Die Welt in Lieferketten - PricewaterhouseCoopers AG
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April 2008<br />
pwc:<br />
Das Magaz<strong>in</strong> für Vorausdenker<br />
Golf ohne Handicap<br />
Was die Emirate so erfolgreich macht<br />
Karriere ohne Grenzen<br />
Wie Unternehmen von Expatriates profitieren<br />
Bahn ohne Behörde<br />
Wie sich Leipzigs Nahverkehr teilprivatisierte<br />
<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>Lieferketten</strong><br />
Wegen der Globalisierung boomt die<br />
Logistikbranche. Doch die Risiken wachsen.<br />
Was die Branche gefährden könnte
pwc: Inhalt<br />
Titel Märkte Wissen<br />
<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>in</strong> <strong>Lieferketten</strong><br />
Logistikunternehmen freuen sich über e<strong>in</strong><br />
rasantes Wachstum. Neben den Umsätzen<br />
steigen aber auch die Risiken. Drei Szenarien,<br />
die aufzeigen, was reibungslose Abläufe<br />
und damit die gesamte Branche gefährden<br />
könnte. Seite 4<br />
Mehr als transportfähig<br />
Deutsche Unternehmen setzen weltweit<br />
ausgefeilte Logistikkonzepte um. Dabei<br />
geht es um mehr als nur Transport. E<strong>in</strong>ige<br />
Fallbeispiele. Seite 1<br />
Interview: Detthold Aden<br />
Der Vorstandsvorsitzende der Bremer BLG<br />
Logistics Group spricht über Visionen und<br />
Sp<strong>in</strong>nereien <strong>in</strong> der <strong>Welt</strong> der Logistik. Seite 14<br />
Märkte Seite 16<br />
Golf ohne Handicap<br />
Warum die Vere<strong>in</strong>igten Arabischen Emirate<br />
derzeit der dynamischste Wirtschaftsstandort<br />
der <strong>Welt</strong> s<strong>in</strong>d. Seite 18<br />
Das Fernsehduell<br />
Wie das Internetfernsehen den herkömmlichen<br />
Sendern Konkurrenz macht. Seite<br />
Grünes Licht geben<br />
Was kle<strong>in</strong>e Ökostromanbieter erfolgreich<br />
macht und wie die großen Energiekonzerne<br />
davon profitieren. Seite 4<br />
Interview: Heiko von Tschischwitz<br />
Der Geschäftsführer des Ökostromanbieters<br />
Lichtblick über Spätzünder, Unabhängigkeit<br />
und Denkzettel. Seite 7<br />
Wissen Seite 8<br />
Besten-Auslese<br />
Hervorragender Managementnachwuchs ist<br />
rar. Das sollte mittlerweile auch die Vorstände<br />
beschäftigen. Seite 30<br />
E<strong>in</strong> Gehen und Kommen<br />
Firmen schicken immer mehr Expatriates <strong>in</strong>s<br />
Ausland. Warum Aufenthalt und Rückkehr<br />
gut organisiert se<strong>in</strong> müssen. Seite 3<br />
Kolumne: Klaus Kocks<br />
Was modernes Controll<strong>in</strong>g mit der H<strong>in</strong>richtung<br />
des Lordsiegelbewahrers He<strong>in</strong>richs<br />
des Achten zu tun hat. Seite 35<br />
Pendler<strong>in</strong> zwischen den <strong>Welt</strong>en<br />
Marna Whitt<strong>in</strong>gton, Verwaltungsdirektor<strong>in</strong><br />
von Allianz Global Investors, erzählt aus<br />
ihrem Leben. Seite 36<br />
Bürgen statt Borgen<br />
Dank e<strong>in</strong>es neuen Berechnungsmodells<br />
können Landesbürgschaften als Instrument<br />
der Wirtschaftsförderung wieder e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden. Seite 40<br />
pwc: | april 008
Lösungen<br />
Lösungen Seite 42<br />
Das Tier <strong>in</strong> mir<br />
Warum Managementbücher aus der Tierwelt<br />
so erfolgreich s<strong>in</strong>d. Seite 44<br />
Was Leipzig bewegt<br />
Weshalb die Liberalisierung des öffentlichen<br />
Nahverkehrs die Leipziger Verkehrsbetriebe<br />
nicht ängstigt. Seite 50<br />
Publikationen Seite 54<br />
Impressum Seite 55<br />
pwc: | april 2008<br />
pwc: Editorial<br />
Sehr geehrte Leser<strong>in</strong>nen und Leser!<br />
„<strong>Die</strong> richtige Menge der richtigen Objekte am richtigen Ort <strong>in</strong> der rich-<br />
tigen Qualität zum richtigen Zeitpunkt zu den richtigen Kosten zur Ver-<br />
fügung stellen.“ So beschreibt der deutsche Wissenschaftler Re<strong>in</strong>hardt<br />
Jünemann die Aufgabe der Logistik, die im Fremdwörterduden e<strong>in</strong>st als<br />
„militärisches Nachschubwesen“ erklärt wurde. Es gibt vermutlich nicht<br />
sehr viele Branchen, die sich so komplett verändert haben wie die Lo-<br />
gistik, durch die außerdem die globalisierte Wirtschaft erst möglich wur-<br />
de. Denn von den reibungslosen Abläufen bei den Logistikunternehmen<br />
s<strong>in</strong>d fast alle anderen Branchen abhängig. Deshalb haben wir uns ge-<br />
fragt: Gibt es Risiken, die diese Reibungslosigkeit gefährden könnten?<br />
Und wir s<strong>in</strong>d durchaus fündig geworden.<br />
E<strong>in</strong>es der weltweit ehrgeizigsten Logistikprojekte wird mit dem Dubai<br />
World Central im Mittleren Osten realisiert. Dort sollen e<strong>in</strong>e voll <strong>in</strong>tegrierte<br />
Logistikplattform und der weltweit größte Flughafen entstehen. Grund ge-<br />
nug, die Arabischen Emirate genauer zu beleuchten: Denn sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e<br />
boomende Region, von der auch deutsche Unternehmen profitieren.<br />
Hauptsächlich zwischen den USA und Deutschland pendelt Marna Whit-<br />
t<strong>in</strong>gton. Wir freuen uns, dass die Verwaltungsdirektor<strong>in</strong> von Allianz Global<br />
Investors unseren Lesern e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> ihr Leben als <strong>Welt</strong>enwandler<strong>in</strong><br />
gibt. E<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> ihr Unternehmen haben uns außerdem die Leipziger<br />
Verkehrsbetriebe gestattet, die trotz e<strong>in</strong>er neuen EU-Verordnung, die für<br />
mehr Wettbewerb im öffentlichen Personennahverkehr sorgen soll, selbst-<br />
bewusst <strong>in</strong> die Zukunft blicken. Ebenso selbstbewusst treten die kle<strong>in</strong>eren<br />
Anbieter von erneuerbaren Energien auf, auch weil sie für die großen Ver-<br />
sorger immer <strong>in</strong>teressanter werden. Wie sich dieser Markt entwickelt,<br />
bleibt also spannend. Lassen Sie mich zum Schluss auf e<strong>in</strong>e neue Kolum-<br />
ne h<strong>in</strong>weisen, die wir künftig <strong>in</strong> jeder Ausgabe veröffentlichen. <strong>Die</strong>ses Mal<br />
verrät uns Kommunikationsberater Prof. Klaus Kocks, was He<strong>in</strong>rich VIII.<br />
und Unternehmenscontroll<strong>in</strong>g mite<strong>in</strong>ander zu tun haben.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen!<br />
Hans Wagener<br />
Hans Wagener,<br />
Vorstandssprecher der<br />
<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong>
pwc: Titel<br />
Umsatzstarke Europäer<br />
<strong>Welt</strong>weite Warenströme<br />
Anteil am <strong>Welt</strong>handel <strong>in</strong> Prozent, nur ausgewählte Standorte<br />
regionaler Handel<br />
überregionaler Handel<br />
Mittel- und Südamerika<br />
mit Nordamerika<br />
242 Mrd. $<br />
2,1 %<br />
Quelle: WTO<br />
905 Mrd. $<br />
7,8 %<br />
111 Mrd. $<br />
1,0 %<br />
Nordamerika<br />
mit Europa<br />
709 Mrd. $<br />
6,1 %<br />
Afrika mit Europa<br />
268 Mrd. $<br />
2,3 %<br />
3.651 Mrd. $<br />
31,4 %<br />
33 Mrd. $<br />
0,3 %<br />
GUS mit Europa<br />
388 Mrd. $<br />
3,3 %<br />
72 Mrd. $<br />
0,6 %<br />
Mittlerer Osten<br />
mit Asien<br />
451 Mrd. $<br />
3,9 %<br />
Europa mit Asien<br />
970 Mrd. $<br />
8,3 %<br />
80 Mrd. $<br />
0,7 %<br />
1.638 Mrd. $<br />
14,1 %<br />
Asien<br />
mit Nordamerika<br />
1.022 Mrd. $<br />
8,8 %<br />
pwc: | april 2008
pwc: | april 2008<br />
<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>Lieferketten</strong><br />
<strong>Die</strong> Logistikunternehmen profitieren vom rasanten<br />
Wachstum. Aber auch die Gefahren nehmen zu.<br />
Von Alexander He<strong>in</strong>tze<br />
Das Herz der Logistik <strong>in</strong> Deutschland<br />
schlägt immer schneller. Fast neun Millio<br />
nen Conta<strong>in</strong>er erreichen und verlassen je<br />
des Jahr den Hamburger Hafen, <strong>in</strong> Schiffen,<br />
per Güterzug und <strong>in</strong> ungezählten Lastwa<br />
gen. Vieles davon bleibt <strong>in</strong> Europa. Fast e<strong>in</strong><br />
Drittel des <strong>Welt</strong>handels machen die euro<br />
päischen Staaten unter sich aus. Nach den<br />
neuesten Zahlen der <strong>Welt</strong>handelsorganisa<br />
tion WTO waren das 2006 Waren im Wert<br />
von mehr als 3,6 Billionen Dollar. <strong>Welt</strong>weit<br />
exportierten alle Länder dieser Erde Wa<br />
ren im Wert von 1 Billionen Dollar. Und<br />
der Austausch wird immer <strong>in</strong>tensiver. Der<br />
<strong>Welt</strong>handel legte <strong>in</strong> den vergangenen Jah<br />
ren beständig um rund 8 Prozent jährlich<br />
zu. Das Brutto<strong>in</strong>landsprodukt aller Staaten<br />
kam dabei im Durchschnitt nur um 3, Pro<br />
zent voran.<br />
Seit der Osten Europas se<strong>in</strong>e Isolation auf<br />
gegeben hat und die Schwellenländer Asiens<br />
und Südamerikas immer aktiver am <strong>Welt</strong><br />
handel teilnehmen, gibt es praktisch ke<strong>in</strong>e<br />
Grenzen mehr. Davon profitiert die Logistik<br />
branche. Rund 70 Prozent aller Stückgut<br />
frachten werden weltweit mit dem Schiff<br />
transportiert, sauber verpackt <strong>in</strong> Contai<br />
nern, deren Umschlag sich <strong>in</strong> den nächsten<br />
zehn Jahren verdoppeln wird – auf fast e<strong>in</strong>e<br />
Milliarde Standardconta<strong>in</strong>er im Jahr. Ähn<br />
lich beflügelnd s<strong>in</strong>d die Aussichten für die<br />
Luftfracht. <strong>Die</strong> HSH Nordbank geht von ei<br />
nem durchschnittlichen Wachstum von mehr<br />
als Prozent bis zum Jahr 2010 aus. Auf<br />
dem Boden erlebt derweil die Schiene e<strong>in</strong>e<br />
Wiedergeburt. Angesichts steigender Kos<br />
ten für Treibstoffe und der CO 2Diskussion<br />
ist die Bahn auf dem Weg, wieder wettbe<br />
werbsfähig zu werden. Auch deshalb, weil<br />
die Conta<strong>in</strong>er nicht alle per Laster aus den<br />
Häfen zu schaffen s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> Kapazitäten auf<br />
den Straßen s<strong>in</strong>d schon lange erschöpft.<br />
Zudem steigen die Kosten für <strong>Die</strong>sel und<br />
Fahrer. <strong>Die</strong> Deutsche Bahn arbeitet an Al<br />
ternativen, etwa e<strong>in</strong>em durchgehenden Gü<br />
terzug von Hamburg nach Pek<strong>in</strong>g. Mit rund<br />
20 Tagen sollen die Züge nur halb so lange<br />
unterwegs se<strong>in</strong> wie e<strong>in</strong> Schiff. „Es wird im<br />
mer mehr auf die Schnelligkeit ankommen“,<br />
sagt Klaus<strong>Die</strong>ter Ruske, Logistikexperte<br />
bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC). Das sei<br />
heute schon e<strong>in</strong> großer Wettbewerbsvorteil.<br />
„Amazon bietet zum Beispiel den 24Stunden<br />
Versand an. Aber brauchen wir das Buch<br />
wirklich schon morgen auf dem Tisch?“, so<br />
Ruske. Selbst wenn das nicht so se<strong>in</strong> sollte,<br />
verlangten es die Kunden trotzdem. „Viele<br />
Menschen wollen ihre Wünsche schnell be<br />
friedigen und s<strong>in</strong>d bereit, dafür mehr Geld<br />
auszugeben.“<br />
Bei aller Euphorie darf aber nicht verges<br />
sen werden: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> ist abhängig vom<br />
Funktionieren der <strong>Lieferketten</strong>. Wenn Las<br />
ter, Schiffe oder die Bahn stillstehen, steht<br />
auch die Wirtschaft. Als im vergangenen<br />
Jahr die Brummifahrer <strong>in</strong> Italien ihre Laster<br />
auf den Autobahnen abstellten, vergam<br />
melte das Fleisch auf den Ladeflächen.<br />
Als die Lokführer <strong>in</strong> Deutschland streikten<br />
und die Züge <strong>in</strong> den Depots ließen, war<br />
die Bahn erst zu Verhandlungen bereit, als<br />
der Güterverkehr drohte, zum Erliegen zu<br />
kommen. Gerät die Lieferkette aus dem<br />
Takt, drohen Engpässe und wirtschaftlicher<br />
Schaden für alle. Was die reibungslosen<br />
logistischen Abläufe ebenso dramatisch<br />
verändern könnte, das lesen Sie auf den<br />
folgenden Seiten.<br />
Lesen Sie weiter ...<br />
Szenario 1:<br />
Geschmiert läuft es nur mit Öl<br />
Szenario 2:<br />
Der rote Riese Ch<strong>in</strong>a holt langsam auf<br />
Szenario 3:<br />
Im Fadenkreuz des Terrors?<br />
Mehr als transportfähig<br />
Ausgefeilte Logistikkonzepte<br />
Interview mit Detthold Aden, Vorstandsvor<br />
sitzender der BLG Logistics Group
pwc: Titel<br />
Szenario 1<br />
Geschmiert läuft es<br />
nur mit Öl<br />
Ohne Öl läuft nichts <strong>in</strong> der Branche. Doch die hohen Rohstoffpreise werden<br />
Produktion und Handel verändern. Und vielleicht die Globalisierung beenden.<br />
Von Alexander He<strong>in</strong>tze<br />
„Bei e<strong>in</strong>em Ölpreis von 100 Dollar pro Fass ist der<br />
Lohnkostenvorteil von Asien dah<strong>in</strong>.“<br />
Bernd Bischoff, Chef von Fujitsu Siemens<br />
pwc: | april 2008
Matthew Simmons ist e<strong>in</strong> Fantast. Das<br />
behaupten se<strong>in</strong>e Gegner. Er selbst<br />
sieht sich als Realist. Der Chef der auf<br />
Energie<strong>in</strong>vestments spezialisierten Firma<br />
Simmons & Co. aus der amerikanischen<br />
Ölstadt Houston ist e<strong>in</strong>er der am meisten<br />
beachteten Experten der Branche. Sim-<br />
mons ist sicher: Der Ölpreis wird <strong>in</strong> den<br />
kommenden Jahren auf 200 bis 250 Dol-<br />
lar pro Fass (159 Liter) steigen. „Bei 100<br />
Dollar pro Barrel sprechen wir immer noch<br />
von bemerkenswert billigem Öl“, sagt der<br />
Öl-Augur. Se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung nach ha-<br />
ben die meisten Länder die Spitze ihrer Öl-<br />
produktion bereits überschritten oder s<strong>in</strong>d<br />
kurz davor. Ab 2010, so se<strong>in</strong>e Prognose,<br />
dürfte es dann <strong>in</strong> fast allen Ländern mit<br />
der Produktion nach unten und mit den<br />
Preisen deutlich nach oben gehen. Denn<br />
die Nachfrage nach dem schwarzen Gold<br />
bleibt hoch.<br />
Das Öl ist der Lebenssaft der Logistik. 0<br />
Prozent des weltweit geförderten Öls wer-<br />
den gebraucht, um Personen und Güter<br />
zu transportieren. Ölpreise weit jenseits<br />
der 200-Dollar-Marke werden dramatische<br />
Auswirkungen auf die globale Logis-<br />
tik haben. <strong>Die</strong> Folgen könnten e<strong>in</strong>e Rolle<br />
rückwärts e<strong>in</strong>leiten, schreibt die Hambur-<br />
ger Berenberg Bank <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Studie. Sie<br />
befürchtet e<strong>in</strong>e Deglobalisierung statt wei-<br />
terer Arbeitsteilung. <strong>Die</strong> Produktion und<br />
der Verkauf der Waren würden im Wesent-<br />
lichen wieder lokal erfolgen. Hohe Prei-<br />
se und Wohlstandsverluste wären nicht zu<br />
vermeiden. In e<strong>in</strong>igen Branchen hat diese<br />
Bewegung schon begonnen. „Bei e<strong>in</strong>em<br />
Ölpreis von 100 Dollar pro Fass ist der<br />
Lohnkostenvorteil von Asien dah<strong>in</strong>“, sagt<br />
beispielsweise Bernd Bischoff, der Chef<br />
des Münchner Computerherstellers Fujit-<br />
su Siemens. Immerh<strong>in</strong> wird e<strong>in</strong> Computer<br />
etwa zweie<strong>in</strong>halbmal um den Globus geflo-<br />
gen, bevor er auf dem Schreibtisch steht.<br />
Für den Münchner Professor und Logistik-<br />
fachmann Horst Wildemann von der TU<br />
München wird ab e<strong>in</strong>em Preis von 200 Dol-<br />
lar pro Fass e<strong>in</strong> Umdenken <strong>in</strong> der Logistik<br />
zw<strong>in</strong>gend erforderlich se<strong>in</strong>. Dann, so sei-<br />
ne E<strong>in</strong>schätzung, werde sich vor allem der<br />
seit Jahren fortdauernde Trend zu immer<br />
mehr Kle<strong>in</strong>sendungen umdrehen. „Globa-<br />
le Transporte lassen sich dann nur noch für<br />
hochwertige Güter rechtfertigen“, pflichtet<br />
Christopher Jahns, Rektor der European<br />
Bus<strong>in</strong>ess School (EBS) <strong>in</strong> Oestrich-W<strong>in</strong>kel<br />
bei. Für den Transport würden die Waren<br />
stärker gebündelt, um e<strong>in</strong>e höhere Aus-<br />
lastung zu erzielen. Straße ade – Schiene<br />
und B<strong>in</strong>nenschiff wären die Wirklichkeit.<br />
pwc: | april 2008<br />
Entwicklung der Rohölpreise von 1970 bis 2008<br />
$ pro Barrel<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010<br />
Quelle: www.tecson.de, HSH Nordbank<br />
Und auch die Just-<strong>in</strong>-Time-Philosophie<br />
hätte ausgedient. <strong>Die</strong> zeitgenauen Liefe-<br />
rungen würden durch mehr Zwischenlager<br />
ersetzt, wenn die Transportpreise über den<br />
Lagerkosten lägen.<br />
Bei Massenwaren liegt die Grenze höher,<br />
vielleicht erst bei 300 Dollar. So etwas ent-<br />
scheiden letztlich die Kunden. „Solange sie<br />
die Preiserhöhungen schlucken, schlagen<br />
wir die Kosten drauf“, sagt e<strong>in</strong> Mitarbei-<br />
ter e<strong>in</strong>es großen Speditionsunternehmens.<br />
<strong>Die</strong>se Schmerzgrenze ist aber noch nicht<br />
erreicht. „Der Transport e<strong>in</strong>es T-Shirts von<br />
Ch<strong>in</strong>a nach Europa kostet gerade e<strong>in</strong>mal<br />
2 Cent“, sagt Klaus-<strong>Die</strong>ter Ruske, Logis-<br />
tikexperte bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong><br />
(PwC). Selbst bei e<strong>in</strong>er Verdopplung dürf-<br />
ten die Auswirkungen demnach ger<strong>in</strong>g<br />
se<strong>in</strong>. Hippe Turnschuhe aus Vietnam und<br />
e<strong>in</strong>e Flasche südafrikanischer We<strong>in</strong> kosten<br />
dann eben noch e<strong>in</strong> paar Cent mehr. In der<br />
Größenordnung ist das ke<strong>in</strong> Problem.<br />
Steigende Ölpreise verteuern nicht nur<br />
den Transport über die <strong>Welt</strong>meere, son-<br />
dern auch den auf den letzten Abschnit-<br />
ten der Lieferkette, vom Zielhafen bis zur<br />
Verkaufsstelle. <strong>Die</strong> meisten Praktiker sehen<br />
bei diesen nationalen Verkehren weder<br />
<strong>in</strong> der Bahn noch im Schiff e<strong>in</strong>e Alterna-<br />
tive zur Straße. Wie sollte die auch aus-<br />
sehen? Andere Transportmittel dürften es<br />
schwer haben, etwa bis zu Abnehmern wie<br />
Aldi, Lidl und Co. zu gelangen. <strong>Die</strong> Flexibi-<br />
lität des Lastwagens sei nach wie vor das<br />
unschlagbare Argument, um am Transport-<br />
weg Straße festzuhalten. Umso wichtiger ist<br />
es deshalb für die Unternehmen, <strong>in</strong> diesem<br />
Bereich durch moderne Technik und <strong>in</strong>telli-<br />
gente Organisation Energiekosten e<strong>in</strong>zuspa-<br />
ren. Transportunternehmen wie der US-Rie-<br />
se UPS geben Milliardensummen dafür aus,<br />
die Routen ihrer Fahrzeuge zu optimieren,<br />
um Leerfahrten zu verh<strong>in</strong>dern. <strong>Die</strong> Spediti-<br />
onen kaufen neue, spritsparende Lastwa-<br />
gen. Schiffe dagegen fahren e<strong>in</strong>fach lang-<br />
samer oder tanken dort, wo das Bunkeröl<br />
noch billiger ist.<br />
Doch das Ende der Sparmöglichkeiten ist<br />
irgendwann e<strong>in</strong>mal erreicht. Deshalb wird<br />
bereits fieberhaft an neuen Modellen gear-<br />
beitet. Automobilhersteller wie Volvo bas-<br />
teln beispielsweise an Hybridlastern, die<br />
die <strong>Die</strong>seltechnik mit e<strong>in</strong>em Elektromotor<br />
verb<strong>in</strong>den. Das Hamburger Unternehmen<br />
Skysails experimentiert mit riesigen Se-<br />
geln, von denen sich Schiffe auf dem Meer<br />
ziehen lassen können, um Energie zu spa-<br />
ren. Das erste kommerzielle Frachtschiff<br />
mit solch e<strong>in</strong>em zusätzlichen Zugdrachen-<br />
antrieb ist bereits seit Dezember auf See.<br />
Das alles stimmt Ingrid Göpfert, Profes-<br />
sor<strong>in</strong> für Logistik an der Philipps-Universi-<br />
tät Marburg, zunächst e<strong>in</strong>mal optimistisch:<br />
„Manchmal s<strong>in</strong>d es schier aussichtslose<br />
Situationen, die erst geniale Ideen hervor-<br />
br<strong>in</strong>gen lassen.“<br />
Trotz der aufziehenden Gefahren reagiert<br />
die Industrie bislang aber nur zögerlich<br />
auf die aktuelle Situation und mögliche<br />
Perspektiven. Nach E<strong>in</strong>schätzung der Lo-<br />
gistikexperten der Berenberg Bank neig-<br />
ten viele Manager e<strong>in</strong>fach dazu, weiter-<br />
h<strong>in</strong> strategische Zickzackkurse zu fahren.<br />
Trotz zweier Ölkrisen, der Golfkriege und<br />
dem absehbaren Ende der Ölförderung<br />
ließe sich kaum e<strong>in</strong>e Neuausrichtung als<br />
Antwort auf wechselnde Energietrends<br />
erkennen. Das Fazit der Banker: <strong>Die</strong> meis-<br />
ten Manager schauen e<strong>in</strong>fach nur zu und<br />
warten ab.
pwc: Titel<br />
„Das kommunistische Land wandelt sich von der<br />
billigen Werkbank zur Wirtschaftsnation.“<br />
Klaus-<strong>Die</strong>ter Ruske, Logistikexperte bei PwC<br />
pwc: | april 200
Szenario 2<br />
Der rote Riese holt<br />
langsam auf<br />
Ch<strong>in</strong>a ist ke<strong>in</strong> Billiglohnland mehr und lässt selbst <strong>in</strong> Vietnam, Indonesien oder<br />
Malaysia produzieren. <strong>Die</strong> Logistikunternehmen profitieren davon.<br />
Von Susanne Osadnik<br />
Nach 10.000 Kilometern und 15 Tagen<br />
Fahrzeit erreicht der 700 Meter lange Pe-<br />
k<strong>in</strong>g-Hamburg-Conta<strong>in</strong>er-Express die Han-<br />
sestadt. Auf dem Schiff wären die Conta<strong>in</strong>er<br />
34 Tage unterwegs gewesen. <strong>Die</strong> Deut-<br />
sche Bahn hat gezeigt, dass die Schiene<br />
schneller ist als das Schiff. „Zum Ende des<br />
Jahrzehnts streben wir die Aufnahme ei-<br />
nes regelmäßigen Güterverkehrs auf dieser<br />
Achse an“, verkündet Bahn-Chef Hartmut<br />
Mehdorn. <strong>Die</strong> Öffnung der neuen Logistik-<br />
strecke über die eurasische Landbrücke<br />
schreckt Deutschlands Reeder und Hafen-<br />
betreiber nicht. Sie bleiben die dom<strong>in</strong>ieren-<br />
de Macht <strong>in</strong> der Ch<strong>in</strong>a-Logistik. 8 Contai-<br />
ner passen maximal auf e<strong>in</strong>en Zug. 13.000<br />
heute schon auf e<strong>in</strong>en Frachter. <strong>Die</strong> Bahn<br />
wird nur die letzte Lücke im Angebot fül-<br />
len: Güter transportieren, die relativ schnell<br />
nach Westeuropa kommen müssen, deren<br />
Transportkosten aber überschaubar bleiben:<br />
Aktionswaren der Mode- und der Elektronik-<br />
<strong>in</strong>dustrie.<br />
<strong>Die</strong> Reeder schlagen längst e<strong>in</strong> neues Ka-<br />
pitel im Handel mit dem Reich der Mitte<br />
auf: „Das kommunistische Land wandelt<br />
sich von der billigen Werkbank zur prospe-<br />
rierenden Wirtschaftsnation“, sagt Klaus-<br />
<strong>Die</strong>ter Ruske, Logistikexperte bei Price-<br />
waterhouseCoopers (PwC). „<strong>Die</strong> Zeit der<br />
niedrigen Löhne <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a ist vorbei.“ Um<br />
10 Prozent stiegen die Gehälter ch<strong>in</strong>esi-<br />
scher Arbeiter 2007, meldet die nationa-<br />
le Statistikbehörde. Nach e<strong>in</strong>er Studie von<br />
Deutsche Bank Research s<strong>in</strong>d die Löhne<br />
e<strong>in</strong>facher Arbeiter <strong>in</strong> Schanghai bereits fast<br />
doppelt so hoch wie <strong>in</strong> Indonesien, Thai-<br />
land und Vietnam. „Um ihren Kunden wei-<br />
terh<strong>in</strong> kostengünstige Waren bieten zu<br />
können, lagern ch<strong>in</strong>esische Unternehmen<br />
deshalb immer mehr Produktionstätigkei-<br />
ten <strong>in</strong> andere asiatische Länder aus“, sagt<br />
Steffen Dyck, Economist Emerg<strong>in</strong>g Mar-<br />
kets bei DB Research. „Der Aufstieg Ch<strong>in</strong>as<br />
vom Billiglohnland zur <strong>Welt</strong>wirtschaftsnation<br />
wird <strong>in</strong> den kommenden Jahren das globa-<br />
pwc: | april 2008<br />
le Transportaufkommen vermutlich deut-<br />
lich steigern.“ Und für Logistiker neue und<br />
mehr Handelsrouten eröffnen. „Früher wur-<br />
den nur Rohstoffe nach Ch<strong>in</strong>a verfrachtet<br />
und von dort Fertigwaren gen Westeuropa<br />
und Nordamerika transportiert“, sagt Ruske.<br />
Jetzt müssen Waren aus den ch<strong>in</strong>esischen<br />
Produktionsstätten <strong>in</strong> Indonesien, Malaysia,<br />
den Philipp<strong>in</strong>en, Vietnam und Kambodscha<br />
nach Ch<strong>in</strong>a gebracht werden, um sie dann<br />
<strong>in</strong> alle <strong>Welt</strong> weiterzuverteilen.<br />
Wie drastisch sich die Außenhandelsbilanz<br />
des roten Riesen verändert hat, zeigt das<br />
Beispiel der Philipp<strong>in</strong>en: Immer mehr ch<strong>in</strong>esische<br />
Unternehmen lassen MP3-Player,<br />
Stereoanlagen und Telefone <strong>in</strong> Fabriken auf<br />
dem Pazifikarchipel fertigen. Von 2000 bis<br />
2007 stieg das Handelsvolumen zwischen<br />
Ch<strong>in</strong>a und dem Inselstaat von 3,14 auf<br />
30,62 Milliarden Dollar. In Schanghai ist die<br />
Port Authority dabei, Ch<strong>in</strong>as größten Hafen<br />
zur zentralen Logistikdrehscheibe auszubauen.<br />
In den kommenden Jahren werden<br />
zusätzlich zu den großen Conta<strong>in</strong>erschiffen<br />
jede Menge Feederschiffe, das s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>e<br />
Verteilerfrachter, den Hafen ansteuern – mit<br />
Fertigwaren, die ch<strong>in</strong>esische Unternehmen<br />
produzieren ließen. „In e<strong>in</strong> bis zwei Jahren<br />
wird mehr als die Hälfte der Conta<strong>in</strong>erverladungen<br />
<strong>in</strong> Schanghai auf Feederschiffe<br />
entfallen“, prognostiziert das Shanghai Port<br />
and Shipp<strong>in</strong>g Bureau.<br />
Wirtschaftswachstum <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a<br />
Brutto<strong>in</strong>landsprodukt, Veränderung zum Vorjahr <strong>in</strong> Prozent<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
* Prognosen<br />
7,6<br />
8,4<br />
Quelle: Bundesagentur für Außenwirtschaft (BFAI)<br />
8,3<br />
9,1<br />
2003 10<br />
Längst s<strong>in</strong>d deutsche Logistiker auch mit<br />
Ch<strong>in</strong>as neuen Wirtschaftspartnern vertraut.<br />
Etwa durch Textilunternehmen wie<br />
S. Oliver, das zwar 80 Prozent se<strong>in</strong>er Waren<br />
<strong>in</strong> Asien, dort jedoch vor allem <strong>in</strong> Indien<br />
und Indonesien fertigen lässt. „Ch<strong>in</strong>a<br />
ist politisch risikobehaftet“, sagt Hans-Peter<br />
Hiemer, Geschäftsführer Produktion bei<br />
S. Oliver. „Wenn wir viele Standorte gleich-<br />
zeitig nutzen, können wir jederzeit relativ<br />
problemlos Produktionen umstellen.“ Und<br />
die Logistiker s<strong>in</strong>d ohneh<strong>in</strong> schon überall<br />
vertreten. Sie ziehen mit der Handelskara-<br />
wane weiter, so Thomas Böcher, Geschäfts-<br />
führer des Schiffsfonds<strong>in</strong>itiators Norddeut-<br />
sche Vermögensanlage. Er geht davon aus,<br />
dass auch Malaysia und Vietnam nur vor-<br />
übergehend billige Werkbankländer se<strong>in</strong><br />
werden. „Sobald auch <strong>in</strong> diesen Ländern<br />
die Löhne steigen, werden sich neue güns-<br />
tige Produktionsstandorte etablieren – viel-<br />
leicht sogar <strong>in</strong> Afrika.“ Auch wenn das noch<br />
Jahrzehnte dauern wird – den Logistikern<br />
ist es nur recht, wenn der Lebensstandard<br />
<strong>in</strong> möglichst vielen Ländern steigt. „Bis-<br />
lang fuhren die Conta<strong>in</strong>erfrachter von Eu-<br />
ropa meist leer nach Ch<strong>in</strong>a zurück“, sagt<br />
Hanspeter Stabenau, Logistikexperte der<br />
Stadt Bremen. Das werde sich aber ändern,<br />
me<strong>in</strong>t Stabenau: „Mit steigendem Konsum<br />
<strong>in</strong> Asien s<strong>in</strong>d auch unsere Waren <strong>in</strong>teres-<br />
santer. Und dann werden die Louis-Vuitton-<br />
Taschen eben dort verkauft.“<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007*<br />
2008*<br />
10,1<br />
10,4<br />
11,1<br />
11,6<br />
10,9
pwc: Titel<br />
Szenario 3<br />
Im Fadenkreuz<br />
des Terrors<br />
Wenn Attentäter logistische Brennpunkte wie Häfen, Flughäfen oder Logistikzentren<br />
lahmlegen, könnte der gesamte <strong>Welt</strong>handel zum Erliegen kommen.<br />
Von Alexander He<strong>in</strong>tze<br />
„Der Ausfall e<strong>in</strong>es Hafens hätte fatale Folgen,<br />
da man Millionen Menschen von der Versorgungskette<br />
abschneidet.“<br />
Christopher Jahns, European Bus<strong>in</strong>ess School Oestrich-W<strong>in</strong>kel<br />
10 pwc: | april 2008
Terroralarm im Rostocker Ostseehafen. Per<br />
Fähre über Russland und F<strong>in</strong>nland soll e<strong>in</strong><br />
Lastwagen mit bis zu e<strong>in</strong>er Tonne Spreng<br />
stoff auf dem Weg se<strong>in</strong>. Letztendlich ent<br />
puppte sich diese Meldung, die Mitte<br />
Januar über die Nachrichtenticker lief, nur<br />
als Gerücht. Doch die Angst wächst, dass<br />
Terroristen Conta<strong>in</strong>erschiffe oder Tanker<br />
als Waffen missbrauchen und damit gan<br />
ze Häfen lahmlegen könnten. Angriffe auf<br />
die Häfen dieser <strong>Welt</strong>, auf Frachtflughäfen<br />
oder Logistikzentren? Christopher Jahns,<br />
Logistikexperte und Rektor der European<br />
Bus<strong>in</strong>ess School (EBS), kann sich so e<strong>in</strong><br />
Szenario durchaus vorstellen. „E<strong>in</strong> solcher<br />
Angriff wäre vergleichbar mit den Anschlägen<br />
auf das World Trade Center und<br />
was die wirtschaftlichen Folgen anbelangt<br />
vielleicht sogar noch dramatischer“, sagt<br />
Jahns. Der Ausfall e<strong>in</strong>es Hafens oder e<strong>in</strong>es<br />
großen Luftdrehkreuzes hätte fatale Folgen.<br />
„Man schneidet Millionen Menschen von der<br />
Versorgungskette ab“, so Jahns.<br />
Auch die Politik beschäftigt sich weltweit<br />
mit derartigen Horrorszenarien, deren Um<br />
setzung die Wirtschaft empf<strong>in</strong>dlich treffen<br />
könnten. Im Mittelpunkt dabei: Terroranschläge,<br />
bei denen mit Sprengstoff<br />
beladene Schiffe e<strong>in</strong>gesetzt werden. <strong>Die</strong><br />
USA gehen bei ihren Gedankenspielen noch<br />
e<strong>in</strong>en Schritt weiter. Nach dem 11. September<br />
wurden Szenarien entwickelt, bei denen<br />
e<strong>in</strong> mit radioaktivem Staub beladener Conta<strong>in</strong>er<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hafen explodiert. Da 95 Prozent<br />
aller Importwaren per Conta<strong>in</strong>er <strong>in</strong> die<br />
USA e<strong>in</strong>geführt werden, wäre die Wirkung<br />
verheerend. Noch schlimmer wären die Folgen,<br />
wenn sich e<strong>in</strong> solcher Anschlag <strong>in</strong> Asien<br />
abspielte: Acht der zehn größten Häfen<br />
liegen <strong>in</strong> Mittel und Fernost.<br />
<strong>Die</strong> Länder Ostasiens s<strong>in</strong>d allesamt stark<br />
abhängig vom Ölimport, der Rest der <strong>Welt</strong><br />
wiederum bezieht e<strong>in</strong>en Großteil der Massenprodukte<br />
von dort. E<strong>in</strong>e Unterbrechung<br />
durch e<strong>in</strong>en Anschlag würde deshalb den<br />
<strong>Welt</strong>handel empf<strong>in</strong>dlich e<strong>in</strong>brechen lassen.<br />
Expertenschätzungen zufolge dürfte alle<strong>in</strong><br />
die Schließung des weltgrößten Hafens <strong>in</strong><br />
S<strong>in</strong>gapur jährlich über 200 Milliarden Dollar<br />
kosten. So groß die <strong>Welt</strong>meere auch<br />
s<strong>in</strong>d, die großen Wasserstraßen s<strong>in</strong>d dennoch<br />
vor terroristischen Angriffen ebenfalls<br />
nicht gefeit. Denn die meisten Tanker, Conta<strong>in</strong>erschiffe<br />
und Massengutfrachter zwängen<br />
sich durch wenige Nadelöhre. <strong>Die</strong> Straße<br />
von Hormus ist die Lebensader für den<br />
Ölexport nach Japan, <strong>in</strong> die USA und nach<br />
Westeuropa. Ebenso die BabelMandab<br />
Passage, die das Rote Meer mit dem Golf<br />
von Aden verb<strong>in</strong>det. H<strong>in</strong>zu kommen Suesund<br />
Panamakanal, der Bosporus oder die<br />
Straße von Malakka.<br />
Um sich zu schützen, haben die Amerikaner<br />
e<strong>in</strong>e ganze Reihe von Sicherheitsvorschriften<br />
erlassen. <strong>Die</strong> Datenfülle, die<br />
die USBehörden von jedem E<strong>in</strong>reisenden<br />
abfordern, hat <strong>in</strong> vielen Ländern Kritik hervorgerufen.<br />
Deren Nutzen ist ungewiss:<br />
Bisher s<strong>in</strong>d zwar viele illegale E<strong>in</strong>wanderer<br />
dadurch gefasst worden, aber noch<br />
ke<strong>in</strong> Terrorist. Auch die Europäische Union<br />
hat sich vom Sicherheitsfieber anstecken<br />
lassen. Unternehmen müssen seit Januar<br />
nachweisen, dass Sicherheit für sie an<br />
erster Stelle steht. Wer all die Sicherheitsvorschriften<br />
e<strong>in</strong>halten will, muss vor allem<br />
e<strong>in</strong>es tun: tief <strong>in</strong> die Tasche greifen. <strong>Die</strong><br />
Zertifizierungs und Sicherheitsfirma Det<br />
Norske Veritas (DNV) hat der EUKommission<br />
vorgerechnet, dass auf mittelständische<br />
Unternehmen Kosten von 130.000<br />
bis 300.000 Euro pro Jahr zukommen. Der<br />
Bundesverband des Deutschen Groß und<br />
Außenhandels (BGA) kritisiert die Maßnahmen<br />
nicht nur, weil sie teuer, sondern auch,<br />
weil sie aus se<strong>in</strong>er Sicht <strong>in</strong>effektiv s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong><br />
EU erwecke damit den E<strong>in</strong>druck, als sei<br />
„Was habe ich davon, wenn mir e<strong>in</strong> Röntgenmeister<br />
aus Dagestan die Unbedenklichkeit des Conta<strong>in</strong>ers<br />
bestätigt?“<br />
Christoph Seidelmann, Präsident der International Conta<strong>in</strong>er Security Organisation<br />
e<strong>in</strong>e umfassende Regulierung der Lieferkette<br />
das wirkungsvollste Mittel der Terrorabwehr,<br />
so der BGA. Dabei ließen sich<br />
Fahrer und deren Laster, die ungeh<strong>in</strong>dert<br />
mit Sprengstoff beladen auf Europas Straßen<br />
fahren können, gar nicht aufspüren.<br />
An den Sicherheitsideen, mit denen die<br />
Amerikaner dem Warenverkehr zu Leibe<br />
rücken, gibt es ebenfalls erheblichen<br />
Zweifel. So sollen nach den Vorstellungen<br />
der USHeimatschutzbehörde <strong>in</strong> naher<br />
Zukunft alle für die USA bestimmten<br />
Conta<strong>in</strong>er im Herkunftsland durchleuchtet<br />
werden. Im Hamburger Hafen steht<br />
bereits e<strong>in</strong>e mehr als 18 Millionen Euro<br />
teure Röntgenanlage. Jeder Conta<strong>in</strong>er<br />
oder Sattelzug, der den Amerikanern verdächtig<br />
ersche<strong>in</strong>t, muss da durch. Doch<br />
ob sich die USA damit wirklich schützen<br />
können, ist zweifelhaft. Gerade mal 1 Prozent<br />
der Conta<strong>in</strong>er im Hamburger Hafen<br />
wird tatsächlich gescannt. Conta<strong>in</strong>er, die<br />
aus Schwellenländern kommen, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />
weiteres Problem. „Was habe ich davon,<br />
wenn mir e<strong>in</strong> Röntgenmeister aus Dagestan<br />
die Unbedenklichkeit des Conta<strong>in</strong>ers<br />
bestätigt?“, fragt Christoph Seidelmann,<br />
Präsident der International Conta<strong>in</strong>er<br />
Security Organisation (ICSO) mit Sitz <strong>in</strong><br />
Brüssel. Korruption und mafiöse Banden,<br />
die mit Terroristen zusammenarbeiten,<br />
machten die Vorkehrungen <strong>in</strong> solchen<br />
Ländern h<strong>in</strong>fällig.<br />
In den Vere<strong>in</strong>igten Staaten selbst haben<br />
die Maßnahmen die Sicherheit <strong>in</strong> den Häfen<br />
aber zweifellos erhöht. <strong>Die</strong> Zahl der gestohlenen<br />
Conta<strong>in</strong>er ist <strong>in</strong> der letzten Zeit<br />
deutlich zurückgegangen, Mafiabanden und<br />
Schmuggler haben es sehr viel schwerer,<br />
ihre Geschäfte abzuwickeln. Verbrechensbekämpfung<br />
als Nebenprodukt der Terrorangst.<br />
pwc: | april 2008 11
pwc: Titel<br />
Autoterm<strong>in</strong>al <strong>in</strong> Bremerhaven (oben): Rund zwei Millionen Autos werden von hier aus jährlich verschifft. Bis 2012 will die BLG Logistics<br />
Group das Gelände ausbauen. Auch das Hochregal-Lager von Tchibo <strong>in</strong> Bremen (unten) ist gigantisch: Es ist so groß wie 22 Fußballfelder.<br />
12 pwc: | april 2008
Mehr als transportfähig<br />
Logistikunternehmen bieten viel mehr als den bloßen Transport. Was sie sonst<br />
noch können, zeigen die Beispiele BLG Logistics und Tchibo.<br />
Von Wolfgang Kiesel<br />
Napoleon gilt als ihr Erf<strong>in</strong>der, und die Militärs<br />
haben sie kultiviert: die Logistik. <strong>Die</strong> Armeen<br />
dieser <strong>Welt</strong> verfügen allesamt <strong>in</strong>zwischen<br />
über mehr Nachschubsoldaten als kämp-<br />
fende Truppen. In der Wirtschaft hat Logis-<br />
tik neben dem Transport e<strong>in</strong>e andere Be-<br />
deutung: Sie ist oftmals Teil der Produktion.<br />
„Lean Production“ ist das Stichwort, unter<br />
dem Just-<strong>in</strong>-Time-Komponenten direkt aufs<br />
Fertigungsband bei Autos, Fernsehern oder<br />
IT-Produkten gesetzt werden. <strong>Die</strong> Folge: we-<br />
niger Lager- und Personalkosten, weniger<br />
überflüssige Transporte. Zwei Beispiele.<br />
BLG Logistics<br />
Im Technikzentrum für den Automobil-Im-<br />
und Export <strong>in</strong> Bremerhaven, das gerade<br />
e<strong>in</strong>e eigene Teststrecke erhält, baut das<br />
Logistikunternehmen BLG bei hochwertigen<br />
Mercedes-AMG-Pkw das Soundsystem e<strong>in</strong><br />
und entfernt die Geschw<strong>in</strong>digkeitsbegren-<br />
zung. In Brasilien hat das Unternehmen<br />
die Werkslogistik für die dortige Produkti-<br />
on des Mercedes-Coupé vom Typ CL 203<br />
übernommen. Damit das Werk überhaupt<br />
montieren kann, sammelt das Logistics<br />
Center <strong>in</strong> Bremen etwa 2.000 unterschied-<br />
liche Fahrzeugteile von 250 verschiedenen<br />
Zulieferern – jährlich etwa 3.000 Standard-<br />
conta<strong>in</strong>er – und organisiert die Verschif-<br />
fung nach Südamerika. Im Mercedes-Werk<br />
<strong>in</strong> Juiz de Fora, <strong>in</strong> der Nähe von Rio, wer-<br />
den die Conta<strong>in</strong>er entladen und die Teile<br />
<strong>in</strong> die Montage e<strong>in</strong>gebracht. <strong>Die</strong> fertigen<br />
Fahrzeuge gehen ausschließlich <strong>in</strong> den Ex-<br />
port, vorwiegend nach Europa. Vergleich-<br />
bares passiert mit der Mercedes-C-Klasse<br />
<strong>in</strong> Südafrika: Sammeln der Teile <strong>in</strong> Bremen,<br />
Organisation des Transports <strong>in</strong>s Werk und<br />
Distribution der Fertigfahrzeuge, die auch<br />
dort ganz wesentlich <strong>in</strong> den Export gehen.<br />
Aus Asien kommen die Kabelbäume für den<br />
Ford Escort <strong>in</strong> Conta<strong>in</strong>ern nach Südafrika,<br />
wo BLG Logistics die komplette Abwick-<br />
lung übernimmt. Bis zum Umpacken der<br />
Kabelbäume <strong>in</strong> die Produktionsbehälter und<br />
der E<strong>in</strong>lagerung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Pufferlager im Werk.<br />
Ähnlich sieht es <strong>in</strong> Malaysia aus, wo BLG<br />
für BMW Bausätze <strong>in</strong> Empfang nimmt, den<br />
Transport <strong>in</strong>s BMW-Werk <strong>in</strong> Shah Alam orga-<br />
nisiert, von dort die Fertigfahrzeuge verlädt<br />
und sogar für die Auslieferung zuständig ist.<br />
Tchibo<br />
E<strong>in</strong>es der komplexesten Logistiksysteme<br />
kommt aus dem Hause Tchibo. „Jede Wo-<br />
che e<strong>in</strong>e neue <strong>Welt</strong>“, verspricht der Kaffee-<br />
konzern, der selbst das Ergebnis e<strong>in</strong>er<br />
Logistikrevolution ist. 1949, als Kaffee noch<br />
als Luxusartikel galt, setzte Tchibo auf e<strong>in</strong>e<br />
<strong>Die</strong> Top Ten der Logistik 2007<br />
Rang Unternehmen<br />
1<br />
Dt. Post World Net (D)<br />
2<br />
United Parcel Service (USA)<br />
3<br />
Fedex (USA)<br />
4<br />
Maersk A/S (Dänemark)<br />
5<br />
Deutsche Bahn (D)<br />
(<strong>in</strong>kl. Schenker und Bax)<br />
6<br />
Ch<strong>in</strong>. Staatsbahn (Ch<strong>in</strong>a)<br />
7<br />
RZB (Russland)<br />
8<br />
NYK L<strong>in</strong>e (Japan)<br />
9<br />
Union Pacific (USA)<br />
10 Nippon Express (Japan)<br />
Quelle: Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Technologien der Logistik-<br />
<strong>Die</strong>nstleistungswirtschaft (ATL)<br />
Logistik ist e<strong>in</strong>e Schlüsselbranche für die<br />
Globalisierung. Im Spannungsfeld zwischen<br />
Kostendruck und Produktionssicherheit<br />
verändern logistische Ideen die <strong>Welt</strong>wirtschaft.<br />
neue Logistik-Idee: Den frisch geröste-<br />
ten Bohnenkaffee brachte der Briefträger<br />
der Deutschen Bundespost <strong>in</strong>s Haus. Was<br />
heute <strong>in</strong> den Regalen von mehr als 60.000<br />
Tchibo-Shops liegt, hat nicht mehr unbe-<br />
d<strong>in</strong>gt etwas mit Kaffee zu tun. Kosmetik,<br />
Garten- und Haushaltsgeräte, Textilien und<br />
Spielzeug, die E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> die Tchibo-Filialen<br />
gehalten haben, kommen weitgehend aus<br />
Fernost und tragen jährlich rund 3,5 Milliar-<br />
den Euro zum Umsatz bei. Nach Deutsch-<br />
land kommt die Ware jährlich <strong>in</strong> etwa 20.000<br />
Standardconta<strong>in</strong>ern. 24 Monate dauert es,<br />
bis e<strong>in</strong> Tchibo-Produkt alle Stadien von Pla-<br />
nung, Produktion und Transport durchlaufen<br />
hat. Dabei setzt der Tchibo-Cheflogistiker<br />
Kay Middendorf schon seit den 90er-Jahren<br />
auf B<strong>in</strong>nenschiffs- und Schienenkonzepte.<br />
Der Straßentransport dient nur für die letzten<br />
Glieder der Lieferkette.<br />
Seit e<strong>in</strong>em Jahr hat sich das Unternehmen<br />
auch die Reduzierung von CO2-Emissionen<br />
der eigenen Transportketten auf die<br />
Fahne geschrieben und e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />
Projekt mit dem Bundesumweltm<strong>in</strong>isterium<br />
und der Technischen Universität Hamburg<br />
gestartet: Ziel ist es, von der Warenbeschaffung<br />
bis zur Auslieferung der Produkte neue<br />
Lösungen zu entwickeln, die die Umwelt<br />
nachhaltig schonen und Ressourcen sparen.<br />
„Jeder e<strong>in</strong>zelne Prozess <strong>in</strong> der Beschaffungs-<br />
und Transportkette wird h<strong>in</strong>sichtlich<br />
se<strong>in</strong>er Ressourcen- und Klimarelevanz<br />
überprüft“, so Middendorf. Etwa der E<strong>in</strong>satz<br />
neuer Technologien bei Überseetransporten<br />
genauso wie auch die Nutzung alternativer<br />
Antriebsformen wie zum Beispiel Wasserstoff.<br />
Kontakt<br />
klaus-dieter.ruske@de.pwc.com<br />
Tel. 0211 981-2877<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc273<br />
pwc: | april 2008 13
pwc: Titel<br />
„Deutsche Logistiker<br />
s<strong>in</strong>d weltweit spitze“<br />
Detthold Aden, der Vorstandsvorsitzende der Bremer BLG Logistics Group,<br />
über Visionen und Sp<strong>in</strong>nereien <strong>in</strong> der <strong>Welt</strong> der Logistik.<br />
Von Alexander He<strong>in</strong>tze<br />
„Unterirdische, automatisierte Transportbänder s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong>e reizvolle Vorstellung, aber nicht f<strong>in</strong>anzierbar.“<br />
14 pwc: | april 2008
pwc: Dubai, Ch<strong>in</strong>a, Indien – vor allem die arabischen und asiati<br />
schen Länder bauen ihre Logistikstrukturen aus. Welche Auswir<br />
kungen hat das auf die <strong>in</strong>ternationalen Logistikströme?<br />
Aden: In der Summe bedeutet das immer Wachstum. <strong>Die</strong> Nach<br />
frage nach Logistikdienstleistungen leitet sich aus dem <strong>Welt</strong><br />
wirtschaftsgeschehen ab. Überall dort, wo neue Produktions<br />
kapazität und neue Nachfrage entstehen, ist die Logistik gefragt.<br />
Globalisierung heißt <strong>in</strong>ternational zunehmende Arbeitsteilung, da<br />
mit steigendes <strong>Welt</strong>handelsvolumen und noch mehr Logistik.<br />
Kann Deutschland davon profitieren oder ist das eher e<strong>in</strong>e Ge<br />
fahr?<br />
Wo immer ich h<strong>in</strong>komme, treffe ich auf Logistiker aus Deutsch<br />
land. Gerade auch <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, Indien, Dubai und anderen auf<br />
strebenden Ländern der <strong>Welt</strong>. Unser Knowhow ist gefragt. E<strong>in</strong><br />
sichtbares Zeichen dafür ist die wachsende Zahl deutscher En<br />
gagements auf der <strong>Welt</strong> – ob mit eigenen Niederlassungen, Jo<strong>in</strong>t<br />
Ventures, Kooperationen oder strategischen Allianzen.<br />
Welche Veränderungen bei den Transportwegen und Transport<br />
mitteln zieht das nach sich?<br />
Rund 99 Prozent der <strong>in</strong>terkont<strong>in</strong>entalen Warenströme laufen über<br />
die Seewege. Der Conta<strong>in</strong>er bietet dabei die wesentliche physi<br />
sche Basis und e<strong>in</strong> sehr gutes PreisLeistungsVerhältnis. Das<br />
wird sich <strong>in</strong> absehbarer Zeit nicht ändern. Innerhalb der Konti<br />
nente müssen wir Schiene, Straße und Wasser nicht nur ausbau<br />
en, sondern auch <strong>in</strong>telligent mite<strong>in</strong>ander vernetzen, damit unsere<br />
Wachstumspotenziale nicht im Verkehrschaos versickern. Aber<br />
die Prozesse werden immer <strong>in</strong>telligenter – gestützt auf zukunfts<br />
orientierte ITSysteme und vor allem auf gut ausgebildete Fach<br />
kräfte <strong>in</strong> der Logistik.<br />
Was s<strong>in</strong>d die Transportmittel der Zukunft, auf die Unternehmen<br />
setzen müssen?<br />
Es gibt sogenannte Visionäre, die sehen Waren, die von Geister<br />
hand gelenkt durch den Orbit gebeamt werden. „Straßen, Schie<br />
nen, Wasser? Alles überflüssig!“ Bleiben wir auf dem Teppich.<br />
Straße, Schiene und Wasser werden auch langfristig die Ver<br />
kehrsträger der Güterströme se<strong>in</strong>. Unterirdische, automatisierte<br />
Transportbänder oder überirdische Systeme mit Seilbahnen s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong>e reizvolle Vorstellung, aber nicht f<strong>in</strong>anzierbar. Pipel<strong>in</strong>es eignen<br />
sich zurzeit leider nur für flüssige Rohstoffe. Das Flugzeug behält<br />
se<strong>in</strong>e Stärke im schnellen Personentransport. Noch stärkere<br />
Bedeutung kommt dem weltumspannenden Datentransfer zu.<br />
Aber der Begriff Datenautobahn existiert ja auch heute schon.<br />
E<strong>in</strong>e logistische Revolution ist nicht zu sehen, wohl aber e<strong>in</strong>e<br />
schnelle Evolution. In der Logistik ist Tempo wichtig. Mit Stan<br />
dardleistungen lassen sich ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>novativen Logistikprozesse<br />
gestalten.<br />
Wo sehen Sie Ihre Zukunftsmärkte?<br />
Schauen wir nur mal e<strong>in</strong> paar Jahre zurück. Vor 2002 hat nie<br />
mand die Entwicklung <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a so prognostiziert. Nun zeigt auch<br />
Indien e<strong>in</strong>e ähnliche Entwicklung. Das hat ebenfalls so niemand<br />
vorhergesehen. Wenn wir Aufschluss über die Potenziale haben<br />
wollen, dann müssen wir uns die Erdteile oder die Länder anse<br />
hen, die heute <strong>in</strong>dustriell noch weitgehend brachliegen. Das s<strong>in</strong>d<br />
vor allem weitere Teile Südostasiens und Südamerikas sowie gro<br />
ße Teile Afrikas. Auch diese werden sich zunehmend <strong>in</strong> die <strong>in</strong>ter<br />
nationale Arbeitsteilung e<strong>in</strong>gliedern. <strong>Die</strong> Anfänge s<strong>in</strong>d längst ge<br />
macht. <strong>Die</strong> Frage ist, wie schnell sich diese Prozesse vollziehen<br />
werden. Das lässt Spielraum für Spekulationen. Tatsache ist je<br />
doch, dass relativ sichere politische und gesellschaftliche Verhält<br />
nisse die wirtschaftliche Entwicklung immer beflügeln. Aktuell auf<br />
gutem Kurs sehe ich Teile Südosteuropas und auch Russland.<br />
<strong>Die</strong> ökologische Diskussion hat die Logistik erreicht. Wie kann<br />
die Logistik zum Thema Umweltschutz beitragen?<br />
E<strong>in</strong> wichtiger Schritt ist die Vermeidung von Staus durch den<br />
zielgerichteten Ausbau der Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur. Mit <strong>in</strong>telligen<br />
ter Lenkung lassen sich Verkehre verstetigen. E<strong>in</strong>e Mautspreizung<br />
würde den Güterverkehr entzerren – zum Beispiel günstigere Sät<br />
ze <strong>in</strong> der Nacht und auf weniger frequentierten Strecken, Anhe<br />
bung der Maut zu anderen Zeiten und auf stark belasteten Stre<br />
cken. Nachdenken muss man über e<strong>in</strong> generelles Überholverbot<br />
für Lkw auf zweistreifigen Autobahnen, eventuell verbunden mit<br />
e<strong>in</strong>er Geschw<strong>in</strong>digkeitsbegrenzung für Pkw. Erfolgreiche Versu<br />
che gibt es schon <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>Westfalen und <strong>in</strong> Niedersachsen.<br />
Beim Ausbau der Bahn<strong>in</strong>frastruktur muss der Güterverkehr im<br />
Vordergrund stehen. Dadurch lässt sich der Anteil der Bahn stär<br />
pwc: | april 2008 15<br />
ken.<br />
Welche Zukunftskonzepte werden diskutiert und welche haben <strong>in</strong><br />
Ihren Augen wirklich Chancen auf e<strong>in</strong>e Umsetzung?<br />
Hybridmotoren gehören zu den neuen Antrieben, die auch im Lkw<br />
Anwendung f<strong>in</strong>den können. Segel für Frachtschiffe s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Er<br />
probung. Sie können zur Unterstützung <strong>in</strong> w<strong>in</strong>dsicheren Regionen<br />
genutzt werden, wenn der W<strong>in</strong>d aus der richtigen Richtung weht.<br />
Geschw<strong>in</strong>digkeitsreduzierungen bei Frachtschiffen zeigen bereits<br />
überproportionale Wirkung. Gleichmäßige Geschw<strong>in</strong>digkeiten bei<br />
Motorfahrzeugen im Teillastbetrieb ebenso.<br />
Nach Me<strong>in</strong>ung des Logistikforschers Hau L. Lee von der Stanford<br />
University reicht „schnell und billig“ nicht mehr aus. Wie sieht die<br />
Logistik der Zukunft aus?<br />
Das PreisLeistungsVerhältnis ist immer e<strong>in</strong> Kriterium. Im Vor<br />
dergrund steht aber nicht „schnell und billig“, sondern „preisgüns<br />
tig und zuverlässig“. Zum Beispiel kommt es bei der Bestückung<br />
e<strong>in</strong>er Automobilproduktion mit Tausenden unterschiedlichen Bau<br />
teilen nicht darauf an, ob diese Teile Stunden, Tage oder Wochen<br />
unterwegs s<strong>in</strong>d, sondern, dass alle Teile <strong>in</strong> der richtigen Qualität<br />
zur richtigen Zeit <strong>in</strong> der richtigen Zahl am richtigen Arbeitsplatz<br />
<strong>in</strong> der Montage verfügbar s<strong>in</strong>d. H<strong>in</strong>sichtlich der Zukunft müssen<br />
die Logistiker im Interesse ihrer Kunden e<strong>in</strong>e noch ausgefeiltere<br />
<strong>Die</strong>nstleistungstiefe bieten, die Steuerungsprozesse weiter per<br />
fektionieren und noch transparenter gestalten.<br />
Welche Rolle wird Deutschland künftig <strong>in</strong> der Logistik spielen?<br />
Weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e sehr starke. Als Exportweltmeister und e<strong>in</strong>er der<br />
größten Kunden des <strong>Welt</strong>markts spielen wir im globalen Handel<br />
e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle. Unser Außenhandelsvolumen von über<br />
1,7 Billionen Euro im vergangenen Jahr belegt das e<strong>in</strong>drucksvoll.<br />
Deutschland ist Schrittmacher und Nutznießer der Globalisie<br />
rung. <strong>Die</strong> deutschen Logistiker s<strong>in</strong>d weltweit spitze. Durch die EU<br />
Osterweiterung s<strong>in</strong>d wir von e<strong>in</strong>er geografischen Randlage <strong>in</strong>s<br />
Zentrum gerückt. Das hat unsere Drehscheibenfunktion für weite<br />
Teile Europas weiter gestärkt. Zudem sorgt die ökonomische Ent<br />
wicklung <strong>in</strong> Russland für zunehmende logistische Impulse. Ch<strong>in</strong>a,<br />
Indien, Teile Südostasiens und Südamerikas sowie auch Afrikas<br />
s<strong>in</strong>d neue Wachstumsmärkte, die auf den <strong>Welt</strong>markt streben und<br />
gleichzeitig Kunden des <strong>Welt</strong>markts s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> Grenzen des logisti<br />
schen Spielfelds s<strong>in</strong>d noch längst nicht abgesteckt.
pwc: Märkte<br />
Zweigeteiltes Land<br />
Viele Städte und Geme<strong>in</strong>den unternehmen zu wenig, um neue Firmen anzu-<br />
siedeln. Sie vergeben damit die Chance auf mehr Beschäftigung. Beson-<br />
ders <strong>in</strong> der Mitte Deutschlands gibt es zu wenig Gründungsdynamik. Das<br />
ergab e<strong>in</strong>e Untersuchung des Hamburgischen <strong>Welt</strong>wirtschafts<strong>in</strong>stituts<br />
(HWWI) im Auftrag von PwC. Ausgewertet wurden Handelsregister-<br />
daten von vier Millionen Unternehmen. <strong>Die</strong> auf Basis dieser Daten er-<br />
mittelte sogenannte Gründerrendite zeigt das regionale Jobwachstum<br />
durch Unternehmensgründungen, bere<strong>in</strong>igt um Firmenlöschungen.<br />
Das Ergebnis: Deutschland ist zweigeteilt <strong>in</strong> Nord und Süd. Für jun-<br />
ge Unternehmer ist der Süden besonders attraktiv. Dort entstehen<br />
die meisten Arbeitsplätze durch neu angesiedelte Firmen. In den<br />
Landkreisen München und Starnberg stieg die Zahl neuer Jobs 2007<br />
um jeweils 1,46 Prozent. Überraschend<br />
gut schneidet auch Mecklenburg-Vorpommern<br />
ab, während die Wachstumslokomotive<br />
Sachsen verliert. Für Wolfgang Wagner,<br />
Leiter des Public Sector bei PwC, s<strong>in</strong>d die<br />
hellen Flecken auf der Karte e<strong>in</strong> Warnsignal: - 0,51<br />
0,48<br />
„<strong>Die</strong> Städte und Geme<strong>in</strong>den müssen sich<br />
0,06<br />
0,71<br />
fragen, ob sie e<strong>in</strong> optimales Umfeld für<br />
0,25<br />
1,46<br />
Firmengründer bieten.“<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc274<br />
Stahlharte Deals<br />
Wo das Jobwunder<br />
zu Hause ist<br />
Beschäftigungsentwicklung<br />
2007 <strong>in</strong> Prozent*<br />
* neue Jobs durch Firmenansiedlungen,<br />
abzüglich des Jobabbaus durch Firmenlöschungen<br />
Quelle: PwC<br />
E<strong>in</strong>e beispiellose Fusionswelle hat den Stahl- und Alum<strong>in</strong>iumsektor<br />
erfasst. Seit Anfang 2007 hat es <strong>in</strong>sgesamt 120 Fusionen und<br />
Übernahmen gegeben. Grund dafür ist der Boom an den <strong>in</strong>ternationalen<br />
Rohstoffmärkten. <strong>Die</strong> gute <strong>Welt</strong>konjunktur und der kaum<br />
zu stillende Bedarf Ch<strong>in</strong>as und Indiens treiben die Nachfrage nach<br />
Rohstoffen wie Eisenerz kräftig an. Aber selbst durch den Zusammenschluss<br />
von Arcelor und Mittal oder Tata und Corus schon im<br />
Jahr 2006 kontrollieren die Unternehmen<br />
noch nicht die gesamte<br />
Branche. Denn „<strong>in</strong> der<br />
Stahlbranche verfügen die fünf<br />
größten Produzenten geme<strong>in</strong>sam<br />
über e<strong>in</strong>en Marktanteil<br />
von gerade e<strong>in</strong>mal 20 Prozent“,<br />
so Peter Albrecht, Leiter des<br />
Bereichs Industrielle Produktion<br />
bei PwC. Onl<strong>in</strong>e-Info:<br />
www.pwc.de/de/pwc275<br />
Ausverkauf der Stadtwerke<br />
<strong>Die</strong> oft desolate F<strong>in</strong>anzlage<br />
vieler Kommunen nährt die<br />
Diskussion, ob lokale Energieversorger<br />
privatisiert werden<br />
sollten. Wenn 2009 die Anreizregelung<br />
<strong>in</strong> Kraft tritt, die dazu<br />
beitragen soll, Ineffizienzen bei<br />
den Netzbetreibern abzubauen<br />
und Kosten zu sparen, gibt<br />
es weitere Argumente für e<strong>in</strong>en<br />
Verkauf. Denn die Energieversorger<br />
müssen dr<strong>in</strong>gend umstrukturieren. E<strong>in</strong>e PwC-Umfrage<br />
bei 202 deutschen Kommunen ergab jetzt: 86 Prozent der Städte<br />
und Geme<strong>in</strong>den erwarten e<strong>in</strong>e Verr<strong>in</strong>gerung der Renditen aus den<br />
Stadtwerkebeteiligungen <strong>in</strong>folge der Anreizregulierung. Vor diesem<br />
H<strong>in</strong>tergrund will mehr als e<strong>in</strong> Drittel der Befragten se<strong>in</strong>e Anteile an<br />
den Energieversorgern reduzieren. Das gilt vor allem für f<strong>in</strong>anzschwache<br />
Kommunen. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc276<br />
16 pwc: | april 2008
Autos made <strong>in</strong> Germany<br />
<strong>Die</strong> Automobilproduktion <strong>in</strong> Deutschland wächst <strong>in</strong> den kom-<br />
menden Jahren stärker als <strong>in</strong> jedem anderen Land der<br />
Europäischen Union. Laut e<strong>in</strong>er Prognose von PwC im<br />
Global Automotive F<strong>in</strong>ancial Review 2007 werden<br />
2014 <strong>in</strong>- und ausländische Hersteller hierzulande rund<br />
900.000 Autos mehr fertigen als 2006. „Steigende<br />
E<strong>in</strong>kommen <strong>in</strong> Schwellenländern wie Ch<strong>in</strong>a und Indien<br />
führen weltweit zu e<strong>in</strong>er höheren Nachfrage im Premium-<br />
segment. Von diesem Trend kann der Standort Deutschland<br />
überdurchschnittlich profitieren“, sagt Felix Kuhnert, Automotiv-<br />
experte bei PwC. Schon heute könnten deutsche Premium-<br />
hersteller bei manchen Modellen die Nachfrage <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a nicht mehr<br />
<strong>in</strong> vollem Umfang befriedigen. Global soll die Auto<strong>in</strong>dustrie laut PwC um 19,1 Prozent auf<br />
rund 77,6 Millionen produzierte Pkw im Jahr 2014 anwachsen. Auch wenn e<strong>in</strong> Großteil des<br />
erwarteten Zuwachses auf Boomstaaten wie Ch<strong>in</strong>a und Indien entfällt, tragen die Industrie-<br />
länder voraussichtlich gut e<strong>in</strong> Drittel zum Volumenanstieg bei. Bei den Autoherstellern wird<br />
Toyota weltgrößter Pkw-Hersteller bleiben. 2014 will das Unternehmen weltweit rund 11,5<br />
Millionen Autos fertigen und damit deutlich mehr als General Motors mit 9,8 Millionen Fahr-<br />
zeugen. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc277<br />
56 Arbeitstage<br />
pro Jahr kostet Unternehmen weltweit im Schnitt<br />
die Ermittlung ihrer Abgaben- und Steuerlast, ergab<br />
die PwC-Studie „Pay<strong>in</strong>g Taxes 2008“. Deutsche Fir-<br />
men brauchen dafür 196 Stunden, also 24,5 Tage.<br />
Alle<strong>in</strong> die Begleichung der Sozialabgaben erfor-<br />
dert 123 Stunden. <strong>Die</strong> Bearbeitung der Umsatz-<br />
steuer dauert 43 Stunden. 30 Stunden nimmt die<br />
Körperschaftsteuer <strong>in</strong> Anspruch.<br />
Deutsche Küche <strong>in</strong> Asien<br />
<strong>Die</strong> deutsche Ernährungs<strong>in</strong>dustrie nimmt<br />
die schnell wachsenden asiatischen Volks-<br />
wirtschaften kaum als Absatzmärkte wahr.<br />
Mehr als 90 Prozent der Unternehmen<br />
halten Europa auf absehbare Zeit für die<br />
wichtigste Exportregion, während kaum<br />
e<strong>in</strong>es der befragten Unternehmen e<strong>in</strong> Land<br />
<strong>in</strong> Asien zu se<strong>in</strong>en präferierten Zukunfts-<br />
märkten zählt. Das geht aus e<strong>in</strong>er aktuellen<br />
PwC-Studie hervor, die unter Mithilfe der<br />
Bundesvere<strong>in</strong>igung der Deutschen Ernäh-<br />
rungs<strong>in</strong>dustrie entstanden ist. Grund für die<br />
deutsche Zurückhaltung s<strong>in</strong>d hohe Zölle, E<strong>in</strong>fuhrbeschränkungen und das Konsumverhal-<br />
ten <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a oder Indien. Wer aber künftig dort erfolgreich se<strong>in</strong> will, müsse jetzt schon Prä-<br />
senz zeigen, so e<strong>in</strong> weiteres Studienergebnis. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc278<br />
Drei Fragen an ...<br />
... Norbert W<strong>in</strong>keljohann<br />
zur Zukunft von Familienunternehmen<br />
pwc: Bleibt das Familienunternehmen e<strong>in</strong><br />
Erfolgsmodell?<br />
W<strong>in</strong>keljohann: Unbed<strong>in</strong>gt. <strong>Die</strong> Mehrheit der<br />
von uns befragten Unternehmen ist opti-<br />
mistisch. Sie gehen von e<strong>in</strong>em Auftragsplus<br />
<strong>in</strong> diesem Jahr aus und setzen konsequent<br />
auf Wachstum.<br />
Was unterscheidet deutsche von auslän-<br />
dischen Firmen <strong>in</strong> Familienhand?<br />
Deutsche Unternehmen s<strong>in</strong>d viel technik-<br />
orientierter und wollen <strong>in</strong> Forschung und<br />
Entwicklung <strong>in</strong>vestieren, um wettbewerbs-<br />
fähig zu bleiben. Dabei bewerten sie den<br />
Wert ihrer Marke lange nicht so hoch wie<br />
ausländische Firmenbesitzer.<br />
In den kommenden Jahren stehen Eigen-<br />
tümerwechsel an. Wer übernimmt da wen?<br />
70 Prozent der Unternehmen streben e<strong>in</strong>e<br />
familien<strong>in</strong>terne Lösung an. Aber auch der<br />
Verkauf an das Management oder e<strong>in</strong>en<br />
Wettbewerber ist für die Mehrheit ke<strong>in</strong> Tabu.<br />
Norbert W<strong>in</strong>keljohann, PwC-Vorstandsmit-<br />
glied für den Bereich Mittelstand bei PwC.<br />
pwc: | april 2008 17
pwc: Märkte<br />
In den Vere<strong>in</strong>igten Arabischen Emiraten treffen Tradition und Moderne aufe<strong>in</strong>ander. Für die Bewohner ist das ke<strong>in</strong> Widerspruch. Trotz Öl<br />
milliarden und HightechBebauung wie hier <strong>in</strong> Dubai lieben die Emiratis das Dromedar als Reittier.<br />
18 pwc: | april 2008
Golf ohne Handicap<br />
<strong>Die</strong> Vere<strong>in</strong>igten Arabischen Emirate s<strong>in</strong>d der dynamischste Wirtschaftsstandort<br />
der <strong>Welt</strong>. Auch deutsche Unternehmen profitieren vom Boom <strong>in</strong> der Wüste.<br />
Von Michael Braun<br />
Wer heute am Dubai International Airport<br />
aus- oder umsteigt, nimmt an der buntes-<br />
ten Völkerwanderung der <strong>Welt</strong> teil. Dubai,<br />
die aufstrebende Wirtschaftsmetropole, ist<br />
e<strong>in</strong> Melt<strong>in</strong>g-Pot: Araber im traditionellen<br />
Dishdash, barfuß <strong>in</strong> dunklen Sandalen, ei-<br />
len zum Gate, viele begleitet von schwarz<br />
verhüllten Frauen. Westliche Geschäftsleute<br />
<strong>in</strong> dunklem Zwirn telefonieren. Afghanische<br />
Arbeiter mit langen Bärten und staubigem<br />
Säckel um die Schultern hocken auf Mar-<br />
mor- und Granitböden. Inder<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Sa-<br />
ris, klimpernde Goldreifen am Arm, warten<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lounge neben äthiopischen Groß-<br />
familien und westlichen Urlaubern im Ferien-<br />
hemd. Und das ist erst der Anfang des<br />
Multikulti-Phänomens am Golf. Denn Du-<br />
bais Stadtflughafen wird <strong>in</strong> Kürze von e<strong>in</strong>er<br />
noch <strong>in</strong>ternationaleren Verkehrskreuzung<br />
übertroffen: dem neuen Dubai World Cen-<br />
tral International Airport, der zurzeit gebaut<br />
wird und <strong>in</strong> wenigen Jahren 120 Millionen<br />
Reisende jährlich abfertigen soll. Das At-<br />
tribut „World Central“ ist dabei wörtlich zu<br />
nehmen. Der neue Flughafen wird – als<br />
dann größter Airport der <strong>Welt</strong> – den alten<br />
ke<strong>in</strong>eswegs ersetzen, sondern ergänzen<br />
und etwa so viele Passagiere abfertigen<br />
wie Frankfurt und London-Heathrow zu-<br />
sammengenommen. Oliver Wirth, der beim<br />
Sportartikelhersteller Puma <strong>in</strong> Dubai die<br />
Nahostgeschäfte führt, fällt dazu spontan<br />
e<strong>in</strong>: „<strong>Die</strong> Emirate s<strong>in</strong>d so e<strong>in</strong>e Art <strong>Welt</strong>raum-<br />
bahnhof wie bei ‚Star Wars‘.“<br />
Der kühne Sprung <strong>in</strong> die Zukunft war kei-<br />
neswegs abzusehen, als sich sieben arabi-<br />
sche Scheichtümer Anfang der 70er-Jahre<br />
zusammenschlossen und ihre Unabhängig-<br />
keit erklärten. <strong>Die</strong> Gegend war damals öd<br />
und arm mit kaum 200.000 E<strong>in</strong>wohnern,<br />
die sich auf e<strong>in</strong>er Wüstenei von der Größe<br />
Österreichs verteilten – e<strong>in</strong>e der unwirtlichs-<br />
ten, heißesten, trockensten Gegenden der<br />
<strong>Welt</strong>. Man machte <strong>in</strong> Fischfang und Perlen,<br />
handelte mit Gewürzen, Datteln und Pista-<br />
zien. Bis aus dem Sand Öl hervorschoss –<br />
Katalysator für e<strong>in</strong>en beispiellosen Wirt-<br />
schaftsaufschwung. Seitdem ergießt sich<br />
e<strong>in</strong> ungeheurer Geldstrom über die Vere<strong>in</strong>ig-<br />
ten Arabischen Emirate (VAE), <strong>in</strong> denen Abu<br />
Dhabi und Dubai den Ton angeben. Vom<br />
Zufluss der Petrodollar – aktuell fließen täg-<br />
lich mehr als 1 Milliarde Dollar <strong>in</strong> die Golfre-<br />
gion – profitieren aber auch die fünf kle<strong>in</strong>en<br />
Scheichtümer Adschman, Fudschaira, Ras<br />
al-Khaimah, Schardscha und Umm al-Qai-<br />
wa<strong>in</strong>. Doch mit dem Geldsegen aus dem<br />
Energiegeschäft nahm die wirtschaftliche<br />
Entwicklung erst ihren Anfang. Heute ist der<br />
Energiesektor nach e<strong>in</strong>er Schätzung des<br />
Internationalen Währungsfonds nur noch<br />
für rund 26 Prozent der Wirtschaftsleistung<br />
verantwortlich. In Dubai s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong>zwischen<br />
deutlich unter 10 Prozent. <strong>Die</strong> E<strong>in</strong>wohner-<br />
zahl liegt zurzeit bei fünf Millionen, von de-<br />
nen etwa 15 Prozent e<strong>in</strong>en VAE-Pass be-<br />
sitzen, während die anderen Expatriates<br />
Fläche<br />
E<strong>in</strong>wohner<br />
Bevölkerungsdichte<br />
Bevölkerungswachstum<br />
Analphabetenrate<br />
Quelle für alle Grafiken: Bundesagentur für Außenwirtschaft (BFAI)<br />
s<strong>in</strong>d – Bauarbeiter aus Südasien, Hausper-<br />
sonal von den Philipp<strong>in</strong>en, Ärzte aus der Le-<br />
vante, Banker aus Amerika, Hotelpersonal<br />
aus Deutschland und der Schweiz. <strong>Die</strong> Wirt-<br />
schaftsleistung der Emirate liegt pro Kopf<br />
heute annähernd so hoch wie <strong>in</strong> Deutsch-<br />
land, wenngleich das Wachstum deutlich<br />
höher ausfällt. E<strong>in</strong> Umfeld, <strong>in</strong> dem „sich un-<br />
wahrsche<strong>in</strong>liche Möglichkeiten <strong>in</strong> ganz ver-<br />
schiedenen Bereichen ergeben“, sagt der<br />
Düsseldorfer Re<strong>in</strong>hard Schulz, der von Abu<br />
Dhabi aus seit gut zwei Jahren für Pricewa-<br />
terhouseCoopers (PwC) deutsche Unterneh-<br />
men <strong>in</strong> den VAE betreut.<br />
Geld spielt dabei e<strong>in</strong>e Rolle, aber ke<strong>in</strong>e gro-<br />
ße. In Dubai wird gerade an Projekten im<br />
Volumen von mehreren Hundert Milliarden<br />
Euro gebaut. Im Mittelpunkt des staatlich<br />
verordneten Aufschwungs steht die E<strong>in</strong>rich-<br />
tung von verschiedenen Branchen-Clustern.<br />
Vere<strong>in</strong>igte Arabische Emirate: <strong>Die</strong> wichtigsten Wirtschaftsdaten<br />
83.600 km²<br />
Brutto<strong>in</strong>landsprodukt<br />
Veränderung zum Vorjahr <strong>in</strong> Prozent<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007*<br />
2008**<br />
1,7<br />
2,6<br />
7,7<br />
6,6<br />
9,7<br />
8,2<br />
9,4<br />
* Schätzung, ** Prognose<br />
12,4<br />
11,9<br />
4,4 Mio, 2007 rd. 78 % Ausländer<br />
Ras al-Khaimah<br />
49 E<strong>in</strong>w./km²<br />
Adschman Umm al-Qaiwa<strong>in</strong><br />
4 % p.a.<br />
Schardscha<br />
Dubai<br />
22,1 %<br />
Fudschaira<br />
Abu Dhabi<br />
Inflationsrate<br />
Veränderung zum Vorjahr <strong>in</strong> Prozent<br />
pwc: | april 2008 19<br />
31<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007*<br />
2008**<br />
* Schätzung, ** Prognose<br />
2,7<br />
2,9<br />
3,2<br />
5<br />
6,2<br />
6,4<br />
8<br />
9,3
pwc: Märkte<br />
Schon jetzt nehmen dabei Handel und<br />
Logistik e<strong>in</strong>e Schlüsselstellung e<strong>in</strong> – zum ei-<br />
nen im Luftfrachtgeschäft, zum anderen im<br />
Freihafen Jebel Ali, dem wichtigsten Trans-<br />
port-Hub der Region. Ähnlich wichtig ist der<br />
Tourismus. In den vergangenen Jahren wur-<br />
den mehr als hundert Luxushotels eröffnet,<br />
die <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e Topauslastung verzeichnen.<br />
E<strong>in</strong> Unterwasserhotel ist <strong>in</strong> Planung,<br />
e<strong>in</strong> Ferrari-Vergnügungspark <strong>in</strong> Abu<br />
Dhabi, und <strong>in</strong> Dubai hat e<strong>in</strong>e überdachte<br />
Skihalle ihre Pforten geöffnet, deren gewaltige<br />
Kühlanlage von Siemens e<strong>in</strong>gerichtet<br />
wurde – e<strong>in</strong>e denkbar exotische Attraktion<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wüstenstaat. Ras al-Khaimah<br />
plant gar – Hollywoods „Star Wars“ lassen<br />
grüßen – e<strong>in</strong>en <strong>Welt</strong>raumflughafen, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
Jahren Touristen <strong>in</strong>s All schießen soll.<br />
Angesichts solcher Planungen verwundert<br />
es nicht, dass die VAE beim PwC-EM20-Index<br />
2007 auf der Spitzenposition landeten,<br />
als das Land mit den größten Wachstumschancen<br />
für <strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen.<br />
In der Studie „Emerg<strong>in</strong>g Markets: Balanc<strong>in</strong>g<br />
risk & rewards“ hat PwC die Top 20<br />
der Wachstumsmärkte analysiert und das<br />
Puma am Golf<br />
Der Herzogenauracher Sportartikelhersteller<br />
Puma ist seit Mitte 2005 <strong>in</strong> Dubai präsent.<br />
Das Unternehmen unterhält dort e<strong>in</strong>e Verwaltungszentrale,<br />
e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>zelhandel sowie<br />
e<strong>in</strong> Warenlager. <strong>Die</strong> Niederlassung dient<br />
als regionales Hauptquartier für die Region<br />
Nahost und die gesamte arabische Halb<strong>in</strong>sel<br />
sowie die angrenzenden Märkte <strong>in</strong> Jordanien,<br />
Irak und Pakistan. Das Hauptmotiv<br />
für die Eröffnung e<strong>in</strong>er eigenen Niederlassung<br />
vor Ort: die Marken durch die Präsenz<br />
am Markt besser schützen zu können –<br />
ohne Reibungsverluste über Partner. Puma-<br />
Middle-East-Chef Oliver Wirth hat zurzeit 60<br />
Mitarbeiter, die aus neun Ländern stammen<br />
und im Durchschnitt Mitte zwanzig s<strong>in</strong>d.<br />
Geschäftspotenzial für Produktions- und<br />
<strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen genauer unter<br />
die Lupe genommen. Ergebnis: Komb<strong>in</strong>iert<br />
mit 0 Prozent Unternehmenssteuer<br />
und e<strong>in</strong>em stabilen politischen Umfeld s<strong>in</strong>d<br />
die VAE der attraktivste Investitionskandidat.<br />
<strong>Die</strong> Regierung <strong>in</strong> den Emiraten setzt<br />
deshalb nicht umsonst konsequent auf den<br />
Auf- und Ausbau weiterer <strong>Die</strong>nstleistungsbranchen.<br />
„<strong>Die</strong> f<strong>in</strong>anzielle Freizone ist e<strong>in</strong><br />
wesentliches Standbe<strong>in</strong> <strong>in</strong> Dubai“, sagt<br />
Schulz. Im F<strong>in</strong>anzsektor wollen die Dubai-<br />
Börsen Unternehmen aus der Region, aber<br />
auch aus Afrika und Asien die Kapitalaufnahme<br />
erleichtern. H<strong>in</strong>zu kommt, dass die<br />
Öl- und Gasmilliarden der Region nach den<br />
Anschlägen vom 11. September 2001 heute<br />
weniger <strong>in</strong> New York oder London gemanagt<br />
werden, sondern zunehmend am Golf<br />
selbst. Dabei geht es um gewaltige Summen.<br />
Alle<strong>in</strong> die Staatsfonds Abu Dhabis umfassen<br />
ungefähr 900 Milliarden Dollar – die<br />
genaue Höhe ist Staatsgeheimnis.<br />
Im Gesundheitsbereich entsteht die Healthcare<br />
City, die die Emirate zum führenden<br />
Anbieter für mediz<strong>in</strong>ische Leistungen machen<br />
soll. E<strong>in</strong> Medien-Cluster ist bereits<br />
vorhanden, e<strong>in</strong>e richtige Internet-City, und<br />
mit ausländischer Hilfe soll e<strong>in</strong> erstklassiges<br />
Hochschulwesen aufgebaut werden. All<br />
dies, versteht sich, wäre ohne den Ausbau<br />
von Infrastruktur sowie von Wohn- und Bürohäusern<br />
unmöglich. „In Abu Dhabi und<br />
Dubai“, so PwC-Mann Schulz, „wird wie<br />
wahns<strong>in</strong>nig gebaut.“ Viele Kritiker me<strong>in</strong>en,<br />
dass das rasant steigende Immobilienangebot<br />
e<strong>in</strong>e Blase bilden könnte, die Preise<br />
wieder fallen müssten. „Ich b<strong>in</strong> jetzt seit<br />
15 Jahren hier“, sagt Oliver Wirth von Puma,<br />
„und seit 15 Jahren heißt es, es ist e<strong>in</strong>e Blase.<br />
Aber bis heute ist sie nicht geplatzt.“<br />
Auch der Konsum der Emiratis wächst gigantisch.<br />
Schon jetzt operieren etwa 500<br />
deutsche Firmen <strong>in</strong> den VAE. Immerh<strong>in</strong> 6,2<br />
Prozent der VAE-Importe kommen laut In-<br />
Siemens am Golf<br />
Der Münchner Technologiekonzern Sie-<br />
mens, mit 434.000 Mitarbeitern <strong>in</strong> 190 Län-<br />
dern global tätig, profitiert erheblich von<br />
den milliardenschweren Infrastruktur- und<br />
Bauprojekten <strong>in</strong> den Emiraten. Bereits 1856<br />
arbeitete Firmengründer Werner von Siemens<br />
selbst im Nahen Osten, die erste<br />
Repräsentanz <strong>in</strong> Dubai wurde 1972 gegrün-<br />
det. Siemens’ Geschäft <strong>in</strong> der Region deckt<br />
e<strong>in</strong> breites Spektrum ab, das von Kraftwerken<br />
über Informationstechnologie und<br />
Automation, Mediz<strong>in</strong>technik und Wasser-<br />
aufbereitung reicht: Das Wüsten-Emirat Abu<br />
Dhabi weist weltweit den dritthöchsten Pro-<br />
Kopf-Tr<strong>in</strong>kwasserverbrauch auf, auch dank<br />
großflächiger Bewässerungssysteme. Siemens<br />
baute verschiedene Meerwasser-Entsalzungsanlagen<br />
mit – so auch das 2004 <strong>in</strong><br />
Betrieb genommene Shuweihat-Projekt <strong>in</strong><br />
Abu Dhabi, wo täglich 1,4 Millionen Kubikmeter<br />
Tr<strong>in</strong>kwasser erzeugt werden.<br />
ternationalem Währungsfonds (IWF) aus der<br />
Bundesrepublik. Ihr Wert lag 2006 nach Angaben<br />
des Auswärtigen Amts bei etwa 5,4<br />
Milliarden Euro, sodass Deutschland nach<br />
den USA, Ch<strong>in</strong>a und Indien das viertwichtigste<br />
E<strong>in</strong>fuhrland ist. Das schlägt sich auch<br />
bei deutschen Autobauern nieder. Emiratis<br />
s<strong>in</strong>d vermögend, und sie frönen der Leidenschaft<br />
des Autofahrens. E<strong>in</strong> typisches<br />
Wochenendvergnügen besteht dar<strong>in</strong>, mit<br />
e<strong>in</strong>em Landcruiser <strong>in</strong> die Wüste zu fahren,<br />
den Luftdruck der Reifen abzusenken, um<br />
nicht im Sand steckenzubleiben und durch<br />
die Dünen zu brettern. <strong>Die</strong>ses Faible hat die<br />
deutschen Hersteller von Luxuskarossen<br />
auf den Plan gerufen. Porsche etwa verbucht<br />
rasante Zuwächse. Khalifa Al Nabooda,<br />
e<strong>in</strong>ziger Porsche-Händler <strong>in</strong> Dubai und<br />
den nördlichen Emiraten, verkaufte 1998<br />
neun Sportwagen aus Zuffenhausen. Heute<br />
s<strong>in</strong>d es im Jahr mehr als 1.200. Damit ist<br />
Al Nabooda der umsatzstärkste Porsche-<br />
Händler der <strong>Welt</strong>.<br />
20 pwc: | april 2008
Come <strong>in</strong> and f<strong>in</strong>d out <strong>in</strong> Dubai: Glitzerfassaden im Globalstil (Emirate Towers Hotel, l<strong>in</strong>ks) werden mit Elementen traditioneller arabischer<br />
Architektur komb<strong>in</strong>iert (Ibn Batu Shopp<strong>in</strong>g Mall, rechts).<br />
<strong>Die</strong> steigende Konsumlust zieht immer<br />
mehr deutsche Unternehmen an. „Früher<br />
wurde der arabische Raum von Vertretern<br />
oder Franchisenehmern betreut“, er<strong>in</strong>nert<br />
sich Wirth. Das funktionierte, sei aber nicht<br />
immer optimal gewesen. „<strong>Die</strong> Marke muss<br />
geschützt werden“, so der Puma-Manager –<br />
auch durch Präsenz im Land. „Von hier aus<br />
kann man Märkte kontrollieren, schützen,<br />
unterstützen.“ Deutsche Unternehmen pro-<br />
fitieren dazu von ihrem guten Ruf. „Der Slo-<br />
gan ‚made <strong>in</strong> Germany‘ bedeutet hier noch<br />
viel“, weiß Schulz. „<strong>Die</strong> deutschen Produk-<br />
te s<strong>in</strong>d sehr gefragt.“ Auch Wirth bestä-<br />
tigt, dass die Deutschen mit „überwiegend<br />
positiven Eigenschaften“ <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung ge-<br />
bracht werden – „Pünktlichkeit, Zuverläs-<br />
sigkeit und gute Qualität“. Vor allem aber<br />
s<strong>in</strong>d die Emirate e<strong>in</strong> Land des Machertums.<br />
„Hier wird etwas entschieden, und dann<br />
wird es sofort durchgeführt“, sagt Schulz.<br />
Es gebe ke<strong>in</strong>e Hürden. „Man muss es auf<br />
den Nenner br<strong>in</strong>gen, der Standort wird sehr<br />
wirtschaftsfreundlich geführt“, so Wirth.<br />
„Auf Regierungsebene ist das so, als ob das<br />
ganze Land e<strong>in</strong> Unternehmen ist.“<br />
Viel Gutes also am Golf – doch längst nicht<br />
alles läuft optimal. <strong>Die</strong> Rechte ausländi-<br />
scher Arbeitnehmer s<strong>in</strong>d stark beschränkt,<br />
was bei Gastarbeitern aus Asien immer<br />
wieder zu eklatanter Ausbeutung führt: Ih-<br />
nen werden bei Arbeitsantritt die Pässe<br />
abgenommen, sodass sie, wird die ver-<br />
e<strong>in</strong>barte Lohnzahlung verzögert, ke<strong>in</strong>er-<br />
lei Handhabe dem Chef gegenüber haben.<br />
Es gibt weder freie Medien noch Partei-<br />
en, noch e<strong>in</strong>en freiheitlichen politischen<br />
In den Emiraten ist „made <strong>in</strong> Germany“ gefragt.<br />
Deutsche Produkte gelten als hochwertig. Und<br />
dank der gigantischen Konsumlust der Emiratis<br />
haben die Unternehmen volle Auftragsbücher.<br />
Diskurs. Dennoch verkörpern die VAE e<strong>in</strong>e<br />
Variante des relativ weltoffenen, toleran-<br />
ten und vor allem wirtschaftlich erfolgrei-<br />
chen Islams. Das Verschmelzen verschie-<br />
dener Kulturen, Sprachen und Mentalitäten<br />
bewältigt Dubai ganz sicher besser als die<br />
meisten anderen <strong>Welt</strong>städte. <strong>Die</strong> aktuell<br />
größte Sorge ist daher für viele Unterneh-<br />
mer die hohe Inflation, die durch die Dol-<br />
larschwäche – der Dirham ist an den Dol-<br />
lar gekoppelt – noch verstärkt wird. Wirth<br />
spricht von „e<strong>in</strong>er zweistelligen Inflations-<br />
rate <strong>in</strong> den vergangenen 24 Monaten“, die<br />
vor allem durch exorbitante Mieterhöhun-<br />
gen bed<strong>in</strong>gt ist. „80 Prozent me<strong>in</strong>er Mitar-<br />
beiter können es sich nicht leisten, <strong>in</strong> Dubai<br />
zu leben“, sagt der Puma-Manager. „<strong>Die</strong><br />
wohnen eher <strong>in</strong> den Nachbaremiraten.“ An-<br />
fahrtszeit zur Arbeit: zwei Stunden.<br />
Kontakt<br />
re<strong>in</strong>hard.schulz@ae.pwc.com<br />
Tel. +971 2 694-6905<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc279<br />
pwc: | april 2008 21
pwc: Märkte<br />
22 pwc: | april 2008
Das Fernsehduell<br />
Noch steckt das Internetfernsehen <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>derschuhen. Aber schon bald<br />
könnte es den herkömmlichen Kanälen ernsthaft Konkurrenz machen.<br />
Von Sven Schirmer<br />
Es ist <strong>Die</strong>nstagabend, und Mark setzt sich<br />
entspannt vor den Fernseher, um se<strong>in</strong>e<br />
E-Mails zu lesen. Auf dem Bildschirm er-<br />
sche<strong>in</strong>t die Meldung: „Thomas lädt Sie zu<br />
e<strong>in</strong>em Programmtipp e<strong>in</strong>. Wollen Sie an-<br />
nehmen?“ Mark möchte. Ok gedrückt, und<br />
schon schaltet se<strong>in</strong> Fernseher zu Taucher<br />
TV, wo e<strong>in</strong>e Dokumentation über Schatz-<br />
sucher <strong>in</strong> Indonesien läuft. Am oberen Rand<br />
se<strong>in</strong>es Fernsehgeräts taucht e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eres<br />
Bild auf: Se<strong>in</strong> Freund Thomas ist <strong>in</strong> dessen<br />
Wohnzimmer <strong>in</strong> München zu sehen.<br />
Geme<strong>in</strong>sam planen die beiden gleich den<br />
nächsten Tauchurlaub – <strong>in</strong> Indonesien. Alles<br />
ke<strong>in</strong> Problem. Denn im Anschluss an die<br />
Dokumentation können sie die Reise direkt<br />
mit der Fernbedienung buchen – und die<br />
Tauchausrüstung der Schatzsucher gleich<br />
mit.<br />
Nicht mehr lange, und e<strong>in</strong>e solche Szene<br />
gehört zu unserem Fernsehalltag. Darauf<br />
jedenfalls hoffen die Anbieter von IPTV, dem<br />
Internet Protocol Television, kurz gesagt:<br />
dem Internetfernsehen. Medienexperten wie<br />
Ossi Urchs setzen dabei vor allem auf die<br />
<strong>in</strong>teraktiven Möglichkeiten des neuen Me-<br />
diums: „Ich kann mir gut vorstellen, dass<br />
gerade beim Thema Bundesliga Fußball-<br />
fans auch gerne nebenbei mit ihren Freun-<br />
den chatten. Nach dem Motto: ‚Haste das<br />
D<strong>in</strong>g gesehen?‘“ Wie zuletzt beim „Über-<br />
allfernsehen“ DVB-T (Digital Video Broad-<br />
cast<strong>in</strong>g Terrestrial) ist längst e<strong>in</strong>e öffentliche<br />
Diskussion über die Zukunft des Fernse-<br />
hens und se<strong>in</strong>e vielfältige Nutzung ent-<br />
brannt. Das DVB-T fristet zwar eher e<strong>in</strong> Ni-<br />
schendase<strong>in</strong>, das Internetfernsehen aber<br />
soll sich als feste Größe etablieren. Doch<br />
Werner Ballhaus, Branchenexperte<br />
Telekommunikation bei PwC.<br />
für Euphorie ist es nach Ansicht von Werner<br />
Ballhaus, dem Leiter des Bereichs Techno-<br />
logie, Medien und Telekommunikation bei<br />
<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC), noch zu<br />
früh. „IPTV steckt <strong>in</strong> Deutschland noch <strong>in</strong><br />
den K<strong>in</strong>derschuhen“, so Ballhaus. „Gel<strong>in</strong>gt<br />
es den Anbietern aber mithilfe geeigne-<br />
ter Market<strong>in</strong>gkonzepte, den Konsumenten<br />
den Mehrwert von IPTV zu erklären und die<br />
Vorteile von Internet und Fernsehen <strong>in</strong> ei-<br />
nem Angebot zu verschmelzen, wird es den<br />
bisherigen Kanälen Konkurrenz machen.“<br />
Wo die Chancen und Risiken für die Markt-<br />
akteure liegen, untersucht e<strong>in</strong>e PwC-Studie<br />
zum Fernsehen der Zukunft, die Ende März<br />
veröffentlicht wird.<br />
Bislang ist das aber noch Zukunftsmusik.<br />
Der German Enterta<strong>in</strong>ment & Media Outlook<br />
von PwC prognostiziert bis Ende 2008 e<strong>in</strong>e<br />
IPTV-Verbreitung <strong>in</strong> 250.000 Haushalten,<br />
Der Mehrwert von Internetfernsehen ist noch<br />
lange nicht beim Nutzer angekommen. Bis 2011<br />
sollen aber immerh<strong>in</strong> zwei Millionen Menschen<br />
hierzulande IPTV empfangen.<br />
was nur rund 0,6 Prozent am Gesamtmarkt<br />
entspricht. 2011 sollen es dann schon 5,45<br />
Prozent se<strong>in</strong>. Das wären rund zwei Millio-<br />
nen Kunden, die Internetfernsehen via DSL<br />
empfangen könnten.<br />
Zurzeit haben hierzulande die drei Telekom-<br />
munikationsunternehmen Hansenet (Ali-<br />
ce), T-Home und Arcor IPTV im Angebot.<br />
Hansenet war der erste Anbieter, der im<br />
Mai 2006 mit der Übertragung von Fernseh-<br />
programmen über se<strong>in</strong>e DSL-Leitungen<br />
begann. Bis Ende des Jahres 2007 hatten<br />
sich rund 15.000 Kunden für Alice Home TV<br />
entschieden. Das Senderportfolio deckt mit<br />
60 Free-TV- und 40 Pay-TV-Programmen<br />
zurzeit alle bekannten Sender ab. Miche-<br />
le Novelli, Market<strong>in</strong>gdirektor bei Hansenet,<br />
kündigte kürzlich an, Alice Home TV würde<br />
bald mit e<strong>in</strong>er Reichweite von bis zu zehn<br />
Millionen Haushalten <strong>in</strong> 150 Städten und<br />
Geme<strong>in</strong>den zu e<strong>in</strong>er relevanten Größe am<br />
deutschen TV-Markt. Seit Oktober 2006 hat<br />
auch T-Home mit Enterta<strong>in</strong> e<strong>in</strong> IPTV-Paket<br />
im Portfolio. Mit großem Market<strong>in</strong>ge<strong>in</strong>satz,<br />
stetig s<strong>in</strong>kenden Preisen und Lockangeboten<br />
konnte sich der Branchenführer auf<br />
Platz e<strong>in</strong>s der hiesigen IPTV-Anbieter hieven.<br />
Kurz vor Jahresende begrüßte Christian<br />
P. Illek, Mitglied des Bereichsvorstands<br />
T-Home für Market<strong>in</strong>g, den hunderttausendsten<br />
Enterta<strong>in</strong> -Kunden. Im Oktober 2007<br />
startete Arcor-Digital TV. Das Eschborner<br />
Unternehmen ist vom Erfolg von IPTV überzeugt.<br />
„IPTV benötigt zwar noch e<strong>in</strong>iges an<br />
Kommunikationsleistung,“ so Arcor-Pressesprecher<br />
Michael Peter, „doch die Vorteile<br />
gegenüber den bisherigen Verbreitungswegen<br />
werden sich durchsetzen.“<br />
Kontakt<br />
werner.ballhaus@de.pwc.com<br />
Tel. 0211 981-5848<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc280<br />
pwc: | april 2008 23
pwc: Märkte<br />
Noch teilen sich E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall mehr als drei Viertel des Markts. Doch der Wettbewerb kommt <strong>in</strong> Fahrt. Dafür<br />
verantwortlich ist nicht zuletzt das schlechte Image der Etablierten. Denen geht jetzt langsam e<strong>in</strong> Licht auf: Ökostrom rechnet sich.<br />
24 pwc: | april 2008
Grünes Licht geben<br />
<strong>Die</strong> kle<strong>in</strong>en Ökostromanbieter s<strong>in</strong>d erfolgreich wie nie. Davon wollen auch die<br />
Energiekonzerne profitieren – und wachsen. Auch durch Firmenzukäufe.<br />
Von Ingmar Höhmann<br />
Der französische Romanautor Alexandre<br />
Dumas wäre erstaunt: Se<strong>in</strong>e „Kamelienda-<br />
me“, die wohl berühmteste Mätresse von<br />
Paris, kann seit Neuestem mit gutem Ge-<br />
wissen zur Arbeit gehen – zum<strong>in</strong>dest, was<br />
ihr Umweltbewusstse<strong>in</strong> betrifft. Denn am<br />
Deutschen Schauspielhaus <strong>in</strong> Hamburg<br />
sche<strong>in</strong>t ökologisch sauberes Licht auf ih-<br />
ren Arbeitsplatz, die Bühne. Um die selbst<br />
auferlegte Verpflichtung zum Umweltschutz<br />
zu erfüllen, ist das größte Sprechtheater<br />
Deutschlands vom Atomkraftwerksbetrei-<br />
ber Vattenfall zum Ökostromanbieter Green-<br />
peace Energy gewechselt. Jack Kurfess,<br />
kaufmännischer Direktor des Theaters, will<br />
so jährlich 1.500 Tonnen CO 2-Emissionen<br />
vermeiden. Trotz teurem Ökostrom liegt der<br />
Preis nur 5 Prozent über dem des bishe-<br />
rigen Vertrags. „<strong>Die</strong> Angebote waren weit<br />
günstiger, als wir erwartet hatten“, sagt Kur-<br />
fess.<br />
Wie das Hamburger Theater wechseln im-<br />
mer mehr Unternehmen und Haushalte den<br />
Stromversorger – alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Hansestadt<br />
kehrten im Jahr 2007 mehr als 100.000 Kun-<br />
den dem Exmonopolisten Vattenfall den<br />
Rücken. Mehr als jeder zweite der rund 40<br />
Millionen Haushalte <strong>in</strong> Deutschland hat nach<br />
Angaben des Bundesverbands der Energie-<br />
und Wasserwirtschaft (BDEW) m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong>mal den Tarif oder den Stromanbieter ge-<br />
wechselt. Dabei entschied sich 2007 bereits<br />
jeder fünfte Wechsler für e<strong>in</strong>en Ökostrom-<br />
tarif. BDEW-Hauptgeschäftsführer Eberhard<br />
Meller sieht neben wachsendem Umwelt-<br />
bewusstse<strong>in</strong> und steigenden Energieprei-<br />
sen auch im E<strong>in</strong>stieg neuer Stromanbieter<br />
den Grund für die neue Wechselleidenschaft<br />
der Deutschen. Zwar teilen die vier großen<br />
Energiekonzerne E.ON, RWE, Energie Ba-<br />
den-Württemberg (EnBW) und Vattenfall im-<br />
mer noch mehr als drei Viertel des Markts<br />
unter sich auf. Doch der Wettbewerb kommt<br />
langsam <strong>in</strong> Fahrt. Dafür verantwortlich ist<br />
nicht zuletzt das schlechte Image der Eta-<br />
blierten. Trotz aller Werbeausgaben gelten<br />
sie als Umweltsünder. Nach E<strong>in</strong>schätzung<br />
von Heiko Stohlmeyer, Experte für erneuer-<br />
bare Energien bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong><br />
(PwC), ist das e<strong>in</strong>er der Hauptgründe für den<br />
Umbruch am Energiemarkt. „<strong>Die</strong> Kunden<br />
haben mittlerweile e<strong>in</strong> hohes Klimaschutz-<br />
bewusstse<strong>in</strong> entwickelt, da spielt das Image<br />
des Stromversorgers e<strong>in</strong>e große Rolle. Vie-<br />
le energie<strong>in</strong>tensive Betriebe suchen zudem<br />
nach Möglichkeiten, ihre Umweltbilanz zu<br />
verbessern“, sagt Stohlmeyer. Bislang be-<br />
schränkten sich die großen Energiekonzer-<br />
ne darauf, über Tochtergesellschaften wie E<br />
wie E<strong>in</strong>fach, Eprimo und Yello den Kunden-<br />
schwund aufzufangen. <strong>Die</strong> eigenen Billig-<br />
anbieter verkaufen den Strom über das Inter-<br />
net und sparen damit Vertriebskosten. Viele<br />
der abgewanderten Kunden f<strong>in</strong>den sich so<br />
im gleichen Konzern wieder. <strong>Die</strong> Strategie<br />
dah<strong>in</strong>ter: <strong>Die</strong> e<strong>in</strong>gängigen Namen br<strong>in</strong>gen<br />
die Verbraucher kaum mit den Branchenrie-<br />
sen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung.<br />
Anders h<strong>in</strong>gegen sieht es bei Ökostrom aus.<br />
Wer sich für erneuerbare Energien entschei-<br />
det, schaut beim Anbieter lieber zweimal<br />
h<strong>in</strong>. Auch Greenpeace Energy profitiert da-<br />
von. Der Umsatz lag 2004 noch bei 12 Mil-<br />
lionen Euro und soll <strong>in</strong> diesem Jahr bereits<br />
50 Millionen Euro erreichen. <strong>Die</strong> Kunden-<br />
zahl ist im gleichen Zeitraum von knapp<br />
20.000 auf heute 65.000 gestiegen. Wäh-<br />
rend andere Anbieter Preiserhöhungen an-<br />
kündigen mussten, konnte Vorstand Robert<br />
Werner Mitte 2006 die Strompreise im<br />
Durchschnitt um 2 Prozent senken. Green-<br />
peace Energy ist e<strong>in</strong>e Erfolgsgeschichte,<br />
aber nicht die e<strong>in</strong>zige. Neben den Hambur-<br />
gern haben sich auch die Elektrizitätswerke<br />
Schönau und die Naturstrom <strong>AG</strong> als unab-<br />
hängige Anbieter etabliert. Für Furore sorgt<br />
derzeit aber vor allem e<strong>in</strong> Unternehmen:<br />
„Der Markt ist derzeit so dynamisch, dass sich die<br />
Marktanteile schnell verschieben können.“<br />
Prof. Dr. Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)<br />
Lichtblick, e<strong>in</strong> lange Zeit mit Verlust wirt-<br />
schaftender Nischenanbieter, hat sich im<br />
vergangenen Jahr zum ernst zu nehmenden<br />
Konkurrenten für die etablierten Konzerne<br />
aufgeschwungen. Bis Jahresende konn-<br />
te Gründer und Geschäftsführer Heiko von<br />
Tschischwitz mehr als 400.000 Kunden ver-<br />
melden, weit mehr als geplant.<br />
Lichtblick ist so etwas wie der Shoot<strong>in</strong>gstar<br />
der Branche. Ob der Erotikkonzern Beate<br />
Uhse, die Kosmetikkette Body Shop oder<br />
die Drogeriemärkte von Budnikowsky: E<strong>in</strong>e<br />
ganze Reihe von prom<strong>in</strong>enten Geschäfts-<br />
kunden hat sich <strong>in</strong>zwischen für den bun-<br />
desweit agierenden Hamburger Versor-<br />
ger entschieden. Doch im Gegensatz zum<br />
Deutschen Schauspielhaus ist dabei <strong>in</strong> der<br />
Regel weniger die Sorge um die Umwelt<br />
als der Gedanke an den eigenen Geldbeu-<br />
tel entscheidend. Befragungen des BDEW<br />
haben ergeben, dass <strong>in</strong> neun von zehn Fäl-<br />
len Preisunterschiede der ausschlaggeben-<br />
de Grund für e<strong>in</strong>en Wechsel waren. Das<br />
Erstaunliche dabei: Ökostromtarife s<strong>in</strong>d<br />
derzeit <strong>in</strong> vielen Fällen sogar billiger als die<br />
Angebote der Konkurrenz. Nach e<strong>in</strong>er Un-<br />
tersuchung des Verbraucherzentrale Bun-<br />
desverbands (VZBV) ist der Wechsel zu<br />
e<strong>in</strong>em Ökostromprodukt im Vergleich zum<br />
ortsüblichen Grundversorgungspreis <strong>in</strong> zwei<br />
pwc: | april 2008 25
pwc: Märkte<br />
Dritteln aller Fälle die günstigere Alternati-<br />
ve. Ralf Thiemann, Umweltexperte bei der<br />
Unternehmensberatung IBM Global Busi-<br />
ness Services, überrascht das nicht: „Kaum<br />
e<strong>in</strong> Kunde will freiwillig mehr zahlen, nur<br />
weil das die Umwelt schont. Umweltschutz<br />
sehen die meisten als e<strong>in</strong>e gesamtgesell-<br />
schaftliche Aufgabe.“<br />
Ökostrom ist hip und trotzdem gar nicht<br />
mal so teuer. Lange Zeit war das nicht so.<br />
Trotz der Liberalisierung des deutschen<br />
Strommarkts im Jahr 1998 blieb e<strong>in</strong> funk-<br />
tionierender Wettbewerb zunächst aus. Der<br />
Grund: <strong>Die</strong> etablierten Versorger stellten<br />
ihre Netze nur zu weit überhöhten Gebüh-<br />
ren zur Verfügung – das machte das Ge-<br />
schäft für Neue<strong>in</strong>steiger unrentabel. Seit<br />
2007 sorgt nun die eigens geschaffene<br />
Bundesnetzagentur dafür, dass überteu-<br />
erte Zugangsentgelte der Vergangenheit<br />
angehören. Erst das hat es auch den Öko-<br />
strom-anbietern ermöglicht, mit wettbe-<br />
werbsfähigen Preisen anzutreten. Gleich-<br />
zeitig mussten die großen Stromversorger<br />
durch höhere Preise zurückholen, was sie<br />
durch die niedrigeren Netzentgelte verlo-<br />
ren hatten. Angesichts der s<strong>in</strong>kenden Ko-<br />
sten für unabhängige Anbieter ist es umso<br />
erstaunlicher, dass gerade das Ökostrom-<br />
Vorzeigeunternehmen Lichtblick Anfang<br />
des Jahres se<strong>in</strong>e Preise erhöhen musste.<br />
Aber es zeigt das Dilemma kle<strong>in</strong>erer Anbie-<br />
ter. Sie erzeugen <strong>in</strong> der Regel ihren Strom<br />
nicht selbst, sondern kaufen ihn bei den<br />
Erzeugern e<strong>in</strong>. Für Energie aus W<strong>in</strong>d, Bio-<br />
masse oder Sonne müssen sie aber deut-<br />
lich mehr bezahlen als für Atom- oder Koh-<br />
lestrom.<br />
Sauberer Strom<br />
Wechselquote von 1999 bis 2007,<br />
kumulierte Quote der Versorgerwechsel bei<br />
privaten Haushalten (ohne umzugsbed<strong>in</strong>gten<br />
Wechsel) <strong>in</strong> Prozent<br />
<strong>Die</strong> großen Energieversorger haben erkannt, dass<br />
sich mit Ökostrom Geld verdienen lässt. Deshalb<br />
setzen sie auf erneuerbare Energien. Das könnte<br />
kle<strong>in</strong>e Wettbewerber gefährden.<br />
1,6<br />
2,1<br />
3,7<br />
Quelle: VDEW, Promit<br />
4,3<br />
4,6 4,8 5,0<br />
1999 2001 2003 2005 2007<br />
Doch es gibt e<strong>in</strong>e gute Nachricht: <strong>Die</strong> er-<br />
neuerbaren Energien sollen bald wirt-<br />
schaftlich werden. Ironischerweise könn-<br />
ten dies die großen Stromkonzerne selbst<br />
möglich machen. Marktführer E.ON hat<br />
angekündigt, se<strong>in</strong>e Investitionen <strong>in</strong> erneu-<br />
erbare Energien auf rund 6 Milliarden Euro<br />
zu verdoppeln. Auch Vattenfall Europe, das<br />
bislang 80 Prozent des Stroms aus Braun-<br />
kohle herstellt, und EnBW werden mehr<br />
Geld <strong>in</strong> die alternative Energieerzeugung<br />
stecken. Sogar Schlusslicht RWE, des-<br />
sen Ökostromanteil bislang bei mageren 5<br />
Prozent liegt, hat sich dem Strategiewech-<br />
sel angeschlossen. „<strong>Die</strong> Erneuerbaren s<strong>in</strong>d<br />
gemessen an ihrer gesellschaftlichen Be-<br />
deutung, ihrem ökologischen Potenzial und<br />
ihren Wachstumschancen <strong>in</strong> der Vergan-<br />
genheit klar zu kurz gekommen. Das wird<br />
sich nun ändern – und zwar tief greifend<br />
und schnell“, kündigt Konzernchef Jürgen<br />
Großmann an. M<strong>in</strong>destens 1 Milliarde Euro<br />
soll von nun an jährlich <strong>in</strong> die neue Gesell-<br />
schaft RWE Innogy fließen und bis 2020<br />
den Anteil an erneuerbaren Energien auf<br />
20 Prozent steigern. Milan Nitzschke, Ge-<br />
schäftsführer des Bundesverbands Erneu-<br />
erbare Energie, sieht dem Engagement der<br />
etablierten Versorger mit gemischten Ge-<br />
fühlen entgegen. E<strong>in</strong>erseits begrüßt er die<br />
massiven Investitionen <strong>in</strong> neue Technologi-<br />
en, von denen vor allem W<strong>in</strong>dkraftanlagen<br />
auf See den Sprung <strong>in</strong> die Wirtschaftlich-<br />
keit schaffen sollen. Andererseits glaubt er<br />
nicht an e<strong>in</strong> grünes Gewissen der großen<br />
vier – sondern eher an e<strong>in</strong>en klassischen<br />
Verdrängungswettbewerb.<br />
Den kle<strong>in</strong>en Wettbewerbern könnte der<br />
Strategiewechsel der Konzerne <strong>in</strong> der Tat<br />
zu schaffen machen. „Es besteht die Ge-<br />
fahr, dass die großen Energiekonzerne die<br />
mittelständischen Ökostromanbieter wie<br />
beispielsweise Lichtblick aufkaufen“, sagt<br />
Prof. Dr. Claudia Kemfert, Leiter<strong>in</strong> der Ener-<br />
gie- und Umweltabteilung am Deutschen<br />
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).<br />
Nach dem Aufbau der Direktvertriebstöch-<br />
ter versuchen die Konzerne mit dem E<strong>in</strong>-<br />
tritt <strong>in</strong> den Ökostrommarkt nun unabhän-<br />
gigen Anbietern das Wasser abzugraben.<br />
Zwar haben die meisten Versorger längst<br />
eigene Tarife für umweltbewusste Kun-<br />
den, doch s<strong>in</strong>d sie oft überteuert und kaum<br />
konkurrenzfähig. „RWE und Co. haben<br />
ihre bisherigen Ökostrom-<br />
angebote noch nie offensiv<br />
beworben. Wenn sie jetzt<br />
<strong>in</strong> großem Stil <strong>in</strong>vestieren,<br />
können sie die kle<strong>in</strong>eren<br />
Unternehmen leicht un-<br />
terbieten. Der Markt ist so<br />
dynamisch, dass sich die<br />
Marktanteile schnell verschieben<br />
können“, sagt Kemfert. Noch s<strong>in</strong>d<br />
die kle<strong>in</strong>en Anbieter selbstbewusst.<br />
Ob sie sich behaupten, hängt aber<br />
davon ab, ob ihre Kunden ihnen<br />
auch bei steigenden Preisen die<br />
Treue halten.<br />
Kontakt<br />
heiko.stohlmeyer@de.pwc.com<br />
Tel. 040 6378-1532<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc281<br />
26 pwc: | april 2008<br />
6,0<br />
7,3
Unabhängig bleiben<br />
Der Geschäftsführer des Ökostromanbieters Lichtblick,<br />
Heiko von Tschischwitz, über Spätzünder, Unabhängigkeit und Denkzettel.<br />
Von Ingmar Höhmann<br />
pwc: Herr von Tschischwitz, als Sie 1998 Lichtblick gründeten,<br />
wollten Sie <strong>in</strong>nerhalb von anderthalb Jahren 200.000 Kunden ha<br />
ben. Das schafften Sie erst 2006. Jetzt melden sich neue Kunden<br />
massenweise an. Warum kommt der Erfolg so spät?<br />
von Tschischwitz: Wir haben zu ambitioniert angefangen. Der Markt<br />
war noch nicht so weit. Im vergangenen Jahr ist enorm viel pas<br />
siert: <strong>Die</strong> Klimastudie der Vere<strong>in</strong>ten Nationen, die omnipräsente<br />
Klimadebatte, die Preiserhöhungen der etablierten Stromversorger<br />
und die Störfälle bei Vattenfall. 2007 war das erste Jahr, <strong>in</strong> dem wir<br />
deutlich über dem Planwert lagen. Schon im Juli hatten wir die für<br />
das Gesamtjahr geplanten 300.000 Kunden. Jetzt s<strong>in</strong>d wir bei mehr<br />
als 400.000.<br />
Viele neue Anbieter haben ihr Geschäft aufgeben müssen. Wie<br />
haben Sie sich so lange über Wasser halten können?<br />
Anders als auf dem Telekommunikationsmarkt kann e<strong>in</strong> Strom<br />
anbieter ke<strong>in</strong>e großen Preisunterschiede erreichen, weil die Festkos<br />
ten sehr hoch s<strong>in</strong>d. Viele Billiganbieter s<strong>in</strong>d daran gescheitert. Es<br />
gab auch andere Ökostromanbieter, aber die waren oft deutlich zu<br />
teuer. Wir dagegen haben von Anfang an den Spagat geschafft, e<strong>in</strong><br />
glaubwürdig ökologisches Stromprodukt zu wettbewerbsfähigen<br />
Preisen anzubieten. Dazu kommt, dass wir jahrelang rote Zahlen<br />
schreiben konnten, ohne dass unsere Gesellschafter unruhig wur<br />
den. Erst seit 2006 machen wir operativen Gew<strong>in</strong>n. Anderen Wett<br />
bewerbern ist die Puste ausgegangen, als der Neue Markt e<strong>in</strong>brach<br />
und das Risikokapital ausg<strong>in</strong>g.<br />
Wie können Sie überhaupt wettbewerbsfähige Preise verlangen?<br />
Sie müssen Ihren Ökostrom doch teuer e<strong>in</strong>kaufen.<br />
Das stimmt. Wir müssen bei der Strombeschaffung mehr Geld<br />
ausgeben als konventionelle Anbieter. Doch wir können die Mehr<br />
ausgaben über schlankere Unternehmensstrukturen ausgleichen.<br />
Außerdem arbeiten wir wohl mit ger<strong>in</strong>geren Margen.<br />
RWE, E.ON und Co. <strong>in</strong>vestieren nun selbst massiv <strong>in</strong> erneuerbare<br />
Energien. Hat die großen Versorger das grüne Gewissen gepackt?<br />
Das hat nichts mit grünem Gewissen zu tun. <strong>Die</strong> Konzerne haben<br />
endlich verstanden, dass sie mit regenerativen Energien Geld ver<br />
dienen können.<br />
Könnte das kle<strong>in</strong>ere Wettbewerber wie Lichtblick nicht aus dem<br />
Geschäft drängen?<br />
<strong>Die</strong> Ambitionen der großen Konzerne nehme ich sehr ernst. Sie<br />
wollen Geld machen und nicht mehr nur den Deckmantel des<br />
Umweltschutzes aufrechterhalten. Aber das ist ke<strong>in</strong>e Bedrohung für<br />
uns. Viele Versorger bieten bereits günstige Ökostromtarife an, aber<br />
die Kunden machen das nicht mit. <strong>Die</strong> Leute s<strong>in</strong>d aufgeklärt und<br />
wollen bei ke<strong>in</strong>em Anbieter e<strong>in</strong>en Vertrag abschließen, der nur fünf<br />
M<strong>in</strong>uten <strong>in</strong> der Mittagspause über Ökostrom nachdenkt und den<br />
Rest des Tages über Atom und Kohlestrom.<br />
<strong>Die</strong> großen Versorger haben angekündigt, auch über Zukäufe bei<br />
erneuerbaren Energien wachsen zu wollen. Wie lange bleibt Licht<br />
blick unabhängig?<br />
Lichtblick wird unabhängig bleiben. Wir brauchen ke<strong>in</strong>en Partner und<br />
haben auch ke<strong>in</strong>en zusätzlichen Investitionsbedarf. Unsere Kunden<br />
würden es gar nicht mitmachen, wenn uns e<strong>in</strong> großer Stromanbie<br />
ter aufkaufen würde. Viele Privatkunden s<strong>in</strong>d zu uns gewechselt, um<br />
den etablierten Konzernen e<strong>in</strong>en Denkzettel zu verpassen. Das ist<br />
wie e<strong>in</strong>e Protestwahl: Viele wollen e<strong>in</strong>em Atomkraftwerksbetreiber<br />
ke<strong>in</strong> Geld mehr zahlen.<br />
Warum wechseln Unternehmen zu e<strong>in</strong>em Ökostromanbieter?<br />
Vor drei Jahren g<strong>in</strong>g es vor allem um den Preis. Das hat sich aber<br />
2007 total gedreht. <strong>Die</strong> Unternehmen kommen jetzt ganz klar<br />
wegen des Themas Klimaschutz auf uns zu. Dazu kommt e<strong>in</strong>e ge<br />
wisse Verdrossenheit mit den etablierten Versorgern. Es passt vie<br />
len Firmen nicht, wie unflexibel diese bei den Abrechnungen s<strong>in</strong>d.<br />
pwc: | april 2008 27
pwc: Wissen<br />
Gedämpfter Optimismus<br />
<strong>Die</strong> weltweite Kreditkrise lässt die Sorge<br />
vor e<strong>in</strong>em Wirtschaftsabschwung anwach<br />
sen. Negative Auswirkungen auf die Umsatz<br />
entwicklung des Jahres 2008 erwarten vor<br />
allem Unternehmen <strong>in</strong> den USA und Westeuropa,<br />
während der Konjunkturoptimismus<br />
<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Asien weiter steigt.<br />
Das geht aus dem „11th Annual Global<br />
CEO Survey 2008“ von Pricewaterhouse<br />
Coopers (PwC) hervor. Rund 50 Prozent<br />
der 1.150 im Rahmen der Studie befragten<br />
CEOs sehen die Geschäftsentwicklung für<br />
das Jahr 2008 dennoch „sehr zuversichtlich“.<br />
Trotz e<strong>in</strong>es Rückgangs um 2 Prozentpunkte<br />
im Vergleich zum Vorjahresergebnis<br />
ist der Anteil der positiv gestimmten Chefs<br />
damit immer noch fast doppelt so hoch wie<br />
2003. Regional ist die Stimmungslage jedoch<br />
sehr unterschiedlich: In den USA s<strong>in</strong>d<br />
nur 35 Prozent der CEOs „sehr zuversichtlich“,<br />
<strong>in</strong> Westeuropa s<strong>in</strong>d es 44 Prozent.<br />
Unternehmenschefs aus Wachstumsmärk<br />
Anhangszwang<br />
In vielen Unternehmen ist<br />
die Erstellung der Anhangangaben<br />
nach den International<br />
F<strong>in</strong>ancial Report<strong>in</strong>g<br />
Standards (IFRS) mit großem<br />
Aufwand verbunden. E<strong>in</strong>e<br />
PwCStudie untersucht, auf<br />
welche Weise diese Daten <strong>in</strong><br />
Unternehmen ermittelt werden,<br />
an welchen Stellen Probleme<br />
auftreten und wie mögliche Lösungsansätze aussehen könnten:<br />
kurz, wie dieser Prozess optimiert werden kann. <strong>Die</strong> im Zusammenhang<br />
mit der Studie durchgeführte Erhebung zeigt, dass die Mehrheit<br />
der Unternehmen die Anforderungen bei der Anhangerstellung<br />
als sehr hoch empf<strong>in</strong>det. So wurden besonders die Anhangangaben<br />
zu latenten Steuern, F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>strumenten, zur Kapitalflussrechnung<br />
und zu Pensionen als explizite Problemfelder identifiziert.<br />
Onl<strong>in</strong>eInfo: www.pwc.de/de/pwc283<br />
Kurzfristig hoch, langfristig niedrig<br />
Vertrauen der CEOs <strong>in</strong> steigenden Umsatz<br />
sehr zuversichtlich etwas zuversichtlich nicht sehr zuversichtlich<br />
überhaupt nicht zuversichtlich weiß nicht/ke<strong>in</strong>e Antwort<br />
50 %<br />
42 %<br />
2 %<br />
1 %<br />
2 %<br />
kommende<br />
12 Monate<br />
1 %<br />
6 %<br />
kommende<br />
3 Jahre<br />
7 %<br />
40 %<br />
49 %<br />
PwC befragte 1.150 CEOs, wie zuversichtlich sie s<strong>in</strong>d, dass ihr Unternehmen <strong>in</strong> den<br />
kommenden 12 Monaten/3 Jahren steigende Umsätze erzielt.<br />
Quelle: PwC, 11th Annual Global CEO Survey 2008<br />
ten wie Asien, Pazifik, Late<strong>in</strong>amerika sowie<br />
Zentral und Osteuropa glauben h<strong>in</strong>gegen<br />
fest an weitere Erlöszuwächse. Besonders<br />
ausgeprägt ist der Optimismus <strong>in</strong> Indien mit<br />
fast 90 Prozent, gefolgt von Ch<strong>in</strong>a/Hongkong<br />
mit 73 Prozent sowie Mexiko (77 Prozent).<br />
Entgegen des Trends <strong>in</strong> Westeuropa<br />
Bitte jetzt auf Mandar<strong>in</strong>!<br />
starten deutsche Unternehmenschefs mit<br />
57 Prozent positiver Geschäftserwartung<br />
erstaunlich optimistisch <strong>in</strong>s neue Jahr. Auch<br />
mittelfristig erwartet e<strong>in</strong>e Mehrheit steigende<br />
Erlöse – im Gegensatz zu den europäischen<br />
CEOs.<br />
Onl<strong>in</strong>eInfo: www.pwc.de/de/pwc282<br />
Oft fällt es Unternehmen schwer, sich selbst oder ihre Produkte erfolgreich<br />
auf dem ch<strong>in</strong>esischen Markt zu präsentieren. Denn häufig<br />
wollen nicht nur Geschäftspartner und Kunden von dem Angebot<br />
überzeugt werden. Auch politische Entscheidungsträger s<strong>in</strong>d an der<br />
Qualität deutscher Produkte <strong>in</strong>teressiert. Aktuelle und verständliche<br />
Informationen s<strong>in</strong>d daher wichtig. Dabei kommt es unter anderem<br />
auf die richtige Sprache an. Darauf reagierte jetzt e<strong>in</strong> deutsches<br />
Unternehmen und publizierte se<strong>in</strong>en Geschäftsbericht auch <strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esischer<br />
Sprache. E<strong>in</strong> geschickter<br />
Coup, denn für Ch<strong>in</strong>esen<br />
hat so etwas e<strong>in</strong>e hohe<br />
Wertigkeit. „Sie s<strong>in</strong>d markenbewusst<br />
und lassen sich gern<br />
von der Marktposition e<strong>in</strong>es<br />
Unternehmens überzeugen“,<br />
so Harald Kayser, Leiter Ch<strong>in</strong>a<br />
Bus<strong>in</strong>ess bei PwC. Onl<strong>in</strong>e<br />
Info: www.pwc.de/de/pwc284<br />
28 pwc: | april 2008
Börsenjahr mit Höhen und Tiefen<br />
Europas Aktienmärkte haben im Schlussquartal 2007 weniger Börsen-<br />
gänge und 17 Prozent weniger Emissionsvolumen verzeichnet. So gab es<br />
nur 227 Erstemissionen (IPOs) und damit 61 weniger als im Vergleichszeit-<br />
raum 2006. Das ergab der jüngste „IPO Watch Europe“ von PwC. Im Ge-<br />
samtjahr 2007 gab es an Europas Börsen <strong>in</strong>sgesamt 801 IPOs, 2006 brachte<br />
nur 18 mehr. <strong>Die</strong> US-Börsen verzeichneten dagegen im vierten Quartal 2007<br />
sogar mehr IPOs als im Vorjahreszeitraum (96 gegenüber 90 im Jahr 2006), das<br />
Emissionsvolumen sank jedoch um 14 Prozent auf rund 13,49 Milliarden Euro.<br />
Im Gesamtjahr 2007 gab es <strong>in</strong> den USA 275 Erstemissionen im Volumen von 46,68<br />
Milliarden Euro. Damit lagen die US-Märkte nicht nur deutlich h<strong>in</strong>ter den Europäern<br />
(29,07 Milliarden Euro), sondern auch h<strong>in</strong>ter den Ch<strong>in</strong>esen. Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Hongkong gab es 2007<br />
<strong>in</strong>sgesamt 86 IPOs im Gesamtwert von 31 Milliarden Euro. <strong>Die</strong> Deutsche Börse brachte es<br />
mit 15 IPOs gerade e<strong>in</strong>mal auf e<strong>in</strong>en Gesamterlös von knapp 1,4 Milliarden Euro.<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc285<br />
Gründerzeit für Banken<br />
Trotz Konsolidierungsdruck wächst der pri-<br />
vate Bankensektor <strong>in</strong> Deutschland munter<br />
weiter. Mittelfristig rechnet PwC mit rund<br />
20 Neugründungen pro Jahr. „Triebfeder<br />
dieser Entwicklung ist die Spezialisierung<br />
des Bankgeschäfts. Institute gründen e<strong>in</strong>-<br />
zelne Geschäftsfelder wie das Onl<strong>in</strong>e-Bank-<br />
<strong>in</strong>g oder Servicebereiche wie das Depot-<br />
geschäft aus und positionieren diese als<br />
eigene Bank“, sagt Ra<strong>in</strong>er Wilken, Banken-<br />
experte bei PwC im Bereich Unternehmens-<br />
beratung. Übernahmen werden h<strong>in</strong>gegen <strong>in</strong><br />
Zukunft e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Rolle spielen. „Ent-<br />
gegen der verbreiteten Ansicht vieler Inves-<br />
toren ist der Aufwand bei der Übernahme<br />
e<strong>in</strong>er bestehenden Bank oftmals höher als<br />
bei der Beantragung e<strong>in</strong>er neuen Bankli-<br />
zenz und der nachfolgenden Gründung“,<br />
erklärt PwC-Steuerfachmann Herbert Zer-<br />
was. Zudem müssten bei e<strong>in</strong>er Neugründung weder verschiedene Unternehmenskulturen<br />
zusammengeführt noch IT-Systeme <strong>in</strong>tegriert werden. 2006 gab es <strong>in</strong> Deutschland 2.110<br />
Kredit<strong>in</strong>stitute. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc286<br />
Gieriger Staat<br />
Lieber gründen als übernehmen<br />
Bankgründungen und -übernahmen<br />
<strong>in</strong> Deutschland<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
Quelle: PwC<br />
Anzahl der<br />
Bankgründungen<br />
Der Fiskus schlägt zu: Ab 1. Januar gilt für<br />
alle Kapitale<strong>in</strong>künfte e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitlicher Steu-<br />
ersatz von 25 Prozent plus Solidaritäts-<br />
zuschlag und Kirchensteuer. Wer Glück hat,<br />
kann aber von Ausnahmeregeln erfasst se<strong>in</strong><br />
und der Steuer e<strong>in</strong> Schnippchen schlagen.<br />
Etwa mit Renten- und Geldmarktfonds. <strong>Die</strong><br />
Z<strong>in</strong>serträge daraus s<strong>in</strong>d zwar dem direkt zu<br />
entrichtenden Abgeltungssatz unterwor-<br />
fen, damit s<strong>in</strong>kt aber auch die Progression,<br />
weil die Z<strong>in</strong>serträge aus der Steuererklärung<br />
verschw<strong>in</strong>den. Zu den Gew<strong>in</strong>nern gehören<br />
auch Anleger <strong>in</strong> offene Immobilienfonds. Ih-<br />
nen bleibt die Spekulationsfrist erhalten. Immobilien <strong>in</strong> Deutschland können weiterh<strong>in</strong> nach<br />
der Zehnjahresfrist steuerfrei veräußert werden. Der steuerfreie Verkauf von Zertifikaten en-<br />
det h<strong>in</strong>gegen schon am 30. Juni 2009. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc287<br />
11<br />
15<br />
9<br />
27<br />
29<br />
23<br />
57<br />
22<br />
3<br />
23<br />
25<br />
3<br />
Anzahl der<br />
Übernahmen<br />
Andreas Borcherd<strong>in</strong>g leitet bei PwC das<br />
BilMoG-Expertenteam.<br />
pwc: | april 2008 29<br />
3<br />
4<br />
6<br />
5<br />
5<br />
3<br />
6<br />
5<br />
8<br />
6<br />
6<br />
7<br />
Drei Fragen an ...<br />
... Andreas Borcherd<strong>in</strong>g<br />
zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz<br />
(BilMoG)<br />
pwc: Warum sollen Unternehmen sich<br />
schon jetzt mit e<strong>in</strong>em noch nicht verab-<br />
schiedeten Gesetz beschäftigen?<br />
Borcherd<strong>in</strong>g: Weil die geplanten Ände-<br />
rungen große Auswirkungen auf Bilanz-<br />
struktur, Kennzahlen und Besteuerungs-<br />
grundlage haben. Das sollte man frühzeitig<br />
analysieren.<br />
Wie kann PwC die Unternehmen unterstüt-<br />
zen?<br />
Umfangreiche Informationen f<strong>in</strong>det man<br />
unter www.pwc.de/de/bilmog. Seit Ende<br />
Februar bieten wir Sem<strong>in</strong>are zum BilMoG<br />
an. Für E<strong>in</strong>zelgespräche steht e<strong>in</strong> Experten-<br />
team zur Verfügung, das bereits e<strong>in</strong>e Um-<br />
setzungsmethodik, die auch die notwen-<br />
digen Prozessanpassungen berücksichtigt,<br />
erstellt hat.<br />
Haben Sie dafür e<strong>in</strong> Beispiel?<br />
Bei den latenten Steuern müssen kon-<br />
zernweit Prozesse aufgesetzt werden, die<br />
die entsprechenden Differenzen zwischen<br />
Steuer- und Handelsbilanz dokumentieren<br />
und fortschreiben. Hierfür wird e<strong>in</strong> entspre-<br />
chendes EDV-Tool notwendig se<strong>in</strong>.
pwc: Wissen<br />
Besten-Auslese<br />
<strong>Die</strong> Kunst des Hochschulmarket<strong>in</strong>gs<br />
beherrschen viele Unternehmen gut.<br />
Das Recruit<strong>in</strong>g von Managementnachwuchs<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht.<br />
Von Anja Dilk und Heike Littger<br />
Bereits 1998 hat Ed Michael, der ameri-<br />
kanische Direktor der Beratung McK<strong>in</strong>sey,<br />
Unternehmen e<strong>in</strong>drücklich gewarnt: „In<br />
order to keep the pipel<strong>in</strong>e full of talented<br />
people, almost all of the companies have<br />
to take nontraditional approaches to re-<br />
cruit<strong>in</strong>g.“ Geändert hat sich daran nichts.<br />
Im Gegenteil. „<strong>Die</strong> Situation hat sich sogar<br />
verschlimmert“, so Holger Leckebusch,<br />
Experte für People and Change bei Price-<br />
waterhouseCoopers (PwC). „Aufgrund der<br />
demografischen Entwicklung und e<strong>in</strong>er<br />
verfehlten Bildungs- und E<strong>in</strong>wanderungs-<br />
politik gibt es zu wenig Topleute. Und die<br />
wenigen Topleute wollen nur das Allerbe-<br />
ste für sich.“<br />
Sie wollen e<strong>in</strong> gutes Gehalt. Sie wollen<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Tätigkeit mit Entwick-<br />
lungspotenzial bei flexibler Zeite<strong>in</strong>teilung,<br />
die auch Platz für Privates lässt. Auch Un-<br />
ternehmenskultur und Standort s<strong>in</strong>d wich-<br />
tig. „Unternehmen müssen ihr Profil schär-<br />
fen – wer b<strong>in</strong> ich und was kann nur ich dir<br />
bieten?“, so Leckebusch. „Vor allem aber<br />
müssen sie ihre Personalabteilungen effi-<br />
zienter gestalten und <strong>in</strong> der Organisation<br />
aufwerten: Sie müssen Talentschmie-<br />
den werden statt Verwaltungsstellen.“<br />
70 Prozent der Dax-Unternehmen hät-<br />
ten da noch Entwicklungsbedarf. Den<br />
größten Schwachpunkt sieht Michael<br />
Proft, Partner bei der Personalberatung<br />
Ray & Berndtson, dar<strong>in</strong>, dass Personaler<br />
den Markt erst scannen, wenn e<strong>in</strong>e<br />
Stelle neu zu besetzen ist. Nur gegen-<br />
über Studenten beherrschen Unterneh-<br />
men die Kunst der frühen Balz recht<br />
gut. Sie schicken Talentscouts auf Mes-<br />
sen der Universitäten, vergeben Diplom-<br />
arbeiten und Stipendien. Oder gründen<br />
Partnerschaften mit Hochschulen. Wie<br />
der Drogeriegigant dm. Seit 2006 ar-<br />
beitet das Unternehmen mit der priva-<br />
ten „Alanus Hochschule für Kunst und<br />
Gesellschaft“ im rhe<strong>in</strong>ischen Alfter zu-<br />
sammen. Dort stehen neben BWL-Know-<br />
how Kunst, Kultur und Philosophie auf<br />
dem Stundenplan. Erich Harsch, stell-<br />
„<strong>Die</strong> Menschen s<strong>in</strong>d Herz und Hirn unseres<br />
Unternehmens, unsere wichtigste Ressource.“<br />
Erich Harsch, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung von dm<br />
vertretender Vorsitzender der Geschäfts-<br />
führung der dm-Drogeriemarktkette,<br />
unter anderem verantwortlich für das<br />
Ressort Mitarbeiter: „Heute kommt es im<br />
Handel weniger darauf an, den besten<br />
Fachmann zu gew<strong>in</strong>nen, sondern Persön-<br />
lichkeiten, die sozial und kreativ s<strong>in</strong>d –<br />
gerade beim Managementnachwuchs.<br />
Solche Skills kommen an den meisten<br />
Unis viel zu kurz.“<br />
Aber was ist mit den Potentials, den<br />
wechselwilligen Mitarbeitern, die jedes<br />
Unternehmen bereichern? „<strong>Die</strong> muss<br />
man f<strong>in</strong>den“, so der Headhunter, „deren<br />
Interesse wecken und Karrieren beglei-<br />
ten – um sie dann zum richtigen Zeit-<br />
punkt für sich zu gew<strong>in</strong>nen.“ Hier sieht<br />
Proft die Stärke se<strong>in</strong>er Zunft: „Personal-<br />
beratungen verfügen über e<strong>in</strong>e gut sor-<br />
tierte Kartei mit top ausgebildeten, enga-<br />
gierten, wechselwilligen Leuten aus dem<br />
In- und Ausland.“ Tim Ackermann etwa,<br />
Personalmanager bei Microsoft Deutsch-<br />
land, greift immer dann auf Personal-<br />
berater mit e<strong>in</strong>em hervorragenden Kon-<br />
taktnetzwerk zurück, wenn er Topjobs<br />
wie e<strong>in</strong>en Direktorenposten zu vergeben<br />
30 pwc: | april 2008
hat oder gewiefte Spezialisten sucht. „Auf<br />
anderem Weg hat man kaum e<strong>in</strong>e Chan-<br />
ce, solche Leute zu f<strong>in</strong>den.“ Generell sei<br />
es schwieriger geworden, gutes Personal<br />
zu f<strong>in</strong>den, die demografische Entwicklung<br />
werde spürbar. <strong>Die</strong> Lösung à la Microsoft:<br />
Sie suchen Mitarbeiter über den Bran-<br />
chenrand h<strong>in</strong>aus, etwa auch <strong>in</strong> sozialen<br />
Onl<strong>in</strong>e-Netzwerken. „Über Bus<strong>in</strong>essplatt-<br />
formen wie X<strong>in</strong>g kommt man viel leichter<br />
an passive Sucher, gute Leute, die ihre<br />
Daten e<strong>in</strong>gestellt haben, aber sich eigent-<br />
lich gar nicht nach e<strong>in</strong>em neuen Job um-<br />
sehen“, so Ackermann. Zugleich wird die<br />
<strong>in</strong>terne Personalentwicklung wichtiger.<br />
„Wo der Markt leer ist, müssen wir selbst<br />
den <strong>in</strong>ternen Talentpool noch <strong>in</strong>tensiver<br />
nutzen und optimieren.“ Ackermann ist<br />
deshalb sicher: Der Stellenwert von Re-<br />
cruitern und Personalentwicklern wird <strong>in</strong><br />
den kommenden Jahren steigen. Das Be-<br />
wusstse<strong>in</strong>, wie wichtig gute Personalab-<br />
teilungen s<strong>in</strong>d, sche<strong>in</strong>t bei vielen Vorstän-<br />
den anzukommen.<br />
<strong>Die</strong> PwC-Studie „The People Agenda. Tal-<br />
ent Management – Energis<strong>in</strong>g the Orga-<br />
nisation Through the Power of People“<br />
zeigt: 70 Prozent der CEOs weltweit be-<br />
trachten es als ihre primäre Aufgabe, die<br />
Topnachwuchs kann sich die Jobs längst wieder<br />
selbst aussuchen. Unternehmen müssen deshalb<br />
schneller se<strong>in</strong> als die Konkurrenz und effizienter<br />
suchen. Und dabei neue Strategien entwickeln.<br />
richtigen Mitarbeiter zu f<strong>in</strong>den, zu ge-<br />
w<strong>in</strong>nen und zu halten. Für die Drogerie-<br />
kette dm ist das selbstverständlich. „<strong>Die</strong><br />
Menschen s<strong>in</strong>d Herz und Hirn unseres<br />
Unternehmens, unsere wichtigste <strong>in</strong>terne<br />
Ressource“, so dm-Mann Erich Harsch.<br />
Der Konzern verzichtet auf e<strong>in</strong>e Personal-<br />
abteilung, die Mitarbeiter sucht. Harsch:<br />
„Das ist die wichtigste Aufgabe der Füh-<br />
rungskräfte selbst. Und wenn die Men-<br />
schen spüren, dass dm e<strong>in</strong> Unternehmen<br />
ist, das entgegen der ‚Geiz ist geil‘-Men-<br />
talität nachhaltig etwas für die Gesell-<br />
schaft tun will, müssen wir uns um guten<br />
Nachwuchs ke<strong>in</strong>e Sorgen machen.“<br />
Kontakt<br />
holger.leckebusch@de.pwc.com<br />
Tel. 0201 438-1168<br />
pwc: | april 2008 31
pwc: Wissen<br />
32 pwc: | april 2008
E<strong>in</strong> Gehen und<br />
Kommen<br />
Mitarbeiterentsendungen <strong>in</strong>s Ausland kosten Unternehmen e<strong>in</strong>e Menge Geld.<br />
Deshalb sollte man sich im Vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> Gedanken über den Mehrwert machen.<br />
Von Mart<strong>in</strong> Reischke<br />
Sie verlassen Deutschland, um <strong>in</strong> der Frem-<br />
de zu arbeiten – und bleiben der e<strong>in</strong>hei-<br />
mischen Wirtschaft trotzdem erhalten:<br />
Mit dem wachsenden E<strong>in</strong>fluss von Export<br />
und Globalisierung auf die wirtschaftliche<br />
Entwicklung wird es für viele Unterneh-<br />
men immer wichtiger, eigene Fach- und<br />
Führungskräfte <strong>in</strong>s Ausland zu senden. Für<br />
kapital<strong>in</strong>tensive Branchen wie etwa die<br />
Automobil<strong>in</strong>dustrie geht es zunächst um<br />
die Erschließung neuer Märkte. Aber auch<br />
um firmenspezifisches Wissen, das weiter-<br />
gegeben werden muss – etwa nach Fusio-<br />
nen oder Firmenzukäufen im Ausland. „Das<br />
fördert das Zusammenwachsen der beiden<br />
Unternehmen und zahlt sich langfristig aus“,<br />
ist Monika Gläser überzeugt. Sie muss es<br />
wissen, sie ist beim Optik-Konzern Carl<br />
Zeiss für <strong>in</strong>ternationale Transfers zuständig.<br />
Aber Mitarbeiter im Ausland kosten e<strong>in</strong>e<br />
Menge Geld. Brechen sie den Aufenthalt<br />
<strong>in</strong> der Ferne vorzeitig ab, kommt das die<br />
Unternehmen teuer zu stehen. Deshalb<br />
sollte e<strong>in</strong> solcher Schritt gut vorbereitet<br />
werden. Carl Zeiss hat e<strong>in</strong> Programm ent-<br />
wickelt, das den Umgang mit Expatriates<br />
konzernweit vere<strong>in</strong>heitlichen soll. 70 Mitar-<br />
beiter s<strong>in</strong>d derzeit <strong>in</strong> 18 Ländern unterwegs,<br />
vor allem <strong>in</strong> Asien und den USA. Bevor der<br />
Mitarbeiter sich für oder gegen e<strong>in</strong>en Aus-<br />
landsaufenthalt entscheidet, kann er auf<br />
e<strong>in</strong>er Orientierungsreise geme<strong>in</strong>sam mit<br />
se<strong>in</strong>er Familie se<strong>in</strong>en potenziellen neuen<br />
Arbeitsort kennenlernen. Beschließt er, <strong>in</strong>s<br />
Ausland zu gehen, wird er auf se<strong>in</strong> neues<br />
Umfeld vorbereitet. „Selbst <strong>in</strong> verme<strong>in</strong>tlich<br />
vertrauten Ländern wie den USA kann der<br />
kulturelle Umgang im Arbeitsalltag schwie-<br />
rig se<strong>in</strong>“, sagt Carl-Zeiss-Personalreferen-<br />
t<strong>in</strong> Gläser. „Deshalb bieten wir das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
für jedes Land an und legen Wert darauf,<br />
dass der Mitarbeiter daran teilnimmt.“ Um<br />
auch dem Rest der Familie den Weggang<br />
schmackhaft zu machen, f<strong>in</strong>anziert Carl<br />
Zeiss etwa die berufliche Weiterbildung des<br />
mitreisenden Partners im Ausland.<br />
<strong>Die</strong>ter Endres ist Vorstandsmitglied bei<br />
<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> und Leiter des<br />
Steuerbereichs.<br />
<strong>Die</strong> Entlohnung des Expatriates orientiert<br />
sich an se<strong>in</strong>em Gehalt <strong>in</strong> Deutschland, hö-<br />
here Lebenshaltungskosten werden durch<br />
Extrazahlungen ausgeglichen. Für die Fir-<br />
men wird es fast immer teurer, denn die<br />
Steuerniveauunterschiede <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zel-<br />
nen Ländern werden <strong>in</strong> die Gehaltsver-<br />
handlungen mit e<strong>in</strong>bezogen. „Da der Ver-<br />
gütung von Expatriates typischerweise<br />
Nettolohnvere<strong>in</strong>barungen zugrunde liegen,<br />
ist die zusätzliche Steuerbelastung von<br />
den Unternehmen zu tragen“, sagt Prof.<br />
Dr. <strong>Die</strong>ter Endres, Vorstandsmitglied bei<br />
<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC) und Leiter<br />
des Steuerbereichs. In diesem Fall wird das<br />
deutsche Nettogehalt als Grundlage zur<br />
Berechnung des ausländischen Bruttolohns<br />
herangezogen. Der Mitarbeiter verdient daher<br />
netto so viel wie <strong>in</strong> Deutschland – auch<br />
wenn die Steuern im Ausland höher s<strong>in</strong>d.<br />
Was die Kosten für die Unternehmen <strong>in</strong> die<br />
Höhe treibt, s<strong>in</strong>d die zusätzlichen Aufwendungen:<br />
Umzugs- und Mietkosten, regelmäßige<br />
Heimflüge oder das Schulgeld für<br />
die mitreisenden K<strong>in</strong>der. „Schon für die<br />
Vorbereitung mit mehrtägigem <strong>in</strong>terkulturellem<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und Orientierungsreise mit<br />
dem Partner nach Asien kann man schnell<br />
auf e<strong>in</strong> paar 10.000 Euro kommen“, rechnet<br />
Andreas Bittner, Geschäftsführer des Instituts<br />
für Interkulturelles Management (IFIM).<br />
„Und im Vergleich zu den Gesamtkosten der<br />
Entsendung ist das noch wenig.“<br />
Mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
<strong>in</strong> Mannheim (ZEW) hat<br />
PwC im Jahr 2005 die Entsendungskosten<br />
für Expatriates <strong>in</strong> 20 Ländern untersucht.<br />
Unter der Annahme e<strong>in</strong>es verfügbaren<br />
Jahrese<strong>in</strong>kommens von 75.000 Euro und<br />
zusätzlichen Aufwendungen <strong>in</strong> Höhe von<br />
30.000 Euro kamen durchschnittliche Entsendungskosten<br />
von rund 167.000 Euro<br />
zusammen – für e<strong>in</strong>en alle<strong>in</strong>stehenden<br />
Arbeitnehmer. Dabei waren die länderspe-<br />
zifischen Unterschiede durchaus eklatant:<br />
In Belgien kostete e<strong>in</strong> Mitarbeiter knapp<br />
194.000 Euro, <strong>in</strong> Slowenien rund 215.000<br />
Euro. In Russland und <strong>in</strong> der Schweiz h<strong>in</strong>-<br />
gegen beliefen sich die Kosten nur auf<br />
rund 147.000 Euro – bei gleichem Netto-<br />
lohn. „<strong>Die</strong> Entsendung e<strong>in</strong>es Mitarbeiters<br />
<strong>in</strong>s Ausland ist unter Umständen sogar bil-<br />
liger als se<strong>in</strong>e Beschäftigung <strong>in</strong> Deutsch-<br />
land“, so <strong>Die</strong>ter Endres.<br />
Viele Länder versuchen, Expatriates auch<br />
mit Steueranreizen zu locken: So stellen<br />
etwa die Schweiz und Frankreich zusätz-<br />
liche Aufwendungen für die Expatriates<br />
steuerfrei, <strong>in</strong> Ländern wie den Niederlan-<br />
den oder Schweden bleibt e<strong>in</strong> Teil des Ge-<br />
halts unbesteuert. In F<strong>in</strong>nland und Spanien<br />
h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d die Steuersätze für Expatriates<br />
ab e<strong>in</strong>er bestimmten E<strong>in</strong>kommenshöhe<br />
günstiger als für e<strong>in</strong>heimische Arbeitnehmer.<br />
Dennoch waren die Kosten für die<br />
Auslandsentsendung laut PwC-Studie im<br />
Durchschnitt deutlich höher als bei e<strong>in</strong>er<br />
vergleichbaren Beschäftigung <strong>in</strong> Deutschland<br />
– vor allem aufgrund der zusätzlichen<br />
Aufwendungen, die die Mitarbeiter erhalten.<br />
pwc: | april 2008 33
pwc: Wissen<br />
Deshalb wägen die Unternehmen die Vor-<br />
und Nachteile genau gegene<strong>in</strong>ander ab.<br />
„Das Kostenbewusstse<strong>in</strong> ist stärker gewor-<br />
den“, sagt Bittner. „Deshalb fragen sich die<br />
Firmen heute auch viel kritischer, ob e<strong>in</strong>e<br />
Auslandsentsendung wirklich s<strong>in</strong>nvoll ist.“<br />
An der <strong>in</strong>ternationalen Ausrichtung der Un-<br />
ternehmen ändert das jedoch nichts. „<strong>Die</strong><br />
Anzahl der Standorte deutscher Firmen<br />
im Ausland wächst weiterh<strong>in</strong>“, sagt Bittner.<br />
„Aber pro Standort gibt es weniger Expatri-<br />
ates als früher.“ Das hat auch PwC-Steu-<br />
erberater Thomas Kausch beobachtet, der<br />
Unternehmen bei Mitarbeiterentsendungen<br />
berät: „Es gibt viele Funktionen, bei denen<br />
man früher dachte, das muss jemand aus<br />
der Zentrale machen. Das ist heute nicht<br />
mehr so, denn auch lokale Mitarbeiter s<strong>in</strong>d<br />
oft gut ausgebildet.“ Trotzdem wächst die<br />
Zahl der Expatriates weiter – wenn auch<br />
nicht so stark wie noch vor e<strong>in</strong>igen Jahren.<br />
Dafür s<strong>in</strong>d die Mitarbeiter heute deutlich<br />
kürzer vor Ort, maximal zwölf Monate. Hat<br />
sich das Unternehmen entschieden, e<strong>in</strong>en<br />
Mitarbeiter <strong>in</strong>s Ausland zu schicken, sollten<br />
klare Ziele für dessen Arbeit im Ausland ver-<br />
e<strong>in</strong>bart werden. Den Kontakt zur Firmenzen-<br />
trale dürfe er dabei aber auch nicht verlie-<br />
ren. Regelmäßige Heimflüge helfen ebenso<br />
wie e<strong>in</strong> Mentor aus der eigenen Abteilung <strong>in</strong><br />
Deutschland, der den Expatriate über unter-<br />
nehmens<strong>in</strong>terne Entwicklungen <strong>in</strong> Deutsch-<br />
land auf dem Laufenden hält und Interesse<br />
an dessen Arbeit zeigt.<br />
Denn Geld ist nicht alles. Zu diesem<br />
Schluss kommt auch PwC: Zwar liegen<br />
die tatsächlichen durchschnittlichen Ent-<br />
Mehr wert<br />
<strong>Die</strong> Studie „Der Mehrwert <strong>in</strong>ternationaler<br />
Mitarbeitere<strong>in</strong>sätze“ untersucht detail-<br />
liert, ob und wann es sich lohnt, Mitar-<br />
beiter <strong>in</strong>s Ausland zu schicken. Dafür hat<br />
PwC Kosten und Nutzen für verschie-<br />
dene Formen von <strong>in</strong>ternationalen E<strong>in</strong>sät-<br />
zen bewertet – und auch untersucht, was<br />
aus den Karrieren der Mitarbeiter nach<br />
ihrer Rückkehr wurde. Dadurch ergibt<br />
sich erstmals e<strong>in</strong> vollständiges Bild über<br />
die Möglichkeit, Mitarbeitern mit Aus-<br />
landserfahrung auch Weiterentwicklungs-<br />
möglichkeiten zu bieten.<br />
sendungskosten von neun bewerteten<br />
Großunternehmen mit rund 212.000 Euro<br />
mittlerweile deutlich höher als noch <strong>in</strong> der<br />
Modellrechnung von 2005. Aber e<strong>in</strong> Zu-<br />
sammenhang zwischen der <strong>in</strong>dividuellen<br />
Höhe der entsendungsbezogenen Zulagen<br />
und der Leistung des Mitarbeiters lässt<br />
sich nicht nachweisen. „Viele Unterneh-<br />
men stellen die f<strong>in</strong>anziellen Aspekte zu<br />
sehr <strong>in</strong> den Vordergrund, während sich<br />
die Mitarbeiter stärker für die eigene beruf-<br />
liche Entwicklung <strong>in</strong>teressieren“, sagt Tho-<br />
mas Kausch. Doch Karriereversprechen für<br />
die Zeit nach dem Auslandse<strong>in</strong>satz geben<br />
immer weniger Unternehmen. Schließlich<br />
ist Auslandserfahrung heute nichts Beson-<br />
deres mehr. Auch deshalb ist die Rückkehr<br />
nach Deutschland für die Expatriates nicht<br />
leicht: „Da ist der Kulturschock mitunter<br />
größer als beim Wegflug“, sagt Kausch.<br />
Damit sich der Mitarbeiter nicht zu sehr<br />
von se<strong>in</strong>er Heimatkultur entfremdet, sollte<br />
man die Dauer des Aufenthalts begrenzen.<br />
„Fünf Jahre s<strong>in</strong>d sicher die Schallgrenze“,<br />
me<strong>in</strong>t der Steuerexperte.<br />
Bei Bosch <strong>in</strong> Stuttgart hat man jetzt e<strong>in</strong><br />
Konzept entwickelt, das die Rückkehr er-<br />
leichtern und unter anderem den Aus-<br />
tausch <strong>in</strong>terkulturellen Wissens im Un-<br />
ternehmen fördern soll: Mitarbeiter, die<br />
aus dem Ausland zurückkommen, kön-<br />
nen sich zum Länderreferenten ausbil-<br />
den lassen – und selbst an Vorbereitungs-<br />
Mitarbeiter im Ausland verdienen netto so viel<br />
wie zu Hause. Fallen höhere Steuern an, muss<br />
das Unternehmen sie tragen. Dazu kommen noch<br />
Kosten für Umzug, Heimflüge und Sem<strong>in</strong>are.<br />
tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs mitwirken. „So können unsere<br />
Mitarbeiter ihre Auslandserfahrungen<br />
an neue Expatriates weitergeben“, sagt<br />
Bosch-Bildungsreferent<strong>in</strong> Andrea Güse-<br />
well. Und werden damit auch re<strong>in</strong>tegriert.<br />
Das ist e<strong>in</strong> nicht zu unterschätzender<br />
Faktor. Denn 15 Prozent der Rückkehrer<br />
verlassen laut PwC-Studie <strong>in</strong>nerhalb des<br />
nächsten Jahres das Unternehmen. Wer<br />
aber bleibt, ist später dem Unternehmen<br />
gegenüber meist loyaler als der Durch-<br />
schnitt der nicht entsandten Mitarbeiter.<br />
E<strong>in</strong>e gezielte Re<strong>in</strong>tegration ist deshalb<br />
wichtig, um heimgekehrte Mitarbeiter hal-<br />
ten und von ihren Erfahrungen im Ausland<br />
profitieren zu können.<br />
Weitaus schwerer haben es mittelstän-<br />
dische Unternehmen, die Auslands-<br />
entsendung der Mitarbeiter professionell<br />
zu begleiten. „Hier ist der Expatriate eher<br />
das Versuchskan<strong>in</strong>chen“, sagt Andreas<br />
Bittner. Denn e<strong>in</strong>e umfangreiche Vor- und<br />
Nachbereitung übersteigt oft deren fi-<br />
nanzielle Möglichkeiten. Trotzdem kom-<br />
men natürlich auch dort berufliche Aus-<br />
landsaufenthalte vor. Am Erfurter Standort<br />
des belgischen Automobilzulieferers Me-<br />
lexis etwa ist vor e<strong>in</strong>igen Wochen erst e<strong>in</strong><br />
deutscher Ingenieur von e<strong>in</strong>em neunmo-<br />
natigen Aufenthalt <strong>in</strong> Detroit zurückge-<br />
kehrt. „Melexis hat ihn dort gebraucht“,<br />
sagt die Melexis-Personalchef<strong>in</strong> Stef-<br />
fi Pfeiffer. „Und se<strong>in</strong>e primäre Motivation<br />
war dabei nicht f<strong>in</strong>anzieller Natur, sondern<br />
die Chance auf berufliche und persönliche<br />
Entwicklung.“ Manche Mitarbeiter kom-<br />
men eben damit zurecht, Versuchskan<strong>in</strong>-<br />
chen zu se<strong>in</strong>.<br />
Kontakt<br />
dieter.endres@de.pwc.com<br />
Tel. 069 9585-6459<br />
thomas.kausch@de.pwc.com<br />
Tel. 030 2636 5253<br />
34 pwc: | april 2008
pwc: Kolumne<br />
Trau nie dem Controll<strong>in</strong>g<br />
Was modernes Controll<strong>in</strong>g mit e<strong>in</strong>em Freier namens He<strong>in</strong>rich VIII. zu tun hat.<br />
Von Klaus Kocks<br />
Kontrollieren Controller das Unternehmen? Ich kenne Unternehmen,<br />
<strong>in</strong> denen die Vielgescholtenen weitreichende Macht haben. Was<br />
sich nicht fürs Controll<strong>in</strong>g rechnet, also über der M<strong>in</strong>destrendite<br />
liegt, wird nicht gemacht. Egal, was die Sparte sagt. Und ich kenne<br />
Aktiengesellschaften, da haben die Herren des Berichtswesens so<br />
gut wie nichts zu sagen und s<strong>in</strong>d vor allem gegen Jahresende im<br />
Creative Account<strong>in</strong>g gefordert. Aber man darf nicht im Holzschnitt<br />
artigen stecken bleiben. <strong>Die</strong> Frage ist eigentlich nicht, was Con<br />
troll<strong>in</strong>g br<strong>in</strong>gt oder nicht br<strong>in</strong>gt. Wirkliches Missmanagement f<strong>in</strong>det<br />
auf e<strong>in</strong>er anderen Etage statt. Der Fisch st<strong>in</strong>kt immer vom Kopf.<br />
<strong>Die</strong> notwendige wie h<strong>in</strong>reichende Frage heißt: Was weiß der Vor<br />
stand überhaupt von se<strong>in</strong>em Laden? Aus e<strong>in</strong>er hässlichen Antwort<br />
auf diese harmlos kl<strong>in</strong>genden Worte erklären sich fast alle Überra<br />
schungen, die die Verantwortlichen zum Entsetzen ihrer Aktionäre<br />
trotz anfänglich massiver Dementis dann doch immer wieder erei<br />
len. Wie Blitze aus heiterem Himmel.<br />
Gestandene Fahrensleute aus Industrie und Handel s<strong>in</strong>d demütiger<br />
als die Heißsporne <strong>in</strong> Analystenkreisen. Reife Manager fragen: Was<br />
kann e<strong>in</strong> Vorstand überhaupt wissen? <strong>Die</strong> Antwort darauf wird nur<br />
geraunt. Alles war besser <strong>in</strong> <strong>in</strong>habergeführten Unternehmen, hört<br />
man die alten Männer bei Rotary sagen. <strong>Die</strong> noch älteren Herren<br />
im Club träumen von Manufakturen, Handwerksbetrieben, <strong>in</strong> de<br />
nen die Aufsichtsdichte bis <strong>in</strong> die Seele der Beschäftigten und die<br />
Börsen der Kunden reichte. Und das Eigenkapital so beschaffen<br />
war, dass man e<strong>in</strong>en Banker e<strong>in</strong>en jämmerlichen Wucherer nennen<br />
konnte. Shakespeares Shylock wurde verachtet, wo große Kapi<br />
talien sich selbst gehörten. Tempi passati. Heute kaufst du e<strong>in</strong>en<br />
Laden, dessen Topmanagement <strong>in</strong> London sitzt, die Fertigung <strong>in</strong><br />
Indien und dort <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bundesstaat, der kl<strong>in</strong>gt wie e<strong>in</strong>e G<strong>in</strong>Mar<br />
ke, von der man aber gar nicht weiß, ob es sie überhaupt gibt. Was<br />
aber auch egal ist, wenn man die Equity Story und die dazugehöri<br />
ge verme<strong>in</strong>tliche Fertigung zum xFachen nach vier Jahren weiter<br />
verkaufen kann.<br />
Da man <strong>in</strong> globalen Unternehmen nicht an allen Orten se<strong>in</strong> kann,<br />
hat man e<strong>in</strong> Controll<strong>in</strong>g, das das Wissen, die Daten und Fakten der<br />
riesigen Unternehmenswelt akkumuliert, sodass die ganze <strong>Welt</strong> auf<br />
Professor Klaus Kocks, Jahrgang 1952, ist<br />
unabhängiger Me<strong>in</strong>ungsforscher und Kom<br />
munikationsberater. Bis Ende 2001 war<br />
der Wirtschafts und Sozialwissenschaftler<br />
Kommunikationsvorstand bei VW.<br />
zehn PowerPo<strong>in</strong>tCharts passt. Und alles ist wieder gut. E<strong>in</strong> Preis<br />
der Globalisierung ist, dass man sich aufs Hörensagen verlassen<br />
muss. Jedenfalls meistens.<br />
He<strong>in</strong>rich VIII. von England (1491 bis 1547) hat es auf sechs Ehe<br />
frauen gebracht. Der betriebswirtschaftlich <strong>in</strong>teressante Teil han<br />
delt von se<strong>in</strong>er vierten Frau Anna aus dem niederrhe<strong>in</strong>ischen Kleve,<br />
aufgewachsen im Bergischen, die als die „flämische Mähre“ <strong>in</strong> die<br />
Geschichtsbücher e<strong>in</strong>gegangen ist. Anna war die erste englische<br />
König<strong>in</strong> aus Deutschland; noch heute ist sie auf e<strong>in</strong>em Gemälde<br />
des damals berühmtesten Porträtmalers Hans Holbe<strong>in</strong> dem Jünge<br />
ren zu bewundern, das im Louvre hängt. He<strong>in</strong>rich VIII. hatte gerade<br />
se<strong>in</strong>e dritte Gatt<strong>in</strong> verloren und ließ von se<strong>in</strong>em Lordsiegelbewahrer<br />
Thomas Cromwell den europäischen Kont<strong>in</strong>ent nach e<strong>in</strong>er heirats<br />
willigen Adligen absuchen. <strong>Die</strong> Situation wurde dadurch e<strong>in</strong> wenig<br />
erschwert, dass He<strong>in</strong>rich VIII. an Depressionen litt, die er durch un<br />
mäßiges Fressen und Saufen zu behandeln suchte. Im Zuge dessen<br />
war er zu e<strong>in</strong>em bewegungsunfähigen Koloss angewachsen. So<br />
ließ sich schlecht an Europas Höfen um Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>nen freien. <strong>Die</strong><br />
Botschafter des Königshauses ließen die Aspirant<strong>in</strong>nen an Europas<br />
Höfen porträtieren. Bilder waren leichter zu transportieren als se<strong>in</strong>e<br />
Hoheit. Damit wurde Holbe<strong>in</strong> beauftragt, der bei Hofe <strong>in</strong> höchsten<br />
Gnaden stand. He<strong>in</strong>rich VIII. erwählte sich durch Betrachten der<br />
Bilder schließlich Anna aus Flamen und war sie noch vor Jahres<br />
frist leid. Der Hofstaat wusste davon zu berichten, dass die Dame <strong>in</strong><br />
völliger Unkenntnis e<strong>in</strong>schlägiger bei Korpulenz angezeigter Prak<br />
tiken gewesen sei, sodass sie das Nachtlager auch nach den e<strong>in</strong><br />
Dreivierteljahr währenden Versuchen als <strong>in</strong>takte Jungfrau verlassen<br />
habe. He<strong>in</strong>rich VIII. ließ Cromwell prüfen, wie er aus dem vermale<br />
deiten Ehevertrag wieder herauskäme, was Cromwell nicht bewerk<br />
stelligen konnte und mit dem Tod durch Köpfen zu bezahlen hatte.<br />
Was lehrt uns das? Man hüte sich vor dem Hörensagen. <strong>Die</strong> wirk<br />
lich wichtigen D<strong>in</strong>ge im Leben lässt man sich nicht nur reporten.<br />
Man probiert sie vor Vertragsschluss aus. Und zwar selbst. Hands<br />
on. Wenn Sie das e<strong>in</strong>em der Bubis bei Morton Glenfiddich Brothers<br />
<strong>in</strong> der City erklären müssen, fragen Sie ihn e<strong>in</strong>fach nach Henry VIII.<br />
Oder sagen Sie nur: The proof of the pudd<strong>in</strong>g is <strong>in</strong> the eat<strong>in</strong>g.<br />
pwc: | april 2008 35
pwc: Wissen<br />
<strong>Die</strong> Ostküsten-Amerikaner<strong>in</strong> und Mathematiker<strong>in</strong> Marna Whitt<strong>in</strong>gton ist seit 2002 bei Allianz Global Investors und pendelt regelmäßig<br />
zwischen den Kont<strong>in</strong>enten und Kulturen h<strong>in</strong> und her.<br />
36 pwc: | april 2008
Pendler<strong>in</strong><br />
zwischen den <strong>Welt</strong>en<br />
Marna Whitt<strong>in</strong>gton, Verwaltungsdirektor<strong>in</strong> von Allianz Global Investors, über<br />
multikulturelle Synergien, notwendige Freiräume und harte Entscheidungen.<br />
Von Beatrix Boutonnet<br />
pwc: Frau Whitt<strong>in</strong>gton, welche Vorteile br<strong>in</strong>gt der Allianz die Tat<br />
sache, dass Sie Amerikaner<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d?<br />
Whitt<strong>in</strong>gton: Da s<strong>in</strong>d mehrere D<strong>in</strong>ge von Bedeutung. Es gibt nur<br />
sehr wenige Unternehmen, die wirklich global aufgestellt s<strong>in</strong>d und<br />
<strong>in</strong> allen wichtigen Märkten Investmentkompetenzen vorweisen kön<br />
nen. Es ist daher wichtig, erfahrene Leute zu haben, die sich global<br />
und <strong>in</strong> den Teilmärkten auskennen. Der andere Punkt, warum aus<br />
gerechnet e<strong>in</strong>e Amerikaner<strong>in</strong> ausgesucht wurde, ist me<strong>in</strong>es Erach<br />
tens recht e<strong>in</strong>fach. In den angelsächsischen Ländern haben wir die<br />
längste Tradition im Bereich Investment Management. Wir haben<br />
gut entwickelte Regulatorien, Baukastensysteme und Strukturen.<br />
Wo sehen Sie Unterschiede zwischen Amerikanern und Deutschen?<br />
Wissen Sie, Amerikaner f<strong>in</strong>den bei Problemen immer rasch<br />
Lösungen. Deutsche dagegen gehen sehr analytisch vor und s<strong>in</strong>d<br />
sehr zielorientiert. Ich sage immer, wenn es uns gel<strong>in</strong>gt, die Ergeb<br />
nisorientierung der Amerikaner mit den analytischen und prozess<br />
technischen Fähigkeiten der Deutschen zu komb<strong>in</strong>ieren, haben wir<br />
die ideale Mischung.<br />
War es das, was Sie an diesem Job reizte?<br />
Es war e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e tolle Chance. <strong>Die</strong> Allianz hatte als Konzern<br />
damals e<strong>in</strong>en deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Sie suchten<br />
jemanden, der das AssetManagementGeschäft auf und ausbaut.<br />
<strong>Die</strong> Allianz war dabei sehr fortschrittlich <strong>in</strong> ihrer Denkweise. Sie gab<br />
für die Tochterunternehmen nur die Richtl<strong>in</strong>ien vor und ließ ihnen<br />
ansonsten möglichst viel Autonomie. Das hat mich gereizt.<br />
Welche Rolle hat multikulturelles Management für Sie?<br />
Lassen Sie mich es mit e<strong>in</strong>em Versuch erklären. Bei e<strong>in</strong>em Test<br />
mussten Europäer, Amerikaner und Asiaten e<strong>in</strong> Aquarium mit drei<br />
Fischen beschreiben. Während die Europäer und Amerikaner sich<br />
auf die Fische konzentrierten, beschrieben die Asiaten die Pflanzen<br />
und die Umgebung im Aquarium. Am besten wäre doch, wenn wir<br />
die Fische und das Aquarium beschreiben würden, denn das e<strong>in</strong>e<br />
nützt ohne das andere nichts. <strong>Die</strong> Synergien e<strong>in</strong>es multikulturellen<br />
Teams s<strong>in</strong>d meist sehr hoch.<br />
In der Theorie ist es e<strong>in</strong>fach, unterschiedliche Kulturen zu e<strong>in</strong>em<br />
Team zu verschmelzen. In der Praxis ist das erheblich schwieriger ...<br />
Das ist schon richtig. Aktuelle Studien belegen, dass rund 30 Pro<br />
zent der Auslandse<strong>in</strong>sätze gerade an diesen kulturellen Barrieren<br />
scheitern. Doch viele der Schwierigkeiten s<strong>in</strong>d durchaus lösbar,<br />
wenn man dazu bereit ist. E<strong>in</strong> wichtiger Punkt ist sicherlich, dass<br />
all unsere Leute verstehen: Gerade diese Mult<strong>in</strong>ationalität ist unse<br />
re Stärke. Außerdem macht es e<strong>in</strong>fach Spaß, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationa<br />
len Team zu arbeiten. Es erweitert den Horizont. Konfliktfrei geht es<br />
natürlich auch nicht ab. Oft muss man sich wirklich sagen: „Durch<br />
atmen, nicht ärgerlich werden!“, wenn etwas schiefläuft.<br />
Was läuft denn manchmal schief?<br />
Meist liegen die Ursachen für Missverständnisse <strong>in</strong> Kommunikati<br />
onsproblemen. Hier im Haus ist die Geschäftssprache oft Englisch.<br />
Manchmal vergessen me<strong>in</strong>e USKollegen, dass wir dadurch e<strong>in</strong>en<br />
enormen Vorteil haben. Englisch wird überall gesprochen. Wir füh<br />
len uns natürlich <strong>in</strong> unserer Muttersprache völlig zu Hause, kennen<br />
alle Fe<strong>in</strong>heiten. Aber die anderen Kollegen sprechen noch zwei, drei<br />
oder vier andere Sprachen. Für sie ist Englisch e<strong>in</strong>e Fremdsprache.<br />
Ich spreche daher nicht so schnell. <strong>Die</strong> Sprachhürde haben wir als<br />
Muttersprachler zu beachten. Das ist schon etwas, worauf man <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>terkulturellen Team sehr achten muss.<br />
Sie pendeln sche<strong>in</strong>bar mühelos zwischen mehreren Nationalitäten,<br />
Kont<strong>in</strong>enten und Kulturen. Können Sie e<strong>in</strong>ige Ihrer geheimen Tricks<br />
verraten, wie Ihnen das gel<strong>in</strong>gt?<br />
Ich glaube, der wichtigste Punkt ist der: Ich will hier se<strong>in</strong>. Ich habe<br />
es mir so ausgesucht. Ich liebe München. Es ist e<strong>in</strong>e tolle Stadt<br />
mit e<strong>in</strong>er idealen Größe, e<strong>in</strong>er herrlichen Oper und e<strong>in</strong>er wunderba<br />
ren Umgebung. Und beruflich gesehen haben wir bei der Allianz G I<br />
e<strong>in</strong>e große Aufgabe vor uns. Es gibt noch viel zu tun. Wir kommen<br />
aber gut voran.<br />
Und wie funktioniert so e<strong>in</strong> globales Unternehmen?<br />
<strong>Die</strong> Firma ist sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag aktiv.<br />
Stellen Sie sich nur mal e<strong>in</strong>e Konferenzschaltung zwischen Hong<br />
kong, München, New York und Kalifornien vor – e<strong>in</strong>e Konstellation,<br />
die wir häufig haben. Da ist – übertragen gesprochen – immer e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Die</strong> (Be)Herrscher<strong>in</strong> der Zahlen<br />
Marna Whitt<strong>in</strong>gton kam im Januar 2002 als Verwaltungsdirekto<br />
r<strong>in</strong> (COO) zu Allianz Global Investors (Allianz G I). Parallel dazu<br />
ist sie seitdem auch CEO von NicholasApplegate. Das Tochterunternehmen<br />
der Allianz SE gehört zu den fünf wichtigsten Asset<br />
Managern weltweit. Derzeit wird dort Anlagekapital <strong>in</strong> Höhe von<br />
rund 1,3 Milliarden Euro betreut. Zuvor war die studierte Mathematiker<strong>in</strong><br />
im AssetManagementBereich bei Morgan Stanley Asset<br />
Management und Miller, Anderson & Sherrerd, ExecutiveVicePräsident<strong>in</strong><br />
und F<strong>in</strong>anzdirektor<strong>in</strong> (CFO) der Universität von Pennsylvania<br />
und F<strong>in</strong>anzstaatssekretär<strong>in</strong> des Bundesstaats Delaware. <strong>Die</strong><br />
gebürtige Amerikaner<strong>in</strong> aus Pennsylvania ist Mutter von zwei Töch<br />
tern und Großmutter zweier Enkel<strong>in</strong>nen.<br />
pwc: | april 2008 37
pwc: Wissen<br />
im Schlafanzug. <strong>Die</strong>se Art zu arbeiten muss man schon mögen. Sie<br />
müssen den Wunsch, alles zu kontrollieren, reduzieren können. Das<br />
ist für e<strong>in</strong>ige Kollegen hart. Viele s<strong>in</strong>d es gewohnt, alles zu über-<br />
wachen. Bei e<strong>in</strong>em globalen Geschäft ist das nicht möglich. Sie<br />
müssen dennoch entspannt dabei bleiben, wenn Sie nicht mehr<br />
alles bis <strong>in</strong>s Detail kontrollieren können. Sie benötigen e<strong>in</strong>e gute<br />
Prozessplanung, müssen zielorientiert arbeiten und ab und zu tief<br />
Atem holen. Das Schlüsselwort dabei ist sicher „Vertrauen“. Man<br />
muss e<strong>in</strong>fach lernen, Menschen zu vertrauen. E<strong>in</strong> Beispiel: Ich spre-<br />
che ke<strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>esisch. Ich verstehe die ch<strong>in</strong>esischen Verträge nicht.<br />
Ich muss daher me<strong>in</strong>en Mitarbeitern vor Ort vertrauen. In e<strong>in</strong>em<br />
Inlandsgeschäft können Sie alle Dokumente lesen. In e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ter-<br />
nationalen Geschäft ist das nicht immer der Fall. Natürlich müssen<br />
Sie genau wissen, was Sie wollen, und die Richtl<strong>in</strong>ien kennen, aber<br />
letztendlich müssen Sie sich auf die Mitarbeiter verlassen.<br />
Sie sagten e<strong>in</strong>mal, die Allianz ist e<strong>in</strong>e sehr kluge Mutter. Was me<strong>in</strong>-<br />
ten Sie mit dieser Aussage?<br />
E<strong>in</strong> Konzern ist mit e<strong>in</strong>er Familie vergleichbar. <strong>Die</strong> Allianz hat schnell<br />
verstanden, dass der e<strong>in</strong>zige Weg, e<strong>in</strong>en mult<strong>in</strong>ationalen Konzern<br />
erfolgreich zu führen, der ist, den Tochterunternehmen so viel Frei-<br />
heit wie möglich zu lassen. Viele Dachkonzerne haben damit Pro-<br />
bleme. Sie glauben, alles muss bis <strong>in</strong>s Detail geregelt und vorge-<br />
geben werden. Zudem ist der Bereich Asset-Management e<strong>in</strong> ganz<br />
anderes Geschäft als Versicherungen. Das war der Allianz immer<br />
„Mitarbeiter s<strong>in</strong>d für den Unternehmenserfolg<br />
<strong>in</strong>zwischen der entscheidende Faktor.“<br />
klar. Am Anfang hatten sie sicherlich auch nicht alle Antworten parat.<br />
Aber sie wollten <strong>in</strong> diesem Bereich wirklich gut werden. Und wir<br />
<strong>in</strong> den Tochterunternehmen haben versucht, dieses Vertrauen nicht<br />
zu enttäuschen. Wir antworteten immer schnell und genau auf alle<br />
Fragen, haben unsere Strategien, Ausführungen und Ergebnisse<br />
offengelegt. Oft s<strong>in</strong>d es ja die kle<strong>in</strong>en D<strong>in</strong>ge, die alles vorantreiben.<br />
Wie <strong>in</strong>tegrieren Sie diese <strong>in</strong>ternationale Mitarbeiterorientierung <strong>in</strong><br />
den Geschäftsalltag?<br />
Unsere Philosophie ist eigentlich die unseres Mutterkonzerns. Bei<br />
uns müssen auch nicht alle gleich arbeiten. Das Asiengeschäft<br />
unterscheidet sich sehr vom US-Geschäft und ebenso von Europa.<br />
In vielen Bereichen machen Freiräume mehr S<strong>in</strong>n. Manchmal aber<br />
muss e<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>ie gefahren werden, wie beispielsweise im F<strong>in</strong>ancial<br />
Report<strong>in</strong>g System. Als Konzern gibt es ja auch viele Vorteile, etwa<br />
das Thema E<strong>in</strong>kaufsmacht: In den USA haben wir e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />
System für Lohnabrechnungen und für Unternehmensleistungen.<br />
So muss nicht jedes Unternehmen mit den Krankenkassen verhandeln.<br />
Unsere Tochterunternehmen wollen auch immer mehr geme<strong>in</strong>sam<br />
arrangieren. Das ist e<strong>in</strong> Prozess des Verstehens und des Vertrauens.<br />
Es darf nicht vergessen werden: Was die Unternehmen so<br />
e<strong>in</strong>sparen, können Sie im Analysebereich mehr ausgeben. Das wird<br />
wirtschaftlich schnell e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Entscheidung.<br />
Hatten Sie je Probleme <strong>in</strong> Ihren Führungspositionen, weil Sie e<strong>in</strong>e<br />
Frau s<strong>in</strong>d?<br />
In vielen D<strong>in</strong>gen macht das den Job herausfordernder. In der ersten<br />
Zeit wurde ich hier immer als „die amerikanische Frau“ bezeichnet.<br />
Ich b<strong>in</strong> mir nicht sicher, ob das immer nur positiv geme<strong>in</strong>t war ...<br />
Aber die Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Führungsverhalten<br />
bereichern ebenso wie die Vorteile unterschiedlicher<br />
Nationalitäten. Es br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en anderen Blick mit sich. <strong>Die</strong>se<br />
Verschiedenartigkeit ist immer e<strong>in</strong> Plus. Manchmal dauern Prozesse<br />
dadurch e<strong>in</strong> bisschen länger, aber das Endergebnis ist besser.<br />
Würden Sie sich als Teamplayer bezeichnen oder eher als Solist<strong>in</strong>?<br />
Natürlich müssen Sie ergebnisorientiert arbeiten. Am Ende des<br />
Tages <strong>in</strong>teressiert nur, was herauskommt. Da muss man schon hart-<br />
näckig se<strong>in</strong>. Das heißt natürlich nicht, dass Sie alles selbst machen<br />
müssen. Jeder will Teil e<strong>in</strong>es erfolgreichen Teams se<strong>in</strong>. Wenn alles<br />
sehr gut läuft, vergessen alle schnell, wie hart es zwischendurch war.<br />
Man muss Mitarbeiter immer für ihre Aufgabe begeistern im H<strong>in</strong>blick<br />
auf e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Ziel. Das ist e<strong>in</strong> Teil me<strong>in</strong>es Jobs.<br />
Und was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern?<br />
Mitarbeiter s<strong>in</strong>d für den Unternehmenserfolg <strong>in</strong>zwischen der entscheidende<br />
Faktor. Als Führungskraft hat man die Aufgabe, auch<br />
38 pwc: | april 2008
zu sehen, dass die Mitarbeiter alle Werkzeuge zur Verfügung haben,<br />
dass sie ihre Arbeit optimal erledigen können. Ist das nicht der Fall,<br />
kommt es schnell zu Frustrationen.<br />
Sie arbeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sensiblen Umfeld. Wie steht es mit „ethischen<br />
Standards“ <strong>in</strong> Ihrem Unternehmen?<br />
Wir nehmen diesen Punkt sehr, sehr ernst. Erstens vertrauen uns<br />
die Menschen ihre Ersparnisse an. Oft s<strong>in</strong>d das Gelder für ihre Pen-<br />
sion, gewissermaßen für ihre Träume. Wir müssen daher sicherstel-<br />
len, dass das Kunden<strong>in</strong>teresse immer vor den eigenen Interessen<br />
kommt. Zweitens müssen wir Manager sicherstellen, dass die An-<br />
gestellten diese Standards erfüllen können. Wir s<strong>in</strong>d verantwortlich.<br />
Wenn es nicht klappt, ist es unser Verschulden und nicht das unse-<br />
rer Angestellten.<br />
Sie unterstützen seit Langem soziale E<strong>in</strong>richtungen und leiten Mit-<br />
arbeiter zu sozialem Engagement an ...<br />
In den USA ist soziales Engagement <strong>in</strong> den Firmen üblich. Es gibt<br />
eigene Budgets dafür. Da wird <strong>in</strong> der lokalen Suppenküche gekocht,<br />
für Waisen gesammelt oder der Strand gesäubert. Untersuchungen<br />
zeigen, dass Firmen, die sich geme<strong>in</strong>sam sozial engagieren, deut-<br />
lich erfolgreicher s<strong>in</strong>d. In Deutschland fehlt diese Tradition. Das liegt<br />
vielleicht daran, dass sich der Staat um alles kümmert. Dafür zahlen<br />
Sie hohe Steuern. In den USA ist das anders. Aber auch hier ändert<br />
sich e<strong>in</strong>iges. Bei der Allianz machen wir schon vieles, unterstützen<br />
beispielsweise K<strong>in</strong>derhospitäler oder Waisenhäuser.<br />
Motivation ist e<strong>in</strong>e der wichtigsten Schlüsselqualifikationen für<br />
Manager. Woran liegt es, dass viele daran scheitern?<br />
Sie müssen sich für die Mitarbeiter <strong>in</strong>teressieren und ihnen ver-<br />
ständlich machen, warum sie etwas machen, was ihre Rolle <strong>in</strong> dem<br />
Ganzen ist. Das me<strong>in</strong>te ich e<strong>in</strong>gangs mit den guten Fähigkeiten<br />
der Deutschen, Prozesse organisieren zu können. <strong>Die</strong> Mitarbeiter<br />
müssen verstehen, wie die D<strong>in</strong>ge ablaufen. Das ist oft schwierig<br />
<strong>in</strong> die Realität umzusetzen. Auch wir arbeiten ständig daran. Man<br />
darf ja nicht vergessen, wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> neues Unternehmen. <strong>Die</strong> dar<strong>in</strong><br />
verschmolzenen Firmen wurden zugekauft. Da prallen schnell un-<br />
terschiedliche Vorstellungen und Kulturen aufe<strong>in</strong>ander. Wir versu-<br />
chen, diese Unterschiede <strong>in</strong> unserem Unternehmen gut zu <strong>in</strong>te-<br />
<strong>Die</strong> Amerikaner<strong>in</strong> <strong>in</strong> Allianz-<strong>Die</strong>nsten möchte das Positive<br />
aus zwei Kulturen komb<strong>in</strong>ieren: die Ergebnisorientierung<br />
ihrer Landsleute mit den analytischen<br />
und prozesstechnischen Fähigkeiten der Deutschen.<br />
grieren. Kreativität und e<strong>in</strong> richtiges Werteverständnis s<strong>in</strong>d dabei<br />
wichtig. Gerade bei Übernahmen entscheiden persönliche Verlet-<br />
zungen, Emotionen, die ganze Bandbreite menschlicher Faktoren<br />
oft darüber, ob es klappt oder nicht. Da ist viel F<strong>in</strong>gerspitzengefühl<br />
vonnöten.<br />
Das ist sicher nicht so schwer, wenn die Unternehmenszahlen nach<br />
oben klettern. Was ist, wenn das mal nicht so klappt?<br />
Dann müssen Sie harte Entscheidungen treffen. Das ist besonders<br />
schwer hier <strong>in</strong> Deutschland, durch die anders geprägte Unterneh-<br />
menskultur. Harte Schnitte s<strong>in</strong>d nie e<strong>in</strong>fach. Sie bereiten den meis-<br />
ten Managern Kopfzerbrechen. Doch sie müssen gemacht werden.<br />
Das ist man den Mitarbeitern schuldig. Und seien wir ehrlich: Wenn<br />
etwas schiefläuft, wissen es die Betreffenden sowieso meist selbst.<br />
Der Preis für Macht ist häufig e<strong>in</strong> deutlicher Mangel an Lebensquali-<br />
tät, sagen viele Manager. Können Sie dem zustimmen?<br />
Ne<strong>in</strong>, nicht wirklich. Ich glaube, es ist e<strong>in</strong>e Frage der <strong>in</strong>neren E<strong>in</strong>-<br />
stellung. Viele Menschen würden me<strong>in</strong> Leben nicht mit viel Lebens-<br />
qualität <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung br<strong>in</strong>gen. Ich sitze viel im Flugzeug, me<strong>in</strong>e<br />
Abende verbr<strong>in</strong>ge ich oft im Büro, und an Wochenenden arbeite ich<br />
häufig. Für mich aber ist dieser Job e<strong>in</strong>e große Herausforderung.<br />
Ich mag die Leute, mit denen ich arbeite. Genau so kann ich aber<br />
me<strong>in</strong>e Familie genießen, wenn ich freihabe. Ich denke wirklich, man<br />
hat im Leben Wahlmöglichkeiten. Wenn ich me<strong>in</strong> Leben so nicht<br />
mögen würde, dann hätte ich e<strong>in</strong>e andere Wahl treffen müssen. Ich<br />
b<strong>in</strong> der Me<strong>in</strong>ung, wenn jemand se<strong>in</strong>en Job nicht mag, dann hat er<br />
sich selbst, aber auch der Firma gegenüber, die Verpflichtung, sich<br />
etwas Passenderes zu suchen. Es gibt ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Lösung.<br />
Für unterschiedliche Menschen gelten e<strong>in</strong>fach unterschiedliche Mo-<br />
delle – wie <strong>in</strong> multikulturellen Konzernen auch.<br />
Kontakt<br />
www.allianzglobal<strong>in</strong>vestors.de<br />
pwc: | april 2008 39
pwc: Wissen<br />
Wie hoch der Geldsegen durch Landesbürgschaften<br />
se<strong>in</strong> darf, kann man exakt berechnen.<br />
40 pwc: | april 2008
Bürgen statt borgen<br />
<strong>Die</strong> EU-Kommission hatte sie abgeschafft. Jetzt s<strong>in</strong>d Landesbürgschaften zur<br />
Wirtschaftsförderung wieder möglich – dank e<strong>in</strong>es neuen EU-Beihilferechners.<br />
Von Michael Gneuss<br />
Rund 183 Millionen Euro hat der Bau der<br />
Velt<strong>in</strong>s-Arena, der Sportstätte des FC<br />
Schalke 04, gekostet. Für 87 Millionen Euro<br />
baute Borussia Mönchengladbach sei-<br />
nen Borussia-Park. Das ist viel Geld, aber<br />
die modernen Stadien s<strong>in</strong>d auch mehr als<br />
Fußballplätze – sie werden für Veranstal-<br />
tungen vielfältiger Art genutzt, schaffen<br />
Arbeitsplätze und machen die Region at-<br />
traktiver. Auf den Weg gebracht wurden die-<br />
se Projekte mithilfe von Landesbürgschaf-<br />
ten. „<strong>Die</strong>se Möglichkeit hat sehr geholfen,<br />
auf dem Weg des Strukturwandels große<br />
Investitionen auch im Bereich Freizeit und<br />
Sport zu realisieren“, sagt Bernd Papen-<br />
ste<strong>in</strong>, bei <strong>PricewaterhouseCoopers</strong> (PwC)<br />
<strong>in</strong> der Beratung für Kunden der öffentlichen<br />
Hand tätig. Und die Banken waren auf der<br />
sicheren Seite – im Falle e<strong>in</strong>er Insolvenz<br />
wäre das Land e<strong>in</strong>gesprungen.<br />
Neben Sportstadien wurden <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen auf diese Weise auch komplett<br />
neue Fabriken für Lasertechnik sowie Flug-<br />
simulatoren für das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g von A380-Be-<br />
satzungen f<strong>in</strong>anziert. Unternehmen konnten<br />
so <strong>in</strong>vestieren, Technologieprojekte anschie-<br />
ben oder e<strong>in</strong>fach nur Betriebsmittel beschaf-<br />
fen. Auch Rungis Express <strong>in</strong> Meckenheim hat<br />
e<strong>in</strong>e Bürgschaft vom Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfa-<br />
len (NRW) erhalten. Der Fe<strong>in</strong>kost-Großhänd-<br />
ler für Topgastronomen, Hotels und Restau-<br />
rants sichert damit Kredite ab, die für neue<br />
Kühlaggregate und Masch<strong>in</strong>en nötig wurden.<br />
„Mit e<strong>in</strong>em Teil der Gelder können wir auch<br />
unsere Umlaufmittel erhöhen“, sagt Daniel<br />
A. Witt, der bei Rungis Express für das Busi-<br />
ness Development zuständig ist. Insgesamt<br />
bürgt das Bundesland NRW aktuell für rund<br />
Der Weg zur Bürgschaft<br />
Landesbürgschaften werden für Kredite frei<br />
wählbarer Banken zu maximal 80 Prozent<br />
übernommen. Voraussetzung dafür ist e<strong>in</strong><br />
Förder<strong>in</strong>teresse der Bürgen: Es muss e<strong>in</strong>en<br />
volkswirtschaftlichen Nutzen geben. Zu-<br />
dem müssen die Vorhaben nachhaltig trag-<br />
fähig ersche<strong>in</strong>en, die Rückzahlungsfähigkeit<br />
muss gewährleistet se<strong>in</strong>. PwC prüft dann<br />
die Solidität des Vorhabens mithilfe des<br />
Beihilferechners. Unternehmen, die sich für<br />
e<strong>in</strong>e Landesbürgschaft <strong>in</strong>teressieren, sollten<br />
sich zunächst an ihre Bank wenden.<br />
1.000 Projekte mit e<strong>in</strong>em Volumen von etwa<br />
2 Milliarden Euro. Aus Sicht der Landesregie-<br />
rung s<strong>in</strong>d die Landesbürgschaften günstiger<br />
und wirkungsvoller als Zuschüsse. „Ande-<br />
re Verfahren zur Förderung s<strong>in</strong>d viel aufwen-<br />
diger oder <strong>in</strong>zwischen nicht mehr zulässig“,<br />
sagt Joachim Neuser, Sprecher des M<strong>in</strong>iste-<br />
riums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie<br />
<strong>in</strong> NRW.<br />
Mitte vergangenen Jahres aber stoppte die<br />
EU-Kommission die Förderung: <strong>Die</strong> Bürg-<br />
schaften seien zu <strong>in</strong>transparent, so das<br />
Argument. Bis dah<strong>in</strong> wurde der Beihilfewert<br />
pauschal mit 0,5 Prozent des Bürgschafts-<br />
betrags angesetzt. „Das alte Verfahren traf<br />
tatsächlich nicht die wirkliche Höhe der Bei-<br />
hilfe und war daher nicht haltbar“, sagt Pa-<br />
penste<strong>in</strong>. So entwickelten er und se<strong>in</strong> Team<br />
e<strong>in</strong> neues Rechenverfahren, mit dem e<strong>in</strong>e<br />
realistische Größenordnung für den Beihilfe-<br />
wert ermittelt und die Anforderung der EU-<br />
Landesbürgschaften s<strong>in</strong>d wirkungsvoller und<br />
günstiger als Zuschüsse. Unternehmen können<br />
sie für jede Art von Vorhaben nutzen, auch für<br />
Investitionen oder zusätzliche Betriebsmittel.<br />
Kommission <strong>in</strong> puncto Transparenz von öf-<br />
fentlichen Fördermaßnahmen erfüllt werden<br />
kann. Abhängig ist der Beihilfewert von der<br />
Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit, der Laufzeit, den<br />
verfügbaren Sicherheiten sowie der vom<br />
Kreditnehmer zu zahlenden Bürgschafts-<br />
provision. Im September 2007 wurde der<br />
Beihilferechner von der EU-Kommission<br />
für die Bürgschaften zu Investitionskrediten<br />
genehmigt. <strong>Die</strong> Erweiterung auf Betriebs-<br />
mittelkredite folgte im November. „Damit<br />
waren die öffentlichen Bürgschaften geret-<br />
tet. Das Rechenmodell muss jetzt für alle<br />
öffentlichen Bürgschaften, die <strong>in</strong> Deutsch-<br />
land genehmigt werden, angewandt wer-<br />
den“, sagt PwC-Mitarbeiter<strong>in</strong> Annika Schatz,<br />
die Anfragen aus ganz Deutschland zu<br />
Methode und Rechner beantwortet. „Seit-<br />
dem gibt es auch wieder Projekte, die über<br />
Bürgschaften f<strong>in</strong>anziert werden.“<br />
In den neuen Bundesländern werden Bürg-<br />
schaften für Sanierungsmaßnahmen und<br />
Wachstumsf<strong>in</strong>anzierungen e<strong>in</strong>gesetzt. „Hier<br />
wären viele Firmen ohne Landesbürgschaf-<br />
ten gar nicht entstanden. Oder längst wie-<br />
der verschwunden“, sagt Peter Koch, der<br />
das Bürgschaftsgeschäft von PwC <strong>in</strong> Mag-<br />
deburg betreut. Auch außerhalb Deutsch-<br />
lands zeigen immer mehr Länder Interes-<br />
se – etwa Italien und Portugal. „Lösungen<br />
für EU-beihilferechtliche Probleme werden<br />
künftig eher noch mehr nachgefragt wer-<br />
den“, ist Papenste<strong>in</strong> überzeugt. „<strong>Die</strong> EU-<br />
Kommission wird auch <strong>in</strong> Zukunft darauf<br />
drängen, dass Fördermaßnahmen <strong>in</strong> ihrer<br />
Wirkungsweise transparent s<strong>in</strong>d, und die<br />
Anwendung der Instrumente andernfalls un-<br />
terb<strong>in</strong>den.“<br />
Kontakt<br />
bernd.papenste<strong>in</strong>@de.pwc.com<br />
Tel. 0211 981-2639<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info:<br />
www.pwc.de/de/beihilfewertrechner<br />
pwc: | april 2008 41
pwc: Lösungen<br />
Wo der Mitarbeiter König wird<br />
Berufse<strong>in</strong>steiger wollten natürlich schon<br />
immer e<strong>in</strong> gutes Gehalt bekommen und<br />
Karriere machen. Heute kommt allerd<strong>in</strong>gs<br />
e<strong>in</strong> wichtiger Punkt h<strong>in</strong>zu: Neun von zehn<br />
Nachwuchskräften erwarten von ihren po-<br />
tenziellen Arbeitgebern, dass die Firmen-<br />
philosophie ihrem eigenen Wertekanon<br />
entspricht. Das ergab die jüngste Studie<br />
von PwC zur Personalentwicklung, „Ma-<br />
nag<strong>in</strong>g Tomorrow’s People: The Future of<br />
Work to 2020“. Für rund 90 Prozent der<br />
amerikanischen und etwa 87 Prozent der<br />
ch<strong>in</strong>esischen Hochschulabsolventen ist die<br />
Unternehmensethik e<strong>in</strong> wichtiges Auswahlkriterium<br />
künftiger Arbeitgeber. <strong>Die</strong> Briten<br />
sehen das gelassener: Nur sieben von zehn<br />
erachten diesen Aspekt als wichtig. „<strong>Die</strong><br />
befragten Absolventen wissen, dass ihre<br />
Arbeitswelt e<strong>in</strong>e andere ist als die ihrer Eltern.<br />
Flexibilität und Internationalität s<strong>in</strong>d für<br />
sie selbstverständlich, sie erwarten jedoch<br />
For Members Only<br />
Auch PwC hat ihn nun – e<strong>in</strong>en<br />
Alumniclub. Seit Januar können<br />
ehemalige Mitarbeiter dem<br />
„PwC XChange-Club Deutschland“<br />
beitreten. Das Ziel: Beziehungspflege<br />
zum „Ex“, auch<br />
nach dem Ausscheiden aus<br />
dem Unternehmen. Damit sollen<br />
die Chancen auf e<strong>in</strong> firmenübergreifendes<br />
Netzwerk erhöht<br />
werden. E<strong>in</strong>geladen s<strong>in</strong>d alle Ehemaligen, die länger als zwei Jahre<br />
im Unternehmen waren. Der Club profitiert von der technischen<br />
Vernetzung zweier Plattformen: Auf der professionellen Network<strong>in</strong>g-<br />
Plattform X<strong>in</strong>g wurde e<strong>in</strong>e PwC Alumnigruppe e<strong>in</strong>gerichtet. Zudem<br />
wurde der Zugang zu e<strong>in</strong>em geschützten Alumnibereich im PwC-Internetportal<br />
geschaffen, wo Informationen von PwC, Sem<strong>in</strong>arh<strong>in</strong>weise<br />
und vieles mehr zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d.<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/alumni<br />
umfassendere Gegenleistungen von den Arbeitgebern<br />
als bislang üblich“, kommentiert<br />
Louis de Vries, Leiter Human Resources bei<br />
PwC, das Studienergebnis. Personalabteilungen<br />
müssen sich folglich umstellen. Um<br />
Talente zu b<strong>in</strong>den, sollten sie sich entweder<br />
um viele Aspekte des täglichen Lebens<br />
kümmern: Gesundheitsversorgung, K<strong>in</strong>derbetreuung<br />
und die Wohnung ihrer Mitarbeiter.<br />
Oder aber den Kontakt auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum<br />
beschränken: Angestellte arbeiten <strong>in</strong>dividuell<br />
und auf Projektbasis, sodass für e<strong>in</strong> klassisches<br />
Human-Resources-Management<br />
kaum noch Bedarf besteht. Für die Studie<br />
wurden knapp 3.000 Absolventen aus Ch<strong>in</strong>a,<br />
Großbritannien und den USA befragt.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitswelt-Szenarien entwickelte PwC<br />
geme<strong>in</strong>sam mit dem James Mart<strong>in</strong> Institute<br />
for Science and Civilization der Saïd Bus<strong>in</strong>ess<br />
School <strong>in</strong> Oxford.<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/futureofwork<br />
<strong>Die</strong> Oscar-Geheimnisträger<br />
Nichts bleibt geheim <strong>in</strong> Hollywood. Außer der wichtigsten<br />
aller Nachrichten für die Metropole der Stars<br />
und des Klatsches: die Namen der Oscar-Preisträger.<br />
Niemals <strong>in</strong> der 80-jährigen Geschichte der<br />
Academy Awards sickerte im Vorfeld der Name<br />
e<strong>in</strong>es Gew<strong>in</strong>ners durch. Und seit 74 Jahren ist<br />
dafür PwC verantwortlich. Zwei PwC-Mitarbeiter,<br />
Brad Oltmanns und Rick Rosas, s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zigen<br />
Menschen, die vor der Preisverleihung die Gew<strong>in</strong>ner<br />
kennen. Sie leiten das Auszählungsverfahren,<br />
das komplett ohne masch<strong>in</strong>elle Hilfe durchgeführt<br />
wird, und sie transportieren die Umschläge mit den<br />
Siegernamen zum Ort der Preisverleihung.<br />
In den vergangenen 74 Jahren waren <strong>in</strong>sgesamt<br />
erst zwölf PwC-Mitarbeiter für die<br />
Oscars zuständig. Oltmanns ist im vierten<br />
Jahr dabei, für Rosas war es die siebte<br />
Auszählung.<br />
42 pwc: | april 2008
Meldepflichtige Toaster<br />
<strong>Die</strong> Hersteller und Vertreiber von Elektro- und Elek-<br />
tronikgeräten müssen Arten und Mengen der von<br />
ihnen erstmals <strong>in</strong> den Verkehr gebrachten Geräte<br />
sowie der von ihnen gesammelten, wiederverwende-<br />
ten und ausgeführten Altgeräte an die Stiftung EAR<br />
(Elektro-Altgeräte Register) melden. Egal, ob Fern-<br />
seher oder Toaster, Staubsauger oder Handy. Dazu<br />
verpflichtet sie der Gesetzgeber. <strong>Die</strong> EAR-Stiftung<br />
kann jederzeit die Bestätigung der Nachweise zu den<br />
Meldungen durch e<strong>in</strong>en unabhängigen Sachverstän-<br />
digen verlangen. Dadurch fühlt sich so mancher überfordert.<br />
Denn die bereits bestehenden IT-Systeme und Prozesse verfügen<br />
nicht über ausreichende Funktionen, um die Ermittlung und Meldung effizient durchführen<br />
zu können. Der Kostendruck ist hoch, die Unsicherheit der Meldeverpflichteten ist groß. Im-<br />
mer wieder tauchen Fragen auf: Wer unterliegt der Meldepflicht? Welche Pflichten haben<br />
die Hersteller genau zu erfüllen? Welche Geräte müssen gemeldet werden? Wie können die<br />
Mengen gesetzeskonform ermittelt werden? <strong>Die</strong> Experten von PwC haben Antworten auf<br />
all diese Fragen und unterstützen Hersteller wie Vertreiber, <strong>in</strong>dem sie deren IT-Systeme h<strong>in</strong>-<br />
sichtlich der Ordnungsmäßigkeit, der Systemsicherheit und der gesetzeskonformen Abbil-<br />
dung prüfen. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc288<br />
0211 981-7319<br />
ist die Telefonnummer der India Bus<strong>in</strong>ess Group <strong>in</strong> Deutschland, die von Hansjoachim<br />
Köhler geleitet wird. Indien ist zurzeit <strong>in</strong> aller Munde, nicht nur als Herkunftsland des bil-<br />
ligsten Autos der <strong>Welt</strong>, sondern ebenso als Automobilabsatzmarkt sowie als IT- und Stahl-<br />
Standort. Es lockt als Zukunftsmarkt aufgrund se<strong>in</strong>es starken Wachstums, steigender<br />
E<strong>in</strong>kommen und damit e<strong>in</strong>er kaufwilligen Mittelschicht. Seit 2003 wächst die <strong>in</strong>dische<br />
Wirtschaft im Durchschnitt jährlich um 8 bis 9 Prozent, Tendenz steigend. Ausländischen<br />
Unternehmen eröffnen sich neue Marktchancen. Es erwarten sie e<strong>in</strong> freundliches Investi-<br />
tionsklima sowie Steuervergünstigungen, etwa für Exporttätigkeiten. Andererseits ist die<br />
Infrastruktur noch <strong>in</strong> der Entwicklung. <strong>Die</strong> India Bus<strong>in</strong>ess Group unterstützt Geschäftsleute<br />
dabei, geme<strong>in</strong>sam mit <strong>in</strong>dischen PwC-Kollegen den richtigen Weg zum guten Geschäft zu<br />
f<strong>in</strong>den. Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc289<br />
Europas Top-Arbeitgeber<br />
<strong>Die</strong> Favoriten der BWLer<br />
Europa-Rank<strong>in</strong>g: <strong>Die</strong> beliebtesten Arbeitgeber<br />
der Wirtschaftswissenschaftler<br />
Rang 2007 (2006)<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
(1)<br />
(6)<br />
(5)<br />
(7)<br />
(2)<br />
(12)<br />
(8)<br />
(3)<br />
(13)<br />
(21)<br />
Quelle: Trendence-Institut 2007<br />
Unternehmen<br />
L´Oréal<br />
PwC<br />
Coca-Cola<br />
Ernst & Young<br />
Adidas<br />
Apple<br />
Nokia<br />
BMW<br />
Deloitte<br />
Microsoft<br />
Im Wettstreit um die größten Talente müs-<br />
sen sich deutsche Konzerne künftig noch<br />
mehr <strong>in</strong>s Zeug legen. Denn sie rutschen <strong>in</strong><br />
der Gunst europäischer Wirtschafts- und<br />
Technikstudenten ab. Nur BMW, Porsche<br />
und Adidas halten sich noch wacker im<br />
Kampf um den Nachwuchs. Dennoch s<strong>in</strong>d<br />
auch sie lange nicht mehr so beliebt wie<br />
früher. Das zeigt das fünfte European Stu-<br />
dent Barometer des Berl<strong>in</strong>er Trendence-Ins-<br />
tituts. Platz e<strong>in</strong>s hat bei BWLern L´Oréal<br />
<strong>in</strong>ne. Der französische Kosmetikkonzern lag<br />
schon 2006 vorne. An zweiter Stelle folgt<br />
gleich PwC als beliebtester Arbeitgeber.<br />
Stark gewonnen haben auch Coca-Cola,<br />
Microsoft und Apple. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Gunst<br />
der Absolventen deutlich gestiegen.<br />
Drei Fragen an ...<br />
... Claudia Nestler<br />
zur außergerichtlichen Konfliktbearbeitung<br />
pwc: Wie tragen Unternehmen hierzulande<br />
ihre Konflikte untere<strong>in</strong>ander aus?<br />
Nestler: In Deutschland überwiegend durch<br />
Verhandlung. Scheitert sie, werden Diffe-<br />
renzen vor Gericht ausgetragen. Leider. Da-<br />
bei werden alternative Verfahren ausgeblen-<br />
det, obwohl sie zahlreiche Vorteile bieten.<br />
Und warum werden andere Möglichkeiten<br />
der Konfliktbeilegung so selten genutzt?<br />
Unkenntnis über alternative Verfahren und<br />
deren Ablauf sowie ger<strong>in</strong>ge Praxiserfahrung<br />
s<strong>in</strong>d dafür verantwortlich. Oft s<strong>in</strong>d es aber<br />
auch mangelnde <strong>in</strong>terne Kommunikation<br />
oder der Widerstand der Geschäftsleitung.<br />
Was muss sich ändern, damit Unternehmen<br />
sich außergerichtlich e<strong>in</strong>igen können?<br />
<strong>Die</strong> Unternehmensjuristen müssen künftig<br />
auch Konfliktmanager se<strong>in</strong> und dar<strong>in</strong> zu-<br />
sätzlich geschult werden. Nur dann können<br />
sie maßgeschneiderte Informationen zur au-<br />
ßergerichtlichen Konfliktbearbeitung liefern.<br />
Claudia Nestler ist Expert<strong>in</strong> für Forensic<br />
Account<strong>in</strong>g Services bei PwC.<br />
pwc: | april 2008 43
pwc: Lösungen<br />
Steppenwölfe heulen nicht mit den Wölfen, doch wenn im Kapitalismus das Wolfsgesetz herrschte, müssten alle Unternehmen von<br />
Paaren geführt werden, wie das Rudel von Leitwolf und -wölf<strong>in</strong>. Aber die tapfersten Pärchen der <strong>Welt</strong> s<strong>in</strong>d natürlich die Königsp<strong>in</strong>gu<strong>in</strong>-<br />
Eltern (Foto: Alexander von Reiswitz).<br />
44 pwc: | april 2008
Das Tier <strong>in</strong> mir<br />
<strong>Die</strong> Wölfe-Strategie, das P<strong>in</strong>gu<strong>in</strong>-Pr<strong>in</strong>zip, der Mäuse-Faktor: Tierbilder <strong>in</strong> Büchern<br />
haben zwar wenig mit Management zu tun, aber viel mit Market<strong>in</strong>g.<br />
Von Johanna Lutteroth und Susanne Osadnik<br />
pwc: | april 2008 45
pwc: Lösungen<br />
Böse Zungen könnten behaupten, die Ma-<br />
nagementliteratur g<strong>in</strong>ge vor die Hunde. Aber<br />
des Menschen bester Freund, der Hund,<br />
sche<strong>in</strong>t der E<strong>in</strong>zige zu se<strong>in</strong>, der nicht für Stra-<br />
tegien, Verhaltensweisen und Entspannungs-<br />
übungen herhalten muss: als gefiederter,<br />
geschuppter, gehörnter oder pelziger Krück-<br />
stock, auf den sich gestresste oder Hilfe su-<br />
chende Manager stützen können. In den Re-<br />
galen der Buchhandlungen wimmelt es seit<br />
Jahren nur so von Mäusen, Adlern, Fröschen,<br />
Sp<strong>in</strong>nen, Bären und P<strong>in</strong>gu<strong>in</strong>en, die teils mit<br />
B<strong>in</strong>senweisheiten und Analogien aus der<br />
Tierwelt aufwarten und die komplexe globali-<br />
sierte Wirtschaftswelt <strong>in</strong> Form von Ratgebern<br />
zu erklären versuchen. Und den Damen und<br />
Herren mit Führungsauftrag helfen sollen, die<br />
richtigen Entscheidungen zu treffen. E<strong>in</strong>ige<br />
Tierische Büchertipps<br />
Das wohl berühmteste<br />
Zitat dieser Allegorie<br />
auf die russische Oktoberrevolution<br />
1918<br />
und die Machtübernahme<br />
Russlands<br />
durch die Kommunisten<br />
von George Orwell<br />
aus dem Jahr 1945<br />
lautet: „Alle Tiere s<strong>in</strong>d gleich.“ Im Verlauf der<br />
Handlung wird daraus: „Alle Tiere s<strong>in</strong>d gleich,<br />
aber manche Tiere s<strong>in</strong>d gleicher.“ Wenn<br />
Schwe<strong>in</strong>e, Hühner, Schafe, Gänse und Kühe<br />
den Farmer und se<strong>in</strong>e Frau vom Land vertreiben,<br />
um ihr Schicksal selbst <strong>in</strong> die Hand<br />
zu nehmen, s<strong>in</strong>d sie voller Hoffnung auf e<strong>in</strong><br />
selbstbestimmtes Leben. Aber schon bald<br />
übernehmen die Schwe<strong>in</strong>e das Regiment<br />
und <strong>in</strong>stallieren e<strong>in</strong> Terrorregime. Am Ende<br />
geht es allen noch viel schlechter als zuvor.<br />
Und die untergeordneten Tiere sehen ke<strong>in</strong>en<br />
Unterschied mehr zwischen Menschen und<br />
Schwe<strong>in</strong>en.<br />
dieser sogenannten Parabelbücher haben es<br />
sogar bis ganz oben auf die Bestsellerlisten<br />
geschafft. Dazu zählen etwa „Das P<strong>in</strong>gu<strong>in</strong>-<br />
Pr<strong>in</strong>zip“ von John Kotter oder „<strong>Die</strong> Mäuse-<br />
Strategie für Manager“ von Spencer Johnson,<br />
die schon vor fünf Jahren alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> den USA<br />
über zwölf Millionen Mal verkauft wurde. Was<br />
ist also dran an dieser Literatur?<br />
Für Mart<strong>in</strong> Hagen, Managementtra<strong>in</strong>er und<br />
Geschäftsführer der Augsburger Unter-<br />
nehmensberatung Hauserconsult<strong>in</strong>g, liegt<br />
das Erfolgsgeheimnis <strong>in</strong> der Verständlich-<br />
keit dieser Bücher. „Sie erklären schwie-<br />
rige Sachverhalte sehr e<strong>in</strong>fach, und die<br />
Botschaft bleibt sofort hängen“, so Hagen.<br />
„Manager mögen das, weil es so praktisch<br />
ist und sie ohneh<strong>in</strong> nicht gerne lesen.“ Und<br />
Vermutlich hatte es Erich Kästner 1949<br />
satt: Zwei <strong>Welt</strong>kriege waren das Ergebnis<br />
menschlichen Unvermögens gewesen. In<br />
se<strong>in</strong>er „Konferenz der Tiere“ s<strong>in</strong>d es Elefant,<br />
Löwe, Giraffe & Co., die endgültig die Ge-<br />
duld mit den Menschen verlieren, weil die nur<br />
Schlechtes zustande br<strong>in</strong>gen: Krieg, Hungers-<br />
nöte, Krankheiten – und ergebnislose Kon-<br />
ferenzen veranstalten. So laden die Tiere zur<br />
allerersten Konferenz der Tiere, parallel zur<br />
87. Konferenz der Menschen, und fordern von<br />
ihnen, sich zu verpflichten, nie wieder Kriege<br />
zu führen. <strong>Die</strong> Menschen lehnen anfangs ab –<br />
doch die Tiere lassen sich auf ke<strong>in</strong>erlei Kom-<br />
promisse e<strong>in</strong>. Als die Friedensverhandlungen<br />
zur scheitern drohen, entführen sie weltweit<br />
alle Menschenk<strong>in</strong>der.<br />
Das br<strong>in</strong>gt den ge-<br />
wünschten Erfolg, und<br />
die Menschen lenken<br />
e<strong>in</strong>. Leider ist diese tie-<br />
rische Utopie Kästners<br />
e<strong>in</strong>e solche geblieben.<br />
wenn, dann müsse es unterhaltsam se<strong>in</strong>.<br />
Ob sie diese Bücher, die „die Länge e<strong>in</strong>er<br />
Zugfahrt“ haben, auch wirklich immer lesen,<br />
wagt Hagen zu bezweifeln. „Aber sie reden<br />
darüber.“ Auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Sem<strong>in</strong>aren. „<strong>Die</strong><br />
tierischen Metaphern s<strong>in</strong>d plakativ und be-<br />
rühren sehr stark“, so Hagen. „Und sie er-<br />
reichen die zahlengetriebenen Manager<br />
offenbar – trotz sonstiger Reizüberflutung.“<br />
Ihn würde es nicht überraschen, wenn nach<br />
Fisch, Maus und Kakerlake demnächst e<strong>in</strong><br />
weiteres Tier <strong>in</strong> den Regalen der Buchhand-<br />
lungen auftauchte: das Pferd. „Es ist e<strong>in</strong><br />
archaisches Symbol, lebt schon ewig mit<br />
uns Menschen und ist deshalb e<strong>in</strong>e starke<br />
Metapher“, erklärt Hagen. Managersem<strong>in</strong>a-<br />
re, <strong>in</strong> denen Pferde gekuschelt, damit soge-<br />
nannte vertrauensbildende Verhaltenswei-<br />
sen erlernt werden können, s<strong>in</strong>d ohneh<strong>in</strong><br />
gerade en vogue.<br />
Bis das Pferd auch als Ratgeber dient,<br />
müssen zunächst andere Mehrbe<strong>in</strong>er und<br />
auch Wirbellose als Stichwortgeber her-<br />
halten. Johannes Voss etwa ist auf den<br />
Wolf gekommen. Wer das Verhalten von<br />
Wölfen beobachtet, kann auch Projekte erfolgreich<br />
managen, so die Botschaft se<strong>in</strong>es<br />
Buchs „Von Wölfen lernen“. Denn Wölfe<br />
streiten sich im Rudel um zu wenig Beute,<br />
fechten Revierkämpfe aus, und am Ende<br />
des Tages heulen sie mit den Kumpels dann<br />
doch wieder geme<strong>in</strong>sam. Sonja Buholzers<br />
„Shark Leadership. Management h<strong>in</strong>ter den<br />
Grenzen der Angst“ bedient sich der am<br />
meisten gefürchteten, aber auch bee<strong>in</strong>druckendsten<br />
Meeresbewohner, der Haie, als<br />
Demonstrationsobjekt. Als ambitionierte<br />
Taucher<strong>in</strong> habe sie deren Verhaltensweisen<br />
hautnah erleben können – und ist der Ansicht,<br />
dass Führungskräfte aus Wirtschaft<br />
und Politik von den Raubfischen lernen<br />
können. Craig Hovey h<strong>in</strong>gegen sieht <strong>in</strong> der<br />
geme<strong>in</strong>en Küchenschabe das ultimative<br />
Lernvorbild. „<strong>Die</strong> Kakerlaken-Strategie“ beschreibt<br />
die zehn Gebote der Schabe, mit<br />
denen auch wir überleben können. Schließ-<br />
46 pwc: | april 2008
<strong>Die</strong> Katze lässt das Mausen nicht, und die Maus nicht das Käsen. Sie ist der treuste Gefährte des Menschen und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Gefolge e<strong>in</strong> Glo-<br />
bal Player. Ihre Wachstumsdynamik lässt jeden Konzern vor Neid erblassen: 3.000 Prozent Bevölkerungszunahme pro Jahr s<strong>in</strong>d locker dr<strong>in</strong>.<br />
pwc: | april 2008 47
pwc: Lösungen<br />
Mit Adleraugen könnte man bestimmt auch noch das kle<strong>in</strong>ste Loch <strong>in</strong> der Bilanz erkennen. Doch obwohl er Wappentier der USA ist: Zum<br />
König der Tiere hat es für den Adler nie gereicht, nur zum König der Lüfte (Foto: Alexander von Reiswitz).<br />
48 pwc: | april 2008
lich s<strong>in</strong>d die Kakerlaken die wahren Über-<br />
lebenskünstler, die angeblich sogar e<strong>in</strong>en<br />
Atomkrieg überstehen würden. Wer durch-<br />
kommt, überlebt und dadurch gew<strong>in</strong>nt,<br />
macht laut Hovey doch etwas richtig. Zwei<br />
se<strong>in</strong>er wichtigsten Regeln: „Lass Dir Au-<br />
gen am H<strong>in</strong>terkopf wachsen“ und vor allem<br />
„Mach Dich aus dem Staub, bevor das Licht<br />
angeht“. Und auch die letzth<strong>in</strong> viel geschol-<br />
tene Heuschrecke hat es auf den Titel ge-<br />
schafft. In ihrem Buch „Der Heuschrecken-<br />
Faktor“ geht Angela Maier der Frage nach:<br />
S<strong>in</strong>d Private-Equity-Gesellschaften tatsäch-<br />
lich Räuber oder doch eher Rob<strong>in</strong> Hoods?<br />
Über den geistigen Nährwert vieler dieser<br />
Bücher lässt sich sicherlich streiten, über<br />
deren wirtschaftlichen Erfolg nicht. Sie<br />
werden gekauft. Und ab und zu gelesen.<br />
Auch wenn sie eigentlich nur von Stereo-<br />
typen und Zuschreibungen menschlicher<br />
Eigenschaften leben: der dumme Esel, der<br />
schlaue Fuchs, der mutige Löwe oder der<br />
weise Rabe. Sie verkörpern Menschen im<br />
Büroalltag, erleiden e<strong>in</strong> gedachtes Schick-<br />
sal oder s<strong>in</strong>d erfolgreich. Damit zeigen sie:<br />
Das könntest auch Du se<strong>in</strong>. Und genau das<br />
haben die Autoren erkannt. „Sie nutzen die-<br />
se Bilder, die wir alle kennen und die zum<br />
Teil sogar im aktiven Sprachgebrauch s<strong>in</strong>d,<br />
ganz bewusst“, sagt Eberhard von Rund-<br />
stedt, Chef und Inhaber der Personalbera-<br />
tung von Rundstedt. „Dabei geht es ihnen<br />
nicht darum, gemäß der ursprünglichen<br />
Funktion der Parabel gesellschaftliche, po-<br />
litische und religiöse Zustände zu kritisie-<br />
ren. Sie wollen vielmehr ihre oft komplexen<br />
Ideen e<strong>in</strong>em breiten Publikum vermitteln.“<br />
Der Urvater der Fabeldichtung hatte da<br />
noch anderes im S<strong>in</strong>n. Äsop, e<strong>in</strong> griechi-<br />
scher Sklave, der um 600 vor Christus ge-<br />
lebt haben soll, gilt als Schöpfer der ersten<br />
tierischen Geschichten, die den Menschen<br />
mit Witz und Heiterkeit weise Ratschläge<br />
erteilen sollten. Bei ihm hört sich das so<br />
an: „‚Geh’ doch geradeaus und vorwärts!‘,<br />
rief e<strong>in</strong>em jungen Krebs se<strong>in</strong>e Mutter zu.<br />
‚Von Herzen gerne, liebe Mutter‘, antworte-<br />
te dieser. ‚Nur möchte ich es Dich ebenso<br />
machen sehen.‘ Jedoch vergeblich war der<br />
Mutter Anstrengung und sichtbar ihre Klü-<br />
gelei und Tadelsucht. <strong>Die</strong> Moral von der Ge-<br />
schicht’: Gib’ ke<strong>in</strong>e Befehle, die man nicht<br />
vollbr<strong>in</strong>gen kann und tadle andere nicht für<br />
Fehler, die Du selbst begehst.“<br />
Inhaltlich hat sich <strong>in</strong> den vergangenen 2.500<br />
Jahren sicher kaum etwas an den Botschaf-<br />
ten solcher Fabeln geändert. <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> ist<br />
zwar komplizierter geworden, die zwischen-<br />
menschlichen Beziehungen scheitern aber<br />
meist an denselben Ursachen wie e<strong>in</strong>st.<br />
Also im Grunde nichts Neues. Damals wie<br />
heute werden e<strong>in</strong>fache Rezepte für kom-<br />
plizierte Lebens- und Arbeitsumstände ge-<br />
sucht. Heutzutage s<strong>in</strong>d sie als leicht verdau-<br />
liche Buchkost verpackt, die so manchem<br />
schwer im Magen liegt. „Im Alltag scheitert<br />
die Umsetzung der Ratschläge <strong>in</strong> der Regel,<br />
weil das Leben weitaus komplexer ist, als<br />
es <strong>in</strong> diesen Büchern suggeriert wird“, mo-<br />
niert etwa Günther Schackmann, Chef des<br />
österreichischen Beratungshauses Key-<br />
tra<strong>in</strong>. Und Zoologen wie Ralf Wanker von<br />
der Universität Hamburg sparen nicht mit<br />
grundsätzlicher Kritik an den tierischen Ver-<br />
gleichen. „Ich b<strong>in</strong> sicher, dass wir von den<br />
Tieren etwas lernen können. Das gilt vor<br />
allem für die Pr<strong>in</strong>zipien, die bei mehreren<br />
Tierarten auftauchen“, sagt Wanker. „<strong>Die</strong><br />
Autoren beziehen sich aber meist nur auf<br />
Teilaspekte des tierischen Verhaltens, ohne<br />
dabei <strong>in</strong> die Tiefe zu gehen.“ <strong>Die</strong> Kritik von<br />
Ulrich Sollmann, Coach und Berater aus<br />
Bochum, ist ebenfalls deutlich. Vor allem,<br />
wenn es um Buchtitel zur Selbstmotivation<br />
und Selbstorganisation geht. „Es ist naiv<br />
und töricht, aus diesen tierischen Analogien<br />
Methoden abzuleiten“, so Sollmann. „Da<br />
wird dem Manager vorgegaukelt: Wenn Du<br />
nur richtig systematisierst, kannst Du De<strong>in</strong>e<br />
Aufgaben besser erfüllen.“ Für Sollmann<br />
ist das e<strong>in</strong>e Illusion, „weil Manager ständig<br />
neue Prioritäten setzen, auch mehrmals am<br />
Tag“. Da reicht e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>senweisheit von Autoren<br />
wie Lothar Seiwert nicht aus. „In der<br />
Ruhe liegt die Kraft“, heißt es etwa <strong>in</strong> „<strong>Die</strong><br />
Bären-Strategie“. Bären haben e<strong>in</strong> dickes<br />
Fell und s<strong>in</strong>d gelassen. Mit dieser E<strong>in</strong>stellung<br />
ließen sich Zeitnot und Hektik aus<br />
dem Leben verbannen. In Seiwerts Parabel<br />
br<strong>in</strong>gt der Bär der pflichtbewussten Eule,<br />
dem hektischen Hasen und der emsigen<br />
Biene bei, wie sie delegieren und so Zeit<br />
gew<strong>in</strong>nen. Wie man vom Problemsucher<br />
Tierische Managementbücher landen heute sogar<br />
auf den Bestenlisten bekannter Magaz<strong>in</strong>e. Fachleute<br />
stufen diese Literatur aber nur als Spaßlektüre<br />
e<strong>in</strong>: als ernsthafter Ratgeber nicht geeignet.<br />
zum Lösungsf<strong>in</strong>der wird, weiß <strong>in</strong>des Ardeschyr<br />
Hagmaier, Autor von „Ente oder Adler“.<br />
Während die Ente, der Problemsucher,<br />
auf dem See herumpaddelt und nur e<strong>in</strong>e<br />
begrenzte Sicht hat, schwebt der Adler <strong>in</strong><br />
der Luft und hat den Überblick. Und weil es<br />
so e<strong>in</strong>fach ist, zeigt Hagmaier auch gleich,<br />
wie man diesen Adler <strong>in</strong> sich selbst f<strong>in</strong>det.<br />
Ori Brafman und Rod Beckstrom geht es<br />
<strong>in</strong> „Der Seestern und die Sp<strong>in</strong>ne“ weniger<br />
um das Individuum. Sie haben Größeres<br />
im S<strong>in</strong>n: Was haben die Musiktauschbörse<br />
Napster, die freie Enzyklopädie Wikipedia<br />
und das Terrornetzwerk Al Kaida geme<strong>in</strong>?<br />
Und warum s<strong>in</strong>d sie so erfolgreich? <strong>Die</strong> Erklärung:<br />
Alle drei haben weder e<strong>in</strong>e formale<br />
Organisation noch e<strong>in</strong>e erkennbare Hierarchie.<br />
Je chaotischer und dezentraler e<strong>in</strong>e<br />
Institution, desto widerstandsfähiger sei sie<br />
auch, so die Autoren. Sie gleiche dann e<strong>in</strong>em<br />
Seestern, der über e<strong>in</strong> hervorragendes<br />
Reproduktionspr<strong>in</strong>zip verfüge: Reißt man<br />
ihm e<strong>in</strong> Be<strong>in</strong> aus, wächst e<strong>in</strong> neues nach,<br />
und aus dem abgerissenen Be<strong>in</strong> entsteht<br />
e<strong>in</strong> neuer Stern. Entfernt man h<strong>in</strong>gegen der<br />
Sp<strong>in</strong>ne den Kopf, stirbt sie. „Sp<strong>in</strong>nen-Unternehmen“<br />
sollten folglich schnell die Seesternorganisation<br />
e<strong>in</strong>führen.<br />
<strong>Die</strong> Moral solcher Geschichten ist meist so<br />
simpel, dass sie e<strong>in</strong> Festmahl für jeden Karikaturisten<br />
ist. „<strong>Die</strong> Mäuse-Strategie“, der<br />
Klassiker unter den tierischen Ratgebern,<br />
<strong>in</strong>spirierte zahlreiche Autoren zu Titeln wie<br />
„Who Stole My Cheese?!!“ von Ilene Hochberg<br />
– e<strong>in</strong> Erfahrungsbericht von Mitarbeitern<br />
<strong>in</strong> der Ära nach Enron. Oder auch zu<br />
„Who Cut the Cheese?“ von Mason Brown,<br />
erschienen unter dem Pseudonym Dr. med.<br />
Stilton Jarlsberg, oder „Nobody Moved<br />
Your Cheese“ von Ross Shafer. Schon der<br />
Text auf dem Buchumschlag lässt erkennen,<br />
was der Autor eigentlich von Tierfabeln hält:<br />
„Ross Shafer war e<strong>in</strong> unglücklicher Manager<br />
e<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>tierhandlung, bevor er beschloss,<br />
die Karriere- und Erfolgsexperten zu ignorieren.<br />
Er wurde Comedian, TV-Produzent<br />
und sechsfacher Emmy-Gew<strong>in</strong>ner.“<br />
Weitere Informationen<br />
www.managementbuch.de<br />
www.managementbuecher.de<br />
pwc: | april 2008 49
pwc: Lösungen<br />
50 pwc: | april 2008
Was Leipzig bewegt<br />
Über die Liberalisierung des öffentlichen Nahverkehrs diskutiert<br />
die EU seit Jahren. <strong>Die</strong> Leipziger Verkehrsbetriebe fühlen sich fit dafür –<br />
mit oder ohne Wettbewerb.<br />
Von Cor<strong>in</strong>na Freudig<br />
„Belächelt? Das ist viel zu freundlich aus-<br />
gedrückt.“ Dabei ist Wilhelm Georg Hanss<br />
nicht besonders empf<strong>in</strong>dlich. Das sollte<br />
man auch nicht se<strong>in</strong>, wenn man – wie er –<br />
viele Jahre ÖTV-Vorstandsmitglied war. Bei<br />
der Gewerkschaft geht es oft hart und nicht<br />
immer herzlich zu. Aber die Anfe<strong>in</strong>dungen<br />
seien schon heftig gewesen, als er Mitte der<br />
90er, als frischgebackener Vorsitzender der<br />
Geschäftsführung der Leipziger Verkehrs-<br />
betriebe (LVB), e<strong>in</strong>en Radikalumbau der LVB<br />
startete. Se<strong>in</strong>e Vision: aus e<strong>in</strong>em schwer-<br />
fälligen Monolithen e<strong>in</strong>en privatwirtschaft-<br />
lich orientierten Konzern zu machen; e<strong>in</strong><br />
ÖPNV-Modell der Zukunft mit e<strong>in</strong>er Hold<strong>in</strong>g<br />
als Mutter und kle<strong>in</strong>en, flexiblen Töchtern,<br />
die Beziehungen mit privaten Unternehmen<br />
e<strong>in</strong>gehen. „Dabei g<strong>in</strong>g es uns immer nur<br />
um Teilprivatisierungen“, sagt Hanss. „Wir<br />
wollten moderne Ehen stiften, <strong>in</strong> denen bei-<br />
de Seiten gleichberechtigt Entscheidungen<br />
treffen.“<br />
Der von ihm zielstrebig vorangetriebene<br />
Konzernumbau brachte Hanss rasch den<br />
Ruf e<strong>in</strong>es Enfant terrible der Verkehrsbe-<br />
triebe e<strong>in</strong>. Doch nicht nur die eigene Bran-<br />
che beäugte se<strong>in</strong>e Aktivitäten mit Skepsis:<br />
Auch die Stadt, über ihre Tochter Leipziger<br />
Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft LVV<br />
quasi die Großmutter der LVB, teilte die ver-<br />
me<strong>in</strong>tlich separatistischen Tendenzen ihres<br />
Geschäftsführers nicht une<strong>in</strong>geschränkt.<br />
Doch der ließ sich nicht beirren: 1996 grün-<br />
dete er die erste Tochter, das Beratungs-<br />
unternehmen Verkehrs-Consult Leipzig, mit<br />
Beteiligung e<strong>in</strong>es privaten Partners, 2004<br />
die vorläufig letzte – die Leol<strong>in</strong>er-Fahrzeug-<br />
bau GmbH. Dazwischen wurden etliche<br />
weitere Töchter <strong>in</strong> die <strong>Welt</strong> gesetzt, von de-<br />
nen nur zwei im alle<strong>in</strong>igen Besitz der LVB<br />
geblieben s<strong>in</strong>d: die Leobus GmbH und die<br />
Leipziger Stadtverkehrsbetriebe, die deut-<br />
sche Nummer drei der Straßenbahnbetriebe.<br />
<strong>Die</strong> LVB ist froh, den Umbildungsprozess<br />
so früh begonnen zu haben. „Obwohl der<br />
eigentliche Grund dafür nicht zum Tragen<br />
Wilhelm Georg Hanss (rechts),<br />
LVB-Vorsitzender, und Ronald Juhrs,<br />
technischer Geschäftsführer der LVB.<br />
kam“, wie Hanss zugibt. Denn die erwar-<br />
tete Liberalisierung des ÖPNV – nach der<br />
im Telekommunikations- und Stromsek-<br />
tor – kam nicht so richtig <strong>in</strong> die Gänge: Zu<br />
unterschiedlich waren die Vorstellungen der<br />
EU-Mitgliedsländer. Bis heute gilt die Devi-<br />
se: „E<strong>in</strong> bisschen Wettbewerb, aber nicht<br />
zu viel“. Daran wird sich frühestens 2009<br />
etwas ändern, wenn e<strong>in</strong>e neue EU-Verord-<br />
nung <strong>in</strong> Kraft tritt (siehe Seite 53).<br />
Was auch immer kommt – die LVB fühlt<br />
sich gut gerüstet. „Wir haben durch die Zu-<br />
sammenarbeit mit privaten Partnern viel<br />
gelernt: Effizienz, Profitabilität, Prozess-<br />
optimierung, Zielorientierung“, sagt Peter<br />
Nebe, Market<strong>in</strong>gchef der LVB. „Aber auch<br />
wir haben ihnen etwas beigebracht: sozi-<br />
ale Verantwortung und regionale Verwur-<br />
zelung.“ Fuchsteufelswild wird Geschäfts-<br />
führer Hanss, wenn man die LVB oder den<br />
ÖPNV <strong>in</strong>sgesamt als „defizitär“ oder „Sor-<br />
genk<strong>in</strong>d“ bezeichnet: „Natürlich erhalten<br />
wir Zuschüsse – wie übrigens jeder private<br />
ÖPNV-Anbieter auch. Das ist notwendig,<br />
weil unsere Leistungen <strong>in</strong> Deutschland zur<br />
Dase<strong>in</strong>svorsorge gehören. Deshalb müssen<br />
wir unprofitable Bereiche mittragen. Wenn<br />
wir ausschließlich gew<strong>in</strong>norientiert agieren<br />
würden, müssten wir Stadtteile und damit<br />
Bevölkerungsgruppen, die sich nicht rech-<br />
nen, vom ÖPNV abnabeln. Aber so s<strong>in</strong>d wir<br />
Garanten und Gestalter e<strong>in</strong>er Gesellschaft,<br />
die Mobilität und Nachhaltigkeit vere<strong>in</strong>t“,<br />
so Hanss, der die Zuschüsse für die LVB<br />
<strong>in</strong> den letzten zehn Jahren immerh<strong>in</strong> von<br />
70 Millionen Euro auf 54 Millionen Euro pro<br />
Jahr senken konnte, bei gleichzeitigem An-<br />
stieg der Fahrgastzahl von 86,9 auf 125,3<br />
Millionen, e<strong>in</strong>em Ausbau der L<strong>in</strong>ienlänge<br />
von 837,7 auf 1422,5 Kilometer und e<strong>in</strong>er<br />
Erweiterung der Bus- und Straßenbahn-<br />
l<strong>in</strong>ien von 54 auf 74.<br />
Früher waren die Kunden der LVB „Beförde-<br />
rungsfälle“. Heute s<strong>in</strong>d sie Partner. „Ke<strong>in</strong>e<br />
Könige, denn wir s<strong>in</strong>d nicht ihre Untertanen“,<br />
sagt Hanss selbstbewusst. „Wir schließen<br />
mit den Kunden e<strong>in</strong>en Mobilitätsvertrag,<br />
und der hat se<strong>in</strong>en Preis.“ Dafür verbessert<br />
die LVB ihr Produkt „Mobilität“ stetig, und<br />
die Motoren laufen nicht nur <strong>in</strong> Bussen und<br />
Straßenbahnen, sondern auch <strong>in</strong> der Kon-<br />
zernzentrale. Künftige Generationen stehen<br />
etwa im Fokus e<strong>in</strong>es Bundesforschungspro-<br />
jekts, bei dem die LVB mit der Fraunhofer-<br />
Gesellschaft kooperiert: Mit „Easy Go“ soll<br />
via UMTS-Technologie e<strong>in</strong>e Alleskönner-<br />
Plattform für Handys entwickelt werden, die<br />
dem Nutzer e<strong>in</strong> Nahverkehrs-Sorglospaket<br />
bietet. Auf Tastendruck erfährt der Kun-<br />
de, wie, wann und zu welchem Preis er von<br />
A zum gewünschten Film <strong>in</strong> K<strong>in</strong>o B kommt,<br />
Fahr- wie K<strong>in</strong>okarte zahlt er gleich mit.<br />
Hochtourig laufen die LVB-Motoren außer-<br />
dem bei der technischen Geschäftsführung,<br />
für die Ronald Juhrs verantwortlich ist. Zwei<br />
Themen bestimmen se<strong>in</strong>e Arbeit. E<strong>in</strong>es da-<br />
von heißt Umweltfreundlichkeit. Wer heute<br />
Leipzig besucht, kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Bus<br />
pwc: | april 2008 51
pwc: Lösungen<br />
52 pwc: | april 2008
mit Hybridantrieb fahren. Noch fährt der<br />
unter strenger Beobachtung – durch das<br />
Fraunhofer-Institut, das e<strong>in</strong>e Wirtschaft-<br />
lichkeits- und Umweltbetrachtung anstellt.<br />
Danach wird über den E<strong>in</strong>satz weiterer<br />
Hybridbusse entschieden. Juhrs zweites<br />
Thema ist e<strong>in</strong> ÖPP-Projekt, <strong>in</strong> dem öffent-<br />
liche Hand und private Wirtschaft zusam-<br />
menarbeiten. Eigentlich ist das nichts Neu-<br />
es. Wenn es aber darum geht, e<strong>in</strong> Projekt<br />
zu stemmen, bei dem Fördergelder und pri-<br />
vatwirtschaftliche F<strong>in</strong>anzierungen aufe<strong>in</strong>-<br />
andertreffen, fehlt die Erfahrung. So wie im<br />
Fall e<strong>in</strong>es von der LVB geplanten techni-<br />
schen Zentrums auf firmeneigenem Gelän-<br />
de. Kostenpunkt für e<strong>in</strong>en neuen Betriebs-<br />
hof und Werkstätten: rund 80 Millionen<br />
Euro. Davon sollen 50 Millionen Euro durch<br />
Fördergelder des Freistaats Sachsen gesi-<br />
chert werden. Als die LVB darüber mit dem<br />
Verkehrsm<strong>in</strong>isterium von Wolfgang Tiefen-<br />
see, ehemals Oberbürgermeister <strong>in</strong> Leipzig,<br />
sprach, wurde das Zentrum wegen se<strong>in</strong>er<br />
Besonderheit kurzerhand zum Bundes-<br />
pilotprojekt ernannt. „Da es bei Fördermit-<br />
teln strenge Vorschriften und Nachweis-<br />
pflichten zu deren Mittelverwendung gibt,<br />
s<strong>in</strong>d die rechtlichen Fragestellungen, wenn<br />
e<strong>in</strong> privater Investor <strong>in</strong>s Boot kommt, sehr<br />
kompliziert“, so Juhrs, dem dieses Projekt<br />
nicht nur Freude bereitet. „Es geht zu lang-<br />
sam voran.“ Ihm sitzt die Zeit im Nacken:<br />
Spätestens 2012 muss das technische Zen-<br />
trum stehen. Denn dann steht für die Stadt-<br />
bahnen neueren Datums e<strong>in</strong>e planmäßige<br />
Hauptuntersuchung an.<br />
Das größte Drehmoment hat allerd<strong>in</strong>gs<br />
der Hochleistungsmotor von Bernd Bleck.<br />
Bleck ist Chef der Iftec, e<strong>in</strong>es Jo<strong>in</strong>t Ven-<br />
tures, an dem die LVB und Siemens jeweils<br />
50 Prozent halten. <strong>Die</strong> aus drei LVB-Töch-<br />
tern hervorgegangene Servicegesellschaft<br />
wartet, modernisiert und repariert Fahr-<br />
wege und Straßenbahnen und bietet Be-<br />
ratungsleistungen für Verkehrskonzepte.<br />
Bleck ist bis heute der e<strong>in</strong>zige „Siemensia-<br />
ner“ unter 490 Ex-LVBlern. Se<strong>in</strong>e Aufgabe<br />
heißt: Vertrieb, Vertrieb, Vertrieb. Zwar ist<br />
die LVB-Gruppe der größte Kunde, aber der<br />
Umsatzanteil mit Fremdfirmen soll steigen.<br />
E<strong>in</strong> wichtiger Kunde ist heute schon Sie-<br />
mens, neben Alstom und Bombardier welt-<br />
Europäischer ÖPNV<br />
<strong>Die</strong> neue EU-Verordnung 1370/2007, die<br />
2009 <strong>in</strong> Kraft tritt, lässt den Auftraggebern für<br />
ÖPNV-Leistungen zwei Optionen: <strong>Die</strong> bisher<br />
übliche Direktvergabe an <strong>in</strong>terne Betreiber ist<br />
weiterh<strong>in</strong> möglich. „Sie unterliegt künftig allerd<strong>in</strong>gs<br />
wesentlich strengeren Regeln“, weiß<br />
PwC-Verkehrsexperte <strong>Die</strong>ter Marszalek. „So<br />
dürfen die beauftragten Firmen nicht mehr<br />
außerhalb ihrer Region Leistungen anbieten,<br />
und sie müssen ihr Angebot vor Vergabebeg<strong>in</strong>n<br />
im EU-Amtsblatt veröffentlichen, womit<br />
es Wettbewerbern ermöglicht wird, E<strong>in</strong>spruch<br />
e<strong>in</strong>zulegen.“ <strong>Die</strong> zweite Option ist e<strong>in</strong><br />
kontrollierter Wettbewerb mit Ausschreibung,<br />
der dem Gew<strong>in</strong>ner für den def<strong>in</strong>ierten Zeitraum<br />
e<strong>in</strong>e Art Gebietsmonopol verschafft.<br />
„Es bleibt festzuhalten“, so Marszalek, „dass<br />
der Wettbewerb deutlich zunehmen wird und<br />
<strong>in</strong>terne Strukturen, Effizienz und Angebotswie<br />
Erlösstruktur auf den Prüfstand gestellt<br />
werden müssen.“<br />
weit größter Hersteller von Straßenbahnen.<br />
Bisher war Siemens ausschließlich für den<br />
Bau und Verkauf der Schienenfahrzeuge zu-<br />
ständig. E<strong>in</strong>e konsequente Betrachtung der<br />
Produkte über deren Lebenszyklus gab es<br />
nicht. Denn Service und Instandsetzung er-<br />
folgen traditionell bei den Verkehrsbetrieben<br />
selbst. Über die Iftec bietet Siemens se<strong>in</strong>en<br />
Kunden diese Leistung nun an. Vor allem<br />
im Ausland wird das dankbar angenommen.<br />
Zum Beispiel von der ch<strong>in</strong>esischen Stadt<br />
Guangzhou, die neben 30 Neufahrzeugen<br />
gleich Wartung und Instandsetzung für den<br />
alten Fahrzeugpark mitbestellte. „<strong>Die</strong> Iftec<br />
hat den Vorteil, dass sie zwei Gesichter<br />
hat“, sagt Bleck, „e<strong>in</strong>erseits das des Global<br />
Player Siemens, andererseits das der regional<br />
verwurzelten Verkehrsgesellschaft.“ Das<br />
kommt vor allem <strong>in</strong> Osteuropa gut an: „<strong>Die</strong>se<br />
Länder haben e<strong>in</strong>e hohe Aff<strong>in</strong>ität zu Ostdeutschland,<br />
weil hier der Wandel von e<strong>in</strong>em<br />
kommunistischen System <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e freie<br />
Marktwirtschaft und Demokratie erfolgreich<br />
geschafft wurde.“ Über den <strong>Welt</strong>verband<br />
des öffentlichen Nahverkehrs bekam Bleck<br />
zum Beispiel Kontakt <strong>in</strong>s serbische Belgrad,<br />
<strong>Die</strong> Leipziger Verkehrsbetriebe haben sich selbst<br />
e<strong>in</strong>er Radikalkur unterzogen. Entstanden ist e<strong>in</strong><br />
Konzern mit flexiblen Töchtern, die neue Projekte<br />
anschieben, selbst wenn sie am Nil stattf<strong>in</strong>den.<br />
wo das desolate Straßenbahnnetz modernisiert<br />
werden soll. Für das ukra<strong>in</strong>ische Lemberg<br />
entwickelt die Iftec e<strong>in</strong> städtisches<br />
ÖPNV-Konzept. E<strong>in</strong> Glücksfall: <strong>Die</strong> Ukra<strong>in</strong>e<br />
und Polen richten die Fußball-EM 2012 aus.<br />
Wer jetzt schon im Boot ist, bleibt vielleicht<br />
sitzen. Zumal der oberste Iftec-Verkehrsberater<br />
das WM-Büro Leipzig geleitet hat.<br />
Das wohl aufregendste Projekt der Leipziger<br />
ist jedoch e<strong>in</strong> Deal am Nil. „Über den<br />
Sohn des ehemaligen ägyptischen Premierm<strong>in</strong>isters,<br />
der mit e<strong>in</strong>er Leipziger<strong>in</strong> verheiratet<br />
ist, kam der Kontakt mit dem Gouverneur<br />
von Alexandria zustande, bei dem es<br />
anfangs nur um den möglichen Kauf von<br />
Leol<strong>in</strong>er-Straßenbahnen g<strong>in</strong>g“, er<strong>in</strong>nert sich<br />
Bleck. Um es kurz zu machen: Mittlerweile<br />
haben LVB und Iftec mit dem ägyptischen<br />
Premierm<strong>in</strong>ister über die Umwandlung<br />
der alexandr<strong>in</strong>ischen Verkehrsbehörde<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> modernes Unternehmen nach dem<br />
LVB-Konzernmodell verhandelt. Und der<br />
Herr Premierm<strong>in</strong>ister zeigte sich höchst angetan,<br />
erste konkrete Vere<strong>in</strong>barungen s<strong>in</strong>d<br />
getroffen. Aber noch wird viel Wasser den<br />
Nil entlang fließen, bis Hanss endgültig „im<br />
Glück“ ist.<br />
Und sonst? Welche Pläne gibt es für die<br />
nahe und fernere Zukunft? Verschmitzt<br />
lächelt der kugelrunde vorsitzende Geschäftsführer.<br />
Dazu will er nichts sagen. Nur<br />
so viel: Ja, natürlich könne er weitere Teilprivatisierungen<br />
nicht ausschließen, für ke<strong>in</strong>e<br />
der LVB-Töchter. Ja, e<strong>in</strong>e Direktvergabe<br />
durch die Stadt, das würde er auch weiterh<strong>in</strong><br />
sehr begrüßen, und darauf arbeite er h<strong>in</strong>.<br />
Und ja, es sei durchaus richtig, dass die<br />
Wettbewerbsmöglichkeiten im S-Bahn-Bereich<br />
nach der neuen EU-Verordnung nicht<br />
so e<strong>in</strong>geschränkt seien wie die bei Bussen<br />
und Straßenbahnen. Hanss aufs Herz: Ist<br />
das e<strong>in</strong> Wachstumsbereich, <strong>in</strong> den die LVB<br />
eventuell e<strong>in</strong>steigen möchte? „Bis 2009<br />
dürfen wir noch fast alles“, sagt der sonst<br />
so eloquente Hanss kurz angebunden und<br />
ausweichend. Dann ist das Gespräch beendet:<br />
„Mehr sage ich nicht. Denn andere<br />
Unternehmen können unsere Strategien<br />
gerne im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> kopieren. Aber die LVB<br />
soll das erste Unternehmen se<strong>in</strong>, das sie<br />
umsetzt.“<br />
Kontakt<br />
dieter.marszalek@de.pwc.com<br />
Tel. 0211 981-4240<br />
Onl<strong>in</strong>e-Info: www.pwc.de/de/pwc290<br />
www.lvb.de<br />
pwc: | april 2008 53
pwc: Lösungen<br />
Publikationen<br />
Unternehmensteuerreform<br />
2008<br />
<strong>Die</strong> im Sommer<br />
2007 verabschiedeteUnternehmensteuerreform<br />
soll<br />
die <strong>in</strong>ternationale<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
des deutschen<br />
Steuerrechts sicherstellen.<br />
<strong>Die</strong> neuen<br />
Regelungen s<strong>in</strong>d<br />
beratungsorientiert dargestellt, nehmen zu<br />
Zweifelsfragen Stellung und zeigen, wie auf<br />
die Gesetzesänderungen planerisch reagiert<br />
werden kann. Der Band enthält zudem viele<br />
Praxish<strong>in</strong>weise. <strong>Die</strong> übersichtliche Darstellung<br />
erleichtert das Arbeiten mit dem Buch.<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
dieter.endres@de.pwc.com<br />
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Schäffer-Poeschl-Verlag, 79,95 Euro,<br />
ISBN: 3-7910-2723-9<br />
Quo Vadis<br />
GKV?<br />
<strong>Die</strong> Gesundheitsreform<br />
br<strong>in</strong>gt tief<br />
greifende Veränderungen<br />
für die deutschenKrankenkassen<br />
mit sich. PwC<br />
und das Institut für<br />
Versicherungsbetriebslehre<br />
der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität<br />
Hannover haben geme<strong>in</strong>sam<br />
Entscheider deutscher Krankenkassen zur<br />
Gesundheitsreform und zu den künftigen<br />
Strategien der Krankenkassen befragt und<br />
die Ergebnisse zusammengefasst.<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
lutz.mueller@de.pwc.com<br />
Tel.: 069 9585-5134<br />
www.pwc.de/de/pwc264<br />
Enforcement<br />
Planner<br />
<strong>Die</strong> Neuauflage des<br />
Enforcement Planner<br />
ist die Basis<br />
für das Enforcement-Verfahren<br />
der<br />
Deutschen Prüfstelle<br />
für Rechnungslegung<br />
(DPR). Seit<br />
der Erstausgabe<br />
im April 2006 hat<br />
die DPR ihr Vorgehen weiter professionalisiert.<br />
Sie stellt immer mehr Fehler <strong>in</strong> der<br />
Rechnungslegung von Unternehmen fest,<br />
die publiziert werden müssen – mit Folgen<br />
für Unternehmensimage und Aktienkurs.<br />
Experten von PwC stellen hier das Verfahren<br />
vor.<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
henn<strong>in</strong>g.hoensch@de.pwc.com<br />
Tel.: 069 9585-1269<br />
www.pwc.de/de/pwc291<br />
Pay<strong>in</strong>g Taxes<br />
2008<br />
<strong>Die</strong> Studie analysiert<br />
die Steuersysteme<br />
von 178<br />
Ländern. Zur Berechnung<br />
der „Total<br />
Tax Rate“ wurden<br />
alle Steuern und<br />
Abgaben erfasst,<br />
die von Unternehmen<br />
zu zahlen<br />
s<strong>in</strong>d. Zudem wurde erhoben, wie viel Zeit<br />
Unternehmen für die Steuererklärung be-<br />
nötigen und wie viele E<strong>in</strong>zelsteuern sie ent-<br />
richten. In den meisten Ländern zahlen sie<br />
mehr, als sich aus den Sätzen ablesen lässt.<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
dieter.endres@de.pwc.com<br />
Tel.: 069 9585-6459<br />
www.pwc.de/de/pwc293<br />
Familienunternehmen<br />
2008<br />
Der Großteil der<br />
deutschen Familienunternehmen<br />
geht optimistisch<br />
<strong>in</strong>s Jahr 2008. Wie<br />
aus der Studie hervorgeht,<br />
erwarten<br />
sieben von zehn<br />
befragten Unternehmen<br />
e<strong>in</strong>e<br />
steigende Nachfrage für die kommenden<br />
Monate. <strong>Die</strong> befragten Firmen setzen momentan<br />
konsequent auf e<strong>in</strong>en Wachstumskurs<br />
und konzentrieren sich dabei auf ihre<br />
Technologieführerschaft als bedeutendsten<br />
Wettbewerbsvorteil. Befragt wurden weltweit<br />
1.454 Familienunternehmen.<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
norbert.w<strong>in</strong>keljohann@de.pwc.com<br />
Tel.: 0541 3304-517<br />
www.pwc.de/de/pwc292<br />
Anhangerstellung<br />
nach IFRS<br />
Kapitalmarktorientierte<br />
Unternehmen<br />
müssen ihren Konzernabschluss<br />
nach<br />
International F<strong>in</strong>ancial<br />
Report<strong>in</strong>g Standards<br />
(IFRS) aufstellen.<br />
Dazu gehört<br />
auch e<strong>in</strong> Anhang,<br />
der etwa Unternehmenskennzahlen,<br />
Geschäftsvorfälle oder<br />
das Risikomanagement erläutert. <strong>Die</strong> neue<br />
PwC-Studie untersucht, wie Unternehmen<br />
Daten ermitteln, wo Probleme auftreten und<br />
wie Lösungsansätze aussehen können.<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
ruediger.loitz@de.pwc.com<br />
Tel.: 0211 981-2839<br />
www.pwc.de/de/pwc283<br />
54 pwc: | april 2008
11th Annual<br />
Global CEO Survey 2008<br />
<strong>Die</strong> Subprime-Krise treibt die Sorge, dass<br />
sich die Konjunktur empf<strong>in</strong>dlich abkühlen<br />
könnte. Negative Auswirkungen auf die<br />
Umsatzentwicklung des Jahres 2008 erwarten<br />
vor allem nordamerikanische und westeuropäische<br />
Unternehmen. In Asien h<strong>in</strong>gegen<br />
ist der Konjunkturoptimismus nach wie<br />
vor ungebrochen. Besonders zuversichtlich<br />
s<strong>in</strong>d die Inder. 90 Prozent der befragten <strong>in</strong>dischen<br />
Entscheider gehen von e<strong>in</strong>er positiven<br />
Geschäftsentwicklung aus. <strong>Die</strong> Ch<strong>in</strong>esen zeigen sich etwas<br />
verhaltener. 73 Prozent der Befragten schätzen die Lage ihres Unternehmen<br />
günstig e<strong>in</strong>. Für den „11th Annual Global CEO Survey<br />
2008“ wurden 1.150 CEOs aus 50 Ländern befragt. Rund 40 Prozent<br />
der Unternehmen erzielen e<strong>in</strong>en Jahresumsatz von mehr als 1<br />
Milliarde Dollar, immerh<strong>in</strong> gut die Hälfte der Vorstandsvorsitzenden<br />
führt e<strong>in</strong>e börsennotierte Gesellschaft.<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
hans.wagener@de.pwc.com<br />
Tel.: 069 9585-2431<br />
www.pwc.de/de/pwc282<br />
Power Deals<br />
2007<br />
Jedes Jahr erfasst PwC die nationalen und<br />
<strong>in</strong>ternationalen Fusionen <strong>in</strong> der Energieversorgungsbranche<br />
und fasst sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Untersuchungsbericht<br />
zusammen. Das Gute<br />
daran: <strong>Die</strong> Entwicklungen der vergangenen<br />
Jahre lassen sich vergleichen. Das diesjährige<br />
Ergebnis: <strong>Die</strong> Dynamik der Konsolidierung<br />
<strong>in</strong> der Strom- und Gas<strong>in</strong>dustrie ist nicht<br />
zu übersehen. Nahezu unbee<strong>in</strong>trächtigt von<br />
der <strong>in</strong>ternationalen Kreditkrise ist das Volumen<br />
der M&A-Transaktionen <strong>in</strong> der Branche gegenüber Vorjahr um<br />
e<strong>in</strong> Viertel gestiegen. Ihre Zahl stieg fast <strong>in</strong> gleichem Maße um 23<br />
Prozent von 623 auf 768 Transaktionen. Gegenüber den 43 Milliarden<br />
Dollar des Jahres 2003 hat sich das Transaktionsvolumen 2007 mit<br />
<strong>in</strong>sgesamt 372,5 Milliarden Dollar nahezu verneunfacht.<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
manfred.wiegand@de.pwc.com<br />
Tel.: 0201 438-1509<br />
www.pwc.de/de/pwc294<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong> WPG<br />
Olof-Palme-Straße 35, 60439 Frankfurt am Ma<strong>in</strong><br />
www.pwc.de<br />
Verantwortlich für den Inhalt (V. i. S. d. P.):<br />
Oliver Heieck (<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong>)<br />
Tel.: 069 9585-1577<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />
die Me<strong>in</strong>ung der Autoren wieder.<br />
Adressänderungen: pwc_magaz<strong>in</strong>@de.pwc.com<br />
Chefredaktion:<br />
Cor<strong>in</strong>na Freudig (<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong>),<br />
Susanne Osadnik (Facts & Figures)<br />
E-Mail an die Redaktion: pwc_magaz<strong>in</strong>@de.pwc.com<br />
CvD: Nikolaus von Raggamby<br />
Art-Direktion: Frauke Backer/backerdesign.com, Dom<strong>in</strong>ik Arndt<br />
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Infografik: Kathar<strong>in</strong>a Erfurth (Golden Section Graphics)<br />
Verlagsleitung: Frank Parlow<br />
Verlag:<br />
Facts & Figures GmbH<br />
E<strong>in</strong> Unternehmen der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND<br />
Stubbenhuk 3, 20459 Hamburg<br />
Tel.: 040 31990-622, E-Mail: cp@ftd.de<br />
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Seite 2/3: Getty Images/National Geographic/Just<strong>in</strong> Guariglia; Marcus<br />
Koppen; bpk Berl<strong>in</strong>; Alexander von Reiswitz; PwC<br />
Seite 4/5: Alamy/Eightfisch Seite 6: Getty Images/Taxi/Seth Joel<br />
Seite 8: Getty Images/Photoalto/James Hardy<br />
Seite 10/11: Corbis/Zefa/P. Manner; Haag & Kropp GbR;<br />
Facts&Figures-Montage Seite 12: BLG Logistics; Laif/Stern/Herzau<br />
Seite 14: Visum/Daniel Pilar<br />
Seite 16/17: Getty Images/Stone/Greg Pease; Corbis/James W.<br />
Porter; Alamy/Steven May; Laif/Ch<strong>in</strong>a Foto Press; PwC<br />
Seite 18: Agentur Focus/Arabianeye/Matilde Gattoni<br />
Seite 20/21: Siemens; Gulliver Theis; Marcus Koppen<br />
Seite 22/23: Laif/Peter Granser; PwC<br />
Seite 24/25: Corbis/Larry Hirshowitz<br />
Seite 26/27: Laif/Redux/The New York Times; Corbis/Larry Hirshowitz;<br />
Facts&Figures-Montage; Marcus Höhn<br />
Seite 28/29: Artur/L<strong>in</strong>us L<strong>in</strong>tner; Getty Images/Asia Images/Mart<strong>in</strong><br />
Puddy; Getty Images/Dorl<strong>in</strong>g K<strong>in</strong>dersley/Andy Crawford; Corbis/<br />
Zefa/Michael Porsche; PwC<br />
Seite 30/31: Corbis/Christie´s Images<br />
Seite 32/33: Intro/Ingo Kuzia; PwC Seite 35: <strong>Die</strong> Illustratoren/Kathryn<br />
Rathke Seite 36: Florian Jaenicke Seite 38/39: Florian Jaenicke<br />
Seite 40/41: BPK Berl<strong>in</strong> Seite 42/43: Deepol/Rui Camilo; Barandales;<br />
Picture-Alliance/dpa; Pla<strong>in</strong>picture/Johnér; PwC<br />
Seite 44/45: Getty Images/Stone+/Tim Flach; Alexander von<br />
Reiswitz Seite 47: Deepol/Markus Tollhopf<br />
Seite 48/49: Alexander von Reiswitz; Getty Images/National Geographic/Georg<br />
Grall Seite 50/51: Jörg Gläscher<br />
Seite 52: Jörg Gläscher Seite 55: ccvision<br />
Druck:<br />
Druckhaus Berl<strong>in</strong>-Mitte GmbH<br />
Schützenstraße 18, 10117 Berl<strong>in</strong><br />
pwc: ersche<strong>in</strong>t viermal im Jahr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Auflage von<br />
12.000 Exemplaren.<br />
© Januar 2008. <strong>PricewaterhouseCoopers</strong> <strong>AG</strong><br />
<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> bezeichnet die <strong>PricewaterhouseCoopers</strong><br />
<strong>AG</strong> Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbstständigen<br />
und rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der<br />
<strong>PricewaterhouseCoopers</strong> International Limited.<br />
<strong>PricewaterhouseCoopers</strong>. <strong>Die</strong> Vorausdenker.<br />
pwc: | april 2008 55
www.pwc.de<br />
Erfolgsformeln<br />
v2 v1 PNutz=½·p·A·v 3 ·[½·(1+ )·(1-( ) 2)] _<br />
_<br />
Das ist die Formel für den nutzbaren Anteil an der W<strong>in</strong>dleistung, die auf e<strong>in</strong>en Rotor trifft –<br />
den sogenannten Erntefaktor. Für die Produzenten von Energie aus W<strong>in</strong>d und anderen erneuerbaren<br />
Quellen ist jetzt die Zeit der Ernte gekommen – oder setzen sich doch die großen Konzerne durch?<br />
Siehe Seite 26<br />
v2 v1