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Die Geschichte in die Eigenen Hände nehmen

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E<strong>in</strong> Genosse wechselte den anderen ab, und man<br />

und im E<strong>in</strong>verständnis mit den Behörden der Stadt<br />

sprach über den grossen Len<strong>in</strong>, der der Inspirator<br />

und des Kantons Zürich e<strong>in</strong> Infanterie-Regiment von<br />

der Oktoberrevolution und der Begründer des ersten<br />

der Front nach Zürich beordert und ausserdem drei<br />

Staates der Arbeiter und Bauern <strong>in</strong> der Welt war, der<br />

Dragoner-Schwadronen aufgeboten worden s<strong>in</strong>d und<br />

der Welt den Frieden gebracht hat.<br />

<strong>die</strong> Sorge für <strong>die</strong> öffentliche Sicherheit auf dem Platze<br />

Aus den Polizeikordons liefen Polizisten heraus<br />

Zürich an <strong>die</strong> Militärgewalt übertragen werden<br />

und begannen auf uns zu schiessen. Wir brachen<br />

Ste<strong>in</strong>e aus dem Pflaster und warfen damit auf <strong>die</strong><br />

Polizisten. ‚Auf <strong>die</strong> Barrikaden!‘ – ertönte der Ruf.<br />

Aus den umgekippten Wagen und Ste<strong>in</strong>en haben<br />

wir Barrikaden gebaut, <strong>die</strong> Frauen haben von<br />

irgendwoher mit Sand gefüllte Säcke und Fässer<br />

gebracht. So hat das unbewaffnete Volk der Reaktion<br />

Widerstand geleistet. (...)<br />

Am Morgen, mit blauen Flecken und zerrissenem<br />

Kleid, geriet ich <strong>in</strong> <strong>die</strong> gleiche Polizeistelle, <strong>in</strong> der<br />

unsere Genossen schmachteten. Sie sassen ruhig und<br />

stolz da. E<strong>in</strong>ige von ihnen haben den jungen Polizisten<br />

musste“, stellt e<strong>in</strong> Militärgericht zu den Ereignissen<br />

fest. Dass <strong>die</strong> Schweizer Armee e<strong>in</strong>gesetzt werden<br />

musste, und dass der General selbst den Entscheid<br />

zur Aussendung des Militärs gab, zeigt, wie mächtig<br />

<strong>die</strong> Demonstrationen waren.<br />

Am 17. November 1917 wurde erneut zu e<strong>in</strong>er<br />

Demonstration auf dem Helvetiaplatz <strong>in</strong> Zürich<br />

aufgerufen, wieder erschienen Tausende, unter<br />

ihnen viele Frauen. Vom Helvetiaplatz bewegte<br />

sich e<strong>in</strong> Demonstrationszug <strong>in</strong> Richtung des<br />

Verlagsgebäudes der Neuen Zürcher Zeitung,<br />

um gegen deren hetzerische Berichterstattung<br />

Szenen vom Novemberaufstand Zürich 1917<br />

den Charakter der schweizerischen Freiheiten erklärt.<br />

<strong>Die</strong> Führer der Arbeiter, <strong>die</strong> Funktionäre der<br />

Gewerkschaften, <strong>die</strong> sozialdemokratischen<br />

Deputierten konnte man auf dem Helvetiaplatz<br />

nicht sehen. Am anderen Tag schrieb man <strong>in</strong><br />

den sozialdemokratischen Zeitungen über wilde<br />

Kasakenausfälle der Polizei- und Militärtruppen. Sie<br />

schrieben: ‚Man will brüllen und we<strong>in</strong>en wenn man<br />

<strong>die</strong>se zahlreichen Opfer und <strong>die</strong> Brutalität unserer<br />

Mächte sieht.‘“„<br />

<strong>Die</strong> Polizei war mit der Situation überfordert,<br />

so dass das Militär zur Verstärkung nach Zürich<br />

beordert wurde: „In den Tagen des 15. bis 18.<br />

November 1917 fanden <strong>in</strong> Zürich Kundgebungen<br />

zugunsten e<strong>in</strong>es gewaltsamen Friedens und gegen <strong>die</strong><br />

Munitionsfabriken statt (...). <strong>Die</strong>se Demonstrationen<br />

arteten <strong>in</strong> eigentliche Unruhen und <strong>in</strong> Revolten gegen<br />

<strong>die</strong> Polizei aus, sodass, nachdem sich <strong>die</strong> Ohnmacht<br />

der Zugezogenen Stadt- und Kantonspolizei und<br />

der herbeigerufenen Landsturm-Kompagnie 11/57,<br />

sowie der Infanterie-Medailleur-Rekruten-Kompanie<br />

5 erwiesen hatte, am Morgen des 18. November 1917<br />

vom General auf Ansuchen des Platzkommandos<br />

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um <strong>die</strong> vorangegangenen Demonstrationen zu<br />

protestieren. Auch Leonie Kascher nahm daran<br />

teil. Als <strong>die</strong> Demonstration über <strong>die</strong> Badenerstrasse<br />

<strong>in</strong>s Quartier Aussersihl zurückkehrte, kam es zu<br />

Strassenkämpfen mit der Polizei. Gegen 10 Uhr<br />

hatten <strong>die</strong>se dann e<strong>in</strong>e solche Heftigkeit erreicht,<br />

dass Militäre<strong>in</strong>heiten – <strong>die</strong> Platzwachtkompanie<br />

und Infanterierekruten – zugezogen wurden.<br />

An der Ecke Badener-/Zweierstrasse wurde von<br />

den demonstrierenden Arbeitern e<strong>in</strong>e Barrikade<br />

errichtet; an <strong>die</strong>ser Stelle befand sich e<strong>in</strong>e Baustelle.<br />

Auch Leonie Kascher stand an der Barrikade. Das<br />

Militär räumte <strong>die</strong> Barrikade weg und platzierte<br />

zwei Masch<strong>in</strong>engewehre<strong>in</strong>heiten der Rekruten.<br />

Maria Ackl<strong>in</strong>, ebenfalls e<strong>in</strong> Mitglied der „Gruppe<br />

Forderung“, versuchte, <strong>die</strong> Rekruten – zum<br />

grossen Teil wohl auch Arbeiter – vom Gebrauch<br />

der Schusswaffe abzuhalten: „<strong>Die</strong> Angeklagte<br />

Nr. 2, Frau Ackl<strong>in</strong>, zusammen mit anderen<br />

Frauenpersonen, unter anderem der dann von der<br />

Polizei verhafteten Frau Rosa Bloch, machte sich an<br />

<strong>die</strong> ihre Masch<strong>in</strong>engewehre be<strong>die</strong>nenden Rekruten<br />

heran, redete auf <strong>die</strong>selben e<strong>in</strong> und versuchte<br />

sie, vor der Erfüllung ihrer militärischen Pflicht,<br />

<strong>in</strong>sbesondere der Pflicht zum eventuellen Gebrauch<br />

der Schusswaffe abzuhalten, <strong>in</strong>dem sie zu ihnen sagte:<br />

Sie (<strong>die</strong> Rekruten) hatten doch gewiss auch Brüder<br />

und Schwestern, sie (<strong>die</strong> Demonstranten) seien<br />

Schwestern und Brüder, wie sie (<strong>die</strong> Rekruten) solche<br />

zuhause hätten, sie (<strong>die</strong> Rekruten) sollten nicht auf sie<br />

(<strong>die</strong> Demonstranten) schiessen, wenn dazu der Befehl<br />

erteilt würde. <strong>Die</strong> Mitrailleur-Rekruten wurden dann<br />

bald nachher, nachdem sich <strong>die</strong> Tumultanten etwas<br />

zerstreut hatten, zurückgenommen und kehrten <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong> Kaserne zurück, mussten aber nach Mitternacht<br />

wiederum zur Unterstützung der bedrängten<br />

Polizei zu Hülfe gerufen werden.“In <strong>die</strong>ser Nacht<br />

starben vier Personen – drei Demonstranten und<br />

e<strong>in</strong>e Unbeteiligte. <strong>Die</strong> Stimmung war äusserst<br />

angespannt.<br />

Am nächsten Tag, am 18. November, waren <strong>die</strong><br />

Arbeiterquartiere Zürich unter militärischer<br />

Besatzung. <strong>Die</strong> eidgenössischen Truppen bewachten<br />

alle strategisch wichtigen Stellen. <strong>Die</strong> „Gruppe<br />

Forderung“, unter ihnen auch Leonie Kascher, traf<br />

sich sogleich um 11 Uhr und beschloss, Flugblätter<br />

an <strong>die</strong> Soldaten zu verteilen. Noch am selben Abend<br />

g<strong>in</strong>gen <strong>die</strong>se <strong>in</strong> Druck. Am Montag, 19. November,<br />

wurden <strong>die</strong> Flugblätter an <strong>die</strong> Soldaten abgegeben:<br />

„Schweizer Soldaten!“, steht im Aufruf, „Wieder<br />

hat der Staat euch aufgeboten, um <strong>die</strong> bedrohte<br />

‚Ordnung‘ zu stützen. Man sagt euch, <strong>die</strong> Unruhen<br />

der letzten Tage seien verursacht von roten Hetzern<br />

und Wühlern; <strong>die</strong> Kapitalistenblätter sprechen von<br />

Ges<strong>in</strong>del, Radaubrüdern, das ihr Mores lehren sollt.“<br />

Es versucht, <strong>die</strong> Ereignisse den Soldaten zu erklären:<br />

„Leute aus allen Parteien haben sich daran beteiligt,<br />

neben den Fabrikarbeitern sah man Bundesbahner,<br />

Beamte und Angestellte. Besonders zahlreich waren<br />

<strong>die</strong> Frauen da. Sie alle s<strong>in</strong>d auf <strong>die</strong> Strasse gegangen,<br />

weil <strong>die</strong> wachsende Not, <strong>die</strong> furchtbare Ausbeutung<br />

durch Kapitalisten, Schieber und Wucherer ihnen<br />

kaum mehr <strong>die</strong> Möglichkeit lässt, den nackten Hunger<br />

zu stillen. Sie demonstrierten, weil sie wissen, dass<br />

unsere Regierung nichts Ernsthaftes gegen <strong>die</strong> Not<br />

tut, nichts tun will. (...) Deshalb gibt es nur e<strong>in</strong> Mittel,<br />

<strong>die</strong> Not zu l<strong>in</strong>dern: <strong>die</strong> alte Herrenregierung muss<br />

durch e<strong>in</strong>e Volksregierung ersetzt werden. Unsere<br />

Behörden s<strong>in</strong>d fast aus lauter Hablichen und Reichen<br />

zusammengesetzt. Unser Nationalrat ist eher e<strong>in</strong><br />

Kapitalistenrat. Erst wenn ke<strong>in</strong>e Kapitalistenräte,<br />

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