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Leben & Begegnung<br />

40<br />

Vom Werden ... und wie man Priester wird.<br />

| Eindrücke von der Orientierungswoche und anschließenden Priesterweihe<br />

| März 2012, Corinna Gehrmann<br />

Ich sitze in der Sonne und denke an eine Woche zurück,<br />

die mit einer Suche begann und einer Priesterweihe<br />

endete. Ende Februar führte mich meine<br />

Suche ins <strong>Priesterseminar</strong> nach <strong>Stuttgart</strong> zu einer<br />

Orientierungswoche. Ich wusste zwar, dass es dort<br />

zur selben Zeit eine Priesterweihe geben würde,<br />

doch das interessierte mich nicht primär. Mich interessierte<br />

vielmehr, was es mit mir und dem <strong>Priesterseminar</strong><br />

auf sich hat. Der Ort war schnell gefunden,<br />

der innere Weg, der mich dorthin führte, war weniger<br />

klar. So saß ich in <strong>Stuttgart</strong> erst einmal nachdenklich<br />

im Schlosspark. Es nieselte.<br />

Grübelnd, warum ich hier bin, wurde mir klar: Ich<br />

folge einem Ruf. Am <strong>Priesterseminar</strong> angekommen,<br />

etwas nervös doch auch voller Vorfreude, traf ich auf<br />

meine Mitteilnehmenden. Eine bunte, internationale<br />

Gruppe aus Interessierten, Suchenden und Fragenden<br />

tummelte sich um einen bereits für uns gedeckten<br />

Tisch. (An dieser Stelle sende ich einen Dank an<br />

die Köchinnen für das gute Essen und an alle Seminarmitarbeiter<br />

und -bewohner für die Gastfreundschaft.)<br />

Und bald stellte sich heraus, dass sie alle<br />

irgendwie einem Ruf folgten, ob sie nun Antworten<br />

auf ihre Fragen oder ihre Aufgabe in der Welt suchten.<br />

Wie es bei den Orientierungswochen üblich ist,<br />

nahmen wir im Lauf dieser Woche am Hauptkurs der<br />

Seminaristen des 2. Trimesters teil, an Fachstunden<br />

und ein bisschen am Alltag des Seminarlebens. Der<br />

Hauptkurs war die Einführung in die Priesterweihe.<br />

Da erst stellte ich fest, welches Glück ich hatte,<br />

genau an diesem Orientierungskurs teilzunehmen.<br />

Denn zum Einen konnte ich meine lange gehegten<br />

Vorbehalte gegen die Begriffe „Kirche“ und „Priester“<br />

endlich auflösen. Zum Anderen konnte ich einen<br />

Eindruck von den Mitgliedern des Siebenerkreises<br />

gewinnen, die für die Priesterweihe anreisten und als<br />

Lenkende das „administrative Herz“ der Christengemeinschaft<br />

bilden. Im Hauptkurs bewegten wir zunächst<br />

die Frage, was denn Kirche und Priestertum<br />

heute noch bedeuten. Und wir lernten: „Die Kirche<br />

kann, wenn sie sich selber richtig versteht, nur die<br />

eine Absicht haben, sich unnötig zu machen auf dem<br />

physischen Plane, indem das ganze Leben zum<br />

Ausdruck des Übersinnlichen gemacht wird.“ 1 Allein<br />

dieser Satz ließ mich aufatmen, denn er beinhaltet<br />

den wunderschönen Gedanken, dass in der Begegnung<br />

mit einem anderen Menschen eine Begegnung<br />

mit Gott stattfinden kann, dass wir ein „Tempel<br />

Gottes“ sein können 2 .<br />

Nun folgte natürlich die logische Frage, wozu wir<br />

denn Priester brauchen, wenn die Kirche sich doch<br />

eigentlich unnötig machen soll? Wir hörten einen<br />

Kurzabriss der Historie der Einweihungsriten, des<br />

Bedeutungswandels der Einweihung in die geistige<br />

Welt bis hin zur heutigen Situation, in der der<br />

Mensch mit allem Wissen über die geistige Welt<br />

bereits geboren wird. Leider, um alles im Lauf des<br />

Heranwachsens zu vergessen, um es dann neu lernen<br />

zu müssen. Oder auch nicht „leider“?<br />

Passend zu dieser Frage fand in dieser bemerkenswerten<br />

Woche im Rudolf-Steiner-Haus ein Vortrag<br />

von Herrn Debus statt, zum Thema „Die Karmafrage<br />

als soziale Frage“. Herr Debus referierte über die<br />

Bedeutung von Gemeinschaftsprozessen für das<br />

Karma Einzelner. Um die Gemeinschaft fähig zu<br />

machen, an einem Tempel zu bauen, müsse jeder<br />

Einzelne das verwirklichen können, was er eigentlich<br />

will. Denn in diesem „eigentlich“ stecke der Inkarnationsimpuls,<br />

den dieser Mensch mit auf die Erde<br />

bringe. Und die soziale Aufgabe bestehe auch darin,<br />

dieses Wollen im Anderen zu erkennen ... Michael<br />

Debus nannte es „interpretieren“.<br />

Diese Aufgabe könnte also auch eine besonders<br />

befähigte Arbeitsberatung des „Jobcenters“ sein.<br />

Dafür braucht es keine Priester. Auch das Jobcenter<br />

hat übrigens das Ziel, sich selbst unnötig zu machen,<br />

ebenso wie ein guter Therapeut, Erzieher oder<br />

Zahnarzt. All diese Berufsbilder übernehmen die<br />

Aufgabe, einen hilfsbedürftigen Zustand eines<br />

Menschen zu erkennen und diesen Menschen zu

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