zds#19
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am
wall
Bremen & Bremerhaven
FREIE HANSESTADT
ZWISCHEN 53° NORD & 8° OST
Die Zeitschrift Der Strasse
SEHEN HÖREN
SCHREIBEN
Preis : 2 euro
ein euro Für den Verkäufer
Nr. 19 — november 2013
36
Alles
muss ins
Internet
wiki und
der schlaue
mann
12
Sexarbeit
nur
selbstbestimmt
aus
zwängen
befreien
8
Der Hunger
ist groß
Suppe mit
obst
53° NORD & 8° OST
Foto:
Jakob Weber
am wall
Editorial 5
Historie
1936 / 2013 6
Am Wall in Zahlen 7
Bildstrecke
Wallseits 16
Lyrik 41
Wehmut
Impressum 46
Vorschau
Riensberg 47
Inhalt
Suppe
mit obst
Ihre Töpfe stillen Hunger auf
den Bremer Straßen. Eine
Schmuddelwetterradtour mit
den Suppenengeln
8
12
24
der
erzfeind
Marek zeichnet fast immer. Ein Museum
ist ein Knast für Künstler, sagt er.
Da müsse man rein. Zeichen setzen!
aus
zwängen
befreien
Hunderte Prostituierte arbeiten in
Bremen, längst nicht alle freiwillig.
Ein Gespräch über Selbstbestimmung,
unerkannte Opfer und die Mängel
des Prostitutionsgesetzes
schnapp
sie dir
Genug getrunken. Genug getanzt.
Jetzt auf schnellstem Weg nach
Hause – durch die Wallanlagen?
Ein Erfahrungsbericht
tradition
versus
trend
Auf online pfeift Hans Eulenbruch,
genauso auf Rabattschlachten. Und
trotzdem läuft sein Laden gut.
Eine Anprobe bei „Harms am Wall“
28
32
36
wiki und
der schlaue
mann
Klopfen, fragen, schreiben:
Roland Kutzki hat „Am Wall“ ins Netz
gebracht – einer seiner 1.200 Wikipedia-
Artikel. Ein Querlesen zu Fuß, ganz
ohne Hyperlinks
53° NORD & 8° OST
Foto:
Jakob Weber
am wall
Die Zeitschrift der Straße
Ein Projekt der Hochschule für
Künste Bremen und der Hochschule
Bremerhaven in Zusammenarbeit
mit der Inneren Mission und der
GISBU Bremerhaven.
Die Straße der Zeitschrift
Jede Ausgabe findet ihre Geschichten
an einem Ort in Bremen / Bremerhaven.
Sehen – Hören – Schreiben
Jedem Artikel geht eine Beobachtung
voraus – im oberen Seitenabschnitt.
Abreißen oder dranlassen?
Gute Frage. Probieren Sie’s aus!
Kaufen
Die Zeitschrift der Straße gibt es nur
auf der Straße. Die Hälfte des Verkaufspreises
ist für die VerkäuferInnen.
Firmen, Institutionen und Nicht-Bremer-
Innen senden wir die Zeitschrift auch
per Abo ins Haus (32 € / 8 Ausgaben):
abo@zeitschrift-der-strasse.de
Wie weiter?
Die Zeitschrift der Straße erscheint
in der Regel alle acht Wochen.
Die nächste Ausgabe Mitte Januar.
Editorial
5
Sehen hören
Schreiben
Liebe Leserinnen und Leser!
Jede Menge Geschichten ganz in eigener Sache hätten wir in diesem
Heft schreiben können. Denn die Zeitschrift der Straße zieht um –
mitten in die City. Nur einen Katzensprung vom Wall entfernt eröffnen
wir im Dezember im Lloydhof (Hanseatenhof 9) unseren neuen
Stützpunkt: Vertriebs- und Redaktionsbüro, Veranstaltungsort und
Treffpunkt, Anlaufstelle für alle, die die Bremer Straßenzeitung kennenlernen,
verkaufen und auf andere Weise unterstützen möchten.
Kommen Sie gerne vorbei!
Als Projekt, das sich der wachsenden gesellschaftlichen Entsolidarisierung
entgegenstellt, überzeugte die Zeitschrift der Straße unlängst
auch die Jury des bundesweiten Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte
im Land der Ideen“. Eine wegweisende Idee für die Stadt von morgen,
befand diese und kürte die Zeitschrift zu einem von 100 Gewinnern.
Der Preis wird am 3. Februar, genau drei Jahre nach Erscheinen der
ersten Ausgabe, übergeben werden – natürlich im Lloydhof. Dort, in
unseren neuen Räumen, werden sich künftig übrigens regelmäßig Gelegenheiten
finden, bei denen Sie die Zeitschrift der Straße live erleben
können. Den begrenzten Platz im Heft haben wir deswegen auch dieses
Mal mit vielen anderen erhellenden, vergnüglichen und spannenden
Geschichten gefüllt.
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Armin Simon
und das ganze Team der Zeitschrift der Straße
PS: Druckfrischer Kalender der Straße! Die Edition 2014 vereint das
Beste aus 18 Ausgaben der Zeitschrift der Straße als Wandkalender,
46 × 69 Zentimeter groß, mit junger Fotografie und Texten aus der
und über die Zeitschrift der Straße. Die Auflage ist auf 100 Stück
limitiert, die Sie exklusiv im „Buchladen Ostertor“ erhalten.
Historie
6
1936
2013
Text: Armin Simon
Foto: Kay Michalak
Auf außerbremischem Gebiet, jenseits der Stadtmauer
und also dort, wo auch die Bürgerschaft keine Befugnisse
mehr hatte, lassen sich Ende des 18. Jahrhunderts die
ersten Mitglieder des Bremer „Raths“ Häuser bauen:
hoch über der Stadt, auf dem Erdwall, der sie einmal gegen
Angreifer schützen sollte. Auf dessen Rücken wächst
nun vom Ostertor aus eine neue Straße, genannt Esplanade.
1802 beschließen Rat und Bürgerschaft offiziell, die
Befestigungsanlagen zu schleifen, es schlägt die Stunde
der Landschaftsgärtner. Im Laufe vieler Jahre bauen sie
das scharfe Zickzack der nutzlos gewordenen Verteidigungsanlagen
zu einem wellig geschwungenen Grünzug
um, lassen Hügelspitzen und Bastionen abtragen, Bäume
und Sträucher pflanzen, schaffen Blickachsen aus dem
Grün auf die Stadt. Die dehnt ihren Hoheitsbereich formal
übrigens erst 1809 bis zum Wallgraben aus.
1936, zu den Olympischen Spielen in Nazideutschland,
hängen Hakenkreuzfahnen neben olympischen Ringen und
Bremer Schlüssel in und über der Straße. Das Stadttheater
auf der Bischofsnadelbastion, im obere Bild links zu
sehen, fällt, wie auch ein Großteil der stadtseitig gelegenen
alten Gebäude, wenige Jahre später den Bomben des
Zweiten Weltkriegs zum Opfer.
Historisches Foto: Dr. Heinrich Raschen / LIS Zentrum
für Medien
am wall
Zahlen
und Fakten
7
am
wall
Ringförmige Straße um die Altstadt
zwischen Oster- und Doventor
auf den ehemaligen Befestigungsanlagen,
1.800 Meter lang. Ausbau
zur „Esplanade“ ab ca. 1790
Recherche: Armin Simon
Grund, warum die Bremer Anfang des 16. Jahrhunderts
vor ihrer Stadtmauer große Erdwälle und
Bastionen anlegten: Weiterentwicklung der Kanonen
Grund, warum die Bremer 1802 die Schleifung
ebenjener Befestigungsanlagen anordneten:
Weiterentwicklung der Kanonen
Grund für die „Sicherheitsüberprüfung“ des CDU-
Hauses, die Fraktionschef Jens Eckhoff im Jahr 2000
in Auftrag gab, nach Aussage der beauftragten
Detektive: Angst vor einer Intrige
Anzahl der entdeckten Wanzen im CDU-
Haus 2003: 2
Zeitpunkt, zu dem ein Ex-Stasi-Mann im Auftrag
der Detektive die Wanzen angeblich eingebaut hat,
laut polizeilichem Vernehmungsprotokoll:
„Sicherheitsüberprüfung“ 2000
Zeitraum, in dem der Bunker unterm Theaterberg
als „Kunst-Krypta“ genutzt wurde: 1949 –1962
Kunstform, die dem Kunsthändler Peter Hagenah
dort zum Durchbruch verhalf: Keramik
Auflage der Ausgabe des US-Magazins „Life“ im Jahr
1954, in der der architektonisch spektakuläre neue
Bunkereingang vorgestellt wurde: 5.400.000
Strafe, mit der die Baubehörde Hagenah
für den Umbau drohte: vier Wochen Haft
Ende des Eingangsbauwerks im Jahr 1968: Abriss
Einweihung des ersten Bremer „Comödienhauses“
beim heutigen Olbers-Denkmal: 1792
Einweihung des Theaterneubaus nebenan: 1843
Mit dem Neubau verbundenes Ziel: hochwertiges
Theater statt seichter Lustspiele
Grund, warum der Theater-Aktienverein parallel
zum Neubau das „Comödienhaus“ aufkaufte:
Abriss zur Vermeidung von Konkurrenz
Einweihung des Schauspielhauses am Goetheplatz: 1913
Mit dem Neubau verbundenes Ziel: modernes
Schauspiel statt seichter Operetten
Länge der Glasüberdachung, in Metern: 600
Begriff, mit dem der Landesdenkmalschützer deren
Auswirkung auf die Optik der Häuser umschrieb:
Unterschenkelamputation
Jahr, in dem der Bremer „Rath“ zuletzt das Spielen
in den Wallanlagen verbot: 1723
Anzahl der Spielplätze in den Wallanlagen
rechts der Weser im Jahr 2013: 1
Cocktailpreise im „Wall-Café“ in den 1980ern, in DM:
6,00 – 9,00
Cocktailpreise in der „Lemon Lounge Wall-Café“,
2013, in Euro: 7,50 – 18,00
Anzahl der Hundehaufen: 6
8
am wall
Fr, 13.57 Uhr
Am Wall,
Ecke Herdentorsteinweg
Unter den nassen Kastanien sammeln
sich Menschen. Warten sie?
×
14.01 Uhr
Zwei schwere Lastenräder mit
großen, fest montierten Edelstahlcontainern
vor dem Sattel
biegen um die Ecke. In die Gruppe
kommt Bewegung.
14.05 Uhr
Die Kälte macht den Atem sichtbar.
„Ich nehm bidde zwei Stück’n Zucker
im Kaffee.“
14.06 Uhr
Geschmäcker sind verschieden:
Zwei Männer prosten sich zu –
sie trinken ihren Kaffee schwarz.
reportage
×
Suppe
Zwei schwere
Lastenräder
mit großen
Edelstahlcontainern
vor
dem Sattel
biegen um die
Ecke. In die
Gruppe kommt
Bewegung.
9
mit obst
Ihre Töpfe stillen Hunger auf
den Bremer Straßen.
Eine Schmuddelwetterradtour
mit den Suppenengeln
Text: Benjamin Eichler
Fotos: Kay Michalak
Schließt man die Augen, klingt jeder Regen
wie ein kleiner Applaus. Augenaufschlag
– willkommen Realität. Neben den
lärmenden Autos der Straße steht eine
hagere Person unter einem großen Kastanienbaum.
Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen,
sucht sie Schutz vor dem Regen.
Regentropfen treffen die Nasenspitze.
„Verdammt, wo bleiben die nur?“, murmelt
sie mehr in ihren Kragen als in das
Gesicht ihres Gegenübers. Norddeutsches
Schmuddelwetter kann gnadenlos
sein, so gnadenlos wie der Hunger. Der
Magen des Mannes knurrt.
Ein Freitagmittag, Mitte Oktober, Viertel
vor zwei. Es stürmt bitterkalt. In dem
kleinen Kastanienhain am Wall warten
rund 30 Menschen auf Parkbänken oder
unter Bäumen und blicken immer wieder
in Richtung Straße. Der Regen hat den
kleinen Platz in eine große Matschpfütze
verwandelt. Schließlich biegt ein Lastenfahrrad
um die Ecke, ein zweites folgt.
Dann geht es ganz schnell. Keine zwei
Minuten dauert es, bis Tische aufgebaut,
Suppenkessel aufgedeckt und Plastikbehälter
voller Obst aufgetischt sind. Warmes
Essen für umsonst: Die Suppenengel sind
da. Zu den Wartenden sind weitere dazugestoßen,
es kommt Bewegung in die
Gruppe. „Mahlzeit!“, klingt es über den
Platz. Vor den Fahrrädern bildet sich eine
Schlange, sie ist etwas kürzer als sonst.
Zum Ende des Monats sieht das anders
aus, da haben mehr Leute kein Geld mehr.
suppe
mit obst
10
Viermal die Woche rollen die Suppenengel
durch Bremen und geben Essen aus:
warme Suppe und Brot, dazu wärmenden
Kaffee, ein Tüte voll Obst und manchmal
etwas Gebäck. Der kleine Platz am Rand
der Wallanlagen ist die zweite Ausgabestelle
heute. Auf dem Bahnhofsplatz, ihrer
ersten Station, bleiben sie nur 30 Minuten.
Die Zeit reicht nicht, um alle Hungrigen
dort zu versorgen. Wer nichts mehr abbekommt,
wird freundlich, aber bestimmt
gebeten, zum Wall nachzukommen.
Eine warme
Mahlzeit und
’nen Kaffee –
„so was macht
eine Stadt
liebenswert“
„Alle müssen sich anstellen. Wer drängelt,
bekommt was von mir zu hören“, sagt
Reinhard und wiederholt es gern noch
mal. Ab und zu hilft der 62-Jährige mit bei
der Ausgabe der warmen Suppe. Er weiß
aus eigener Erfahrung, wie es ist, wenn
am Ende des Monats kein Geld mehr für
Essen da ist. Eine warme Mahlzeit und
’nen Kaffee – „so etwas macht eine Stadt
liebenswert“, sagt Reinhard. Heute ist
Kürbissuppe mit Kartoffeln und Fleisch in
den 60-Liter-Töpfen, dazu gibt es Brote
mit Wurst oder Käse, außerdem Obst,
Kompott und auf Wunsch abgepackte
Backwaren vom Vortag. „Das ist kein
‚Parkhotel‘-Essen hier, aber das erwartet
auch niemand“, sagt Reinhard. Ordnung
ist ihm wichtig im Leben, er achtet auch
hier streng darauf. „Es geht nicht, dass
einfach jemand in der Obstkiste wühlt.
Du bekommst, was da ist; wenn es dir
nicht passt, dann kriegst du halt nichts!“
Aufmerksam auf die Suppenengel ist er
geworden, als er noch für eine Zeitarbeitsfirma
gearbeitet hat. Eines Nachmittags
sieht er eine schlicht gekleidete Frau mit
Gummistiefeln an den Füßen auf dem Platz
stehen und Suppe verteilen. „Das war die
Zia, die Gründerin der Suppenengel“, erzählt
er. „Ich war begeistert.“
Sozialstunden
am Herd
Mehr als 15 Jahre ist es her, dass Zia
Gabriele Hüttinger den ersten Topf Suppe
für die Armen auf den Bremer Straßen
aufgesetzt hat. Spontan und in ihrer eigenen
elf Quadratmeter großen Küche. Die
„Tagesschau“ hatte über einen Kältetoten
in Bremen berichtet, die Öffentlichkeit
diskutierte, ob nachts die Bahnhöfe für
Obdachlose geöffnet werden sollten.
Zia Gabriele Hüttinger gingen die Bilder
nicht mehr aus dem Kopf. Sie wollte
nicht weiterhin untätig sein. Also stellte
sie sich an den Herd, packte die Suppe
auf ihr Fahrrad und zog los, um sie an
frierende Obdachlose zu verteilen. „Ich
wollte mich nicht auf den Gedanken verlassen:
‚Die öffentlichen Einrichtungen
werden sich schon kümmern.‘“ Inzwischen
sind die Suppenengel ein eingetragener
Verein und eine feste Größe zwischen
Hauptbahnhof und Domsheide.
Hüttingers Konzept: Die Suppe kommt zu
den Leuten und nicht andersrum. Deshalb
sieht man die Fahrräder das ganze
Jahr über, egal bei welchem Wetter,
durch die Innenstadt fahren. Mithilfe von
mehr als 30 Freiwilligen versorgen sie
täglich bis zu 150 Menschen. „Nicht nur
Obdachlose“, unterstreicht Hüttinger,
„sondern viele Menschen, die an der Armutsgrenze
leben.“ „Kunden“, nennen sie
die Bedürftigen. Deren Zahl nimmt zu.
Jeder Suppentag beginnt in der Gemeindeküche
der St.-Jakobi-Kirche in der Neustadt.
Während andere noch schlafen,
geht pünktlich um acht das weiße Licht
der Neonröhren an. Mit wenigen, geübten
Handgriffen knöpft sich Gerd Fechner die
Kochjacke zu und bindet sich die schwarzgraue
Schürze um. Insgesamt sind sie heute
zu siebt in der Küche. Fechner zeigt
den beiden Neuen im Team ihre Aufgaben:
Gemüse und Obst waschen und schnippeln.
Eine leistet ihre Sozialstunden ab, die andere,
Miriam, ist freiwillig hier. Sie hat
studiert, eine Zeit lang in den USA gelebt
und ist momentan arbeitslos. „Mir würde
zu Hause die Decke auf den Kopf fallen“,
sagt sie. Während ihr kleiner Sohn in der
Kita ist, will sie mindestens einmal pro
Woche morgens mithelfen. „Ich brauche
für so etwas immer einen festen Termin,
sonst kommt mir was dazwischen.“
Jeder hier hat eine Aufgabe. Zwei sitzen an
einem Tisch und schmieren Brote; knapp
20 Laibe verarbeiten sie zwischen neun
und zwölf. Außerdem dabei: Waltraut, ein
echtes Bremer Urgestein. Eine kleine Frau
Ende 70, kurzes graues Haar. Auch sie
trägt die schwarzgraue Kittelschürze und
schnibbelt den Kürbis in Würfel. 15 Jahre
lang stand sie bei „Gosh“ in der Lloydpassage
in der Küche. Kochte fünf Jahre lang
im „Deutschen Haus“ und besaß auch
schon ein eigenes Restaurant. Seit vier
Jahren ist sie bei den Suppenengeln. Viermal
in der Woche hilft sie mit, immer
montags, dienstags, mittwochs und freitags.
Seitdem ihr Mann gestorben ist, hat
sie viel Zeit. Steht sie mal nicht für die
Suppenengel in der Küche, hilft sie in der
Kirchengemeinde oder kümmert sich um
den eigenen Garten. Waltraud liebt Fisch
über alles, die Suppe hingegen isst sie
nicht. „Ich brauche viel Vitamine und die
werden in der Suppe zu sehr verkocht“,
begründet sie und schiebt sich dann ein
großes Stück Kürbis in den Mund: Sie
schwört auf Rohkost.
Brot für den
kranken Freund
Für die Kürbissuppe ist Gerd verantwortlich.
Kein gelernter Koch, aber
ein Rezeptbuch braucht er auch nicht. Er
könne sich auf sein Gefühl verlassen, versichert
er. Die Suppe ist würzig, aber lecker.
„Am Anfang hat sich der ein oder
andere beschwert, dass es zu versalzen
ist. Aber den meisten schmeckt es so.“ Irgendwann
habe er selbst mal auf der Straße
gesessen, erzählen andere. Gerd selbst
erzählt nur, dass er im Knast saß, weil er
versucht hatte aus der DDR, in den Westen
zu flüchten. Fünf Jahre sollte er eigentlich
hinter Gittern bleiben, dann kam
die Wende. Von heute auf morgen war er
wieder ein freier Mann.
am wall
14.07 Uhr
Suppe für die Menschen,
Leckerlis für die Hunde: Hier ist
an alle gedacht.
14.13 Uhr
Der pausenlose Regen weicht
langsam die Brote auf.
reportage
11
20 Laibe Brot schmieren und belegen die Helferinnen
und Helfer jeden Vormittag im Keller der St.-Jakobi-Kirche
in der Neustadt
Der süßliche Kürbisduft der Suppe zieht
durch die ganze Küche. Die Zutaten sind
Spenden: Ob und was es gibt, weiß vorher
niemand. Obst und Gemüse etwa, erzählt
Gerd, während er die dampfende
Suppe umrührt, kriegten sie vom Markt,
aus der Restekiste. Auch das Brot bekommen
sie geschenkt, vom Bäcker: Sie
verarbeiten, was sonst weggeschmissen
würde. Gelagert werden die Lebensmittel
im Keller der Kirche. Trotzdem entstehen
Kosten: Margarine, Käse, Wurst, Kaffee,
Zucker – all das muss dazugekauft werden.
Dazu noch das Wegwerfgeschirr „wegen
Aids-Ansteckungsgefahr“, der Sprit und
die Wartung des Lieferwagens. Die Arbeit
selbst ist komplett ehrenamtlich: Müssten
sie den Helferinnen und Helfern Gehälter
zahlen, könnten die Suppenengel nicht
mehr existieren.
Es wird unruhig in der Küche. Eigentlich
ist Zia Gabriele Hüttinger momentan
nicht arbeitsfähig, trotzdem steht sie
plötzlich in der Tür. „Es hat heute Nacht
hier jemand eingebrochen und den Computer
gestohlen“, berichtet sie. Sofort gehen
die Vermutungen los: Keine Suppe
ohne Schnack. „War bestimmt jemand,
der Drogen nimmt“, heißt es – da habe
man hier schon schlechte Erfahrungen gemacht.
Dann ist die Suppe fertig, die Fahrer
stehen vor der Tür. Zu zweit hieven
sie die schweren Töpfe in die Thermobehälter
an den Fahrrädern. Und los!
Das ganze
Jahr, egal
bei welchem
Wetter
Helfer und „Kunden“ kennen sich, zum
Teil schon jahrelang. Steht mal einer nicht
in der Schlange, fällt das gleich auf. „Nimm
noch ein Brot für deinen kranken Freund
zu Hause mit“, sagt die Frau, die hinterm
Klapptisch steht. Der Regen prasselt ohne
Unterlass, die Brote werden nass. „Es ist
schön, dass ihr da seid“, sagt einer und lobt
noch mal die Suppe. Mittlerweile ist es
halb drei, der Suppenkessel beinahe leer.
Auch der Platz lichtet sich immer mehr.
Hin und wieder bittet noch jemand um
Nachschlag. Nicht immer ist noch Essen
übrig. Heute jedoch schon: „Will noch jemand
Brot mitnehmen? Hierher!“
Die Suppenengel, so schreiben sie über
sich selbst auf ihrer Internetseite, wollen
mehr sein als nur Essensausgabe, wollen
„Hilfe zur Selbsthilfe“ ermöglichen und
„Menschen, die aus dieser Situation aussteigen
wollen“, Hilfestellungen geben.
Zumindest an diesem Regentag ist dafür
kaum Gelegenheit. Und im Winter, bei
Minusgraden, wird es nicht besser werden.
Nicht zuletzt deswegen haben sie
sich am Vorabend im Team mehrheitlich
dafür ausgesprochen, die Suppe von November
bis Januar in leer stehenden Räumen
des Lloydhofs auszuteilen – allerdings
nur, wenn die „Kunden“ das auch
gut finden. Bei der Essenausgabe liegt
deshalb heute eine Strichliste aus. Die
ganz überwiegende Mehrheit der Befragten
unterschreibt bei „Ja“.
12
am wall
Fr, 18.40 Uhr
Am Wall 157, „Harms am Wall“
Zwei Damen verlassen ihre Arbeitsstätte.
Eine von ihnen schließt
die Tür ab, die andere lästert lautstark
über eine Kundin.
Fr, 19.12 Uhr
Wallanlagen, Höhe Rosenplatz
Eine alte Dame im Rollstuhl lässt sich
von ihrer Enkelin durch den Park
schieben. Sie stoppen an einer Bank,
das junge Mädchen setzt sich.
Keine sagt ein Wort.
Fr, 20.32 Uhr
Am Wall, Ecke Sögestraße
Eine Frau eilt über die rote Ampel.
Sie trägt noch die Schürze mit
der kleinen Aufschrift „Café Knigge“.
×
Fr, 20.33 Uhr
Ein Streifenwagen rollt über
die Straße. Die Beamten verringern
ihr Tempo, schauen der Frau
hinterher.
interview
×
Ein Streifen‐
wagen rollt
über die
Straße. Die
Beamten
verringern
ihr Tempo,
schauen
der Frau
hinterher.
13
AUS
ZWÄNGEN
BEFREIEN
Hunderte Prostituierte arbeiten
in Bremen, längst nicht
alle freiwillig. Ein Gespräch über
Selbstbestimmung, unerkannte
Opfer und die Mängel
des Prostitutionsgesetzes
Interview: Wiebke Plasse
Illustration: Anna Bauer
zds Frau Kähler, Sie beraten seit sieben Jahren verfahren auf, vermitteln Deutschkurse, kümmern
uns um die Heimreise und stellen Kontakt
von Menschenhandel und Zwangsprostitution
betroffene Frauen in Bremen. Wie sieht diese zu Anlaufstellen im Heimatland her.
Hilfe aus?
zds Wie viele Frauen brauchen diese Unterstützung?
Katharina Kähler Ganz unterschiedlich. Wir
kümmern uns um praktische Dinge wie Aufenthaltsrecht,
Sozialleistungen und eine sichere Unkrete
Aussage zu machen, weil es nicht einmal
Kähler Es ist ganz schwierig, dazu eine konterkunft.
Wir stellen sicher, dass die Frauen medizinisch
und psychosozial versorgt werden. Wir gibt. Außerdem sehen wir als Beratungsstelle für
gesicherte Zahlen zur Prostitution in Bremen
vermitteln ihnen Rechtsanwältinnen, begleiten Menschenhandel nur einen kleinen Ausschnitt
sie bei Prozessen und sind ihre Anlaufstelle für der Sexarbeit. Schätzungen zufolge arbeiten
alle wichtigen Fragen. Wir klären sie über ihre zwischen 500 und 800 Prostituierte in Bremen.
rechtlichen Möglichkeiten als Zeugin im Straf-
Zu sagen, wie viele davon jetzt legal oder illegal
aus
zwängen
befreien
14
arbeiten, wäre unseriös. Aber: In den letzten Jahren
haben wir 30 bis 40 Frauen jährlich beraten.
Die Dunkelziffer ist sicher nicht unerheblich.
zds Melden sich betroffene Frauen selbst bei
Ihnen und bitten um Hilfe?
Kähler Nur die wenigsten. Viele sehen sich
nicht als Opfer oder Betroffene einer Straftat.
Ihre Situation im Heimatland war oftmals noch
schlechter – selbst wenn sie nur 10 oder 20
Euro am Tag behalten dürfen und den Rest an
den Zuhälter abtreten müssen, sehen sie für
ihre Lebenslage eine Verbesserung.
zds Wie kommen Sie dann in Kontakt mit Ihnen?
Kähler Etwa 75 Prozent kommen über die
Polizei zu uns, weitere über andere Beratungsstellen
oder Hilfsangebote. Viele haben in sogenannten
Modellwohnungen gearbeitet, das sind
im Prinzip Privatwohnungen, in denen Prostitution
angeboten wird. Für das Hilfesystem sind
die schwer erreichbar. Wenn wir erfahren, dass
es eine Razzia gab und Frauen aufgegriffen wurden,
die möglicherweise Opfer von Menschenhandel
geworden sind, suchen wir sie auf oder
laden sie hierher ein. Wir organisieren Dolmetscherinnen,
erklären den Frauen ihre Rechte und
stellen dar, welche Möglichkeiten sie haben. Je
nachdem, wie sie sich entscheiden, beraten wir
sie dann fortlaufend.
zds Welche Möglichkeiten haben Betroffene?
Kähler Sie haben das Recht, für sich zu reflektieren,
ob sie eine Zeugenaussage machen möchten
oder nicht. Für diese Zeit erhalten sie eine
Aufenthaltserlaubnis und staatliche Transferleistungen.
Gleiches gilt auch für den Zeitraum von
einer Aussage bis zum Abschluss eines Gerichtsverfahrens,
sofern sie sich hierzu entschieden
haben.
zds Was aber nicht alle tun?
Kähler Einige möchten so schnell wie möglich
wieder in ihr Heimatland zurück. Frauen, die hier
ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben, betreuen
wir hingegen manchmal über mehrere Jahre.
Wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt,
unterstützen wir sie durch eine Vor- und Nachbereitung
und durch eine persönliche Begleitung.
Nach dem Prozess erarbeiten wir – sofern
sie das wünschen und sie die Möglichkeit haben,
ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erlangen –
auch neue Lebensperspektiven mit ihnen.
zds Wovon hängt es ab, ob es zu einer Gerichtsverhandlung
kommt?
Kähler Hauptsächlich davon, inwieweit die Ermittlungsbehörden
Beweise finden können. Im
Falle von Menschenhandel sind das meist Zeugenaussagen
– und die wiederum sind sehr oft
abhängig von der individuellen Situation der Betroffenen:
Eine Frau, die durch ihr persönliches
Umfeld stark unter Druck steht, wird sich sehr
gut überlegen, ob sie sich traut, eine offene Aussage
zu machen. Oft kommen Täter und Opfer aus
demselben Ort und stehen in Kontakt mit ihrer
Familie im Heimatland. Dies kann dazu führen, dass
sie sich entscheidet, keine Aussage zu machen, um
ihre Familie nicht zu gefährden. Es gibt aber auch
immer wieder Frauen, die sich aus den Zwängen
befreien können. Im Schnitt haben wir in Bremen
zwei bis drei Gerichtsverfahren im Jahr.
zds Wann greift das Strafgesetzbuch überhaupt?
Kähler Wenn Frauen in der Prostitution gegen
ihren Willen oder ohne ihr Einverständnis bezüglich
der Arbeitsbedingungen arbeiten müssen
und dadurch zu Opfern werden. Das juristisch
zu belegen, ist jedoch oft ein ganz schmaler Grat.
Ganz klar fällt es unter Menschenhandel zum
Zwecke der sexuellen Ausbeutung, wenn die Frau
beispielsweise unter falschen Voraussetzungen
ihr Heimatland verlassen hat, sie also getäuscht
oder in einer Notlage ausgenutzt wurde. Natürlich
ist es Zwang, wenn sie unter Gewaltanwendung
zur Arbeit in der Prostitution gezwungen
wird oder ihr Gewalt – sowohl psychischer als
auch physischer Art – angedroht wird. Außerdem
ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit zum
selbstbestimmten Arbeiten ein wichtiger Faktor;
das bedeutet konkret, dass sie selber entscheiden
kann, welche Freier sie bedienen will, wo sie arbeitet,
welche Dienstleistungen sie anbietet und
vor allem auch, zu welchem Preis.
zds Jede andere Arbeitnehmerin muss sich doch
auch nach ihrem oder ihrer Vorgesetzten richten!
Kähler Sie kann aber selbst entscheiden, ob
sie dort überhaupt arbeiten will, ob sie mit den
Arbeitsbedingungen einverstanden ist oder ob
ihre persönlichen Grenzen überschritten sind.
Und für die Arbeitgeber gibt es gesetzliche Vorgaben,
an die sie sich halten müssen.
zds Für Bordellbetreiber und Ähnliche nicht?
Kähler Ein Arbeitsverhältnis in der Prostitution,
auch wenn das eine der Intentionen des
Prostitutionsgesetzes war, ist in den meisten Fällen
nicht vergleichbar mit einem herkömmlichen
Arbeitsverhältnis. Unsere Klientinnen jedenfalls
zeigen uns deutlich durch ihre Erfahrungen und
Erlebnisse, dass es ein großes Risiko gibt, wenn
sie sich auf eine Tätigkeit in der Prostitution einlassen
und die Rahmenbedingungen unsicher sind.
zds Das Gesetz, in Kraft seit 2002, stellt Prostitution
in rechtlicher Sicht in vielen Punkten gleich
am wall
Fr, 21.00 Uhr
Park zu den Wallanlagen,
Höhe Herdentor
Eine Gruppe Männer lässt sich auf
den Bänken nieder. Aus ihren
Plastiktüten holen sie Hemelinger
Bier und Chips hervor.
Fr, 21.10 Uhr
Am Wall 77, „Club Monte Carlo“
Ein älterer Herr tritt in den Laden.
Auf dem Türschild steht „Club Monte
Carlo“, hinter den Türen verbirgt sich
ein Escortservice und ein Bordell.
Fr, 21.17 Uhr
Eine neue Ampel, die der Autofahrer
des silbernen Mercedes missachtet.
Er düst über Rot, weicht
einem entgegenkommenden Wagen
mit einem Schwenk aus.
interview
15
mit anderen Dienstleistungen. Hat das Ihre
Arbeit und die der Prostituierten erleichtert?
Kähler Ich halte die Intention des Gesetzes
für absolut richtig: Prostitution gehört entkriminalisiert.
Zuvor gab es eine Art Doppelmoral,
denn die Nachfrage nach Prostitution ist seit
Menschheitsgedenken bekannt; auf der anderen
Seite war Prostitution sittenwidrig und Frauen
in der Prostitution rechtlos. Dass Frauen nun in
einem Angestelltenverhältnis arbeiten und sich
sozialversichern können, ist gut.
zds Aber?
Kähler Es wurde vergessen, die Rahmenbedingungen
verbindlich zu regeln, vor allem auch
Zugangsmöglichkeiten zu schaffen, um diejenigen
aufzuspüren, die gegen ihren Willen und
unter schlechten Rahmenbedingungen arbeiten.
Wann ist eine Wohnung eine Prostitutionsstätte?
Wann ist ein Club ein Bordell? Welche Auflagen
müssen erfüllt werden? Unter welchen Bedingungen
wird dort gearbeitet? Wir haben in
Deutschland eine hohe Regulierung im Bereich
des Gewerberechts für Gaststätten und anderes,
diese fehlt im Bereich der Prostitution komplett.
Um aber Frauen, die in Zwängen gefangen
sind, entdecken und ihnen Hilfen anbieten zu
können, brauchen wir dringend eine Regelung,
um die Arbeitsorte kontrollieren zu können – jedoch
ohne diejenigen zu diskriminieren, die ihrer
Tätigkeit freiwillig nachgehen.
zds Ist es für betroffene Frauen durch das
Gesetz leichter geworden, sich zu wehren?
Kähler Auf jeden Fall hat sich die Zahl der
Frauen, die wir betreuen, in den vergangenen
sechs Jahren verdoppelt, die Nachfrage nach
unserem Beratungsangebot ist deutlich angestiegen.
Das heißt aber nicht, dass auch der Menschenhandel
zugenommen haben muss: Das wissen wir
nicht. Es ist auch möglich, dass einfach das Vertrauen
zu uns wächst, weil sich unsere Arbeit
unter den Frauen im Milieu rumspricht, oder dass
durch die vermehrte Ermittlungsarbeit der Polizei
mehr Betroffene identifiziert werden können.
zds Ist die Zahl der Prostituierten ebenfalls
gestiegen?
Kähler Was wir sehr stark bemerkt haben,
war die EU-Osterweiterung 2007. Seitdem hat
Bremen vermehrten Zulauf von bulgarischen
Frauen, oft aus Minderheiten, die im eigenen Land
sehr randständig leben. Im Bereich des Menschenhandels
stellen uns diese EU-Erweiterungen vor
eine ganz neue Problematik: Früher hatten die
Frauen, die hier unter Zwang arbeiteten, in der
Regel kein Aufenthaltsrecht; entdeckte die Polizei
sie, nahm sie sie deswegen mit – und löste sie
so erst mal aus ihrem Umfeld. Wenn sie dann befragt
wurden, ergaben sich oft Hinweise auf Menschenhandel.
Heute jedoch hat ein großer Teil
der hier arbeitenden Frauen als EU-Bürgerinnen
ein Aufenthaltsrecht. Wenn sie bei einer Kontrolle
keine Hinweise auf eine Zwangssituation
geben, gibt es außer freiwilligen Angeboten keine
Handhabe. Und da greifen dann oftmals wieder
die perfiden Druckmechanismen, die von Täterkreisen
auf die Frauen ausgeübt werden.
zds Was bedeuten diese Veränderungen für die
Prostituierten?
Kähler Es gibt viel Konkurrenz, Preisdruck und
die Erwartungshaltung von vielen Freiern, immer
mehr Leistungen für immer weniger Geld zu bekommen.
zds Klingt, als gäben Sie den Freiern eine Mitschuld.
Kähler Es geht hier nicht um Schuld, sondern
darum, Verantwortung für das eigene Handeln
zu übernehmen. Um Fair Play. Hier treffen zwei
Menschen aufeinander, die sollten respektvoll
miteinander umgehen, klare Vereinbarungen treffen.
In Bezug auf die Zwangsprostitution gilt es,
die Augen offen zu halten: Wirkt die Frau körperlich
und psychisch unversehrt? Geht es ihr gut?
Wird sie durch Kameras oder anwesende Personen
kontrolliert? Bei wem wird bezahlt? Bezüglich
dieser Fragen sollten Freier wachsam bleiben.
Allerdings brauchen wir keine Superhelden. Ein
anonymer Hinweis an uns oder die Polizei reicht
schon.
Zur Person
Katharina Kähler, Dipl. Soziologin, arbeitet
seit 2006 in der Beratungsstelle für Betroffene
von Menschenhandel und Zwangsprostitution,
die vom Verein für Innere Mission in Bremen
getragen wird.
16
am wall
bildstrecke
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wallseits
Fotos: Jakob Weber
18
am wall
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am wall
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am wall
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24
am wall
Sa, 17.40 Uhr
Wallanlagen, bei der Seebühne
Ein Flaschensammler zieht eine
Dose aus einem Mülleimer. Er dreht
die Dose kurz und wirft sie, als
er kein Pfandzeichen findet, achtlos
neben sich ins Gebüsch.
×
17.44 Uhr
Ein älterer Herr stellt sein Fahr-
rad am Wegesrand ab. Er tritt über
den Grünstreifen, lässt die Hosen
runter und pisst, zwei Meter neben
mir, ins Wallanlagenwasser, dort-
hin, wo es ganz flach ist.
18.10 Uhr
Bischofsnadel,
Ausgang Wallanlagen
Was noch übrig ist, nun, da der
Alkohol ihr Leben fast vollständig
zerstört hat, ist Gesprächsstoff.
„Kameradendiebstahl!“, sagt der
eine, der schlimmste Diebstahl von
allen sei das.
prosa
×
Ein älterer
Herr stellt
sein Fahrrad
ab. Er lässt
die Hosen
runter und
pisst ins
Wallanlagenwasser.
25
Der
ERZFEIND
Text: Maja-Maria Becker
Illustration: Meijun Yan
Ich bin sicher kein Superheld. Ab und an trag ich zwar meine Shorts
über der Jeans, aber was ändert das? Heute bin ich aus der Kunsthalle
geflogen.
Bleistifte sind was für’n Knast, hat Marek gesagt, aber ich
glaub nicht, dass er jemals im Knast war. Der war in „Ost“, wenn
überhaupt, und da gibt’s nicht mal Fingerfarben. Wär ja auch noch
schöner, hab ich der Aufsicht gesagt. Ein Kolbenfüller ist ein Präzisionswerkzeug.
Pelikan. Montblanc. Schon mal gehört? Dies besondere
Exemlar hat mich dreihundert gekostet und das is’ noch wenig. Meinen
Sie, ich würd damit wen umnieten? Mit Federstärke extrafein? Sie
rührte sich nicht, versicherte erneut, es wären nicht ihre Regeln. Ihre
Stimme zitterte, als sie das sagte. Fast heulte sie. Ich deutete nur mit
einem Blick Richtung Luftfeuchtigkeitsmesser, da ließ sie es bleiben.
Dies ist das Bild. Das ist nicht weit von hier, eine Hand, halb
aufgestützt im Frühsommer. Muss da Anfang zwanzig sein. Wieso?
Hinter mir das Gras, sanft steigt es an. Licht dringt von oben durch
der
erzfeind
26
die Bäume. Und nicht zu vergessen: die Seerosenblätter (nicht im
Bild). Vergiss die Alte! Marek kratzt wieder an ’nem Pickel rum. Wir
hatten ja vor, uns auf dem Viertelfest zu besaufen, doch der Typ am
Ausschank nimmt unser Geld wie einer, der’s nicht nötig hat. Es kommen
’ne Menge Wolken vom Meer, falls du Regen brauchst … Da
kommen vor allem Bullen, ich schau zur Kunsthalle und Marek zieht
mich schon: Zeig mir die Stelle von dem Foto! Er will mir Gutes tun,
weil ja alles bloß Vorstellung, bloß ’ne Laune ist … Aber das stimmt
nicht. Es ist alles wahr, sag ich, diese Unbeschwertheit, wenn sie nicht
auf dem Bild wär, ich hätt sie längst vergessen. Nun sind da nur
Werder-Fans, auf der Brust den letzten oder vorletzten Sponsor. Und
Marek sagt: Jeder braucht ’ne Rüstung, selbst wenn sie von Pappe ist.
Marek zeichnet fast immer. Kurze Bilder. Aus ein paar Strichen
holt er so viel raus. Und aus seiner kurzen Pfeife steigt Rauch,
ungeheure Dampfwolken sind das. Ein Museum ist ein Knast für
Künstler, sagt er. Da müsse man rein. Zeichen setzen! Marek ist klein
und dick, er weiß alles übers Lachen. Weißt du noch, der Typ, der dir
auf die Schulter geklopft hat, dass du dir fast den Wein übers T-Shirt –
ich mein, du drehst dich zu dem um und sagst: Gleich geschieht ’n
Unglück! Und der nur: War das etwa dein erster Ritterschlag?!
Kora klingelt. Marek spricht lang mit ihr. Sie reden über den
Trend, der grad aus Tschechien kommt. Ich hör nur halb hin, weil er so
rumfuchtelt und ans Wasser tritt, wo gleich darauf Enten schwimmen.
Vor der Unterführung liegt ’ne Frau und Kinder kommen, Bierflaschen
in den Händen, vom Dom. Wird Regen geben, sagt einer. Und auf der
Brücke oben schreiten Beine.
Du kamst aus Ritterhude. Wir lernten uns im „Tower“ kennen,
vögelten ein paar Mal. Das war’s, hab ich gesagt. Und: Es gibt Phasen,
da muss man sich auf Inhalte konzentrieren. Weiß nich’, was das
sollte. Hätte es ja so leicht haben können. Hätt dir nichts beweisen
müssen, nicht die Welt retten oder so. Sonntags „Tatort“ schauen,
schweigend dasitzen, während es draußen Nacht wird, das hätt gereicht.
Hab’s verbockt, sag ich, so viel ist klar. Kann nicht sagen, ob
sich durch Insekten oder Regentropfen Kreise auf dem Wasser bilden.
In Comics geht’s nicht um Helden, weißt du? Zuerst muss es
Spektakel sein, dann ist da auch ein Held. Marek zeigt mir den Block.
am wall
18.19 Uhr
Am Wall, Ecke Herdentor
Einer liegt da in einer wasserabweisenden
Jacke, darin ein schepperndes
Kofferradio. Der Mann
schläft, vom Takt der Bahnen einzig
durch etwas Buschwerk getrennt,
auf dem Boden, im Regen. Die
Baumhasel neben ihm kriegt mehr
Stütze als er.
18.19 Uhr
Am Wall 161
Eine Frau geht sehr langsam,
als fiele ihr das Gehen mit Absätzen
schwer. Jeder Schritt, als würde
sie von Kippe zu Kippe staksen. Vom
Dach ruft eine Krähe: „Harm.“
18.42 Uhr
Am Wall 200, Polizeirevier
Die Situation ist angespannt. Zur Auflockerung
– und weil ja nichts
Schlimmes passiert ist – sage ich:
„Sieht anders aus hier als im
Bremer ‚Tatort‘.“ „Ich bin kein großer
Freund vom Tatort“, sagt der Beamte.
Seine Kollegin kommt auf mich zu
und fordert mich auf, ihr zu folgen.
prosa
27
Das ist die Reiterstatue, Marek hat dem Typen ’ne riesige Lanze in die
Hand gezeichnet. Und? Cool, sag ich, der Kerl schielt und hat ’n Penis
mit Vorhautverengung, aber sonst … Marek schnappt mir den Block
weg. Frauen wollen, dass man zu ihnen ehrlich ist: Wenn sie dich für
’nen Schurken halten, dann sei auch einer!
Wir sitzen auf ’ner Bank – das ist der Ort in den Wallanlagen,
an dessen Namen ich mich nich’ erinnern will – da kommt ein älterer
Herr und stellt sein Fahrrad hinter uns ab. Er tritt ans Geländer, lässt
die Hosen runter und pisst gleich vor uns ins Wasser. Dorthin, wo es
ganz flach ist. Marek nimmt Papier und Stift. Lass dich von der Natur
anwehen!, ruft er, und der Mann, der sehr groß und hager ist, zieht
sehr umständlich und staksend alles wieder hoch, putzt sich die Nase
mit ’nem Stofftaschentuch, das hat an seinem Rand Stickereien. Wir
sind also alle Helden? Und Marek: Wir sind alle Superhelden, und
Superschurken sind wir auch.
Da seh ich die Frau aus der Kunsthalle wieder. Ich stoß
Marek die Mütze vom Kopf, renn ihr nach, zwischen Autos und Straßenbahnen,
und an der Mühle dann so lässig die Hände in die Jackentaschen.
Sie aber is’ nirgends mehr zu sehen. Hab nur meinen Füller
in der Tasche, mit dem ich nervös spiele. Superhelden können Bilder
einfach so mit Laserstrahlen aus den Augen vernichten, hat Marek gesagt.
Und bäm! ist da ein Rattern und Schleifen und blaues Lachen
überall. Und ich bin ausgerechnet jetzt ausgerechnet hier. Nun also
sehen wir uns wieder!, sag ich. Die Mechanik im Innern, die sich mit
präzisen Bewegungen gegen das Rosten wehrt. Ich nehme Aufstellung,
halte mir die Feder vors Auge, bis die Mühle dahinter verschwindet.
Das ist mein Supermove! Nur die Flügel ragen noch hervor. Dann
geht’s Schlag auf Schlag. Schon hebt es mich in die Luft, ich steig hoch
wie aufm Freimarkt, spür den Wind. Unter mir die Wallanlagen, die
Innenstadt, immer weiter kann ich sehen. Und da is’ auch Marek: Er
kämpft aufm Domplatz gegen Halunken.
Und als ich laute Rufe hör, lass ich los, flieg dicht über den
Dächern. Überall Menschen mit großen Augen. Die Wolken reißen
auf. Den Rest kann man sich ausmalen.
28
am wall
Fr, 1.12 Uhr
Hillmannsplatz,
Sparkassen-Filiale
Ein Dutzend Menschen steht vor
dem Außenautomat Schlange.
Die beiden Automaten im geöffneten
Innenbereich sind leer.
1.20 Uhr
Herdentor, Eingangsbereich
des „Tower Musikclubs“
Schnell noch Zigaretten kaufen ist
nicht: Auch vor dem Kiosk steht
eine Schlange. Den Verkäufer hält
das nicht davon ab, mit einer Gruppe
Frauen zu flirten.
1.30 Uhr
Wallanlagen, Höhe Herdentor
Ein Mann stützt seine Freundin, die
deutlich betrunken ist. Auf ihren
High Heels kann sie keinen geraden
Schritt mehr machen.
1.50 Uhr
Ende der Katharinenpassage,
Eingang „NFF Club“
Schon zehn Minuten Wartezeit
an der Tür. „Einlassstopp, Laden zu
voll“, ruft der Türsteher.
reportage
×
„Du willst
29
SCHNAPP
SIE DIR
Genug getrunken. Genug getanzt.
doch jetzt
nicht alleine
und zu Fuß
nach Hause
gehen?“,
tadelt der
Türsteher.
„Wird schon
klappen“,
sage ich.
Jetzt auf schnellstem Weg
nach Hause – durch die Wallanlagen?
Ein Erfahrungsbericht
Text: Wiebke Plasse
Fotos: Dave Scirocco
Die Musik schallt aus den Boxen, die
Stimmung ist auf dem Höhepunkt. Ein
Flirt hier, ein Tanz dort. Langsam lässt
meine Lust nach. Auch meine Freundinnen
haben sich aus dem Staub gemacht: Nur
eine von ihnen kann ich von meinem Platz
aus noch beobachten. Sie unterhält sich
angeregt mit einem Fremden, der verzweifelt
ihren Körperkontakt sucht. Heute
Nacht wird sie zu ihm nach Hause gehen
– das lässt ihr Blick verraten. Ich schaue
gelangweilt in die Gesichter der tanzenden
Menge: Sie sind schön. Sie strahlen und
lachen. Doch scheint das Licht ihnen direkt
in die Augen, verschwimmt die Illusion:
rote Augen, tiefe Augenringe, verwischtes
Make-up. Der Alkohol fließt in großen
Mengen in die durstigen Hälse der nimmersatten
Nachtmenschen. Ein neues
Lied, laut schreit der DJ durch sein Mikro.
Die Tanzfläche füllt sich, von allen Seiten
kommen Leute wie auf Befehl aus ihren
Ecken. Sie stürmen an mir vorbei,
schubsen, drängeln, um den besten Platz
auf der Tanzfläche zu bekommen. Ein
High-Heels-Absatz platziert sich genau
auf meinem Fuß – autsch! Ich habe genug.
Ich will nach Hause!
„Süße, ich hau ab. Meld dich, wenn was ist.
Kuss“. Schnell raus. Hunger stillen, noch
ein wenig chillen, dann ins Bett. Ich
schaue an mir herunter: Rock, Pumps, ein
T-Shirt. Besonders elegant ist das nicht,
„normal“, würde ich sagen. Schick macht
sich hingegen die riesige Laufmasche am
schnapp
sie dir
30
rechten Oberschenkel. Ein kleiner Ausrutscher
mit der Zigarette und das Übel
war geschehen: Von Bewegung zu Bewegung
verwandelt sich das kleine Brandloch
nun in ein großes Desaster. Meine
eigentlich schwarze, blickdichte Strumpfhose
ist nur noch ein Stofffetzen, reif für
den Mülleimer. Und sie lässt mich wirken,
als hätte ich eine aufregende Partynacht
hinter mir. Von wegen …
Hunger stillen
mit Hindernissen
„Eine Pizza Funghi bitte.“ Mitten im
Getummel hungriger Partygäste ergattere
ich noch einen freien Sitzplatz. Ein
scheinbar aufsehenerregendes No go,
sich in eine Runde fremder Menschen zu
setzen – zum Essen, nicht zum Reden. So
deute ich jedenfalls die Blicke der Mädchen
auf 15-Zentimeter-Absätzen und kiloschwerer
Haarspray-Frise an meinem
Tisch. Sie mustern mich, beginnen zu reden.
Immer lauter. Schlampe! Kein Geld
für eine heile Strumpfhose, oder findste
das geil? Ich schaue kurz hoch. Am liebsten
würde ich lachen, wie die drei als
Gruppe so stark sind und ich allein mit
meiner riesigen Laufmasche das perfekte
Opfer für nächtliche Pöbeleien zu sein
scheine. Denk mir aber: Mund halten,
weiter auf die Pizza starren und so tun,
als hätte ich nichts gehört! Hab auch keine
Lust, das weiter zu hören. Krame also
in meiner Tasche. Strickjacke an, Kapuze
hoch. MP3-Player raus, beide Stöpsel rein.
Hatse Schiss, wa? Schallendes Gelächter.
Ich freue mich auch. Denn sie ziehen ab,
mit dem berauschenden Gefühl, beängstigend
zu sein. Und ich hab meine Ruhe.
Hey, darf ich mal ein Stück probieren?
Zu früh gefreut! Ein anderer Gast, sichtbar
betrunken, setzt sich neben mich,
knallt seine Bierflasche auf den Tisch und
rückt seinen Stuhl so nah, dass er mit einer
Pobacke fast auf meinem Stuhl sitzt.
Seine Freunde, die am Eingangsbereich
auf ihre Bestellung warten, beobachten
das Geschehen. Ich stehe auf, ohne Kommentar.
Mir reicht’s. Schnappe meine Pizza
und versuche, durch die Menschenmenge
an der Theke den schnellsten Weg
zum Ausgang zu finden. Die Gäste beobachten
das, die drei Mädchen lachen wieder,
schreien mir irgendwas hinterher.
Macker, lass sie in Ruhe! Wenigstens ein
paar reagieren, wie es sich gehört. Seine
Freunde aber machen dem Betrunkenen
Mut. Klopfen ihm auf die Schulter, animieren
ihn, mir hinterherzulaufen. Es macht
ihnen Spaß. Ran da! Die macht sich nur
rar! Schnapp sie dir! Ich eile raus, auf die
Straße. Etwa 50 Meter bis zum Taxistand.
Er ist leer. Ich habe Angst: Gerade habe
ich noch im Radio von einer Situation wie
dieser gehört; die ist ausgeartet. Ich denke
auch an den Kommentar des Türstehers
beim Verlassen des Clubs vorhin: Ich
wolle doch jetzt nicht allein nach Hau-se
gehen! „Wird schon klappen“, habe ich
erwidert. Er hat den Kopf geschüttelt.
Und behielt recht. Deswegen bin ich nun
hier, am leeren Taxistand. Denn ich habe
keine Lust auf Polizei, Türsteher oder
überhaupt auf mehr Aufsehen. Ich will
einfach nur nach Hause. Taxi?! Keines da.
Immer noch nicht. Der Betrunkene sieht
es als Spiel. Er folgt mir über die Straße.
Ey Süße, zier dich nicht so. Ich krieg dich
schon noch!
Mein Heimweg
liegt in der
Waffenverbotszone
Plötzlich fährt doch ein Taxi vor. Ich stoppe
es, indem ich fast vor die Motorhaube
laufe. Beobachte, wie mein Verfolger
unterdessen seinen Weg zurück in den
Imbiss gefunden hat. Er lacht noch, läuft
dann seinen Kumpels in den Arm, die ihm
auf die Schulter klopfen, als habe er gerade
eine Prüfung bestanden. „Bringen
Sie mich bitte nach Hause? Ist etwa ein
Kilometer.“ Ich höre die Jungs lachen. Der
Taxifahrer verdreht die Augen, seufzt laut.
Ob er ein Problem habe? Ja, junge Dame.
Oder glauben Sie, dass ich von Ihrem popeligen
Kilometer heute Nacht reich werde?
Ich streite mich mit ihm – er hat
schließlich eine Beförderungspflicht. Interessiert
ihn aber nicht. Noch während ich
durchs Fenster ein ordentliches Trinkgeld
verspreche, legt er seine Hand auf den
Schaltknopf, den ersten Gang ein und
fährt los: Ein Frauennachttaxi solle ich
mir rufen. Also gut.
Durch
die Nacht
„14014? Ich hätte gern ein Frauennachttaxi
zum Schüsselkorb bestellt.
Wann kann ich circa damit rechnen?“ – „In
etwa 20 bis 25 Minuten.“ – „Danke, dann
nicht.“ Zu Fuß sind es nur etwa zehn Minuten
nach Haus. Durch die Wallanlagen,
unbeleuchtet und an betrunkenen Männern
vorbei, die man da um diese Zeit gewöhnlich
trifft, wäre es etwas kürzer.
Dennoch will ich da nicht lang. Als ich
neu in der Innenstadt war, fragte ich mal
die Polizei, was ich denn am besten tun
solle. Sie riet mir damals, beleuchtete
und belebte Straßen für den Heimweg zu
nutzen. Solche also wie die, von der ich
gerade komme: wo ebenfalls betrunkene
Gestalten meinen Weg kreuzen, mich beleidigen
und anmachen. Immerhin: Mein
Heimweg liegt in der Waffenverbotszone.
Dort darf niemand auch nur ein
Messer bei sich tragen. Raubüberfälle und
Sexualdelikte gibt’s hier trotzdem – ohne
Waffen. Vor kurzem hat eine Frau in den
frühen Morgenstunden sogar eine Leiche
gefunden … Mein Kopf ist voll mit Gedanken
dieser Art. Ich verdränge sie, versuche,
keine Angst zuzulassen. Du musst
hier langgehen, um nach Hause zu kommen,
sage ich mir. Nur noch dieses eine
Mal, rede ich mir ein.
Bist du noch wach? Bitte, nimm ab! – Keine
Reaktion. Dabei wäre eine Unterhaltung,
wenn auch nur am Telefon, genau
das, was mich jetzt wohler fühlen ließe.
Selbst ein arrangiertes Telefonat verschrecke
Fremde, heißt es, man wirke
verabredet. Andererseits: Wer sein
Smartphone rausholt, erhöht das Risiko,
genau deswegen überfallen und ausgeraubt
zu werden. Sagt auch die Polizei. Ist
eh zu spät! Was, wenn es nun jemand gesehen
hat? Ich stelle das Gerät auf laut-
am wall
2.00 Uhr
Einlass. Endlich. Eine Gruppe
Männer lässt uns vor. Wir sind drin!
4.50 Uhr
Der DJ dreht nochmal auf. Ich gehe.
×
Fr, 5.10 Uhr
Ausgang „NFF Club“
„Du willst doch jetzt nicht alleine
und zu Fuß nach Hause gehen?“,
tadelt der Türsteher.
„Wird schon klappen“, sage ich,
winke noch einmal und verabschiede
mich.
reportage
31
Zu Fuß sind es bloß zehn Minuten bis nach Hause,
durch die Wallanlagen ist es etwas kürzer. Aber dunkler
los – nicht, dass noch jemand anruft jetzt!
Ich will ja eben keine Aufmerksamkeit.
Wer weiß, was dann noch passiert. Ich zucke
vor Schreck zusammen. Irgendjemand
in unmittelbarer Nähe hat eine Glasflasche
zu Boden geworfen. Keine Angst, sage
ich mir wieder. Und: Es ist doch gut,
wenn ich anderen Menschen begegne.
Wie lautete doch ein weiterer Rat der
Polizei? „Suchen Sie die Nähe anderer
Personengruppen.“
Guten Aaaaabend, junge Frau! Eine Gruppe
alkoholisierter Männer hat es sich auf
einer der Parkbänke gemütlich gemacht –
wie erwartet. Die Bierflaschen blitzen
aus der Plastiktüte. Die Männer mustern
mich, meine Laufmasche, grinsen. Ich tue
so, als sei ich überhaupt nicht angesprochen
worden. Musik hilft! Ich drehe sie
laut, auf beiden Ohren. Nun höre ich
nichts mehr, nichts von dem, was um
mich herum passiert. Ist das schlau? Die
Kapuze weit ins Gesicht gezogen stolpere
ich so schnell wie auf meinen Pumps
nur irgend möglich gen Zuhause.
Schatz, sorry, dass ich dich allein laufen merke ich ohne mich noch mal um-drehen
zu müssen. Was will er? Wieder
lassen habe. Ich sitze gerade mit C. im Taxi,
wir fahren zu ihm. Bist du gut angekommen?
Gehen wir morgen wieder
Angst. Ich bin fast vor meiner Tür, krame
los?
Ich schreie
ihn an.
Er schaut nur
verschreckt
Die letzten 100 Meter, ich kann meine
Haustür schon sehen. Das Licht im Treppenhaus
ist an. Vor mir läuft ein Mann, etwa
in meinem Alter. Ich zünde mir meine
letzte Zigarette an, daraufhin dreht er
sich kurz um, läuft dann aber weiter.
Guck nicht so, denke ich mir. Bitte lass es
jetzt gut sein. Dann bleibt er stehen, ich
haste vorbei. Bloß nicht ansprechen lassen!
Als ich etwa zehn Meter vor ihm bin,
setzt auch er sich wieder in Gang, das be-
in meiner Tasche nach meinem Schlüssel.
Merke, dass er auf mich zukommt. Immer
näher. Hast du … – „Mann, lass mich in
Ruhe. Was willst du? Spinnst du? Hau ab!“
Ich schreie ihn an, lasse ihn seinen Satz
nicht mal halb vollenden. Er schaut nur
verschreckt. Ich schließe die Tür auf und
lasse sie mit einem großen Knall hinter
mir zufallen, atme tief durch. Angekommen.
Vielleicht wollte er mich ja nur nach
Feuer fragen?
Morgen gehen wir wieder los, es wird
wieder spät werden. „Geh dann nicht allein
nach Haus“, rät meine Mutter immer
gern. „Nimm dir lieber ein Taxi, auch für
den kurzen Weg.“ Das Handy vibriert
kurz. Bist du gut angekommen? Melde dich
bitte! „Ja, alles gut. Morgen wieder! Freue
mich! Kuss“.
32
am wall
Di, 15.30 Uhr
Am Wall, Ecke Herdentor
Eine Gruppe junger Mädchen rennt
zur Haltestelle. Als eine von ihnen
ihre bunte Einkaufstasche verliert,
brechen die anderen in lautes
Gelächter aus.
15.40 Uhr
Es nieselt. Passanten zücken
Regenschirme, andere ziehen ihre
Schultern zusammen, verstecken
Hände und Hälse in ihren Jacken
und trotzen den Tropfen.
15.45 Uhr
Herdentorswallmühle
Ein junger Mann mit Ohrstöpseln
joggt durch die Wallanlagen. Einen
Moment bleibt er stehen, rückt
sein Shirt zurecht, wirft einen Blick
auf sein Smartphone und läuft
schließlich weiter.
feature
×
Ein älteres
Ehepaar
schlendert
eingehakt
den Gehsteig
lang. Sie
zieht ihm
am Ärmel in
Richtung
Schaufenster,
er folgt ihr
33
TRADITION
VERSUS
TREND
Auf online pfeift Hans Eulenbruch,
widerwillig.
genauso auf Rabattschlachten. Und
trotzdem läuft sein Laden gut.
Eine Anprobe bei „Harms am Wall“
Text: Sonja Gersonde
Fotos: Leonie Francke
Ein Dienstag Anfang Oktober. Menschenmassen
bevölkern die Straßen, es ist frühherbstlich
frisch. Vorbei an „Orsay“,
„New Yorker“, „Esprit“, an „Mango“, „Tally
Weijl“ und „Promod“. Hier und da ein
„Deichmann“, um die Ecke „C&A“ – und
natürlich der schwedische Moderiese
„H&M“. Schaufenster preisen die Trends
des kommenden Winters an: Senfgelb ist
also immer noch hip, dazu Erdtöne und
Weinrot, wohin das Auge sieht. Die hier
beschriebene könnte jede x-beliebige
größere Stadt in Deutschland sein. In jeder
bietet sich dasselbe Bild: Teenies, Junggebliebene
und Mid-agers in Leggings, karierten
Hemden, XXL-Schlauchschals, kakigrünen
Parkas mit Kapuzen aus Fellimitat
und Accessoires mit draufgedruckten
schwarzen Schnurrbärtchen tragen ihre
bunten Plastiktüten von Modegeschäft zu
Modegeschäft. Die Innenstädte sind in festen
Händen, und zwar in jenen der Filialisten.
Bremen bildet da keinerlei Ausnahme.
Während sich die Modeketten in der Sögeund
Obernstraße ihre Rabattschlachten
liefern, nimmt Hans Eulenbruch eine Straße
weiter einen großen Schluck Multivitaminsaft.
Der Inhaber und Geschäftsführer
von „Harms am Wall“ sitzt an seinem
massiven Schreibtisch im dritten Obergeschoss
des imposanten Altbaus mit Blick
auf die noch grünen Wallanlagen. Sein
Territorium umfasst 1.500 Quadratmeter,
verteilt auf fünf Etagen. Teppichboden,
hohe Decken und hölzerne Treppen, deren
Stufen beim Betreten bedrohlich knarren:
Sie erzählen die Geschichte eines der
ältesten inhabergeführten Fachgeschäfte
Deutschlands. Dem Werbeslogan nach ist
Harms ein Haus „für die schönen Dinge
des Lebens“. Dass die relativ teuer sind,
macht schon ein Blick in die Schaufenster
klar: ein „kleines Schwarzes“ für um die
500 Euro, Designer-Gummistiefel von
Marc Cain in angesagtem Leo-Print, das
Paar für 379 Euro. Nicht gerade ein
Schnäppchen, und wer ist eigentlich Marc
tradition
versus
trend
34
Cain? Nachtwäsche schmückt ein komplettes
Fenster, elegante Abendmode
ziert ein weiteres. 40 Topmarken hat das
Textilhaus im Angebot. „Das Herzstück
ist unsere ‚DOB‘-Abteilung im ersten
Obergeschoss“, verrät Hans Eulenbruch:
Damen-Ober-Bekleidung. Schaut man
sich auf der Straße um, was Bremerinnen
da so tragen, sieht man Marken wie
„Amisu“, „Divited“ und „Clockhouse“.
Bei Harms ist nichts davon zu finden.
Aber die 08/15-Bremerin gehört eben
auch nicht zur Stammkundschaft des
1865 als „Tuch-, Manufactur- und Modewarengeschäft“
gegründeten Hauses. Und
die Stammkunden sind Harms’ wirtschaftliche
Basis. Mehr als die Hälfte seines
Umsatzes, erzählt Eulenbruch stolz, mache
er mit ihnen – ein außergewöhnlich hoher
Anteil, den sich das Unternehmen über
die Jahre hinweg hart erarbeitet habe.
Von wegen
Millionäre
An diesem Nachmittag betreten nur
vereinzelt Kundinnen und Kunden das
Geschäft, meist Damen im fortgeschrittenen
Alter. Sie sehen unscheinbar aus:
keine Klunker, keine wuchtigen Handtaschen,
keine kleinen, frisierten Hunde auf
dem Arm (obwohl Eulenbruch einen großen
Hundenapf am Eingang platziert hat).
Understatement der Bremer Millionäre?
Eulenbruch muss lachen: „Die Bremer
Millionäre halten ihr Geld bei sich“, sagt
er. „Die sind sparsam.“ Seine Kundschaft
beschreibt er als „anspruchsvoll“ und mit
mittlerem Einkommen. Was nicht ausschließt,
dass der ein oder die andere
durchaus auch schon mal 60.000 Euro im
Jahr in den Harms’schen Hallen lassen.
Eulenbruch trägt Anzug und Hemd, das
Jackett hat er über seinen Schreibtischstuhl
gehängt. Er redet gern und viel.
Über seine Prokuristin und rechte Hand
Antje Horn, die, so der Plan, in naher
oder fernerer Zukunft die Unternehmensnachfolge
antreten wird. Über Politik.
Und über die ringförmige Straße um die
Altstadt, deren Fassaden und Schaufenster
bereits ins Grüne reichen – für ihn die
schönste Einkaufsgegend der Stadt. Fast
alle Läden hier sind inhabergeführte Fachgeschäfte.
Hinter ihnen stecken keine
Großkonzerne, die Verluste einzelner Filialen
auch mal abfedern können.
Die Verkäuferin
kennt die
„Problemzonen“
ihrer Kunden
Große Experimente oder radikale Sortimentsänderungen
können für sie, wenn’s
schiefläuft, das sofortige Aus bedeuten –
eine bittere Erfahrung, die auch Eulenbruchs
Vorgängerinnen machten, als sie
das Modehaus um eine Möbelabteilung
erweiterten. „Als ich im Januar 2001 das
Geschäft übernommen habe, war Harms
am Wall pleite. Punkt“, erinnert sich Eulenbruch.
Nach umfassendem Umbau eröffnete
er im September neu, ohne Möbel-,
dafür mit doppelt so großer DOB-Abteilung.
Heute schreibt die F. H. Harms
GmbH wieder schwarze Zahlen. Im
Herbst 2008 eröffnete das Tochterunternehmen
„Milani-Moden“ in den „Havenwelten“
in Bremerhaven, ein Fachgeschäft
für hochwertige Damenmode. Kein Zauber,
sagt Eulenbruch, sondern schlicht
Service. „Wir betüddeln unsere Kunden
noch.“ Viele seiner Stammkundinnen und
-kunden hätten ihre ganz persönliche Verkäuferin,
die nicht nur ihre „Problemzonen“,
sondern auch ihre Lebensgeschichten,
Lieblingsmarken, Konfektionsgrößen
und die Namen ihrer Kinder kenne. „Langjährige
Kunden bringen wir auch mal mit
dem Auto nach Hause, wenn sie ihren
Zug verpasst haben, oder statten ihnen
Krankenbesuche ab.“
Im Kassenbereich des ersten Obergeschosses
ist eine der Verkäuferinnen in
ein Gespräch mit einer Kundin vertieft.
Die Dame, etwa Mitte 50, Dauerwelle
und Knirps unterm Arm, ist umgeben von
Strumpfwaren, akkurat im Regal platziert,
von sorgsam zusammengefalteten und
nach Farben sortierten Shirts, übersichtlich
drapiert auf großflächigen Tischen.
Keine überfüllten Kleiderständer und
schon gar keine Grabbeltische. „Nein, geben
Sie mir das mal in Größe 38. Danke, ja,
das passt so, nein, das geht so mit.“ Es ist
ein Verkaufsgespräch, wie es täglich abertausendmal
irgendwo geführt wird, sieht
man einmal von den aufgerissenen Verpackungen
ab, die sich an der Kasse stapeln,
weil die Verkäuferin der Kundin jedes
Hemdchen einzeln präsentiert hat – so
lange, bis das für sie passende gefunden
war. Vermutlich wird sie die kommende
halbe Stunde damit verbringen, die Hemden
wieder einzusortieren.
Die Kundin verlässt den Laden und passiert
die Harms-Passage, die den Wall auf
Höhe der Museumstraße mit der Innenstadt
verbindet und für mehr Laufkundschaft
sorgen sollte. 100 Quadratmeter
Ladenfläche gab Eulenbruch damals dafür
her. „Im Nachhinein hätte ich die lieber
wieder zurück, um auszubauen“, grummelt
er, denn das Konzept ging nicht auf.
Der Wall stehe noch immer weit hinter
seinen Möglichkeiten zurück, klagt Eulenbruch,
der unter anderem in der „Wall-
Werbe-Gemeinschaft“ und im Vorstand
des Einzelhandelsverbands die Interessen
der Geschäftsleute am Wall vertritt.
Visitenkarte
statt Onlineshop
In der City, vor den Kabinen bei
H&M, bildet sich eine Schlange. Man
braucht nicht vor Ort zu sein, um das zu
wissen. In den Umkleiden stapeln sich die
auf links gedrehten Kleidungsstücke, Plastikbügel
landen lautlos auf dem Boden.
Menschen drehen sich um die eigene
Achse, ziehen Bäuche ein, zupfen sich am
Ausschnitt. Freundinnen beraten, ob sich
der Kauf des zehnten Basic-Tops lohnt,
fragen sich, warum sie in den Spiegeln so
unförmig aussehen. Das Personal sortiert
die ungewollten Stücke auf den Kleiderstangen
und anschließend an ihren eigentlichen
Platz zurück. Muskelkater wird das
geben, so voll beladen sind die Arme. Ab
und an ist ein „Bitte nicht zu zweit in die
Umkleiden“ zu hören. Für individuelle Beratung
bleibt keine Zeit. Aber ist die
am wall
15.55 Uhr
Am Wall, Höhe Harms-Passage
Eine Dame im Rollstuhl verlässt in
Begleitung einer weiteren Dame das
Textilhaus „Harms“. Ihre rechte
Hand ruht auf einer Tüte mit dem
blauen Logo des Geschäfts.
×
18.20 Uhr
Ein älteres Ehepaar schlendert
eingehakt den Gehsteig lang. Sie
zieht ihm am Ärmel in Richtung
Schaufenster, er folgt ihr widerwillig.
feature
35
Die Dame könnte ihren Lieblingsstil und die Namen Ihrer
Kinder kennen. Die Kleider aber kommen von der Stange
überhaupt gewünscht? Ist die gute Freundin
nicht ohnehin ehrlicher als die Verkäuferin,
die – ja, eben nur verkaufen will?
„Service“ bedeutet bei den Modeketten
vor allem Umtauschgarantie, lange Rückgabezeiten
und bequemes Onlineshopping
vom heimischen Sofa aus. Bei Harms
am Wall ticken die Uhren noch anders.
Zwar werden auch hier Kleidungsstücke
auf Wunsch nach Hause geliefert. Der
Webauftritt aber gleicht fast schon einer
dieser Internetleichen, ist mehr einfache
Visitenkarte als digitales Aushängeschild.
Der Fokus, das ist deutlich, liegt bei dem,
was im Geschäft selbst passiert. Für Eulenbruch
bedeutet „Service“ in erster Linie
individuelle Betreuung und Beratung
im Laden. Das, so ist er überzeugt, entspreche
auch dem Bedürfnis seiner Zielgruppe.
Die gehöre eh nicht zu jenen, die
sich ihre Warenkörbe im Internet füllten.
50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt
Eulenbruch. Nicht eine einzige
betriebsbedingte Kündigung musste er bis
dato aussprechen, nicht mal im Zuge der
Sanierung 2001. Einige Angestellte sind
seit über 40 Jahren im Unternehmen. Sie
kamen als Lehrlinge. Und blieben.
Einige sind
schon mehr als
40 Jahre dabei
Die Schaufenster der Filialisten hingegen
sind plakatiert mit Jobangeboten. Die
Nachfrage nach 450-Euro- und Teilzeitkräften
ist konstant hoch – ebenso wie
deren Fluktuation. Ob als Ferienaushilfe,
Übergangs- oder Studentenjob: Jeder
kennt wen, der irgendwann einmal einen
Zwischenstopp als „Verkäufer“ in einer
der zahlreichen Mode- und Einzelhandelsketten
eingelegt hat. Hans Eulenbruch
schämt sich für diese Unternehmen. „Ich
finde es katastrophal, wie die mit unseren
‚Human Ressources‘ umgehen“, sagt er
kopfschüttelnd. Deren ständige Rabattaktionen
seien nur durch auf ein Minimum
reduzierte Personalkosten finanzierbar.
„Und dann lassen sie sich zertifizieren, für
nachhaltige Herstellung oder als familienfreundliche
Arbeitgeber!“, schimpft Eulenbruch.
Fachhändler wie er beschäftigten
auf gleicher Fläche doppelt bis dreimal
so viele Angestellte. Familienfreundlichkeit,
Nachhaltigkeit und altersgerechtes
Einkaufen seien für ihn Selbstverständlichkeiten:
„Das muss ich nicht durch ein
Blatt Papier zum Ausdruck bringen.“
Harms’ eigentliche Konkurrenz hat sich
mit dem Modehaus „Stiesing“ – gegründet
1895 – in der Sögestraße sowie „Ristedt“
am Ansgarikirchhof mitten zwischen die
Filialisten gemogelt. Doch Eulenbruch
winkt ab. „Die Konkurrenz ist in Bremen
nicht sonderlich groß“, hält er fest. „Fahren
Sie mal nach Düsseldorf oder Hamburg,
da haben Sie die zigfache Auswahl.“
Er selbst kaufe im Übrigen seit Jahren bei
Stiesing ein, gibt er zu, denn „die führen
wesentlich mehr Herrenmode als wir“.
36
am wall
Mi, 10.32 Uhr
Am Wall, zwischen Nr. 135 und
Nr. 198
Dicke Regentropfen fallen auf das
Glasdach. Eine junge Frau, beladen
mit Einkaufstüten, schiebt eilig sich
und das im Kinderwagen sitzende
Baby unter die Überdachung. „Im
zentralen Bereich der Straße, beidseitig
vom Herdentor, wurde in
Bauabschnitten vor und nach 2000
eine gläserne Überdachung des
Bürgersteiges errichtet.“
10.40 Uhr
Am Wall 137–139
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite
beschnuppern sich zwei
Hunde. Die Herrchen schauen mit
leicht säuerlicher Miene auf die sich
langsam bildenden Pfützen. „Seit
2003 ein modernes Geschäftshaus
mit der Kleinen Wallpassage zur
Herdentorswallstraße; Architekturbüro
Gert Schulze“.
porträt
37
WIKI UND
DER SCHLAUE
MANN
Klopfen, fragen, schreiben:
Roland Kutzki hat „Am Wall“ ins Netz
gebracht – einer seiner
1.200 Wikipedia-Artikel. Ein Querlesen
zu Fuß, ganz ohne Hyperlinks
Text: Olga Gala
Fotos: Franziska von den Driesch
„Am Wall 74A war von 1849 bis 1875 Sitz
der Kunsthandlung August Wilhelm
Wedekind.“ „Am Wall 83A war der
Wohnsitz von Dr. August Ferdinand
Arnold Iken (1793–1853), Jurist, Bremer
Syndicus (1828–1849) und Richter.“ Diese
Zeilen hat Roland Kutzki geschrieben.
Sie stammen aus dem Wikipedia-Artikel
„Am Wall“(Bremen). Seit sieben Jahren
ist Kutzki bei der 2001 gegründeten Online-Enzyklopädie
dabei. Rund 1.200 ihrer
Texte hat er verfasst, unzählige weitere
gesichtet, auf Plausibilität und Form überprüft
also. Ungereimtheiten recherchiert
er nach, Unpassendes markiert er. „Ferkeleien“
streiche er gleich raus, betont er.
An diesem sonnigen Septembernachmittag
geht Kutzki, 71 Jahre, am Wall spazieren.
Bei der Bischofsnadel bleibt er stehen.
Als junger Architekt hat er bei
schönem Wetter seine Mittagspausen in
den Wallanlagen verbracht. „Eine wunderbare
Angelegenheit für Schnellerholung
war das.“ Den kleinen Tunnel gab es
damals noch nicht. „Ich hab natürlich mitverfolgt,
wie er entstanden ist und wie
man ihn sich vorher gewünscht hat.“ Der
Namen der Passage rufe oft Verwunderung
hervor, sagt er und schiebt die Erklärung
gleich hinterher: „Durch eine
kleine Pforte in der Stadtmauer sind die
Bischöfe durchgegangen.“ Für weitere
Details verweist er auf Wikipedia: „Zwischen
Nr. 168 und Nr. 169 befindet sich
die Bischofsnadel. Hier befand sich das im
Jahr 1274 errichtete Bischofstor (‚Acus
episcopi‘), ein enger Durchgang für die
Geistlichkeit. Der Abriss erfolgte 1802/04
und 1838 der Bau eines kleinen Wachhauses
mit gusseiserner Toranlage in den
Wallanlagen.“
wiki und
der schlaue
mann
38
Kutzki trennt strikt nach Themen. Zur
Geschichte des Walls etwa taucht in
seinem Artikel über die Straße auf dessen
Rücken wenig auf, diese gehöre in
den Beitrag „Wallanlagen“ oder „Bremer
Stadtmauer“. So würden Dopplungen
vermieden, die Struktur bleibe nachvollziehbar,
erklärt er. Ein Link führt von einem
Text zum anderen. Verlinken sei sehr
wichtig, sagt Kutzki, wenn auch oft eine
mühselige Arbeit, die viel Zeit koste.
Kutzki arbeitet genau, aber schnell. Länger
als ein paar Tage sitzt er selten an einem
Artikel. Man wolle schließlich auch
fertig werden, sagt er, und „da nicht so
lange rumbröseln“. Den Beitrag „Am
Wall“, 3.500 Wörter lang, hat er in knapp
einer Woche geschrieben. In den Text hat
er viel Mühe hineingesteckt. „Ich bin den
Wall längsgegangen und habe mir Haus
für Haus Notizen gemacht“, erzählt er.
An einigen wenigen Haustüren hat er
auch geklopft und Fragen gestellt. Wenn
er über Straßen schreibe, mache er das
immer so, sagt er. Davon abgesehen recherchiere
er aber in der Regel nur vom
Schreibtisch aus. Die meisten Informationen
bekommt er im Netz – von Google
oder von Wikipedia selbst. Für den
„Am Wall“-Artikel etwa nutzte er die in
der Online-Enzyklopädie verfügbaren
Bremer Denkmallisten, an denen er ebenfalls
mitgearbeitet hatte. Sogar das
Staatsarchiv stellt seine Jahrbücher mittlerweile
online: „Da muss ich da ja gar
nicht mehr hin.“
Vom Einzelnen
zum Ganzen
Kutzki arbeitete zuletzt als Stadtplaner
im Osten Deutschlands, zehn,
manchmal auch 16 Stunden am Tag. Nach
seiner Pensionierung suchte er nach einer
neuen Aufgabe. Sein politisches Engagement
bei der SPD und das soziale in
seinem Stadtteil plus ein bisschen Gartenarbeit
– das alles lastete ihn nicht aus.
„Ich habe damals einige Artikel auf Wikipedia
gelesen und dachte: ‚Das ist ja grottenschlecht.‘“
Kutzki wollte es besser
machen. Anfangs ergänzte er die Texte
lediglich. Irgendwann begann er selbst zu
schreiben, zunächst über die UdSSR, weil
ihn das interessierte und es da wenig gab,
dann auch über Bremen. Er stellte Listen
über die Angehörigen des Politbüros auf,
schrieb über Wirtschafts- und Innenpolitik
der Sowjetunion. Gewissenhaft. Genau
recherchiert. „Wenn man diese Arbeit
macht, sind Meinungen nicht gefragt,
nur enzyklopädische Feststellungen“,
sagt Kutzki. „Klar, bei einem Nationalsozialisten
geht meine Neutralität vielleicht
auch etwas baden“, räumt er ein, „aber
ansonsten schreib ich über einen Christdemokraten
genauso wertneutral wie
über einen Sozialdemokraten. Denn es
ist hier eine Enzyklopädie und keine
Meinungsbörse.“
Das ist hier
eine
Enzyklopädie
und keine
Meinungsbörse
Rund 20 Stunden pro Woche investiert
er in Wikipedia. Kutzki sagt, er denke
induktiv – vom Einzelnen arbeite er sich
zum Ganzen vor, ohne dieses aus dem
Blick zu verlieren. Gerade schreibt er an
einer vollständigen Liste der Bremer Bürgerschaftsabgeordneten
ab 1945. Über
alle Parlamentarier, die länger als zwölf
Jahre ein Mandat innehatten oder besonders
erwähnenswert sind, verfasst er
eine kurze Biografie. Bald sind die Abgeordneten
der Jahre 1854 bis 1933 dran.
Die Recherche ist da schwierig. Nicht
alle sind namentlich erfasst. Es gibt viele
Lücken. Kutzki wird versuchen, sie zu
schließen. Die Struktur seiner Texte hat
er standardisiert.
Bis zu drei Biografien schafft er so am
Tag. Routinearbeit, die nicht besonders
spannend ist. Kutzki macht sie trotzdem.
Der Vollständigkeit halber. „Man will dem
Thema ja auch gerecht werden und das
ganze Kapitel Bürgerschaftsabgeordnete
abschließen“, sagt Kutzki. Das Schreiben
macht ihm mehr Spaß als die Recherche.
Aber die gehört nun mal dazu: Arbeit, die
gemacht werden muss – auch wenn es ein
Hobby ist.
Der Raumwert
der Bäume
Der Spaziergang am Wall geht weiter.
Klassizistische Bauten. Hohe Fensterbögen.
Verzierte Fassaden. Kutzki geht
daran vorbei. Erst ein schlichter Bau aus
den späten 1950er-Jahren weckt seine
Aufmerksamkeit. „Diese sehr schlanken
Säulen sind bemerkenswert“, sagt er,
„das strahlt eine Ruhe aus. Ein sehr attraktives
Haus.“ Ganz anders das zwei
Nummern weiter. „Ein sehr aufgeregtes
Gebäude“, urteilt Kutzki. „Das ist unnötig.“
In Wikipedia schreibt er über den
1950er-Jahre Bau: „Am Wall 128–13 steht
seit 1956 das von Friedrich Kraemer aus
Braunschweig entworfene fünf- bis sechsgeschossige
Bürohaus für die Versicherung
Vereinigte Leben. Das moderne Gebäude
aus Beton und Glas und mit seinen
frei stehenden Tragwerkspfeilern ist ein
Kontrast zu seinen flächigen Nachbarhäusern.
Hier führt eine Treppe zur Ansgaritorswallstraße
und zur Knochenhauerstraße.
Hier residiert heute die DAK und
die Signal-Iduna-Versicherung.“
Kutzki war jahrelang als Architekt in Bremen
tätig. Im November 1990, gleich
nach der Wiedervereinigung, ging er nach
Mecklenburg-Vorpommern, wo er bis
2004 Leiter des Bereichs Städtebauförderung,
Stadtentwicklung und Stadterneuerung
war. „Obwohl ich als Schüler eigentlich
eher faul war, entwickelte ich mich
immer mehr zum Workaholic.“ Kutzki
lacht viel, während er erzählt. Zitiert hin
und wieder den Philosophen Karl Popper.
Erinnert sich an seine Studentenzeit, als
er Vorsitzender des Studentenbundes
Bremen und für das damals studentisch
betriebene Jazzlokal „StuBu“ an der Ostendorpstraße
verantwortlich war. Wie
sie mithalfen, den Abriss des Viertels zu
verhindern. Ein 68er sei er gewesen.
Kutzki weiß noch jeden Namen, die seiner
Mitstreiter, der Kollegen und politischen
Führungsgrößen, Orts- und Stra-
am wall
16.20 Uhr
Am Wall, zwischen Nr. 144 und
Nr. 142
Jemand hat ein Brötchen fallen
lassen. Ein paar Tauben picken die
Krümel auf. „Das 1229 errichtete
Herdentor (‚portam gregum‘) als Weg
der Viehherden von der Sögestraße
zur Bürgerweide. Der Turmabriss erfolgte
1802/04 und 1826.“
porträt
39
Die alten „Spiegel“-Artikel sind längst alle online abrufbar.
Online-Autor Roland Kutzki jedoch archiviert die Hefte noch
ganz klassisch – in Papierform
ßennamen. Er erzählt viel. Unterhaltsam.
Verliert sich manchmal in Details. Ein Idealist
sei er gewesen, heute sei er es immer
noch. Städte müssten funktional sein,
natürlich. Aber Beton mitten in der Innenstadt?
Das gehe doch nicht. Da müsse
Granit her! Beton sehe nicht nur unästhetischer
aus, sondern müsse auch
schneller ersetzt werden. Langfristig also
keine Ersparnis. „Eine granitgebrochene
Platte hingegen hat Anstand“, sagt Kutzki.
Und die Stadt müsse sich mehr zum
Wasser öffnen. Wie er sich einst über
den Ausbau der Schlachte gefreut hat! Für
solche Vorhaben, sagt er, müsse man auch
etwas investieren – aber nur, wenn es
auch wirklich einen Mehrwert bringe. Eine
S- und U-Bahn etwa brauche Bremen
nicht: Unnötig. Zu teuer. Da hat er sich
seinerzeit gegen gewehrt.
An der Kreuzung Herdentor/Am Wall
steht eine kleine Baumgruppe. Früher gab
es hier ein Reisezentrum, einen kleinen
Pavillon. Der stand im Weg. Irgendwann
sei er endlich verschwunden, stattdessen
wurden Kastanien gepflanzt. „Die Wallanlagen
verlieren ja an Qualität, wenn die
Durchgängigkeit nicht gegeben ist und
man das hier zubaut.“ An manchen Stellen
seien sie sehr schmal, fälle man nur
drei oder vier Bäume, verliere der ganze
grüne Raum an Wert, sagt Kutzki – nicht
aus ökologischer Perspektive, da mache
ein einziger Baum nicht viel aus. Aber
städtebaulich sei er wichtig. Jeder einzelne.
Die Struktur
seiner Texte
hat er
standardisiert
Kutzki ist ein Mann mit Prinzipien. Bei
Wikipedia beschäftigt er sich mit Themen,
die er für relevant hält. Spannend findet
auch er sie nicht immer. „Man schreibt
aber manchmal auch Dinge, die einfach
nur Spaß machen“, sagt er. So hat er etwa
einen Text über seine alte Schule und
eine „Liste bedeutsamer Schiffsabfahrten
und -ankünfte in Bremerhaven“ verfasst,
100 Einträge, fein säuberlich aufgelistet
über die Jahre 1827 bis 2012, von der
schwedischen Schaluppe „Lyk good Hab“
bis zum Containerschiff „CMA CGM
Marco Polo“. Kutzki ist in Bremerhaven
aufgewachsen, Schiffsankünfte waren für
ihn als Junge immer ein wichtiges Ereignis:
„Da habe ich mir erlaubt, einen Artikel
nach meinem Gusto zu schreiben.“
Während er spricht, schaut er in Richtung
Loriotplatz vor dem „Swissôtel“. „Früher
war da ein eingeschossiges Gebäude, drin
war das Hillmann-Café. Da ging man
tanzen mit den jungen und hoffentlich
hübschen Mädchen. Das Gebäude war
hässlich, aber für mich ein wichtiger Anlaufpunkt,
hatte Erinnerungswert“, erzählt
Kutzki. „Trotzdem musste es weg.“ Denn
dieses Provisorium sei einfach keine Raumkante
zum Wall gewesen. Und eine solche
sei sehr wichtig gerade hier, damit sich
das Grün hineinlegen könne in den ehemaligen
Befestigungsring um die City und
sich nicht einfach unkontrolliert ausbreite.
Die Struktur muss schließlich gewahrt
bleiben. Der frühere Architekt und Städteplaner
ist da streng.
nachruf
40
Boris Willy Schulze
gestorben am 18. september 2013
im alter von 33 jahren.
Verkäufer der Zeitschrift der StraSSe –
stand meist in findorff
und am bahnhofsvorplatz
am wall
weh
mut
lyrik
Text: Hardy
Hardy verkauft die Zeitschrift der
Straße unter anderem in Riensberg und
vor „Alnatura“ in der Faulenstraße.
41
Wandle durch die Straßen, abwesend, gleich einer Trance
Woher komm ich … wohin geh ich?
heim …?
nach Haus?
Was ist ein Zuhaus? Wo ist mein Zuhaus …?
Wandle ich in der Leere?
In die Leere …?
Sehnsucht …
Schau den Pärchen nach, die liebevoll sich umarmen
… Liebe?
Voller Wehmut ich schau, auf erleuchtete Fenster,
warmes Licht auf die Gassen fällt.
Menschen lachen, halten sich im Arm, liebevoll …,
sie haben ein Zuhause …
Wehmut …
Wandle gedankenvertieft, abwesend der Geist, trüb das Bewusstsein.
Sehnsucht nach etwas, was mir genommen.
Schmerzen …
Wohin geh ich, woher komm ich …?
Ist es das Ende meines Weges,
der Weg, den viele vor mir gingen?
Wehmut …
Sehnsucht nach dem, was vergangen,
es kehrt nie mehr zurück …!
Wehmut …
Zeig mir den Weg, zeig mir den Sinn,
die Kräfte schwinden, die Sicht ist trüb,
wohin geh ich …!
Wehmut …
42
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