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Sinfonie im Wandel der Zeit - Freiherr-vom-Stein-Schule

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Waldkappel, den 15.04.2007<br />

Jahresarbeit <strong>im</strong> Fach Musik<br />

vorgelegt von Helena Borchert<br />

an <strong>der</strong><br />

<strong>Freiherr</strong>-<strong>vom</strong>-<strong>Stein</strong>-<strong>Schule</strong>,<br />

Hess. Lichtenau<br />

Fachlehrerin: Frau Bendiek<br />

1


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Vorwort S. 3<br />

2. Der Begriff „<strong>Sinfonie</strong>“ <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> S. 4<br />

3. Biographie Joseph Haydns S. 7<br />

4. Das <strong>Sinfonie</strong>schaffen Haydns S. 9<br />

4.1 <strong>Sinfonie</strong> Nr.6 „Le Matin“ S. 10<br />

4.1.1 Der erste Satz S. 10<br />

4.1.2 Die weiteren Sätze S. 11<br />

4.2 <strong>Sinfonie</strong> Nr. 94 „Mit dem Paukenschlag“ S. 12<br />

4.2.1 Der erste Satz S. 12<br />

4.2.2 Die weiteren Sätze S. 14<br />

4.3 Vergleich bei<strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong>n S. 16<br />

4.3.1 Orchesterbesetzung und Funktion S. 16<br />

4.3.2 Satzfolgen S. 16<br />

4.3.3 Entwicklung und D<strong>im</strong>ension S. 17<br />

5. Nachwort S. 18<br />

6. Quellenverzeichnis S. 19<br />

7. Anhang<br />

Glossar S. I<br />

Partitur <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> Nr. 6, 1. Satz S. II<br />

Partitur <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> Nr. 94, 1. Satz S. VIII<br />

Auszüge aus dem Internet S. XXX<br />

Erklärung S. XXXV<br />

2


1. Vorwort<br />

In dieser Jahresarbeit werde ich mich mit dem Leben Joseph Haydns und <strong>der</strong><br />

Entwicklung seiner <strong>Sinfonie</strong>kompositionen auseinan<strong>der</strong>setzen. Dabei betrachte<br />

ich schwerpunktmäßig zwei Haydnsinfonien, Nr. 6 „Le Matin / Der Morgen“ und<br />

Nr. 94 „The surprise / Mit dem Paukenschlag“, die beide nach beruflichen<br />

Ortswechseln Haydns komponiert worden sind und die ich selber ausgewählt<br />

habe. Beide <strong>Sinfonie</strong>n werde ich unter den Aspekten <strong>der</strong> Funktion, Besetzung,<br />

Satzfolge und D<strong>im</strong>ension analysieren, schwerpunktmäßig jeweils den 1. Satz.<br />

Anschließend werden die <strong>Sinfonie</strong>n unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong><br />

kompositorischen Entwicklung Haydns verglichen.<br />

Ich habe aber auch bewusst die Biographie und das <strong>Sinfonie</strong>schaffen Haydns in<br />

die Arbeit integriert, da ich denke, dass eine richtige Analyse nur dann<br />

passieren kann, wenn man Hintergrundinformationen über den Komponisten<br />

selber und über dessen Schaffen hat. Daher möchte ich auch demjenigen, <strong>der</strong><br />

diese Arbeit ließt, die Möglichkeit geben, sich in das Thema langsam<br />

hineinzufinden.<br />

Die Themenfindung war nicht einfach. Dass es um <strong>Sinfonie</strong>n gehen sollte,<br />

stand schnell fest, die Eingrenzung auf die beiden Haydn-<strong>Sinfonie</strong>n erfolgte<br />

allerdings erst nach mehreren Wochen dauernden Diskussionen mit meiner<br />

Betreuerin. In <strong>der</strong>en Verlauf habe ich über das in dieser Arbeit<br />

Nie<strong>der</strong>geschriebene hinaus viel über weitere Komponisten des 18. und des 20.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts, unter an<strong>der</strong>em Beethoven und Dvořák, erfahren.<br />

3


2. Der Begriff „<strong>Sinfonie</strong>“ <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong><br />

Seit dem Mittelalter bis zur Gegenwart hat sich <strong>der</strong> Begriff Symphonia (gr.) bzw.<br />

Sinfonia (lat. & it.) in <strong>der</strong> Bedeutung oft verän<strong>der</strong>t. Im Mittelalter verstand man<br />

darunter einen Zusammenklang, eine Konsonanz <strong>der</strong> Intervalle, ein Ensemble<br />

und in England sogar ein Tasteninstrument. Erst <strong>im</strong> 17. Jahrhun<strong>der</strong>t begann<br />

sich die einheitliche Bedeutung des Wortes <strong>Sinfonie</strong> herauszukristallisieren.<br />

Instrumentale Vor- und Zwischenspiele zu geistlichen und weltlichen<br />

Vokalwerken, Opern, Oratorien etc wurden nun darunter verstanden. Doch<br />

diese Definition hat mit <strong>der</strong> späteren <strong>Sinfonie</strong> nichts mehr zu tun. Mit <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong><br />

breitete sich die italienische Opern-, Oratorien- und Sologesangsmusik aus und<br />

<strong>der</strong> Begriff Sinfonia beschränkte sich nur noch auf die Vor- und<br />

Zwischenspielstücke. Ende des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts nahm die Sinfonia breitere<br />

Formen an und wurde allmählich zu einem selbstständigen Orchesterstück, das<br />

auch alleine konzertmäßig aufgeführt werden konnte. Da <strong>der</strong> Begriff Sinfonia<br />

auf einen <strong>im</strong>mer größeren Bereich verwendet wurde, kam es bald zu einer<br />

Wortkonkurrenz zum Begriff Sonata, <strong>der</strong> jedoch zu <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> das gleiche<br />

aussagte. Diese Konkurrenz hielt bis ins 18. Jahrhun<strong>der</strong>t an. Es kam jedoch<br />

auch vor, dass <strong>der</strong> Begriff Sonata auf den Zyklus bezogen war und Sinfonia nur<br />

den einleitenden Satz meinte. Zu bemerken ist jedoch, dass um 1700 die<br />

Gattungen Sinfonia, Kirchensonate, Kammersonate und französische Ouvertüre<br />

sich in <strong>der</strong> Praxis vielfach überschnitten haben und es dadurch schwierig ist,<br />

eine klare Abgrenzung zwischen den einzelnen Gattungen zu finden.<br />

Die Satzfolge <strong>der</strong> Sinfonia war kombinierbar. Man findet z.B. sowohl die<br />

Reihenfolgen schnell-langsam-schnell als auch langsam-schnell-langsam-<br />

schnell vor. Als Vorbild für viele Komponisten <strong>im</strong> 18. Jahrhun<strong>der</strong>t galt Scarlatti<br />

(1660-1725), <strong>der</strong> weitestgehend die dreisätzige Form und die Besetzung mit<br />

Streichern, Oboen und Hörnern verwendete. Er gab <strong>der</strong> instrumentalen<br />

Operneinleitung, die die Satzfolge schnell-langsam-schnell hatte, den Namen<br />

<strong>Sinfonie</strong>.<br />

Nach 1730 löste sich in Italien die Konzert-Sinfonia von <strong>der</strong> Opern-<strong>Sinfonie</strong> ab<br />

und diese Bewegung ging schnell auf Frankreich, Deutschland und an<strong>der</strong>e<br />

Län<strong>der</strong> über. Italien wird als Ursprungsland bei<strong>der</strong> Formen, <strong>der</strong> Opern- und<br />

Konzert-<strong>Sinfonie</strong>, angesehen. Die Italienische und Wiener <strong>Sinfonie</strong> wurzeln in<br />

4


<strong>der</strong> italienischen Ouvertüre. Obwohl es in Italien nicht viele Konzert-<strong>Sinfonie</strong>-<br />

Komponisten gab, wurden diejenigen, die es gab, zu den fähigsten<br />

Komponisten ihrer <strong>Zeit</strong> gezählt. Zu beachten ist, dass man zwischen <strong>der</strong><br />

<strong>Sinfonie</strong> <strong>im</strong> Theater, in <strong>der</strong> Kirche und in <strong>der</strong> Kammer, also dem weltlichen<br />

Repräsentieren, unterschied. Die Kammer- o<strong>der</strong> Konzertsinfonie war<br />

selbstständig und aus ihr heraus entwickelte sich die zyklische Großform <strong>der</strong><br />

heutigen <strong>Sinfonie</strong>.<br />

Seit nunmehr 3 Jahrhun<strong>der</strong>ten versteht man unter dem Begriff <strong>Sinfonie</strong> die<br />

Folge von mehreren selbstständigen Sätzen, die die Bedeutung eines<br />

mehrsätzigen, zyklisch geordneten Orchesterwerks haben. Seit <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> von<br />

Johann Stamitz (1717-1757), <strong>der</strong> zur Mannhe<strong>im</strong>er <strong>Schule</strong> gehörte, enthält die<br />

<strong>Sinfonie</strong>form neben den drei Sätzen auch vier Sätze. Der erste Satz ist jeweils<br />

<strong>der</strong> Einleitungssatz (Allegro) und <strong>der</strong> zweite Satz ist langsam (z.B. Andante).<br />

Be<strong>im</strong> dritten Satz muss man unterscheiden: Es gibt einmal die Möglichkeit,<br />

dass er <strong>der</strong> letzte Satz und somit entwe<strong>der</strong> ein Menuett o<strong>der</strong> ein Allegretto ist<br />

o<strong>der</strong> er ist ein Menuett, dem als vierter Satz ein Trio folgt.<br />

Neben <strong>der</strong> Mannhe<strong>im</strong>er <strong>Schule</strong> gab es in Deutschland auch die Berliner <strong>Schule</strong>.<br />

Auf Europa gesehen war jedoch die Wiener <strong>Schule</strong> mit ihren bekanntesten<br />

Komponisten Haydn und Mozart am wichtigsten und auch das zweitgrößte<br />

Musikzentrum nach Paris.<br />

In <strong>der</strong> ersten Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts hatte fast je<strong>der</strong> bedeutende<br />

Komponist eine Verbindung zur Form <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong>. Die viersätzige <strong>Sinfonie</strong> <strong>der</strong><br />

Klassik löste sich jedoch in <strong>der</strong> Romantik mehr und mehr auf. Es gab zwei<br />

Haupttypen <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong>: zum einen die formalbetonte und zum an<strong>der</strong>en die<br />

inhaltsbetonte <strong>Sinfonie</strong>. Vertreter dieser Epoche und daher Nachfolger des<br />

Wiener Klassikers Beethoven waren Schumann, Wagner, Mendelssohn-<br />

Bartholdy, Bruckner, Mahler etc. Da die Komponisten <strong>der</strong> Auffassung waren,<br />

dass nach Beethoven keine erhebliche Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> statt finden<br />

könne, gab es Anfang des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts einen Stilwandel (s. Schoenberg<br />

o<strong>der</strong> Strawinsky). Es gibt aber keinen einheitlichen <strong>Sinfonie</strong>begriff mehr und<br />

daher steht die Tür allen Exper<strong>im</strong>enten offen. Es werden <strong>im</strong>mer noch viele<br />

<strong>Sinfonie</strong>n geschrieben, diese haben jedoch nicht mehr die gleiche Gewichtung<br />

wie früher.<br />

5


Zusammenfassend ist damit anzumerken, dass die Geschichte <strong>der</strong> Tradition<br />

<strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> sehr kompliziert ist und niemals von einzelnen Werken o<strong>der</strong><br />

Persönlichkeiten abgeleitet werden kann. Die <strong>Sinfonie</strong> bezeichnet aber eine <strong>der</strong><br />

bedeutendsten Gattungen <strong>der</strong> Instrumentalmusik.<br />

Informationen zu Kapitel 2 in Anlehnung an Hoffmann-Erbrecht, L.<br />

sowie in Anlehnung an Finscher, L..<br />

6


3. Biographie Joseph Haydns<br />

Franz Joseph Haydn wurde am 31. März 1732 in Rohrau, Nie<strong>der</strong>österreich,<br />

geboren. Seine Eltern waren keine Musiker, doch sie und ihre Nachbarschaft<br />

Abb.1<br />

Franz Joseph Haydn<br />

pflegten es, Volkslie<strong>der</strong> zu singen. Da Haydns<br />

Gesangstalent beachtet wurde, schickte man ihn mit<br />

fünf o<strong>der</strong> sechs Jahren zu Verwandten nach Hainburg<br />

an <strong>der</strong> Donau, wo er zum Chorsänger ausgebildet<br />

wurde. 1740 entdeckte ihn <strong>der</strong> damalige musikalische<br />

Direktor des Stephansdoms in Wien, Georg von<br />

Reutter, und nun war Haydn neun Jahre lang in Wien<br />

als Chorknabe tätig. Wien galt als Zentrum <strong>der</strong><br />

damaligen Musik und das ist vielleicht unter an<strong>der</strong>em<br />

eine Erklärung dafür, dass Haydn, obwohl er nie regelmäßigen<br />

Kompositionsunterricht bekommen hatte, dort mit seinen ersten Kompositionen<br />

anfing. 1749 wurde Haydn aus dem Knabenchor entlassen, da er in den<br />

St<strong>im</strong>mbruch kam. Nun verdiente er seinen Lebensunterhalt als Kammerdiener<br />

des italienischen Komponisten Niccola Porpora, war aber gleichzeitig auch als<br />

freier Musiker tätig. Er gab Klavierunterricht und schrieb seine ersten<br />

Streichquartette und seine erste Oper. 1757 komponierte Haydn seine erste<br />

<strong>Sinfonie</strong>. In diesem Jahr bekam er auch eine Stelle als Musikdirektor des<br />

Grafen Karl von Moritz auf Schloss Lukavec<br />

bei Pilsen. Dort dirigierte er ein kleines<br />

Orchester und schrieb für dieses auch<br />

<strong>Sinfonie</strong>n, Streichtrios etc. Auf Grund<br />

finanzieller Schwierigkeiten entließ 1761 Graf<br />

von Moritz Haydn bald, <strong>der</strong> jedoch sofort eine<br />

Stelle als Vizekapellmeister <strong>der</strong> Familie des<br />

Fürsten Esterházy in Eisenstadt, das ungefähr<br />

50 km von Wien entfernt ist, fand (s. Abb.2). In diesem Jahr entstanden die<br />

Abb.1: http://www.esterhazykeller.at/esterhazykeller/_JPEGs/Joseh_Haydn.jpg<br />

Abb.2: http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.encyclop.data.<strong>im</strong>age.e/e839323a.jpg<br />

7<br />

Abb.2<br />

Schloss Esterházy in Eisenstadt


<strong>Sinfonie</strong>n Op.6-8. Eine genauere Betrachtung zur <strong>Sinfonie</strong> Nr. 6 erfolgt ab S.<br />

10. 1766 wurde Haydn zum Kapellmeister ernannt, nachdem <strong>der</strong> alte Meister<br />

verstorben war. Insgesamt arbeitete Haydn fast 30 Jahre für die Familie<br />

Esterházy, bis zu seinem Tod bestand zwischen ihnen eine enge Verbindung.<br />

Während dieser 30 Jahre komponierte er eine Unmenge von Werken und die<br />

Flut genialer Einfälle wollte bis zu seinem Tode nicht aufhören.<br />

Seit ungefähr 1781 bestand eine gepflegte und auch enge Freundschaft<br />

zwischen Mozart und Haydn. In Streichquartetten spielten sie zusammen und<br />

Haydn bewun<strong>der</strong>te Mozarts musikalisches Schaffen. Er hörte nahezu mit dem<br />

Komponieren von Opern und Konzerten auf, da Mozart in diesen Gattungen am<br />

stärksten war.<br />

Auf Grund des unmusikalischen Familienoberhaupts Fürst Anton wurde Haydn<br />

1790 aus <strong>der</strong> Familie Esterházy entlassen und trat anschließend zwei Reisen<br />

nach England an (1791 – 1792 und 1794 – 1795). In England wurde er gefeiert<br />

und erwarb schnell Ruhm und Vermögen. Einige seiner besten und<br />

bekanntesten Werke, unter an<strong>der</strong>em auch Op. 94 „Mit dem Paukenschlag“ (s.<br />

S. 12-15), entstanden in London. Obwohl Haydn gedachte, englischer<br />

Staatsbürger zu werden, kehrte er zur Familie Esterházy, die inzwischen wie<strong>der</strong><br />

ein an<strong>der</strong>es Familienoberhaupt, Fürst Nikolaus II., hatte, zurück und<br />

komponierte dort seine letzten neun <strong>Sinfonie</strong>n. 1797 komponierte er auch die<br />

Melodie <strong>der</strong> jetzigen deutschen Nationalhymne. 1802 musste er jedoch sein<br />

musikalisches Schaffen aufgeben, da seine körperliche Verfassung, auch auf<br />

Grund von Krankheiten, es ihm nicht mehr erlaubte, musikalisch tätig zu sein.<br />

Mit 77 Jahren verstarb Joseph Haydn am 31. Mai 1809 und wurde <strong>im</strong> heutigen<br />

Haydnpark in Wien beerdigt. 1920 wurde er zur Haydnkirche in Eisenstadt<br />

überführt, wo man auch entdeckte, dass dem Toten <strong>der</strong> Schädel fehlte, <strong>der</strong><br />

nach seinem Tod <strong>vom</strong> Sekretär <strong>der</strong> Familie Esterházy, <strong>der</strong> ein Anhänger <strong>der</strong><br />

Schädellehre war, gestohlen wurde. Erst 1954 konnten dort <strong>der</strong> Schädel und<br />

die Gebeine zur ewigen Totenruhe vereint werden.<br />

Informationen zu Kapitel 2 in Anlehnung an Hoffmann-Erbrecht, L<br />

sowie in Anlehnung an Finscher, L..<br />

8


4. Das <strong>Sinfonie</strong>schaffen Haydns<br />

Joseph Haydn komponierte von 1759 – 1795 <strong>Sinfonie</strong>n, die Gesamtzahl seiner<br />

<strong>Sinfonie</strong>werke ist jedoch umstritten: angeblich soll er 104 echte und 134<br />

unechte o<strong>der</strong> zweifelhafte Kompositionen angefertigt haben. Im letzten Viertel<br />

des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts war er <strong>der</strong> führende und meist angesehene<br />

<strong>Sinfonie</strong>komponist, Mozart hat <strong>im</strong> Vergleich nur 41 <strong>Sinfonie</strong>n komponiert, und<br />

Haydn genoss schon zu Lebzeiten unumstrittenen Weltruhm. Man<br />

unterscheidet bei ihm drei Schaffensperioden: Die erste war von 1759 – 1770,<br />

die <strong>Zeit</strong> von 1770 – 1780 wird als Sturm und Drang <strong>Zeit</strong> betrachtet und die<br />

letzte Periode von 1780 – 1795 wird als die hohe Meisterschaft angesehen.<br />

Obwohl Haydn nur sehr langsam seinen eigenen Stil verän<strong>der</strong>te, war er <strong>im</strong>mer<br />

offen gegenüber neuen Stilrichtungen. 1761 verän<strong>der</strong>te sich sein einfacher Stil<br />

merklich, da die polyphone Arbeit <strong>im</strong>mer wichtiger wurde und er auch <strong>Sinfonie</strong>n<br />

mit fünf Sätzen komponierte, in denen Instrumente auch konzertante Parts<br />

übernahmen, was davor nicht üblich war. Die <strong>im</strong> Jahr 1761 entstandenen<br />

<strong>Sinfonie</strong>n Nr. 6 „Le Matin“, Nr. 7 „Le Midi“ und Nr. 8 „Le Soir“ hatten unter<br />

an<strong>der</strong>em einen deutlich programmatischen Einschlag, da sie die einzigen<br />

<strong>Sinfonie</strong>n waren, die an einem Stück mit Verbindung geschrieben worden sind.<br />

In <strong>der</strong> „Sturm-und-Drang-<strong>Zeit</strong>“ stand „ein leidenschaftlicher subjektiver<br />

Grundton“ (1) in den <strong>Sinfonie</strong>n <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Seine Meisterzeit deutete sich so an, dass die Ausdeutung und Verarbeitung<br />

<strong>der</strong> Themen sehr wichtig wurde. Er komponierte die 6 „Pariser <strong>Sinfonie</strong>n“ (Nr.<br />

82 – 87), <strong>der</strong>en Form freier gehandhabt wurde und eine Scheinpolyphonie<br />

hatten. Seine letzte Stufe umfasste die 12 „Londoner <strong>Sinfonie</strong>n“ (1791 – 1795),<br />

von denen einige die bekanntesten seiner Werke sind, so auch die <strong>Sinfonie</strong> „Mit<br />

dem Paukenschlag“. Nach 1795 wandte sich Haydn von den <strong>Sinfonie</strong>n ab und<br />

widmete sich den Oratiorienkompositionen.<br />

_______________________________________________________________<br />

(1) Hoffmann-Erbrecht, L. ; S.16<br />

9


4.1 <strong>Sinfonie</strong> Nr.6 „Le Matin“<br />

Im Jahr 1761 unterzeichnete Haydn einen Vertrag bei <strong>der</strong> Familie Esterházy,<br />

bei <strong>der</strong> er erst Vizekapellmeister und später Kapellmeister wurde. Es ist zu<br />

vermuten, dass Haydn sein einziges programmatisches <strong>Sinfonie</strong>werk, die<br />

<strong>Sinfonie</strong>n Nr. 6-8, die auch als Tageszeiten-<strong>Sinfonie</strong>n bezeichnet wurden, in<br />

einem Stück <strong>im</strong> Jahr 1761 für seinen neuen Dienstherrn komponierte. Das<br />

Orchester, das Haydn zur Aufführung dieser <strong>Sinfonie</strong> zu Verfügung hatte,<br />

bestand aus mehreren Geigern, einem Bratschisten, einem Cellisten, einem<br />

Kontrabassisten, einem Flötisten, zwei Oboisten, zwei Fagottisten und zwei<br />

Hornisten. Da das Orchester für jene <strong>Zeit</strong> gut bestückt war, <strong>der</strong> Komponist<br />

selber den Spielern die Gelegenheit geben wollte, ihr Können unter Beweis zu<br />

stellen und auch sein Können seinem neuen Arbeitgeber zu zeigen<br />

beabsichtigte, enthält die <strong>Sinfonie</strong> viele Soloparts.<br />

Sie wurde bereits mit <strong>der</strong> klassischen Satzfolge komponiert, das heißt: Der<br />

erste Satz hat eine langsame Einleitung und ein anschließendes Allegro, <strong>der</strong><br />

zweite Satz besteht aus Adagio, Andante und wie<strong>der</strong> einem Adagio, <strong>der</strong> dritte<br />

Satz ist ein Menuett mit Trio und <strong>der</strong> vierte Satz ein Allegro.<br />

Der <strong>Sinfonie</strong>name „Le Matin“, zu deutsch „Der Morgen“, wird seinem Namen in<br />

dieser <strong>Sinfonie</strong> gerecht. Durch das Hauptthema <strong>im</strong> ersten Satz und die<br />

verschiedenen einzelnen Elemente hat man das Gefühl, bei Sonnenaufgang in<br />

<strong>der</strong> Natur zu sein. Unterschiedliche Klangfarben und Motive können sehr gut<br />

einzelne Vögel verkörpern, so zum Beispiel das Motiv von Takt 7 bis Takt 10,<br />

das von <strong>der</strong> Flöte gespielt wird, Takt 14 und 15 in <strong>der</strong> St<strong>im</strong>me <strong>der</strong> Oboe und <strong>der</strong><br />

Flöte und in den jeweiligen einzelnen Takten von Takt 35 bis Takt 39 in den<br />

St<strong>im</strong>men Flöte, Oboe und Fagott.<br />

4.1.1 Der erste Satz<br />

Im folgenden Abschnitt werde ich mir den ersten Satz genauer anschauen und<br />

ihn auf verschiedene Merkmale, unter an<strong>der</strong>em Besetzung und Funktion hin<br />

untersuchen. Ich habe mir den ersten Satz ausgesucht, weil zu dieser <strong>Zeit</strong> in<br />

einer <strong>Sinfonie</strong> auf den ersten Satz meistens die größte Gewichtung gelegt<br />

worden ist.<br />

10


Der Satz steht in D-Dur, es spielt das gesamte Orchester. Die langsame<br />

Einleitung (Adagio) <strong>im</strong> 4 /4 Takt beginnt mit den Violinen, auf die das restliche<br />

Orchester folgt. Die ersten sechs Takte erinnern an einen Sonnenaufgang, da<br />

sich das Stück <strong>vom</strong> Pianiss<strong>im</strong>o über ein Crescendo bis hin zu einem Fortiss<strong>im</strong>o<br />

aufbaut. Das Hauptthema des anschließenden Allegros, das <strong>im</strong> ¾ Takt steht,<br />

wird von <strong>der</strong> Flöte vorgestellt und von <strong>der</strong> Oboe wie<strong>der</strong>holt. Durch diese<br />

Klangfarben könnte Haydn bezweckt haben, eine typische Morgenst<strong>im</strong>mung zu<br />

verbreiten, was auch mit dem Titel <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> „Le Matin“ übereinst<strong>im</strong>men<br />

würde. Ein klares zweites Thema ist nicht erkennbar. Stattdessen gibt es<br />

mehrere neue und kleine Elemente, die verwendet werden. Solche Elemente<br />

findet man z.B. in Takt 14-19 in den St<strong>im</strong>men <strong>der</strong> Flöte und <strong>der</strong> Oboe, in Takt<br />

30-34 vor allem in <strong>der</strong> Violinst<strong>im</strong>me und in Takt 35-39 in den St<strong>im</strong>men <strong>der</strong> Flöte,<br />

<strong>der</strong> Oboe und des Fagotts. Die Reprise wird in Takt 85 von einem Solohorn,<br />

dass das Hauptthema wie<strong>der</strong> aufgreift, eingeleitet. Ein Solo <strong>der</strong> Flöte und <strong>der</strong><br />

Oboe folgen. Die eben erwähnten Elemente kommen auch in diesem Teil vor.<br />

Wie schon gesagt, ist die Einleitung sechs Takte lang, <strong>der</strong> erste Teil des<br />

Allegros geht von Takt 7-47 und <strong>der</strong> zweite Teil von Takt 48-117, <strong>der</strong> somit 8<br />

Takte länger ist. Beide Teile des Allegros, die jeweils wie<strong>der</strong>holt werden, enden<br />

mit einer ähnlichen, kräftigen Figur <strong>der</strong> Streicher (T. 44-47; 115-118).<br />

4.1.2 Die weiteren Sätze<br />

Der zweite Satz steht in G-Dur und hat als Besetzung eine konzertante Violine<br />

und fünf weitere Streicher. Takt 1-13 und 104-112 sind jeweils ein Adagio und<br />

<strong>im</strong> 4 /4 Takt komponiert, <strong>der</strong> Zwischenteil ist das Andante <strong>im</strong> ¾ Takt. Das<br />

Menuett, also <strong>der</strong> 3. Satz, ist in D-Dur, <strong>im</strong> ¾ Takt und 34 Takte lang. Die<br />

Instrumentation ist wie<strong>der</strong> vollständig, die Flöte hat wie<strong>der</strong> Soloparts. Das<br />

anschließende Trio, in dem zu Anfang dem Fagott ein Solopart zukommt, steht<br />

<strong>im</strong>mer noch <strong>im</strong> ¾ Takt, jedoch in d-Moll und dauert 30 Takte. Der vierte Satz,<br />

das Finale, steht in G-Dur, <strong>im</strong> 2 /4 Takt und ist 135 Takte lang. Wie<strong>der</strong> kommen<br />

<strong>der</strong> Flöte, Violine und dem Cello eine Son<strong>der</strong>stellung mit Solos zu und die<br />

instrumentale Besetzung ist komplett.<br />

11


4.2 <strong>Sinfonie</strong> Nr. 94 „Mit dem Paukenschlag“<br />

Im Jahr 1790 verstarb Haydns Arbeitgeber, <strong>der</strong> ungarische Fürst Nikolaus<br />

Esterházy. Dessen Nachfolger Fürst Anton Esterházy, <strong>der</strong> nicht an einer<br />

Hofkapelle interessiert war, löste diese auf und Haydn bekam somit jedes Jahr<br />

eine Rente von 1400 Gulden (fl). Mit diesem Geld konnte er sich in Wien<br />

nie<strong>der</strong>lassen und bekam von Johann Peter Salomon, Komponist, Geiger und<br />

Konzertveranstalter in Wien, auch gleich den Auftrag sechs neue <strong>Sinfonie</strong>n für<br />

Auftritte in London zu komponieren. In <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>vom</strong> Januar 1791 bis Ende des<br />

Jahres 1792 war Haydn somit in London. 1791 komponierte er die 94. <strong>Sinfonie</strong>,<br />

die als die Bekannteste unter seinen <strong>Sinfonie</strong>n gilt, und <strong>im</strong> März 1792 wurde<br />

diese, die in England unter dem Namen „Surprise Symphony“ bekannt ist,<br />

uraufgeführt. Für die Aufführung stand Haydn ein komplett an<strong>der</strong>es Orchester<br />

zur Verfügung als bei <strong>der</strong> Aufführung <strong>der</strong> 6. <strong>Sinfonie</strong>. Dieses Orchester<br />

umfasste zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Fagotte, zwei Hörner, zwei Trompeten,<br />

Pauken und Streicher, zu denen zwölf bis sechzehn Violinen, sechs Bratschen,<br />

vier Violoncelli und fünf Kontrabässe zählten.<br />

Die <strong>Sinfonie</strong> wurde in <strong>der</strong> klassischen Satzfolge komponiert. Der erste Satz<br />

fängt mit einem Adagio cantabile an und geht in ein Vivace assai über. Der<br />

zweite Satz ist ein Andante, <strong>der</strong> dritte Satz ein Menuett mit Trio als Allegro<br />

molto und <strong>der</strong> vierte Satz ein Finale als Allegro di molto.<br />

Der Name „Surprise Symphony“ trifft sehr gut zu. Obwohl sie zu deutsch „Mit<br />

dem Paukenschlag“ heißt, ist nicht die Rede von einem Paukenschlag, son<strong>der</strong>n<br />

von einem Fortiss<strong>im</strong>oakkord des gesamten Orchesters <strong>im</strong> 16. Takt des zweiten<br />

Satzes.<br />

4.2.1 Der erste Satz<br />

Im folgenden Abschnitt werde ich wie<strong>der</strong> den ersten Satz <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> auf<br />

verschiedene Merkmale hin untersuchen, um <strong>im</strong> Nachhinein den jeweils ersten<br />

Satz bei<strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong>n unter verschiedenen Gesichtspunkten miteinan<strong>der</strong><br />

vergleichen zu können.<br />

Der Satz steht in G-Dur, <strong>im</strong> ¾ Takt und beginnt mit einem Adagio als Einleitung,<br />

die von Takt 1 bis Takt 17 dauert. Das erste Motiv wird von den Holzbläsern in<br />

12


den ersten beiden Takten<br />

vorgestellt, auf das das zweite Motiv,<br />

gespielt von den Streichern, in den<br />

nächsten beiden Takten folgt (s.<br />

Abb.3). Außerdem wird auch <strong>der</strong><br />

charakteristische Quartsprung vorgestellt.<br />

Der zweite Teil <strong>der</strong> Einleitung, <strong>der</strong> <strong>im</strong> Takt 8 beginnt, besteht aus chromatischer<br />

Aufwärtsbewegung <strong>der</strong> Achtel in <strong>der</strong> St<strong>im</strong>me <strong>der</strong> Streicher. Die Einleitung ist mit<br />

Takt 18 zu Ende. Der Hauptteil fängt mit einer leisen Exposition durch die erste<br />

13<br />

Violine von Takt 18 bis Takt 20<br />

an, die das Hauptthema<br />

vorstellt, und steht wie <strong>der</strong> Rest<br />

des Satzes <strong>im</strong><br />

6 /8 Takt<br />

(s. Abb.4). In Takt 21 setzt das<br />

gesamte Orchester ein und Sechzehntelbewegungen <strong>der</strong> Streicher dominieren.<br />

Es gibt zwei charakteristische Themen, die hauptsächlich von <strong>der</strong> ersten Violine<br />

gespielt werden. Diese Hauptthemenfortführung besteht zum einen aus einem<br />

Sechzehntellauf und danach einem gebrochenen Akkord, wie z.B. in Takt 21 –<br />

26, und zum an<strong>der</strong>en aus reinen Sechzehntelläufen wie in Takt 27 – 30. In Takt<br />

39 wird das Hauptthema wie<strong>der</strong>holt, und es folgen einfache gebrochene<br />

Akkorde und Oktavsprünge. In Takt 54 wird das Hauptthema zum vierten Mal<br />

gespielt und es erfolgt dabei, wie be<strong>im</strong><br />

zweiten Mal auch, eine Sologegenst<strong>im</strong>me <strong>der</strong><br />

ersten Oboe. Ab Takt 66 folgt eine<br />

Synkopebewegung <strong>der</strong> Violinen, die für den<br />

Hörer recht ungewohnt sind (s. Abb.5). Der erste Teil, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>holt wird,<br />

endet in Takt 107, jedoch nicht in G-Dur son<strong>der</strong>n in D-Dur, das die benachbarte<br />

Tonart ist.<br />

Hauptthema<br />

Abb.4: Takt 18 mit Auftakt bis 20<br />

1. Motiv 2. Motiv<br />

Abb.3: Takt 1 – 4<br />

Synkopebewegung<br />

Abb.5: Takt 66 bis 67<br />

Abb. 3-6 in Anlehnung an http://aeiou.iicm.tugraz.at, teilweise selbst verän<strong>der</strong>t


In Takt 108 mit Auftakt beginnt die Durchführung mit einem verän<strong>der</strong>ten<br />

Verän<strong>der</strong>tes Hauptthema<br />

Abb.6: Takt 108 mit Auftakt<br />

14<br />

Hauptthema, das statt den<br />

bekannten Quartsprung einen<br />

Sextsprung hat (s.Abb.6). Nach<br />

einem kurzen Tutti kommt erst ab<br />

Takt 125 das gesamte Orchester mit gewaltigen Akkordzerlegungen, die unter<br />

an<strong>der</strong>em in den St<strong>im</strong>men <strong>der</strong> Flöten und <strong>der</strong> Oboen gespielt werden, zum<br />

Einsatz. In den Takten 134 – 140 vollzieht sich in <strong>der</strong> ersten Violine eine<br />

Kadenz, die in Fis-Dur mündet, zu h-Moll übergeht und in Takt 154 die<br />

Überleitung zum erstgekannten Hauptthema gibt. Somit ist die Durchführung<br />

beendet und die Reprise fängt mit dem Hauptthema in <strong>der</strong> ersten Violine wie<strong>der</strong><br />

an. In den Takten 200 – 202 wird das Hauptthema dezent von <strong>der</strong> Flöte, dem<br />

Fagott und <strong>der</strong> zweiten Violine wie<strong>der</strong>gegeben und erklingt danach unisono.<br />

Erst in <strong>der</strong> Reprise werden die Themen in Varianten durchgeführt und diese<br />

Durchführung schließt in Takt 214 mit einer Kadenz ab. Der nachfolgende Teil<br />

<strong>der</strong> Reprise ist sehr ruhig und fängt erst mit dem Hauptthema in <strong>der</strong> ersten<br />

Violine an und dann in <strong>der</strong> Flöte. Danach folgt ein Teil, <strong>der</strong> auch am Ende <strong>der</strong><br />

Durchführung stand. In Takt 248 fängt die sehr kurze Coda, die aus einem Tutti<br />

besteht und laut und dynamisch ist, an und <strong>der</strong> erste Satz <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> endet<br />

mit einer einfachen Kadenz in Takt 257.<br />

4.2.2 Die weiteren Sätze<br />

Der zweite Satz <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> ist ein Andante, steht <strong>im</strong> 2 /4 Takt und in C-Dur.<br />

Nach einer Themenvorstellung <strong>im</strong> piano kommt als „Paukenschlag“ <strong>der</strong><br />

Fortiss<strong>im</strong>o-Akkord des gesamten Orchesters, dem die <strong>Sinfonie</strong> seinen<br />

deutschen Namen verdankt. In Takt 33 fängt die erste Variation mit einem<br />

ähnlich lauten Akkord an. Die zweite Variation fängt in Takt 49 statt in C-Dur in<br />

c-Moll an und die dritte Variation, die in Takt 75 beginnt und wie<strong>der</strong> in C-Dur<br />

steht, ist eine rhythmische Variante des Themas. In <strong>der</strong> vierten Variation, die in<br />

Takt 94 beginnt, spielt das gesamte Orchester, was sehr bombastisch und<br />

majestätisch klingt. Zwischendurch kommen jedoch auch Pianoparts, die nicht<br />

<strong>vom</strong> gesamten Orchester gespielt werden. Die Coda beginnt in Takt 139 mit


einem fanfarenartig klingenden Teil und <strong>der</strong> Satz endet nach 156 Takten <strong>im</strong><br />

ruhigen piano.<br />

Der dritte Satz steht <strong>im</strong> ¾ Takt und in G-Dur, ist ein Menuett – Allegro molto,<br />

das von Takt 1 – 62 geht und einem Trio von Takt 63 mit Auftakt – Takt 89.<br />

Das Finale – Allegro di molto, <strong>der</strong> vierte Satz, steht wie<strong>der</strong> <strong>im</strong> 2 /4 Takt und in G-<br />

Dur. Den St<strong>im</strong>men <strong>der</strong> Flöte und des Fagotts kommen öfter Soloparts zu und<br />

<strong>der</strong> vierte Satz und somit die gesamte <strong>Sinfonie</strong> mündet in einer Reihenfolge<br />

mehrerer Akkorde <strong>im</strong> Fortiss<strong>im</strong>o.<br />

15


4.3 Vergleich bei<strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong>n<br />

Vergleiche ich nun die Analysen <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> Nr.6 (s. S. 10-11) und <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong><br />

Nr.94 (s. S. 12-15), kann ich ausmachen, wie sich das <strong>Sinfonie</strong>schaffen Joseph<br />

Haydns <strong>im</strong> Laufe seines Lebens geän<strong>der</strong>t und wie sich das auf seine <strong>Sinfonie</strong>n<br />

ausgewirkt hat.<br />

4.3.1 Orchesterbesetzung und Funktion<br />

Die Umgebung, in <strong>der</strong> Haydn die jeweilige <strong>Sinfonie</strong> komponiert hat, war<br />

unterschiedlich. Die <strong>Sinfonie</strong> „Le Matin“, die 1761 entstand, komponierte er in<br />

seinem ersten Jahr bei <strong>der</strong> Familie Esterházy in Eisenstadt. Sie war für den<br />

privaten Gebrauch <strong>der</strong> Auftraggeber gedacht. Er hatte eine kleine Hofkapelle<br />

zur Verfügung, die aus mehreren Geigern, einem Bratschisten, einem Cellisten,<br />

einem Kontrabassisten, einem Flötisten, zwei Oboisten, zwei Fagottisten und<br />

zwei Hornisten bestand. Dabei ist jedoch zu bemerken, dass diese Besetzung<br />

mit ca. 12 – 14 Instrumentalisten zu jener <strong>Zeit</strong> schon sehr umfangreich war. Im<br />

Vergleich dazu entstand die <strong>Sinfonie</strong> „Mit dem Paukenschlag“ <strong>im</strong> Jahr 1791 in<br />

London, also genau 30 Jahre später, und war für den konzertanten Auftritt<br />

gedacht. In London hatte Haydn ein weitaus größeres und auch besser<br />

ausgebildetes Orchester zur Verfügung. Es bestand aus zwei Flötisten, zwei<br />

Oboisten, zwei Fagottisten, zwei Hornisten, zwei Trompetern, zwei Paukern und<br />

vielen Streichern, zu denen zwölf bis sechzehn Geiger, sechs Bratschisten, vier<br />

Cellisten und fünf Kontrabassisten zählten, damit folglich 39 – 42<br />

Instrumentalisten umfasste. Daher ist es auch nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass in <strong>der</strong><br />

94. <strong>Sinfonie</strong> den einzelnen St<strong>im</strong>men viele konzertante Parts zukommen. Umso<br />

erstaunlicher ist es, dass auch in <strong>der</strong> 6. <strong>Sinfonie</strong> viele Soloparts vorhanden<br />

sind.<br />

4.3.2 Satzfolgen<br />

Beide <strong>Sinfonie</strong>n wurden in <strong>der</strong> klassischen Satzfolge komponiert. Der erste Satz<br />

fängt mit einer langsamen Einleitung an und geht in ein schnelleres Metrum<br />

16


über, <strong>der</strong> zweite Satz ist langsam und ruhig, <strong>der</strong> dritte Satz ist jeweils ein<br />

Menuett mit anschließendem Trio und <strong>der</strong> vierte Satz ist wie<strong>der</strong> schnell.<br />

Der erste Satz<br />

Be<strong>im</strong> Vergleich des ersten Satzes <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong>n fällt beson<strong>der</strong>s die<br />

Verwendung des Themas bzw. <strong>der</strong> Themen ins Auge: Während in <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong><br />

Nr.6 nur ein klares Thema vorkommt (Flöte, Takt 7 – 10), das wie<strong>der</strong>um in<br />

verschiedenen Varianten bearbeitet wird, erkennt man in <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> Nr.94,<br />

dass dort mehrere Themen (z.B. erste Violine, Takt 1 – 4, 18 – 20) verwendet<br />

werden, von denen es zusätzlich noch verschiedene Variationen gibt.<br />

4.3.3 Entwicklung und D<strong>im</strong>ension<br />

Die ganze D<strong>im</strong>ension <strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong> „Mit dem Paukenschlag“ ist größer. Auch bei<br />

<strong>der</strong> Länge <strong>der</strong> Aufführung bei<strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong>sätze erkennt man eine Entwicklung,<br />

dass die spätere <strong>Sinfonie</strong> größer und reifer ist. Die <strong>Sinfonie</strong> „Le Matin“ dauert<br />

insgesamt 21 Minuten, davon <strong>der</strong> erste Satz fast 6 Minuten. Die <strong>Sinfonie</strong> „Mit<br />

dem Paukenschlag“ dauert jedoch 25 Minuten und <strong>der</strong> erste Satz davon schon<br />

8 ½ Minuten.<br />

Haydns Kompositionsstil hat sich <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> Jahre verän<strong>der</strong>t. Der „schlichte<br />

und einfache“ Stil seiner frühen <strong>Sinfonie</strong>n, die passend für die kleinen<br />

Hofkapellen waren, entwickelte sich <strong>im</strong>mer weiter. Die Themenanzahl in den<br />

einzelnen <strong>Sinfonie</strong>n stieg, die Dauer <strong>der</strong> einzelnen Sätze wurde länger und<br />

seine Ansprüche an die Instrumentalisten wuchs. Diese Unterschiede sind auch<br />

zwischen den beiden <strong>Sinfonie</strong>n, die ich analysiert habe, klar zu erkennen bzw.<br />

zu hören. Der Tonumfang bei<strong>der</strong> <strong>Sinfonie</strong>n ist in etwa gleich, da auch die hohen<br />

und tiefen Instrumente übereinst<strong>im</strong>men. Da jedoch die 94. <strong>Sinfonie</strong> für ein viel<br />

größeres Orchester komponiert worden ist - da in London auch ein großes<br />

Orchester zur Verfügung stand - und die Klangfarben <strong>der</strong> Trompete und <strong>der</strong><br />

Pauke dazu kommen, hinterlässt diese <strong>Sinfonie</strong> natürlich einen ganz an<strong>der</strong>en<br />

klanglichen Eindruck. Während die 6. <strong>Sinfonie</strong> leicht zu überblicken ist, da sie<br />

z.B. nur ein richtiges Thema hat, scheint die 94. <strong>Sinfonie</strong> anspruchsvoller zu<br />

sein. Be<strong>im</strong> reinen Zuhören klingt sie vielfältiger, umfangreicher und auch<br />

abwechslungsreicher, auch deswegen, weil sie mehrere Themen beinhaltet.<br />

17


5. Nachwort<br />

Nach <strong>der</strong> langen Phase <strong>der</strong> Themenfindung und –eingrenzung, in <strong>der</strong> ich einige<br />

Frustrationen überwinden musste, erwies sich die Arbeit am endgültigen Thema<br />

als recht spannend. Inhaltlich völlig neu und überraschend war für mich die<br />

Entwicklung dessen, was man <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> unter dem Begriff „<strong>Sinfonie</strong>“<br />

verstand. Dieses durch Literaturrecherche herauszufinden hat mir ebenso Spaß<br />

gemacht wie die Beschäftigung mit einem Meister <strong>der</strong> Wiener Klassik und dabei<br />

tatsächlich einen Zusammenhang zu entdecken zwischen den äußeren<br />

Bedingungen, unter denen Haydn lebte, und seinem musikalischen Schaffen.<br />

Ob dieses <strong>im</strong>mer so eindeutig gelingen kann wie in diesem Fall sei dahingestellt<br />

und könnte ein Thema für eine weitere Jahresarbeit werden.<br />

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Literatur<br />

6. Quellenverzeichnis<br />

1. Finscher, L., Hrsg: Die Musik in Geschichte und Gegenwart,<br />

Verlag Bärenreiter und Metzler<br />

2. Hoffmann-Ebrecht, L.: Die <strong>Sinfonie</strong>; Volk-Verlag, Köln, 1967<br />

3. Lessing, W.: Die <strong>Sinfonie</strong> von Joseph Haydn; Band I;<br />

Sen<strong>der</strong>eihe <strong>im</strong> Südwestfunk Baden-Baden,<br />

1987 – 89<br />

4. Lessing, W.: Die <strong>Sinfonie</strong> von Joseph Haydn; Band III;<br />

Sen<strong>der</strong>eihe <strong>im</strong> Südwestfunk Baden-Baden,<br />

1987 – 89<br />

5. Michels, U. dtv-Atlas Musik, Bärenreiter-Verlag, 2001<br />

6. Monatze<strong>der</strong>, M. W.: Das sinfoniesche Prinzip in den frühen<br />

Partitur<br />

<strong>Sinfonie</strong>n von Joseph Haydn; Inaugural-<br />

Dissertation; Würzburg, 1989<br />

1. Landon, H. C. R.: Symphony, No.6 by Joseph Haydn; Edition<br />

Eulenberg, No536; London, 1955<br />

2. v. Zahn, R., Hrsg: Joseph Haydn, Londoner <strong>Sinfonie</strong>n, 2.Folge;<br />

Internetadressen<br />

Henle-Verlag, München, 1997<br />

1. http://www.esterhazykeller.at/esterhazykeller/_JPEGs/Joseh_Haydn.jpg<br />

2. http://aeiou.iicm.tugraz.at<br />

3. http://www.arthursclipart.com/music/people/joseph%20haydn.gif<br />

4. http://www.desig-n.de/musik_i.htm<br />

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