Die Geschichte in die Eigenen Hände nehmen
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<strong>Die</strong> Konferenz zu Zimmerwald und ihre Bedeutung<br />
1. Von fortwirkender Vergangenheit<br />
Wer der <strong>Geschichte</strong> der revolutionären<br />
ArbeiterInnenbewegung nachgeht, betritt e<strong>in</strong><br />
Terra<strong>in</strong>, das nicht nur von Zurückgebliebenem,<br />
sondern auch von Weiterwirkendem besetzt ist. <strong>Die</strong><br />
Wahrnehmung und Deutung <strong>die</strong>ser Vergangenheit<br />
bildet den historisch begründeten Ausgangspunkt für<br />
den revolutionären Prozess der Gegenwart. Sowohl<br />
Handlungsmöglichkeiten als auch perspektivische<br />
politische Ziele werden daraus abgeleitet. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
f<strong>in</strong>det <strong>die</strong> Produktion <strong>die</strong>ser kollektiven Prozesse<br />
<strong>in</strong>mitten der Klassenause<strong>in</strong>andersetzungen statt, <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Raum ständiger Kämpfe um das kollektive<br />
Gedächtnis. <strong>Die</strong>ser Kampf um <strong>die</strong> <strong>Geschichte</strong> ist<br />
daher e<strong>in</strong>e bedeutende Machtfrage. <strong>Die</strong> historische<br />
Deutungsmacht der Herrschenden <strong>die</strong>nt der<br />
Legitimation ihrer Politik. Für <strong>die</strong> Bourgeoisie,<br />
<strong>in</strong> allen ihren Entschlüssen und Massnahmen<br />
richtungsgebend, ist ausschliesslich der Standpunkt<br />
ihrer Interessen, des Erfolges, der ökonomischen<br />
Zwänge, sprich der Kapitalakkumulation. Getrieben<br />
durch <strong>die</strong> Gier nach schnellem konkretem Erfolg,<br />
kann sie sich ke<strong>in</strong>e durch den historischen<br />
Standpunkt geforderte E<strong>in</strong>schätzung leisten, <strong>die</strong><br />
über <strong>die</strong> unmittelbaren Notwendigkeiten h<strong>in</strong>aus<br />
gehen.<br />
Historisches Bewusstse<strong>in</strong> benennt <strong>die</strong> Vergangenheit<br />
so, dass <strong>in</strong> der Analyse der <strong>Geschichte</strong> zugleich ihre<br />
Funktion für den aktuellen Kampf sichtbar wird.<br />
Mit anderen Worten, dass sich historische Kritik <strong>in</strong><br />
kritische revolutionäre Praxis verwandelt.<br />
<strong>Die</strong> Aneignung der Vergangenheit des proletarischen<br />
Klassenkampfes leistet <strong>in</strong>sofern S<strong>in</strong>nbildung, als<br />
sie hilft, <strong>die</strong> Gegenwart als historisches Moment<br />
der Entwicklung von Klassenkämpfen zu begreifen;<br />
Identitätsf<strong>in</strong>dung, da sie <strong>die</strong> revolutionären<br />
Traditionen der ArbeiterInnenklasse <strong>in</strong>s Heute<br />
vermittelt; und Lernmöglichkeiten, weil sie hilft,<br />
<strong>die</strong> aktuelle Etappe des revolutionären Prozesses zu<br />
bestimmen.<br />
2. Für e<strong>in</strong>en marxistischen Revolutionsbegriff<br />
<strong>Die</strong> Herrschenden s<strong>in</strong>d bestrebt, den<br />
Revolutionsbegriff total zu verwässern, aktuell<br />
wie historisch. Mit Blick auf <strong>die</strong> momentane<br />
gesellschaftliche Situation ist der grosse Stellenwert<br />
der <strong>Geschichte</strong> als politische Waffe offensichtlich.<br />
<strong>Die</strong> Aufrechterhaltung, beziehungsweise <strong>die</strong><br />
Revision e<strong>in</strong>es revolutionären, identitätsstiftenden<br />
Geschichtsnarrativs erzielt <strong>in</strong> Phasen des<br />
reaktionären Aufschwungs für den revolutionären<br />
Prozess e<strong>in</strong>e besonders weit reichende Wirkung. Es<br />
geht <strong>in</strong> solchen Phasen auch um <strong>die</strong> emanzipative<br />
und progressive Veränderung der kapitalistischen<br />
Gesellschaft, um ihren sozialistischen Gehalt, und<br />
das ist ohne Revolution, ohne Zerschlagung des<br />
Kapitalismus, nicht zu haben. Reformen, seien sie<br />
noch so „radikal“, verändern <strong>die</strong> gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse nicht, sondern zementieren sie noch<br />
fester.<br />
Der tiefe, historische S<strong>in</strong>n der Revolutionen ist,<br />
dass ihre von Zeit zu Zeit stattf<strong>in</strong>denden Ausbrüche<br />
je e<strong>in</strong>en Abschluss e<strong>in</strong>er Phase des Klassenkampfes,<br />
beziehungsweise den Übergang e<strong>in</strong>er<br />
Gesellschaftsformation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere bedeuten.<br />
Wenn <strong>die</strong> herrschende Geschichtsschreibung<br />
<strong>die</strong>s aus den Erfahrungen der Vergangenheit<br />
ausmerzt, so geschieht <strong>die</strong>s aus demselben Grund,<br />
aus welchem sie auch aus der Politik <strong>die</strong>selben<br />
Ersche<strong>in</strong>ungen ausmerzt, verschweigt oder leugnen<br />
möchte. Und sogar dort, wo es für sie unumgänglich<br />
wird, aus revolutionären Ereignissen <strong>die</strong> Lehre<br />
zu ziehen, ist sie bestrebt, <strong>die</strong> Revolutionen als<br />
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