KOMpass – Ausgabe 11/ 3. Quartal 2015
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Zeitung der Kommunistischen Gewerkschaftsinitiative – International (KOMintern) / Ausgabe 11 / 3. Quartal 2015
HEISSES THEMA ARBEITS-
ZEITVERKÜRZUNG ... Seite 8+9
Schuldsprüche für die Zivilcourage
KOMinterns ... Seite 2
Berichte aus der AK ... Seite 3
Care about Care ... Seite 4
Kindergartenstreik ... Seite 5
Die „Benya-Formel“ ... Seite 6
Betriebsräte als Freiwild der FSG? ... Seite 6
Für eine Wende in den KV-Runden ... Seite 7
Griechenland: Das Imperium schlägt zurück ... Seite 10
Unrecht gegen Flüchtlinge ... Seite 12
Blackrock – König der Wallstreet ... Seite 13
Verhaftungswellen, Krieg, Ausnahmezustand in der
Türkei ... Seite 14
Nein zum Mietwucher, für sozialen Wohnbau ... Seite 15
Aktion von
„Linz gegen Rechts“
FREISPRÜCHE FÜR RECHTSRADIKALE,
SCHULDSPRÜCHE FÜR ZIVILCOURAGE
Am 20. April dieses Frühjahres folgte das Wiener Strafgericht
der ganzen Prozess-Farce um den Angriff der „Unsterblich“-
Neonazis auf die KOMintern-Versammlung und die ATIGF im
Oktober 2013 auch in seinen Urteilssprüchen – und gab damit
der von der Staatsanwaltschaft betriebenen Täter-Opfer-Umkehr
statt.
Anstatt den Neonazi-Schlägermob für seine Attacke auf unsere
Konferenz gerichtlich zu belangen und wegen Wiederbetätigung
und Verhetzung zu verhandeln, wurden – pikanterweise
just an Hitlers Geburtsdatum – fünf der sieben Angeklagten
von “Unsterblich” freigesprochen und ein anderer lediglich wegen
Hausfriedensbruchs verurteilt.
Jener „Unsterblich“-Angreifer, der damals bekanntlich ein Vorstandsmitglied
KOMinterns auf der Stiege krankenhausreif
zusammengeschlagen hatte, wurde zwar ebenfalls schuldig
gesprochen – mit 14 Monaten bedingt für schlussendlich nur
leichte Körperverletzung und Hausfriedensbruch jedoch mit
viel zu mildem Urteil. Ansonsten ist die rechtsradikale Attacke
und der versuchte Sturm unserer Versammlung und Räumlichkeiten
für die Justiz als Bagatellakt abgetan. Eine staatliche
Nachsichtigkeit, die die beständig zunehmenden Attacken und
Angriffe von Rechtsextremen und Neonazis diverser Couleur
auf AntifaschistInnen und Linke geradezu befördert.
Mit der Verurteilung zwei unserer KOMintern-Genossen zu je
zwölf Monaten bedingter Haft wurde im Namen der Republik
jedoch das Verteidigungsrecht von AntifaschistInnen, eine solche
Attacke zurückzudrängen und die rechten Recken dingfest
zu machen, kriminalisiert. Ein Schandurteil mit politischer Brisanz
weit über den unmittelbaren Anlass hinaus – gegen das
wir daher auch in Berufung gegangen sind. Wie aber immer
auch das letztinstanzliche Urteil ausfällt: Wer erwartet, dass
wir uns justiziell einschüchtern und kriminalisieren lassen,
wird sich allemal täuschen!
Spendenkonto: IBAN: AT47 1400 0011 1006 0625
BIC: BAWAATWW
lautend auf KOMintern, Verwendungszweck: „Prozesse“
Buchtipp zu unseren antifaschistischen Aktivitäten gegen die Idiotären
Rechtsextreme Gruppen mobilisieren zu Demonstrationen, Kundgebungen und anderen rassistischen Veranstaltungen. Neben
Pegida propagiert vor allem die „Identitäre Bewegung“ Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit. Julian Bruns, Kathrin
Glösel und Natascha Strobl zeigen in ihrem Grundlagenwerk zu den Identitären, dass diese Gruppe nicht aus dem Nichts
kommt. Sie schlüsseln auf, warum und wie antimuslimischer Rassismus und„Ethnopluralismus“ Kerne ihrer Agitation
sind. Das Buch erklärt ihre Ideologie, ihre Wurzeln und worin sie sich von anderen rechtsextremen Gruppen unterscheiden.
Innerhalb des Spektrums der „Neuen Rechten“ stehen Identitäre für Aktionismus, Jugend, Popkultur und Corporate Identity.
Sie bieten ein neues, modernisiertes rechtsextremes Angebot für jene, die weder etwas mit Neonazikameradschaften
anfangen können, noch mit alten Männern in verstaubten Hinterzimmern. Die Identitären stehen für einen bürgerlichen und
elitären Rechtsextremismus. Erklärtes Ziel ist die „Kulturrevolution von rechts“, mit dem die gesellschaftlichen Veränderungen
der 68er umgekehrt werden sollen. Das Buch zeigt auch, dass das Klischee des vermeintlich dummen Nazihools als
Beschreibung für ein gesamtes rechtsextremes Spektrum zu kurz greift. Vielmehr hat sich ein junges rechtsextremes Spektrum
entwickelt, das statt Hitler auf alternative Formen des historischen Rechtsextremismus und Faschismus zurückgreift.
An dem Buch kommt man nicht vorbei, wenn man aktuelle rechtsextreme Phänomene verstehen will.
2
Impressum:
Medieninhaber & Verleger: Kommunistische Gewerkschaftsinitiative – International (KOMintern),
Rankgasse 2/5, A-1160 Wien; Redaktion, Fotos (falls nicht anders angegeben); Grafik & Gestaltung:
KOMintern; www.komintern.at; Kontakt und Bestellung: info@komintern.at
BERICHTE AUS DER
Absurde Verrenkungen der AK Niederösterreich
zur muttersprachlichen Beratung
Selma Schacht, AK-Rätin für
KOMintern in Wien
Can Tohumcu, AK-Rat für
KOMintern in Niederösterreich
AK Wien sagt Ja zum KOMintern-Antrag
und „Nein zum sozialen Backlash!“
Eine gute Nachricht vorweg: Nach einigen
Diskussionen im Vorfeld stimmte die
Mehrheit der KammerrätInnen in der AK-
Vollversammlung Wien dann doch dem von
KOMintern eingebrachten Antrag „Nein zum
sozialen Backlash in Wien“ zu. Die AK Wien
hat in dem Antrag u.a. folgendes beschlossen:
Die Unterstützung und Initiierung politischer,
gewerkschaftlicher und betrieblicher
Kampagnen für massiv mehr Ressourcen
(zusätzlicher Personaleinsatz, bessere Ausstattung,
höhere Gehälter) in allen Bereichen
der Sozial- und Gesundheitsbranche und die
Unterstützung von Initiativen der Beschäftigten
und BetriebsrätInnen gegen Einsparungen
und Kürzungen im Sozial- und Gesundheitsbereich.
Wir wissen, diese Kampagnen
und Initiativen werden wir bitter brauchen…
Bitter war jedoch auch, wie offen die sozialdemokratischen
KammerrätInnen ihr zurückweichen
vor Politik und Kapital formulierten:
Anlässlich des KOMintern-Antrags zu TTIP
„Nein zum „kalten Staatsstreich“ – Nein der
Erhebung der transnationalen Konzerne zu
den entscheidenden Subjekten des internationalen
Rechts“ meinte der Redner im Namen
der FSG: „Wir sind nicht für `Stopp TTIP´
ohne Wenn und Aber“. Diesen Frontalangriff
auf ArbeitnehmerInnenrechte durch die Freihandelsabkommen
nicht massiv zu bekämpfen,
ist ein Skandal. Doch deswegen heißt
es wohl: Die FSG trägt den Kompromiss in
sich wie die Wolke den Regen. Genauso bei
der Lohnsteuerreform: Die Kritik durch den
Antrag „Keine Zustimmung zu dieser Lohnsteuerreform“
wurde fast als Majestätsbeleidigung
angesehen – berechtigte und durch
Berechnungen belegte Kritik und Warnungen
vor kommenden Belastungspaketen wurden
hochnäsig vom Tisch gewischt.
Die Anträge zu den Themen konsequenter
Kampf für Arbeitszeitverkürzung und „Care
about Care“ (Für eine Aufwertung der Pflege
in allen Bereichen) wurden einfach zugewiesen
– ich bin gespannt auf die Diskussionen
dazu in den Ausschüssen!
Die 3. Vollversammlung der AK-NÖ fand
im AK-Festsaal in St. Pölten statt. Unter
anderem haben wir uns als KOMintern
hinsichtlich der Fülle an Anträgen der
FSG und auch der VP/ÖAAB-Fraktion
auf drei politisch spezifische Anträge
konzentriert.
Unser erster Antrag war zur äußerst aktuellen
Frage der Arbeitszeitverkürzung.
Mit annähernd einer halben Million Arbeitslosen
zu Jahresbeginn 2015 kletterte
die Arbeitslosigkeit in Österreich auf ein
abermaliges, trauriges Rekordhoch der
Zweiten Republik. Und eine „Entspannung“
ist nicht in Sicht.
Doch alleine die endliche Durchsetzung
der 35-Stunden-Woche würde gut
180.000 zusätzliche Arbeitsplätze bringen
und zusammen mit einem Überstundenabbau
über 200.000 Arbeitslose
wieder in Broterwerb und Arbeit setzen.
Mit einer 30-Stunden-Woche bei vollem
Lohn- und Personalausgleich ließe sich
im Folgeschritt dann überhaupt eine
Wende einleiten.
Doch die FSG-VP/ÖAAB-Mehrheit der
Vollversammlung in der AK-NÖ hat
diesen Antrag entsprechend ihrer Gesinnung
wie im Rahmen ihrer politischen
Orientierung an der Bundesregierung nur
zugewiesen.
Unser zweiter Antrag „Keine Zustimmung
zu dieser Lohnsteuerreform“ wurde
mit den Stimmen der FSG, VP/ÖAAB
und FA, aber auch mit bedenklicher
Stimmenthaltung der AUGE/UG abgelehnt.
Vor allem bei FSG und VP/ÖAAB
ist es offensichtlich, dass sie die Lohnsteuerreform
der SP-ÖVP Regierung in
der AK vertreten. Diese Lohnsteuerreform
bedeutet für die breite Bevölkerung
nichts anderes, als dass sie neue Sparpakete
erwartet und der Reichtum in Österreich
gerichtet auf kapitalistische Interessen
unangetastet bleibt.
Der dritte KOMintern Antrag betraf
den von uns geforderten Ausbau der
muttersprachlichen Fachberatung in
der AK-NÖ.
Im Einklang mit der Resolution „Herausforderungen
der Migration“, dass „ArbeitnehmerInnen
internationaler Herkunft
vor besonderen Herausforderungen
stehen und oftmals sprachliche und kulturelle
Verständnisschwierigkeiten haben
oder Barrieren überwinden müssen“,
bedarf es gerade seitens der AK zurecht
auch in Niederösterreich „spezieller Angebote,
um die Integration zu erleichtern
und für Inklusion und Chancengleichheit
zu sorgen.“
In Wien jubelte die AK- und ÖGB-Führung
über die seit 30 Jahren andauernde
muttersprachliche Fachberatung seitens
AK und ÖGB. Auch die UNDOK-Beratungstelle
wurde den migrantischen ArbeiterInnen
als das große integrative Angebot
vorgestellt. Doch die gleiche FSG
in Niederösterreich hat schlussendlich
die bis dahin breitgedeckte muttersprachliche
Fachberatung in den niederösterreichischen
AK-Bezirksstellen streichen
lassen. Statt dem systematischen Ausbau
der muttersprachlichen Fachberatung in
Niederösterreich werden die Beratungen
faktisch nur mehr mit Terminausgaben
gedolmetscht. Obwohl es in den Reihen
der FSG auch Gegenstimmen und Unterstützung
für unseren Antrag gab, ließ
sich die FSG-Führung von ihren dahingehenden
Einschnitten und Umstrukturierungen
in der AK Niederösterreich
nicht abdrängen.
CARE ABOUT CARE!
Wer war nicht schon froh über die Pflegekraft, die einem am Wochenende
im Krankenhaus, in der Klinik oder im Rehabzentrum betreute?
Oder jene, die einem das Leben im Seniorenheim, im Tageszentrum
oder durch Hauskrankenpflege erleichtert? PflegerInnen
verbringen ihren Berufsalltag damit, anderen Menschen zu helfen
– immer mit dem Anspruch, die PatientInnen bestmöglich
und freundlich zu versorgen.
Es sind Menschen, die für und mit Menschen arbeiten! Gerade
deshalb nehmen sie einen extrem wichtigen Part in unserer
Gesellschaft ein. Ihre Arbeit gehört auch dementsprechend gewürdigt
und entlohnt.
Die Wirklichkeit ist jedoch eine andere: Arbeitsdruck, immer
mehr Verantwortung und Forderung nach Flexibilität mit der
einhergehenden Unvereinbarkeit von Beruf und Privatleben
stehen einem völlig unangemessenem Gehalt gegenüber! Über
Ausgliederungen, die Einbindung von privaten Unternehmen
und Konzernen und den Einsatz von LeiharbeiterInnen wird
der Bereich mehr und mehr privatisiert. Unter diesen haarsträubenden
Bedingungen kann keine qualitativ hochwertige Pflege
erfolgen.
Die Beschäftigten der Gesundheits- und Sozialbranche leisten
tagtäglich Bestes unter immer schwieriger werdenden Arbeitsbedingungen,
chronischem Personalmangel und unter massiv
steigender Arbeitsintensivierung. Dieser Zeit- und Arbeitsdruck
hat auch auf die
Qualität der Betreuung
und Pflege Einfluss,
so dass alte und
kranke Menschen oft
„wie am Fließband“
versorgt werden müssen.
Die Erschwerung
des Erhalts von Pflegestufen
und -geld tut
dazu ihr Übriges.
JMG_pixelio.de
Mit dem Slogan „Join
the CaREvolution“ begann
ein Betriebsrat in
Salzburg, gegen diese
Missstände und vor allem
für höhere Gehälter
einzutreten – und
viele Beschäftigte aus
der stationären Pflege
schlossen sich ihm auf
Facebook an. In vielen
anderen Bundesländern gründeten sich „Care Revolution“-
Gruppen, die „30% mehr Gehalt, 30% mehr Personal an der
Basis“ fordern, bei Flashmobs mit dem Motto „Die Pflege ist
am Boden – aber wir stehen auf“ legten sich hunderte mit ihren
Forderungen auf die Straße, die Gewerkschaften verhandelten
neben den Protesten der ÄrztInnen teilweise auch Verbesserungen
für die Pflegekräfte. Aber eine schlagkräftige bundesweite
Bewegung, die vor allem auch die ambulant arbeitenden KollegInnen
– Hauskrankenpflege, Heimhilfen, 24-h-Betreuung, …
einbezieht und die Zersplitterung auf mehrere – kompromisslerische
- Gewerkschaften aufhebt, wird noch zu bilden sein.
„Würden Pflegekräfte in Österreich in einen bundesweiten
Streik treten, würde man rasch merken, wie wichtig ihre Arbeit
wirklich ist. … Da nicht nur Österreich ein wachsendes Problem
mit der demografischen Entwicklung und gleichzeitig mit
einer zu geringen Anzahl an Pflegekräften hat, stellt sich die
Frage, warum man diese nicht nach skandinavischem Vorbild
bezahlen will, um eine weitere Ausdünnung dieser Berufsgruppe
zu vermeiden (Die finnische Gewerkschaft TEHY erkämpfte
2007 eine 20-prozentige Lohnerhöhung für Pflegekräfte).“ so
Mag. Alexandra Prinz MSc., Dipl. Gesundheits- und Krankenpflegerin
und Aktivistin im Pflegebereich.
Wir von KOMintern fordern eine massive Erhöhung der Finanzmittel,
unter anderem unterstützen wir den Kampf der
Pflegekräfte auch mit dem entsprechenden Antrag „Für eine
Aufwertung der Pflege in allen Bereichen“ an die AK Wien
(siehe S.3). Wir müssen endlich genügend Personal und Ressourcen
für qualitativ gute Arbeit UND gute Arbeitsplätze im
Gesundheits- und Sozialbereich erhalten!
KOMintern fordert u.a.:
Das Recht auf einen Vollzeit-Arbeitsplatz!
Generelle Arbeitszeitverkürzung, beginnend mit maximal
35 Stunden pro Woche bei vollem Personal- und Lohnausgleich
(und damit eine direkte Gehaltserhöhung für
Teilzeitbeschäftigte)!
Lebensweltgerechte und alternsgerechte Arbeitsplätze!
Jeder Mensch in Österreich hat das Recht auf
qualitätsvolle und stressfreie Pflege und Betreuung!
Abschaffung der Möglichkeit von Scheinselbständigkeit
in der 24-Stunden-Betreuung!
Erhöhung der Förderbudgets für die Betreuung zu Hause!
Rücknahme der Erschwerung des Zuspruchs der
Pflegegeldstufen bzw. massive Erleichterung für den
Erhalt der niedrigen Pflegegeldstufen!
4 KOMpass
LEHREN AUS DEM FANTASTISCHEN
KINDERGARTEN-
STREIK IN DEUTSCHLAND
Es war die größte Streik-Kampagne in
der Geschichte der Sozial- und Erziehungsberufe
in Deutschland. Zehntausende
Erzieher_innen haben für deutlich
höhere Löhne unbefristet gestreikt. Viele
von ihnen über vier Wochen. „Wir wollen
eine Aufwertung für alle im Sozial- und
Erziehungsdienst Beschäftigten“, sagte
der Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
(ver.di), Frank Bsirske.
Den mehrheitlich streikenden Frauen rief
er zu: „Aufwertung ist überfällig, gerade
in typischen Frauenberufen.“
Bei Protesten forderten mehr als 30.000
Erzieherinnen mehr Lohn und Anerkennung
für ihren Beruf. Bei einer Demonstration
in Frankfurter nahmen nach
Polizeischätzungen mehr als 15.000 Menschen
teil. Eltern solidarisierten sich mit
den Erzieher_innen und die Bundeselternvertretung
übergab mehr als 50.000
Unterschriften für die Streikenden an den
Verband kommunaler Arbeitgeber. In der
Petition stand: „Wir Eltern solidarisieren
uns mit den ErzieherInnen, weil wir wollen,
dass der Lohn für die Tätigkeit der
Erzieherinnen Respekt ausdrückt und
leistungsgerecht ist. Das jetzige Gehalt einer
ErzieherIn ist respektlos ...“
Basisdemokratisch?
Die Kolleg_innen hatten für die Tarifverhandlungen
extra die Streikdelegiertenversammlung
geschaffen. Deren erste
Versammlung hatte beschlossen, dass der
Streik so lange fortgesetzt wird, bis es ein
annahmefähiges Verhandlungsergebnis
gibt. Diese neue demokratische Struktur
aus etwa 300 Delegierten aus v.a. Kindergärten,
Jugend- und Sozialämtern sollte
bei allen wichtigen Entscheidungen das
letzte Wort haben. Aber nach vier Wochen
Arbeitskampf einigte sich ver.di mit
dem Arbeitgeber auf eine Schlichtung
und hat damit der Kita-Streikbewegung
einen schweren Schlag versetzt. Während
der Schlichtung herrscht nämlich
„Friedenspflicht“. Die Streiks waren ausgesetzt,
ohne die Delegiertenkonferenz
zu fragen. „Die Öffentlichkeit hätte kein
Verständnis, wenn wir die Schlichtung
nicht angenommen hätten“, behauptete
der ver.di-Vorsitzende. Aber laut Infratest-dimap-Umfrage
haben 69 Prozent
der Deutschen Verständnis für den Streik
und nur 29 Prozent keines.
Gewerkschaften dürfen sich
nicht selbst schwächen
Die Schlichter, je ein Politiker der CDU
und der SPD, haben sich auf verschiedene
mäßige Erhöhungen für die einzelnen
Berufsgruppen geeinigt. Nach
lebhaften und kritischen Diskussionen
haben die Delegierten der Streikkonferenz
beschlossen, dass es eine ver.
di-Mitgliederbefragung zum Schlichterspruch
geben soll. Ein neuer Streik ist
also möglich, aber anstehende Ferien
machen solchen schwieriger.
Laut Bsirske habe es „keine rechtliche
Möglichkeit gegeben, die Schlichtung
zu verhindern“. ver.di kann die gültige
Schlichtungsvereinbarung mit den Arbeitgebern
des öffentlichen Dienstes,
in welcher sie einem Streikverzicht zustimmt,
zu jedem Quartalsende kündigen.
Die ver.di-Führung sollte sich
selbst und die Basis nach der Erfahrung
der tollen Streikbewegung nicht limitieren
lassen.
Zu Redaktionsschuss erreichte uns die Meldung,
dass in einer Abstimmung die Gewerkschaftsmitglieder
den Schlichterspruch mit fast 70
Prozent zurückwiesen und den Kampf weiterführen.
Situation in Österreich
Schon seit Jahren fordern die Gewerkschaften die Umsetzung der
parlamentarischen „Bürgerinitiative für ein einheitliches, österreichisches
Bundesrahmengesetz“. Je nach Arbeitgeber sind die
vier Gewerkschaften GÖD, vida, GPA-djp und GdG-KMSfB zuständig.
Es existiert ein bundesweiter „Fleckerlteppich“ von 40 verschiedenen
Gehaltsschemata. Vor- oder Nachbereitungszeit der PädagogInnen
und die Ausbildung der AssistentInnen sind quer durch
Österreich verschieden geregelt. „Wir brauchen bessere Gehälter
und Anerkennung der Bildungsarbeit im außerschulischen Bereich.
Wir brauchen einheitliche gesetzliche Regelung der Aus- und Fortbildung
für das pädagogische
Personal und für das unterstützende
Personal. Wir brauchen
25 % der vereinbarten
wöchentlichen Arbeitszeit
als Vor- und Nachbereitungszeiten.
Der Pädagog_innen-
Kind-Schlüssel und die Kinderanzahl
müssen modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen
entsprechen. Die Solidaritätserklärung der GPA-djp für die streikenden
deutschen Kolleg_innen ist großartig. Jetzt heißt es für uns von
ihnen das Kämpfen zu lernen.“, so Karin Wilflingseder, Vorsitzende
der Themenplattform Elementar- Hort- und Freizeitpädagogik in der
GPA-djp Wien
KOMpass 5
DIE „BENYA-FORMEL“
Gegen alle Verklärungen der sog. „Benya-Formel“
sei nachdrücklich hervorgehoben:
ihr zugrunde bzw. eingeschrieben
liegt nicht nur die irrige Auffassung, es
ließe sich mit ihr eine Art „gerechter“
oder „richtiger“ Lohn in beiderseitiger
Ausgewogenheit ausmachen, für den
man zudem auch noch gleichsam objektive
Kriterien an der Hand habe.
Der Lohnstreit und die Lohnfindung entzieht
sich aber einer solchen „Versachlichung“.
In derartigen „Zauber-Formeln“
reflektiert sich folglich nur eine falsche
Interpretation der Beziehungen zwischen
Arbeit und Kapital. In Wirklichkeit bedeutet
die reine Nachäffung der Arbeitsproduktivität
als quasi buchhalterisches
Kriterium der Lohnentwicklung bereits
eine Parteinahme im Lohnkampf auf
Seiten des Kapitals. Sie betrachtet den
Lohn darin vorrangig als Kostenfaktor
der Unternehmen und geht wie selbstverständlich
von der unausgesprochenen
Voraussetzung aus, dass die Lohnquote
am Volkseinkommen konstant zu bleiben
habe. Daran würde auch ihr Revival
nichts ändern.
Ja, selbst eine Durchsetzung der noch
ein Stück darüber hinausgreifenden und
sich am sog. „neutralen Verteilungsspielraum“
orientierenden „produktivitätsorientierten
Reallohnentwicklung“
(der zufolge die Reallöhne in Höhe der
Inflationsrate plus des unverkürzten jährlichen
Produktivitätszuwachses steigen
sollen), würde am Verteilungsverhältnis
zwischen Kapital und Arbeit nichts
ändern. Zwar höbe sie sich sicherlich
wohltuend von der herrschenden Lohnzurückhaltung
ab und würde zumindest
der ständigen Verschlechterung der Verteilungsverhältnisse
Einhalt gebieten.
Einer neuen Primärverteilung zwischen
Kapital und Arbeit vermag aber weder
diese noch jene zum Durchbruch zu gereichen.
Der Lohnstreit ist denn auch
keine nach sozusagen statistischen Parametern
bestimmbare Angelegenheit,
sondern eine Frage des Klasseninteresses
und Ergebnis gesellschaftlicher Auseinandersetzungen.
In diesem Zusammenhang
ist auch der an sich nicht unrichtige
Verweis auf die Stärkung der Kaufkraft
und Binnennachfrage nur ein flankierendes
Hilfs- und Zusatzargument.
Betriebsrat? Sowas wie Betriebswirt? Wenn du als arbeitslos gewordener Betriebsrat den Gang zum AMS anzutreten hast, kann das
durchaus komische Züge annehmen. So geschehen, als ein Kollege entsprechend seiner Vergangenheit angab, die letzten Jahre als Betriebsrat
tätig gewesen zu sein. Das dürfte den KollegInnen beim AMS nicht oft passieren. Denn trotz Erklärungsversuchen, was denn das sei (nach
der Frage, ob Betriebsrat denn sowas wie Betriebswirt wäre) – gab die Beraterin als Tätigkeitsprofil „Betriebsrat“ ein. Doch seltsamerweise
spuckte die superschlaue Suchmaschine hinterm Schalter keine Jobs als Betriebsrat aus. Schade eigentlich.
Unabhängige, konsequente Betriebsräte als Freiwild der FSG? Nach dem durch die FSG betriebenen skandalösen Rausschmiss
des kritischen Voest-BR Johann Linsmaier erreichten ihre verlotterten „Kollegen“ nun auch in Niederösterreich die Entlassung
eines weiteren engagierten und konsequenten Betriebsrats. Zunächst verzockten die rosaroten Betriebskaiser der Semperit Wimpassing,
über ihre betriebsrätliche Untätigkeit hinaus, weitestgehend auch den Betriebsratsfonds der Beschäftigten mit über 200.000 Euro beim
Pyramidenspiel. Nach unnachgiebiger Aufdeckung dieses Skandals durch die oppositionelle „BR-Liste Eller“ gerieten sie völlig außer
Rand und Band: Nicht nur die von hunderten Beschäftigten geforderte Betriebsgruppenversammlung wurde mit aller Kraft abgeblockt.
Darüber hinaus zog die FSG, um ihre lediglich mehr knappe Mehrheit zu sichern, auch noch in schändlichem Zusammenspiel mit dem
Arbeitgeber gegen den unliebsamen wie unbestechlichen Listenführer Sepp Eller zu Felde: Unter einer mehr als offensichtlich konstruierten
Anschuldigung betrieben sie mit aller Macht die Entlassung des unabhängigen Betriebsrats Eller. Dass der Klüngel aus FSG-
Betriebsrat und Geschäftsführung in einem ersten Urteil diesbezüglich auch noch recht bekam, ist der nächste handfeste Skandal gegen
ehrliche Interessensvertretung der Beschäftigten. Ein Farceurteil, gegen das Kollege Eller selbstverständlich in Berufung geht.
6 KOMpass
ZEIT FÜR EINE WENDE!
Der Nebelschleier um die angeblich „größte Steuerreform aller Zeiten“ hat sich
mehr und mehr gelichtet. Nun gilt es die verabsäumte Umverteilung der so
gut wie völlig ungeschoren davongekommenen Konzerne und des Reichtums
im Land endlich auch über eine neue Primärverteilung über entsprechende Lohnabschlüsse
in Angriff zu nehmen.
Die Entlastungseffekte der Lohnsteuerreform
sind in spätestens zwei, drei
Jahren wieder verpufft. Die Löhne und
Gehälter werden danach – ohne automatischer
Inflationsanpassung der Steuerstufen –
wieder dieselbe steuerliche Belastung erreichen
wie 2009. Und ab Einkommen von rd. 1.800,- Euro
brutto wird einem darüber hinaus sowieso von jeder
aktuell anstehenden und hinkünftigen Lohnerhöhung
fast dasselbe abgezogen wie bisher!
Mehr als Zeit also, nach Jahren des Reallohnverlusts und mauer
Abschlüsse im Land endlich kräftige Lohnabschlüsse durchzusetzen
und eine Wende in den KV-Runden einzuläuten!
Umso grotesker und alarmierender ist die Zustimmung des
gewichtigen Wiener AK-Direktors und Faymann-Beraters
Werner Muhm zum dreisten Vorstoß der Industrie-Vertreter,
die Entlastungen durch die Steuerreform in den anstehenden
Lohnrunden ein- und gegenzurechnen. Ein Ansinnen, dem
ÖGB-Präsident Erich Foglar völlig zurecht schon im Vorfeld
eine deutliche Absage erteilte. Eine „Zurückhaltung bei den
Lohnverhandlungen als Ausgleich für die Steuerreform wird
es nicht geben“, so Foglar.
Gewerkschaftlicher Kurswechsel notwendig
Aber dafür bedarf es über vollmundige Presseerklärungen hinaus
jedoch eines grundlegenden ideologischen und gewerkschaftspolitischen
Kurswechsels. Denn der ideologische Tsunami
des sogenannten „Neoliberalismus“ fand zurückliegend
auch in Österreich immer stärkeren Eingang in die Kollektivvertragspolitik.
Dessen zentrales lohnpolitisches bzw. KV-politisches
Credo maßvoller Lohnabschlüsse, Deregulierungen und
Arbeitszeitflexibilisierungen um der vielbeschworenen „internationalen
Konkurrenzfähigkeit“ wegen, stieß auch seitens der
Gewerkschaftsspitzen auf strategische Akzeptanz und entwand
dem ÖGB im Grunde die Möglichkeit jedweder theoretisch begründeter
autonomer Gegenposition. Während die so sukzessiv
verdrängte frühere keynesianistisch begründete lohnpolitische
Konzeption in der Entwicklung der Löhne und Gehälter noch
das entscheidende Nachfrageaggregat in Anschlag brachte, trat
mit der ideologischen Wende zum „sozialpartnerschaftlichen
Angebotskorporatismus“ an deren Stelle vorrangig die Froschperspektive
der betriebswirtschaftlichen Verwertungslogik des
Kapitals sowie das Mantra des internationalen Standortwettbewerbs.
Damit verabschiedete sich der ÖGB nicht nur selbst
noch von der Grundideologie des Reformismus nach 1945 im
Land, sondern verfügt seither auch über kein eigenes Konzept
gegen die neoliberale Offensive.
Dementsprechend wurde auch die einst wie ein heiliger Gral vor
sich her getragene, sogenannte lohnpolitische „Benya-Formel“
(benannt nach dem langjährigen, ehemaligen ÖGB-Präsidenten)
entsorgt: die jährliche Lohnerhöhung habe den Anstieg der
Lebenserhaltungskosten (die Inflationsrate) auszugleichen plus
den halben Wert des Produktivitätszuwachses zu umfassen. Ihr
bezüglich gilt es zwar auch in der Hinterdreinsicht allen Verklärungen
entgegenzutreten, denn auch sie war stets eine gewerkschaftliche
Integrations-Formel in die Kapitalverwertung und
änderte nichts am Verteilungsverhältnis zwischen Kapital und
Arbeit. (Siehe S. 6) Allerdings lieferte sie die Gewerkschaften
noch nicht direkthin ans offene Messer.
Neue (Primär-)Umverteilung in den KV-Runden
Für eine reale Umverteilung in der Primärverteilung von Oben
nach Unten bedarf es jedoch des hinter sich Lassens aller buchhalterischen
Selbstbindungen. Dahingehend ist vielmehr eine
grundsätzliche ideologische und gewerkschaftspolitische Wende
von Nöten, sprich: sich einzig den Arbeits- und Lebensinteressen
der Werktätigen verpflichtende Lohnabschlüsse deutlich
über der Inflation und Zunahme der Arbeitsproduktivität. Solche
sind allerdings ohne konsequenten Kampf in Mobilisierung
und Einbeziehung der Beschäftigten nicht zu erringen. Auf
„sozialpartnerschaftlich“ ausgetretenen Pfaden und Samtpfoten
wie in Sekunden gemessenen Arbeitskonflikten lässt sich eine
solche Wende im Kampf zwischen Arbeit und Kapital um den
entsprechenden Anteil am durch unsere Hände geschaffenen
gesellschaftlichen Reichtum aber nicht bewerkstelligen.
KOMpass 7
BOJEN RICHTIG SETZEN!
ZUR AKTUELLEN ARBEITSZEITVERKÜRZUNGS-
DEBATTE
Nach Jahrzehnten des gesetzlich-allgemeinen Arbeitszeitverkürzungsstillstands,
einer kontinuierlich absackenden Lohnquote und des Reallohnverlusts,
des zunehmenden Arbeitsdrucks, sowie einer explodierenden
Arbeitslosigkeit bedarf es dringendst einer radikalen Arbeitszeitverkürzung
und gesellschaftlichen Umverteilung auf alle im Land!
Soll die unlängst gestartete und an sich begrüßenswerte GPAdjp-Kampagne
„Kürzer arbeiten – leichter leben. Die Arbeitszeit
neu verteilen“ realiter aber nicht schon im Ansatz versanden,
gar die Bojen falsch setzen, gilt es den Kampf um eine
weitreichende Arbeitszeitverkürzung auch konsequent und
zielgerichtet aufzunehmen. Denn durchsetzen lassen wird sie
sich nur in kollektiver Mobilisierung und kämpferischem, zähem
Ringen wie unter tragfähiger strategischer Perspektive.
Das Mandat dafür haben GPA-djp und ÖGB, wie eine aktuelle
IFES-Befragung unter Beweis stellt, durch die Beschäftigten
bereits erhalten. Dieses wieder „sozialpartner“schaftlich aus
der Hand zu geben, wäre ein fataler Schritt – und eine gänzlich
falsche Option.
Klare 2/3-Mehrheit für Arbeitszeitverkürzung
Das sehen auch die Beschäftigten im Land so – wie die angesprochene
IFES-Befragung mit einer glatten 2/3-Mehrheit für
eine allgemeine und flächendeckende Arbeitszeitverkürzung
eindringlich zeigt. Ein deutliches Votum der Beschäftigten,
sich die ökonomische Produktivitätssteigerung der zurückliegenden
Jahrzehnte über kräftigere Löhne hinaus auch in Form
von mehr freier Zeit aneignen zu wollen. Sprich: in Form des
Gewinns an Freizeit und Eigenzeit fürs Private, für Muße, Genuss
und Selbstentfaltung.
Ein Votum, das zugleich als Auftrag an die Gewerkschaften
verstanden werden muss. Ein Auftrag jedoch, dem man sich
nicht mit defensiven Selbstbeschränkungen entschlagen wird
können. Sei es, dass man sich wie maßgebliche KV-Verhandlungsführer
vornehmlich darauf kapriziert, in pragmatischer
Option eine Stück weit der Wiederheranführung der Real- an
die gesetzliche Arbeitszeit in Angriff nehmen zu wollen. Bzw.
anstelle des konsequenten Kampfes um eine allgemeine und flächendeckende
Arbeitszeitverkürzung, den ebenso zwieschlächtigen
wie zudem nur für bestimmte Branchen und Einkommenssegmente
stehenden „Ausweg“ des Abtausches mehr
freier Zeit gegen Lohnerhöhungen (sog. „Freizeitoption“) einzuschlagen.
Ein Kontra und eine Entgegenstellung zweier Hand
in Hand gehender Grundinteressen der Werktätigen, die nicht
nur die Zerstückelung und Entgegensetzung zweier einheitlicher
Bestimmungsstücke des gewerkschaftlichen Kampfes bedeuten,
sondern mit den mit ihr einhergehenden individuellen
Entscheidungen: Geld
versus Freizeit, auch
dazu tendiert, die Belegschaften
zunehmend
massiver in zwei
Lager zu spalten. Ein
Abtausch, der zudem
schon rein rechtlich nur
in bestimmten Branchen möglich ist, weil er eine Überzahlung
über den KV voraussetzt, da man andernfalls im Abtauschfall
unter den KV-Mindestlohn/-gehalt fiele, was in heimischen
Gefilden zurecht unzulässig ist. Aber nicht nur rechtlich, auch
faktisch setzt die „Freizeitoption“ zumindest mittlere Durchschnittsgehälter
voraus, um es sich überhaupt leisten zu können
als Option gewählt werden zu können.
Das Votum der Beschäftigten aufgreifen!
Was dem gegenüber ansteht, ist so denn auch vielmehr eine
kollektive und klassenvereinheitlichende Orientierung auf den
Kampf um eine weitreichende (gesetzliche) umfassende und
generelle Arbeitszeitverkürzung für alle bei vollem Lohnausgleich!
Eine solche durch ein Zurück hinter die seit über drei
Jahrzehnten geforderte 35-Stunden-Woche auf eine gesetzliche
Normalarbeitszeit von 38,5 Stunden zu unterlaufen, wie nunmehr
seitens der GPA-djp propagiert, führt jedoch auf einen
Holzweg. Soweit die 38,5-Stunden in verschiedentlichen Branchen
nicht schon durchgesetzt werden konnte, zöge eine derart
marginal veranschlagte Arbeitszeitverkürzung um 1,5 Stunden
die Woche in Form einer leicht zu bewerkstelligenden Kompensation
seitens der Unternehmer vor allem eine weitere Arbeitsverdichtung
nach sich. Die tatsächliche Auseinandersetzung um
die 35-Stunden-Woche nach Jahren ihres stillen Dahinvegetierens
in ÖGB-Schubladen jetzt den einzelnen Kollektivvertragsauseinandersetzungen
überwälzen zu wollen, heißt die Zeichen
der Zeit zu verkennen und das quer durch alle Branchen und
wirtschaftlichen Sektoren ausgesprochen bekommen habende
Mandat der Arbeitenden abzuwiegeln.
Für die längst überfällige Durchsetzung der von ÖGB und
AK schon seit Jahrzehnten geforderten 35-Stunden-Woche
bei vollem Lohn- und Personalausgleich sowie begleiten
der Arbeitszeitregelungen!
8 KOMpass
Für eine weitreichende Arbeitszeitverkürzung auf eine allgemeine und flächendeckende 30-Stunden-Woche!
Für wirksame Maßnahmen zum Abbau der chronischen Überstunden!
Keine Abänderungen mehr des Arbeitszeitgesetzes, Arbeitsruhegesetzes und diverse Spezialgesetze durch Kollektivverträge
und Betriebsvereinbarungen zum Nachteil der Beschäftigten! Rücknahme sämtlicher diesbezüglicher Ausnahmen aus der
Ära Schwarz-Blau!
Für eine flächendeckende Einführung der 6. Urlaubswoche für alle unselbständig Beschäftigten!
Zurück zum Ringen um eine (gesetzliche) umfassende und generelle Arbeitszeitverkürzung, anstatt des Abtausches gegen
Lohnerhöhungen (so genannte „Freizeitoption“)!
Offensiver und konsequenter Kampf der Gewerkschaften für eine weitreichende Arbeitszeitverkürzung!
Arbeitszeitverkürzung: Es geht uns alle an!
KOMpass im Gespräch mit AK-Rätin Selma Schacht
und AK-Rat Can Tohumcu
INTERVIEW
KOMpass: Warum ist Arbeitszeitverkürzung
so ein heißes
Thema?
Selma Schacht: Es ist ja komplett
widersinnig: Während auf
der einen Seite die Arbeitslosigkeit
steigt und steigt, wird auf der
anderen Seite der Leistungsdruck
auf die Beschäftigten und die Intensivierung
der Arbeit immer
ärger. Die einen können gar nicht
oder nur Teilzeit arbeiten, und den
anderen bürdet man Millionen von
Überstunden auf. Beides spiegelt
die kapitalimmanente Kehrseiten ein und derselben Medaille
wider. Und beidem lässt sich ohne einer weitreichenden Arbeitszeitverkürzung
und gesellschaftlichen Umverteilung auf
alle nicht beikommen.
Can Tohumcu: Eine 35-Stunden-Woche begründet sich heute,
wie die weitreichendere Arbeitszeitverkürzung auf 30
Stunden, ökonomisch schon alleine aus der enormen Produktivitätssteigerung
der letzten beiden Jahrzehnte – das waren
von 1994 bis 2012 fast 24%! – bei einem gleichzeitigem Nettoreallohnverfall
im selben Zeitraum um 0,5%. Und allein die
Durchsetzung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und
Personalausgleich würde gut 130.000 – 180.000 zusätzliche
Arbeitsplätze bringen, zusammen mit einem Überstundenabbau
brächte es mind. 230.000 Vollzeitjobs.
Welche Aspekte sind für euch darüber hinaus relevant?
Can Tohumcu: Die physische und psychische Belastung
durch die Arbeit nimmt immer mehr zu, immer mehr Menschen
werden krank durch ihre Arbeit. Früher war klar: Der
Fortschritt führt dazu, dass immer mehr Freizeit erkämpft
wird und diese auch immer besser genossen werden kann,
weil die Arbeit durch viele Maßnahmen einfach leichter geworden
ist. Doch mittlerweile geht das alles wieder in die andere
Richtung. Und vergessen darf man auch nicht, dass lange
Arbeitslosigkeit genau so krank machen kann.
Selma Schacht: Wir erleben auch immer wieder KollegInnen,
die einfach neben ihrem Job keine Kraft mehr haben, gesellschaftlich,
politisch bzw. gewerkschaftlich aktiv zu sein. Der
Kampf für Arbeitszeitverkürzung ist eben auch ein Kampf
dafür, mehr freie Zeit zu haben – für sich und für andere. Und
das Gute daran ist auch, dass es einfach alle gleichermaßen
betrifft – egal ob ArbeiterIn, Angestellte, wurscht welcher Beruf
oder welche Branche. Das bedeutet, dass auch gemeinsam,
Schulter an Schulter, dafür gekämpft werden kann.
Was wollt ihr abschließend noch hervorheben?
Can Tohumcu: Besonders wichtig ist auch, dass eine radikale
Arbeitszeitverkürzung auch das Ungleichgewicht zwischen
den Geschlechtern reduziert: Sie ermöglicht es Frauen, leichter
aus den mannigfach erzwungenen flexiblen Arbeitszeiten
und Zwangsteilzeit mit zu wenig Lohn auszubrechen, wie es
zum Beispiele oft in der mobilen Pflege und Betreuung der
Fall ist, während die Männer wiederum mehr Zeit hätten, um
ihren Teil an Haushalt und Kinderbetreuung zu übernehmen.
Selma Schacht: Der Kampf dafür darf aber nicht einem
schlechten Kuhhandel – Zeit statt Lohnerhöhung – weichen,
und wir müssen wachsam sein, dass durch Flexibilisierungen
nicht Verschlechterungen durch die Hintertür
sozial“partnerschaftlich“ eingeführt werden. Eine weitreichende
Arbeitszeitverkürzung – bei vollem Lohn und Personalausgleich,
das muss klar sein! – ist ebenso gesellschaftlich
notwendig wie für die einzelnen Arbeitenden – und sie ist
möglich, wenn die Gewerkschaften diesen Kampf endlich offensiv
angehen!
KOMpass 9
DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK
Das zurückliegende Halbjahr stand auf EU-Ebene zweifellos im Zeichen der Auseinandersetzung der neuen
Regierung Griechenlands um eine anvisierte Alternative zur herrschenden Austeritäts- und Knebelungspolitik
der EU. Angetreten mit dem Versprechen, die verheerende Spar- und Kürzungspolitik zu beenden und innerhalb
des Euros einen politischen Kurswechsel durchzusetzen, endete das Vorzeigeexperiment der reformistisch
pro-europäischen Linken in einer offenen Kapitulation vor den Euro-Eliten, einer politischen Niederlage
auf ganzer Linie und der Degradierung Griechenlands auf den Status einer innereuropäischen Halbkolonie.
Hier ist freilich nicht der Ort, diesem
Ergebnis im Einzelnen und seinen vielfältigen
ideologischen, politischen und
internationalen Kontexten nachzugehen,
sondern lediglich die zentralen Wegmarken
nachzuzeichnen und einige wesentliche
Lehren für unsere Kampfperspektive
zu ziehen.
Die Ende Jänner unter ihrem charismatischen
Vorsitzenden und neuen reformistisch
pro-europäischen Shootingstar
Alexis Tsipras gewählte Syriza trat nach
Jahren der Verheerungen Griechenlands,
die die gesamte Gesellschaft ökonomisch
und sozial regelrecht zerstörte,
an, dem ein Ende zu setzen und einen
linken Kurswechsel in der EU einzuleiten.
Keine weiteren Lohnkürzungen
und Aufweichungen von Arbeitsrechten
mehr, der abgesenkte Mindestlohn sollte
wieder angehoben, die Gewerkschaftsrechte
wie das Recht auf Kollektivvertragsverhandlungen
wiederhergestellt
werden, die Pensionskürzungen sollten
beendet werden und die Erhöhung
der Mehrwertsteuer ihr Ende finden.
Demgegenüber sollten endlich die von
den Vorgängerregierungen systematisch
verschonten Reichen und griechischen
Großunternehmer effektiver und
höher besteuert werden. Nicht zuletzt
die Reeder, die seit dem faschistischen
Obristen-Putsch 1967 praktisch keine
Steuern bezahlen. Zudem sollte mit der
Steuerkriminalität aufgeräumt und die
exorbitanten Militärausgaben des NA-
TO-Frontstaats beschnitten werden. Die
Angelpunkte gegen das „fiskalische Waterboarding“
wiederum bildeten die Forderung
nach einem Schuldenschnitt sowie
die Koppelung der Kredit-Tilgungen
und Zinszahlungen an das Wirtschaftswachstum.
Vom „Hoffnungs-Projekt“ zur
Kapitulation
Mit Regierungsantritt entfaltete das neue
griechische Kabinett dann eine geradezu
hektische Reisetätigkeit wie einen einsetzenden
Verhandlungsmarathon mit den
EU-Mächtigen in Brüssel, Berlin und
Paris, den Finanzministern und Regierungschefs
der Euro-Gruppe sowie den
maßgeblichen Figuren der kosmetisch
in „Institutionen“ unbenannten „Troika“
aus EU-Kommission, Europäischer
Zentralbank (EZB) und Internationalem
Währungsfond (IWF). Auf weiter Flur
isoliert, geriet der versprochene Kurswechsel
jedoch zusehends in die Defensive.
Das sog. Thessaloniki-Programm von
September 2014, welches durchzusetzen
das zentrale Wahlversprechen Syrizas
bildete, wurde daraufhin eingemottet
und durch eine Politik der Verteidigung
sog. unüberschreitbarer „roter Linien“
ersetzt. Mit ihrem am 22. Juni unterbreiteten
Verhandlungs-Vorschlag, der neben
Mehrwertsteuererhöhungen, höhere
Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge,
weniger Frühpensionierungen,
mehr Privatisierungen…. vorsah, wurden
schließlich auch noch diese „rote Linien“
übersprungen und seitens der Syriza-
Spitze offen die Waffen gestreckt.
„Grabstein für Griechenland“
Als aber selbst diese Kapitulation unter
Federführung des deutschen Finanzministers
und EU-Zuchtmeisters Wolfgang
Schäuble noch in Form eines unverbrämten
Gegen-Ultimatums zurückgewiesen
wurde, wurde vollends klar, dass die
maßgeblichen Kräfte der EU-Eliten auf
einen unverhohlenen Staatsstreich orientierten.
Die Athener Regierung setzte
daraufhin bekanntlich ein Referendum
an, um sich einerseits den Rücken zu
stärken und anderseits die Spaltung der
Partei angesichts des selbst unterbreiteten
„Grabsteins für Griechenland“, wie ein
Syriza-Abgeordneter den eigenen Verhandlungs-Vorschlag
unverblümt nannte,
zu verhindern. Wie immer man zu diesem
in vielerlei Hinsicht umstrittenen
Referendum im Einzelnen auch stehen
mag, für die Euro-Eliten kam alleine der
Umstand, die Bevölkerung in Angelegenheiten
der Hochfinanz (mit-) entscheiden
lassen zu wollen, einem unverzeihlichen
Tabubruch gleich. Ein Affront, den die
EZB umgehend dahin beantwortete, zur
finanzpolitischen „nuklearen Option“
(so die US-Bank JP-Morgan) zu greifen
und Griechenlands Banken die Liquidität
zu entziehen. Das überwältigende
„Oxi“, dem Nein von 61% der Griechen
zum Brüsseler Spardiktat, konnte aber
auch die erzwungene Bankenschließung
nicht verhindern. Nimmt man die Abertausenden,
mit regierungsunabhängigen
eigenen Stimmzetteln sowohl gegen das
Brüsseler Diktat wie gegen das Syriza-
Kapitulationsangebot votierenden Stimmen
hinzu, dürften es sogar über 70%
gewesen sein, die den Euro-Eliten eine
Absage erteilten.
Vom „Oxi“ zum offenen Debakel
Nach kurzem Jubel über den Referendums-Ausgang
trat Tsipras allerdings
keine 24 Stunden später seinen Canossa-
Gang an. Der vermeintliche Rückenwind
des Votums entlockte den kapitalistischen
Eliten der EU und Berlins nicht
einmal ein müdes Lächeln. Die griechische
Regierung knickte daraufhin zusammen
mit dem Parlament endgültig
ein und unterzeichnete nur eine Woche
nach dem „Oxi“ für ein drittes „Hilfspaket“
und um im Euro zu verbleiben die
bedingungslose Kapitulation. EU, EZB
und IWF übernahmen die Macht im
Land. Griechenland verpflichtete sich,
das volle Gläubiger-Programm umzusetzen.
Mit der Übertragung „griechischen
Staatsvermögens“ im Wert von 50 Mrd.
Euro an eine „unabhängigen Privati-
10 KOMpass
Großdemonstration des griechischen
Gewerkschaftsverbands PAME
(Kämpferische Arbeiterfront)
sierungs-Fonds“ unter Aufsicht der EU
kommt das Land (trotz gewisser Herunterschraubungen
der erwarteten Erlöse
und Auflagen) regelrecht unter den Hammer.
Die Filetstücke Hellas‘, von den Häfen
über den Energiesektor, werden dem
Totalausverkauf des Landes zu Schleuderpreisen
anheimfallen. Die staatlichen
Apparate bis hin zur Gesetzgebung und
Budget“autonomie“ stehen wieder unter
Troika-Kontrolle, womit Griechenland
allenfalls noch auf dem Papier souverän
ist. Alle wesentlichen Entscheidungen
müssen zuvor von der Troika abgenickt
werden, bevor sie dem gewählten griechischen
Parlament überhaupt vorgelegt
werden. Daran ändern auch einzelne
Farbtupfer wie die Zuführung eines
Viertels der Privatisierungserlöse für
Investitionen oder die realisierbarere
Erschließung bisher brachliegender Investitionsmittel
aus dem EU-Kohäsionsfonds
nichts. Die erneut aufgebürdeten
Belastungen, Massensteuererhöhungen,
Abschaffung sozialer Sicherheits- und
Arbeitsrechte und Lohn- und Pensionskürzungen
– von Tsipras (dem zugleich
Spitzenkandidaten der „EU-Linkspartei“
bei der EU-Parlamentswahl 2014) in Koalition
mit den im Jänner für ihre Politik
abgestraften und abgewählten vormaligen
Regierungsparteien parlamentarisch
durchgewunken – verschlimmern die
dramatische Arbeits- und Lebenssituation
der Massen in nochmals drastischem
Ausmaß. Aber wie kam es dahin?
Lehren für eine tragfähige Kampfperspektive
1. Die Illusion, der Machtstruktur
des Euro-Projekts
allein auf Boden der besseren
ökonomischen Argumente begegnen
zu wollen, ist an den
Klasseninteressen der herrschenden
ökonomischen und
politischen Eliten EU-Europas
wie eine Seifenblase zerborsten.
Dahingehend half auch
das Beispringen so prominenter
Ökonomen wie der beiden US-
Nobelpreisträger Joseph Stieglitz
und Paul Krugman oder des
ehemaligen Chef-Volkswirten
der UNCTAD Heiner Flassbeck
nichts. Selbes gilt auch für den
hartnäckigen Glauben sich mit dem
politischen Personal des internationalen
Kapitals irgendwie auf Augenhöhe zu
wähnen und zu glauben, in „harten Verhandlungen“
an den durch sie vertretenen
Kapitalinteressen und Machtstrukturen
rühren zu können.
2. Ohne massive außerparlamentarische
soziale Massenbewegungen und gewerkschaftliche
Kämpfe, dem konsequenten
Druck und Einfluss von Unten seitens
der Arbeitenden, breiten Massen und
Bedürftigen lässt sich kein Politikwechsel
bewerkstelligen. Geschweige denn,
die existierenden Klassenkräfteverhältnisse
substanziell verschieben. Die konzeptionelle
Anlage Syrizas, gestützt auf
Mandate des richtigen Kreuzes an der
Wahlurne oder in einem Referendum in
Stellvertretung der Arbeitenden und von
Massenbewegungen einen Ausweg zu
eröffnen versuchen, erwies sich so denn
auch in diesem Punkt nicht trag- und
durchsetzungsfähig. Abgesehen von einigen
wenigen Kundgebungen rund um
die Wahlen und außerparlamentarischen
Mobilisierungen im Vorfeld des Referendums,
ging das Ringen nicht mit großen
gesellschaftlichen Mobilisierungen
einher. Ein strategischer Paternalismus,
den Tsipras in vielen seiner Reden immer
wieder bestärkte. Eine Politik, die ihren
internationalen Ausdruck darin fand,
dass die immense Reisetätigkeit des Syriza-Führungsduos
dieses zwar Woche
für Woche in die Hauptstädte Europas
brachte, sich in einem fort die Türklinken
mit den Vertretern der „Institutionen“ in
die Hand gebend, es aber gleichzeitig jeden
ernsthaften Konsultationen mit den
europäischen Gewerkschaftsvertretern
ermangelte.
3. Schon in ihrer ursprünglichen Anlage
verfehlt, Griechenland auf Gedeih und
Verderb im Rahmen der Eurozone einen
Ausweg weisen zu wollen, hätte es für
einen wirklichen Ausbruch des Landes
aus seiner Zwickmühle zumindest einen
Plan B geben müssen. Einen Plan B des
Bruchs des Landes mit der EU und des
Ausstiegs aus dem Euro. Einen solchen
hatte die Syriza-Führung hinter Tsipras
in Verkennung der herrschenden ökonomischen
und politischen Lage, taktischen
Fehleinschätzungen und dem Mantra des
Traums von einem demokratischen und
sozialen EU-Europa wie einer neuen solidarischen
Euro-Architektur aber nie auch
nur erwogen. „Dies beließ ihn“ nicht nur,
wie US-Ökonom und Nobelpreisträger
Paul Krugman zurecht bemerkte, „in
einer hoffnungslosen Verhandlungsposition“.
Denn die Falken der Euro-Eliten
hatten mit dem Vorschlag Wolfgang
Schäubles eines vorübergehenden „Grexits“
demgegenüber einen manifesten
Plan B in der Hinterhand. Es versperrte
den Griechen vielmehr selbst noch als die
Entwicklungen aller Welt immer drastischer
vor Augen führten, dass im gegebenen
EU-Zusammenhang und Machtgefüge
keine sozialen und demokratischen
Reformspielräume mehr existieren, die
Möglichkeit das Ruder nochmals herumzureißen
und einen sozialen und demokratischen
Ausbruch jenseits des Berliner
und Brüsseler Consensus’ zu wagen.
„Wo die Logik der Klassenzusammenarbeit sowie die unternehmer- und regierungstreuen
Gewerkschaften vorherrscht“ bzw. politische Kräfte und Gewerkschaften sich
Träumereien einer „harten Herbeiverhandlung“ einer neuen solidarischen EU und Eurozone
verschreiben, so die PAME, verwandeln sich die Gewerkschaften zu bürokratischen
Stützen im Systemzusammenhang. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB)
hat das über die griechischen Werktätigen, Arbeitslosen, PensionstInnen und Familien
verhängte Los als tragbaren Kompromiss charakterisiert.
KOMpass 11
HELP KOBANÊ! Nach der großen Zerstörung der westkurdischen Stadt Kobanê durch die IS – Terroristen braucht sie
jede auch so kleine Hilfe. Der Wiederstand gegen die Fundamentalisten hat viel Leid und Opfer gefordert. Viele Häuser und Straßen in
Kobanê liegen in Schutt und Asche. Viele Schulen und Krankenhäuser sind zerstört. Die Infrastruktur liegt brach. Die Zivilisten in Kobanê
leben unter schweren Bedingungen. Seien Sie auch ein Baustein auf dem Weg zum Wideraufbau der Stadt aus den Trümmern.
Jede Spende hilft das Leben in Kobanê wieder möglich zu machen. Die ehemaligen Bewohner der Stadt, die noch auf der Flucht sind
möchten so schnell, wie möglich wieder in ihre Stadt zurück. Hierfür sind sie dringend auf Ihre Unterstützung angewiesen.
Unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende – jeder Euro hilft Menschen in Not – in Kobanê und in Westkurdistan!
BANK: Bank Austria, IBAN: AT74 1200 0100 1348 0628, BIC: BKAUATWW
Verwendungszweck: „Wiederaufbau Kobanê“
Help Kobanê – Humanitäre Hilfsorganisation für Kobanê in Österreich, Kontakt: www.helpkobane.at
UNRECHT GEGEN FLÜCHTLINGE
Die imperialistischen Staaten der EU und
Nordamerikas konkurrieren weltweit um
Einflusssphären, Rohstoffe, Ressourcen,
Marktanteile und Transportwege. Dabei
schrecken sie vor wenig zurück: Sie unterstützen
autoritäre Herrscher und Warlords,
liefern ihnen Waffen, Geld und
Know-how, sie inszenieren „Bürgerkriege“
und starten selbst Interventionen,
Okkupationen und Militäreinsätze. Die
Menschen der betroffenen Länder und
Regionen fliehen vor Krieg, Unterdrückung,
Terror und Verfolgung, deren Ursachen
aufgrund der Interessen der EU
und USA entstehen. Imperialismus und
Neokolonialismus sind ein wesentlicher
Fluchtgrund v.a. in Afrika und Asien.
Und zweifellos fallen diese Flüchtlinge
unter die Bestimmungen der Genfer
Flüchtlingskonvention (GFK) – doch diese
ist in Österreich und der EU de facto
außer Kraft gesetzt.
Der andere Hauptgrund – beide sind oft
verknüpft – für Flucht ist ein Ergebnis
des globalen Kapitalismus: Die Arbeitskräfte
großer Teile Afrikas und Asiens
sind aus Sicht der großen Konzerne nicht
ausreichend verwertbar. Die betroffenen
Länder werden zu reinen Lieferanten
von Rohstoffen und landwirtschaftlichen
Grundprodukten degradiert. Es geht nur
um die billigste und massenhafte Förderung
von Öl und Mineralien sowie um die
Bereitstellung von Agrar- sowie Fischereiprodukten
für Europa. Demgegenüber
wird eine ausreichende Produktion für
einheimische Bedürfnisse verunmöglicht,
ebenso die Schaffung nachhaltiger
Arbeitsplätze. In Europa werden die
Menschen, die vor Elend und Hungertod,
vor Krankheiten und Umweltzerstörung
fliehen, als „Wirtschaftsflüchtlinge“ delegitimiert.
Doch es sind der Entzug der
Lebensgrundlage, die Ausbeutung und
Ruinierung ihrer Länder durch den europäischen
Kapitalismus, der sie fliehen
lässt. Auch mit dieser Verantwortung
ist umzugehen, selbst wenn keine Asylgründe
im Sinne der GFK vorliegen.
Es sind dieselben imperialistischen Staaten
der kapitalistischen Zentren, die
Krieg, Elend und Hunger in der Welt
verbreiten, die den Menschen die Flucht
davor verwehren, die sich abschotten –
auch um den Preis tausender Toter an
den EU-Außengrenzen bzw. im Mittelmeer
(und von wesentlich mehr in den
betroffenen Ländern). Fluchtursachen
nachhaltig zu beseitigen, bedeutet letztlich
Überwindung des imperialistischen
und kapitalistischen Systems. Bis dahin
stehen jedoch die europäischen Verursacher
in der Pflicht, sichere Fluchtmöglichkeiten
zu schaffen, möglichst viele
Flüchtlinge aufzunehmen und diese
menschenwürdig unterzubringen und zu
behandeln. Doch wir sehen tagtäglich,
dass die Regierungen der imperialistischen
Staaten – egal, ob „sozialdemokratisch“,
„christlich“-konservativ, rechtsnationalistisch
oder sogar mit grünem
Einschlag – kein Interesse an Menschenrechten
oder auch nur am reinen Überleben
von afrikanischen und asiatischen
Flüchtlingen haben. Denn der imperialistische
Kapitalismus agiert in Europa
genauso wie in den Herkunftsländern
der Flüchtlinge – menschenverachtend
und menschenfeindlich.
BLACKROCK
DER KÖNIG DER WALLSTREET
Diese Firma mit Sitz in New York ist der größte Vermögensverwalter der Welt. Direkt verwaltet
sie ca. 5.000 Mrd. USD, indirekt noch mal ca. 14.000 Mrd. USD! Sie kontrolliert alle
großen Firmen der Welt. Banken, Versicherungen, IT-Firmen, Rüstungsbetriebe, was auch
immer. Ihr gehört auch ein Anteil an der Rating-Agentur Standard & Poor´s. Praktisch, wenn
S & P die Firmen beurteilt, die ihr Miteigentümer BlackRock gerade kauft, oder verkauft.
Im deutschen Aktienindex DAX sind die 30 größten Aktiengesellschaften
Deutschlands zusammengefasst. An 28
davon ist BlackRock beteiligt, an 9 sogar größter Aktionär
(Eon, Deutsche Bank, Allianz, Lufthansa etc.).
Der Chef von BlackRock ist Larry Fink. Auf ihn hören alle – Finanzminister,
Notenbanker, große Banken & Versicherungen –
mit ihm geht alles, ohne ihn geht nichts – um es einfach zu sagen.
Begonnen hat die Firma mit dem „Verbriefen von Hypotheken“.
Das waren jene „toxischen US-Immobilienpapiere“, die ab
2007 zur Finanzkrise in den USA geführt haben. In der Folge
gingen in den USA viele Banken pleite. Um sie abwickeln zu
können, mussten die Konkursrichter deren Kredite verkaufen.
Dazu musste man aber erst mal wissen, wie viel denn diese
noch wert sind. Diese Bewertung erledigte BlackRock im Auftrag
der Regierung – ohne Ausschreibung. Dafür kauften sie
nachher auch einen Großteil der Papiere auf. Die wussten ja,
was die wert waren.
Wundert es jetzt, dass die auch in Griechenland mitmischen?
Es ist ziemlich sicher, dass BlackRock alles bewerten wird,
was im Privatisierungsfonds ist, und irgend einer von den
20.000 Fonds, die sie verwalten, oder den tausenden Firmen,
an denen sie beteiligt sind, wird kaufen. Die Wunderwaffe von
BlackRock ist „Aladdin“ - ein EDV-Programm zur Risikobewertung.
Das Programm beantwortet die Frage: was passiert,
wenn ein ökonomisches Ereignis eintritt? Welche Investitionsentscheidung
hat welche Folgen? Mehr als 70 der größten Finanzunternehmen
der Welt arbeiten mit „Aladdin“. Gewartet
und aktualisiert wird es von BlackRock. Dies ist de facto ein
Informationsmonopol. Dies alles ist komplett legal. Niemand
verstößt gegen Gesetze. Das ist der real existierende Kapitalismus
– wie kindisch und naiv sind da Verschwörungstheorien!
„Die freie Wirtschaft“
Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen.
Ihr sollt auf Euren Direktor vertrauen.
Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen.
Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen.
Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein.
Wir wollen freie Wirtschaftler sein!
Wir diktieren die Preise und die Verträge -
kein Schutzgesetz sei uns im Wege.
Ihr braucht keine Heime für Eure Lungen,
keine Renten und keine Versicherungen.
Ihr solltet Euch allesamt was schämen,
von dem armen Staat noch Geld zu nehmen!
Ihr sollt nicht mehr zusammenstehen -
Wollt Ihr wohl auseinandergehen!
Ihr sagt: Die Wirtschaft müsse bestehen.
Eine schöne Wirtschaft! Für wen? Für wen?
Das laufende Band, das sich weiterschiebt,
liefert Waren für Kunden, die es nicht gibt.
Ihr habt durch Entlassung und Lohnabzug sacht
Eure eigene Kundschaft kaputtgemacht.
Denn Deutschland [und Europa] besteht -
Millionäre sind selten -
aus Arbeitern und aus Angestellten!
Und Eure Bilanz zeigt mit einem Male
einen Saldo mortale.
Während Millionen stempeln gehen.
Die wissen, für wen!
Kurt Tucholsky, 1930
KOMpass 13
HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT!
Am 15. April 2015 wurden in Deutschland in offener Komplizenschaft mit dem autoritärmilitaristischen
AKP-Regime der Türkei durch Spezialeinheit der Polizei Räumlichkeiten
der ATIK (Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei) gestürmt und 7 führende
Mitglieder inhaftiert.
Diese international
organisierte
Polit-Razzia setzte
sich dann in
einer zweiten Verhaftungswelle
in
Griechenland, der Schweiz und Frankreich fort.
Eine europaweit akkordierte Repression, in deren
Zuge auch zahlreiche Datenträger beschlagnahmt
und Privatwohnungen durchsucht und
verwüstet wurden und insgesamt 12 AktivistInnen
der ATIK in Isolationshaft gesteckt wurden.
Darunter auch Musa Demir, Gründungsmitglied
der ATIGF (Föderation der ArbeiterInnen aus
der Türkei in Österreich), jahrzehntelanger antifaschistischer
und linker Aktivist im Land, wie
aktiver Unterstützer KOMinterns.
Ihnen soll wegen angeblicher „Rädelsführerschaft“
in einer „terroristischen Vereinigung“ der
Prozess gemacht werden. Angeklagt nach § 129
a & b, eines Paragraphen der schon für das Verbot
anderer linker politischer Zusammenhänge in
Deutschland Pate stand, gibt es bis dato auch so
gut wie keinen Kontakt zu den Inhaftierten.
Die als Organisation von MigrantInnen aus der
Türkei auf Mitte der 1970er Jahre zurückreichende
ATIK, in Österreich seit 1986 als ATIGF
tätig und politisch wirksam, ist allerdings weder
neu, noch irgendwo irgendwie ungesetzlich,
sondern eine seit über einem Vierteljahrhundert
agierende und etablierte Föderation. Ein für die
Rechte von MigrantInnen, gegen Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit und für ArbeiterInnenund
Frauenrechte aktiver politischer Zusammenhang,
in gleichzeitigem, unnachgiebigem
Eintreten für Völkerfreundschaft und internationale
Solidarität.
Als solcher ist die ATIGF bzw. sind engagierte
AktivistInnen und GewerkschafterInnen ihres
Hintergrunds denn auch MitbegründerInnen
und eine der tragenden Kräfte KOMinterns für
eine neue, internationalistisch-kämpferische
Perspektive von Unten.
Die Verhaftung der Mitglieder der ATIK ist
denn auch vielmehr ein weiterer Mosaikstein
der unverhohlenen Kumpanei der Deutschen
Regierung und europäischen Regierungen mit
dem immer mehr im Stile eines Putschmilitärs
regierenden AKP-Regimes in der Türkei, und
dessen entfesselte Repressions- und Gewaltwellen
gegen fortschrittliche und demokratische
Kräfte wie konsequente Linke inner- und außerhalb
der Türkei.
Kurz nach der staatsübergreifend akkordierten
Inhaftierung der ATIK-AktivistInnen in Westeuropa
stürmten hunderte Polizisten und Spezialkräfte
der Anti-Terroreinheiten in Istanbul die
Vereinsräume wie Wohnungen der DHF (Demokratik
Haklar Federasyonu) und nahmen unter
dem Vorwand, dass sie am 1. Mai und Berkin
Elvan-Demonstrationen teilgenommen haben,
an die zwei Dutzend Mitglieder der, mit uns im
Land als ADHF (Föderation für demokratische
Rechte in Österreich) gleichfalls Seite an Seite
im gemeinsamen Kampf um eine progressive
Veränderung der hiesigen Verhältnisse stehenden,
DHF in Haft.
Am 20.7., zum dritten Jahrestag der als „Rojava-Revolution“
gefeierten Bildung der Selbstverwaltungsgebiete,
kam es in Suruç dann zum
heimtückischen, blutigen Bombenanschlag
auf den sozialistischen Jungendverband SGDF
(Föderation der sozialistischen Jugendvereine),
dem 32 junge SozialistInnen zum Opfer fielen.
Ein Bombenattentat, das sich ganz gezielt gegen
die mehreren hundert jungen AktivistInnen
richtete, die sich gerade zu einer Pressekonferenz
versammelt hatten, in deren Anschluss
sie als Solidaritätsbrigaden zum Wiederaufbau
der nach monatelangem erbitterten Kampf zum
Symbol des Selbstbestimmungskampfes wie
Widerstands gegen den IS-Terror aufgestiegenen
Stadt aufbrechen wollten. Eine aktive Wiederaufbausolidarität,
die allerdings nicht nur die
Mörderbanden des IS in Blut ertränken wollten.
Der heimtückische Selbstmordanschlag reiht
sich gleichzeitig in das dreckige Zusammenspiel
des Erdoğan-Regimes mit dem IS ein, welches
die Wochen und Tage davor durch staatliche
Repressionen und mediale Hetze mehrfach versucht
hatte, die Solidaritätsarbeit mit Rojava mit
allen Mitteln zu be- und verhindern.
In einer, geradewegs gegen den Strich gebürsteten,
Perfidität nahm die AKP-geführte Übergangsregierung
das Attentat jedoch auch noch
zum Vorwand, um einen offenen Krieg für seinen
Machterhalt zu entfesseln und den Ausnahmezustand
über das Land zu verhängen. Dem
immer stärkeren Bröckeln des gesellschaftlichen
Rückhalts des immer drakonischer agierenden
Regimes, dessen erklärtem Ziel ein „türkisches
Präsidialsystem“ installieren zu wollen mit dem
parlamentarischen Einzug der HDP (Demokratische
Partei der Völker) bei den Juni-Wahlen
und gleichzeitiger Wahlschlappe der AKP eine
Abfuhr erteilt wurde, soll mit einer offen verkündeten
„anderen Periode“ mit aller zur Verfügung
stehenden Macht Einhalt geboten werden.
In einer seitens des Regimes nochmals gesteigerten
Repressions- und Gewaltwelle wurden
seither über 1.200 HDP-AktivistInnen, DemokratInnen
unterschiedlichsten Couleur, AlevitInnen,
revolutionäre Linke, GewerkschafterInnen
und KCK-PKK-AktivistInnen in verhaftet.
In eins damit hat das Regime mit der Bombardierung
der PKK-Stützpunkte im Nordirak den
Friedensprozess aufgekündigt und auch offiziell
für beendet erklärt. Die Polizeieinsätze im Inneren
gehen derweilen mehr und mehr in einen offenen
Staatsterror über. Und mit der anvisierten
„Pufferzone“ jenseits der Grenze zu Syrien verfolgt
Ankara im nun direkten Kriegseinsatz eine
eigenhändige militärische Okkupation Rojavas
und die Zerschlagung der kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen
in Nordsyrien, deren
Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts
und Modell den türkischen Eliten ein derartiger
Dorn im Auge ist, dass sie mit Erdoğans eigenen
Worten: „wie hoch der Preis auch sein mag“
unterbunden und mit Stumpf und Stil beseitigt
zu werden haben. Sich ihrer zu entledigen, wie
zur Neuaufteilung Syriens, gegen das der „neue
Sultan von Ankara“ seit 2011 einen nichterklärten
Angriffskrieg führt, hat das Regime denn
nun auch einen breitflächigen Krieg losgetreten.
All dies mit imperialer Rückdeckung des US-
Imperialismus und der erklärten „starken Solidarität“
der NATO-Partner.
14 KOMpass
NEIN ZUM MIETWUCHER!
FÜR SOZIALEN WOHNBAU!
Wohnen ist ein Grundbedürfnis aller Menschen, aber
die Einkommen halten mit den allen voran in den
Städten wie Wien, Innsbruck oder Salzburg regelrecht
explodierenden Mieten nicht mit.
Es ist aber kein Naturgesetz, dass Wohnen in der Stadt immer
unerschwinglicher wird. Es ist schlicht Ausdruck davon, dass
Hauseigentümer, Miethaie, Immobilienfirmen, Spekulanten,
Baukonzerne und Banken satte Gewinne auf unsere Kosten
machen. Gerade bei alten Mietshäusern sind die Errichtungskosten
schon längst wieder hereingekommen – der Eigentümer
hat kaum Aufwand, aber ein gesichertes Einkommen bzw. kann
er teuer an jemanden veräußern, der davon überzeugt ist, auf
welchem Weg auch immer noch höhere Mieten aus den Bewohnern
pressen zu können.
Menschen mit (noch) günstigem Mietvertrag werden etwa in
Wien immer mehr Opfer von Spekulanten: Alte Mieter werden
zunehmend systematisch drangsaliert und hinausgeekelt, um
zu sanieren und dann ein Vielfaches der bisherigen Miete zu
verlangen. Darüber hinaus stehen rund 80.000 Wohnungen –
die genauen Zahlen werden bezeichnender Weise nicht ermittelt
– in Wien leer. Viele davon könnten sofort als Wohnraum
genutzt werden – aber es ist für manche Eigentümer profitabler,
einige Wohnungen leer stehen zu lassen bzw. „aufzuwerten“,
als „zu günstig“ zu vermieten.
SPÖ: Leere Phrasen als Wahlkampf-Schmäh
Gleichzeitig hat die Wiener SPÖ den tatsächlichen sozialen
Wohnbau seit Langem unter absurden Argumenten eingestellt
(es gebe ohnehin viele günstige Wohnungen, die Grundsückspreise
seien zu hoch, die privaten Bauträger könnten‘s besser,
es könnte mit der EU Probleme geben, ...) und durch profitorientierten
Wohnbau ersetzt, an dem sie finanziell auch noch
munter mitschneidet. Die nun angekündigte Errichtung einiger
Hände voll neuer Gemeindewohnungen ist schon alleine
angesichts des jährlichen Bevölkerungswachstums der Stadt
die reinste Verhöhnung. Es wäre schön, wenn die Rathausmächtigen
wirklich eingesehen hätten, dass es dringend neuer
Gemeindewohnungen bedarf! Aber mehr als ein billiger Wahlkampfschmäh
ist diese Ankündigung bisher nicht: Konkret
geplant sind gerade einmal 120 Wohnungen – in Worten: einhundertzwanzig!
Für die nächsten fünf Jahre wurden unverbindlich
2.000 neue Einheiten angekündigt – Wien wächst aber
pro Jahr um 20.000 Menschen, in den 60ern wurden jährlich
9.000 Wohnungen von der Stadt gebaut. Auch sollen wieder
gewinnorientierte Baufirmen beim Auftrag mitverdienen – immerhin
sitzen dort einige gut bezahlte SPÖ-Mitglieder in den
Aufsichtsräten.
So fordert
denn auch die
PdA*Solidaritätsplattform
Wien gemeinsam
mit KOMintern:
Einen wirklichen
und ausreichenden
sozialen
Wohnbau!
Ein solcher ist
sowohl aus den
staatlichen, kommunalen
und öffentlichen Mitteln zu
tragen, wie durch eigene (Rechts-)Träger und eigenes
Personal des öffentlichen Sektors zu leisten!
- Denn öffentliche Gelder dürfen weder privaten noch
parteinahen Profiten dienen!
- Ein derartiger kommunaler Wohnbau unterbindet aber
nicht nur Privatprofite (sowie die grassierende Korruption
und den allgegenwärtigen Betrug), sondern kommt auch
steuerlich günstiger. Er ermöglicht darüber hinaus eine
städtische Beschäftigungsoffensive, die gezielt Menschen
ausbilden und einstellen kann, nicht zuletzt auch jene, die
aktuell am Arbeitsmarkt nicht unterkommen!
Keine Privatisierung von Gemeindewohnungen!
Rücknahme der Verschärfungen bei Wohnungsvergaben!
Verpflichtende Nennung leer stehender Wohnungen und
Einführung einer Leerstandsabgabe!
Übernahme leer stehender Spekulationsobjekte durch die
Gemeinde!
Für ein neues Mieterschutzgesetz mit einer strikten
Obergrenze für Mieten pro m²!
Schluss mit dem Zuschlagsunwesen
(für Lage, Verkehrsanbindung etc.)!
Anfallende Maklergebühren sind von den Vermietern zu
tragen!
Für die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten,
Betriebskosten und „warmes Wohnen“!
Gegen jede Art von Ghettoisierung!
Für die Überführung des Grund und Bodens in
öffentliches Eigentum – als Voraussetzung sozialen
Wohnbaus und dauerhaft leistbarer Mieten!
KOMpass 15
KOMINTERN AKTIV!
Schulter an Schulter mit tausenden AntifaschistInnen
gegen PEGIDA
Bei der Protestkundgebung der TrainerInnen von
AMS-Kursen
KOMintern-AktivistInnen aktiv auf der Demo in Linz gegen
die Kürzungen im Sozialbereich
Eröffnung der KOMintern-Generalversammlung 2015
Aktiv gegen den G7-Gipfel in Elmau und die
Bilderbergerkonferenz in Telfs
Auf der Wiener Großdemonstration im Rahmen des
weltweiten Aktionstags „TTIP-Stoppen“
Internationalistischer 1. Mai in Wien
Internationalistischer 1. Mai in Innsbruck
Internationalistischer 1. Mai in Linz
Auf der Großdemonstration zum 100. Jahrestags des
Genozids an den ArmenierInnen
Am 1. Mai-Fest KOMinterns: alevitisches Statement
der Gruppe „Devri Alem“ gegen den IS
Trauer, Wut und Solidarität anlässlich des heimtückischen
Bombenanschlags in Suruç
Kommunistische Gewerkschaftsinitiative – International KOMintern
aktiv in Wien, Niederösterreich, Tirol, Oberösterreich und Salzburg
Bundesbüro: Rankgasse 2/5, 1160 Wien, info@komintern.at, www.komintern.at