in</strong> vollem Umfang befriedigen. Global soll die Auto<strong>in</strong>dustrie laut PwC um 19,1 Prozent auf<br />

rund 77,6 Millionen produzierte Pkw im Jahr 2014 anwachsen. Auch wenn e<strong>in</strong> Großteil des<br />

erwarteten Zuwachses auf Boomstaaten wie Ch<strong>in</strong>a und Indien entfällt, tragen die Industrie-<br />

länder voraussichtlich gut e<strong>in</strong> Drittel zum Volumenanstieg bei. Bei den Autoherstellern wird<br />

Toyota weltgrößter Pkw-Hersteller bleiben. 2014 will das Unternehmen weltweit rund 11,5<br />

Millionen Autos fertigen und damit deutlich mehr als General Motors mit 9,8 Millionen Fahr-<br />

zeugen. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc277<br />

56 Arbeitstage<br />

pro Jahr kostet Unternehmen weltweit im Schnitt<br />

die Ermittlung ihrer Abgaben- und Steuerlast, ergab<br />

die PwC-Studie „Pay<strong>in</strong>g Taxes 2008“. Deutsche Fir-<br />

men brauchen dafür 196 Stunden, also 24,5 Tage.<br />

Alle<strong>in</strong> die Begleichung der Sozialabgaben erfor-<br />

dert 123 Stunden. <strong>Die</strong> Bearbeitung der Umsatz-<br />

steuer dauert 43 Stunden. 30 Stunden nimmt die<br />

Körperschaftsteuer <strong>in</strong> Anspruch.<br />

Deutsche Küche <strong>in</strong> Asien<br />

<strong>Die</strong> deutsche Ernährungs<strong>in</strong>dustrie nimmt<br />

die schnell wachsenden asiatischen Volks-<br />

wirtschaften kaum als Absatzmärkte wahr.<br />

Mehr als 90 Prozent der Unternehmen<br />

halten Europa auf absehbare Zeit für die<br />

wichtigste Exportregion, während kaum<br />

e<strong>in</strong>es der befragten Unternehmen e<strong>in</strong> Land<br />

<strong>in</strong> Asien zu se<strong>in</strong>en präferierten Zukunfts-<br />

märkten zählt. Das geht aus e<strong>in</strong>er aktuellen<br />

PwC-Studie hervor, die unter Mithilfe der<br />

Bundesvere<strong>in</strong>igung der Deutschen Ernäh-<br />

rungs<strong>in</strong>dustrie entstanden ist. Grund für die<br />

deutsche Zurückhaltung s<strong>in</strong>d hohe Zölle, E<strong>in</strong>fuhrbeschränkungen und das Konsumverhal-<br />

ten <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a oder Indien. Wer aber künftig dort erfolgreich se<strong>in</strong> will, müsse jetzt schon Prä-<br />

senz zeigen, so e<strong>in</strong> weiteres Studienergebnis. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc278<br />

Drei Fragen an ...<br />

... Norbert W<strong>in</strong>keljohann<br />

zur Zukunft von Familienunternehmen<br />

pwc: Bleibt das Familienunternehmen e<strong>in</strong><br />

Erfolgsmodell?<br />

W<strong>in</strong>keljohann: Unbed<strong>in</strong>gt. <strong>Die</strong> Mehrheit der<br />

von uns befragten Unternehmen ist opti-<br />

mistisch. Sie gehen von e<strong>in</strong>em Auftragsplus<br />

<strong>in</strong> diesem Jahr aus und setzen konsequent<br />

auf Wachstum.<br />

Was unterscheidet deutsche von auslän-<br />

dischen Firmen <strong>in</strong> Familienhand?<br />

Deutsche Unternehmen s<strong>in</strong>d viel technik-<br />

orientierter und wollen <strong>in</strong> Forschung und<br />

Entwicklung <strong>in</strong>vestieren, um wettbewerbs-<br />

fähig zu bleiben. Dabei bewerten sie den<br />

Wert ihrer Marke lange nicht so hoch wie<br />

ausländische Firmenbesitzer.<br />

In den kommenden Jahren stehen Eigen-<br />

tümerwechsel an. Wer übernimmt da wen?<br />

70 Prozent der Unternehmen streben e<strong>in</strong>e<br />

familien<strong>in</strong>terne Lösung an. Aber auch der<br />

Verkauf an das Management oder e<strong>in</strong>en<br />

Wettbewerber ist für die Mehrheit ke<strong>in</strong> Tabu.<br />

Norbert W<strong>in</strong>keljohann, PwC-Vorstandsmit-<br />

glied für den Bereich Mittelstand bei PwC.<br />

pwc: | april 2008 17


pwc: Märkte<br />

In den Vere<strong>in</strong>igten Arabischen Emiraten treffen Tradition und Moderne aufe<strong>in</strong>ander. Für die Bewohner ist das ke<strong>in</strong> Widerspruch. Trotz Öl­<br />

milliarden und Hightech­Bebauung wie hier <strong>in</strong> Dubai lieben die Emiratis das Dromedar als Reittier.<br />

18 pwc: | april 2008


Golf ohne Handicap<br />

<strong>Die</strong> Vere<strong>in</strong>igten Arabischen Emirate s<strong>in</strong>d der dynamischste Wirtschaftsstandort<br />

der <strong>Welt</strong>. Auch deutsche Unternehmen profitieren vom Boom <strong>in</strong> der Wüste.<br />

Von Michael Braun<br />

Wer heute am Dubai International Airport<br />

aus- oder umsteigt, nimmt an der buntes-<br />

ten Völkerwanderung der <strong>Welt</strong> teil. Dubai,<br />

die aufstrebende Wirtschaftsmetropole, ist<br />

e<strong>in</strong> Melt<strong>in</strong>g-Pot: Araber im traditionellen<br />

Dishdash, barfuß <strong>in</strong> dunklen Sandalen, ei-<br />

len zum Gate, viele begleitet von schwarz<br />

verhüllten Frauen. Westliche Geschäftsleute<br />

<strong>in</strong> dunklem Zwirn telefonieren. Afghanische<br />

Arbeiter mit langen Bärten und staubigem<br />

Säckel um die Schultern hocken auf Mar-<br />

mor- und Granitböden. Inder<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Sa-<br />

ris, klimpernde Goldreifen am Arm, warten<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lounge neben äthiopischen Groß-<br />

familien und westlichen Urlaubern im Ferien-<br />

hemd. Und das ist erst der Anfang des<br />

Multikulti-Phänomens am Golf. Denn Du-<br />

bais Stadtflughafen wird <strong>in</strong> Kürze von e<strong>in</strong>er<br />

noch <strong>in</strong>ternationaleren Verkehrskreuzung<br />

übertroffen: dem neuen Dubai World Cen-<br />

tral International Airport, der zurzeit gebaut<br />

wird und <strong>in</strong> wenigen Jahren 120 Millionen<br />

Reisende jährlich abfertigen soll. Das At-<br />

tribut „World Central“ ist dabei wörtlich zu<br />

nehmen. Der neue Flughafen wird – als<br />

dann größter Airport der <strong>Welt</strong> – den alten<br />

ke<strong>in</strong>eswegs ersetzen, sondern ergänzen<br />

und etwa so viele Passagiere abfertigen<br />

wie Frankfurt und London-Heathrow zu-<br />

sammengenommen. Oliver Wirth, der beim<br />

Sportartikelhersteller Puma <strong>in</strong> Dubai die<br />

Nahostgeschäfte führt, fällt dazu spontan<br />

e<strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Emirate s<strong>in</strong>d so e<strong>in</strong>e Art <strong>Welt</strong>raum-<br />

bahnhof wie bei ‚Star Wars‘.“<br />

Der kühne Sprung <strong>in</strong> die Zukunft war kei-<br />

neswegs abzusehen, als sich sieben arabi-<br />

sche Scheichtümer Anfang der 70er-Jahre<br />

zusammenschlossen und ihre Unabhängig-<br />

keit erklärten. <strong>Die</strong> Gegend war damals öd<br />

und arm mit kaum 200.000 E<strong>in</strong>wohnern,<br />

die sich auf e<strong>in</strong>er Wüstenei von der Größe<br />

Österreichs verteilten – e<strong>in</strong>e der unwirtlichs-<br />

ten, heißesten, trockensten Gegenden der<br />

<strong>Welt</strong>. Man machte <strong>in</strong> Fischfang und Perlen,<br />

handelte mit Gewürzen, Datteln und Pista-<br />

zien. Bis aus dem Sand Öl hervorschoss –<br />

Katalysator für e<strong>in</strong>en beispiellosen Wirt-<br />

schaftsaufschwung. Seitdem ergießt sich<br />

e<strong>in</strong> ungeheurer Geldstrom über die Vere<strong>in</strong>ig-<br />

ten Arabischen Emirate (VAE), <strong>in</strong> denen Abu<br />

Dhabi und Dubai den Ton angeben. Vom<br />

Zufluss der Petrodollar – aktuell fließen täg-<br />

lich mehr als 1 Milliarde Dollar <strong>in</strong> die Golfre-<br />

gion – profitieren aber auch die fünf kle<strong>in</strong>en<br />

Scheichtümer Adschman, Fudschaira, Ras<br />

al-Khaimah, Schardscha und Umm al-Qai-<br />

wa<strong>in</strong>. Doch mit dem Geldsegen aus dem<br />

Energiegeschäft nahm die wirtschaftliche<br />

Entwicklung erst ihren Anfang. Heute ist der<br />

Energiesektor nach e<strong>in</strong>er Schätzung des<br />

Internationalen Währungsfonds nur noch<br />

für rund 26 Prozent der Wirtschaftsleistung<br />

verantwortlich. In Dubai s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong>zwischen<br />

deutlich unter 10 Prozent. <strong>Die</strong> E<strong>in</strong>wohner-<br />

zahl liegt zurzeit bei fünf Millionen, von de-<br />

nen etwa 15 Prozent e<strong>in</strong>en VAE-Pass be-<br />

sitzen, während die anderen Expatriates<br />

Fläche<br />

E<strong>in</strong>wohner<br />

Bevölkerungsdichte<br />

Bevölkerungswachstum<br />

Analphabetenrate<br />

Quelle für alle Grafiken: Bundesagentur für Außenwirtschaft (BFAI)<br />

s<strong>in</strong>d – Bauarbeiter aus Südasien, Hausper-<br />

sonal von den Philipp<strong>in</strong>en, Ärzte aus der Le-<br />

vante, Banker aus Amerika, Hotelpersonal<br />

aus Deutschland und der Schweiz. <strong>Die</strong> Wirt-<br />

schaftsleistung der Emirate liegt pro Kopf<br />

heute annähernd so hoch wie <strong>in</strong> Deutsch-<br />

land, wenngleich das Wachstum deutlich<br />

höher ausfällt. E<strong>in</strong> Umfeld, <strong>in</strong> dem „sich un-<br />

wahrsche<strong>in</strong>liche Möglichkeiten <strong>in</strong> ganz ver-<br />

schiedenen Bereichen ergeben“, sagt der<br />

Düsseldorfer Re<strong>in</strong>hard Schulz, der von Abu<br />

Dhabi aus seit gut zwei Jahren für Pricewa-<br />

terhouseCoopers (PwC) deutsche Unterneh-<br />

men <strong>in</strong> den VAE betreut.<br />

Geld spielt dabei e<strong>in</strong>e Rolle, aber ke<strong>in</strong>e gro-<br />

ße. In Dubai wird gerade an Projekten im<br />

Volumen von mehreren Hundert Milliarden<br />

Euro gebaut. Im Mittelpunkt des staatlich<br />

verordneten Aufschwungs steht die E<strong>in</strong>rich-<br />

tung von verschiedenen Branchen-Clustern.<br />

Vere<strong>in</strong>igte Arabische Emirate: <strong>Die</strong> wichtigsten Wirtschaftsdaten<br />

83.600 km²<br />

Brutto<strong>in</strong>landsprodukt<br />

Veränderung zum Vorjahr <strong>in</strong> Prozent<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007*<br />

2008**<br />

1,7<br />

2,6<br />

7,7<br />

6,6<br />

9,7<br />

8,2<br />

9,4<br />

* Schätzung, ** Prognose<br />

12,4<br />

11,9<br />

4,4 Mio, 2007 rd. 78 % Ausländer<br />

Ras al-Khaimah<br />

49 E<strong>in</strong>w./km²<br />

Adschman Umm al-Qaiwa<strong>in</strong><br />

4 % p.a.<br />

Schardscha<br />

Dubai<br />

22,1 %<br />

Fudschaira<br />

Abu Dhabi<br />

Inflationsrate<br />

Veränderung zum Vorjahr <strong>in</strong> Prozent<br />

pwc: | april 2008 19<br />

31<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007*<br />

2008**<br />

* Schätzung, ** Prognose<br />

2,7<br />

2,9<br />

3,2<br />

5<br />

6,2<br />

6,4<br />

8<br />

9,3


pwc: Märkte<br />

Schon jetzt nehmen dabei Handel und<br />

Logistik e<strong>in</strong>e Schlüsselstellung e<strong>in</strong> – zum ei-<br />

nen im Luftfrachtgeschäft, zum anderen im<br />

Freihafen Jebel Ali, dem wichtigsten Trans-<br />

port-Hub der Region. Ähnlich wichtig ist der<br />

Tourismus. In den vergangenen Jahren wur-<br />

den mehr als hundert Luxushotels eröffnet,<br />

die <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e Topauslastung verzeichnen.<br />

E<strong>in</strong> Unterwasserhotel ist <strong>in</strong> Planung,<br />

e<strong>in</strong> Ferrari-Vergnügungspark <strong>in</strong> Abu<br />

Dhabi, und <strong>in</strong> Dubai hat e<strong>in</strong>e überdachte<br />

Skihalle ihre Pforten geöffnet, deren gewaltige<br />

Kühlanlage von Siemens e<strong>in</strong>gerichtet<br />

wurde – e<strong>in</strong>e denkbar exotische Attraktion<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wüstenstaat. Ras al-Khaimah<br />

plant gar – Hollywoods „Star Wars“ lassen<br />

grüßen – e<strong>in</strong>en <strong>Welt</strong>raumflughafen, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

Jahren Touristen <strong>in</strong>s All schießen soll.<br />

Angesichts solcher Planungen verwundert<br />

es nicht, dass die VAE beim PwC-EM20-Index<br />

2007 auf der Spitzenposition landeten,<br />

als das Land mit den größten Wachstumschancen<br />

für <strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen.<br />

In der Studie „Emerg<strong>in</strong>g Markets: Balanc<strong>in</strong>g<br />

risk & rewards“ hat PwC die Top 20<br />

der Wachstumsmärkte analysiert und das<br />

Puma am Golf<br />

Der Herzogenauracher Sportartikelhersteller<br />

Puma ist seit Mitte 2005 <strong>in</strong> Dubai präsent.<br />

Das Unternehmen unterhält dort e<strong>in</strong>e Verwaltungszentrale,<br />

e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>zelhandel sowie<br />

e<strong>in</strong> Warenlager. <strong>Die</strong> Niederlassung dient<br />

als regionales Hauptquartier für die Region<br />

Nahost und die gesamte arabische Halb<strong>in</strong>sel<br />

sowie die angrenzenden Märkte <strong>in</strong> Jordanien,<br />

Irak und Pakistan. Das Hauptmotiv<br />

für die Eröffnung e<strong>in</strong>er eigenen Niederlassung<br />

vor Ort: die Marken durch die Präsenz<br />

am Markt besser schützen zu können –<br />

ohne Reibungsverluste über Partner. Puma-<br />

Middle-East-Chef Oliver Wirth hat zurzeit 60<br />

Mitarbeiter, die aus neun Ländern stammen<br />

und im Durchschnitt Mitte zwanzig s<strong>in</strong>d.<br />

Geschäftspotenzial für Produktions- und<br />

<strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen genauer unter<br />

die Lupe genommen. Ergebnis: Komb<strong>in</strong>iert<br />

mit 0 Prozent Unternehmenssteuer<br />

und e<strong>in</strong>em stabilen politischen Umfeld s<strong>in</strong>d<br />

die VAE der attraktivste Investitionskandidat.<br />

<strong>Die</strong> Regierung <strong>in</strong> den Emiraten setzt<br />

deshalb nicht umsonst konsequent auf den<br />

Auf- und Ausbau weiterer <strong>Die</strong>nstleistungsbranchen.<br />

„<strong>Die</strong> f<strong>in</strong>anzielle Freizone ist e<strong>in</strong><br />

wesentliches Standbe<strong>in</strong> <strong>in</strong> Dubai“, sagt<br />

Schulz. Im F<strong>in</strong>anzsektor wollen die Dubai-<br />

Börsen Unternehmen aus der Region, aber<br />

auch aus Afrika und Asien die Kapitalaufnahme<br />

erleichtern. H<strong>in</strong>zu kommt, dass die<br />

Öl- und Gasmilliarden der Region nach den<br />

Anschlägen vom 11. September 2001 heute<br />

weniger <strong>in</strong> New York oder London gemanagt<br />

werden, sondern zunehmend am Golf<br />

selbst. Dabei geht es um gewaltige Summen.<br />

Alle<strong>in</strong> die Staatsfonds Abu Dhabis umfassen<br />

ungefähr 900 Milliarden Dollar – die<br />

genaue Höhe ist Staatsgeheimnis.<br />

Im Gesundheitsbereich entsteht die Healthcare<br />

City, die die Emirate zum führenden<br />

Anbieter für mediz<strong>in</strong>ische Leistungen machen<br />

soll. E<strong>in</strong> Medien-Cluster ist bereits<br />

vorhanden, e<strong>in</strong>e richtige Internet-City, und<br />

mit ausländischer Hilfe soll e<strong>in</strong> erstklassiges<br />

Hochschulwesen aufgebaut werden. All<br />

dies, versteht sich, wäre ohne den Ausbau<br />

von Infrastruktur sowie von Wohn- und Bürohäusern<br />

unmöglich. „In Abu Dhabi und<br />

Dubai“, so PwC-Mann Schulz, „wird wie<br />

wahns<strong>in</strong>nig gebaut.“ Viele Kritiker me<strong>in</strong>en,<br />

dass das rasant steigende Immobilienangebot<br />

e<strong>in</strong>e Blase bilden könnte, die Preise<br />

wieder fallen müssten. „Ich b<strong>in</strong> jetzt seit<br />

15 Jahren hier“, sagt Oliver Wirth von Puma,<br />

„und seit 15 Jahren heißt es, es ist e<strong>in</strong>e Blase.<br />

Aber bis heute ist sie nicht geplatzt.“<br />

Auch der Konsum der Emiratis wächst gigantisch.<br />

Schon jetzt operieren etwa 500<br />

deutsche Firmen <strong>in</strong> den VAE. Immerh<strong>in</strong> 6,2<br />

Prozent der VAE-Importe kommen laut In-<br />

Siemens am Golf<br />

Der Münchner Technologiekonzern Sie-<br />

mens, mit 434.000 Mitarbeitern <strong>in</strong> 190 Län-<br />

dern global tätig, profitiert erheblich von<br />

den milliardenschweren Infrastruktur- und<br />

Bauprojekten <strong>in</strong> den Emiraten. Bereits 1856<br />

arbeitete Firmengründer Werner von Siemens<br />

selbst im Nahen Osten, die erste<br />

Repräsentanz <strong>in</strong> Dubai wurde 1972 gegrün-<br />

det. Siemens’ Geschäft <strong>in</strong> der Region deckt<br />

e<strong>in</strong> breites Spektrum ab, das von Kraftwerken<br />

über Informationstechnologie und<br />

Automation, Mediz<strong>in</strong>technik und Wasser-<br />

aufbereitung reicht: Das Wüsten-Emirat Abu<br />

Dhabi weist weltweit den dritthöchsten Pro-<br />

Kopf-Tr<strong>in</strong>kwasserverbrauch auf, auch dank<br />

großflächiger Bewässerungssysteme. Siemens<br />

baute verschiedene Meerwasser-Entsalzungsanlagen<br />

mit – so auch das 2004 <strong>in</strong><br />

Betrieb genommene Shuweihat-Projekt <strong>in</strong><br />

Abu Dhabi, wo täglich 1,4 Millionen Kubikmeter<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser erzeugt werden.<br />

ternationalem Währungsfonds (IWF) aus der<br />

Bundesrepublik. Ihr Wert lag 2006 nach Angaben<br />

des Auswärtigen Amts bei etwa 5,4<br />

Milliarden Euro, sodass Deutschland nach<br />

den USA, Ch<strong>in</strong>a und Indien das viertwichtigste<br />

E<strong>in</strong>fuhrland ist. Das schlägt sich auch<br />

bei deutschen Autobauern nieder. Emiratis<br />

s<strong>in</strong>d vermögend, und sie frönen der Leidenschaft<br />

des Autofahrens. E<strong>in</strong> typisches<br />

Wochenendvergnügen besteht dar<strong>in</strong>, mit<br />

e<strong>in</strong>em Landcruiser <strong>in</strong> die Wüste zu fahren,<br />

den Luftdruck der Reifen abzusenken, um<br />

nicht im Sand steckenzubleiben und durch<br />

die Dünen zu brettern. <strong>Die</strong>ses Faible hat die<br />

deutschen Hersteller von Luxuskarossen<br />

auf den Plan gerufen. Porsche etwa verbucht<br />

rasante Zuwächse. Khalifa Al Nabooda,<br />

e<strong>in</strong>ziger Porsche-Händler <strong>in</strong> Dubai und<br />

den nördlichen Emiraten, verkaufte 1998<br />

neun Sportwagen aus Zuffenhausen. Heute<br />

s<strong>in</strong>d es im Jahr mehr als 1.200. Damit ist<br />

Al Nabooda der umsatzstärkste Porsche-<br />

Händler der <strong>Welt</strong>.<br />

20 pwc: | april 2008


Come <strong>in</strong> and f<strong>in</strong>d out <strong>in</strong> Dubai: Glitzerfassaden im Globalstil (Emirate Towers Hotel, l<strong>in</strong>ks) werden mit Elementen traditioneller arabischer<br />

Architektur komb<strong>in</strong>iert (Ibn Batu Shopp<strong>in</strong>g Mall, rechts).<br />

<strong>Die</strong> steigende Konsumlust zieht immer<br />

mehr deutsche Unternehmen an. „Früher<br />

wurde der arabische Raum von Vertretern<br />

oder Franchisenehmern betreut“, er<strong>in</strong>nert<br />

sich Wirth. Das funktionierte, sei aber nicht<br />

immer optimal gewesen. „<strong>Die</strong> Marke muss<br />

geschützt werden“, so der Puma-Manager –<br />

auch durch Präsenz im Land. „Von hier aus<br />

kann man Märkte kontrollieren, schützen,<br />

unterstützen.“ Deutsche Unternehmen pro-<br />

fitieren dazu von ihrem guten Ruf. „Der Slo-<br />

gan ‚made <strong>in</strong> Germany‘ bedeutet hier noch<br />

viel“, weiß Schulz. „<strong>Die</strong> deutschen Produk-<br />

te s<strong>in</strong>d sehr gefragt.“ Auch Wirth bestä-<br />

tigt, dass die Deutschen mit „überwiegend<br />

positiven Eigenschaften“ <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung ge-<br />

bracht werden – „Pünktlichkeit, Zuverläs-<br />

sigkeit und gute Qualität“. Vor allem aber<br />

s<strong>in</strong>d die Emirate e<strong>in</strong> Land des Machertums.<br />

„Hier wird etwas entschieden, und dann<br />

wird es sofort durchgeführt“, sagt Schulz.<br />

Es gebe ke<strong>in</strong>e Hürden. „Man muss es auf<br />

den Nenner br<strong>in</strong>gen, der Standort wird sehr<br />

wirtschaftsfreundlich geführt“, so Wirth.<br />

„Auf Regierungsebene ist das so, als ob das<br />

ganze Land e<strong>in</strong> Unternehmen ist.“<br />

Viel Gutes also am Golf – doch längst nicht<br />

alles läuft optimal. <strong>Die</strong> Rechte ausländi-<br />

scher Arbeitnehmer s<strong>in</strong>d stark beschränkt,<br />

was bei Gastarbeitern aus Asien immer<br />

wieder zu eklatanter Ausbeutung führt: Ih-<br />

nen werden bei Arbeitsantritt die Pässe<br />

abgenommen, sodass sie, wird die ver-<br />

e<strong>in</strong>barte Lohnzahlung verzögert, ke<strong>in</strong>er-<br />

lei Handhabe dem Chef gegenüber haben.<br />

Es gibt weder freie Medien noch Partei-<br />

en, noch e<strong>in</strong>en freiheitlichen politischen<br />

In den Emiraten ist „made <strong>in</strong> Germany“ gefragt.<br />

Deutsche Produkte gelten als hochwertig. Und<br />

dank der gigantischen Konsumlust der Emiratis<br />

haben die Unternehmen volle Auftragsbücher.<br />

Diskurs. Dennoch verkörpern die VAE e<strong>in</strong>e<br />

Variante des relativ weltoffenen, toleran-<br />

ten und vor allem wirtschaftlich erfolgrei-<br />

chen Islams. Das Verschmelzen verschie-<br />

dener Kulturen, Sprachen und Mentalitäten<br />

bewältigt Dubai ganz sicher besser als die<br />

meisten anderen <strong>Welt</strong>städte. <strong>Die</strong> aktuell<br />

größte Sorge ist daher für viele Unterneh-<br />

mer die hohe Inflation, die durch die Dol-<br />

larschwäche – der Dirham ist an den Dol-<br />

lar gekoppelt – noch verstärkt wird. Wirth<br />

spricht von „e<strong>in</strong>er zweistelligen Inflations-<br />

rate <strong>in</strong> den vergangenen 24 Monaten“, die<br />

vor allem durch exorbitante Mieterhöhun-<br />

gen bed<strong>in</strong>gt ist. „80 Prozent me<strong>in</strong>er Mitar-<br />

beiter können es sich nicht leisten, <strong>in</strong> Dubai<br />

zu leben“, sagt der Puma-Manager. „<strong>Die</strong><br />

wohnen eher <strong>in</strong> den Nachbaremiraten.“ An-<br />

fahrtszeit zur Arbeit: zwei Stunden.<br />

Kontakt<br />

re<strong>in</strong>hard.schulz@ae.pwc.com<br />

Tel. +971 2 694-6905<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc279<br />

pwc: | april 2008 21


pwc: Märkte<br />

22 pwc: | april 2008


Das Fernsehduell<br />

Noch steckt das Internetfernsehen <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>derschuhen. Aber schon bald<br />

könnte es den herkömmlichen Kanälen ernsthaft Konkurrenz machen.<br />

Von Sven Schirmer<br />

Es ist <strong>Die</strong>nstagabend, und Mark setzt sich<br />

entspannt vor den Fernseher, um se<strong>in</strong>e<br />

E-Mails zu lesen. Auf dem Bildschirm er-<br />

sche<strong>in</strong>t die Meldung: „Thomas lädt Sie zu<br />

e<strong>in</strong>em Programmtipp e<strong>in</strong>. Wollen Sie an-<br />

nehmen?“ Mark möchte. Ok gedrückt, und<br />

schon schaltet se<strong>in</strong> Fernseher zu Taucher<br />

TV, wo e<strong>in</strong>e Dokumentation über Schatz-<br />

sucher <strong>in</strong> Indonesien läuft. Am oberen Rand<br />

se<strong>in</strong>es Fernsehgeräts taucht e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eres<br />

Bild auf: Se<strong>in</strong> Freund Thomas ist <strong>in</strong> dessen<br />

Wohnzimmer <strong>in</strong> München zu sehen.<br />

Geme<strong>in</strong>sam planen die beiden gleich den<br />

nächsten Tauchurlaub – <strong>in</strong> Indonesien. Alles<br />

ke<strong>in</strong> Problem. Denn im Anschluss an die<br />

Dokumentation können sie die Reise direkt<br />

mit der Fernbedienung buchen – und die<br />

Tauchausrüstung der Schatzsucher gleich<br />

mit.<br />

Nicht mehr lange, und e<strong>in</strong>e solche Szene<br />

gehört zu unserem Fernsehalltag. Darauf<br />

jedenfalls hoffen die Anbieter von IPTV, dem<br />

Internet Protocol Television, kurz gesagt:<br />

dem Internetfernsehen. Medienexperten wie<br />

Ossi Urchs setzen dabei vor allem auf die<br />

<strong>in</strong>teraktiven Möglichkeiten des neuen Me-<br />

diums: „Ich kann mir gut vorstellen, dass<br />

gerade beim Thema Bundesliga Fußball-<br />

fans auch gerne nebenbei mit ihren Freun-<br />

den chatten. Nach dem Motto: ‚Haste das<br />

D<strong>in</strong>g gesehen?‘“ Wie zuletzt beim „Über-<br />

allfernsehen“ DVB-T (Digital Video Broad-<br />

cast<strong>in</strong>g Terrestrial) ist längst e<strong>in</strong>e öffentliche<br />

Diskussion über die Zukunft des Fernse-<br />

hens und se<strong>in</strong>e vielfältige Nutzung ent-<br />

brannt. Das DVB-T fristet zwar eher e<strong>in</strong> Ni-<br />

schendase<strong>in</strong>, das Internetfernsehen aber<br />

soll sich als feste Größe etablieren. Doch<br />

Werner Ballhaus, Branchenexperte<br />

Telekommunikation bei PwC.<br />

für Euphorie ist es nach Ansicht von Werner<br />

Ballhaus, dem Leiter des Bereichs Techno-<br />

logie, Medien und Telekommunikation bei<br />

<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC), noch zu<br />

früh. „IPTV steckt <strong>in</strong> Deutschland noch <strong>in</strong><br />

den K<strong>in</strong>derschuhen“, so Ballhaus. „Gel<strong>in</strong>gt<br />

es den Anbietern aber mithilfe geeigne-<br />

ter Market<strong>in</strong>gkonzepte, den Konsumenten<br />

den Mehrwert von IPTV zu erklären und die<br />

Vorteile von Internet und Fernsehen <strong>in</strong> ei-<br />

nem Angebot zu verschmelzen, wird es den<br />

bisherigen Kanälen Konkurrenz machen.“<br />

Wo die Chancen und Risiken für die Markt-<br />

akteure liegen, untersucht e<strong>in</strong>e PwC-Studie<br />

zum Fernsehen der Zukunft, die Ende März<br />

veröffentlicht wird.<br />

Bislang ist das aber noch Zukunftsmusik.<br />

Der German Enterta<strong>in</strong>ment & Media Outlook<br />

von PwC prognostiziert bis Ende 2008 e<strong>in</strong>e<br />

IPTV-Verbreitung <strong>in</strong> 250.000 Haushalten,<br />

Der Mehrwert von Internetfernsehen ist noch<br />

lange nicht beim Nutzer angekommen. Bis 2011<br />

sollen aber immerh<strong>in</strong> zwei Millionen Menschen<br />

hierzulande IPTV empfangen.<br />

was nur rund 0,6 Prozent am Gesamtmarkt<br />

entspricht. 2011 sollen es dann schon 5,45<br />

Prozent se<strong>in</strong>. Das wären rund zwei Millio-<br />

nen Kunden, die Internetfernsehen via DSL<br />

empfangen könnten.<br />

Zurzeit haben hierzulande die drei Telekom-<br />

munikationsunternehmen Hansenet (Ali-<br />

ce), T-Home und Arcor IPTV im Angebot.<br />

Hansenet war der erste Anbieter, der im<br />

Mai 2006 mit der Übertragung von Fernseh-<br />

programmen über se<strong>in</strong>e DSL-Leitungen<br />

begann. Bis Ende des Jahres 2007 hatten<br />

sich rund 15.000 Kunden für Alice Home TV<br />

entschieden. Das Senderportfolio deckt mit<br />

60 Free-TV- und 40 Pay-TV-Programmen<br />

zurzeit alle bekannten Sender ab. Miche-<br />

le Novelli, Market<strong>in</strong>gdirektor bei Hansenet,<br />

kündigte kürzlich an, Alice Home TV würde<br />

bald mit e<strong>in</strong>er Reichweite von bis zu zehn<br />

Millionen Haushalten <strong>in</strong> 150 Städten und<br />

Geme<strong>in</strong>den zu e<strong>in</strong>er relevanten Größe am<br />

deutschen TV-Markt. Seit Oktober 2006 hat<br />

auch T-Home mit Enterta<strong>in</strong> e<strong>in</strong> IPTV-Paket<br />

im Portfolio. Mit großem Market<strong>in</strong>ge<strong>in</strong>satz,<br />

stetig s<strong>in</strong>kenden Preisen und Lockangeboten<br />

konnte sich der Branchenführer auf<br />

Platz e<strong>in</strong>s der hiesigen IPTV-Anbieter hieven.<br />

Kurz vor Jahresende begrüßte Christian<br />

P. Illek, Mitglied des Bereichsvorstands<br />

T-Home für Market<strong>in</strong>g, den hunderttausendsten<br />

Enterta<strong>in</strong> -Kunden. Im Oktober 2007<br />

startete Arcor-Digital TV. Das Eschborner<br />

Unternehmen ist vom Erfolg von IPTV überzeugt.<br />

„IPTV benötigt zwar noch e<strong>in</strong>iges an<br />

Kommunikationsleistung,“ so Arcor-Pressesprecher<br />

Michael Peter, „doch die Vorteile<br />

gegenüber den bisherigen Verbreitungswegen<br />

werden sich durchsetzen.“<br />

Kontakt<br />

werner.ballhaus@de.pwc.com<br />

Tel. 0211 981-5848<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc280<br />

pwc: | april 2008 23


pwc: Märkte<br />

Noch teilen sich E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall mehr als drei Viertel des Markts. Doch der Wettbewerb kommt <strong>in</strong> Fahrt. Dafür<br />

verantwortlich ist nicht zuletzt das schlechte Image der Etablierten. Denen geht jetzt langsam e<strong>in</strong> Licht auf: Ökostrom rechnet sich.<br />

24 pwc: | april 2008


Grünes Licht geben<br />

<strong>Die</strong> kle<strong>in</strong>en Ökostromanbieter s<strong>in</strong>d erfolgreich wie nie. Davon wollen auch die<br />

Energiekonzerne profitieren – und wachsen. Auch durch Firmenzukäufe.<br />

Von Ingmar Höhmann<br />

Der französische Romanautor Alexandre<br />

Dumas wäre erstaunt: Se<strong>in</strong>e „Kamelienda-<br />

me“, die wohl berühmteste Mätresse von<br />

Paris, kann seit Neuestem mit gutem Ge-<br />

wissen zur Arbeit gehen – zum<strong>in</strong>dest, was<br />

ihr Umweltbewusstse<strong>in</strong> betrifft. Denn am<br />

Deutschen Schauspielhaus <strong>in</strong> Hamburg<br />

sche<strong>in</strong>t ökologisch sauberes Licht auf ih-<br />

ren Arbeitsplatz, die Bühne. Um die selbst<br />

auferlegte Verpflichtung zum Umweltschutz<br />

zu erfüllen, ist das größte Sprechtheater<br />

Deutschlands vom Atomkraftwerksbetrei-<br />

ber Vattenfall zum Ökostromanbieter Green-<br />

peace Energy gewechselt. Jack Kurfess,<br />

kaufmännischer Direktor des Theaters, will<br />

so jährlich 1.500 Tonnen CO 2-Emissionen<br />

vermeiden. Trotz teurem Ökostrom liegt der<br />

Preis nur 5 Prozent über dem des bishe-<br />

rigen Vertrags. „<strong>Die</strong> Angebote waren weit<br />

günstiger, als wir erwartet hatten“, sagt Kur-<br />

fess.<br />

Wie das Hamburger Theater wechseln im-<br />

mer mehr Unternehmen und Haushalte den<br />

Stromversorger – alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Hansestadt<br />

kehrten im Jahr 2007 mehr als 100.000 Kun-<br />

den dem Exmonopolisten Vattenfall den<br />

Rücken. Mehr als jeder zweite der rund 40<br />

Millionen Haushalte <strong>in</strong> Deutschland hat nach<br />

Angaben des Bundesverbands der Energie-<br />

und Wasserwirtschaft (BDEW) m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>mal den Tarif oder den Stromanbieter ge-<br />

wechselt. Dabei entschied sich 2007 bereits<br />

jeder fünfte Wechsler für e<strong>in</strong>en Ökostrom-<br />

tarif. BDEW-Hauptgeschäftsführer Eberhard<br />

Meller sieht neben wachsendem Umwelt-<br />

bewusstse<strong>in</strong> und steigenden Energieprei-<br />

sen auch im E<strong>in</strong>stieg neuer Stromanbieter<br />

den Grund für die neue Wechselleidenschaft<br />

der Deutschen. Zwar teilen die vier großen<br />

Energiekonzerne E.ON, RWE, Energie Ba-<br />

den-Württemberg (EnBW) und Vattenfall im-<br />

mer noch mehr als drei Viertel des Markts<br />

unter sich auf. Doch der Wettbewerb kommt<br />

langsam <strong>in</strong> Fahrt. Dafür verantwortlich ist<br />

nicht zuletzt das schlechte Image der Eta-<br />

blierten. Trotz aller Werbeausgaben gelten<br />

sie als Umweltsünder. Nach E<strong>in</strong>schätzung<br />

von Heiko Stohlmeyer, Experte für erneuer-<br />

bare Energien bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong><br />

(PwC), ist das e<strong>in</strong>er der Hauptgründe für den<br />

Umbruch am Energiemarkt. „<strong>Die</strong> Kunden<br />

haben mittlerweile e<strong>in</strong> hohes Klimaschutz-<br />

bewusstse<strong>in</strong> entwickelt, da spielt das Image<br />

des Stromversorgers e<strong>in</strong>e große Rolle. Vie-<br />

le energie<strong>in</strong>tensive Betriebe suchen zudem<br />

nach Möglichkeiten, ihre Umweltbilanz zu<br />

verbessern“, sagt Stohlmeyer. Bislang be-<br />

schränkten sich die großen Energiekonzer-<br />

ne darauf, über Tochtergesellschaften wie E<br />

wie E<strong>in</strong>fach, Eprimo und Yello den Kunden-<br />

schwund aufzufangen. <strong>Die</strong> eigenen Billig-<br />

anbieter verkaufen den Strom über das Inter-<br />

net und sparen damit Vertriebskosten. Viele<br />

der abgewanderten Kunden f<strong>in</strong>den sich so<br />

im gleichen Konzern wieder. <strong>Die</strong> Strategie<br />

dah<strong>in</strong>ter: <strong>Die</strong> e<strong>in</strong>gängigen Namen br<strong>in</strong>gen<br />

die Verbraucher kaum mit den Branchenrie-<br />

sen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung.<br />

Anders h<strong>in</strong>gegen sieht es bei Ökostrom aus.<br />

Wer sich für erneuerbare Energien entschei-<br />

det, schaut beim Anbieter lieber zweimal<br />

h<strong>in</strong>. Auch Greenpeace Energy profitiert da-<br />

von. Der Umsatz lag 2004 noch bei 12 Mil-<br />

lionen Euro und soll <strong>in</strong> diesem Jahr bereits<br />

50 Millionen Euro erreichen. <strong>Die</strong> Kunden-<br />

zahl ist im gleichen Zeitraum von knapp<br />

20.000 auf heute 65.000 gestiegen. Wäh-<br />

rend andere Anbieter Preiserhöhungen an-<br />

kündigen mussten, konnte Vorstand Robert<br />

Werner Mitte 2006 die Strompreise im<br />

Durchschnitt um 2 Prozent senken. Green-<br />

peace Energy ist e<strong>in</strong>e Erfolgsgeschichte,<br />

aber nicht die e<strong>in</strong>zige. Neben den Hambur-<br />

gern haben sich auch die Elektrizitätswerke<br />

Schönau und die Naturstrom <strong>AG</strong> als unab-<br />

hängige Anbieter etabliert. Für Furore sorgt<br />

derzeit aber vor allem e<strong>in</strong> Unternehmen:<br />

„Der Markt ist derzeit so dynamisch, dass sich die<br />

Marktanteile schnell verschieben können.“<br />

Prof. Dr. Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)<br />

Lichtblick, e<strong>in</strong> lange Zeit mit Verlust wirt-<br />

schaftender Nischenanbieter, hat sich im<br />

vergangenen Jahr zum ernst zu nehmenden<br />

Konkurrenten für die etablierten Konzerne<br />

aufgeschwungen. Bis Jahresende konn-<br />

te Gründer und Geschäftsführer Heiko von<br />

Tschischwitz mehr als 400.000 Kunden ver-<br />

melden, weit mehr als geplant.<br />

Lichtblick ist so etwas wie der Shoot<strong>in</strong>gstar<br />

der Branche. Ob der Erotikkonzern Beate<br />

Uhse, die Kosmetikkette Body Shop oder<br />

die Drogeriemärkte von Budnikowsky: E<strong>in</strong>e<br />

ganze Reihe von prom<strong>in</strong>enten Geschäfts-<br />

kunden hat sich <strong>in</strong>zwischen für den bun-<br />

desweit agierenden Hamburger Versor-<br />

ger entschieden. Doch im Gegensatz zum<br />

Deutschen Schauspielhaus ist dabei <strong>in</strong> der<br />

Regel weniger die Sorge um die Umwelt<br />

als der Gedanke an den eigenen Geldbeu-<br />

tel entscheidend. Befragungen des BDEW<br />

haben ergeben, dass <strong>in</strong> neun von zehn Fäl-<br />

len Preisunterschiede der ausschlaggeben-<br />

de Grund für e<strong>in</strong>en Wechsel waren. Das<br />

Erstaunliche dabei: Ökostromtarife s<strong>in</strong>d<br />

derzeit <strong>in</strong> vielen Fällen sogar billiger als die<br />

Angebote der Konkurrenz. Nach e<strong>in</strong>er Un-<br />

tersuchung des Verbraucherzentrale Bun-<br />

desverbands (VZBV) ist der Wechsel zu<br />

e<strong>in</strong>em Ökostromprodukt im Vergleich zum<br />

ortsüblichen Grundversorgungspreis <strong>in</strong> zwei<br />

pwc: | april 2008 25


pwc: Märkte<br />

Dritteln aller Fälle die günstigere Alternati-<br />

ve. Ralf Thiemann, Umweltexperte bei der<br />

Unternehmensberatung IBM Global Busi-<br />

ness Services, überrascht das nicht: „Kaum<br />

e<strong>in</strong> Kunde will freiwillig mehr zahlen, nur<br />

weil das die Umwelt schont. Umweltschutz<br />

sehen die meisten als e<strong>in</strong>e gesamtgesell-<br />

schaftliche Aufgabe.“<br />

Ökostrom ist hip und trotzdem gar nicht<br />

mal so teuer. Lange Zeit war das nicht so.<br />

Trotz der Liberalisierung des deutschen<br />

Strommarkts im Jahr 1998 blieb e<strong>in</strong> funk-<br />

tionierender Wettbewerb zunächst aus. Der<br />

Grund: <strong>Die</strong> etablierten Versorger stellten<br />

ihre Netze nur zu weit überhöhten Gebüh-<br />

ren zur Verfügung – das machte das Ge-<br />

schäft für Neue<strong>in</strong>steiger unrentabel. Seit<br />

2007 sorgt nun die eigens geschaffene<br />

Bundesnetzagentur dafür, dass überteu-<br />

erte Zugangsentgelte der Vergangenheit<br />

angehören. Erst das hat es auch den Öko-<br />

strom-anbietern ermöglicht, mit wettbe-<br />

werbsfähigen Preisen anzutreten. Gleich-<br />

zeitig mussten die großen Stromversorger<br />

durch höhere Preise zurückholen, was sie<br />

durch die niedrigeren Netzentgelte verlo-<br />

ren hatten. Angesichts der s<strong>in</strong>kenden Ko-<br />

sten für unabhängige Anbieter ist es umso<br />

erstaunlicher, dass gerade das Ökostrom-<br />

Vorzeigeunternehmen Lichtblick Anfang<br />

des Jahres se<strong>in</strong>e Preise erhöhen musste.<br />

Aber es zeigt das Dilemma kle<strong>in</strong>erer Anbie-<br />

ter. Sie erzeugen <strong>in</strong> der Regel ihren Strom<br />

nicht selbst, sondern kaufen ihn bei den<br />

Erzeugern e<strong>in</strong>. Für Energie aus W<strong>in</strong>d, Bio-<br />

masse oder Sonne müssen sie aber deut-<br />

lich mehr bezahlen als für Atom- oder Koh-<br />

lestrom.<br />

Sauberer Strom<br />

Wechselquote von 1999 bis 2007,<br />

kumulierte Quote der Versorgerwechsel bei<br />

privaten Haushalten (ohne umzugsbed<strong>in</strong>gten<br />

Wechsel) <strong>in</strong> Prozent<br />

<strong>Die</strong> großen Energieversorger haben erkannt, dass<br />

sich mit Ökostrom Geld verdienen lässt. Deshalb<br />

setzen sie auf erneuerbare Energien. Das könnte<br />

kle<strong>in</strong>e Wettbewerber gefährden.<br />

1,6<br />

2,1<br />

3,7<br />

Quelle: VDEW, Promit<br />

4,3<br />

4,6 4,8 5,0<br />

1999 2001 2003 2005 2007<br />

Doch es gibt e<strong>in</strong>e gute Nachricht: <strong>Die</strong> er-<br />

neuerbaren Energien sollen bald wirt-<br />

schaftlich werden. Ironischerweise könn-<br />

ten dies die großen Stromkonzerne selbst<br />

möglich machen. Marktführer E.ON hat<br />

angekündigt, se<strong>in</strong>e Investitionen <strong>in</strong> erneu-<br />

erbare Energien auf rund 6 Milliarden Euro<br />

zu verdoppeln. Auch Vattenfall Europe, das<br />

bislang 80 Prozent des Stroms aus Braun-<br />

kohle herstellt, und EnBW werden mehr<br />

Geld <strong>in</strong> die alternative Energieerzeugung<br />

stecken. Sogar Schlusslicht RWE, des-<br />

sen Ökostromanteil bislang bei mageren 5<br />

Prozent liegt, hat sich dem Strategiewech-<br />

sel angeschlossen. „<strong>Die</strong> Erneuerbaren s<strong>in</strong>d<br />

gemessen an ihrer gesellschaftlichen Be-<br />

deutung, ihrem ökologischen Potenzial und<br />

ihren Wachstumschancen <strong>in</strong> der Vergan-<br />

genheit klar zu kurz gekommen. Das wird<br />

sich nun ändern – und zwar tief greifend<br />

und schnell“, kündigt Konzernchef Jürgen<br />

Großmann an. M<strong>in</strong>destens 1 Milliarde Euro<br />

soll von nun an jährlich <strong>in</strong> die neue Gesell-<br />

schaft RWE Innogy fließen und bis 2020<br />

den Anteil an erneuerbaren Energien auf<br />

20 Prozent steigern. Milan Nitzschke, Ge-<br />

schäftsführer des Bundesverbands Erneu-<br />

erbare Energie, sieht dem Engagement der<br />

etablierten Versorger mit gemischten Ge-<br />

fühlen entgegen. E<strong>in</strong>erseits begrüßt er die<br />

massiven Investitionen <strong>in</strong> neue Technologi-<br />

en, von denen vor allem W<strong>in</strong>dkraftanlagen<br />

auf See den Sprung <strong>in</strong> die Wirtschaftlich-<br />

keit schaffen sollen. Andererseits glaubt er<br />

nicht an e<strong>in</strong> grünes Gewissen der großen<br />

vier – sondern eher an e<strong>in</strong>en klassischen<br />

Verdrängungswettbewerb.<br />

Den kle<strong>in</strong>en Wettbewerbern könnte der<br />

Strategiewechsel der Konzerne <strong>in</strong> der Tat<br />

zu schaffen machen. „Es besteht die Ge-<br />

fahr, dass die großen Energiekonzerne die<br />

mittelständischen Ökostromanbieter wie<br />

beispielsweise Lichtblick aufkaufen“, sagt<br />

Prof. Dr. Claudia Kemfert, Leiter<strong>in</strong> der Ener-<br />

gie- und Umweltabteilung am Deutschen<br />

Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).<br />

Nach dem Aufbau der Direktvertriebstöch-<br />

ter versuchen die Konzerne mit dem E<strong>in</strong>-<br />

tritt <strong>in</strong> den Ökostrommarkt nun unabhän-<br />

gigen Anbietern das Wasser abzugraben.<br />

Zwar haben die meisten Versorger längst<br />

eigene Tarife für umweltbewusste Kun-<br />

den, doch s<strong>in</strong>d sie oft überteuert und kaum<br />

konkurrenzfähig. „RWE und Co. haben<br />

ihre bisherigen Ökostrom-<br />

angebote noch nie offensiv<br />

beworben. Wenn sie jetzt<br />

<strong>in</strong> großem Stil <strong>in</strong>vestieren,<br />

können sie die kle<strong>in</strong>eren<br />

Unternehmen leicht un-<br />

terbieten. Der Markt ist so<br />

dynamisch, dass sich die<br />

Marktanteile schnell verschieben<br />

können“, sagt Kemfert. Noch s<strong>in</strong>d<br />

die kle<strong>in</strong>en Anbieter selbstbewusst.<br />

Ob sie sich behaupten, hängt aber<br />

davon ab, ob ihre Kunden ihnen<br />

auch bei steigenden Preisen die<br />

Treue halten.<br />

Kontakt<br />

heiko.stohlmeyer@de.pwc.com<br />

Tel. 040 6378-1532<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc281<br />

26 pwc: | april 2008<br />

6,0<br />

7,3


Unabhängig bleiben<br />

Der Geschäftsführer des Ökostromanbieters Lichtblick,<br />

Heiko von Tschischwitz, über Spätzünder, Unabhängigkeit und Denkzettel.<br />

Von Ingmar Höhmann<br />

pwc: Herr von Tschischwitz, als Sie 1998 Lichtblick gründeten,<br />

wollten Sie <strong>in</strong>nerhalb von anderthalb Jahren 200.000 Kunden ha­<br />

ben. Das schafften Sie erst 2006. Jetzt melden sich neue Kunden<br />

massenweise an. Warum kommt der Erfolg so spät?<br />

von Tschischwitz: Wir haben zu ambitioniert angefangen. Der Markt<br />

war noch nicht so weit. Im vergangenen Jahr ist enorm viel pas­<br />

siert: <strong>Die</strong> Klimastudie der Vere<strong>in</strong>ten Nationen, die omnipräsente<br />

Klimadebatte, die Preiserhöhungen der etablierten Stromversorger<br />

und die Störfälle bei Vattenfall. 2007 war das erste Jahr, <strong>in</strong> dem wir<br />

deutlich über dem Planwert lagen. Schon im Juli hatten wir die für<br />

das Gesamtjahr geplanten 300.000 Kunden. Jetzt s<strong>in</strong>d wir bei mehr<br />

als 400.000.<br />

Viele neue Anbieter haben ihr Geschäft aufgeben müssen. Wie<br />

haben Sie sich so lange über Wasser halten können?<br />

Anders als auf dem Telekommunikationsmarkt kann e<strong>in</strong> Strom­<br />

anbieter ke<strong>in</strong>e großen Preisunterschiede erreichen, weil die Festkos­<br />

ten sehr hoch s<strong>in</strong>d. Viele Billiganbieter s<strong>in</strong>d daran gescheitert. Es<br />

gab auch andere Ökostromanbieter, aber die waren oft deutlich zu<br />

teuer. Wir dagegen haben von Anfang an den Spagat geschafft, e<strong>in</strong><br />

glaubwürdig ökologisches Stromprodukt zu wettbewerbsfähigen<br />

Preisen anzubieten. Dazu kommt, dass wir jahrelang rote Zahlen<br />

schreiben konnten, ohne dass unsere Gesellschafter unruhig wur­<br />

den. Erst seit 2006 machen wir operativen Gew<strong>in</strong>n. Anderen Wett­<br />

bewerbern ist die Puste ausgegangen, als der Neue Markt e<strong>in</strong>brach<br />

und das Risikokapital ausg<strong>in</strong>g.<br />

Wie können Sie überhaupt wettbewerbsfähige Preise verlangen?<br />

Sie müssen Ihren Ökostrom doch teuer e<strong>in</strong>kaufen.<br />

Das stimmt. Wir müssen bei der Strombeschaffung mehr Geld<br />

ausgeben als konventionelle Anbieter. Doch wir können die Mehr­<br />

ausgaben über schlankere Unternehmensstrukturen ausgleichen.<br />

Außerdem arbeiten wir wohl mit ger<strong>in</strong>geren Margen.<br />

RWE, E.ON und Co. <strong>in</strong>vestieren nun selbst massiv <strong>in</strong> erneuerbare<br />

Energien. Hat die großen Versorger das grüne Gewissen gepackt?<br />

Das hat nichts mit grünem Gewissen zu tun. <strong>Die</strong> Konzerne haben<br />

endlich verstanden, dass sie mit regenerativen Energien Geld ver­<br />

dienen können.<br />

Könnte das kle<strong>in</strong>ere Wettbewerber wie Lichtblick nicht aus dem<br />

Geschäft drängen?<br />

<strong>Die</strong> Ambitionen der großen Konzerne nehme ich sehr ernst. Sie<br />

wollen Geld machen und nicht mehr nur den Deckmantel des<br />

Umweltschutzes aufrechterhalten. Aber das ist ke<strong>in</strong>e Bedrohung für<br />

uns. Viele Versorger bieten bereits günstige Ökostromtarife an, aber<br />

die Kunden machen das nicht mit. <strong>Die</strong> Leute s<strong>in</strong>d aufgeklärt und<br />

wollen bei ke<strong>in</strong>em Anbieter e<strong>in</strong>en Vertrag abschließen, der nur fünf<br />

M<strong>in</strong>uten <strong>in</strong> der Mittagspause über Ökostrom nachdenkt und den<br />

Rest des Tages über Atom­ und Kohlestrom.<br />

<strong>Die</strong> großen Versorger haben angekündigt, auch über Zukäufe bei<br />

erneuerbaren Energien wachsen zu wollen. Wie lange bleibt Licht­<br />

blick unabhängig?<br />

Lichtblick wird unabhängig bleiben. Wir brauchen ke<strong>in</strong>en Partner und<br />

haben auch ke<strong>in</strong>en zusätzlichen Investitionsbedarf. Unsere Kunden<br />

würden es gar nicht mitmachen, wenn uns e<strong>in</strong> großer Stromanbie­<br />

ter aufkaufen würde. Viele Privatkunden s<strong>in</strong>d zu uns gewechselt, um<br />

den etablierten Konzernen e<strong>in</strong>en Denkzettel zu verpassen. Das ist<br />

wie e<strong>in</strong>e Protestwahl: Viele wollen e<strong>in</strong>em Atomkraftwerksbetreiber<br />

ke<strong>in</strong> Geld mehr zahlen.<br />

Warum wechseln Unternehmen zu e<strong>in</strong>em Ökostromanbieter?<br />

Vor drei Jahren g<strong>in</strong>g es vor allem um den Preis. Das hat sich aber<br />

2007 total gedreht. <strong>Die</strong> Unternehmen kommen jetzt ganz klar<br />

wegen des Themas Klimaschutz auf uns zu. Dazu kommt e<strong>in</strong>e ge­<br />

wisse Verdrossenheit mit den etablierten Versorgern. Es passt vie­<br />

len Firmen nicht, wie unflexibel diese bei den Abrechnungen s<strong>in</strong>d.<br />

pwc: | april 2008 27


pwc: Wissen<br />

Gedämpfter Optimismus<br />

<strong>Die</strong> weltweite Kreditkrise lässt die Sorge<br />

vor e<strong>in</strong>em Wirtschaftsabschwung anwach­<br />

sen. Negative Auswirkungen auf die Umsatz­<br />

entwicklung des Jahres 2008 erwarten vor<br />

allem Unternehmen <strong>in</strong> den USA und Westeuropa,<br />

während der Konjunkturoptimismus<br />

<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Asien weiter steigt.<br />

Das geht aus dem „11th Annual Global<br />

CEO Survey 2008“ von Pricewaterhouse­<br />

Coopers (PwC) hervor. Rund 50 Prozent<br />

der 1.150 im Rahmen der Studie befragten<br />

CEOs sehen die Geschäftsentwicklung für<br />

das Jahr 2008 dennoch „sehr zuversichtlich“.<br />

Trotz e<strong>in</strong>es Rückgangs um 2 Prozentpunkte<br />

im Vergleich zum Vorjahresergebnis<br />

ist der Anteil der positiv gestimmten Chefs<br />

damit immer noch fast doppelt so hoch wie<br />

2003. Regional ist die Stimmungslage jedoch<br />

sehr unterschiedlich: In den USA s<strong>in</strong>d<br />

nur 35 Prozent der CEOs „sehr zuversichtlich“,<br />

<strong>in</strong> Westeuropa s<strong>in</strong>d es 44 Prozent.<br />

Unternehmenschefs aus Wachstumsmärk­<br />

Anhangszwang<br />

In vielen Unternehmen ist<br />

die Erstellung der Anhangangaben<br />

nach den International<br />

F<strong>in</strong>ancial Report<strong>in</strong>g<br />

Standards (IFRS) mit großem<br />

Aufwand verbunden. E<strong>in</strong>e<br />

PwC­Studie untersucht, auf<br />

welche Weise diese Daten <strong>in</strong><br />

Unternehmen ermittelt werden,<br />

an welchen Stellen Probleme<br />

auftreten und wie mögliche Lösungsansätze aussehen könnten:<br />

kurz, wie dieser Prozess optimiert werden kann. <strong>Die</strong> im Zusammenhang<br />

mit der Studie durchgeführte Erhebung zeigt, dass die Mehrheit<br />

der Unternehmen die Anforderungen bei der Anhangerstellung<br />

als sehr hoch empf<strong>in</strong>det. So wurden besonders die Anhangangaben<br />

zu latenten Steuern, F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>strumenten, zur Kapitalflussrechnung<br />

und zu Pensionen als explizite Problemfelder identifiziert.<br />

Onl<strong>in</strong>e­Info: www.pwc.de/de/pwc283<br />

Kurzfristig hoch, langfristig niedrig<br />

Vertrauen der CEOs <strong>in</strong> steigenden Umsatz<br />

sehr zuversichtlich etwas zuversichtlich nicht sehr zuversichtlich<br />

überhaupt nicht zuversichtlich weiß nicht/ke<strong>in</strong>e Antwort<br />

50 %<br />

42 %<br />

2 %<br />

1 %<br />

2 %<br />

kommende<br />

12 Monate<br />

1 %<br />

6 %<br />

kommende<br />

3 Jahre<br />

7 %<br />

40 %<br />

49 %<br />

PwC befragte 1.150 CEOs, wie zuversichtlich sie s<strong>in</strong>d, dass ihr Unternehmen <strong>in</strong> den<br />

kommenden 12 Monaten/3 Jahren steigende Umsätze erzielt.<br />

Quelle: PwC, 11th Annual Global CEO Survey 2008<br />

ten wie Asien, Pazifik, Late<strong>in</strong>amerika sowie<br />

Zentral­ und Osteuropa glauben h<strong>in</strong>gegen<br />

fest an weitere Erlöszuwächse. Besonders<br />

ausgeprägt ist der Optimismus <strong>in</strong> Indien mit<br />

fast 90 Prozent, gefolgt von Ch<strong>in</strong>a/Hongkong<br />

mit 73 Prozent sowie Mexiko (77 Prozent).<br />

Entgegen des Trends <strong>in</strong> Westeuropa<br />

Bitte jetzt auf Mandar<strong>in</strong>!<br />

starten deutsche Unternehmenschefs mit<br />

57 Prozent positiver Geschäftserwartung<br />

erstaunlich optimistisch <strong>in</strong>s neue Jahr. Auch<br />

mittelfristig erwartet e<strong>in</strong>e Mehrheit steigende<br />

Erlöse – im Gegensatz zu den europäischen<br />

CEOs.<br />

Onl<strong>in</strong>e­Info: www.pwc.de/de/pwc282<br />

Oft fällt es Unternehmen schwer, sich selbst oder ihre Produkte erfolgreich<br />

auf dem ch<strong>in</strong>esischen Markt zu präsentieren. Denn häufig<br />

wollen nicht nur Geschäftspartner und Kunden von dem Angebot<br />

überzeugt werden. Auch politische Entscheidungsträger s<strong>in</strong>d an der<br />

Qualität deutscher Produkte <strong>in</strong>teressiert. Aktuelle und verständliche<br />

Informationen s<strong>in</strong>d daher wichtig. Dabei kommt es unter anderem<br />

auf die richtige Sprache an. Darauf reagierte jetzt e<strong>in</strong> deutsches<br />

Unternehmen und publizierte se<strong>in</strong>en Geschäftsbericht auch <strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esischer<br />

Sprache. E<strong>in</strong> geschickter<br />

Coup, denn für Ch<strong>in</strong>esen<br />

hat so etwas e<strong>in</strong>e hohe<br />

Wertigkeit. „Sie s<strong>in</strong>d markenbewusst<br />

und lassen sich gern<br />

von der Marktposition e<strong>in</strong>es<br />

Unternehmens überzeugen“,<br />

so Harald Kayser, Leiter Ch<strong>in</strong>a<br />

Bus<strong>in</strong>ess bei PwC. Onl<strong>in</strong>e­<br />

Info: www.pwc.de/de/pwc284<br />

28 pwc: | april 2008


Börsenjahr mit Höhen und Tiefen<br />

Europas Aktienmärkte haben im Schlussquartal 2007 weniger Börsen-<br />

gänge und 17 Prozent weniger Emissionsvolumen verzeichnet. So gab es<br />

nur 227 Erstemissionen (IPOs) und damit 61 weniger als im Vergleichszeit-<br />

raum 2006. Das ergab der jüngste „IPO Watch Europe“ von PwC. Im Ge-<br />

samtjahr 2007 gab es an Europas Börsen <strong>in</strong>sgesamt 801 IPOs, 2006 brachte<br />

nur 18 mehr. <strong>Die</strong> US-Börsen verzeichneten dagegen im vierten Quartal 2007<br />

sogar mehr IPOs als im Vorjahreszeitraum (96 gegenüber 90 im Jahr 2006), das<br />

Emissionsvolumen sank jedoch um 14 Prozent auf rund 13,49 Milliarden Euro.<br />

Im Gesamtjahr 2007 gab es <strong>in</strong> den USA 275 Erstemissionen im Volumen von 46,68<br />

Milliarden Euro. Damit lagen die US-Märkte nicht nur deutlich h<strong>in</strong>ter den Europäern<br />

(29,07 Milliarden Euro), sondern auch h<strong>in</strong>ter den Ch<strong>in</strong>esen. Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Hongkong gab es 2007<br />

<strong>in</strong>sgesamt 86 IPOs im Gesamtwert von 31 Milliarden Euro. <strong>Die</strong> Deutsche Börse brachte es<br />

mit 15 IPOs gerade e<strong>in</strong>mal auf e<strong>in</strong>en Gesamterlös von knapp 1,4 Milliarden Euro.<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc285<br />

Gründerzeit für Banken<br />

Trotz Konsolidierungsdruck wächst der pri-<br />

vate Bankensektor <strong>in</strong> Deutschland munter<br />

weiter. Mittelfristig rechnet PwC mit rund<br />

20 Neugründungen pro Jahr. „Triebfeder<br />

dieser Entwicklung ist die Spezialisierung<br />

des Bankgeschäfts. Institute gründen e<strong>in</strong>-<br />

zelne Geschäftsfelder wie das Onl<strong>in</strong>e-Bank-<br />

<strong>in</strong>g oder Servicebereiche wie das Depot-<br />

geschäft aus und positionieren diese als<br />

eigene Bank“, sagt Ra<strong>in</strong>er Wilken, Banken-<br />

experte bei PwC im Bereich Unternehmens-<br />

beratung. Übernahmen werden h<strong>in</strong>gegen <strong>in</strong><br />

Zukunft e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Rolle spielen. „Ent-<br />

gegen der verbreiteten Ansicht vieler Inves-<br />

toren ist der Aufwand bei der Übernahme<br />

e<strong>in</strong>er bestehenden Bank oftmals höher als<br />

bei der Beantragung e<strong>in</strong>er neuen Bankli-<br />

zenz und der nachfolgenden Gründung“,<br />

erklärt PwC-Steuerfachmann Herbert Zer-<br />

was. Zudem müssten bei e<strong>in</strong>er Neugründung weder verschiedene Unternehmenskulturen<br />

zusammengeführt noch IT-Systeme <strong>in</strong>tegriert werden. 2006 gab es <strong>in</strong> Deutschland 2.110<br />

Kredit<strong>in</strong>stitute. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc286<br />

Gieriger Staat<br />

Lieber gründen als übernehmen<br />

Bankgründungen und -übernahmen<br />

<strong>in</strong> Deutschland<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

Quelle: PwC<br />

Anzahl der<br />

Bankgründungen<br />

Der Fiskus schlägt zu: Ab 1. Januar gilt für<br />

alle Kapitale<strong>in</strong>künfte e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitlicher Steu-<br />

ersatz von 25 Prozent plus Solidaritäts-<br />

zuschlag und Kirchensteuer. Wer Glück hat,<br />

kann aber von Ausnahmeregeln erfasst se<strong>in</strong><br />

und der Steuer e<strong>in</strong> Schnippchen schlagen.<br />

Etwa mit Renten- und Geldmarktfonds. <strong>Die</strong><br />

Z<strong>in</strong>serträge daraus s<strong>in</strong>d zwar dem direkt zu<br />

entrichtenden Abgeltungssatz unterwor-<br />

fen, damit s<strong>in</strong>kt aber auch die Progression,<br />

weil die Z<strong>in</strong>serträge aus der Steuererklärung<br />

verschw<strong>in</strong>den. Zu den Gew<strong>in</strong>nern gehören<br />

auch Anleger <strong>in</strong> offene Immobilienfonds. Ih-<br />

nen bleibt die Spekulationsfrist erhalten. Immobilien <strong>in</strong> Deutschland können weiterh<strong>in</strong> nach<br />

der Zehnjahresfrist steuerfrei veräußert werden. Der steuerfreie Verkauf von Zertifikaten en-<br />

det h<strong>in</strong>gegen schon am 30. Juni 2009. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc287<br />

11<br />

15<br />

9<br />

27<br />

29<br />

23<br />

57<br />

22<br />

3<br />

23<br />

25<br />

3<br />

Anzahl der<br />

Übernahmen<br />

Andreas Borcherd<strong>in</strong>g leitet bei PwC das<br />

BilMoG-Expertenteam.<br />

pwc: | april 2008 29<br />

3<br />

4<br />

6<br />

5<br />

5<br />

3<br />

6<br />

5<br />

8<br />

6<br />

6<br />

7<br />

Drei Fragen an ...<br />

... Andreas Borcherd<strong>in</strong>g<br />

zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz<br />

(BilMoG)<br />

pwc: Warum sollen Unternehmen sich<br />

schon jetzt mit e<strong>in</strong>em noch nicht verab-<br />

schiedeten Gesetz beschäftigen?<br />

Borcherd<strong>in</strong>g: Weil die geplanten Ände-<br />

rungen große Auswirkungen auf Bilanz-<br />

struktur, Kennzahlen und Besteuerungs-<br />

grundlage haben. Das sollte man frühzeitig<br />

analysieren.<br />

Wie kann PwC die Unternehmen unterstüt-<br />

zen?<br />

Umfangreiche Informationen f<strong>in</strong>det man<br />

unter www.pwc.de/de/bilmog. Seit Ende<br />

Februar bieten wir Sem<strong>in</strong>are zum BilMoG<br />

an. Für E<strong>in</strong>zelgespräche steht e<strong>in</strong> Experten-<br />

team zur Verfügung, das bereits e<strong>in</strong>e Um-<br />

setzungsmethodik, die auch die notwen-<br />

digen Prozessanpassungen berücksichtigt,<br />

erstellt hat.<br />

Haben Sie dafür e<strong>in</strong> Beispiel?<br />

Bei den latenten Steuern müssen kon-<br />

zernweit Prozesse aufgesetzt werden, die<br />

die entsprechenden Differenzen zwischen<br />

Steuer- und Handelsbilanz dokumentieren<br />

und fortschreiben. Hierfür wird e<strong>in</strong> entspre-<br />

chendes EDV-Tool notwendig se<strong>in</strong>.


pwc: Wissen<br />

Besten-Auslese<br />

<strong>Die</strong> Kunst des Hochschulmarket<strong>in</strong>gs<br />

beherrschen viele Unternehmen gut.<br />

Das Recruit<strong>in</strong>g von Managementnachwuchs<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht.<br />

Von Anja Dilk und Heike Littger<br />

Bereits 1998 hat Ed Michael, der ameri-<br />

kanische Direktor der Beratung McK<strong>in</strong>sey,<br />

Unternehmen e<strong>in</strong>drücklich gewarnt: „In<br />

order to keep the pipel<strong>in</strong>e full of talented<br />

people, almost all of the companies have<br />

to take nontraditional approaches to re-<br />

cruit<strong>in</strong>g.“ Geändert hat sich daran nichts.<br />

Im Gegenteil. „<strong>Die</strong> Situation hat sich sogar<br />

verschlimmert“, so Holger Leckebusch,<br />

Experte für People and Change bei Price-<br />

waterhouseCoopers (PwC). „Aufgrund der<br />

demografischen Entwicklung und e<strong>in</strong>er<br />

verfehlten Bildungs- und E<strong>in</strong>wanderungs-<br />

politik gibt es zu wenig Topleute. Und die<br />

wenigen Topleute wollen nur das Allerbe-<br />

ste für sich.“<br />

Sie wollen e<strong>in</strong> gutes Gehalt. Sie wollen<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Tätigkeit mit Entwick-<br />

lungspotenzial bei flexibler Zeite<strong>in</strong>teilung,<br />

die auch Platz für Privates lässt. Auch Un-<br />

ternehmenskultur und Standort s<strong>in</strong>d wich-<br />

tig. „Unternehmen müssen ihr Profil schär-<br />

fen – wer b<strong>in</strong> ich und was kann nur ich dir<br />

bieten?“, so Leckebusch. „Vor allem aber<br />

müssen sie ihre Personalabteilungen effi-<br />

zienter gestalten und <strong>in</strong> der Organisation<br />

aufwerten: Sie müssen Talentschmie-<br />

den werden statt Verwaltungsstellen.“<br />

70 Prozent der Dax-Unternehmen hät-<br />

ten da noch Entwicklungsbedarf. Den<br />

größten Schwachpunkt sieht Michael<br />

Proft, Partner bei der Personalberatung<br />

Ray & Berndtson, dar<strong>in</strong>, dass Personaler<br />

den Markt erst scannen, wenn e<strong>in</strong>e<br />

Stelle neu zu besetzen ist. Nur gegen-<br />

über Studenten beherrschen Unterneh-<br />

men die Kunst der frühen Balz recht<br />

gut. Sie schicken Talentscouts auf Mes-<br />

sen der Universitäten, vergeben Diplom-<br />

arbeiten und Stipendien. Oder gründen<br />

Partnerschaften mit Hochschulen. Wie<br />

der Drogeriegigant dm. Seit 2006 ar-<br />

beitet das Unternehmen mit der priva-<br />

ten „Alanus Hochschule für Kunst und<br />

Gesellschaft“ im rhe<strong>in</strong>ischen Alfter zu-<br />

sammen. Dort stehen neben BWL-Know-<br />

how Kunst, Kultur und Philosophie auf<br />

dem Stundenplan. Erich Harsch, stell-<br />

„<strong>Die</strong> Menschen s<strong>in</strong>d Herz und Hirn unseres<br />

Unternehmens, unsere wichtigste Ressource.“<br />

Erich Harsch, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung von dm<br />

vertretender Vorsitzender der Geschäfts-<br />

führung der dm-Drogeriemarktkette,<br />

unter anderem verantwortlich für das<br />

Ressort Mitarbeiter: „Heute kommt es im<br />

Handel weniger darauf an, den besten<br />

Fachmann zu gew<strong>in</strong>nen, sondern Persön-<br />

lichkeiten, die sozial und kreativ s<strong>in</strong>d –<br />

gerade beim Managementnachwuchs.<br />

Solche Skills kommen an den meisten<br />

Unis viel zu kurz.“<br />

Aber was ist mit den Potentials, den<br />

wechselwilligen Mitarbeitern, die jedes<br />

Unternehmen bereichern? „<strong>Die</strong> muss<br />

man f<strong>in</strong>den“, so der Headhunter, „deren<br />

Interesse wecken und Karrieren beglei-<br />

ten – um sie dann zum richtigen Zeit-<br />

punkt für sich zu gew<strong>in</strong>nen.“ Hier sieht<br />

Proft die Stärke se<strong>in</strong>er Zunft: „Personal-<br />

beratungen verfügen über e<strong>in</strong>e gut sor-<br />

tierte Kartei mit top ausgebildeten, enga-<br />

gierten, wechselwilligen Leuten aus dem<br />

In- und Ausland.“ Tim Ackermann etwa,<br />

Personalmanager bei Microsoft Deutsch-<br />

land, greift immer dann auf Personal-<br />

berater mit e<strong>in</strong>em hervorragenden Kon-<br />

taktnetzwerk zurück, wenn er Topjobs<br />

wie e<strong>in</strong>en Direktorenposten zu vergeben<br />

30 pwc: | april 2008


hat oder gewiefte Spezialisten sucht. „Auf<br />

anderem Weg hat man kaum e<strong>in</strong>e Chan-<br />

ce, solche Leute zu f<strong>in</strong>den.“ Generell sei<br />

es schwieriger geworden, gutes Personal<br />

zu f<strong>in</strong>den, die demografische Entwicklung<br />

werde spürbar. <strong>Die</strong> Lösung à la Microsoft:<br />

Sie suchen Mitarbeiter über den Bran-<br />

chenrand h<strong>in</strong>aus, etwa auch <strong>in</strong> sozialen<br />

Onl<strong>in</strong>e-Netzwerken. „Über Bus<strong>in</strong>essplatt-<br />

formen wie X<strong>in</strong>g kommt man viel leichter<br />

an passive Sucher, gute Leute, die ihre<br />

Daten e<strong>in</strong>gestellt haben, aber sich eigent-<br />

lich gar nicht nach e<strong>in</strong>em neuen Job um-<br />

sehen“, so Ackermann. Zugleich wird die<br />

<strong>in</strong>terne Personalentwicklung wichtiger.<br />

„Wo der Markt leer ist, müssen wir selbst<br />

den <strong>in</strong>ternen Talentpool noch <strong>in</strong>tensiver<br />

nutzen und optimieren.“ Ackermann ist<br />

deshalb sicher: Der Stellenwert von Re-<br />

cruitern und Personalentwicklern wird <strong>in</strong><br />

den kommenden Jahren steigen. Das Be-<br />

wusstse<strong>in</strong>, wie wichtig gute Personalab-<br />

teilungen s<strong>in</strong>d, sche<strong>in</strong>t bei vielen Vorstän-<br />

den anzukommen.<br />

<strong>Die</strong> PwC-Studie „The People Agenda. Tal-<br />

ent Management – Energis<strong>in</strong>g the Orga-<br />

nisation Through the Power of People“<br />

zeigt: 70 Prozent der CEOs weltweit be-<br />

trachten es als ihre primäre Aufgabe, die<br />

Topnachwuchs kann sich die Jobs längst wieder<br />

selbst aussuchen. Unternehmen müssen deshalb<br />

schneller se<strong>in</strong> als die Konkurrenz und effizienter<br />

suchen. Und dabei neue Strategien entwickeln.<br />

richtigen Mitarbeiter zu f<strong>in</strong>den, zu ge-<br />

w<strong>in</strong>nen und zu halten. Für die Drogerie-<br />

kette dm ist das selbstverständlich. „<strong>Die</strong><br />

Menschen s<strong>in</strong>d Herz und Hirn unseres<br />

Unternehmens, unsere wichtigste <strong>in</strong>terne<br />

Ressource“, so dm-Mann Erich Harsch.<br />

Der Konzern verzichtet auf e<strong>in</strong>e Personal-<br />

abteilung, die Mitarbeiter sucht. Harsch:<br />

„Das ist die wichtigste Aufgabe der Füh-<br />

rungskräfte selbst. Und wenn die Men-<br />

schen spüren, dass dm e<strong>in</strong> Unternehmen<br />

ist, das entgegen der ‚Geiz ist geil‘-Men-<br />

talität nachhaltig etwas für die Gesell-<br />

schaft tun will, müssen wir uns um guten<br />

Nachwuchs ke<strong>in</strong>e Sorgen machen.“<br />

Kontakt<br />

holger.leckebusch@de.pwc.com<br />

Tel. 0201 438-1168<br />

pwc: | april 2008 31


pwc: Wissen<br />

32 pwc: | april 2008


E<strong>in</strong> Gehen und<br />

Kommen<br />

Mitarbeiterentsendungen <strong>in</strong>s Ausland kosten Unternehmen e<strong>in</strong>e Menge Geld.<br />

Deshalb sollte man sich im Vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> Gedanken über den Mehrwert machen.<br />

Von Mart<strong>in</strong> Reischke<br />

Sie verlassen Deutschland, um <strong>in</strong> der Frem-<br />

de zu arbeiten – und bleiben der e<strong>in</strong>hei-<br />

mischen Wirtschaft trotzdem erhalten:<br />

Mit dem wachsenden E<strong>in</strong>fluss von Export<br />

und Globalisierung auf die wirtschaftliche<br />

Entwicklung wird es für viele Unterneh-<br />

men immer wichtiger, eigene Fach- und<br />

Führungskräfte <strong>in</strong>s Ausland zu senden. Für<br />

kapital<strong>in</strong>tensive Branchen wie etwa die<br />

Automobil<strong>in</strong>dustrie geht es zunächst um<br />

die Erschließung neuer Märkte. Aber auch<br />

um firmenspezifisches Wissen, das weiter-<br />

gegeben werden muss – etwa nach Fusio-<br />

nen oder Firmenzukäufen im Ausland. „Das<br />

fördert das Zusammenwachsen der beiden<br />

Unternehmen und zahlt sich langfristig aus“,<br />

ist Monika Gläser überzeugt. Sie muss es<br />

wissen, sie ist beim Optik-Konzern Carl<br />

Zeiss für <strong>in</strong>ternationale Transfers zuständig.<br />

Aber Mitarbeiter im Ausland kosten e<strong>in</strong>e<br />

Menge Geld. Brechen sie den Aufenthalt<br />

<strong>in</strong> der Ferne vorzeitig ab, kommt das die<br />

Unternehmen teuer zu stehen. Deshalb<br />

sollte e<strong>in</strong> solcher Schritt gut vorbereitet<br />

werden. Carl Zeiss hat e<strong>in</strong> Programm ent-<br />

wickelt, das den Umgang mit Expatriates<br />

konzernweit vere<strong>in</strong>heitlichen soll. 70 Mitar-<br />

beiter s<strong>in</strong>d derzeit <strong>in</strong> 18 Ländern unterwegs,<br />

vor allem <strong>in</strong> Asien und den USA. Bevor der<br />

Mitarbeiter sich für oder gegen e<strong>in</strong>en Aus-<br />

landsaufenthalt entscheidet, kann er auf<br />

e<strong>in</strong>er Orientierungsreise geme<strong>in</strong>sam mit<br />

se<strong>in</strong>er Familie se<strong>in</strong>en potenziellen neuen<br />

Arbeitsort kennenlernen. Beschließt er, <strong>in</strong>s<br />

Ausland zu gehen, wird er auf se<strong>in</strong> neues<br />

Umfeld vorbereitet. „Selbst <strong>in</strong> verme<strong>in</strong>tlich<br />

vertrauten Ländern wie den USA kann der<br />

kulturelle Umgang im Arbeitsalltag schwie-<br />

rig se<strong>in</strong>“, sagt Carl-Zeiss-Personalreferen-<br />

t<strong>in</strong> Gläser. „Deshalb bieten wir das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

für jedes Land an und legen Wert darauf,<br />

dass der Mitarbeiter daran teilnimmt.“ Um<br />

auch dem Rest der Familie den Weggang<br />

schmackhaft zu machen, f<strong>in</strong>anziert Carl<br />

Zeiss etwa die berufliche Weiterbildung des<br />

mitreisenden Partners im Ausland.<br />

<strong>Die</strong>ter Endres ist Vorstandsmitglied bei<br />

<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> und Leiter des<br />

Steuerbereichs.<br />

<strong>Die</strong> Entlohnung des Expatriates orientiert<br />

sich an se<strong>in</strong>em Gehalt <strong>in</strong> Deutschland, hö-<br />

here Lebenshaltungskosten werden durch<br />

Extrazahlungen ausgeglichen. Für die Fir-<br />

men wird es fast immer teurer, denn die<br />

Steuerniveauunterschiede <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zel-<br />

nen Ländern werden <strong>in</strong> die Gehaltsver-<br />

handlungen mit e<strong>in</strong>bezogen. „Da der Ver-<br />

gütung von Expatriates typischerweise<br />

Nettolohnvere<strong>in</strong>barungen zugrunde liegen,<br />

ist die zusätzliche Steuerbelastung von<br />

den Unternehmen zu tragen“, sagt Prof.<br />

Dr. <strong>Die</strong>ter Endres, Vorstandsmitglied bei<br />

<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC) und Leiter<br />

des Steuerbereichs. In diesem Fall wird das<br />

deutsche Nettogehalt als Grundlage zur<br />

Berechnung des ausländischen Bruttolohns<br />

herangezogen. Der Mitarbeiter verdient daher<br />

netto so viel wie <strong>in</strong> Deutschland – auch<br />

wenn die Steuern im Ausland höher s<strong>in</strong>d.<br />

Was die Kosten für die Unternehmen <strong>in</strong> die<br />

Höhe treibt, s<strong>in</strong>d die zusätzlichen Aufwendungen:<br />

Umzugs- und Mietkosten, regelmäßige<br />

Heimflüge oder das Schulgeld für<br />

die mitreisenden K<strong>in</strong>der. „Schon für die<br />

Vorbereitung mit mehrtägigem <strong>in</strong>terkulturellem<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und Orientierungsreise mit<br />

dem Partner nach Asien kann man schnell<br />

auf e<strong>in</strong> paar 10.000 Euro kommen“, rechnet<br />

Andreas Bittner, Geschäftsführer des Instituts<br />

für Interkulturelles Management (IFIM).<br />

„Und im Vergleich zu den Gesamtkosten der<br />

Entsendung ist das noch wenig.“<br />

Mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />

<strong>in</strong> Mannheim (ZEW) hat<br />

PwC im Jahr 2005 die Entsendungskosten<br />

für Expatriates <strong>in</strong> 20 Ländern untersucht.<br />

Unter der Annahme e<strong>in</strong>es verfügbaren<br />

Jahrese<strong>in</strong>kommens von 75.000 Euro und<br />

zusätzlichen Aufwendungen <strong>in</strong> Höhe von<br />

30.000 Euro kamen durchschnittliche Entsendungskosten<br />

von rund 167.000 Euro<br />

zusammen – für e<strong>in</strong>en alle<strong>in</strong>stehenden<br />

Arbeitnehmer. Dabei waren die länderspe-<br />

zifischen Unterschiede durchaus eklatant:<br />

In Belgien kostete e<strong>in</strong> Mitarbeiter knapp<br />

194.000 Euro, <strong>in</strong> Slowenien rund 215.000<br />

Euro. In Russland und <strong>in</strong> der Schweiz h<strong>in</strong>-<br />

gegen beliefen sich die Kosten nur auf<br />

rund 147.000 Euro – bei gleichem Netto-<br />

lohn. „<strong>Die</strong> Entsendung e<strong>in</strong>es Mitarbeiters<br />

<strong>in</strong>s Ausland ist unter Umständen sogar bil-<br />

liger als se<strong>in</strong>e Beschäftigung <strong>in</strong> Deutsch-<br />

land“, so <strong>Die</strong>ter Endres.<br />

Viele Länder versuchen, Expatriates auch<br />

mit Steueranreizen zu locken: So stellen<br />

etwa die Schweiz und Frankreich zusätz-<br />

liche Aufwendungen für die Expatriates<br />

steuerfrei, <strong>in</strong> Ländern wie den Niederlan-<br />

den oder Schweden bleibt e<strong>in</strong> Teil des Ge-<br />

halts unbesteuert. In F<strong>in</strong>nland und Spanien<br />

h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d die Steuersätze für Expatriates<br />

ab e<strong>in</strong>er bestimmten E<strong>in</strong>kommenshöhe<br />

günstiger als für e<strong>in</strong>heimische Arbeitnehmer.<br />

Dennoch waren die Kosten für die<br />

Auslandsentsendung laut PwC-Studie im<br />

Durchschnitt deutlich höher als bei e<strong>in</strong>er<br />

vergleichbaren Beschäftigung <strong>in</strong> Deutschland<br />

– vor allem aufgrund der zusätzlichen<br />

Aufwendungen, die die Mitarbeiter erhalten.<br />

pwc: | april 2008 33


pwc: Wissen<br />

Deshalb wägen die Unternehmen die Vor-<br />

und Nachteile genau gegene<strong>in</strong>ander ab.<br />

„Das Kostenbewusstse<strong>in</strong> ist stärker gewor-<br />

den“, sagt Bittner. „Deshalb fragen sich die<br />

Firmen heute auch viel kritischer, ob e<strong>in</strong>e<br />

Auslandsentsendung wirklich s<strong>in</strong>nvoll ist.“<br />

An der <strong>in</strong>ternationalen Ausrichtung der Un-<br />

ternehmen ändert das jedoch nichts. „<strong>Die</strong><br />

Anzahl der Standorte deutscher Firmen<br />

im Ausland wächst weiterh<strong>in</strong>“, sagt Bittner.<br />

„Aber pro Standort gibt es weniger Expatri-<br />

ates als früher.“ Das hat auch PwC-Steu-<br />

erberater Thomas Kausch beobachtet, der<br />

Unternehmen bei Mitarbeiterentsendungen<br />

berät: „Es gibt viele Funktionen, bei denen<br />

man früher dachte, das muss jemand aus<br />

der Zentrale machen. Das ist heute nicht<br />

mehr so, denn auch lokale Mitarbeiter s<strong>in</strong>d<br />

oft gut ausgebildet.“ Trotzdem wächst die<br />

Zahl der Expatriates weiter – wenn auch<br />

nicht so stark wie noch vor e<strong>in</strong>igen Jahren.<br />

Dafür s<strong>in</strong>d die Mitarbeiter heute deutlich<br />

kürzer vor Ort, maximal zwölf Monate. Hat<br />

sich das Unternehmen entschieden, e<strong>in</strong>en<br />

Mitarbeiter <strong>in</strong>s Ausland zu schicken, sollten<br />

klare Ziele für dessen Arbeit im Ausland ver-<br />

e<strong>in</strong>bart werden. Den Kontakt zur Firmenzen-<br />

trale dürfe er dabei aber auch nicht verlie-<br />

ren. Regelmäßige Heimflüge helfen ebenso<br />

wie e<strong>in</strong> Mentor aus der eigenen Abteilung <strong>in</strong><br />

Deutschland, der den Expatriate über unter-<br />

nehmens<strong>in</strong>terne Entwicklungen <strong>in</strong> Deutsch-<br />

land auf dem Laufenden hält und Interesse<br />

an dessen Arbeit zeigt.<br />

Denn Geld ist nicht alles. Zu diesem<br />

Schluss kommt auch PwC: Zwar liegen<br />

die tatsächlichen durchschnittlichen Ent-<br />

Mehr wert<br />

<strong>Die</strong> Studie „Der Mehrwert <strong>in</strong>ternationaler<br />

Mitarbeitere<strong>in</strong>sätze“ untersucht detail-<br />

liert, ob und wann es sich lohnt, Mitar-<br />

beiter <strong>in</strong>s Ausland zu schicken. Dafür hat<br />

PwC Kosten und Nutzen für verschie-<br />

dene Formen von <strong>in</strong>ternationalen E<strong>in</strong>sät-<br />

zen bewertet – und auch untersucht, was<br />

aus den Karrieren der Mitarbeiter nach<br />

ihrer Rückkehr wurde. Dadurch ergibt<br />

sich erstmals e<strong>in</strong> vollständiges Bild über<br />

die Möglichkeit, Mitarbeitern mit Aus-<br />

landserfahrung auch Weiterentwicklungs-<br />

möglichkeiten zu bieten.<br />

sendungskosten von neun bewerteten<br />

Großunternehmen mit rund 212.000 Euro<br />

mittlerweile deutlich höher als noch <strong>in</strong> der<br />

Modellrechnung von 2005. Aber e<strong>in</strong> Zu-<br />

sammenhang zwischen der <strong>in</strong>dividuellen<br />

Höhe der entsendungsbezogenen Zulagen<br />

und der Leistung des Mitarbeiters lässt<br />

sich nicht nachweisen. „Viele Unterneh-<br />

men stellen die f<strong>in</strong>anziellen Aspekte zu<br />

sehr <strong>in</strong> den Vordergrund, während sich<br />

die Mitarbeiter stärker für die eigene beruf-<br />

liche Entwicklung <strong>in</strong>teressieren“, sagt Tho-<br />

mas Kausch. Doch Karriereversprechen für<br />

die Zeit nach dem Auslandse<strong>in</strong>satz geben<br />

immer weniger Unternehmen. Schließlich<br />

ist Auslandserfahrung heute nichts Beson-<br />

deres mehr. Auch deshalb ist die Rückkehr<br />

nach Deutschland für die Expatriates nicht<br />

leicht: „Da ist der Kulturschock mitunter<br />

größer als beim Wegflug“, sagt Kausch.<br />

Damit sich der Mitarbeiter nicht zu sehr<br />

von se<strong>in</strong>er Heimatkultur entfremdet, sollte<br />

man die Dauer des Aufenthalts begrenzen.<br />

„Fünf Jahre s<strong>in</strong>d sicher die Schallgrenze“,<br />

me<strong>in</strong>t der Steuerexperte.<br />

Bei Bosch <strong>in</strong> Stuttgart hat man jetzt e<strong>in</strong><br />

Konzept entwickelt, das die Rückkehr er-<br />

leichtern und unter anderem den Aus-<br />

tausch <strong>in</strong>terkulturellen Wissens im Un-<br />

ternehmen fördern soll: Mitarbeiter, die<br />

aus dem Ausland zurückkommen, kön-<br />

nen sich zum Länderreferenten ausbil-<br />

den lassen – und selbst an Vorbereitungs-<br />

Mitarbeiter im Ausland verdienen netto so viel<br />

wie zu Hause. Fallen höhere Steuern an, muss<br />

das Unternehmen sie tragen. Dazu kommen noch<br />

Kosten für Umzug, Heimflüge und Sem<strong>in</strong>are.<br />

tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs mitwirken. „So können unsere<br />

Mitarbeiter ihre Auslandserfahrungen<br />

an neue Expatriates weitergeben“, sagt<br />

Bosch-Bildungsreferent<strong>in</strong> Andrea Güse-<br />

well. Und werden damit auch re<strong>in</strong>tegriert.<br />

Das ist e<strong>in</strong> nicht zu unterschätzender<br />

Faktor. Denn 15 Prozent der Rückkehrer<br />

verlassen laut PwC-Studie <strong>in</strong>nerhalb des<br />

nächsten Jahres das Unternehmen. Wer<br />

aber bleibt, ist später dem Unternehmen<br />

gegenüber meist loyaler als der Durch-<br />

schnitt der nicht entsandten Mitarbeiter.<br />

E<strong>in</strong>e gezielte Re<strong>in</strong>tegration ist deshalb<br />

wichtig, um heimgekehrte Mitarbeiter hal-<br />

ten und von ihren Erfahrungen im Ausland<br />

profitieren zu können.<br />

Weitaus schwerer haben es mittelstän-<br />

dische Unternehmen, die Auslands-<br />

entsendung der Mitarbeiter professionell<br />

zu begleiten. „Hier ist der Expatriate eher<br />

das Versuchskan<strong>in</strong>chen“, sagt Andreas<br />

Bittner. Denn e<strong>in</strong>e umfangreiche Vor- und<br />

Nachbereitung übersteigt oft deren fi-<br />

nanzielle Möglichkeiten. Trotzdem kom-<br />

men natürlich auch dort berufliche Aus-<br />

landsaufenthalte vor. Am Erfurter Standort<br />

des belgischen Automobilzulieferers Me-<br />

lexis etwa ist vor e<strong>in</strong>igen Wochen erst e<strong>in</strong><br />

deutscher Ingenieur von e<strong>in</strong>em neunmo-<br />

natigen Aufenthalt <strong>in</strong> Detroit zurückge-<br />

kehrt. „Melexis hat ihn dort gebraucht“,<br />

sagt die Melexis-Personalchef<strong>in</strong> Stef-<br />

fi Pfeiffer. „Und se<strong>in</strong>e primäre Motivation<br />

war dabei nicht f<strong>in</strong>anzieller Natur, sondern<br />

die Chance auf berufliche und persönliche<br />

Entwicklung.“ Manche Mitarbeiter kom-<br />

men eben damit zurecht, Versuchskan<strong>in</strong>-<br />

chen zu se<strong>in</strong>.<br />

Kontakt<br />

dieter.endres@de.pwc.com<br />

Tel. 069 9585-6459<br />

thomas.kausch@de.pwc.com<br />

Tel. 030 2636 5253<br />

34 pwc: | april 2008


pwc: Kolumne<br />

Trau nie dem Controll<strong>in</strong>g<br />

Was modernes Controll<strong>in</strong>g mit e<strong>in</strong>em Freier namens He<strong>in</strong>rich VIII. zu tun hat.<br />

Von Klaus Kocks<br />

Kontrollieren Controller das Unternehmen? Ich kenne Unternehmen,<br />

<strong>in</strong> denen die Vielgescholtenen weitreichende Macht haben. Was<br />

sich nicht fürs Controll<strong>in</strong>g rechnet, also über der M<strong>in</strong>destrendite<br />

liegt, wird nicht gemacht. Egal, was die Sparte sagt. Und ich kenne<br />

Aktiengesellschaften, da haben die Herren des Berichtswesens so<br />

gut wie nichts zu sagen und s<strong>in</strong>d vor allem gegen Jahresende im<br />

Creative Account<strong>in</strong>g gefordert. Aber man darf nicht im Holzschnitt­<br />

artigen stecken bleiben. <strong>Die</strong> Frage ist eigentlich nicht, was Con­<br />

troll<strong>in</strong>g br<strong>in</strong>gt oder nicht br<strong>in</strong>gt. Wirkliches Missmanagement f<strong>in</strong>det<br />

auf e<strong>in</strong>er anderen Etage statt. Der Fisch st<strong>in</strong>kt immer vom Kopf.<br />

<strong>Die</strong> notwendige wie h<strong>in</strong>reichende Frage heißt: Was weiß der Vor­<br />

stand überhaupt von se<strong>in</strong>em Laden? Aus e<strong>in</strong>er hässlichen Antwort<br />

auf diese harmlos kl<strong>in</strong>genden Worte erklären sich fast alle Überra­<br />

schungen, die die Verantwortlichen zum Entsetzen ihrer Aktionäre<br />

trotz anfänglich massiver Dementis dann doch immer wieder erei­<br />

len. Wie Blitze aus heiterem Himmel.<br />

Gestandene Fahrensleute aus Industrie und Handel s<strong>in</strong>d demütiger<br />

als die Heißsporne <strong>in</strong> Analystenkreisen. Reife Manager fragen: Was<br />

kann e<strong>in</strong> Vorstand überhaupt wissen? <strong>Die</strong> Antwort darauf wird nur<br />

geraunt. Alles war besser <strong>in</strong> <strong>in</strong>habergeführten Unternehmen, hört<br />

man die alten Männer bei Rotary sagen. <strong>Die</strong> noch älteren Herren<br />

im Club träumen von Manufakturen, Handwerksbetrieben, <strong>in</strong> de­<br />

nen die Aufsichtsdichte bis <strong>in</strong> die Seele der Beschäftigten und die<br />

Börsen der Kunden reichte. Und das Eigenkapital so beschaffen<br />

war, dass man e<strong>in</strong>en Banker e<strong>in</strong>en jämmerlichen Wucherer nennen<br />

konnte. Shakespeares Shylock wurde verachtet, wo große Kapi­<br />

talien sich selbst gehörten. Tempi passati. Heute kaufst du e<strong>in</strong>en<br />

Laden, dessen Topmanagement <strong>in</strong> London sitzt, die Fertigung <strong>in</strong><br />

Indien und dort <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bundesstaat, der kl<strong>in</strong>gt wie e<strong>in</strong>e G<strong>in</strong>­Mar­<br />

ke, von der man aber gar nicht weiß, ob es sie überhaupt gibt. Was<br />

aber auch egal ist, wenn man die Equity Story und die dazugehöri­<br />

ge verme<strong>in</strong>tliche Fertigung zum x­Fachen nach vier Jahren weiter­<br />

verkaufen kann.<br />

Da man <strong>in</strong> globalen Unternehmen nicht an allen Orten se<strong>in</strong> kann,<br />

hat man e<strong>in</strong> Controll<strong>in</strong>g, das das Wissen, die Daten und Fakten der<br />

riesigen Unternehmenswelt akkumuliert, sodass die ganze <strong>Welt</strong> auf<br />

Professor Klaus Kocks, Jahrgang 1952, ist<br />

unabhängiger Me<strong>in</strong>ungsforscher und Kom­<br />

munikationsberater. Bis Ende 2001 war<br />

der Wirtschafts­ und Sozialwissenschaftler<br />

Kommunikationsvorstand bei VW.<br />

zehn Power­Po<strong>in</strong>t­Charts passt. Und alles ist wieder gut. E<strong>in</strong> Preis<br />

der Globalisierung ist, dass man sich aufs Hörensagen verlassen<br />

muss. Jedenfalls meistens.<br />

He<strong>in</strong>rich VIII. von England (1491 bis 1547) hat es auf sechs Ehe­<br />

frauen gebracht. Der betriebswirtschaftlich <strong>in</strong>teressante Teil han­<br />

delt von se<strong>in</strong>er vierten Frau Anna aus dem niederrhe<strong>in</strong>ischen Kleve,<br />

aufgewachsen im Bergischen, die als die „flämische Mähre“ <strong>in</strong> die<br />

Geschichtsbücher e<strong>in</strong>gegangen ist. Anna war die erste englische<br />

König<strong>in</strong> aus Deutschland; noch heute ist sie auf e<strong>in</strong>em Gemälde<br />

des damals berühmtesten Porträtmalers Hans Holbe<strong>in</strong> dem Jünge­<br />

ren zu bewundern, das im Louvre hängt. He<strong>in</strong>rich VIII. hatte gerade<br />

se<strong>in</strong>e dritte Gatt<strong>in</strong> verloren und ließ von se<strong>in</strong>em Lordsiegelbewahrer<br />

Thomas Cromwell den europäischen Kont<strong>in</strong>ent nach e<strong>in</strong>er heirats­<br />

willigen Adligen absuchen. <strong>Die</strong> Situation wurde dadurch e<strong>in</strong> wenig<br />

erschwert, dass He<strong>in</strong>rich VIII. an Depressionen litt, die er durch un­<br />

mäßiges Fressen und Saufen zu behandeln suchte. Im Zuge dessen<br />

war er zu e<strong>in</strong>em bewegungsunfähigen Koloss angewachsen. So<br />

ließ sich schlecht an Europas Höfen um Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>nen freien. <strong>Die</strong><br />

Botschafter des Königshauses ließen die Aspirant<strong>in</strong>nen an Europas<br />

Höfen porträtieren. Bilder waren leichter zu transportieren als se<strong>in</strong>e<br />

Hoheit. Damit wurde Holbe<strong>in</strong> beauftragt, der bei Hofe <strong>in</strong> höchsten<br />

Gnaden stand. He<strong>in</strong>rich VIII. erwählte sich durch Betrachten der<br />

Bilder schließlich Anna aus Flamen und war sie noch vor Jahres­<br />

frist leid. Der Hofstaat wusste davon zu berichten, dass die Dame <strong>in</strong><br />

völliger Unkenntnis e<strong>in</strong>schlägiger bei Korpulenz angezeigter Prak­<br />

tiken gewesen sei, sodass sie das Nachtlager auch nach den e<strong>in</strong><br />

Dreivierteljahr währenden Versuchen als <strong>in</strong>takte Jungfrau verlassen<br />

habe. He<strong>in</strong>rich VIII. ließ Cromwell prüfen, wie er aus dem vermale­<br />

deiten Ehevertrag wieder herauskäme, was Cromwell nicht bewerk­<br />

stelligen konnte und mit dem Tod durch Köpfen zu bezahlen hatte.<br />

Was lehrt uns das? Man hüte sich vor dem Hörensagen. <strong>Die</strong> wirk­<br />

lich wichtigen D<strong>in</strong>ge im Leben lässt man sich nicht nur reporten.<br />

Man probiert sie vor Vertragsschluss aus. Und zwar selbst. Hands<br />

on. Wenn Sie das e<strong>in</strong>em der Bubis bei Morton Glenfiddich Brothers<br />

<strong>in</strong> der City erklären müssen, fragen Sie ihn e<strong>in</strong>fach nach Henry VIII.<br />

Oder sagen Sie nur: The proof of the pudd<strong>in</strong>g is <strong>in</strong> the eat<strong>in</strong>g.<br />

pwc: | april 2008 35


pwc: Wissen<br />

<strong>Die</strong> Ostküsten-Amerikaner<strong>in</strong> und Mathematiker<strong>in</strong> Marna Whitt<strong>in</strong>gton ist seit 2002 bei Allianz Global Investors und pendelt regelmäßig<br />

zwischen den Kont<strong>in</strong>enten und Kulturen h<strong>in</strong> und her.<br />

36 pwc: | april 2008


Pendler<strong>in</strong><br />

zwischen den <strong>Welt</strong>en<br />

Marna Whitt<strong>in</strong>gton, Verwaltungsdirektor<strong>in</strong> von Allianz Global Investors, über<br />

multikulturelle Synergien, notwendige Freiräume und harte Entscheidungen.<br />

Von Beatrix Boutonnet<br />

pwc: Frau Whitt<strong>in</strong>gton, welche Vorteile br<strong>in</strong>gt der Allianz die Tat­<br />

sache, dass Sie Amerikaner<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d?<br />

Whitt<strong>in</strong>gton: Da s<strong>in</strong>d mehrere D<strong>in</strong>ge von Bedeutung. Es gibt nur<br />

sehr wenige Unternehmen, die wirklich global aufgestellt s<strong>in</strong>d und<br />

<strong>in</strong> allen wichtigen Märkten Investmentkompetenzen vorweisen kön­<br />

nen. Es ist daher wichtig, erfahrene Leute zu haben, die sich global<br />

und <strong>in</strong> den Teilmärkten auskennen. Der andere Punkt, warum aus­<br />

gerechnet e<strong>in</strong>e Amerikaner<strong>in</strong> ausgesucht wurde, ist me<strong>in</strong>es Erach­<br />

tens recht e<strong>in</strong>fach. In den angelsächsischen Ländern haben wir die<br />

längste Tradition im Bereich Investment Management. Wir haben<br />

gut entwickelte Regulatorien, Baukastensysteme und Strukturen.<br />

Wo sehen Sie Unterschiede zwischen Amerikanern und Deutschen?<br />

Wissen Sie, Amerikaner f<strong>in</strong>den bei Problemen immer rasch<br />

Lösungen. Deutsche dagegen gehen sehr analytisch vor und s<strong>in</strong>d<br />

sehr zielorientiert. Ich sage immer, wenn es uns gel<strong>in</strong>gt, die Ergeb­<br />

nisorientierung der Amerikaner mit den analytischen und prozess­<br />

technischen Fähigkeiten der Deutschen zu komb<strong>in</strong>ieren, haben wir<br />

die ideale Mischung.<br />

War es das, was Sie an diesem Job reizte?<br />

Es war e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e tolle Chance. <strong>Die</strong> Allianz hatte als Konzern<br />

damals e<strong>in</strong>en deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Sie suchten<br />

jemanden, der das Asset­Management­Geschäft auf­ und ausbaut.<br />

<strong>Die</strong> Allianz war dabei sehr fortschrittlich <strong>in</strong> ihrer Denkweise. Sie gab<br />

für die Tochterunternehmen nur die Richtl<strong>in</strong>ien vor und ließ ihnen<br />

ansonsten möglichst viel Autonomie. Das hat mich gereizt.<br />

Welche Rolle hat multikulturelles Management für Sie?<br />

Lassen Sie mich es mit e<strong>in</strong>em Versuch erklären. Bei e<strong>in</strong>em Test<br />

mussten Europäer, Amerikaner und Asiaten e<strong>in</strong> Aquarium mit drei<br />

Fischen beschreiben. Während die Europäer und Amerikaner sich<br />

auf die Fische konzentrierten, beschrieben die Asiaten die Pflanzen<br />

und die Umgebung im Aquarium. Am besten wäre doch, wenn wir<br />

die Fische und das Aquarium beschreiben würden, denn das e<strong>in</strong>e<br />

nützt ohne das andere nichts. <strong>Die</strong> Synergien e<strong>in</strong>es multikulturellen<br />

Teams s<strong>in</strong>d meist sehr hoch.<br />

In der Theorie ist es e<strong>in</strong>fach, unterschiedliche Kulturen zu e<strong>in</strong>em<br />

Team zu verschmelzen. In der Praxis ist das erheblich schwieriger ...<br />

Das ist schon richtig. Aktuelle Studien belegen, dass rund 30 Pro­<br />

zent der Auslandse<strong>in</strong>sätze gerade an diesen kulturellen Barrieren<br />

scheitern. Doch viele der Schwierigkeiten s<strong>in</strong>d durchaus lösbar,<br />

wenn man dazu bereit ist. E<strong>in</strong> wichtiger Punkt ist sicherlich, dass<br />

all unsere Leute verstehen: Gerade diese Mult<strong>in</strong>ationalität ist unse­<br />

re Stärke. Außerdem macht es e<strong>in</strong>fach Spaß, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationa­<br />

len Team zu arbeiten. Es erweitert den Horizont. Konfliktfrei geht es<br />

natürlich auch nicht ab. Oft muss man sich wirklich sagen: „Durch­<br />

atmen, nicht ärgerlich werden!“, wenn etwas schiefläuft.<br />

Was läuft denn manchmal schief?<br />

Meist liegen die Ursachen für Missverständnisse <strong>in</strong> Kommunikati­<br />

onsproblemen. Hier im Haus ist die Geschäftssprache oft Englisch.<br />

Manchmal vergessen me<strong>in</strong>e US­Kollegen, dass wir dadurch e<strong>in</strong>en<br />

enormen Vorteil haben. Englisch wird überall gesprochen. Wir füh­<br />

len uns natürlich <strong>in</strong> unserer Muttersprache völlig zu Hause, kennen<br />

alle Fe<strong>in</strong>heiten. Aber die anderen Kollegen sprechen noch zwei, drei<br />

oder vier andere Sprachen. Für sie ist Englisch e<strong>in</strong>e Fremdsprache.<br />

Ich spreche daher nicht so schnell. <strong>Die</strong> Sprachhürde haben wir als<br />

Muttersprachler zu beachten. Das ist schon etwas, worauf man <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>terkulturellen Team sehr achten muss.<br />

Sie pendeln sche<strong>in</strong>bar mühelos zwischen mehreren Nationalitäten,<br />

Kont<strong>in</strong>enten und Kulturen. Können Sie e<strong>in</strong>ige Ihrer geheimen Tricks<br />

verraten, wie Ihnen das gel<strong>in</strong>gt?<br />

Ich glaube, der wichtigste Punkt ist der: Ich will hier se<strong>in</strong>. Ich habe<br />

es mir so ausgesucht. Ich liebe München. Es ist e<strong>in</strong>e tolle Stadt<br />

mit e<strong>in</strong>er idealen Größe, e<strong>in</strong>er herrlichen Oper und e<strong>in</strong>er wunderba­<br />

ren Umgebung. Und beruflich gesehen haben wir bei der Allianz G I<br />

e<strong>in</strong>e große Aufgabe vor uns. Es gibt noch viel zu tun. Wir kommen<br />

aber gut voran.<br />

Und wie funktioniert so e<strong>in</strong> globales Unternehmen?<br />

<strong>Die</strong> Firma ist sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag aktiv.<br />

Stellen Sie sich nur mal e<strong>in</strong>e Konferenzschaltung zwischen Hong­<br />

kong, München, New York und Kalifornien vor – e<strong>in</strong>e Konstellation,<br />

die wir häufig haben. Da ist – übertragen gesprochen – immer e<strong>in</strong>er<br />

<strong>Die</strong> (Be­)Herrscher<strong>in</strong> der Zahlen<br />

Marna Whitt<strong>in</strong>gton kam im Januar 2002 als Verwaltungsdirekto­<br />

r<strong>in</strong> (COO) zu Allianz Global Investors (Allianz G I). Parallel dazu<br />

ist sie seitdem auch CEO von Nicholas­Applegate. Das Tochterunternehmen<br />

der Allianz SE gehört zu den fünf wichtigsten Asset­<br />

Managern weltweit. Derzeit wird dort Anlagekapital <strong>in</strong> Höhe von<br />

rund 1,3 Milliarden Euro betreut. Zuvor war die studierte Mathematiker<strong>in</strong><br />

im Asset­Management­Bereich bei Morgan Stanley Asset<br />

Management und Miller, Anderson & Sherrerd, Executive­Vice­Präsident<strong>in</strong><br />

und F<strong>in</strong>anzdirektor<strong>in</strong> (CFO) der Universität von Pennsylvania<br />

und F<strong>in</strong>anzstaatssekretär<strong>in</strong> des Bundesstaats Delaware. <strong>Die</strong><br />

gebürtige Amerikaner<strong>in</strong> aus Pennsylvania ist Mutter von zwei Töch­<br />

tern und Großmutter zweier Enkel<strong>in</strong>nen.<br />

pwc: | april 2008 37


pwc: Wissen<br />

im Schlafanzug. <strong>Die</strong>se Art zu arbeiten muss man schon mögen. Sie<br />

müssen den Wunsch, alles zu kontrollieren, reduzieren können. Das<br />

ist für e<strong>in</strong>ige Kollegen hart. Viele s<strong>in</strong>d es gewohnt, alles zu über-<br />

wachen. Bei e<strong>in</strong>em globalen Geschäft ist das nicht möglich. Sie<br />

müssen dennoch entspannt dabei bleiben, wenn Sie nicht mehr<br />

alles bis <strong>in</strong>s Detail kontrollieren können. Sie benötigen e<strong>in</strong>e gute<br />

Prozessplanung, müssen zielorientiert arbeiten und ab und zu tief<br />

Atem holen. Das Schlüsselwort dabei ist sicher „Vertrauen“. Man<br />

muss e<strong>in</strong>fach lernen, Menschen zu vertrauen. E<strong>in</strong> Beispiel: Ich spre-<br />

che ke<strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>esisch. Ich verstehe die ch<strong>in</strong>esischen Verträge nicht.<br />

Ich muss daher me<strong>in</strong>en Mitarbeitern vor Ort vertrauen. In e<strong>in</strong>em<br />

Inlandsgeschäft können Sie alle Dokumente lesen. In e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ter-<br />

nationalen Geschäft ist das nicht immer der Fall. Natürlich müssen<br />

Sie genau wissen, was Sie wollen, und die Richtl<strong>in</strong>ien kennen, aber<br />

letztendlich müssen Sie sich auf die Mitarbeiter verlassen.<br />

Sie sagten e<strong>in</strong>mal, die Allianz ist e<strong>in</strong>e sehr kluge Mutter. Was me<strong>in</strong>-<br />

ten Sie mit dieser Aussage?<br />

E<strong>in</strong> Konzern ist mit e<strong>in</strong>er Familie vergleichbar. <strong>Die</strong> Allianz hat schnell<br />

verstanden, dass der e<strong>in</strong>zige Weg, e<strong>in</strong>en mult<strong>in</strong>ationalen Konzern<br />

erfolgreich zu führen, der ist, den Tochterunternehmen so viel Frei-<br />

heit wie möglich zu lassen. Viele Dachkonzerne haben damit Pro-<br />

bleme. Sie glauben, alles muss bis <strong>in</strong>s Detail geregelt und vorge-<br />

geben werden. Zudem ist der Bereich Asset-Management e<strong>in</strong> ganz<br />

anderes Geschäft als Versicherungen. Das war der Allianz immer<br />

„Mitarbeiter s<strong>in</strong>d für den Unternehmenserfolg<br />

<strong>in</strong>zwischen der entscheidende Faktor.“<br />

klar. Am Anfang hatten sie sicherlich auch nicht alle Antworten parat.<br />

Aber sie wollten <strong>in</strong> diesem Bereich wirklich gut werden. Und wir<br />

<strong>in</strong> den Tochterunternehmen haben versucht, dieses Vertrauen nicht<br />

zu enttäuschen. Wir antworteten immer schnell und genau auf alle<br />

Fragen, haben unsere Strategien, Ausführungen und Ergebnisse<br />

offengelegt. Oft s<strong>in</strong>d es ja die kle<strong>in</strong>en D<strong>in</strong>ge, die alles vorantreiben.<br />

Wie <strong>in</strong>tegrieren Sie diese <strong>in</strong>ternationale Mitarbeiterorientierung <strong>in</strong><br />

den Geschäftsalltag?<br />

Unsere Philosophie ist eigentlich die unseres Mutterkonzerns. Bei<br />

uns müssen auch nicht alle gleich arbeiten. Das Asiengeschäft<br />

unterscheidet sich sehr vom US-Geschäft und ebenso von Europa.<br />

In vielen Bereichen machen Freiräume mehr S<strong>in</strong>n. Manchmal aber<br />

muss e<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>ie gefahren werden, wie beispielsweise im F<strong>in</strong>ancial<br />

Report<strong>in</strong>g System. Als Konzern gibt es ja auch viele Vorteile, etwa<br />

das Thema E<strong>in</strong>kaufsmacht: In den USA haben wir e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />

System für Lohnabrechnungen und für Unternehmensleistungen.<br />

So muss nicht jedes Unternehmen mit den Krankenkassen verhandeln.<br />

Unsere Tochterunternehmen wollen auch immer mehr geme<strong>in</strong>sam<br />

arrangieren. Das ist e<strong>in</strong> Prozess des Verstehens und des Vertrauens.<br />

Es darf nicht vergessen werden: Was die Unternehmen so<br />

e<strong>in</strong>sparen, können Sie im Analysebereich mehr ausgeben. Das wird<br />

wirtschaftlich schnell e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Entscheidung.<br />

Hatten Sie je Probleme <strong>in</strong> Ihren Führungspositionen, weil Sie e<strong>in</strong>e<br />

Frau s<strong>in</strong>d?<br />

In vielen D<strong>in</strong>gen macht das den Job herausfordernder. In der ersten<br />

Zeit wurde ich hier immer als „die amerikanische Frau“ bezeichnet.<br />

Ich b<strong>in</strong> mir nicht sicher, ob das immer nur positiv geme<strong>in</strong>t war ...<br />

Aber die Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Führungsverhalten<br />

bereichern ebenso wie die Vorteile unterschiedlicher<br />

Nationalitäten. Es br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en anderen Blick mit sich. <strong>Die</strong>se<br />

Verschiedenartigkeit ist immer e<strong>in</strong> Plus. Manchmal dauern Prozesse<br />

dadurch e<strong>in</strong> bisschen länger, aber das Endergebnis ist besser.<br />

Würden Sie sich als Teamplayer bezeichnen oder eher als Solist<strong>in</strong>?<br />

Natürlich müssen Sie ergebnisorientiert arbeiten. Am Ende des<br />

Tages <strong>in</strong>teressiert nur, was herauskommt. Da muss man schon hart-<br />

näckig se<strong>in</strong>. Das heißt natürlich nicht, dass Sie alles selbst machen<br />

müssen. Jeder will Teil e<strong>in</strong>es erfolgreichen Teams se<strong>in</strong>. Wenn alles<br />

sehr gut läuft, vergessen alle schnell, wie hart es zwischendurch war.<br />

Man muss Mitarbeiter immer für ihre Aufgabe begeistern im H<strong>in</strong>blick<br />

auf e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Ziel. Das ist e<strong>in</strong> Teil me<strong>in</strong>es Jobs.<br />

Und was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern?<br />

Mitarbeiter s<strong>in</strong>d für den Unternehmenserfolg <strong>in</strong>zwischen der entscheidende<br />

Faktor. Als Führungskraft hat man die Aufgabe, auch<br />

38 pwc: | april 2008


zu sehen, dass die Mitarbeiter alle Werkzeuge zur Verfügung haben,<br />

dass sie ihre Arbeit optimal erledigen können. Ist das nicht der Fall,<br />

kommt es schnell zu Frustrationen.<br />

Sie arbeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sensiblen Umfeld. Wie steht es mit „ethischen<br />

Standards“ <strong>in</strong> Ihrem Unternehmen?<br />

Wir nehmen diesen Punkt sehr, sehr ernst. Erstens vertrauen uns<br />

die Menschen ihre Ersparnisse an. Oft s<strong>in</strong>d das Gelder für ihre Pen-<br />

sion, gewissermaßen für ihre Träume. Wir müssen daher sicherstel-<br />

len, dass das Kunden<strong>in</strong>teresse immer vor den eigenen Interessen<br />

kommt. Zweitens müssen wir Manager sicherstellen, dass die An-<br />

gestellten diese Standards erfüllen können. Wir s<strong>in</strong>d verantwortlich.<br />

Wenn es nicht klappt, ist es unser Verschulden und nicht das unse-<br />

rer Angestellten.<br />

Sie unterstützen seit Langem soziale E<strong>in</strong>richtungen und leiten Mit-<br />

arbeiter zu sozialem Engagement an ...<br />

In den USA ist soziales Engagement <strong>in</strong> den Firmen üblich. Es gibt<br />

eigene Budgets dafür. Da wird <strong>in</strong> der lokalen Suppenküche gekocht,<br />

für Waisen gesammelt oder der Strand gesäubert. Untersuchungen<br />

zeigen, dass Firmen, die sich geme<strong>in</strong>sam sozial engagieren, deut-<br />

lich erfolgreicher s<strong>in</strong>d. In Deutschland fehlt diese Tradition. Das liegt<br />

vielleicht daran, dass sich der Staat um alles kümmert. Dafür zahlen<br />

Sie hohe Steuern. In den USA ist das anders. Aber auch hier ändert<br />

sich e<strong>in</strong>iges. Bei der Allianz machen wir schon vieles, unterstützen<br />

beispielsweise K<strong>in</strong>derhospitäler oder Waisenhäuser.<br />

Motivation ist e<strong>in</strong>e der wichtigsten Schlüsselqualifikationen für<br />

Manager. Woran liegt es, dass viele daran scheitern?<br />

Sie müssen sich für die Mitarbeiter <strong>in</strong>teressieren und ihnen ver-<br />

ständlich machen, warum sie etwas machen, was ihre Rolle <strong>in</strong> dem<br />

Ganzen ist. Das me<strong>in</strong>te ich e<strong>in</strong>gangs mit den guten Fähigkeiten<br />

der Deutschen, Prozesse organisieren zu können. <strong>Die</strong> Mitarbeiter<br />

müssen verstehen, wie die D<strong>in</strong>ge ablaufen. Das ist oft schwierig<br />

<strong>in</strong> die Realität umzusetzen. Auch wir arbeiten ständig daran. Man<br />

darf ja nicht vergessen, wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> neues Unternehmen. <strong>Die</strong> dar<strong>in</strong><br />

verschmolzenen Firmen wurden zugekauft. Da prallen schnell un-<br />

terschiedliche Vorstellungen und Kulturen aufe<strong>in</strong>ander. Wir versu-<br />

chen, diese Unterschiede <strong>in</strong> unserem Unternehmen gut zu <strong>in</strong>te-<br />

<strong>Die</strong> Amerikaner<strong>in</strong> <strong>in</strong> Allianz-<strong>Die</strong>nsten möchte das Positive<br />

aus zwei Kulturen komb<strong>in</strong>ieren: die Ergebnisorientierung<br />

ihrer Landsleute mit den analytischen<br />

und prozesstechnischen Fähigkeiten der Deutschen.<br />

grieren. Kreativität und e<strong>in</strong> richtiges Werteverständnis s<strong>in</strong>d dabei<br />

wichtig. Gerade bei Übernahmen entscheiden persönliche Verlet-<br />

zungen, Emotionen, die ganze Bandbreite menschlicher Faktoren<br />

oft darüber, ob es klappt oder nicht. Da ist viel F<strong>in</strong>gerspitzengefühl<br />

vonnöten.<br />

Das ist sicher nicht so schwer, wenn die Unternehmenszahlen nach<br />

oben klettern. Was ist, wenn das mal nicht so klappt?<br />

Dann müssen Sie harte Entscheidungen treffen. Das ist besonders<br />

schwer hier <strong>in</strong> Deutschland, durch die anders geprägte Unterneh-<br />

menskultur. Harte Schnitte s<strong>in</strong>d nie e<strong>in</strong>fach. Sie bereiten den meis-<br />

ten Managern Kopfzerbrechen. Doch sie müssen gemacht werden.<br />

Das ist man den Mitarbeitern schuldig. Und seien wir ehrlich: Wenn<br />

etwas schiefläuft, wissen es die Betreffenden sowieso meist selbst.<br />

Der Preis für Macht ist häufig e<strong>in</strong> deutlicher Mangel an Lebensquali-<br />

tät, sagen viele Manager. Können Sie dem zustimmen?<br />

Ne<strong>in</strong>, nicht wirklich. Ich glaube, es ist e<strong>in</strong>e Frage der <strong>in</strong>neren E<strong>in</strong>-<br />

stellung. Viele Menschen würden me<strong>in</strong> Leben nicht mit viel Lebens-<br />

qualität <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung br<strong>in</strong>gen. Ich sitze viel im Flugzeug, me<strong>in</strong>e<br />

Abende verbr<strong>in</strong>ge ich oft im Büro, und an Wochenenden arbeite ich<br />

häufig. Für mich aber ist dieser Job e<strong>in</strong>e große Herausforderung.<br />

Ich mag die Leute, mit denen ich arbeite. Genau so kann ich aber<br />

me<strong>in</strong>e Familie genießen, wenn ich freihabe. Ich denke wirklich, man<br />

hat im Leben Wahlmöglichkeiten. Wenn ich me<strong>in</strong> Leben so nicht<br />

mögen würde, dann hätte ich e<strong>in</strong>e andere Wahl treffen müssen. Ich<br />

b<strong>in</strong> der Me<strong>in</strong>ung, wenn jemand se<strong>in</strong>en Job nicht mag, dann hat er<br />

sich selbst, aber auch der Firma gegenüber, die Verpflichtung, sich<br />

etwas Passenderes zu suchen. Es gibt ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Lösung.<br />

Für unterschiedliche Menschen gelten e<strong>in</strong>fach unterschiedliche Mo-<br />

delle – wie <strong>in</strong> multikulturellen Konzernen auch.<br />

Kontakt<br />

www.allianzglobal<strong>in</strong>vestors.de<br />

pwc: | april 2008 39


pwc: Wissen<br />

Wie hoch der Geldsegen durch Landesbürgschaften<br />

se<strong>in</strong> darf, kann man exakt berechnen.<br />

40 pwc: | april 2008


Bürgen statt borgen<br />

<strong>Die</strong> EU-Kommission hatte sie abgeschafft. Jetzt s<strong>in</strong>d Landesbürgschaften zur<br />

Wirtschaftsförderung wieder möglich – dank e<strong>in</strong>es neuen EU-Beihilferechners.<br />

Von Michael Gneuss<br />

Rund 183 Millionen Euro hat der Bau der<br />

Velt<strong>in</strong>s-Arena, der Sportstätte des FC<br />

Schalke 04, gekostet. Für 87 Millionen Euro<br />

baute Borussia Mönchengladbach sei-<br />

nen Borussia-Park. Das ist viel Geld, aber<br />

die modernen Stadien s<strong>in</strong>d auch mehr als<br />

Fußballplätze – sie werden für Veranstal-<br />

tungen vielfältiger Art genutzt, schaffen<br />

Arbeitsplätze und machen die Region at-<br />

traktiver. Auf den Weg gebracht wurden die-<br />

se Projekte mithilfe von Landesbürgschaf-<br />

ten. „<strong>Die</strong>se Möglichkeit hat sehr geholfen,<br />

auf dem Weg des Strukturwandels große<br />

Investitionen auch im Bereich Freizeit und<br />

Sport zu realisieren“, sagt Bernd Papen-<br />

ste<strong>in</strong>, bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC)<br />

<strong>in</strong> der Beratung für Kunden der öffentlichen<br />

Hand tätig. Und die Banken waren auf der<br />

sicheren Seite – im Falle e<strong>in</strong>er Insolvenz<br />

wäre das Land e<strong>in</strong>gesprungen.<br />

Neben Sportstadien wurden <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<br />

Westfalen auf diese Weise auch komplett<br />

neue Fabriken für Lasertechnik sowie Flug-<br />

simulatoren für das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g von A380-Be-<br />

satzungen f<strong>in</strong>anziert. Unternehmen konnten<br />

so <strong>in</strong>vestieren, Technologieprojekte anschie-<br />

ben oder e<strong>in</strong>fach nur Betriebsmittel beschaf-<br />

fen. Auch Rungis Express <strong>in</strong> Meckenheim hat<br />

e<strong>in</strong>e Bürgschaft vom Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfa-<br />

len (NRW) erhalten. Der Fe<strong>in</strong>kost-Großhänd-<br />

ler für Topgastronomen, Hotels und Restau-<br />

rants sichert damit Kredite ab, die für neue<br />

Kühlaggregate und Masch<strong>in</strong>en nötig wurden.<br />

„Mit e<strong>in</strong>em Teil der Gelder können wir auch<br />

unsere Umlaufmittel erhöhen“, sagt Daniel<br />

A. Witt, der bei Rungis Express für das Busi-<br />

ness Development zuständig ist. Insgesamt<br />

bürgt das Bundesland NRW aktuell für rund<br />

Der Weg zur Bürgschaft<br />

Landesbürgschaften werden für Kredite frei<br />

wählbarer Banken zu maximal 80 Prozent<br />

übernommen. Voraussetzung dafür ist e<strong>in</strong><br />

Förder<strong>in</strong>teresse der Bürgen: Es muss e<strong>in</strong>en<br />

volkswirtschaftlichen Nutzen geben. Zu-<br />

dem müssen die Vorhaben nachhaltig trag-<br />

fähig ersche<strong>in</strong>en, die Rückzahlungsfähigkeit<br />

muss gewährleistet se<strong>in</strong>. PwC prüft dann<br />

die Solidität des Vorhabens mithilfe des<br />

Beihilferechners. Unternehmen, die sich für<br />

e<strong>in</strong>e Landesbürgschaft <strong>in</strong>teressieren, sollten<br />

sich zunächst an ihre Bank wenden.<br />

1.000 Projekte mit e<strong>in</strong>em Volumen von etwa<br />

2 Milliarden Euro. Aus Sicht der Landesregie-<br />

rung s<strong>in</strong>d die Landesbürgschaften günstiger<br />

und wirkungsvoller als Zuschüsse. „Ande-<br />

re Verfahren zur Förderung s<strong>in</strong>d viel aufwen-<br />

diger oder <strong>in</strong>zwischen nicht mehr zulässig“,<br />

sagt Joachim Neuser, Sprecher des M<strong>in</strong>iste-<br />

riums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie<br />

<strong>in</strong> NRW.<br />

Mitte vergangenen Jahres aber stoppte die<br />

EU-Kommission die Förderung: <strong>Die</strong> Bürg-<br />

schaften seien zu <strong>in</strong>transparent, so das<br />

Argument. Bis dah<strong>in</strong> wurde der Beihilfewert<br />

pauschal mit 0,5 Prozent des Bürgschafts-<br />

betrags angesetzt. „Das alte Verfahren traf<br />

tatsächlich nicht die wirkliche Höhe der Bei-<br />

hilfe und war daher nicht haltbar“, sagt Pa-<br />

penste<strong>in</strong>. So entwickelten er und se<strong>in</strong> Team<br />

e<strong>in</strong> neues Rechenverfahren, mit dem e<strong>in</strong>e<br />

realistische Größenordnung für den Beihilfe-<br />

wert ermittelt und die Anforderung der EU-<br />

Landesbürgschaften s<strong>in</strong>d wirkungsvoller und<br />

günstiger als Zuschüsse. Unternehmen können<br />

sie für jede Art von Vorhaben nutzen, auch für<br />

Investitionen oder zusätzliche Betriebsmittel.<br />

Kommission <strong>in</strong> puncto Transparenz von öf-<br />

fentlichen Fördermaßnahmen erfüllt werden<br />

kann. Abhängig ist der Beihilfewert von der<br />

Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit, der Laufzeit, den<br />

verfügbaren Sicherheiten sowie der vom<br />

Kreditnehmer zu zahlenden Bürgschafts-<br />

provision. Im September 2007 wurde der<br />

Beihilferechner von der EU-Kommission<br />

für die Bürgschaften zu Investitionskrediten<br />

genehmigt. <strong>Die</strong> Erweiterung auf Betriebs-<br />

mittelkredite folgte im November. „Damit<br />

waren die öffentlichen Bürgschaften geret-<br />

tet. Das Rechenmodell muss jetzt für alle<br />

öffentlichen Bürgschaften, die <strong>in</strong> Deutsch-<br />

land genehmigt werden, angewandt wer-<br />

den“, sagt PwC-Mitarbeiter<strong>in</strong> Annika Schatz,<br />

die Anfragen aus ganz Deutschland zu<br />

Methode und Rechner beantwortet. „Seit-<br />

dem gibt es auch wieder Projekte, die über<br />

Bürgschaften f<strong>in</strong>anziert werden.“<br />

In den neuen Bundesländern werden Bürg-<br />

schaften für Sanierungsmaßnahmen und<br />

Wachstumsf<strong>in</strong>anzierungen e<strong>in</strong>gesetzt. „Hier<br />

wären viele Firmen ohne Landesbürgschaf-<br />

ten gar nicht entstanden. Oder längst wie-<br />

der verschwunden“, sagt Peter Koch, der<br />

das Bürgschaftsgeschäft von PwC <strong>in</strong> Mag-<br />

deburg betreut. Auch außerhalb Deutsch-<br />

lands zeigen immer mehr Länder Interes-<br />

se – etwa Italien und Portugal. „Lösungen<br />

für EU-beihilferechtliche Probleme werden<br />

künftig eher noch mehr nachgefragt wer-<br />

den“, ist Papenste<strong>in</strong> überzeugt. „<strong>Die</strong> EU-<br />

Kommission wird auch <strong>in</strong> Zukunft darauf<br />

drängen, dass Fördermaßnahmen <strong>in</strong> ihrer<br />

Wirkungsweise transparent s<strong>in</strong>d, und die<br />

Anwendung der Instrumente andernfalls un-<br />

terb<strong>in</strong>den.“<br />

Kontakt<br />

bernd.papenste<strong>in</strong>@de.pwc.com<br />

Tel. 0211 981-2639<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info:<br />

www.pwc.de/de/beihilfewertrechner<br />

pwc: | april 2008 41


pwc: Lösungen<br />

Wo der Mitarbeiter König wird<br />

Berufse<strong>in</strong>steiger wollten natürlich schon<br />

immer e<strong>in</strong> gutes Gehalt bekommen und<br />

Karriere machen. Heute kommt allerd<strong>in</strong>gs<br />

e<strong>in</strong> wichtiger Punkt h<strong>in</strong>zu: Neun von zehn<br />

Nachwuchskräften erwarten von ihren po-<br />

tenziellen Arbeitgebern, dass die Firmen-<br />

philosophie ihrem eigenen Wertekanon<br />

entspricht. Das ergab die jüngste Studie<br />

von PwC zur Personalentwicklung, „Ma-<br />

nag<strong>in</strong>g Tomorrow’s People: The Future of<br />

Work to 2020“. Für rund 90 Prozent der<br />

amerikanischen und etwa 87 Prozent der<br />

ch<strong>in</strong>esischen Hochschulabsolventen ist die<br />

Unternehmensethik e<strong>in</strong> wichtiges Auswahlkriterium<br />

künftiger Arbeitgeber. <strong>Die</strong> Briten<br />

sehen das gelassener: Nur sieben von zehn<br />

erachten diesen Aspekt als wichtig. „<strong>Die</strong><br />

befragten Absolventen wissen, dass ihre<br />

Arbeitswelt e<strong>in</strong>e andere ist als die ihrer Eltern.<br />

Flexibilität und Internationalität s<strong>in</strong>d für<br />

sie selbstverständlich, sie erwarten jedoch<br />

For Members Only<br />

Auch PwC hat ihn nun – e<strong>in</strong>en<br />

Alumniclub. Seit Januar können<br />

ehemalige Mitarbeiter dem<br />

„PwC XChange-Club Deutschland“<br />

beitreten. Das Ziel: Beziehungspflege<br />

zum „Ex“, auch<br />

nach dem Ausscheiden aus<br />

dem Unternehmen. Damit sollen<br />

die Chancen auf e<strong>in</strong> firmenübergreifendes<br />

Netzwerk erhöht<br />

werden. E<strong>in</strong>geladen s<strong>in</strong>d alle Ehemaligen, die länger als zwei Jahre<br />

im Unternehmen waren. Der Club profitiert von der technischen<br />

Vernetzung zweier Plattformen: Auf der professionellen Network<strong>in</strong>g-<br />

Plattform X<strong>in</strong>g wurde e<strong>in</strong>e PwC Alumnigruppe e<strong>in</strong>gerichtet. Zudem<br />

wurde der Zugang zu e<strong>in</strong>em geschützten Alumnibereich im PwC-Internetportal<br />

geschaffen, wo Informationen von PwC, Sem<strong>in</strong>arh<strong>in</strong>weise<br />

und vieles mehr zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d.<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/alumni<br />

umfassendere Gegenleistungen von den Arbeitgebern<br />

als bislang üblich“, kommentiert<br />

Louis de Vries, Leiter Human Resources bei<br />

PwC, das Studienergebnis. Personalabteilungen<br />

müssen sich folglich umstellen. Um<br />

Talente zu b<strong>in</strong>den, sollten sie sich entweder<br />

um viele Aspekte des täglichen Lebens<br />

kümmern: Gesundheitsversorgung, K<strong>in</strong>derbetreuung<br />

und die Wohnung ihrer Mitarbeiter.<br />

Oder aber den Kontakt auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum<br />

beschränken: Angestellte arbeiten <strong>in</strong>dividuell<br />

und auf Projektbasis, sodass für e<strong>in</strong> klassisches<br />

Human-Resources-Management<br />

kaum noch Bedarf besteht. Für die Studie<br />

wurden knapp 3.000 Absolventen aus Ch<strong>in</strong>a,<br />

Großbritannien und den USA befragt.<br />

<strong>Die</strong> Arbeitswelt-Szenarien entwickelte PwC<br />

geme<strong>in</strong>sam mit dem James Mart<strong>in</strong> Institute<br />

for Science and Civilization der Saïd Bus<strong>in</strong>ess<br />

School <strong>in</strong> Oxford.<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/futureofwork<br />

<strong>Die</strong> Oscar-Geheimnisträger<br />

Nichts bleibt geheim <strong>in</strong> Hollywood. Außer der wichtigsten<br />

aller Nachrichten für die Metropole der Stars<br />

und des Klatsches: die Namen der Oscar-Preisträger.<br />

Niemals <strong>in</strong> der 80-jährigen Geschichte der<br />

Academy Awards sickerte im Vorfeld der Name<br />

e<strong>in</strong>es Gew<strong>in</strong>ners durch. Und seit 74 Jahren ist<br />

dafür PwC verantwortlich. Zwei PwC-Mitarbeiter,<br />

Brad Oltmanns und Rick Rosas, s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zigen<br />

Menschen, die vor der Preisverleihung die Gew<strong>in</strong>ner<br />

kennen. Sie leiten das Auszählungsverfahren,<br />

das komplett ohne masch<strong>in</strong>elle Hilfe durchgeführt<br />

wird, und sie transportieren die Umschläge mit den<br />

Siegernamen zum Ort der Preisverleihung.<br />

In den vergangenen 74 Jahren waren <strong>in</strong>sgesamt<br />

erst zwölf PwC-Mitarbeiter für die<br />

Oscars zuständig. Oltmanns ist im vierten<br />

Jahr dabei, für Rosas war es die siebte<br />

Auszählung.<br />

42 pwc: | april 2008


Meldepflichtige Toaster<br />

<strong>Die</strong> Hersteller und Vertreiber von Elektro- und Elek-<br />

tronikgeräten müssen Arten und Mengen der von<br />

ihnen erstmals <strong>in</strong> den Verkehr gebrachten Geräte<br />

sowie der von ihnen gesammelten, wiederverwende-<br />

ten und ausgeführten Altgeräte an die Stiftung EAR<br />

(Elektro-Altgeräte Register) melden. Egal, ob Fern-<br />

seher oder Toaster, Staubsauger oder Handy. Dazu<br />

verpflichtet sie der Gesetzgeber. <strong>Die</strong> EAR-Stiftung<br />

kann jederzeit die Bestätigung der Nachweise zu den<br />

Meldungen durch e<strong>in</strong>en unabhängigen Sachverstän-<br />

digen verlangen. Dadurch fühlt sich so mancher überfordert.<br />

Denn die bereits bestehenden IT-Systeme und Prozesse verfügen<br />

nicht über ausreichende Funktionen, um die Ermittlung und Meldung effizient durchführen<br />

zu können. Der Kostendruck ist hoch, die Unsicherheit der Meldeverpflichteten ist groß. Im-<br />

mer wieder tauchen Fragen auf: Wer unterliegt der Meldepflicht? Welche Pflichten haben<br />

die Hersteller genau zu erfüllen? Welche Geräte müssen gemeldet werden? Wie können die<br />

Mengen gesetzeskonform ermittelt werden? <strong>Die</strong> Experten von PwC haben Antworten auf<br />

all diese Fragen und unterstützen Hersteller wie Vertreiber, <strong>in</strong>dem sie deren IT-Systeme h<strong>in</strong>-<br />

sichtlich der Ordnungsmäßigkeit, der Systemsicherheit und der gesetzeskonformen Abbil-<br />

dung prüfen. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc288<br />

0211 981-7319<br />

ist die Telefonnummer der India Bus<strong>in</strong>ess Group <strong>in</strong> Deutschland, die von Hansjoachim<br />

Köhler geleitet wird. Indien ist zurzeit <strong>in</strong> aller Munde, nicht nur als Herkunftsland des bil-<br />

ligsten Autos der <strong>Welt</strong>, sondern ebenso als Automobilabsatzmarkt sowie als IT- und Stahl-<br />

Standort. Es lockt als Zukunftsmarkt aufgrund se<strong>in</strong>es starken Wachstums, steigender<br />

E<strong>in</strong>kommen und damit e<strong>in</strong>er kaufwilligen Mittelschicht. Seit 2003 wächst die <strong>in</strong>dische<br />

Wirtschaft im Durchschnitt jährlich um 8 bis 9 Prozent, Tendenz steigend. Ausländischen<br />

Unternehmen eröffnen sich neue Marktchancen. Es erwarten sie e<strong>in</strong> freundliches Investi-<br />

tionsklima sowie Steuervergünstigungen, etwa für Exporttätigkeiten. Andererseits ist die<br />

Infrastruktur noch <strong>in</strong> der Entwicklung. <strong>Die</strong> India Bus<strong>in</strong>ess Group unterstützt Geschäftsleute<br />

dabei, geme<strong>in</strong>sam mit <strong>in</strong>dischen PwC-Kollegen den richtigen Weg zum guten Geschäft zu<br />

f<strong>in</strong>den. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc289<br />

Europas Top-Arbeitgeber<br />

<strong>Die</strong> Favoriten der BWLer<br />

Europa-Rank<strong>in</strong>g: <strong>Die</strong> beliebtesten Arbeitgeber<br />

der Wirtschaftswissenschaftler<br />

Rang 2007 (2006)<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

(1)<br />

(6)<br />

(5)<br />

(7)<br />

(2)<br />

(12)<br />

(8)<br />

(3)<br />

(13)<br />

(21)<br />

Quelle: Trendence-Institut 2007<br />

Unternehmen<br />

L´Oréal<br />

PwC<br />

Coca-Cola<br />

Ernst & Young<br />

Adidas<br />

Apple<br />

Nokia<br />

BMW<br />

Deloitte<br />

Microsoft<br />

Im Wettstreit um die größten Talente müs-<br />

sen sich deutsche Konzerne künftig noch<br />

mehr <strong>in</strong>s Zeug legen. Denn sie rutschen <strong>in</strong><br />

der Gunst europäischer Wirtschafts- und<br />

Technikstudenten ab. Nur BMW, Porsche<br />

und Adidas halten sich noch wacker im<br />

Kampf um den Nachwuchs. Dennoch s<strong>in</strong>d<br />

auch sie lange nicht mehr so beliebt wie<br />

früher. Das zeigt das fünfte European Stu-<br />

dent Barometer des Berl<strong>in</strong>er Trendence-Ins-<br />

tituts. Platz e<strong>in</strong>s hat bei BWLern L´Oréal<br />

<strong>in</strong>ne. Der französische Kosmetikkonzern lag<br />

schon 2006 vorne. An zweiter Stelle folgt<br />

gleich PwC als beliebtester Arbeitgeber.<br />

Stark gewonnen haben auch Coca-Cola,<br />

Microsoft und Apple. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Gunst<br />

der Absolventen deutlich gestiegen.<br />

Drei Fragen an ...<br />

... Claudia Nestler<br />

zur außergerichtlichen Konfliktbearbeitung<br />

pwc: Wie tragen Unternehmen hierzulande<br />

ihre Konflikte untere<strong>in</strong>ander aus?<br />

Nestler: In Deutschland überwiegend durch<br />

Verhandlung. Scheitert sie, werden Diffe-<br />

renzen vor Gericht ausgetragen. Leider. Da-<br />

bei werden alternative Verfahren ausgeblen-<br />

det, obwohl sie zahlreiche Vorteile bieten.<br />

Und warum werden andere Möglichkeiten<br />

der Konfliktbeilegung so selten genutzt?<br />

Unkenntnis über alternative Verfahren und<br />

deren Ablauf sowie ger<strong>in</strong>ge Praxiserfahrung<br />

s<strong>in</strong>d dafür verantwortlich. Oft s<strong>in</strong>d es aber<br />

auch mangelnde <strong>in</strong>terne Kommunikation<br />

oder der Widerstand der Geschäftsleitung.<br />

Was muss sich ändern, damit Unternehmen<br />

sich außergerichtlich e<strong>in</strong>igen können?<br />

<strong>Die</strong> Unternehmensjuristen müssen künftig<br />

auch Konfliktmanager se<strong>in</strong> und dar<strong>in</strong> zu-<br />

sätzlich geschult werden. Nur dann können<br />

sie maßgeschneiderte Informationen zur au-<br />

ßergerichtlichen Konfliktbearbeitung liefern.<br />

Claudia Nestler ist Expert<strong>in</strong> für Forensic<br />

Account<strong>in</strong>g Services bei PwC.<br />

pwc: | april 2008 43


pwc: Lösungen<br />

Steppenwölfe heulen nicht mit den Wölfen, doch wenn im Kapitalismus das Wolfsgesetz herrschte, müssten alle Unternehmen von<br />

Paaren geführt werden, wie das Rudel von Leitwolf und -wölf<strong>in</strong>. Aber die tapfersten Pärchen der <strong>Welt</strong> s<strong>in</strong>d natürlich die Königsp<strong>in</strong>gu<strong>in</strong>-<br />

Eltern (Foto: Alexander von Reiswitz).<br />

44 pwc: | april 2008


Das Tier <strong>in</strong> mir<br />

<strong>Die</strong> Wölfe-Strategie, das P<strong>in</strong>gu<strong>in</strong>-Pr<strong>in</strong>zip, der Mäuse-Faktor: Tierbilder <strong>in</strong> Büchern<br />

haben zwar wenig mit Management zu tun, aber viel mit Market<strong>in</strong>g.<br />

Von Johanna Lutteroth und Susanne Osadnik<br />

pwc: | april 2008 45


pwc: Lösungen<br />

Böse Zungen könnten behaupten, die Ma-<br />

nagementliteratur g<strong>in</strong>ge vor die Hunde. Aber<br />

des Menschen bester Freund, der Hund,<br />

sche<strong>in</strong>t der E<strong>in</strong>zige zu se<strong>in</strong>, der nicht für Stra-<br />

tegien, Verhaltensweisen und Entspannungs-<br />

übungen herhalten muss: als gefiederter,<br />

geschuppter, gehörnter oder pelziger Krück-<br />

stock, auf den sich gestresste oder Hilfe su-<br />

chende Manager stützen können. In den Re-<br />

galen der Buchhandlungen wimmelt es seit<br />

Jahren nur so von Mäusen, Adlern, Fröschen,<br />

Sp<strong>in</strong>nen, Bären und P<strong>in</strong>gu<strong>in</strong>en, die teils mit<br />

B<strong>in</strong>senweisheiten und Analogien aus der<br />

Tierwelt aufwarten und die komplexe globali-<br />

sierte Wirtschaftswelt <strong>in</strong> Form von Ratgebern<br />

zu erklären versuchen. Und den Damen und<br />

Herren mit Führungsauftrag helfen sollen, die<br />

richtigen Entscheidungen zu treffen. E<strong>in</strong>ige<br />

Tierische Büchertipps<br />

Das wohl berühmteste<br />

Zitat dieser Allegorie<br />

auf die russische Oktoberrevolution<br />

1918<br />

und die Machtübernahme<br />

Russlands<br />

durch die Kommunisten<br />

von George Orwell<br />

aus dem Jahr 1945<br />

lautet: „Alle Tiere s<strong>in</strong>d gleich.“ Im Verlauf der<br />

Handlung wird daraus: „Alle Tiere s<strong>in</strong>d gleich,<br />

aber manche Tiere s<strong>in</strong>d gleicher.“ Wenn<br />

Schwe<strong>in</strong>e, Hühner, Schafe, Gänse und Kühe<br />

den Farmer und se<strong>in</strong>e Frau vom Land vertreiben,<br />

um ihr Schicksal selbst <strong>in</strong> die Hand<br />

zu nehmen, s<strong>in</strong>d sie voller Hoffnung auf e<strong>in</strong><br />

selbstbestimmtes Leben. Aber schon bald<br />

übernehmen die Schwe<strong>in</strong>e das Regiment<br />

und <strong>in</strong>stallieren e<strong>in</strong> Terrorregime. Am Ende<br />

geht es allen noch viel schlechter als zuvor.<br />

Und die untergeordneten Tiere sehen ke<strong>in</strong>en<br />

Unterschied mehr zwischen Menschen und<br />

Schwe<strong>in</strong>en.<br />

dieser sogenannten Parabelbücher haben es<br />

sogar bis ganz oben auf die Bestsellerlisten<br />

geschafft. Dazu zählen etwa „Das P<strong>in</strong>gu<strong>in</strong>-<br />

Pr<strong>in</strong>zip“ von John Kotter oder „<strong>Die</strong> Mäuse-<br />

Strategie für Manager“ von Spencer Johnson,<br />

die schon vor fünf Jahren alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> den USA<br />

über zwölf Millionen Mal verkauft wurde. Was<br />

ist also dran an dieser Literatur?<br />

Für Mart<strong>in</strong> Hagen, Managementtra<strong>in</strong>er und<br />

Geschäftsführer der Augsburger Unter-<br />

nehmensberatung Hauserconsult<strong>in</strong>g, liegt<br />

das Erfolgsgeheimnis <strong>in</strong> der Verständlich-<br />

keit dieser Bücher. „Sie erklären schwie-<br />

rige Sachverhalte sehr e<strong>in</strong>fach, und die<br />

Botschaft bleibt sofort hängen“, so Hagen.<br />

„Manager mögen das, weil es so praktisch<br />

ist und sie ohneh<strong>in</strong> nicht gerne lesen.“ Und<br />

Vermutlich hatte es Erich Kästner 1949<br />

satt: Zwei <strong>Welt</strong>kriege waren das Ergebnis<br />

menschlichen Unvermögens gewesen. In<br />

se<strong>in</strong>er „Konferenz der Tiere“ s<strong>in</strong>d es Elefant,<br />

Löwe, Giraffe & Co., die endgültig die Ge-<br />

duld mit den Menschen verlieren, weil die nur<br />

Schlechtes zustande br<strong>in</strong>gen: Krieg, Hungers-<br />

nöte, Krankheiten – und ergebnislose Kon-<br />

ferenzen veranstalten. So laden die Tiere zur<br />

allerersten Konferenz der Tiere, parallel zur<br />

87. Konferenz der Menschen, und fordern von<br />

ihnen, sich zu verpflichten, nie wieder Kriege<br />

zu führen. <strong>Die</strong> Menschen lehnen anfangs ab –<br />

doch die Tiere lassen sich auf ke<strong>in</strong>erlei Kom-<br />

promisse e<strong>in</strong>. Als die Friedensverhandlungen<br />

zur scheitern drohen, entführen sie weltweit<br />

alle Menschenk<strong>in</strong>der.<br />

Das br<strong>in</strong>gt den ge-<br />

wünschten Erfolg, und<br />

die Menschen lenken<br />

e<strong>in</strong>. Leider ist diese tie-<br />

rische Utopie Kästners<br />

e<strong>in</strong>e solche geblieben.<br />

wenn, dann müsse es unterhaltsam se<strong>in</strong>.<br />

Ob sie diese Bücher, die „die Länge e<strong>in</strong>er<br />

Zugfahrt“ haben, auch wirklich immer lesen,<br />

wagt Hagen zu bezweifeln. „Aber sie reden<br />

darüber.“ Auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Sem<strong>in</strong>aren. „<strong>Die</strong><br />

tierischen Metaphern s<strong>in</strong>d plakativ und be-<br />

rühren sehr stark“, so Hagen. „Und sie er-<br />

reichen die zahlengetriebenen Manager<br />

offenbar – trotz sonstiger Reizüberflutung.“<br />

Ihn würde es nicht überraschen, wenn nach<br />

Fisch, Maus und Kakerlake demnächst e<strong>in</strong><br />

weiteres Tier <strong>in</strong> den Regalen der Buchhand-<br />

lungen auftauchte: das Pferd. „Es ist e<strong>in</strong><br />

archaisches Symbol, lebt schon ewig mit<br />

uns Menschen und ist deshalb e<strong>in</strong>e starke<br />

Metapher“, erklärt Hagen. Managersem<strong>in</strong>a-<br />

re, <strong>in</strong> denen Pferde gekuschelt, damit soge-<br />

nannte vertrauensbildende Verhaltenswei-<br />

sen erlernt werden können, s<strong>in</strong>d ohneh<strong>in</strong><br />

gerade en vogue.<br />

Bis das Pferd auch als Ratgeber dient,<br />

müssen zunächst andere Mehrbe<strong>in</strong>er und<br />

auch Wirbellose als Stichwortgeber her-<br />

halten. Johannes Voss etwa ist auf den<br />

Wolf gekommen. Wer das Verhalten von<br />

Wölfen beobachtet, kann auch Projekte erfolgreich<br />

managen, so die Botschaft se<strong>in</strong>es<br />

Buchs „Von Wölfen lernen“. Denn Wölfe<br />

streiten sich im Rudel um zu wenig Beute,<br />

fechten Revierkämpfe aus, und am Ende<br />

des Tages heulen sie mit den Kumpels dann<br />

doch wieder geme<strong>in</strong>sam. Sonja Buholzers<br />

„Shark Leadership. Management h<strong>in</strong>ter den<br />

Grenzen der Angst“ bedient sich der am<br />

meisten gefürchteten, aber auch bee<strong>in</strong>druckendsten<br />

Meeresbewohner, der Haie, als<br />

Demonstrationsobjekt. Als ambitionierte<br />

Taucher<strong>in</strong> habe sie deren Verhaltensweisen<br />

hautnah erleben können – und ist der Ansicht,<br />

dass Führungskräfte aus Wirtschaft<br />

und Politik von den Raubfischen lernen<br />

können. Craig Hovey h<strong>in</strong>gegen sieht <strong>in</strong> der<br />

geme<strong>in</strong>en Küchenschabe das ultimative<br />

Lernvorbild. „<strong>Die</strong> Kakerlaken-Strategie“ beschreibt<br />

die zehn Gebote der Schabe, mit<br />

denen auch wir überleben können. Schließ-<br />

46 pwc: | april 2008


<strong>Die</strong> Katze lässt das Mausen nicht, und die Maus nicht das Käsen. Sie ist der treuste Gefährte des Menschen und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Gefolge e<strong>in</strong> Glo-<br />

bal Player. Ihre Wachstumsdynamik lässt jeden Konzern vor Neid erblassen: 3.000 Prozent Bevölkerungszunahme pro Jahr s<strong>in</strong>d locker dr<strong>in</strong>.<br />

pwc: | april 2008 47


pwc: Lösungen<br />

Mit Adleraugen könnte man bestimmt auch noch das kle<strong>in</strong>ste Loch <strong>in</strong> der Bilanz erkennen. Doch obwohl er Wappentier der USA ist: Zum<br />

König der Tiere hat es für den Adler nie gereicht, nur zum König der Lüfte (Foto: Alexander von Reiswitz).<br />

48 pwc: | april 2008


lich s<strong>in</strong>d die Kakerlaken die wahren Über-<br />

lebenskünstler, die angeblich sogar e<strong>in</strong>en<br />

Atomkrieg überstehen würden. Wer durch-<br />

kommt, überlebt und dadurch gew<strong>in</strong>nt,<br />

macht laut Hovey doch etwas richtig. Zwei<br />

se<strong>in</strong>er wichtigsten Regeln: „Lass Dir Au-<br />

gen am H<strong>in</strong>terkopf wachsen“ und vor allem<br />

„Mach Dich aus dem Staub, bevor das Licht<br />

angeht“. Und auch die letzth<strong>in</strong> viel geschol-<br />

tene Heuschrecke hat es auf den Titel ge-<br />

schafft. In ihrem Buch „Der Heuschrecken-<br />

Faktor“ geht Angela Maier der Frage nach:<br />

S<strong>in</strong>d Private-Equity-Gesellschaften tatsäch-<br />

lich Räuber oder doch eher Rob<strong>in</strong> Hoods?<br />

Über den geistigen Nährwert vieler dieser<br />

Bücher lässt sich sicherlich streiten, über<br />

deren wirtschaftlichen Erfolg nicht. Sie<br />

werden gekauft. Und ab und zu gelesen.<br />

Auch wenn sie eigentlich nur von Stereo-<br />

typen und Zuschreibungen menschlicher<br />

Eigenschaften leben: der dumme Esel, der<br />

schlaue Fuchs, der mutige Löwe oder der<br />

weise Rabe. Sie verkörpern Menschen im<br />

Büroalltag, erleiden e<strong>in</strong> gedachtes Schick-<br />

sal oder s<strong>in</strong>d erfolgreich. Damit zeigen sie:<br />

Das könntest auch Du se<strong>in</strong>. Und genau das<br />

haben die Autoren erkannt. „Sie nutzen die-<br />

se Bilder, die wir alle kennen und die zum<br />

Teil sogar im aktiven Sprachgebrauch s<strong>in</strong>d,<br />

ganz bewusst“, sagt Eberhard von Rund-<br />

stedt, Chef und Inhaber der Personalbera-<br />

tung von Rundstedt. „Dabei geht es ihnen<br />

nicht darum, gemäß der ursprünglichen<br />

Funktion der Parabel gesellschaftliche, po-<br />

litische und religiöse Zustände zu kritisie-<br />

ren. Sie wollen vielmehr ihre oft komplexen<br />

Ideen e<strong>in</strong>em breiten Publikum vermitteln.“<br />

Der Urvater der Fabeldichtung hatte da<br />

noch anderes im S<strong>in</strong>n. Äsop, e<strong>in</strong> griechi-<br />

scher Sklave, der um 600 vor Christus ge-<br />

lebt haben soll, gilt als Schöpfer der ersten<br />

tierischen Geschichten, die den Menschen<br />

mit Witz und Heiterkeit weise Ratschläge<br />

erteilen sollten. Bei ihm hört sich das so<br />

an: „‚Geh’ doch geradeaus und vorwärts!‘,<br />

rief e<strong>in</strong>em jungen Krebs se<strong>in</strong>e Mutter zu.<br />

‚Von Herzen gerne, liebe Mutter‘, antworte-<br />

te dieser. ‚Nur möchte ich es Dich ebenso<br />

machen sehen.‘ Jedoch vergeblich war der<br />

Mutter Anstrengung und sichtbar ihre Klü-<br />

gelei und Tadelsucht. <strong>Die</strong> Moral von der Ge-<br />

schicht’: Gib’ ke<strong>in</strong>e Befehle, die man nicht<br />

vollbr<strong>in</strong>gen kann und tadle andere nicht für<br />

Fehler, die Du selbst begehst.“<br />

Inhaltlich hat sich <strong>in</strong> den vergangenen 2.500<br />

Jahren sicher kaum etwas an den Botschaf-<br />

ten solcher Fabeln geändert. <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> ist<br />

zwar komplizierter geworden, die zwischen-<br />

menschlichen Beziehungen scheitern aber<br />

meist an denselben Ursachen wie e<strong>in</strong>st.<br />

Also im Grunde nichts Neues. Damals wie<br />

heute werden e<strong>in</strong>fache Rezepte für kom-<br />

plizierte Lebens- und Arbeitsumstände ge-<br />

sucht. Heutzutage s<strong>in</strong>d sie als leicht verdau-<br />

liche Buchkost verpackt, die so manchem<br />

schwer im Magen liegt. „Im Alltag scheitert<br />

die Umsetzung der Ratschläge <strong>in</strong> der Regel,<br />

weil das Leben weitaus komplexer ist, als<br />

es <strong>in</strong> diesen Büchern suggeriert wird“, mo-<br />

niert etwa Günther Schackmann, Chef des<br />

österreichischen Beratungshauses Key-<br />

tra<strong>in</strong>. Und Zoologen wie Ralf Wanker von<br />

der Universität Hamburg sparen nicht mit<br />

grundsätzlicher Kritik an den tierischen Ver-<br />

gleichen. „Ich b<strong>in</strong> sicher, dass wir von den<br />

Tieren etwas lernen können. Das gilt vor<br />

allem für die Pr<strong>in</strong>zipien, die bei mehreren<br />

Tierarten auftauchen“, sagt Wanker. „<strong>Die</strong><br />

Autoren beziehen sich aber meist nur auf<br />

Teilaspekte des tierischen Verhaltens, ohne<br />

dabei <strong>in</strong> die Tiefe zu gehen.“ <strong>Die</strong> Kritik von<br />

Ulrich Sollmann, Coach und Berater aus<br />

Bochum, ist ebenfalls deutlich. Vor allem,<br />

wenn es um Buchtitel zur Selbstmotivation<br />

und Selbstorganisation geht. „Es ist naiv<br />

und töricht, aus diesen tierischen Analogien<br />

Methoden abzuleiten“, so Sollmann. „Da<br />

wird dem Manager vorgegaukelt: Wenn Du<br />

nur richtig systematisierst, kannst Du De<strong>in</strong>e<br />

Aufgaben besser erfüllen.“ Für Sollmann<br />

ist das e<strong>in</strong>e Illusion, „weil Manager ständig<br />

neue Prioritäten setzen, auch mehrmals am<br />

Tag“. Da reicht e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>senweisheit von Autoren<br />

wie Lothar Seiwert nicht aus. „In der<br />

Ruhe liegt die Kraft“, heißt es etwa <strong>in</strong> „<strong>Die</strong><br />

Bären-Strategie“. Bären haben e<strong>in</strong> dickes<br />

Fell und s<strong>in</strong>d gelassen. Mit dieser E<strong>in</strong>stellung<br />

ließen sich Zeitnot und Hektik aus<br />

dem Leben verbannen. In Seiwerts Parabel<br />

br<strong>in</strong>gt der Bär der pflichtbewussten Eule,<br />

dem hektischen Hasen und der emsigen<br />

Biene bei, wie sie delegieren und so Zeit<br />

gew<strong>in</strong>nen. Wie man vom Problemsucher<br />

Tierische Managementbücher landen heute sogar<br />

auf den Bestenlisten bekannter Magaz<strong>in</strong>e. Fachleute<br />

stufen diese Literatur aber nur als Spaßlektüre<br />

e<strong>in</strong>: als ernsthafter Ratgeber nicht geeignet.<br />

zum Lösungsf<strong>in</strong>der wird, weiß <strong>in</strong>des Ardeschyr<br />

Hagmaier, Autor von „Ente oder Adler“.<br />

Während die Ente, der Problemsucher,<br />

auf dem See herumpaddelt und nur e<strong>in</strong>e<br />

begrenzte Sicht hat, schwebt der Adler <strong>in</strong><br />

der Luft und hat den Überblick. Und weil es<br />

so e<strong>in</strong>fach ist, zeigt Hagmaier auch gleich,<br />

wie man diesen Adler <strong>in</strong> sich selbst f<strong>in</strong>det.<br />

Ori Brafman und Rod Beckstrom geht es<br />

<strong>in</strong> „Der Seestern und die Sp<strong>in</strong>ne“ weniger<br />

um das Individuum. Sie haben Größeres<br />

im S<strong>in</strong>n: Was haben die Musiktauschbörse<br />

Napster, die freie Enzyklopädie Wikipedia<br />

und das Terrornetzwerk Al Kaida geme<strong>in</strong>?<br />

Und warum s<strong>in</strong>d sie so erfolgreich? <strong>Die</strong> Erklärung:<br />

Alle drei haben weder e<strong>in</strong>e formale<br />

Organisation noch e<strong>in</strong>e erkennbare Hierarchie.<br />

Je chaotischer und dezentraler e<strong>in</strong>e<br />

Institution, desto widerstandsfähiger sei sie<br />

auch, so die Autoren. Sie gleiche dann e<strong>in</strong>em<br />

Seestern, der über e<strong>in</strong> hervorragendes<br />

Reproduktionspr<strong>in</strong>zip verfüge: Reißt man<br />

ihm e<strong>in</strong> Be<strong>in</strong> aus, wächst e<strong>in</strong> neues nach,<br />

und aus dem abgerissenen Be<strong>in</strong> entsteht<br />

e<strong>in</strong> neuer Stern. Entfernt man h<strong>in</strong>gegen der<br />

Sp<strong>in</strong>ne den Kopf, stirbt sie. „Sp<strong>in</strong>nen-Unternehmen“<br />

sollten folglich schnell die Seesternorganisation<br />

e<strong>in</strong>führen.<br />

<strong>Die</strong> Moral solcher Geschichten ist meist so<br />

simpel, dass sie e<strong>in</strong> Festmahl für jeden Karikaturisten<br />

ist. „<strong>Die</strong> Mäuse-Strategie“, der<br />

Klassiker unter den tierischen Ratgebern,<br />

<strong>in</strong>spirierte zahlreiche Autoren zu Titeln wie<br />

„Who Stole My Cheese?!!“ von Ilene Hochberg<br />

– e<strong>in</strong> Erfahrungsbericht von Mitarbeitern<br />

<strong>in</strong> der Ära nach Enron. Oder auch zu<br />

„Who Cut the Cheese?“ von Mason Brown,<br />

erschienen unter dem Pseudonym Dr. med.<br />

Stilton Jarlsberg, oder „Nobody Moved<br />

Your Cheese“ von Ross Shafer. Schon der<br />

Text auf dem Buchumschlag lässt erkennen,<br />

was der Autor eigentlich von Tierfabeln hält:<br />

„Ross Shafer war e<strong>in</strong> unglücklicher Manager<br />

e<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>tierhandlung, bevor er beschloss,<br />

die Karriere- und Erfolgsexperten zu ignorieren.<br />

Er wurde Comedian, TV-Produzent<br />

und sechsfacher Emmy-Gew<strong>in</strong>ner.“<br />

Weitere Informationen<br />

www.managementbuch.de<br />

www.managementbuecher.de<br />

pwc: | april 2008 49


pwc: Lösungen<br />

50 pwc: | april 2008


Was Leipzig bewegt<br />

Über die Liberalisierung des öffentlichen Nahverkehrs diskutiert<br />

die EU seit Jahren. <strong>Die</strong> Leipziger Verkehrsbetriebe fühlen sich fit dafür –<br />

mit oder ohne Wettbewerb.<br />

Von Cor<strong>in</strong>na Freudig<br />

„Belächelt? Das ist viel zu freundlich aus-<br />

gedrückt.“ Dabei ist Wilhelm Georg Hanss<br />

nicht besonders empf<strong>in</strong>dlich. Das sollte<br />

man auch nicht se<strong>in</strong>, wenn man – wie er –<br />

viele Jahre ÖTV-Vorstandsmitglied war. Bei<br />

der Gewerkschaft geht es oft hart und nicht<br />

immer herzlich zu. Aber die Anfe<strong>in</strong>dungen<br />

seien schon heftig gewesen, als er Mitte der<br />

90er, als frischgebackener Vorsitzender der<br />

Geschäftsführung der Leipziger Verkehrs-<br />

betriebe (LVB), e<strong>in</strong>en Radikalumbau der LVB<br />

startete. Se<strong>in</strong>e Vision: aus e<strong>in</strong>em schwer-<br />

fälligen Monolithen e<strong>in</strong>en privatwirtschaft-<br />

lich orientierten Konzern zu machen; e<strong>in</strong><br />

ÖPNV-Modell der Zukunft mit e<strong>in</strong>er Hold<strong>in</strong>g<br />

als Mutter und kle<strong>in</strong>en, flexiblen Töchtern,<br />

die Beziehungen mit privaten Unternehmen<br />

e<strong>in</strong>gehen. „Dabei g<strong>in</strong>g es uns immer nur<br />

um Teilprivatisierungen“, sagt Hanss. „Wir<br />

wollten moderne Ehen stiften, <strong>in</strong> denen bei-<br />

de Seiten gleichberechtigt Entscheidungen<br />

treffen.“<br />

Der von ihm zielstrebig vorangetriebene<br />

Konzernumbau brachte Hanss rasch den<br />

Ruf e<strong>in</strong>es Enfant terrible der Verkehrsbe-<br />

triebe e<strong>in</strong>. Doch nicht nur die eigene Bran-<br />

che beäugte se<strong>in</strong>e Aktivitäten mit Skepsis:<br />

Auch die Stadt, über ihre Tochter Leipziger<br />

Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft LVV<br />

quasi die Großmutter der LVB, teilte die ver-<br />

me<strong>in</strong>tlich separatistischen Tendenzen ihres<br />

Geschäftsführers nicht une<strong>in</strong>geschränkt.<br />

Doch der ließ sich nicht beirren: 1996 grün-<br />

dete er die erste Tochter, das Beratungs-<br />

unternehmen Verkehrs-Consult Leipzig, mit<br />

Beteiligung e<strong>in</strong>es privaten Partners, 2004<br />

die vorläufig letzte – die Leol<strong>in</strong>er-Fahrzeug-<br />

bau GmbH. Dazwischen wurden etliche<br />

weitere Töchter <strong>in</strong> die <strong>Welt</strong> gesetzt, von de-<br />

nen nur zwei im alle<strong>in</strong>igen Besitz der LVB<br />

geblieben s<strong>in</strong>d: die Leobus GmbH und die<br />

Leipziger Stadtverkehrsbetriebe, die deut-<br />

sche Nummer drei der Straßenbahnbetriebe.<br />

<strong>Die</strong> LVB ist froh, den Umbildungsprozess<br />

so früh begonnen zu haben. „Obwohl der<br />

eigentliche Grund dafür nicht zum Tragen<br />

Wilhelm Georg Hanss (rechts),<br />

LVB-Vorsitzender, und Ronald Juhrs,<br />

technischer Geschäftsführer der LVB.<br />

kam“, wie Hanss zugibt. Denn die erwar-<br />

tete Liberalisierung des ÖPNV – nach der<br />

im Telekommunikations- und Stromsek-<br />

tor – kam nicht so richtig <strong>in</strong> die Gänge: Zu<br />

unterschiedlich waren die Vorstellungen der<br />

EU-Mitgliedsländer. Bis heute gilt die Devi-<br />

se: „E<strong>in</strong> bisschen Wettbewerb, aber nicht<br />

zu viel“. Daran wird sich frühestens 2009<br />

etwas ändern, wenn e<strong>in</strong>e neue EU-Verord-<br />

nung <strong>in</strong> Kraft tritt (siehe Seite 53).<br />

Was auch immer kommt – die LVB fühlt<br />

sich gut gerüstet. „Wir haben durch die Zu-<br />

sammenarbeit mit privaten Partnern viel<br />

gelernt: Effizienz, Profitabilität, Prozess-<br />

optimierung, Zielorientierung“, sagt Peter<br />

Nebe, Market<strong>in</strong>gchef der LVB. „Aber auch<br />

wir haben ihnen etwas beigebracht: sozi-<br />

ale Verantwortung und regionale Verwur-<br />

zelung.“ Fuchsteufelswild wird Geschäfts-<br />

führer Hanss, wenn man die LVB oder den<br />

ÖPNV <strong>in</strong>sgesamt als „defizitär“ oder „Sor-<br />

genk<strong>in</strong>d“ bezeichnet: „Natürlich erhalten<br />

wir Zuschüsse – wie übrigens jeder private<br />

ÖPNV-Anbieter auch. Das ist notwendig,<br />

weil unsere Leistungen <strong>in</strong> Deutschland zur<br />

Dase<strong>in</strong>svorsorge gehören. Deshalb müssen<br />

wir unprofitable Bereiche mittragen. Wenn<br />

wir ausschließlich gew<strong>in</strong>norientiert agieren<br />

würden, müssten wir Stadtteile und damit<br />

Bevölkerungsgruppen, die sich nicht rech-<br />

nen, vom ÖPNV abnabeln. Aber so s<strong>in</strong>d wir<br />

Garanten und Gestalter e<strong>in</strong>er Gesellschaft,<br />

die Mobilität und Nachhaltigkeit vere<strong>in</strong>t“,<br />

so Hanss, der die Zuschüsse für die LVB<br />

<strong>in</strong> den letzten zehn Jahren immerh<strong>in</strong> von<br />

70 Millionen Euro auf 54 Millionen Euro pro<br />

Jahr senken konnte, bei gleichzeitigem An-<br />

stieg der Fahrgastzahl von 86,9 auf 125,3<br />

Millionen, e<strong>in</strong>em Ausbau der L<strong>in</strong>ienlänge<br />

von 837,7 auf 1422,5 Kilometer und e<strong>in</strong>er<br />

Erweiterung der Bus- und Straßenbahn-<br />

l<strong>in</strong>ien von 54 auf 74.<br />

Früher waren die Kunden der LVB „Beförde-<br />

rungsfälle“. Heute s<strong>in</strong>d sie Partner. „Ke<strong>in</strong>e<br />

Könige, denn wir s<strong>in</strong>d nicht ihre Untertanen“,<br />

sagt Hanss selbstbewusst. „Wir schließen<br />

mit den Kunden e<strong>in</strong>en Mobilitätsvertrag,<br />

und der hat se<strong>in</strong>en Preis.“ Dafür verbessert<br />

die LVB ihr Produkt „Mobilität“ stetig, und<br />

die Motoren laufen nicht nur <strong>in</strong> Bussen und<br />

Straßenbahnen, sondern auch <strong>in</strong> der Kon-<br />

zernzentrale. Künftige Generationen stehen<br />

etwa im Fokus e<strong>in</strong>es Bundesforschungspro-<br />

jekts, bei dem die LVB mit der Fraunhofer-<br />

Gesellschaft kooperiert: Mit „Easy Go“ soll<br />

via UMTS-Technologie e<strong>in</strong>e Alleskönner-<br />

Plattform für Handys entwickelt werden, die<br />

dem Nutzer e<strong>in</strong> Nahverkehrs-Sorglospaket<br />

bietet. Auf Tastendruck erfährt der Kun-<br />

de, wie, wann und zu welchem Preis er von<br />

A zum gewünschten Film <strong>in</strong> K<strong>in</strong>o B kommt,<br />

Fahr- wie K<strong>in</strong>okarte zahlt er gleich mit.<br />

Hochtourig laufen die LVB-Motoren außer-<br />

dem bei der technischen Geschäftsführung,<br />

für die Ronald Juhrs verantwortlich ist. Zwei<br />

Themen bestimmen se<strong>in</strong>e Arbeit. E<strong>in</strong>es da-<br />

von heißt Umweltfreundlichkeit. Wer heute<br />

Leipzig besucht, kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Bus<br />

pwc: | april 2008 51


pwc: Lösungen<br />

52 pwc: | april 2008


mit Hybridantrieb fahren. Noch fährt der<br />

unter strenger Beobachtung – durch das<br />

Fraunhofer-Institut, das e<strong>in</strong>e Wirtschaft-<br />

lichkeits- und Umweltbetrachtung anstellt.<br />

Danach wird über den E<strong>in</strong>satz weiterer<br />

Hybridbusse entschieden. Juhrs zweites<br />

Thema ist e<strong>in</strong> ÖPP-Projekt, <strong>in</strong> dem öffent-<br />

liche Hand und private Wirtschaft zusam-<br />

menarbeiten. Eigentlich ist das nichts Neu-<br />

es. Wenn es aber darum geht, e<strong>in</strong> Projekt<br />

zu stemmen, bei dem Fördergelder und pri-<br />

vatwirtschaftliche F<strong>in</strong>anzierungen aufe<strong>in</strong>-<br />

andertreffen, fehlt die Erfahrung. So wie im<br />

Fall e<strong>in</strong>es von der LVB geplanten techni-<br />

schen Zentrums auf firmeneigenem Gelän-<br />

de. Kostenpunkt für e<strong>in</strong>en neuen Betriebs-<br />

hof und Werkstätten: rund 80 Millionen<br />

Euro. Davon sollen 50 Millionen Euro durch<br />

Fördergelder des Freistaats Sachsen gesi-<br />

chert werden. Als die LVB darüber mit dem<br />

Verkehrsm<strong>in</strong>isterium von Wolfgang Tiefen-<br />

see, ehemals Oberbürgermeister <strong>in</strong> Leipzig,<br />

sprach, wurde das Zentrum wegen se<strong>in</strong>er<br />

Besonderheit kurzerhand zum Bundes-<br />

pilotprojekt ernannt. „Da es bei Fördermit-<br />

teln strenge Vorschriften und Nachweis-<br />

pflichten zu deren Mittelverwendung gibt,<br />

s<strong>in</strong>d die rechtlichen Fragestellungen, wenn<br />

e<strong>in</strong> privater Investor <strong>in</strong>s Boot kommt, sehr<br />

kompliziert“, so Juhrs, dem dieses Projekt<br />

nicht nur Freude bereitet. „Es geht zu lang-<br />

sam voran.“ Ihm sitzt die Zeit im Nacken:<br />

Spätestens 2012 muss das technische Zen-<br />

trum stehen. Denn dann steht für die Stadt-<br />

bahnen neueren Datums e<strong>in</strong>e planmäßige<br />

Hauptuntersuchung an.<br />

Das größte Drehmoment hat allerd<strong>in</strong>gs<br />

der Hochleistungsmotor von Bernd Bleck.<br />

Bleck ist Chef der Iftec, e<strong>in</strong>es Jo<strong>in</strong>t Ven-<br />

tures, an dem die LVB und Siemens jeweils<br />

50 Prozent halten. <strong>Die</strong> aus drei LVB-Töch-<br />

tern hervorgegangene Servicegesellschaft<br />

wartet, modernisiert und repariert Fahr-<br />

wege und Straßenbahnen und bietet Be-<br />

ratungsleistungen für Verkehrskonzepte.<br />

Bleck ist bis heute der e<strong>in</strong>zige „Siemensia-<br />

ner“ unter 490 Ex-LVBlern. Se<strong>in</strong>e Aufgabe<br />

heißt: Vertrieb, Vertrieb, Vertrieb. Zwar ist<br />

die LVB-Gruppe der größte Kunde, aber der<br />

Umsatzanteil mit Fremdfirmen soll steigen.<br />

E<strong>in</strong> wichtiger Kunde ist heute schon Sie-<br />

mens, neben Alstom und Bombardier welt-<br />

Europäischer ÖPNV<br />

<strong>Die</strong> neue EU-Verordnung 1370/2007, die<br />

2009 <strong>in</strong> Kraft tritt, lässt den Auftraggebern für<br />

ÖPNV-Leistungen zwei Optionen: <strong>Die</strong> bisher<br />

übliche Direktvergabe an <strong>in</strong>terne Betreiber ist<br />

weiterh<strong>in</strong> möglich. „Sie unterliegt künftig allerd<strong>in</strong>gs<br />

wesentlich strengeren Regeln“, weiß<br />

PwC-Verkehrsexperte <strong>Die</strong>ter Marszalek. „So<br />

dürfen die beauftragten Firmen nicht mehr<br />

außerhalb ihrer Region Leistungen anbieten,<br />

und sie müssen ihr Angebot vor Vergabebeg<strong>in</strong>n<br />

im EU-Amtsblatt veröffentlichen, womit<br />

es Wettbewerbern ermöglicht wird, E<strong>in</strong>spruch<br />

e<strong>in</strong>zulegen.“ <strong>Die</strong> zweite Option ist e<strong>in</strong><br />

kontrollierter Wettbewerb mit Ausschreibung,<br />

der dem Gew<strong>in</strong>ner für den def<strong>in</strong>ierten Zeitraum<br />

e<strong>in</strong>e Art Gebietsmonopol verschafft.<br />

„Es bleibt festzuhalten“, so Marszalek, „dass<br />

der Wettbewerb deutlich zunehmen wird und<br />

<strong>in</strong>terne Strukturen, Effizienz und Angebotswie<br />

Erlösstruktur auf den Prüfstand gestellt<br />

werden müssen.“<br />

weit größter Hersteller von Straßenbahnen.<br />

Bisher war Siemens ausschließlich für den<br />

Bau und Verkauf der Schienenfahrzeuge zu-<br />

ständig. E<strong>in</strong>e konsequente Betrachtung der<br />

Produkte über deren Lebenszyklus gab es<br />

nicht. Denn Service und Instandsetzung er-<br />

folgen traditionell bei den Verkehrsbetrieben<br />

selbst. Über die Iftec bietet Siemens se<strong>in</strong>en<br />

Kunden diese Leistung nun an. Vor allem<br />

im Ausland wird das dankbar angenommen.<br />

Zum Beispiel von der ch<strong>in</strong>esischen Stadt<br />

Guangzhou, die neben 30 Neufahrzeugen<br />

gleich Wartung und Instandsetzung für den<br />

alten Fahrzeugpark mitbestellte. „<strong>Die</strong> Iftec<br />

hat den Vorteil, dass sie zwei Gesichter<br />

hat“, sagt Bleck, „e<strong>in</strong>erseits das des Global<br />

Player Siemens, andererseits das der regional<br />

verwurzelten Verkehrsgesellschaft.“ Das<br />

kommt vor allem <strong>in</strong> Osteuropa gut an: „<strong>Die</strong>se<br />

Länder haben e<strong>in</strong>e hohe Aff<strong>in</strong>ität zu Ostdeutschland,<br />

weil hier der Wandel von e<strong>in</strong>em<br />

kommunistischen System <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e freie<br />

Marktwirtschaft und Demokratie erfolgreich<br />

geschafft wurde.“ Über den <strong>Welt</strong>verband<br />

des öffentlichen Nahverkehrs bekam Bleck<br />

zum Beispiel Kontakt <strong>in</strong>s serbische Belgrad,<br />

<strong>Die</strong> Leipziger Verkehrsbetriebe haben sich selbst<br />

e<strong>in</strong>er Radikalkur unterzogen. Entstanden ist e<strong>in</strong><br />

Konzern mit flexiblen Töchtern, die neue Projekte<br />

anschieben, selbst wenn sie am Nil stattf<strong>in</strong>den.<br />

wo das desolate Straßenbahnnetz modernisiert<br />

werden soll. Für das ukra<strong>in</strong>ische Lemberg<br />

entwickelt die Iftec e<strong>in</strong> städtisches<br />

ÖPNV-Konzept. E<strong>in</strong> Glücksfall: <strong>Die</strong> Ukra<strong>in</strong>e<br />

und Polen richten die Fußball-EM 2012 aus.<br />

Wer jetzt schon im Boot ist, bleibt vielleicht<br />

sitzen. Zumal der oberste Iftec-Verkehrsberater<br />

das WM-Büro Leipzig geleitet hat.<br />

Das wohl aufregendste Projekt der Leipziger<br />

ist jedoch e<strong>in</strong> Deal am Nil. „Über den<br />

Sohn des ehemaligen ägyptischen Premierm<strong>in</strong>isters,<br />

der mit e<strong>in</strong>er Leipziger<strong>in</strong> verheiratet<br />

ist, kam der Kontakt mit dem Gouverneur<br />

von Alexandria zustande, bei dem es<br />

anfangs nur um den möglichen Kauf von<br />

Leol<strong>in</strong>er-Straßenbahnen g<strong>in</strong>g“, er<strong>in</strong>nert sich<br />

Bleck. Um es kurz zu machen: Mittlerweile<br />

haben LVB und Iftec mit dem ägyptischen<br />

Premierm<strong>in</strong>ister über die Umwandlung<br />

der alexandr<strong>in</strong>ischen Verkehrsbehörde<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> modernes Unternehmen nach dem<br />

LVB-Konzernmodell verhandelt. Und der<br />

Herr Premierm<strong>in</strong>ister zeigte sich höchst angetan,<br />

erste konkrete Vere<strong>in</strong>barungen s<strong>in</strong>d<br />

getroffen. Aber noch wird viel Wasser den<br />

Nil entlang fließen, bis Hanss endgültig „im<br />

Glück“ ist.<br />

Und sonst? Welche Pläne gibt es für die<br />

nahe und fernere Zukunft? Verschmitzt<br />

lächelt der kugelrunde vorsitzende Geschäftsführer.<br />

Dazu will er nichts sagen. Nur<br />

so viel: Ja, natürlich könne er weitere Teilprivatisierungen<br />

nicht ausschließen, für ke<strong>in</strong>e<br />

der LVB-Töchter. Ja, e<strong>in</strong>e Direktvergabe<br />

durch die Stadt, das würde er auch weiterh<strong>in</strong><br />

sehr begrüßen, und darauf arbeite er h<strong>in</strong>.<br />

Und ja, es sei durchaus richtig, dass die<br />

Wettbewerbsmöglichkeiten im S-Bahn-Bereich<br />

nach der neuen EU-Verordnung nicht<br />

so e<strong>in</strong>geschränkt seien wie die bei Bussen<br />

und Straßenbahnen. Hanss aufs Herz: Ist<br />

das e<strong>in</strong> Wachstumsbereich, <strong>in</strong> den die LVB<br />

eventuell e<strong>in</strong>steigen möchte? „Bis 2009<br />

dürfen wir noch fast alles“, sagt der sonst<br />

so eloquente Hanss kurz angebunden und<br />

ausweichend. Dann ist das Gespräch beendet:<br />

„Mehr sage ich nicht. Denn andere<br />

Unternehmen können unsere Strategien<br />

gerne im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> kopieren. Aber die LVB<br />

soll das erste Unternehmen se<strong>in</strong>, das sie<br />

umsetzt.“<br />

Kontakt<br />

dieter.marszalek@de.pwc.com<br />

Tel. 0211 981-4240<br />

Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc290<br />

www.lvb.de<br />

pwc: | april 2008 53


pwc: Lösungen<br />

Publikationen<br />

Unternehmensteuerreform<br />

2008<br />

<strong>Die</strong> im Sommer<br />

2007 verabschiedeteUnternehmensteuerreform<br />

soll<br />

die <strong>in</strong>ternationale<br />

Wettbewerbsfähigkeit<br />

des deutschen<br />

Steuerrechts sicherstellen.<br />

<strong>Die</strong> neuen<br />

Regelungen s<strong>in</strong>d<br />

beratungsorientiert dargestellt, nehmen zu<br />

Zweifelsfragen Stellung und zeigen, wie auf<br />

die Gesetzesänderungen planerisch reagiert<br />

werden kann. Der Band enthält zudem viele<br />

Praxish<strong>in</strong>weise. <strong>Die</strong> übersichtliche Darstellung<br />

erleichtert das Arbeiten mit dem Buch.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

dieter.endres@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 9585-6459<br />

Schäffer-Poeschl-Verlag, 79,95 Euro,<br />

ISBN: 3-7910-2723-9<br />

Quo Vadis<br />

GKV?<br />

<strong>Die</strong> Gesundheitsreform<br />

br<strong>in</strong>gt tief<br />

greifende Veränderungen<br />

für die deutschenKrankenkassen<br />

mit sich. PwC<br />

und das Institut für<br />

Versicherungsbetriebslehre<br />

der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität<br />

Hannover haben geme<strong>in</strong>sam<br />

Entscheider deutscher Krankenkassen zur<br />

Gesundheitsreform und zu den künftigen<br />

Strategien der Krankenkassen befragt und<br />

die Ergebnisse zusammengefasst.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

lutz.mueller@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 9585-5134<br />

www.pwc.de/de/pwc264<br />

Enforcement<br />

Planner<br />

<strong>Die</strong> Neuauflage des<br />

Enforcement Planner<br />

ist die Basis<br />

für das Enforcement-Verfahren<br />

der<br />

Deutschen Prüfstelle<br />

für Rechnungslegung<br />

(DPR). Seit<br />

der Erstausgabe<br />

im April 2006 hat<br />

die DPR ihr Vorgehen weiter professionalisiert.<br />

Sie stellt immer mehr Fehler <strong>in</strong> der<br />

Rechnungslegung von Unternehmen fest,<br />

die publiziert werden müssen – mit Folgen<br />

für Unternehmensimage und Aktienkurs.<br />

Experten von PwC stellen hier das Verfahren<br />

vor.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

henn<strong>in</strong>g.hoensch@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 9585-1269<br />

www.pwc.de/de/pwc291<br />

Pay<strong>in</strong>g Taxes<br />

2008<br />

<strong>Die</strong> Studie analysiert<br />

die Steuersysteme<br />

von 178<br />

Ländern. Zur Berechnung<br />

der „Total<br />

Tax Rate“ wurden<br />

alle Steuern und<br />

Abgaben erfasst,<br />

die von Unternehmen<br />

zu zahlen<br />

s<strong>in</strong>d. Zudem wurde erhoben, wie viel Zeit<br />

Unternehmen für die Steuererklärung be-<br />

nötigen und wie viele E<strong>in</strong>zelsteuern sie ent-<br />

richten. In den meisten Ländern zahlen sie<br />

mehr, als sich aus den Sätzen ablesen lässt.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

dieter.endres@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 9585-6459<br />

www.pwc.de/de/pwc293<br />

Familienunternehmen<br />

2008<br />

Der Großteil der<br />

deutschen Familienunternehmen<br />

geht optimistisch<br />

<strong>in</strong>s Jahr 2008. Wie<br />

aus der Studie hervorgeht,<br />

erwarten<br />

sieben von zehn<br />

befragten Unternehmen<br />

e<strong>in</strong>e<br />

steigende Nachfrage für die kommenden<br />

Monate. <strong>Die</strong> befragten Firmen setzen momentan<br />

konsequent auf e<strong>in</strong>en Wachstumskurs<br />

und konzentrieren sich dabei auf ihre<br />

Technologieführerschaft als bedeutendsten<br />

Wettbewerbsvorteil. Befragt wurden weltweit<br />

1.454 Familienunternehmen.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

norbert.w<strong>in</strong>keljohann@de.pwc.com<br />

Tel.: 0541 3304-517<br />

www.pwc.de/de/pwc292<br />

Anhangerstellung<br />

nach IFRS<br />

Kapitalmarktorientierte<br />

Unternehmen<br />

müssen ihren Konzernabschluss<br />

nach<br />

International F<strong>in</strong>ancial<br />

Report<strong>in</strong>g Standards<br />

(IFRS) aufstellen.<br />

Dazu gehört<br />

auch e<strong>in</strong> Anhang,<br />

der etwa Unternehmenskennzahlen,<br />

Geschäftsvorfälle oder<br />

das Risikomanagement erläutert. <strong>Die</strong> neue<br />

PwC-Studie untersucht, wie Unternehmen<br />

Daten ermitteln, wo Probleme auftreten und<br />

wie Lösungsansätze aussehen können.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

ruediger.loitz@de.pwc.com<br />

Tel.: 0211 981-2839<br />

www.pwc.de/de/pwc283<br />

54 pwc: | april 2008


11th Annual<br />

Global CEO Survey 2008<br />

<strong>Die</strong> Subprime-Krise treibt die Sorge, dass<br />

sich die Konjunktur empf<strong>in</strong>dlich abkühlen<br />

könnte. Negative Auswirkungen auf die<br />

Umsatzentwicklung des Jahres 2008 erwarten<br />

vor allem nordamerikanische und westeuropäische<br />

Unternehmen. In Asien h<strong>in</strong>gegen<br />

ist der Konjunkturoptimismus nach wie<br />

vor ungebrochen. Besonders zuversichtlich<br />

s<strong>in</strong>d die Inder. 90 Prozent der befragten <strong>in</strong>dischen<br />

Entscheider gehen von e<strong>in</strong>er positiven<br />

Geschäftsentwicklung aus. <strong>Die</strong> Ch<strong>in</strong>esen zeigen sich etwas<br />

verhaltener. 73 Prozent der Befragten schätzen die Lage ihres Unternehmen<br />

günstig e<strong>in</strong>. Für den „11th Annual Global CEO Survey<br />

2008“ wurden 1.150 CEOs aus 50 Ländern befragt. Rund 40 Prozent<br />

der Unternehmen erzielen e<strong>in</strong>en Jahresumsatz von mehr als 1<br />

Milliarde Dollar, immerh<strong>in</strong> gut die Hälfte der Vorstandsvorsitzenden<br />

führt e<strong>in</strong>e börsennotierte Gesellschaft.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

hans.wagener@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 9585-2431<br />

www.pwc.de/de/pwc282<br />

Power Deals<br />

2007<br />

Jedes Jahr erfasst PwC die nationalen und<br />

<strong>in</strong>ternationalen Fusionen <strong>in</strong> der Energieversorgungsbranche<br />

und fasst sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Untersuchungsbericht<br />

zusammen. Das Gute<br />

daran: <strong>Die</strong> Entwicklungen der vergangenen<br />

Jahre lassen sich vergleichen. Das diesjährige<br />

Ergebnis: <strong>Die</strong> Dynamik der Konsolidierung<br />

<strong>in</strong> der Strom- und Gas<strong>in</strong>dustrie ist nicht<br />

zu übersehen. Nahezu unbee<strong>in</strong>trächtigt von<br />

der <strong>in</strong>ternationalen Kreditkrise ist das Volumen<br />

der M&A-Transaktionen <strong>in</strong> der Branche gegenüber Vorjahr um<br />

e<strong>in</strong> Viertel gestiegen. Ihre Zahl stieg fast <strong>in</strong> gleichem Maße um 23<br />

Prozent von 623 auf 768 Transaktionen. Gegenüber den 43 Milliarden<br />

Dollar des Jahres 2003 hat sich das Transaktionsvolumen 2007 mit<br />

<strong>in</strong>sgesamt 372,5 Milliarden Dollar nahezu verneunfacht.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

manfred.wiegand@de.pwc.com<br />

Tel.: 0201 438-1509<br />

www.pwc.de/de/pwc294<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong> WPG<br />

Olof-Palme-Straße 35, 60439 Frankfurt am Ma<strong>in</strong><br />

www.pwc.de<br />

Verantwortlich für den Inhalt (V. i. S. d. P.):<br />

Oliver Heieck (<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong>)<br />

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

die Me<strong>in</strong>ung der Autoren wieder.<br />

Adressänderungen: pwc_magaz<strong>in</strong>@de.pwc.com<br />

Chefredaktion:<br />

Cor<strong>in</strong>na Freudig (<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong>),<br />

Susanne Osadnik (Facts & Figures)<br />

E-Mail an die Redaktion: pwc_magaz<strong>in</strong>@de.pwc.com<br />

CvD: Nikolaus von Raggamby<br />

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Bildredaktion: José A. Blanco<br />

Infografik: Kathar<strong>in</strong>a Erfurth (Golden Section Graphics)<br />

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Verlag:<br />

Facts & Figures GmbH<br />

E<strong>in</strong> Unternehmen der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND<br />

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Koppen; bpk Berl<strong>in</strong>; Alexander von Reiswitz; PwC<br />

Seite 4/5: Alamy/Eightfisch Seite 6: Getty Images/Taxi/Seth Joel<br />

Seite 8: Getty Images/Photoalto/James Hardy<br />

Seite 10/11: Corbis/Zefa/P. Manner; Haag & Kropp GbR;<br />

Facts&Figures-Montage Seite 12: BLG Logistics; Laif/Stern/Herzau<br />

Seite 14: Visum/Daniel Pilar<br />

Seite 16/17: Getty Images/Stone/Greg Pease; Corbis/James W.<br />

Porter; Alamy/Steven May; Laif/Ch<strong>in</strong>a Foto Press; PwC<br />

Seite 18: Agentur Focus/Arabianeye/Matilde Gattoni<br />

Seite 20/21: Siemens; Gulliver Theis; Marcus Koppen<br />

Seite 22/23: Laif/Peter Granser; PwC<br />

Seite 24/25: Corbis/Larry Hirshowitz<br />

Seite 26/27: Laif/Redux/The New York Times; Corbis/Larry Hirshowitz;<br />

Facts&Figures-Montage; Marcus Höhn<br />

Seite 28/29: Artur/L<strong>in</strong>us L<strong>in</strong>tner; Getty Images/Asia Images/Mart<strong>in</strong><br />

Puddy; Getty Images/Dorl<strong>in</strong>g K<strong>in</strong>dersley/Andy Crawford; Corbis/<br />

Zefa/Michael Porsche; PwC<br />

Seite 30/31: Corbis/Christie´s Images<br />

Seite 32/33: Intro/Ingo Kuzia; PwC Seite 35: <strong>Die</strong> Illustratoren/Kathryn<br />

Rathke Seite 36: Florian Jaenicke Seite 38/39: Florian Jaenicke<br />

Seite 40/41: BPK Berl<strong>in</strong> Seite 42/43: Deepol/Rui Camilo; Barandales;<br />

Picture-Alliance/dpa; Pla<strong>in</strong>picture/Johnér; PwC<br />

Seite 44/45: Getty Images/Stone+/Tim Flach; Alexander von<br />

Reiswitz Seite 47: Deepol/Markus Tollhopf<br />

Seite 48/49: Alexander von Reiswitz; Getty Images/National Geographic/Georg<br />

Grall Seite 50/51: Jörg Gläscher<br />

Seite 52: Jörg Gläscher Seite 55: ccvision<br />

Druck:<br />

Druckhaus Berl<strong>in</strong>-Mitte GmbH<br />

Schützenstraße 18, 10117 Berl<strong>in</strong><br />

pwc: ersche<strong>in</strong>t viermal im Jahr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Auflage von<br />

12.000 Exemplaren.<br />

© Januar 2008. <strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong><br />

<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> bezeichnet die <strong>PricewaterhouseCoopers</strong><br />

<strong>AG</strong> Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbstständigen<br />

und rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der<br />

<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> International Limited.<br />

<strong>PricewaterhouseCoopers</strong>. <strong>Die</strong> Vorausdenker.<br />

pwc: | april 2008 55


www.pwc.de<br />

Erfolgsformeln<br />

v2 v1 PNutz=½·p·A·v 3 ·[½·(1+ )·(1-( ) 2)] _<br />

_<br />

Das ist die Formel für den nutzbaren Anteil an der W<strong>in</strong>dleistung, die auf e<strong>in</strong>en Rotor trifft –<br />

den sogenannten Erntefaktor. Für die Produzenten von Energie aus W<strong>in</strong>d und anderen erneuerbaren<br />

Quellen ist jetzt die Zeit der Ernte gekommen – oder setzen sich doch die großen Konzerne durch?<br />

Siehe Seite 26<br />

v2 v1

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