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VANGARDIST MAGAZINE - Issue 55 - The Refugees Issue

Unser Beitrag zum Thema Vertriebene mit 7 berührenden Portraits von Geflüchteten.

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#<strong>55</strong> / 10 / 2015


Impressum:<br />

Herausgeber und Geschäftsleitung:<br />

<strong>VANGARDIST</strong> MEDIA GmbH<br />

Chefredakteur: Julian Wiehl<br />

Produktionsleitung: Julian Wiehl, Julian Behrenbeck<br />

Textchef: Klemens Gindl<br />

Moderedaktion: Mirza Sprecakovic<br />

Redaktion: Julian Behrenbeck, Klemens Gindl, Franziska<br />

Tschinderle, Laman Akhmedova, Mirza Sprecakovic,<br />

Georg Rauber, Ella Koppensteiner, Elisabeth Gatterburg,<br />

Sebastian Krebitz<br />

Fotografie: Martin Valentin Fuchs, Alex Sutter, David<br />

Quinn, Anita Bresser<br />

Korrektorat: Georg Rauber<br />

Übersetzung: Zoe Miller<br />

Korrektorat (Englisch): Erin Troseth<br />

Produktion: Mirza Sprecakovic, Mike York<br />

Styling: Mirza Sprecakovic, Sophie Emmet,<br />

Cariin Cowalscii<br />

Styling Assistenz: Vladimir Satric, Elisabeth Gatterburg<br />

MK Dragon (Saran P.)<br />

Produktionsassistenz: Katharina Triltsch<br />

Grafische Gestaltung: Magdalena Weyrer<br />

Kamera: Maximilian Schnürer<br />

Videoschnitt: Cristobal Hornito, Maximilian Schnürer<br />

Making of: Elisabeth Gatterburg<br />

Herzlichen Dank an alle, die durch ihren unermüdlichen<br />

Einsatz diese Ausgabe möglich gemacht haben.<br />

<strong>VANGARDIST</strong> MEDIA GmbH<br />

Mariahilferstraße 49 Top 15 - 1060 Wien


EDITORIAL<br />

Liebe <strong>VANGARDIST</strong>EN!<br />

Willkommen zu dieser Sonderausgabe, die wir jenen Menschen widmen, die<br />

alles verloren haben und für die die Hoffnung das Letzte ist, was ihnen geblieben<br />

ist. Den Vertriebenen aus Ländern wie Syrien, Irak, Afghanistan oder<br />

Somalia.<br />

Als Medium haben wir die Möglichkeit, etwas zu tun: Wir können die Geschichten<br />

von jenen Menschen erzählen, die ungehört geblieben sind. Auf<br />

respektvolle Art und Weise, die deren Würde bewahrt, egal wie schwierig die<br />

jeweilige Situation gerade ist. Im Vertrauen, damit Verständnis und Mitgefühl<br />

bei jenen zu wecken, die von all den unüberwindbaren Problemen nichts wissen<br />

wollen. Um in Ihnen die Hoffnung am Leben zu erhalten, dass es Wege<br />

aus dieser Krise gibt.<br />

Dafür ist unser Team in ein Erstaufnahmezentrum nach Traiskirchen gefahren.<br />

Wir haben den Menschen zugehört, ihre Geschichten aufgeschrieben<br />

und von ihnen ein Foto gemacht. Ein Foto, dass sie so zeigt, wie sie selbst<br />

gesehen werden wollen.<br />

Uns sind auf der Reise auch viele Helfer begegnet. Menschen die sich rasch<br />

organisiert haben um mitanzupacken. Diese Hilfsbereitschaft hat uns nicht nur<br />

imponiert, sondern auch inspiriert.<br />

Deshalb wollten wir auch sie zu Wort kommen lassen. Denn sie sind der Beweis,<br />

dass jeder Einzelne etwas bewirken kann. Und dass helfen oft leichter<br />

ist, als man denkt.<br />

Julian Wiehl und das <strong>VANGARDIST</strong>-Team


THEMEN<br />

COVER-<br />

STORY<br />

SHOOTINGS<br />

Fassade<br />

DON’T LET THEM<br />

SEPARATE US 62<br />

Radar<br />

WARUM WIR EIN AUGE<br />

AUF DIE FLÜCHTLINGS-<br />

KRIESE WERFEN? 14<br />

Lieber progressiv ins Fettnäpfchen...<br />

Fassade<br />

WEALTH FATIGUE<br />

SYNDROME 104<br />

VangART<br />

TRAIN OF HOPE Wenn sich Menschen<br />

erfolgreich organisieren. 76


INDEX<br />

VangART<br />

FROM NOTHING TO ART 114<br />

Artist Tammam Azzam<br />

Radar<br />

ALS WIR NOCH MENSCHEN<br />

WAREN Gespräche mit Vertriebenen 36<br />

EDITORIAL 07<br />

Radar<br />

WENN EUROPÄER ES MIT<br />

DEM SPENDEN ZU<br />

GUT MEINEN 130<br />

Laman knows best<br />

Fassade<br />

EDITOR'S CHOICE 94<br />

Kaufen & Helfen<br />

Auf Achse<br />

THE PLACES 140<br />

Flüchtlingslager<br />

Radar<br />

ORGANISATIONEN 96<br />

Hilfsorganisationen in Wien


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14 RADAR<br />

WARUM WIR EIN AUGE AUF DIE<br />

FLÜCHTLINGSKREISE WERFEN?<br />

LIEBER PROGRESSIV INS FETTNÄPFCHEN ALS<br />

POLITISCH KORREKT ANSCH****N!


Ist es für ein Magazin wie <strong>VANGARDIST</strong> total<br />

daneben, eine Refugee-<strong>Issue</strong> zu bringen? Ja, vielleicht.<br />

Vielleicht aber auch nicht. Natürlich ist es<br />

problematisch, wenn man als Medium bis zum<br />

Hals im Sumpf einer Aufmerksamkeits-Ökonomie<br />

steckt, die das Nichtauffallen mit dem sicheren Untergang<br />

bestraft. Sich als progressives Magazin mit<br />

einem gesellschaftskritischen Anspruch nicht dazu<br />

zu verhalten ist aber auch nicht unsere Art. Deshalb<br />

hat sich das <strong>VANGARDIST</strong>-Team auf den Weg<br />

gemacht, um die Geschichten von Menschen zu erzählen,<br />

die sonst nicht gehört werden...


16


FUCK IT, LET´S DO IT!<br />

Ja, wir greifen ein <strong>The</strong>ma auf, bei dem sich schon<br />

ganz andere die Finger verbrannt haben. Weil man<br />

da als Medium mit einem moralischen Zwiespalt<br />

konfrontiert ist: Jenem zwischen plumper Vereinnahmung<br />

für eigene Zwecke und der Verpflichtung, in<br />

einem medial geführten Meinungskrieg Haltung zu<br />

zeigen. Bei dem Wort Lifestyle-Magazin denkt man<br />

gern mal an oberflächlichen Konsum, an Luxusprobleme<br />

einer satten, privilegierten Gesellschaft deren<br />

kontroversestes <strong>The</strong>ma die Frage danach ist, ob man<br />

als Mann einen Rock tragen kann oder sich mit einem<br />

peinlichen Tattoo ins Schwimmbad trauen darf.<br />

First World Problems. Und ja, stimmt irgendwo, für<br />

solche Sachen interessieren wir uns. Auch. Aber wir<br />

wollen mehr. Einfach nur schöne Menschen fotografieren<br />

und etwas bling bling, das waren wir nie und<br />

werden es auch nie sein. <strong>VANGARDIST</strong> ist für Männer<br />

mit Vision und Mut zum Handeln.<br />

HARTER TOBAK<br />

Aus diesem Grund haben wir uns gemeinsam mit Max<br />

Schnürer, Gründer der Initiative „Lost – <strong>The</strong> Story of<br />

<strong>Refugees</strong>“, auf den Weg in ein Erstaufnahmezentrum<br />

gemacht. Wir haben mit Leuten geredet, uns<br />

deren Geschichten angehört und ihnen die Möglich-


18


20<br />

keit gegeben, sich so zu präsentieren,<br />

wie sie das wollen. Schon nach ersten<br />

Story hatten wir das Gefühl, genug gehört<br />

zu haben. Einfach, weil der Stoff zu<br />

hart ist, um ihn zu ertragen. Doch jede<br />

neue Geschichte war stärker als die vorangegangene.<br />

Eine Frau ist auf einem<br />

überfüllten Boot geflohen, das auf dem<br />

Meer zu brennen begonnen hatte, der<br />

nächste wurde auf der Flucht angeschossen,<br />

von einem wurden die Eltern<br />

ermordet und wieder jemand hat auf<br />

der Flucht erfahren, dass es der Rest<br />

der Familie nicht geschafft hat. Jede<br />

einzelne Geschichte hätte das Potential<br />

die Anteilnahme einer großen Öffentlichkeit<br />

zu wecken, doch in Summe<br />

gibt es keine Ohren mehr für die ganze<br />

Dramatik, durch die sich diese Menschen<br />

gequält haben. Was bleibt sind<br />

abstrakte Zahlen und das Unbehagen,<br />

dass man sich nicht mehr über seinen<br />

Alltag freuen kann oder sollte.


HELFEN KANN<br />

AUCH EINFACH SEIN<br />

Einige dieser Menschen haben wir für<br />

<strong>VANGARDIST</strong> portraitiert. Dabei ist<br />

die Entscheidung für einen Ort, der<br />

fürs erste Sicherheit bedeutet, wo<br />

die unmittelbare Hölle der Flucht in<br />

der Vergangenheit liegt, bewusst gewählt.<br />

Und abgelichtet wurden sie von<br />

unserem Fotografen auch nicht vor<br />

dem Hintergrund ihrer momentanen<br />

Ausnahmesituation, sondern vor einer<br />

schlichten, weißen Leinwand. Die<br />

Portraits findet ihr in dieser Ausgabe.


22


24


Was wir im Zuge dieser Begegnungen auch gelernt<br />

haben, ist, dass es oft ganz einfach sein kann, diesen<br />

Menschen zu helfen. Einer schwangeren Frau, die mit<br />

ihrem Kind und dem ungeborenen Baby zu ihrer Familie<br />

außerhalb des Camps wollte, konnten wir mit<br />

einem einfachen Posting ermöglichen, das Camp zu<br />

verlassen und bei ihren Verwandten zu entbinden. Es<br />

mag im Vergleich zu Millionen von Flüchtlingen gering<br />

wirken, aber 3 Menschen wurde so eine bessere<br />

Gegenwart und hoffentlich auch eine bessere Zukunft<br />

eröffnet.<br />

EINE PUBLIZISTISCHE<br />

BINSENWEISHEIT?<br />

Wir waren aber auch da, wo es fies zugeht: Im Zuge<br />

seines privaten Engagements für Train of Hope hat<br />

es unseren Fotografen für diese Ausgabe – Martin<br />

Valentin Fuchs - und seine Kamera nach Ungarn<br />

und Serbien verschlagen, als die Situation dort gerade<br />

besonders dramatisch war. Auch einige dieser<br />

Bilder sind hier zu sehen. Eines ist uns dabei ganz<br />

schnell klar geworden: Es ist entscheidend, was man<br />

zeigt. Und es ist noch viel entscheidender, was man<br />

nicht zeigt. Auch wenn uns das als Medienmacher<br />

schon vorher klar war, hat uns die Drastik überrascht,<br />

mit der sich diese publizistische Binsenweisheit angesichts<br />

des Flüchtlingsthemas bestätigt hat: Müll-


26<br />

berge auf Bildern könnten ein schlechtes Bild von<br />

Flüchtlingen vermitteln. Eine Ansammlung von jungen<br />

Männern unterstreicht das Klischee, dass Flüchtlinge<br />

eben nur junge Männer seien. Lachende Kinder<br />

erwecken ein Bild von unbeschwerten Flüchtlingen,<br />

denen es doch eigentlich gar nicht so schlecht geht.<br />

Sowas kann einen schon mal wahnsinnig machen.<br />

Auch, weil man es oft erst im Nachhinein sieht, wenn<br />

das Bild bereits gemacht ist.<br />

ILLEGAL INS<br />

HEIMATLAND<br />

Solche Fragen waren es, die Martin Valentin Fuchs<br />

beschäftigt haben, als er gemeinsam mit anderen<br />

freiwilligen Helfern am Nachmittag des 14. September<br />

aus Versehen die Schengen-Außengrenze nach<br />

Serbien überschritten hatte – illegal. Nachdem ihnen<br />

der Weg zurück über die grüne Grenze abgeschnitten<br />

worden war, gab es für sie nur noch den legalen<br />

Weg nach Hause in die Heimat EU. Die zuständigen<br />

Beamten am offiziellen Übergang haben ihm dann<br />

die meisten seiner moralischen Probleme abgenommen:<br />

Er wurde gezwungen, ein Gutteil seiner Fotos<br />

vor den Augen der Behörden von seiner Kamera zu<br />

löschen. Medien haben die Aufgabe, Missstände<br />

zu dokumentieren und an jene weiterzutragen, die<br />

nicht unmittelbar in das Geschehen involviert sind.<br />

„Von da her war für mich klar, dass ich ein möglichst


differenziertes Bild der Situation produzieren<br />

musste. Flüchtlinge, Helfer,<br />

Polizei und generell jeder der involviert<br />

ist, ist auch Teil meiner Bilder“,<br />

so Fuchs. Dass sowas in Ausnahmesituationen<br />

nicht immer auf Verständnis<br />

trifft, ist, auch wenn man dahinter keine<br />

Gleichschaltungsagenda vermuten<br />

will, durchaus nachvollziehbar.<br />

HELDEN UND<br />

VERBRECHER<br />

Der Krieg der Bilder ist real. Dabei geht<br />

es aber mitnichten darum, eine mediale<br />

Verschwörungstheorie zu propagieren.<br />

Das Foto- und Videomaterial, mit<br />

dem wir in Westeuropa tagtäglich konfrontiert<br />

werden, ist kein Fake. Aber es<br />

ist – was einen möglichen Gesamteindruck<br />

der Situation betrifft – auch alles<br />

andere als objektiv. Schon deshalb,<br />

weil ein Bild das niemals sein kann.<br />

Das gilt zu aller erst auch für den VAN-<br />

GARDIST. Natürlich werfen auch wir<br />

nur ein Schlaglicht auf jene Aspekte,<br />

die wir hervorheben wollen. Wir versuchen<br />

hierbei nichts weiter, als zu einem<br />

#1: Lager Röszke: wegen fehlender<br />

Sanitäranlagen wurde<br />

Seuchenalarm ausgerufen . Freiwillige<br />

Helfer tragen bei Müllbeseitigung<br />

Mundschutz und Handschuhe.


gewissen Ausgleich beizutragen. Je<br />

vielfältiger die Darstellung, desto näher<br />

kommt der Gesamteindruck an die<br />

komplexe Realität heran. Nicht jeder<br />

Flüchtling ist ein Held und nicht jeder<br />

Polizist ist ein Verbrecher und natürlich<br />

auch umgekehrt.


30


32<br />

DAS GESCHWÄTZ<br />

VON GESTERN<br />

Als progressives Männermagazin bilden wir uns<br />

nicht ein, es besser zu wissen als alle anderen, wir<br />

sagen nicht So ist es und nicht anders! Klar haben<br />

wir eine Meinung: Das Konzept des Nationalstaates<br />

halten wir für überholt, die Grenzen sind nur noch in<br />

unseren Köpfen und hindern uns daran, intelligente<br />

Entscheidungen zu treffen. Selbstverständlich finden<br />

wir nicht nur jede Art von Diskriminierung aufgrund<br />

des Geschlechts oder sexueller Präferenzen vollkommen<br />

lächerlich, sondern lehnen auch jedwede<br />

Form von Rassismus kategorisch ab. Schon allein,<br />

weil das sowas von vorgestern ist. Aber so großspurig<br />

wollen wir uns gar nicht aufspielen. Uns geht es<br />

hier lediglich um den Kern einer progressiven Sicht<br />

auf die Welt: Alle <strong>Refugees</strong>, die gerade nach Europa<br />

kommen, sind auch einfach nur Menschen. Es<br />

handelt sich um Individuen! Und als solche müssen<br />

wir ihnen begegnen. Auch, weil diese Vertriebenen<br />

einfach da sind. Sie werden nicht weniger, wenn wir<br />

sie ignorieren. Und sie werden auch nicht wieder<br />

weggehen.<br />

#1: Die Menschenschlange<br />

vor den Bussen<br />

schien unendlich zu<br />

sein. Die Wartezeiten<br />

betrugen mehrere Stunden,<br />

oft warteten die<br />

frierenden Menschen<br />

die ganze Nacht lang.<br />

#2: Zelte im Regen vor<br />

dem Bahnhof in Szeged,<br />

wo sich eine Informationsstelle<br />

für Flüchtlinge<br />

und Helfer befand.


34<br />

BEWEGT<br />

EUREN ARSCH<br />

Aber dafür braucht es Menschen, die<br />

die Ärmel hochkrempeln und mit anpacken.<br />

Die ihren normalen Job auf<br />

halbmast reduzieren, damit sie Essen<br />

verteilen und helfen können. Die gibt<br />

es. Und auch ihnen widmen wir diese<br />

Ausgabe. Wir haben mit jungen Leuten<br />

gesprochen, die 24h Einsätze an<br />

Bahnhöfen geschoben haben und sich<br />

in Windeseile eine Organisationsstruktur<br />

für dutzende Leute zugelegt haben.<br />

Einfach, weil es notwendig war. Nur<br />

Gesellschaften, die sich schnell und<br />

dynamisch anpassen können und wollen,<br />

werden mit den Anforderungen<br />

der Zukunft fertig werden. Es braucht<br />

hier die Kreativität und Mithilfe von<br />

vielen, um der Herausforderung gerecht<br />

zu werden. Dass man sich gleichzeitig<br />

auch Gedanken darüber machen<br />

sollte, wie solche Katastrophen<br />

verhindert werden können, liegt auf


der Hand. Aber die Welt ist furchtbar<br />

kompliziert und das Bekämpfen der<br />

Ursachen einzufordern ist leider allzu<br />

oft eine Ausrede, um nicht in der unmittelbaren<br />

Gegenwart helfen zu müssen.<br />

Dabei ist das das einzige, was wir<br />

im Hier und Jetzt zu tun haben.


36<br />

RADAR<br />

Lost<br />

THE STORY OF REFUGEES


TEXT: FRANZISKA TSCHINDERLE<br />

BILDER: MARTIN VALENTIN FUCHS<br />

Stell dir vor du bist gezwungen von einem<br />

Tag auf den anderen deine Heimat<br />

zu verlassen. Du weißt, dass du lange<br />

unterwegs sein wirst: In Kastenwägen,<br />

überfüllten Schlauchbooten und über<br />

weite Strecken zu Fuß. Du packst deine<br />

Vergangenheit in eine kleine Tasche<br />

und legst dein Leben in die Hände von<br />

Schleppern, Grenzpolizisten und Taxifahrern.<br />

Noch nie seit dem 2. Weltkrieg waren<br />

so viele Menschen auf der Flucht wie<br />

heute. Sie fliehen vor Terror, Bürgerkrieg<br />

und Unterdrückung. Nicht nur<br />

aus Syrien sondern auch dem Irak, Afghanistan,<br />

Somalia oder dem Sudan.<br />

Europa spricht von einer Belastungsprobe<br />

und vergisst, dass es sich bei<br />

dieser „Belastung“ um Menschen<br />

handelt, die sich nichts sehnlicher<br />

wünschen, als neu beginnen zu dürfen.<br />

Warum hören wir ihnen nicht einmal<br />

zu bevor wir uns vor ihnen fürchten?<br />

Wir führten sieben Gespräche mit Betroffenen<br />

über alte und neue Träume in<br />

Traiskirchen.


38<br />

Jasim, 3<br />

BAGDAD/IRAK


0<br />

Jasim bewegt sich wie ein Popstar<br />

durch die Menge. Er sieht auch so<br />

aus: gepflegter Bart, ein Piercing in<br />

den dunklen Brauen, gegelte Haare<br />

und ein federnder Blick getragen von<br />

neonfarbenen Turnschuhen. „Arbeitest<br />

du hier?“ fragen wir. Und Jasim lacht,<br />

dass sich um seine Augen viele kleine<br />

Grübchen in die Haut graben. Er rollt<br />

sein T-Shirt am linken Arm hoch und<br />

legt ein Tattoo der Mutter Maria frei.<br />

„Ich bin zwar Muslim aber möchte mit<br />

diesem Tattoo zeigen, dass ich nichts<br />

gegen andere Religionen habe. Das<br />

hat dem IS gar nicht gefallen.“ Jasim<br />

hebt sein Shirt bis zum Nabel. Über<br />

dem Bild einer Pistole steht: „Only<br />

God can judge you“. Der dreifache<br />

Familienvater konnte im von der<br />

Terrormiliz kontrollierten Bagdad nie<br />

der sein, der er sein wollte. Es fing mit<br />

den Bildern auf seinem Körper an und<br />

endete mit den Gedanken in seinem<br />

Kopf: „Eine Generation von jungen<br />

Männern konnte nicht frei denken<br />

und wurde Tag für Tag terrorisiert<br />

und bedroht“, sagt er. Jasim hat alles<br />

aufs Spiel gesetzt um diesem Alltag<br />

voller Angst zu entkommen und<br />

seine Frau und Kinder nachzuholen.<br />

Er verkaufte sein Haus und bezahlte<br />

mit der Kaution unzählige Schlepper,<br />

die ihm an jeder Grenze dreistellige<br />

Summen abknöpften. Wenn er an<br />

die gute alte Zeit zurückdenkt, fällt<br />

ihm ein, dass er einmal ein Motorrad<br />

hatte, zum Kickbox-Training ging oder<br />

mit den Kumpels in den Cafés Shisha<br />

rauchte. Will er das zurück? Erstmals<br />

nebensächlich: „Nichts fehlt mir so<br />

sehr wie meine Familie. Wenn wir<br />

telefonieren könnten ich nur weinen.“<br />

Jasim kleidet sich westlich, hat unzählige<br />

Tattoos und Piercings. Grund genug,<br />

dass er im vom IS terrorisierten Bagdad<br />

zum Fingerzeig wurde.


40


42<br />

Wenn der bullige Rami heute davon<br />

erzählt, wie klein er sich vor dem<br />

ungarischen Grenzzaun gefühlt hat,<br />

muss er überraschenderweise laut<br />

lachen. Die Situation erinnerte ihn<br />

an ein Katz- und Mausspiel, bei dem<br />

Rami verzweifelt alles darauf setzte,<br />

unbemerkt den Tatzen des fauchenden<br />

Katers zu entkommen: „Wir sehen<br />

dich!“, mahnten die Polizisten. Nach<br />

dem achten Versuch klappte es. Die<br />

Wächter waren unaufmerksam, Rami<br />

drückte den rasiermesserscharfen<br />

Nato-Draht mit seiner Jacke nach unten,<br />

kletterte und rannte. Was auch immer<br />

jetzt passieren würde, seine Turnschuhe<br />

hatten den Boden der europäischen<br />

Union berührt. Endlich. Rami war<br />

selbst beim Militär. Aber irgendwann<br />

konnte er die Befehle nicht mehr mit<br />

seinem Gewissen vereinbaren: „Ich<br />

hätte unschuldige Menschen töten<br />

müssen. Dann wurde ich bedroht und<br />

musste mir um mein eigenes Leben<br />

Sorgen machen.“ Heute will er so bald<br />

wie möglich ein Studium beginnen.<br />

Hat man mit 22 noch leichtsinnige<br />

Träume? Rami lacht: „Ich würde gerne<br />

anfangen zu trainieren aber leider gibt<br />

es keinen Sportraum in Traiskirchen.“<br />

Und Arnold Schwarzenegger möchte<br />

er einmal treffen. Die Sache mit dem<br />

Sportraum wirkt wie eine Banalität.<br />

Aber sie spiegelt wieder, was den<br />

gelangweilten jungen Männern hier<br />

fehlt: Ablenkung. Eine Aufgabe.<br />

Beschäftigung. Hinter dem Zaun<br />

lehnen sich Flüchtlinge an einem Baum,<br />

die Kapuze über das Gesicht gezogen<br />

und auf ihr Smartphone starrend. Und<br />

auch Rami sehnt sich danach, wieder<br />

etwas Bedeutsames tun zu dürfen. Er<br />

weiß noch nicht was das sein wird aber<br />

bei einem ist sich Rami sicher: „Soldat<br />

werde ich nie wieder.“<br />

Rami sagt heute, dass er nie freiwillig<br />

zur Armee gehen wollte sondern keine<br />

andere Wahl hatte. Ein Studium habe ihn<br />

schon immer viel mehr interessiert.


Rami, 22<br />

BAGDAD/ IRAK


44<br />

Bassaum, 30<br />

ELFENBEINKÜSTE/ WESTAFRIKA


Wenn man Bassaum danach fragt, was<br />

sein größter Wunsch ist, dann sagt er<br />

etwas Unerwartetes. Etwas über das<br />

in Wien geraunzt und in der Schweiz<br />

gepokert wird: „Ich würde gerne<br />

Steuern zahlen.“ Es ist eine Antwort mit<br />

der man nicht rechnet, denn Bassaum<br />

ist durch die Hölle gegangen. Wenn er<br />

darüber spricht, überschlägt sich seine<br />

Stimme: mal vor Wut, mal vor Trauer.<br />

Bassaum erlebte die Elfenbeinküste<br />

als einen in zwei Hälften gespaltenen<br />

Staat: Auf der einen Seite Unterstützer<br />

des westlich orientierten Oppositionsführers<br />

Ouattara. Auf der anderen<br />

Seite Rebellen, die sich im Norden<br />

des Landes niedergelassen hatten<br />

und den nationalistischen Präsidenten<br />

Gbagbo unterstützten. Bassaum<br />

hatte sich offen für einen Regierungswechsel<br />

zugunsten Ouattaras<br />

ausgesprochen. Um 2 Uhr Nachts<br />

klopften die Rebellen an die Türe<br />

seines Elternhauses: „Wo ist ihr Sohn?“<br />

Bassaum floh nach Ghana, dann in die<br />

Türkei und weiter nach Griechenland.<br />

2014 erfährt er, dass seine Eltern von<br />

den Rebellen getötet wurden. Heute<br />

zitiert er den letzten Satz, den sein<br />

Vater zu ihm gesagt hat: „Wo auch<br />

immer du hingehst, vergiss niemals<br />

wo du herkommst.“ Kann jemand wie<br />

er seiner Heimat verzeihen? Bassaum<br />

zieht an seiner Zigarette und meint:<br />

„Ich schaue nach vorne und nicht mehr<br />

zurück. Jetzt bin ich hier.“ Bassaum ist<br />

Christ und sehr religiös. Einen Morgen<br />

in Traiskirchen beginnt er damit, früher<br />

als alle Anderen aufzustehen und über<br />

eine Stunde zu beten. Er will weiter an<br />

das Gute glauben, sagt er: „98% der<br />

Menschen in diesem Land sind gut, ich<br />

weiß es.“<br />

Bassaum floh 2011 vom Bürgerkrieg<br />

in der Elfenbeinküste. In Griechenland<br />

verbrachte er über zwei Jahre im<br />

Gefängnis.


46


48<br />

Rouka<br />

HALAB/


n, 25<br />

SYRIEN<br />

Ihre Tochter Shams war noch nicht<br />

einmal geboren, da hatte Roukan<br />

bereits Angst um ihr Überleben. Als<br />

der Krieg in Syrien zu toben begann,<br />

war die Frau, die viel älter aussieht<br />

als 25, hochschwanger. Ein riskanter<br />

Kaiserschnitt folgte. Roukan vergaß<br />

durch die Angst um ihr Baby die Angst<br />

um sich selbst. Doch die Tochter<br />

überlebte die schwere Geburt. Von da<br />

an wurde ihre Familie zu Getriebenen.<br />

Sie flohen in den Irak, dann zurück nach<br />

Syrien und schließlich nach Kobane,<br />

nahe der türkischen Grenze.<br />

Dann kam der 15. September 2014.<br />

In die Geschichtsbücher wird er als<br />

„Kampf um Kobane“ eingehen: Eine<br />

der größten militärischen Offensiven<br />

des IS. Für Roukan war es eine Nacht,<br />

in der sie nicht sicher war, ob sie<br />

überleben würde: „Die Dschihadisten<br />

waren hinterlistig. Sie klopften an die<br />

Türen und gaben sich als verfolgte<br />

Kurden aus.“ Die junge Mutter<br />

hat heute nichts mehr bis auf eine<br />

abgenutzte, gelbe Reisetasche die sie<br />

niemals aus den Augen lässt. Dabei<br />

stammt sie aus einer reichen Familie,<br />

der es vor dem Krieg an nichts gefehlt<br />

hat. Ihren größten Wunsch, den sie<br />

schon in der Heimat hegte, will sie<br />

zuerst gar nicht aussprechen. Hier<br />

bleiben zu dürfen sei erstmals das<br />

Wichtigste für ihre Familie. Aber dann<br />

strahlt sie und sagt: „Ich wollte schon<br />

immer einen Bauernhof mit eigenen<br />

Plantagen. Daran halte ich fest, auch<br />

hier in Österreich.“ Roukan bedeutet<br />

im Arabischen „strahlende Sonne“.<br />

Und genau das möchte die junge Frau<br />

auch bald wieder sein.<br />

Ihre Goldringe und Hochzeitsfotos ließ<br />

Roukan im Haus ihrer Mutter zurück.<br />

Heute ist ihr nur noch eine gelbe<br />

Reisetasche geblieben.


50<br />

Reem,<br />

HALAB/SYR


21<br />

IEN<br />

Reem winkt. Ein Auto mit österreichischem<br />

Kennzeichen biegt in eine<br />

Seitenstraße von Traiskirchen ein und<br />

hupt. Eine blonde Frau steigt aus und<br />

nimmt sie in die Arme. Die Beiden<br />

haben sich noch nie zuvor gesehen<br />

aber werden fortan unter einem Dach<br />

leben. Es ist eine dieser seltenen,<br />

schönen Szenen, die sich vor dem


52


Traiskirchen abspielen: Eine Adoption.<br />

24 Stunden davor hätte sich Reem das<br />

niemals vorstellen können. Sie sitzt<br />

auf der Gehsteinkante, die Hände<br />

schützend um den schwangeren<br />

Bauch gelegt, die Augen wach und<br />

flink die kleine Tochter überwachend,<br />

die zwischen den parkenden Autos<br />

herumläuft. Man muss nicht lange mit<br />

Reem sprechen um zu merken, dass<br />

die Flucht eine starke, unabhängige<br />

Frau aus ihr gemacht hat. Aus Syrien<br />

ist sie nicht nur vor dem IS sondern<br />

auch vor dem Patriarchat ihres Mannes<br />

geflohen. „Würdest du gerne wieder<br />

jemanden kennen lernen?“, fragen wir.<br />

Reem schüttelt den Kopf. Sie will nichts<br />

weiter als ihre Kinder großziehen und<br />

unabhängig von ihren Schwiegereltern<br />

leben. Manchmal vermisst sie das<br />

Syrien von früher: Die Düfte am Markt,<br />

die Traditionen, der Ruf des Muezzin.<br />

Aber es ist nichts als ein Schatten,<br />

denn das Letzte was Reem gesehen<br />

hat, war ihre zerbombte Wohnung.<br />

Plötzlich beginnt die kleine Tochter<br />

zu gestikulieren und plappert etwas<br />

in arabischer Babysprache. Reem<br />

dreht sich zu uns und übersetzt: „Im<br />

Schlepperboot nach Lesbos ist Benzin<br />

ausgelaufen und fing Feuer“. Tochter<br />

Remas ist zwei Jahre und 8 Monate<br />

alt. Kinder in ihrem Alter lieben den<br />

Strand, das Meer, die Muscheln. Aber<br />

Remas sagt: „Das Meer tut weh.“<br />

Nach unserem Treffen mit Reem riefen<br />

wir auf Facebook dazu auf, eine Familie<br />

für die schwangere Frau zu finden. Seit<br />

zwei Wochen lebt sie mit ihrer Tochter in<br />

St.Pölten.


54<br />

Ahmed, 17<br />

SOMALIA/OSTAFRIKA


Ahmed hat ein Smartphone aber<br />

kein Guthaben. Trotzdem wirkt er<br />

genügsam. Schüchtern drückt er sich<br />

neben einer Menschenmenge herum.<br />

Er ist das, was die Asylbehörden<br />

einen „unbegleiteten, minderjährigen<br />

Flüchtling“ nennen. Sein schmächtiger<br />

Körper will die Sportjacke nicht ganz<br />

ausfüllen und die viel zu große Kappe<br />

sieht auf seinem Kopf aus wie ein<br />

Bauarbeiterhelm. Ahmed besuchte in<br />

Somalia nur ein Jahr lang die Schule.<br />

Er spricht kaum Englisch und tippt<br />

deswegen Antworten auf Somali in<br />

den „Google-Translator“. Sie sind<br />

erschreckend für einen Jungen in<br />

seinem Alter:<br />

„Mit 15 Jahren floh ich vor dem<br />

Al-Shabaab Regime in Somalia.<br />

In Libyen saß ich ein Jahr lang im<br />

Gefängnis. Meine Eltern wurden in der<br />

Zwischenzeit von der Terrorgruppe<br />

getötet.“ Die Al-Shabaab Miliz ist eine<br />

islamistische militante Bewegung, die<br />

in Somalia einen Islamischen Staat<br />

errichten möchte. Es ist eine Art<br />

regionaler Al-Qaida-Ableger, die Teile<br />

Südsomalias kontrollieren und dort die<br />

Scharia in strenger Form durchsetzen.<br />

Noch immer erschüttern ihre Attentate<br />

in regelmäßigen Abständen den armen<br />

Staat am Horn von Afrika. Ahmed<br />

muss heute nicht mehr in Angst leben.<br />

Dass in Wochenabständen Attentate<br />

verübt werden, möchte er aber<br />

nicht ausblenden: „Ich würde gerne<br />

Journalist werden um die Geschichte<br />

von Menschen zu erzählen, die wie ich<br />

aus ihrer Heimat fliehen müssen.“ Er<br />

senkt verlegen den Blick und sagt in<br />

gebrochenem<br />

Englisch: „I want to help. Because this<br />

is not over yet.“<br />

Ahmed weiß, dass der Bürgerkrieg in<br />

Somalia immer noch wütet. Er würde<br />

gerne Journalist werden und von<br />

Menschen auf der Flucht berichten.


56<br />

Mahmoud<br />

DEIR EZ-ZOR /SY


Sein Vater war es, der Mahmoud<br />

dazu ermutigte endlich das Land<br />

zu verlassen. Der Terror erreichte<br />

seinen Höhepunkt als Mahmoud<br />

mitansehen musste, wie Kämpfer des<br />

IS zwei seiner Freunde erschossen.<br />

Deir ez-Zor ist eine 300.000 Einwohner<br />

Stadt im Osten Syriens. Der Großteil<br />

der Bevölkerung ist kurdisch. Bis 2014<br />

hatten sich oppositionelle Kräfte mit<br />

dem Regime Assads Kämpfe um die<br />

Stadt geliefert. Im April 2014 wurde die<br />

Stadt von den Radikalislamisten des IS<br />

besetzt und schlussendlich vollständig<br />

belagert. Mahmoud erinnert sich, dass<br />

bei einer Demonstration das Feuer auf<br />

der Straße eröffnet wurde. Er selbst<br />

wurde angeschossen. Das Leben in<br />

Deir ez-Zor wurde untragbar: Es gab<br />

nicht mehr genug Essen und wegen<br />

fehlendem Strom und unsauberem<br />

Wasser wurden immer mehr Menschen<br />

krank. Mahmoud schaffte es nach Izmir<br />

, 20<br />

RIEN<br />

an die türkische Ägäis zu flüchten. Die<br />

Überfahrt nach Griechenland hat er als<br />

eine der schrecklichsten Erfahrungen<br />

seines Lebens in Erinnerung. Heute hat<br />

er eine Vision: Er will Deutsch lernen<br />

und sein Studium (Elektrotechnik)<br />

beenden. Er steht mit seiner Schwester<br />

Noura, die drei Jahre älter ist als<br />

er, am Hinterausgang des Lagers<br />

Traiskirchen. Freiwillige fahren mit<br />

dem Auto vor und laden Kisten mit<br />

Kleiderspenden aus. Mitten in den<br />

Weinreben werden Jacken, Hosen<br />

und T-Shirts herumgereicht. Gerade<br />

solche Momente sind nicht leicht für<br />

jemanden, der einst einen sicheren<br />

und geregelten Alltag geführt hat.<br />

„Aber in der Heimat wäre uns nichts<br />

anderes übrig geblieben, als uns dem<br />

IS anzuschließen“, sagt Schwester<br />

Noura.<br />

Der junge Mahmoud begann im Osten<br />

Syriens sein Elektrotechnik-Studium. Als<br />

seine Stadt vom IS eingenommen wurde,<br />

begann das Leben für ihn untragbar zu<br />

werden.


58


SIGMUND<br />

FREUD<br />

WAR EIN ÖSTERREICHISCHER JUDE,<br />

GEFLOHEN VOR DEN NAZIS<br />

IN ÖSTERREICH<br />

FACT<br />

001


Derzeit befinden sich weltweit ca. 60 Millionen Menschen<br />

auf der Flucht vor Krieg, politischer Verfolgung<br />

oder Unterdrückung.<br />

„Lost: the story of refugees“ nimmt sich jener Menschen an,<br />

die sich gerade auf dem Weg nach Europa befinden,<br />

um sie zu begleiten und ihre Geschichten<br />

weiter zu tragen. In Kombination aus Fotografien<br />

und Texten sollen ihre Schicksale, Hoffnungen<br />

und Wünsche erzählt werden.<br />

Der Erlös aus jedem verkauften Exemplar<br />

fließt zu 100% in Projekte zur Unterstützung<br />

und Unterbringung von Flüchtlingen.<br />

IN COOPERATION WITH


PREORDER HERE


DON’T LET<br />

THEM<br />

SEPARATE US


BALMAIN X H&M / COAT DMMJK


BALMAIN X H&M


BALMAIN X H&M


BALMAIN X H&M


BALMAIN X H&M


CREATIVE DIRECTOR<br />

MIRZA SPRECAKOVIC / MIRZASPRECAKOVIC.COM<br />

PHOTOGRAPHY<br />

ALEX SUTTER / SUTTER.GALLERY<br />

STYLING<br />

MIRZA SPRECAKOVIC<br />

HAIR & MAKE-UP<br />

CORNELIU GALCA<br />

MODELS<br />

SEBASTIAN, EVERETT / STELLAMODELS.COM<br />

FREDERIK Q. / BODYANDSOUL.AT<br />

ASSISTENT<br />

ELISABETH GATTERBURG<br />

MAKING-OF PHOTOGRAPHY<br />

ELISABETH GATTERBURG/ ELISABETHGATTERBURG.COM


DON’T LET<br />

THEM<br />

SEPARATE US<br />

MAKING OF<br />

KAMERA : MAXIMILIAN SCHNÜRER<br />

SCHNITT: CRISTÓBAL HORNITO<br />

INTERPRET / TRACK: CLOUD_SEED_-_DAYDREAM


FREDDY<br />

MERCURY<br />

FLOH MIT SEINER FAMILIE VOR EINEM<br />

MASSAKER IN INDIEN<br />

FACT<br />

002


76 RADAR


TRAIN<br />

OF<br />

WENN SICH MENSCHEN<br />

ERFOLGREICH ORGANISIEREN.<br />

HOPE<br />

TEXT: SEBASTIAN KREBITZ<br />

BILDER: MARTIN VALENTIN FUCHS<br />

Es wirkt momentan so, als würde sich<br />

in Europa die griechische Tragödie<br />

auf moderne Art und Weise wiederholen.<br />

Doch auch bei uns ist noch die<br />

Hoffnung mit eingezogen. TRAIN OF<br />

HOPE.<br />

Ein ganz persönliches Interview mit<br />

Eva Zar und Dominik Grinzinger von<br />

TRAIN OF HOPE. Über das Helfen,<br />

das Leben, Emotionen und einer völlig<br />

neuen Sichtweise auf unser Dasein.<br />

TRAIN OF HOPE ist ein Verein, der ursprünglich<br />

auf Facebook gegründet


78<br />

“Pandora war verzagt.<br />

All das Übel, dass ihre Welt ereilt hatte.<br />

In ihrer Verzweiflung öffnete sie ihre<br />

Büchse erneut und tatsächlich befand<br />

sich unter all dem Schlechten etwas,<br />

dass sie übersehen hatte.<br />

DIE HOFFNUNG“


wurde und derzeit knapp 42.000 likes<br />

hat und über 2.000 aktive Helfer besitzt.<br />

Eva Zar ist für den Social Media Bereich<br />

des Vereins zuständig. Sie ist eine<br />

studierende Fotografin und Modedesignerin.<br />

Dominik Grinzinger arbeitet als Sommelier<br />

in einem Restaurant. Auf Facebook<br />

verfolgte er TRAIN OF HOPE<br />

und informierte sich jeden Tag, was gebraucht<br />

wurde und wurde schließlich<br />

selbst aktiv.<br />

<strong>VANGARDIST</strong>: TRAIN OF HOPE.<br />

Ein Zusammenschluss von Leuten mit<br />

Zivilcourage. Wie wurde daraus aktives<br />

Handeln, vor allem so schnell?<br />

EVA: Ich war zwar nicht am allerersten<br />

Tag dabei, aber der Umschwung fand<br />

sofort statt. Als ich am dritten Tag kam<br />

gab es ein kleines Zelt und einen Food<br />

-Container. Also nicht wirklich groß organisiert.<br />

TRAIN OF HOPE ist immer ein<br />

Handeln und Organisieren gleichzeitig.<br />

Es gab keine Meetings vorher oder ähn-<br />

liches. Man ist einfach hergekommen<br />

und hat gesehen es muss dieses und<br />

jenes gemacht werden. Es kommen<br />

jeden Tag Unmengen an Menschen<br />

an und sie brauchen Hilfe. Diese Menschen<br />

haben teilweise tagelang nichts<br />

gegessen und brauchten medizinische<br />

Versorgung. Also für Organisation im<br />

Vorhinein war keine Zeit. Für Handeln<br />

hingegen schon.<br />

Das Wichtigste bei uns ist, man muss<br />

flexibel sein. Jede Station und Person.<br />

Sonst geht es nicht.<br />

DOMINIK: Das stimmt. Dein gegliedertes<br />

und strukturiertes System von zu<br />

Hause funktioniert hier einfach nicht.<br />

Ich werde sehr oft gefragt, „Wie ist der<br />

Plan? Wie sieht es aus?“ Dann kann<br />

ich nur sagen „Ich weiß nicht mal wie<br />

die nächsten 10 Minuten aussehen“.<br />

Das heißt es ist wichtig immer zu improvisieren<br />

und mit dem zu arbeiten<br />

was man gerade bei der Hand hat. Ein<br />

großer Pluspunkt bei uns allen hier ist,<br />

dass wir sehr elastisch im Denken sind.<br />

Falls das jetzt verständlich klingt.


V: Wer sind all diese Freiwilligen?<br />

Gibt es eine spezielle Art von Menschen,<br />

die hier mitwirken?<br />

D: Die Freiwilligen kommen von überall<br />

her. Wir haben sogar Norweger, die<br />

extra hergeflogen sind, Auto mieten,<br />

Urlaub nehmen und einfach helfen.<br />

Wir haben auch eine kleine indische<br />

Gruppe, die für uns kocht. Außerdem<br />

unterstützt uns auch das islamische<br />

Großzentrum mit Sandwiches. Wir haben<br />

20 Briten, die mit täglich 250 Kilo<br />

Lammfleisch antanzen. Es gibt keine<br />

klassische kategorisierbare Gruppe<br />

von Helfern. Es sind alle.<br />

V: Ihr bietet eine Erstaufnahme mit<br />

Rechtsberatung uvm. Wie konntet ihr<br />

die Sprachbarriere überwinden?<br />

E: Es gibt eine Dolmetscher Koordination,<br />

wie auch eine Social Media<br />

Koordination und Bahnsteig Koordination.<br />

Es gibt Dolmetscher Leiter/innen<br />

die neue Leute organisieren und<br />

auch über die Situation informieren.<br />

Die Sprachbarriere ist groß. Aber wir<br />

versuchen so viele Dolmetscher wie<br />

möglich da zu haben.<br />

V: Wie habt ihr euch vernetzt?<br />

E: Facebook, Twitter. Alles aus dem<br />

Social Media Bereich. Anfangs sogar<br />

nur dadurch und mittlerweile auch<br />

über Email-Verkehr.<br />

D: Vor allem auch von Helfer zu Helfer.<br />

Im Sinne von „Kennst du wen, der<br />

ein Auto hat? Kennst du wen, der uns<br />

Wasser besorgen kann?“. Und und<br />

und. Mundpropaganda eben.<br />

V: Am Hauptbahnhof seid ihr der einzige<br />

Verein, der aktiv hilft. Stimmt das?<br />

E: Alles was du am Hauptbahnhof siehst,<br />

von kleinsten Nagel, der in die<br />

Wand geschlagen ist, bis zum Container,<br />

bis zu dem Apfel, den du gegessen<br />

hast, ist freiwillig gespendet<br />

bzw. gesponsert und jede Hilfe, auch<br />

die Ärtze und Krankenschwester/<br />

pfleger im Lazarett sind ganz definitiv<br />

unbezahlt.<br />

D: Natürlich gibt es kleinere Gruppen,


die ebenfalls unterstützen. Aber unter<br />

unserem Namen.<br />

V: Warum hat bei euch die Kooperation<br />

eurer Meinung nach so gut und schnell<br />

funktioniert? In Bezug auf Polizei,<br />

Rotes Kreuz und anderen Behörden.<br />

D: Weil beide Seiten gemerkt haben,<br />

dass wir aufeinander angewiesen sind<br />

und man mit Kooperation etwas bewegen<br />

kann. Nur zusammen sind wir<br />

stark. Ich denke auch um den Kontakt<br />

zu den Flüchtlingen herzustellen<br />

hat es geholfen, dass wir im Zivilgewand<br />

gekleidet waren. Dadurch haben<br />

sie uns mehr vertraut, als vielleicht<br />

den Polizisten. Aber wir sind fast immer<br />

Hand in Hand mit den Behörden<br />

gegangen.<br />

E: Die Polizei, die ÖBB und auch jede<br />

andere große Art von Firma oder Ähnliches<br />

hat begriffen, worum es geht.<br />

Es geht um Menschenleben und auch<br />

um Tod. Es geht darum, eine riesige<br />

Anzahl von Menschen zu versorgen.<br />

Wir sprechen von einem vierstelligen<br />

Bereich von Leuten, die hier ankommen.<br />

Ab und an mach ich mir sogar<br />

Sorgen, dass sie in einen fünfstelligen<br />

Bereich rutschen könnten. Es geht hier<br />

um Schutz.<br />

V: Schutz ist ein gutes Stichwort. Habt<br />

ihr selbst manchmal Angst, um eure eigene<br />

Sicherheit in irgendeiner Weise?<br />

D: Es ist schon manchmal der Fall<br />

gewesen, dass es kritisch war und wir<br />

Angst hatten. Aber genau in solchen<br />

Situationen treten wir als TRAIN OF<br />

HOPE auf und tun unser Möglichstes.<br />

Und natürlich schauen wir, dass wir die<br />

Zahlen der Menschen in den Hallen im<br />

Blick haben und wenn wir das Maximum<br />

erreicht haben müssen wir Alarm<br />

schlagen und mit den Behörden eng<br />

zusammenarbeiten. Und dann packen<br />

wir wieder Hand in Hand an, um den<br />

Bahnhof lockerer zu machen und den<br />

Menschen eine andere Schlaf- bzw.<br />

Aufenthaltsmöglichkeit zu organisieren.<br />

E: Ich denke alles in allem eskaliert<br />

die Situation nie, weil wir, wie Dominik<br />

vorher sagte, in normaler Kleidung<br />

und als Personen auftreten und nicht


500 Polizisten hier stehen. Das schafft<br />

zwischen allen hier eine gewisse Vertrauensbasis.<br />

Man sollte vielleicht auch sagen, dass<br />

wir viele Flüchtlinge hier haben, die<br />

länger bleiben, weil sie gut Englisch<br />

und Arabisch sprechen und hier beim<br />

Dolmetschen helfen wollen. Diese<br />

Menschen schlafen und leben am<br />

Bahnhof. Das muss man sich schon vor<br />

Augen halten. Es gibt also auch große<br />

Solidarität untereinander.<br />

V: Welche Stimmungen und Situationen<br />

erlebt ihr tagtäglich?<br />

E: Die Gefühle auf eine einzige Stimmung<br />

zu reduzieren ist unmöglich. Von<br />

Minute zu Minute ist es unterschiedlich.<br />

Wir haben auf den Social Media Plattformen<br />

auch einen Vermisstenkanal<br />

und darüber wurden viele Menschen<br />

wiedergefunden bzw. Familien zusam-


mengeführt. Das ist dann ein Moment,<br />

wo ich mir denke „Ich habe etwas geschafft.<br />

Ich habe geholfen, eine Familie<br />

wieder zusammenzubringen“. Das<br />

ist einer dieser Gründe, wo du weißt,<br />

ich muss hier weiter machen.<br />

D: Es sind Emotionen, die ich in meinem<br />

ganzen Leben noch nie gefühlt<br />

habe. Du erlebst du so viel. Man<br />

wird umarmt, du gehst weiter und es<br />

wird geweint. Es ist ein Mischmasch<br />

an Gefühlen. Es herrscht hier pure<br />

Menschlichkeit und du lernst, was es<br />

wirklich bedeutet sozial zu sein.<br />

V: Denkt ihr auch über mögliche<br />

Lösungswege des Gesamtgeschehens<br />

nach oder seit ihr nur im Hier und<br />

Jetzt?<br />

D: Dazu besitzen wir noch nicht die<br />

Macht, Lösungen großflächig anzubieten.<br />

Aber wie man sieht, werden wir<br />

immer größer und früher oder später<br />

wird man sich auch über so etwas<br />

Gedanken machen. Zurzeit sind wir<br />

aber damit beschäftigt noch mehr<br />

System reinzubekommen. Wenn das<br />

vollständig geschafft ist, können wir<br />

hoffentlich bald über größere Sachen<br />

nachdenken. Ob es dann umgesetzt<br />

wird, wird sich zeigen.<br />

V: Was sind die persönlichen Opfer, die<br />

Freiwillige bringen müssen? Woher<br />

nehmen alle die Zeit?<br />

D: Die Meisten hier arbeiten noch<br />

nebenbei. Es gibt die Bürokauffrau,<br />

die von 9-18 Uhr arbeitet und von 19-<br />

4 Uhr dann hier hilft und echt um 9<br />

Uhr wieder im Büro sitzt. Das ist so das<br />

klassische Schema. Aber es gibt auch<br />

genügend, die sagen, sie nehmen sich<br />

eine Auszeit und arbeiten mehr oder<br />

weniger Vollzeit mit.<br />

E: Die Leute vom Lazarett haben sich<br />

ein Zeit-Rad aufgebaut. Das sind die<br />

Einzigen, die wirklich einen Dienstplan<br />

haben. Laut Facebook sind das auch so<br />

um die 800 Leute, die dort helfen. Da<br />

ist von Ärzten/innen, Krankenpfleger/<br />

innen, Psychologen/innen alles dabei.<br />

Teilweise helfen die Ärzte/innen sogar


in der Praxis des anderen aus, damit er<br />

oder sie bei uns übernehmen kann.<br />

V: Gab es schon mal einen Zusammenstoß<br />

mit anders denkenden Menschen<br />

in irgendeiner Weise?<br />

D: Am Bahnhof nicht. Aber ja, ich hatte<br />

sogar welche in meiner Familie. Ich bin<br />

halt dann nicht der Typ, der abschaltet<br />

und sagt „Ich kann mit deinem Argument<br />

nichts anfangen“. Sondern mehr<br />

der Verständnisvolle und sage „Komm<br />

einfach mal auch mit und vielleicht<br />

wird dein Bild durch die Hoffung und<br />

Liebe hier verändert“. Wir haben alle<br />

verschiedene Meinungen und das ist<br />

ja auch gut. Jeder hat das Recht auf<br />

eine eigene Meinung. Aber trotzdem<br />

kann man sich, glaub ich, erst ein Bild<br />

machen, wenn man hier war und es<br />

selbst gesehen hat. Wenn dann jemand<br />

trotzdem noch so denkt, darf er<br />

oder sie das auch. Es ist sein/ihr freies<br />

Recht.<br />

E: Grundsätzlich eher nein. Im Social<br />

Media Bereich gibt es schon Kommentare<br />

oder ähnliches dieser Art. Aber<br />

die halten sich sehr in Grenzen.<br />

Es war auch z.B. schon Frau Stenzel<br />

da und hat gesagt „Hey! Super das<br />

ihr das macht“. Also im Großen und<br />

Ganzen konnte ich auf unsere Arbeit<br />

hier keine negative Resonanz feststellen.<br />

Ich denke, es hätte auch keinen<br />

Sinn negative Gefühle hier zuzulassen,<br />

dann wäre es nicht TRAIN OF HOPE.<br />

Auch innerhalb unseres Vereins gibt es<br />

da nie Reiberein. Ich kenn hier von den<br />

Wenigsten den Nachnamen, aber ich<br />

weiß, dass ich mich mit ihnen verstehe.<br />

Ganz einfach, weil ich es muss. Sonst<br />

funktioniert es nicht. Und jeder/e weiß,<br />

wofür er/sie es macht und reißt sich da<br />

bestimmt selber auch zusammen und<br />

schraubt sich zurück. Hier lernt man<br />

schnell „Es geht nicht um mich“.<br />

V: Es wird derzeit viel darüber berichtet,<br />

dass eine Großzahl der Flüchtlinge<br />

nicht aus Syrien stammt, sondern<br />

aus dem Irak, Afghanistan, Somalia<br />

oder Lybien kommen. Wie denkt ihr<br />

darüber?<br />

E: Es ist jeder Willkommen, der um


88<br />

Schutz ansucht. Auch wenn ein Obdachloser<br />

aus Österreich hier herkommt<br />

sage ich „Nimm dir soviel du willst“.<br />

Es ist egal woher dieser Mensch kommt.<br />

Wir helfen einfach.<br />

D: So ist es.<br />

V: Was werdet ihr von hier mitnehmen?<br />

E: Vor TRAIN OF HOPE hatte ich ein<br />

ganz anderes Bild vom Leben. Es<br />

klingt vielleicht etwas kitschig, aber<br />

wenn du hier bist, für eine Woche,<br />

drei Tage oder ein paar Stunden und<br />

wirklich mitmachst von ganzem Herzen,<br />

dann wirst du merken, dass sich<br />

dein ganzen Leben umdrehen wird.<br />

Das würde ich auch nicht sagen, wenn<br />

ich es nicht ernst meinen würde. Es ist<br />

ein völlig neuer Zugang, wie man mit<br />

Situationen umgeht. Ganz ehrlich.<br />

Du hinterfragst auch dein eigenes<br />

Konsumverhalten. Man reflektiert viel<br />

mehr. Ich war immer ein Partymensch<br />

und mittlerweile kann ich nicht mal<br />

mehr Ausgehen. Das konnte ich noch<br />

nie von mir sagen. Was zum Teil daran<br />

liegt, dass sobald du von TRAIN OF<br />

HOPE weggehst, alle was darüber wissen<br />

wollen und du eigentlich ja mal<br />

abschalten möchtest. Andererseits ist<br />

dein Kopf immer hier. Du informierst<br />

dich ständig was am Bahnhof passiert<br />

wenn du nicht da bist.<br />

D: Die Menschen hier haben alle eine<br />

kleine Tasche und nichts im materiellen<br />

Sinn. Nur, dass ihre Lieben bei ihnen<br />

sind - das ist das, was sie glücklich<br />

macht. Oder traurig, wenn diese Menschen<br />

nicht da sind.<br />

Also diese Gedanken, dass nächste<br />

Woche ein neues Smartphone rauskommt<br />

und ich mir das kaufen möchte,<br />

haben sich für mich gestrichen. Ich<br />

brauch kein neues Handy. Ich werde sicher<br />

versuchen ab sofort mit meinem<br />

Geld anders umzugehen.<br />

E&D: Es ist echt verrückt. Wir realisieren<br />

gerade beide, wie sehr sich unser<br />

Weltbild verändert hat.


V: Was treibt euch jeden Tag aufs Neue<br />

an?<br />

E: Die tollen Menschen mit denen ich<br />

hier zusammenarbeiten darf. Wir sprechen<br />

hier von über 2000 Hefer/innen.<br />

Außerdem habe ich das Gefühl, dass<br />

ich zum ersten Mal in meinem Leben<br />

etwas mache, dass einen Sinn hat. Einen<br />

wirklichen Sinn. Ich verdiene hiermit<br />

kein Geld. Aber ich habe Menschenleben<br />

verändert.<br />

D: Das Gefühl etwas zu bewirken. Außerdem<br />

ist hier wirklich jeder/e gleich. Hierarchie<br />

hat bei uns keinen Platz und<br />

jeder/e Einzelne in seiner/ihrer Position<br />

ist wichtig und trägt dazu bei, dass<br />

TRAIN OF HOPE läuft und Gutes tun<br />

kann.<br />

Deshalb sage ich auch jedem/r „Danke,<br />

dass du da bist, es ist echt toll was du<br />

machst. Deshalb können wir bestehen<br />

und existieren“.<br />

EVA ZAR


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004


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SRI LANKA FLÜCHTETE.<br />

FACT<br />

005


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FASSADE<br />

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Unicef United Kingdom - For every child in Danger<br />

Viele Kinder auf der Welt hungern, werden ausgebeutet, leben in menschenverachtender<br />

Armut, leiden und sterben an einfach zu vermeidenden Krankheiten. Gemeinsam<br />

können wir das ändern. Jetzt Produkte von Unicef kaufen und damit Kindern in Not<br />

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BILDER 2. INTEGSION, 3. CHAKK BOOM, 5.<br />

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Bein stellen<br />

Wir haben mit Menschen geredet, die sich selbstlos und voller Tatendrang für<br />

Flüchtlinge eingesetzt haben. Dabei haben wir sie gefragt, ob es einen Moment<br />

gab, an dem man nicht mehr wegsehen konnte und wie sie selbst aktiv geworden<br />

sind. Damit wollen wir zeigen, dass jeder einen Beitrag leisten kann.<br />

11. Jakob Kattner / Creative Director<br />

bei der Werbeagentur Warda Network<br />

in Wien.<br />

“Ich selbst hatte in meiner Kindheit<br />

mit Anfeindungen, Beleidigungen<br />

und Ausgrenzung aufgrund meiner<br />

Hautfarbe zu kämpfen. Wegen der<br />

zunehmenden Tendenz der Xenophobie<br />

und der menschenverachtenden<br />

Geisteshaltungen in unserer<br />

Gesellschaft war es mir ein Anliegen<br />

in Form eines Videos zu dieser Problematik<br />

Stellung zu nehmen.”<br />

https://vimeo.com/1399<strong>55</strong>543


2<br />

2. Anna Eder / IntegRADsion /<br />

Studentin - ab Oktober Projektassistentin<br />

bei Start Stipendien Wien.<br />

“Mein Wunsch mit jugendlichen<br />

Flüchtlingen zu arbeiten ist vor<br />

allem durch meine Tätigkeit als<br />

Deutschnachhilfelehrerin beim<br />

Projekt TANMU gewachsen.”<br />

www.integradsion.at<br />

3<br />

3. Katha Schinkinger / <strong>Refugees</strong> Welcome<br />

to Austria (RWTA) / PR-Beraterin<br />

bei VICE Austria.<br />

“Im Mai dieses Jahres bin ich das<br />

erste Mal mit vollgepacktem Auto<br />

nach Traiskirchen gefahren. Aus einer<br />

punktuell geplanten Sammelaktion<br />

ist schließlich unsere Organisation<br />

<strong>Refugees</strong> welcome to Austria entstanden.<br />

Jeder kann helfen. Helfen ist<br />

ganz einfach und tut auch wirklich<br />

nicht weh.”<br />

www.facebook.com/refugeeswelcometoaustria


98<br />

4<br />

4. Sigrid Renner / Shop Assistant - Channel<br />

Managerin<br />

'' Als ich im Sommer die schrecklichen<br />

Bilder der hilflosen Flüchtlinge in den Medien<br />

gesehen habe, konnte ich einfach nicht<br />

mehr wegschauen. Zu dieser Zeit haben zwei<br />

Freundinnen auch die Initiative ‘happy.<br />

thankyou.moreplease!!’ gestartet. Ich habe<br />

durch meine Mitarbeit in dieser Organisation<br />

sehr schnell gelernt, wie sehr eine kleine<br />

Geste Menschen in Not helfen kann. Dementsprechend<br />

habe ich sukzessive immer<br />

mehr Zeit dafür aufgebracht zu helfen.”<br />

www.thankyoumoreplease.at<br />

6. Florian Rottens<br />

“Ich habe mich vor<br />

markt gestellt und<br />

neartikel gebeten. F<br />

haben für Traiskirch<br />

sammelt. Ich wollte m<br />

ligen. Mich vor einen<br />

zu stellen war eine spo<br />

schien mir am lukr


<strong>55</strong>. Claudia Kristelly / WBH Wien - Wat Badmington<br />

Hernals / Selbständig im Bereich Kulturtechnik<br />

und Wasserwirtschaft<br />

“Die vielen medialen Berichte über die Flüchtlingssituation<br />

in Österreich vom Frühjahr und<br />

Sommer 2015 und die Information über Einzelinitiativen<br />

in den Salzburger Nachrichten haben<br />

mich dazu bewegt, das Badminton-Flüchtlingsprojekt<br />

zu starten.”<br />

6<br />

teiner / Künstler<br />

einen Drogeriehabe<br />

um Hygiereunde<br />

von mir<br />

en Spenden geich<br />

auch betei-<br />

Drogeriemarkt<br />

ntane Idee und<br />

ativsten zu sein.<br />

War es auch!”


100<br />

7<br />

7. CHAKK BOOM : Wiener Foto-Kreativ-Agentur<br />

von Kaya Koinig und Clark<br />

H. Alexander - Teil des INSIDE OUT<br />

AUSTRIA Team.<br />

“Marlene Zajicek (Initiatorin) war per<br />

Facebook Aufruf auf der Suche nach<br />

einem Team zur Um-setzung des Projektes<br />

Inside Out Austria.<br />

Von Anbeginn hat Chakk Boom das<br />

Projekt sehr eingenommen. Nicht nur<br />

weil wir uns dessen be-wußt sind, wie<br />

wichtig es ist, ein sicheres, ruhiges und<br />

geregeltes Umfeld zu haben. Sondern<br />

auch die Herausforderung, die wichtigste<br />

Botschaft des Projekts erkennbar<br />

zu machen: Menschen mit Flucht-Erfahrung<br />

und deren Helfern ein Gesicht<br />

zu geben. Aufzuzeigen das wir alle<br />

Menschen sind.<br />

Für uns war es eine beeindruckende,<br />

berührende und zugleich wundervolle<br />

Begegnung mit diesen Menschen. Außerdem<br />

freuen wir uns sehr, dass wir<br />

so viel Stärke, Mut und Lebensfreude<br />

auf den Portraits festhalten konnten.“


8<br />

8. Lost: <strong>The</strong> Story of <strong>Refugees</strong>, Projekt von<br />

Maximilian Schnürer, freier Grafik Designer<br />

Franziska Schinderle , freie Journalistin<br />

Martin Valentin Fuchs, freier Fotograf<br />

(Nicht im Bild) François Weinert, freier Fotograf<br />

Julian Behrenbeck, freier Art Director<br />

“Als die deutsch-österreichische Grenze geschlossen wurde,<br />

konnte ich nicht mehr in mein Heimatland reisen. Als ich<br />

mich mit Francois an der Grenze getroffen habe, beschlossen<br />

wir, kreative Zugänge zur Flüchtlingsdebatte zu finden.<br />

Kurz danach riefen wir Lost: <strong>The</strong> Story of <strong>Refugees</strong> ins Leben<br />

und erzählen die Geschichten, jener, die aus ihrem<br />

Heimatland vertrieben wurden!”


102<br />

9. Valery Pearl, Dragqueen +<br />

Entertainerin aus Hamburg<br />

''Der ausschlaggebende Grund, welcher<br />

Antrieb für meine Einsätze zu Gunsten<br />

unserer neuen Mitmenschen war, war<br />

eine Zugfahrt vor ca. 1,5 Monaten. Ich<br />

saß in einem Zug, der gefüllt war mit Zuwanderern,<br />

auf dem Weg nach Hamburg.<br />

Ich bemerkte, dass das Zugpersonal absolut<br />

überfordert war mit der Situation.<br />

Doch besonders schockierte es mich, als<br />

ein Schaffner, der die Fahrkarten kontrollierte<br />

einem Jungen (wie ich später<br />

festtellen musste, grade einmal 16 Jahre<br />

alt), der kein deutsch sprach und offensichtlich<br />

im falschen Zug saß – er wollte<br />

nach Berlin, nicht Hamburg – nicht geholfen<br />

wurde, sich zurecht zu finden.<br />

Auch nach mehrfacher Hilfestellung<br />

meinerseits, zeigte sich das Zugpersonal ignorant und intolerant,<br />

worauf ich, samt Mitfahrer eigenhändig eine Verbindung<br />

für den Jungen raussuchte.<br />

9<br />

Stellvertretend für ihn habe ich dann am nächsten Tag ca.<br />

50 Liter Wasser, viel Obst und auch Spielsachen (welche ich<br />

u.a. von Karstadt geschenkt bekommen habe, weil sie es so<br />

toll fanden, dass sich eine Privatperson so viele Gedanken<br />

macht und einsetzt) am Hauptbahnhof abgegeben.<br />

Seit dem versuche ich regelmäßig das „Zwischenlager“ am<br />

Hauptbahnhof mit Obst und Getränken zu unterstützen<br />

und habe u.a ein Spendenaktion zusammen mit dem Kyti<br />

Voo auf der Langen Reihe, Hamburg ins Leben gerufen.''


GLORIA<br />

ESTEFAN<br />

IHR VATER WAR EIN KUBANISCHER<br />

FLÜCHTLING<br />

FACT<br />

006


TOP UMBRO<br />

JACKET UMBRO<br />

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Y


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T<br />

JACKET WESC<br />

DENIM SHIRT ENERGIE<br />

JEANS ENERGIE


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SHORTS ROCAWEAR, SHOES ASICS<br />

2: TOP OUR LEGACY, TROUSERS TOPMAN


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TOP ALPINESTARS, GLOVES ALPINESTARS,<br />

SHORTS ADA + NIK , SHOES PALLADIUM


MAKING OF<br />

PHOTOGRAPHY: DAVID QUIN / DAVIDQUIN.COM<br />

STYLING: SOPHIE EMMET<br />

MAKE-UP: SOPHIA DANIELLE / USING MAC COSMETICS<br />

HAIR SHARON: ROBINSON / USING L’OREAL PROFESSIONAL<br />

MODEL: PAVEL BARANOV / BOOKINGSMODELS.CO.UK<br />

ASSISTANT: MATTHEW ROBINSON<br />

ASSISTENT: STYLINGCHARLOTTE DERBY


BECOME<br />

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HERO!<br />

Now, the issue is in your hands... almost.<br />

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114<br />

VANGART<br />

FROM<br />

NOTHING<br />

TO ART<br />

An interview with<br />

Tammam Azzam<br />

by Georg Rauber<br />

White Space<br />

Conflict


HOW ARTIST TAMMAM AZZAM TOOK<br />

THE DESTRUCTION HE HAD TO WIT-<br />

NESS AND USED IT AS INSPIRATION<br />

Tammam Azzam is a Syrian artist who, besides<br />

being a classically trained painter, creates<br />

pieces of art by combining real world images<br />

with various other forms of media, which<br />

creates a contrast between what we see<br />

every day and how we could perceive it if we<br />

just looked at the world a little differently...


116<br />

burning<br />

SYRIA


In 2013, Tammam became known to<br />

a wider audience with a series of artworks<br />

called “Freedom Graffiti” in<br />

which he superimposed famous paintings<br />

over pictures of Damascus, which<br />

was, and still is, suffering from the<br />

effects of war and revolution. Especially<br />

his depiction of Gustav Klimt’s<br />

“Der Kuss” over a destroyed building<br />

gained worldwide attention, having<br />

been done so meticulously people<br />

thought it was real. <strong>VANGARDIST</strong> got<br />

the chance to ask him a few questions.<br />

<strong>VANGARDIST</strong>: Can you tell us a little<br />

about your background?<br />

Tammam: I came from a very small village<br />

in the South of Syria. I studied<br />

art at the Faculty of Fine Arts in Da-<br />

mascus and graduated in 2001. I was<br />

doing paintings until 2011, which is<br />

when the revolution started. We had to<br />

leave Syria and moved to Dubai, me,<br />

my wife and my daughter. My brother<br />

is still in Syria. So are my paintings. I<br />

had to abandon all my materials and<br />

the current project I was working on.<br />

V: How was it relocating do Dubai?<br />

Tammam: When I moved here I felt like<br />

it’s not my city. Back in Syria there were<br />

so many streets. I used to walk around<br />

and draw inspiration from the people<br />

on the street. Dubai seems like a city<br />

without streets, without sidewalks. You<br />

can’t walk around and find stories, find<br />

inspiration. When we moved here to<br />

Dubai I felt like I lost my ideas. I start-


ed to think about how to make a new<br />

kind of media to express myself and<br />

continue doing art. I stopped making<br />

paintings for two years and tried other<br />

things.<br />

V: How do you find inspiration now<br />

that you have moved to such a different<br />

country?<br />

Tammam: Dubai to me right now<br />

means just my house and my studio. I<br />

felt like I lost my inspiration of drawing<br />

things from the stories of people from<br />

the streets, from people around me. I<br />

now find the stories from just the news<br />

and social media. That’s why I used the<br />

social media as a body to publish my<br />

new artworks. I started to make digital<br />

art.<br />

V: Even though you had to leave Syria<br />

because of its troubles, you miss the<br />

kind of inspiration it gave you?<br />

Tammam: Sure. It converted to another<br />

kind of inspiration from my memories<br />

and the photos in the news about<br />

Syria.<br />

V: So you still carry a bit of Syria with<br />

you wherever you go. Do you miss it?<br />

Tammam: I think about Syria a lot. But<br />

it’s not really just missing. It’s a complicated<br />

feeling of sadness. It’s not about<br />

missing Syria. Because the Syria I lived<br />

in doesn’t exist anymore.<br />

V: What was the point when you knew<br />

you had to leave Syria?<br />

Tammam: When the revolution started<br />

everything began to change. We felt<br />

like it was not safe to stay there. We<br />

were lucky to be able to move. It’s hard<br />

to call it luck, but we really were. <strong>The</strong>re<br />

are still people there who can’t move<br />

away and don’t have any solutions to


PASSPORT<br />

Syrial Olympic<br />

SALE C


120<br />

BON<br />

VOYAGE<br />

London


Lebanon


Paris<br />

Syrian E<br />

Syrian Mus<br />

WARHO


XIT<br />

eum<br />

L<br />

their problems, to go out of Syria, not<br />

even to Lebanon or Turkey. So yeah, we<br />

did it. We made the decision to leave<br />

after 7 months because we didn’t feel<br />

save. But you can’t compare it to the<br />

problems that the people who are still<br />

there have now.<br />

V: So you feel like you made the right<br />

decision?<br />

Tammam: It was not about “right”.<br />

Because we can’t say that people who<br />

choose to stay are wrong.<br />

V: What’s the biggest difference?<br />

Tammam: Damascus was a great city,<br />

like any great city around the world.<br />

To me Dubai is not a big city. It’s a big<br />

place. It’s not the place I wish to live<br />

in. It is good to live in because of the<br />

safety, but it was not my dream to live<br />

here.<br />

V: So it was safety versus inspiration?<br />

Tammam: I had to think about my<br />

family. Like I said, we were lucky to<br />

find this chance. It was hard, and it is<br />

still hard. It is not our final destination<br />

in life. But we can’t go back. Not right<br />

now, probably never. It is hard to feel<br />

like you are not in the right place for<br />

your inspiration, but sometimes you<br />

don’t get any other options. It is still<br />

difficult to think about that.<br />

V: How do you create your art now


compared to when you did it back in<br />

Syria?<br />

Tammam: Actually when I was in Syria<br />

I used to go to my studio in the<br />

morning, early in the morning, and<br />

work there for 10 hours. Here I had<br />

to change the situation for me and<br />

my family first and only then could I<br />

go and rent a studio. It took about a<br />

year. <strong>The</strong> situation is not that great,<br />

but its better. Now I’m back to making<br />

larger paintings and preparing my<br />

solo show in next January, after two<br />

years of doing a new painting and<br />

a new kind of thinking about painting.<br />

I had to quit the series I worked<br />

on in Syria for 3 to 4 years when<br />

we had to leave, because we travelled<br />

so suddenly. I couldn’t go back<br />

and continue that series because all<br />

that inspiration is changed totally.<br />

All the sources changed totally. To<br />

be honest I am not that interested<br />

in what I’m doing now. I’m feeling<br />

like it’s a period of time which I have<br />

to finish. Finish this kind of painting,<br />

to start again.<br />

V: It’s your Dubai-period.<br />

Tammam: Yeah. I have to finish it.<br />

V: Is that your inner urge to do art? You<br />

have to do it even though you know it’s<br />

not the way you would like it to be?<br />

Tammam: Yeah, it’s not the dream of<br />

which kind of art I want to produce<br />

now. But because of all the destruction<br />

I had to see I decided to do art with<br />

destroyed buildings across like ten<br />

large paintings.


W'LL<br />

STAY<br />

HERE


not just in Syria. Because right now we<br />

live in this destroyed world, not just<br />

destroyed buildings.<br />

V: <strong>The</strong>re is this one particular piece of<br />

yours which features Gustav Klimt’s<br />

famous painting “Der Kuss” as a graffiti<br />

over a broken down house wall.<br />

Tammam: It became a little bit viral because<br />

a lot of people thought it was<br />

real. Its digital art. I made it as real as a<br />

dream of doing this kind of art to help<br />

people from my country who are suffering<br />

there. My dream is mixed with<br />

my artwork. To make it real. To save<br />

my idea. Not to play a trick on people.<br />

<strong>The</strong> first important thing for me is to<br />

build an artwork. It always depends on<br />

what I’m thinking about. Right now my<br />

thoughts are always about the destruction<br />

as backgrounds. Like that wall, but<br />

V: What inspired you to choose this<br />

particular painting?<br />

Tammam: That picture was the last one<br />

of my series at the Syrian museum.<br />

<strong>The</strong>y are ten pieces in total, all featuring<br />

famous paintings. <strong>The</strong> first one was<br />

actually “<strong>The</strong> Third of May” by Goya.<br />

In which he talks about one day in<br />

Spanish history when 80 people were<br />

killed in the street. And I thought we<br />

have this day every minute in our recent<br />

world, not just in Syria. We are living<br />

the same event everywhere in the<br />

world without any attention to it. That<br />

was the root of this idea. <strong>The</strong>n I used<br />

the Mona Lisa, the Scream of Munch,<br />

Van Gogh. Famous paintings.<br />

freedom<br />

graffiti


BON<br />

VOYAGE<br />

V: What are you working on now?<br />

Tammam: Preparing for my solo show<br />

in Dubai. It will contain 10 pieces of<br />

paintings. It’s destroyed buildings in<br />

black and white. I am also working<br />

on new digital photo-montage stuff. I<br />

don’t have a title as of now. But it will<br />

be six pieces of photo-montage mixing<br />

the outside world with inside rooms.<br />

V: What would you like people to take<br />

away from your art?<br />

Tammam: For me it’s difficult to send<br />

certain messages. Because audiences<br />

always want to receive their own messages,<br />

not the artist’s. So it’s difficult to<br />

say what I want from people to say or<br />

to take with them. I always just want to<br />

build an artwork without thinking about<br />

the political background. I just want<br />

to express myself. It’s not just about<br />

the situation in Syria, but it is, because<br />

I’m a Syrian and this is my background<br />

and this is my culture. But it’s<br />

about a common culture everywhere.<br />

This feeling is not about people from<br />

a certain place, it’s about people from<br />

around the world.<br />

V: Because everybody could be in<br />

the situation that you were suddenly<br />

thrown into.<br />

Tammam: Yes, it could happen to anybody.<br />

Tammam is currently preparing for his solo show in<br />

Dubai. It will be shown in January 2016.


TAMMAM


130<br />

Wenn Europäer<br />

es mit dem<br />

Spenden<br />

LAMAN<br />

knows<br />

best!<br />

zu gut meinen<br />

TEXT: LAMAN AKHMEDOVA<br />

Ab und an sollte man das Wort “ausmisten”<br />

nicht zu ernst nehmen. Insbesondere<br />

diejenigen, die sich ihres<br />

Mists entledigen wollen indem sie ihn<br />

als Sachspenden abtun. Sicherlich ist<br />

das Spenden gut, wichtig und vorallem<br />

hilfreich, aber von Zeit zu Zeit sind<br />

einige Leute etwas zu kreativ bei ihrer<br />

Spendenwahl und wir können uns nur<br />

fragen: Was zur Hölle hast du dir dabei<br />

gedacht?<br />

Hier haben wir eine Liste jener Dinge,<br />

die wirklich so wie sie hier stehen gespendet<br />

wurden:<br />

1. SCHLITTSCHUHE<br />

Für den Fall, dass die Flucht in Sneakern<br />

zu unbequem wird?<br />

2. 100 HIGH HEELS<br />

Sponsored by Austrias Next Topmodel<br />

3. HALLOWEEN KOSTÜME<br />

Weil die Situation ja nicht grausam und<br />

schrecklich genug ist<br />

4. SEXY UNTERWÄSCHE<br />

Komm schon Victoria, erzähl uns dein<br />

Secret


5. SKI<br />

Wusstest du schon, dass die meisten<br />

Flüchtlinge in begehrten Wintersport<br />

Regionen leben?<br />

6. EIN KORSETT<br />

Für eine spontane Burlesque Einlage?<br />

7. EIN WAFFELEISEN<br />

Ein gewöhnlicher Gegenstand aus<br />

dem Erste-Hilfe-Kasten<br />

8. DILDOS<br />

Kein Kommentar<br />

9. BOWLING SCHUHE<br />

Wirklich kluge Spende. Bowling ist<br />

eine typische Auf-der-Straße-Sportart<br />

10. EIN TAUCHERANZUG<br />

Die Person, die diese Spende abgab,<br />

muss wirklich tiefe Gedanken dabei<br />

gehabt haben<br />

11. BADEBOMBEN<br />

Was zum Teufel ist das eigentlich?<br />

12. 3D BRILLEN<br />

wManche sagen, das Leben sei bereits<br />

ein 3D-Film


132<br />

Nein, das ist keine Einkauffsliste für<br />

den neuen Cirque du Soleil. Dies ist<br />

eine tatsächliche Liste der Dinge, die<br />

an Flüchtlinge in Österreich nach einer<br />

anstregenden, gefährlichen Flucht gespendet<br />

wurden.<br />

Ich meine kannst du dir vorstellen,<br />

dass du für Tage, Wochen, Monate<br />

auf der Flucht vor Zerstörung und Tod<br />

bist, ohne regelmäßigen Schlaf, Lebensmittel<br />

oder der täglichen Dusche,<br />

zusätzlich total traumatisiert und aufgewühlt<br />

von den grausamen Ereignissen<br />

im Krieg und du kommst endlich,<br />

in einem Land der EU an und die erste<br />

Person, die du siehst, fragt: “Hey, alles<br />

okay bei dir? Magst du etwas warmes<br />

zu Essen oder ein Kaffee?” und<br />

du entgegnest: “Nein danke, was ich<br />

jetzt gerade wirklich brauche wäre ein<br />

Trampolin… oder ein Waffeleisen. Ich<br />

habe eine Waffelteig-Fertigmischung<br />

von zuhause mitgebracht. Du wirst<br />

meine Waffeln lieben!”<br />

Also, aufgepasst: Lasst uns spenden<br />

und helfen und freiwillige Arbeit leisten<br />

und vorallem nicht vergessen, dass<br />

die Flüchtlinge auch Menschen sind<br />

wie du und ich. Also überdenke deine<br />

Spenden das nächste mal etwas besser<br />

und lass vielleicht den Taucheranzug<br />

zuhause!


ALBERT<br />

EINSTEIN<br />

WAR EIN DEUTSCH-JÜDISCHER<br />

FLÜCHTLING<br />

FACT<br />

008


REFUGEES WIEN<br />

ORGANI<br />

SAT<br />

IONEN<br />

Von Januar bis Anfang September 2015 wurden<br />

700.000 neue Asylbewerber in den EU-Staaten registriert.<br />

Unerwartet viele Menschen erreichten Mitteleuropa<br />

über die sogenannte „Balkanroute“. Viele von<br />

diesen Menschen sind jetzt in Österreich angekommen.<br />

Um diesen Menschen zu helfen haben sich mehrere<br />

Organisationen mobilisiert. Hier wollen wir ein<br />

paar von ihnen vorstellen.<br />

TEXT: ELLA KOPPENSTEINER / FOTO: VALENTIN FUCHS


PRIVATUNTERKÜNFTE<br />

BEREITSTELLEN<br />

INTEGRATIONSHAUS<br />

KONTAKT:<br />

Frau Lebbihiat<br />

TEL: 01/3344592-18<br />

MAIL: m.lebbihiat-mueller@<br />

integrationshaus.at<br />

MENSCHEN LEBEN<br />

KONTAKT:<br />

Frau Gerhart<br />

mail: wohnungen@menschen-leben.at<br />

CARITAS<br />

KONTAKT:<br />

TEL: 01/890 48 31<br />

MAIL: machbarinnot@caritas-wien.at<br />

DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST -<br />

WOHNBERATUNG<br />

KONTAKT:<br />

TEL: 0664/883 02 307<br />

FLÜCHTLINGE WILLKOMMEN<br />

Unterkunft von Flüchtlingen in<br />

Privatwohnungen<br />

KONTAKT:<br />

Bildungsinitiative Österreich c/o Café<br />

Prosa<br />

Sparkassenplatz 3, 1150 Wien<br />

MAIL: hallo@fluechtlinge-willkommen.at<br />

WEB: www.fluechtlinge-willkommen.at<br />

INNENMINISTERIUM<br />

KONTAKT:<br />

TEL: 0800-230090<br />

MAIL: quartiersuche@bmi.gv.at<br />

VOLKSHILFE<br />

KONTAKT:<br />

TEL: 01/8904831<br />

HOTELS HELFEN<br />

Unterkünfte für Flüchtlinge und Sachspenden<br />

KONTAKT:<br />

Michaela Reitterer, Gregor Hoch<br />

TEL: 01 533 09 52<br />

MAIL: office@oehv.at<br />

WEB: www.oehv.at/hotelshelfen


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TEL: 01/9292424-28<br />

MAIL: bildung@fraubock.at<br />

WEB: www.fraubock.at/services/<br />

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SOZIALBERATUNGSSTELLE WIEN<br />

Kontakt:<br />

TEL: 01/405 62 95 75<br />

MAIL: sabine.racketseder@diakonie.at<br />

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TEL: 01/957 9649<br />

MAIL: info@sprachen-studio.at<br />

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KONTAKT:<br />

FB: facebookpage<br />

MAIL: info@deutschohnegrenzen.org<br />

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TEL: 01/532 12 91-14<br />

MAIL: office@connectingpeople.at<br />

SACHSPENDEN<br />

ABGEBEN<br />

CARITAS - CARLA<br />

KONTAKT:<br />

TEL: 01/2569898<br />

WEB: www.carla-wien.at<br />

DON BOSCO FLÜCHTLINGSWERK<br />

KONTAKT:<br />

TEL: 0664 886 32 608<br />

MAIL: office@fluechtlingswerk.at<br />

CARITAS OMNI.BUS<br />

Sachspendensammlung für das<br />

Flüchtlingslager Traiskirchen<br />

KONTAKT:<br />

FB: facebookpage


REFUGEES WELCOME TO AUSTRIA:(v.l.) Behnam Firozian, Katha Schinkinger, Alexander Baillou,<br />

Farangis Firozian, Jakub Schulz, Nina, Mariella Schulz, Kathi Wunsch (nicht im Bild: Tobias Endl, Natascha Fürst,<br />

Stefan Csáky), Foto: © Chakk Boom<br />

SAMARITERBUND AKTION<br />

MENSCHLICHKEIT<br />

KONTAKT:<br />

WEB: www.samariterbund.net/aktionmenschlichkeit/sachspenden<br />

REFUGEES WELCOME TO AUSTRIA<br />

Organisation von Sachspenden, Plattform<br />

zur Förderung einer Willkommenskultur.<br />

KONTAKT:<br />

FB: facebookpage<br />

TRAIN OF HOPE<br />

Nahrungsmittel, Sachspenden, bis<br />

die weitere Versorgung oder Reise<br />

geklärt ist.<br />

KONTAKT: www.trainofhope.at<br />

DIV. INDIVIDUELLE<br />

HILFE LEISTEN<br />

ÖIF - ÖSTERREICHISCHER INTEG-<br />

RATIONSFONDS<br />

KONTAKT: www.wirsinddabei.at<br />

HUMANITÄT .ORG<br />

humanitaet.org ist eine aktuelle<br />

Sammlung von Hilfsprojekten und Hilfsinitiativen<br />

für Flüchtlinge in Wien und<br />

Traiskirchen. Es soll Menschen die helfen<br />

wollen, Infos liefern, damit diese je<br />

nach Möglichkeiten und Interessen ein<br />

geeignetes Projekt, das sie unterstützen<br />

wollen, finden können.<br />

KONTAKT:<br />

WEB: www.humanitaet.org


WILLKOMMEN MENSCH<br />

Schnelle, unbürokratische und solidarische<br />

Hilfe bietet die überregionale<br />

Initiative z.B Unterstützung bei der Arbeitssuche,<br />

bei Behördenwegen und<br />

Arztterminen, bei Deutschkurse, Geld-<br />

Sachspenden, bei Wohnraumsuche.<br />

KONTAKT:<br />

Christian Köstler<br />

TEL: 0676/838 44 315<br />

MAIL: willkommenmensch@gmx.at<br />

WEB: www.willkommen-mensch.at<br />

INTEGRATION<br />

HELPING HANDS<br />

Engagiertes, professionelles Team von<br />

Juristen, das bei rechtlichen, integrativen<br />

und Rassismus betreffenden Problemen<br />

durch konkrete und individuelle<br />

Lösungsangebote hilft.<br />

KONTAKT:<br />

WEB: www.helpinghands.at<br />

FLÜCHTLINGE WILLKOMMEN<br />

IN WIEN<br />

Plattform zur Förderung einer Willkommenskultur<br />

in Wien.<br />

KONTAKT:<br />

Jutta Reichenpfader<br />

MAIL: praterstern@gmail.com<br />

FREIZEITBESCHÄFTI-<br />

GUNG & BILDUNGS-<br />

AKTIVITÄTEN<br />

CONNECT.ERDBERG<br />

Freizeitbeschäftigung und Bildungsaktivitäten<br />

für unbegleitete minderjährige<br />

Flüchtlinge in der Bundebetreuung<br />

Erdberg<br />

KONTAKT:<br />

Michael Mezler-Andelberg, Jugend<br />

und Stadtteilzentrum come2gether,<br />

Baumgasse 75, 1030 Wien<br />

TEL: 01/713 47 26<br />

MAIL: connect@jugendzentren.at<br />

INTEGRADSION<br />

Fahrradspenden an Flüchtlinge, gemeinsame<br />

Fahrradreparatur<br />

KONTAKT:<br />

Anna Eber<br />

MAIL: integradsion@gmail.com<br />

WEB: www.integradsion.at<br />

PROSA<br />

Bildungsinitiative<br />

KONTAKT: Sina Farahmandnia<br />

Rahlgasse 4, 1060 Wien<br />

TEL: 0043 664 35 25 20 2<br />

MAIL: sina.farahmandnia@vielmehr.at<br />

WEB: www.future.vielmehr.at


TRAIN OF HOPE<br />

BADMINTONVEREIN WBH WIEN<br />

Bietet ab 08.09.2015 bis Juni 2016<br />

jeweils Dienstag von 19:30 bis 21 Uhr<br />

einen Badmintontermin für Flüchtlinge<br />

an.<br />

KONTAKT:<br />

Integrative Schule Hernals<br />

Hernalser Hauptstrasse 220-222, 1170<br />

Wien<br />

MAIL: claudia.kristelly@gmx.at<br />

KAMA WIEN<br />

Organisation von Kursen, die von<br />

Asylsuchenden, MigrantInnen und<br />

Asylberechtigten geleitet werden und<br />

gegen eine freie Spende besucht werden<br />

können.<br />

KONTAKT:<br />

Mariahilfer Strasse 217A /<br />

Schwendergasse 30, 1150 Wien<br />

MAIL: info@kama.or.at<br />

KEIN ORT. NIRGENDS<br />

Eine Initiative der IG Architektur und<br />

Architektur Ohne Grenzen Austria<br />

zum Finden von architektonischen<br />

Möglichkeiten im Umfeld von AsylwerberInnen,<br />

ArchitektInnen, Organisationen<br />

und Politik.<br />

KONTAKT:<br />

TEL: 0043 660 2570722<br />

MAIL: koni@arch-og.at bzw. organisation@ig-architektur.at


140<br />

AUF ACHSE<br />

THE<br />

PLACES<br />

REFUGEE<br />

CAMPS<br />

VON ELLA KOPPENSTEINER<br />

In <strong>The</strong> Places präsentieren wir immer<br />

besondere Orte rund um den Globus.<br />

Dieses Mal wollen wir die großen, internationalen<br />

Flüchtlingscamps vorstellen<br />

und sie in Zusammenhang mit<br />

der Fläche und Einwohnerzahl der Nationalstaaten<br />

setzen in denen sie errichtet<br />

wurden.<br />

JORDANIEN: Zaatari Cam<br />

1.400.000 Flüchtlinge (schätz<br />

629.245 Registrierte Flüchtling<br />

BIP: 37,9 Milliarden US-Dollar<br />

Einwohner: 6.721.882<br />

Fläche: 89.342 km²<br />

Politische Situation: Staatsfor


p, 10km von Mafraq<br />

ungsweise) /<br />

e<br />

m<br />

Verschiedene Flüchtlingslager beherbergen um die 100.000<br />

syrische Staatsangehörige, Stand 2014. Das Flüchtlingslager<br />

Zaatari ist in diesen Zahlen berücksichtigt.


142<br />

TÜRKEI: Kilis Oncupinar in Oncupinar, an der grenze ZU Syrien<br />

2.138.999 Flüchtlinge (schätzungsweise) / 1.938.999 Registrierte Flüchtlinge<br />

BIP : 851,4 Milliarden US-Dollar<br />

Einwohner : 77,74 Millionen<br />

Fläche : 783.562 km²<br />

Politische Situation : Parlamentarische Demokratie


Es sind um die 2,1 Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei untergebracht,<br />

mehr als in jedem anderen Land. 30% von ihnen leben in 22 behördlich errichteten<br />

Lagern, nahe der türkisch – syrischen Grenze.<br />

Das türkische Recht sieht nicht vor, dass diese Flüchtlinge um einen Flüchtlingsstatus<br />

ansuchen können, es erlaubt nur den Status des zeitbegrenzten Schutzes.<br />

Das ermöglicht den Zugang zu staatlichen Einrichtungen, wie Gesundheitswesen<br />

und Erziehung. Er erlaubt auch das Ansuchen um eine Arbeitserlaubnis<br />

in einigen Provinzen und Berufsfeldern.


144<br />

LIBANON: Shatila, im Süden von Beirut<br />

1.196.560 Flüchtlinge (schätzungsweise) / 1.185.241 Registrierte Flüchtlinge<br />

BIP : 24.640 Millionen US-Dollar<br />

Einwohner : 5.882.562<br />

Fläche : 10.452 km²<br />

Politische Situation : Parlamentarische Republik -<br />

parlamentarisches Regierungssystem


Die libanesische Regierung hat von Anfang an abgelehnt, Flüchtlingslager für<br />

syrische Flüchtlinge auf ihrem Staatsgebiet zu errichten. Diese Politik hat zu einer<br />

unkontrollierten Niederlassung der Flüchtlinge im gesamten Staatsgebiet<br />

geführt. Auf der einen Seite mieten die Flüchtlinge ihre Unterkünfte in ungefähr<br />

1.700 verschiedenen Orten im gesamten Staatsgebiet, um die 20% leben jedoch<br />

in “wilden” Camps, meist nahe der Grenze zu Syrien.


146<br />

IRAK: Arbat Transit Camp in Sulaymaniyah<br />

247.861 Flüchtlinge (schätzungsweise) / 247.861 Registrierte Flüchtlinge<br />

BIP: 115,3 Milliarden US-Dollar<br />

Einwohner: 28.946.000<br />

Fläche: 434.128 km²<br />

Politische Situation: Föderale Republik - Parlamentarisches System


Es gibt verschiedene Flüchtlingslager im Norden des Irak. Die lokale kurdische<br />

Verwaltung empfängt vorwiegend syrische Flüchtlinge mit kurdischen Wurzeln.


148<br />

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