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24 TIPPS<br />
<strong>Das</strong> <strong>Stadtgespräch</strong><br />
MUSIKTIPP:<br />
SARAH CONNOR<br />
»Muttersprache«<br />
Weniger ist mehr – fällt mir bei Sarah<br />
Connor immer ein. <strong>Das</strong> ist nicht bezogen<br />
auf ihre Kleidung, denn dabei<br />
wäre ein kleines bisschen weniger<br />
schon nackt. Vielmehr fände ich<br />
weniger provozierende Klamotten,<br />
die oftmals leicht ins Schlampige<br />
gehen, weniger Tätowierungen an<br />
allen möglichen und unmöglichen<br />
Stellen, weniger Schlagzeilen wegen<br />
irgendwelcher öffentlichen<br />
Skandale und Skandälchen, weniger<br />
Aufhebens um die eigene Person<br />
ausgesprochen wohltuend. Denn<br />
eigentlich hat Sarah Marianne Corinna<br />
Lewe, wie die 1980 geborene<br />
Sängerin mit bürgerlichem Namen<br />
heißt, die ganze billige Show nicht<br />
nötig. Sie hat eigentlich alles, was<br />
eine echte Künstlerin braucht: eine<br />
Mörder-Stimme und echte Musikalität.<br />
Letzteres wurde erst so richtig<br />
deutlich im letzten Jahr bei der ersten<br />
Ausgabe von Sing meinen Song,<br />
bei der verschiedene Leute aus dem<br />
deutschen Musikgeschäft jeweils<br />
die Hits der anderen gesungen haben,<br />
unter der Anleitung von Xavier<br />
Naidoo. <strong>Das</strong>s das nicht mit allen Sängern<br />
funktioniert, hat die zweite Auflage<br />
gezeigt, doch das nur nebenbei.<br />
Jedenfalls hat die Connor – die sich<br />
nach der weiblichen Hauptfigur<br />
in Terminator benannt hat, was ja<br />
clever war – bei dieser Show echtes<br />
Talent bewiesen und tatsächlich<br />
überzeugen können. Doch was nützt<br />
die beste Stimme und die wahre Begabung,<br />
wenn ihr die richtigen Lieder<br />
nicht auf den Leib geschrieben<br />
werden? <strong>Das</strong> ist ja auch einer der<br />
Gründe, warum die Castingshows<br />
nicht funktionieren, selbst wenn<br />
die Leute gut sind wie bei The Voice.<br />
Anfang der 2000er Jahre hatte Sarah<br />
Connor ihre bisher größten Erfolge.<br />
Die Ballade From Sarah with Love,<br />
die eine stimmgewaltige Interpretation<br />
brauchte, bekam sie ebenso<br />
gut hin wie die R’n’B-Nummer Let’s<br />
Get Back to Bed Boy. Sehr eingängig<br />
auch ihr From Zero to Hero, obwohl<br />
der Binnenreim schon etwas<br />
schmerzte, doch dazu gleich mehr.<br />
Bei Sing meinen Song waren Musiker<br />
versammelt, die überwiegend oder<br />
ausschließlich auf Englisch gesungen<br />
haben, darunter Sandra Nasi ,<br />
die Frontfrau der Guano Apes, Sascha<br />
und eben Sarah Connor, deren<br />
Stil früher eher Richtung Ami-Mucke<br />
ging. Und alle sagten, wie ungewöhnlich<br />
es doch sei, Deutsch zu singen<br />
und wie völlig anders. <strong>Das</strong> liegt<br />
aber wohl weniger an der absoluten<br />
Besonderheit der deutschen Sprache<br />
als daran, dass Banales, wenn man es<br />
nicht richtig versteht, gar nicht banal<br />
klingen muss. Sprich: die englischen<br />
Texte schmerzen nicht gar so sehr im<br />
Ohr, wenn einem die Zunge teutonisch<br />
gewachsen ist. Dabei ist zero/<br />
hero wohl so schlimm wie »deine<br />
Welt versinkt in Grau…wird dir der<br />
Himmel viel zu blau« (aus Mit vollen<br />
Händen). Doch wir wollen nicht<br />
überkritisch sein, denn die neue CD<br />
mit dem bezeichnenden Namen<br />
Muttersprache bietet durchaus auch<br />
Anspruchsvolles. Der ehemalige Produzent<br />
von Rosenstolz Peter Plate<br />
zeichnet für die 13 Songs mit verantwortlich.<br />
Die Melodien sind eingängig,<br />
vorsichtig instrumentiert, auch<br />
mit Klavier und Gitarre allein, und ab<br />
und zu darf Sarah Connor auch mal<br />
die Sau rauslassen, stimmlich und<br />
auch textlich. Letzteres gilt vor allem<br />
für Kommst du mit ihr?, das man als<br />
spätpubertäre Abrechnung mit dem<br />
Ex sehen kann – aber gerade deshalb<br />
haut es hin und macht das in Moll-<br />
Tönen gehaltene Album interessan-