Die Geschichte in die Eigenen Hände nehmen
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E<strong>in</strong>leitung<br />
<strong>Die</strong>se Broschüre ist anlässlich der Kampagne zum<br />
100-jährigen Jubiläum der Konferenz von Zimmerwald<br />
entstanden. Sie ist e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> Ausdruck der<br />
Konfrontation mit der eigenen, revolutionären <strong>Geschichte</strong>,<br />
andererseits greift sie <strong>die</strong> höchst aktuelle<br />
Bruchl<strong>in</strong>ie zwischen Reformismus und Revolution<br />
auf, welche heute, wie vor 100 Jahren, von grösster Bedeutung<br />
ist.<br />
Der erste Teil der Broschüre zeigt <strong>die</strong> <strong>in</strong>haltliche Debatte<br />
auf, welche an der Zimmerwalder Konferenz<br />
geführt wurde. Zudem widmet er sich der Bedeutung<br />
der Zimmerwalder Konferenz für <strong>die</strong> damalige revolutionäre<br />
L<strong>in</strong>ke und er konkretisiert Fragen, <strong>die</strong> bis<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> Gegenwart reichen. <strong>Die</strong> Beschäftigung mit der<br />
eigenen <strong>Geschichte</strong> ist zentral, denn <strong>die</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
ist e<strong>in</strong> weiteres gesellschaftliches Feld, wo „e<strong>in</strong>deutige“<br />
Interpretationen von oben diktiert werden. „<strong>Die</strong><br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> eigenen <strong>Hände</strong> <strong>nehmen</strong>“ bedeutet,<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Kampffeld zu agieren, denn <strong>Geschichte</strong> ist<br />
nicht nur das, was gestern war, sondern <strong>die</strong>nt den<br />
Herrschenden viel zu oft der Legitimation gegenwärtiger<br />
Politik. Geschichtsbewusstse<strong>in</strong> entwickeln bedeutet<br />
demnach, sich nicht nur mit der Vergangenheit zu<br />
beschäftigen, sondern auch mit dem, was weiterwirkt<br />
und damit, wie sich das aktuelle politische Geschehen<br />
konstituiert.<br />
Der zweite Teil hat <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit Leonie<br />
Kascher zur Grundlage. Sie, <strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schweiz<br />
immigrierte Student<strong>in</strong> aus Polen, war nach 1916<br />
massgeblich an der revolutionären Organisierung <strong>in</strong><br />
der Schweiz beteiligt und war tragend für <strong>die</strong> Positionsf<strong>in</strong>dung<br />
jener Gruppen, <strong>die</strong> sich zur Kommunistischen<br />
Partei der Schweiz (KPS) zusammengeschlossen<br />
haben. Ihre Person ist wichtig, weil sich an ihrer<br />
eigenen politischen <strong>Geschichte</strong> der E<strong>in</strong>fluss der Zimmerwalder<br />
Konferenz auf <strong>die</strong> Revolutionär<strong>in</strong>nen und<br />
Revolutionäre nachzeichnen lässt. Lange haben wir<br />
<strong>in</strong> Archiven und Bibliotheken der Schweiz, von Polen<br />
und Russland sowie <strong>in</strong> den Privatarchiven der Angehörigen<br />
Leonie Kaschers nach Dokumenten gesucht<br />
und e<strong>in</strong>iges zusammengetragen. Zentraler Bestandteil<br />
der Quellensammlung ist Kaschers Autobiographie,<br />
<strong>die</strong> wir vom Russischen <strong>in</strong>s Deutsche übersetzt haben.<br />
Anhand <strong>die</strong>ser und anderer Schriften konnten wir <strong>die</strong><br />
Beteiligung Kaschers an der revolutionären Organisierung<br />
präzise nachzeichnen und können sie nochmals<br />
zu Wort kommen lassen, <strong>in</strong> dem wir ihre Beobachtungen<br />
und Interpretation der Geschehnisse <strong>in</strong> unsere<br />
Aufarbeitung der historischen Erzählung <strong>in</strong>tegrieren.<br />
Der dritte Teil der Broschüre, e<strong>in</strong> Gastbeitrag von T.<br />
Derbent, befasst sich mit e<strong>in</strong>em weiteren, zentralen<br />
Inhalt der Zimmerwalder Konferenz: Dem imperialistischen<br />
Krieg. Es wird im Beitrag aufgezeigt, wie<br />
damals <strong>die</strong> Zimmerwalder L<strong>in</strong>ke h<strong>in</strong>ter den Ersche<strong>in</strong>ungen<br />
der kapitalistischen Krise und des imperialistischen<br />
Krieges <strong>die</strong> Tendenzen zu e<strong>in</strong>er revolutionären<br />
Veränderung erkannten. Len<strong>in</strong> hatte bereits 1905 erkannt,<br />
dass der Massenstreik als Waffe nicht ausreicht<br />
und sich <strong>in</strong>tensiv mit dem Krieg, mit dem Kriegstheoretiker<br />
Clausewitz und mit revolutionären Kriegsformen<br />
ause<strong>in</strong>andergesetzt. Im dritten Teil der Broschüre<br />
wird <strong>die</strong>se Thematik vertieft.<br />
Und heute? Wie s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> ökonomischen Theorien des<br />
Imperialismus, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e ganze Epoche kennzeichnen,<br />
mit den heutigen politischen Ereignissen verknüpft?<br />
S<strong>in</strong>d <strong>die</strong> immer häufiger werdenden imperialistischen<br />
Kriege noch episodisch oder s<strong>in</strong>d Anzeichen e<strong>in</strong>es<br />
„grossen“ Krieges zwischen den imperialistischen<br />
Mächten auszumachen? Ist mit dem Erstarken reaktionärer<br />
Kräfte das Herannahen e<strong>in</strong>er neuen Entwicklung<br />
des Imperialismus verbunden? Und, für uns<br />
zentral, welche Kampfmethoden stehen <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Situation<br />
für <strong>die</strong> KommunistInnen zur Debatte?<br />
Um <strong>die</strong>se Kernfragen geht es <strong>in</strong> allen drei Beiträgen.<br />
Selbst <strong>in</strong> Momenten reaktionärster Verwerfungen und<br />
e<strong>in</strong>er sche<strong>in</strong>bar unerschütterlichen kapitalistischen<br />
Gesellschaft gibt es Möglichkeiten, <strong>die</strong> Aktualität des<br />
revolutionären Prozesses als Massstab des politischen<br />
Handelns zu bestimmen. Nicht <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne, dass <strong>die</strong><br />
sozialistische Revolution jederzeit zu verwirklichen<br />
sei. Auch wenn seitens der proletarischen Kräfte fundamentale<br />
Veränderungen stattgefunden haben, geht<br />
es um den Grundton der andauernden imperialistischen<br />
Epoche. Es gibt nicht <strong>die</strong> Wahl zwischen Krieg<br />
und Frieden, sondern <strong>die</strong> Wahl zwischen dem imperialistischen<br />
Krieg und dem revolutionären Krieg gegen<br />
den Krieg!<br />
Nehmen wir <strong>die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> eigenen <strong>Hände</strong>!<br />
Revolutionärer Aufbau Schweiz,<br />
Herbst 2015<br />
Anmerkung: Alle Zitate, sofern nicht anders notiert,<br />
entstammen der Autobiographie von Leonie Kascher.<br />
<strong>Die</strong>se ist auf Deutsch wie Russisch bei uns e<strong>in</strong>sehbar.<br />
Mail an: <strong>in</strong>fo@aufbau.org<br />
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