Nr. 11 (III-2015) - Osnabrücker Wissen
Nr. 11 (III-2015) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
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NATUR & UMWELT<br />
Hörst Du die Glocken schlagen?<br />
An der Grenze zu Niedersachsen - zwischen Ibbenbüren und Hopsten - liegt Westfalens<br />
größter, natürlich entstandener Binnensee. Das „Heilige Meer“ ist heute ein Naturschutzgebiet,<br />
über das sich der Volksmund seit Generationen eine schaurige Sage erzählt.<br />
Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Entstehung<br />
des „Heiligen Meeres“ schnell erklärt: Das Gebiet<br />
liegt in einer 4,5 km langen und 1,5 km<br />
breiten geologischen Senkungszone. Das 100<br />
Meter tief liegende, wasserlösliche Salinar-Gestein<br />
wird vom Grundwasser ausgewaschen,<br />
die entstehenden Hohlräume brechen unter<br />
der Last der darüber liegenden Erdschichten in<br />
sich zusammen und werden von dem Grundwasserspiegel<br />
gefüllt. So entstehen bis heute<br />
gelegentlich Nebenseen. Doch die Geschichte,<br />
die sich die Menschen in Hopsten und Umgebung<br />
über das „Heilige Meer“ erzählen, ist<br />
sehr viel spektakulärer.<br />
Wer traut bösen Mönchen?<br />
Auf dem Gut Venhaus in Spelle lebte einst die<br />
jungfräuliche Rittertochter Ida von Venhaus<br />
mit ihren Eltern. Regelmäßig besuchte die<br />
Familie die Klosterkirche auf dem Grund des<br />
Heiligen Feldes. Die ansässigen Mönche wollten<br />
Ida unbedingt in ihre Gewalt bringen. Als<br />
die Eltern nach Münster reisten, klopfte es eines<br />
Abends an der Tür. Ein als Bettler verkleideter<br />
Mönch bat um ein Nachtquartier, das<br />
die christlich erzogene Ida dem Mann nicht<br />
verwehren konnte. Als sich beide hinlegen<br />
wollten, brach auf dem Gut ein Feuer aus. Vor<br />
den Toren des Gutes warteten mehrere verkleidete<br />
Männer. Sie brachten Ida auf Umwegen<br />
in das Kloster und sperrten sie in ein Verlies.<br />
Warum schuf Gott das „Heilige Meer“?<br />
Der Pförtner sowie Pater Martin, der letzte der<br />
im Kloster noch nach Gottes Vorstellungen<br />
lebte, kümmerten sich um Ida und versprachen<br />
ihr, sie zurück zu ihren Eltern zu bringen.<br />
Am folgenden Abend, als sich eine riesige,<br />
pechschwarze Gewitterwolke über das Kloster<br />
türmte, Regen hernieder prasselte und das<br />
zornige Grollen des Donners das Land bis nach<br />
Münster erschütterte, klopfte es an der Klosterpforte.<br />
Ein Ritter, der vom Kreuzzug zurückkehrte,<br />
bat um Schutz vor dem Unwetter. Pater<br />
Martin und der Pförtner vertrauten sich ihm<br />
an, der Ritter erkannte in Ida seine Verlobte.<br />
Trotz Unwetter verließen sie noch am selben<br />
Abend unbemerkt das Kloster, während die<br />
Mönche ein wüstes Gelage hielten.<br />
Kaum hatten die vier den Ort verlassen,<br />
schnellte ein Blitzstrahl auf das Kloster der<br />
bösartigen Mönche nieder. Sie flüchteten in<br />
Richtung Dickenberg und fanden am Abhang<br />
Unterschlupf in einem verlassenen Häuschen.<br />
Am darauf folgenden Morgen blickten<br />
die Geflohenen ins Tal nieder. Das gesamte<br />
Klostergebäude war verschwunden. An seiner<br />
Stelle lag nun eine große Wasserfläche, von der<br />
dichter Rauch aufstieg - das „Heilige Meer“.<br />
So wurden die Mönche bestraft, weil sie Gott<br />
in Wort und Tat lästerten und in Völlerei und<br />
Wolllust lebten, nie wieder sollte an dieser<br />
Stelle ein Kloster aufgebaut werden können.<br />
Spuckt es noch heute?<br />
Bei Sonnenwetter soll das Bild des versunkenen<br />
Klosters am Grund des Sees zu sehen sein und<br />
bei stürmischem Wetter wirft es angeblich<br />
Sparren und Balken an die Ufer. Gerade zur<br />
Weihnachtszeit soll man noch heute den Klang<br />
der Glocken der Klosterkirche schlagen und<br />
die büßenden Mönche das Klagelied „Media<br />
vita in morte sumus’“ („Mitten wir im Leben<br />
sind mit dem Tod umfangen“) singen hören.<br />
Besucher des Heiligen Meeres wollen auch<br />
schon zu anderen Jahreszeiten die Klosterglocken<br />
läuten gehört haben ... | JGH<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
Naturschutz auf 260 Hektar<br />
Das Naturschutzgebiet „Heiliges Feld“ ist<br />
ca. 260 Hektar groß, worauf <strong>11</strong> Hektar auf<br />
das „Große Heilige Meer“ entfallen. Entstanden<br />
ist das „Heilige Meer“ um das<br />
Jahr 900 n. Chr. Die Heinz-Sielmann-Stiftung<br />
hat das Gebiet zu einem der 42<br />
schönsten Naturwunder Deutschlands<br />
gekürt. Dieses Gebiet beherbergt heute<br />
bedrohte Pflanzenarten, Käfer und Amphibien.<br />
Das Naturschutzgebiet sowie die Ausstellung<br />
können kostenlos besucht werden.<br />
Zudem besteht die Möglichkeit zur<br />
Buchung von Kursen. Informationen erteilt<br />
die Außendienststelle des LWL-Museum<br />
für Naturheilkunde am „Heiliges<br />
Meer“ unter der Tel.: 05453/996-60.<br />
Bilder © Berenika Oblonczyk - Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). LWL-Museum für Naturkunde/Westfälisches Landesmuseum mit Planetarium.<br />
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