KONGRESSJOURNAL 2015/Samstag-Ausgabe public
Offizielle Kongresszeitung der Steirischen Akademie für AllgemeinmedizinGraz/28. November 2015 An drei Tagen wurden zwei Kongressjournale mit Live-Berichterstattungen, Vorschauen auf Vorträge und Seminare, Interviews und Rückblicke direkt am Kongress verteilt.
Offizielle Kongresszeitung der Steirischen Akademie für AllgemeinmedizinGraz/28. November 2015 An drei Tagen wurden zwei Kongressjournale mit Live-Berichterstattungen, Vorschauen auf Vorträge und Seminare, Interviews und Rückblicke direkt am Kongress verteilt.
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KONGRESS
JOURNAL
Offizielle Kongresszeitung der Steirischen Akademie für Allgemeinmedizin Graz/28. November 2015
Samstag-Ausgabe: 46. Kongress für Allgemeinmedizin
Der Mensch zwischen
Naturwissenschaft
und Heilkunst
Uncharakteristische Schmerzen
Tipps zur Diagnose
Im stressigen Praxisalltag sind Hausärzte
oftmals mit uncharakteristischen
Schmerzen von Patienten konfrontiert.
Prof. Dr. Frank H. Mader kennt Tipps, wie
praxisgerechte und sinnvolle Beratung
aussehen kann. Seite 8
Polypharmazie
Weniger ist mehr
Ein Verzicht auf die am wenigsten wichtigen
Medikamente kann bei Patienten
mit Polypharmakotherapie bis zu einem
Viertel der Arzneimittel und bis zu
60 Prozent der Interaktionen einsparen.
Seite 10
Neurologische Erkrankungen
Schwindel rasch erkannt
Das Beschwerdebild Schwindel zu behandeln
ist sehr zufriedenstellend für
den Arzt. Denn es gibt ein großes Arsenal
an Untersuchungen und Techniken,
die in der Praxis durchgeführt werden
können. Seite 18
KONGRESS
JOURNAL
INHALT
4 Niere: Versorgungskonzept 60/20
6 Österreichischer Impfplan 2015
8 Tipps zur Schmerzdiagnose
9 PSA-Test: Pros & Contras
10 Problem Polypharmazie
11 Lebensstiländerung leicht gemacht
12 Krankheitsbild Psychose
14 Demenz: Von Mensch zu Mensch
15 Jeder Zweite ist zu dick
16 Burnout und positives Denken
17 Hintergrundwissen in der Praxis
18 Alles rund um den Schwindel
20 Check der Blutdruckmessgeräte
21 Der kurze Draht wird digital
22 COPD in Bewegung
23 COPD als Multisystem-Erkrankung
IMPRESSUM
Medieneigentümer & Herausgeber:
Crisafulli & Stodulka
Unlimited Media GmbH
Unlimited Media
video . web . print & more ...
Verlag & Redaktion:
Salierigasse 26/4, 1180 Wien
Kontakt:
office@unlimitedmedia.at,
unlimitedmedia.at, zoe.imwebtv.at
Chefredaktion:
Thomas Stodulka
Lektorat: Alexandra Lechner
Art Direktion & Layout:
Unlimited Media
Druck:
Universitätsdruckerei Klampfer GmbH
Barbara-Klampfer-Straße 347
8181 St. Ruprecht/Raab
Rückschau 2015
Der Kongress
in Bildern
Auch heuer ist der Kongress wieder
ein voller Erfolg. An die 3.000 Besucher,
Aussteller und Referenten sind
in die Grazer Stadthalle gekommen.
Das Thema „Der Mensch zwischen
Naturwissenschaft und Heilkunst“
kommt absolut gut an und zeigt
einmal mehr, dass Schul- und Komplementärmedizin
immer mehr zusammenrücken.
Der Kongress im Web
Nachdem es für viele zeitlich schwierig
ist, bei allen Vorträgen bzw. auch
an allen Kongresstagen anwesend zu
sein, gibt es auf der STAFAM-Webseite
die Möglichkeit, alles nachzuholen
oder Gehörtes aufzufrischen.
Alle Vorträge als Videos sowie die
beiden Kongressjournale mit den
aktuellen Live-Berichterstattungen
können für registrierte Benutzer unter
www.stafam.at beliebig oft und kostenlos
angesehen werden. Das Thema
des nächsten Jahres steht schon
fest: "Vom Geben und Nehmen in
der Allgemeinmedizin".
Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf eine
geschlechtsspezifische Differenzierung
verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten
im Sinne der Gleichbehandlung für beide
Geschlechter.
Offizielle Kongresszeitung der
Steirischen Akademie für
Allgemeinmedizin
2 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
KONGRESS
JOURNAL
Graz/28. November 2015 KONGRESSJOURNAL 3
KONGRESS
JOURNAL
Nierenschäden rechtzeitig erkennen
Versorgungskonzept 60/20
Vor drei Jahren stellte eine Gesundheitsreform
wieder einmal
den Patienten in den Mittelpunkt.
„Damals wurde das
Projekt zur verstärkten Vorsorge
bei Nierenerkrankungen geboren“,
erklärte Prof. Dr. Alexander
Rosenkranz, Med. Uni Graz,
gestern in seinem Vortrag.
Die meisten Patienten kamen bisher
einfach zu spät zum Nephrologen, oft
erst bei einer Nierenfunktion knapp
vor der Dialyse. „In Österreich haben
wir derzeit etwa 4.000 Dialyse-Patienten“,
erklärt Prof. Dr. Alexander Rosenkranz,
Med. Uni Graz. „Ein Screening
ist dennoch sinnvoll, weil wir
dadurch vor allem bei Patienten mit
Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
frühzeitig eine eingeschränkte
Nierenfunktion erkennen.“
Screeninginstrumente
Deshalb wurde das Projekt 60/20 ins
Leben gerufen. Es wird in der Steiermark
bereits durchgeführt, weitere
Bundesländer sollen folgen. Die wichtigsten
Ziele des Projektes 60/20
sind die Früherkennung von Herz-
Kreislauf-Erkrankungen, die Früherkennung
einer Leistungsreduktion der
Niere auf 60 Prozent, um Maßnahmen
gegen die Progression des Funktionsverlustes
zu ergreifen. Zudem
soll eine frühzeitige Information der
Betroffenen bei einer Leistungsreduktion
der Niere auf 20 Prozent erfolgen,
um eine jeweils persönliche, optimale
Nierenersatztherapie zu definieren.
„Diese Patienten werden dann beim
Spezialisten oder im Nierenzentrum
abgeklärt. Wichtigster Ansprechpartner
bleibt aber immer der Hausarzt“,
so Alexander Rosenkranz.
Prof. Dr. Alexander Rosenkranz bei seinem Vortrag: „Ein Screening nach
Nierenschäden ist sinnvoll, weil wird dadurch vor allem Patienten mit Diabetes
und Herz-Kreislauf-Erkrankungen frühzeitig auf eine eingeschränkte Nierenfunktion
getestet werden.“
Alexander Rosenkranz: „Die Albumin/Kreatininratio
hat eine hohe
Aussagekraft, um einerseits das Risiko
für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
andererseits das Risiko der Progression
der chronischen Niereninsuffizienz
zu erkennen.“ Das zweite Screeninginstrument
ist das Serumkreatinin bzw.
die glomeruläre Filtrationsrate. Ein
regelmäßiges, in der Praxis einfach
durchführbares Screening der Nierenparameter
bei Risikopatienten wie
Hypertoniker, Diabetiker sowie Adipositas
und familiärer Nierenerkrankung
ist präventivmedizinisch von großer
Bedeutung und führt zu einer früheren
Diagnose. Nur zwei Risikofaktoren
für chronische Nierenerkrankungen
sind nicht zu ändern: das Geschlecht
und das Alter. Als Zielpopulation
schlägt er Patienten zwischen 40 und
65 Jahren vor.
Infofolder „nieren.schutz“
Als Teil des 60/20-Konzepts wird
bei einer Restfunktion von 20 Prozent
eine umfassende Aufklärung
über die Möglichkeiten der Nierenersatztherapie
(NET) vermittelt, basierend
auf einem neuen, detaillierten
Aufklärungsbogen. Des Weiteren
beinhaltet das 60/20-Konzept ein
klares Überweisungsschema. Die
Screenings sind zu einem großen Teil
im niedergelassenen Bereich umzusetzen.
Das Programm 60/20 gibt
dabei eine strukturierte Basis vor,
die im Programm deklarierten Risikowerte
und Überweisungsschemata
ein sinnvolles Werkzeug. Dazu
gibt es auch einen Infofolder „nieren.
schutz“, der detailliert alle Behandlungsoptionen
und Wege aufzeigt.
Alexander Rosenkranz: „Letztlich
geht es darum, die strukturierte Versorgung
chronisch Nierenkranker zu
verbessern, die Leistungsausgaben
im Gesundheitssystem zu reduzieren.
Sie geht aber auch mit einer deutlich
gesteigerten Lebensqualität für Betroffene
einher. Ziel ist letztlich eine
optimierte Versorgung der Betroffenen,
um ein terminales Nierenversagen
möglichst zu verzögern.“
Foto: Unlimited Media
4 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
KONGRESS
JOURNAL
Österreichischer Impfplan 2015
Impfen in der Praxis
In Österreich werden jährlich
über drei Millionen Impfungen
verabreicht. Im Rahmen der Ausbildung
wird dieses Thema aber
kaum berührt. In den Medien und
in der Laienwelt sind Unwissenheit
und Verunsicherung sehr
verbreitet und bedeutend. Daraus
ergeben sich zeitaufwändige
Diskussionen mit vielen Impflingen
bzw. deren Angehörigen.
Download-Link zum Österreichischen Impfplan 2015:
http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Gesundheitsfoerderung_Praevention/
Impfen/Oesterreichischer_Impfplan_2015
Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz, St. Marein
im Mürztal, kennt diese Probleme
aus jahrelanger Erfahrung in seiner
Praxis. „Für diese Gespräche sind
Empathie und Sachwissen essentiell.“
Zusätzlich ist in Mitteleuropa mit
vier Prozent Impfgegnern zu rechnen.
Diese sind für wissenschaftliche Argumente
oft gar nicht empfänglich.
Gespräche sind meist erfolglos und
verlorene Zeit. Im Praxisseminar am
Samstag werden immunologische
Grundbegriffe der aktiven Immunisierung
mit Tot- und Lebendimpfstoffen
besprochen. Zudem werden
auch die gesetzlichen Grundlagen der
Impfleistung wie ausreichende Aufklärung
und Dokumentation und der
fachgerechte Umgang mit Impfstoffen
dargelegt. Besonderes Augenmerk
gilt dem Umfeld, der richtigen
Haltung und Technik bei der Injektion,
besonders bei kleinen Kindern.
Umgang mit Nebenwirkungen
Besonders ausführlich werden die
echten und vermeintlichen Nebenwirkungen
von Impfungen dargelegt:
Lokalreaktionen nach Totimpfstoffen
meist innerhalb von ein bis zwei Tagen
und Allgemeinreaktionen als „Mini-
Krankheit“ nach Lebendimpfstoffen
wie bei der Masern-Mumps-Röteln-
Impfung nach fünf bis neun Tagen.
Typische Nebenwirkungen einzelner
Impfstoffe sowie vielfache sogenannte
unerwünschte Arzneimittelwirkungen
ergeben die oft schwierige oder
unmögliche Klärung zwischen einer
ursächlichen Impfnebenwirkung und
der (unvermeidlichen) Hintergrundmorbidität.
„Dazu gehören auch die
Kenntnis über die Meldepflicht von
unerwarteten Reaktionen nach Impfungen
sowie über das Impfschadengesetz“,
so Ingomar Mutz.
Impfplan 2015
Ein Hauptbestandteil ist die Besprechung
einzelner Impfungen im Rahmen
des jährlich überarbeiteten und
ergänzten Österreichischen Impfplans
des Bundesministeriums für
Gesundheit. Der Impfplan 2015 hat
in der aktuellen Version 82 Seiten. Die
wichtigsten Neuerungen sind:
• Pneumokokkenimpfung bei Personen
über 50 Jahren und solchen mit
Immunschwäche durch chronische
Krankheiten
• Impfung gegen Meningokokken B
zusätzlich zu der schon länger verfügbaren
Impfung gegen die Stämme
C und ACWY
Foto: privat
• Impfung gegen Masern-Mumps-
Röteln, wichtig und kostenfrei die
Nachhol-Impfung für Erwachsene
• Nachhol-Impfung gegen Keuchhusten
(Pertussis) wegen der begrenzten
Schutzdauer der Impfung
• Impfung für Schwangere und Betreuungspersonen
von Neugeborenen
• Impfung für Gesundheitspersonal
• Influenza-Impfung besonders auch
für Kinder
• Impfung gegen HPV
• Postexpositionelle Impfungen und
andere Maßnahmen der spezifischen
Prophylaxe nach Kontakt
mit Erkrankten
• Vorgehen bei den seltenen allergischen
Reaktionen nach Impfungen
Univ.-Prof.
Dr. Ingomar
Mutz
SEMINAR FÜR ÄRZTE:
Impfen in der Praxis
Sa., 28. 11., 14.30 - 17.30 Uhr
6 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
2016
PERSONALISIERTE MEDIZIN –
PERSONALISIERTE IMPFUNGEN?
16. JÄNNER 2016
AUSTRIA CENTER VIENNA
www.impftag.at
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KONGRESS
JOURNAL
Patienten mit uncharakteristischen Schmerzen
Tipps zur Schmerzdiagnose
Oftmals sind Hausärzte im
stressigen Praxisalltag mit uncharakteristischen
Schmerzen
von Patienten konfrontiert. Vor
dem Hintergrund der zeitlichen
und kommunikativen Ressourcenknappheit
bietet Prof.
Dr. Frank H. Mader, Arzt für
Allgemeinmedizin, Nittendorf
in Deutschland, Tipps für eine
praxisgerechte Vorgangsweise.
Charakteristische Schmerzen kennt
jeder Arzt von unzähligen Patientenschilderungen,
aber auch aus eigener
schmerzhafter Betroffenheit. Der
Klassiker unter den charakteristischen
Schmerzen ist der Wundschmerz.
Werden Schmerzen einem bestimmten
Organ oder einer bestimmten
Körperregion zugeordnet, bezeichnet
man sie ebenfalls gerne als charakteristisch.
Beim chronischen Schmerz
ist hingegen der Charakter des Warnsignals
verloren gegangen. Frank
Mader: „Beim uncharakteristischen
Schmerz handelt es sich hingegen
um Fälle, die aus nomenklatorischer
Verlegenheit mit -dynie, -pathie oder
mit -algie enden – also eigentlich um
Keine-Ahnung-Diagnosen.“ Auch die
wissenschaftliche Literatur (PubMed
und Google Scholar) hilft kaum weiter.
Trotz der Spezifizierung „non-specific“
geht es meist um die Bereiche
Rücken oder Bauch.
Die ersten fünf Minuten entscheiden
Wie könnte eine praktikable Lösung
für die Diagnose in der Hausarztpraxis
aussehen? Frank Mader: „Die Berufsausübung
in der Allgemeinmedizin
wird wesentlich vom Zeitfaktor bestimmt.
Zudem hängt der Erfolg des
Beratungsgesprächs laut Kommunikationsexperten
von den ersten fünf
Minuten ab.“ Bewährt hat sich ein
Algorithmus für die ärztliche Ersteinschätzung
eines Beratungsproblems
eines Patienten, der intuitiv im Kopf
des erfahrenen Mediziners abläuft.
Das Beratungsproblem wird bewertet
von „eher leicht“ bis „eher schwer“,
von „eher häufig“ bis „eher selten“,
von eher akut“ bis „eher chronisch“,
von „eher somatisch“ bis „eher psychisch“,
von „sofort überweisen“ bis
„zuwarten“ und von „exakte Diagnose
möglich“ bis „notwendig?“.
Drei Frage-Batterien
In der Praxis haben sich drei Frage-
Batterien bewährt. Zunächst geht es
um die Fragen: Wo, wie lange, wann,
wie, wodurch wird es besser oder
schlechter? Im zweiten Komplex geht
es um die Themen „Angst, Vermutung
und Selbstbehandlung“. Und in
der dritten Frage-Batterie stehen zwei
Fragen im Mittelpunkt: Fühlen Sie
sich krank? Sind Sie krank? Dadurch
soll der Patienten angeregt werden,
über die biopsychosoziale Dimension
seines Sich-krank-Fühlens bzw.
Krankseins nachzudenken. Danach
gilt es festzulegen, welche physikalische,
laborchemische und apparative
Diagnostik zur Eingrenzung oder
Abklärung von uncharakteristischen
Schmerzen notwendig ist. Frank Mader:
„Das Dilemma ist dabei die Entscheidung
zwischen zu wenig oder
zu viel Diagnostik. Der Medizinphilosoph
Wolfang Wieland erklärt dazu,
dass Diagnostik ein unabschließbarer
Prozess ist. Es kommt aber gerade
deswegen darauf an, den Punkt zu
kennen, an dem man diesen Prozess
abbrechen muss.“
Im Praxisalltag bedeutet das, zwischen
diagnostischem Überschuss
und Verweigerung das rechte Maß
zu finden. Tröstlich für den geplagten
Hausarzt, ob er den Ansprüchen
der Patienten beim uncharakteristischen
Schmerz gerecht wird, könnte
die Aussage einer ärztlichen Schlichtungsstelle
sein: „Der Arzt schuldet
dem Patienten nicht in jedem Fall die
objektiv richtige Diagnose, sondern
lediglich eine Untersuchung nach den
Regeln der ärztlichen Heilkunde.“
VORTRAG FÜR ÄRZTE:
Patienten mit uncharakteristischen
Schmerzen
Sa., 28. 11., 16.30 - 16.55 Uhr
8 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
KONGRESS
JOURNAL
Urologische Fragestunde
PSA-Test: Pros & Contras
Seit fast 30 Jahren wird das Prostata-spezifische Antigen (PSA) in
der Urologie verwendet und hat praktisch das gesamte Management
eines Prostatakarzinoms grundlegend verändert.
Univ.-Prof. Dr. Karl Pummer, Med. Uni
Graz: „Schon bald nach der Einführung
wurde PSA als Instrument der
Früherkennung erkannt, was letztlich
zum Screening führte.“ Seither werden
Prostatakarzinome früher und in
deutlich niedrigeren Stadien erfasst
und die Zahl der Patienten mit Metastasen
bei Diagnosestellung hat stark
abgenommen. Auch die Sterblichkeit
ist rückläufig. Die Kehrseite dieser
Entwicklung: Zunehmend werden
Patienten mit einem Prostatakarzinom
erfasst und auch behandelt, die
ohne PSA nie diagnostiziert worden
wären und gar keine Therapie gebraucht
hätten. Deshalb ist es wichtig
zu wissen, wann, unter welchen Bedingungen
und bei wem eine PSA-
Bestimmung sinnvoll sein kann und
wann nicht. Dazu kommt, dass PSA
zwar „prostataspezifisch“ (wie der
Name auch besagt) aber nicht „karzinomspezifisch“
ist, weil eine Fülle von
Faktoren Einfluss auf die Höhe von
PSA nehmen können, was dazu führt,
dass etwa ein Viertel aller Männer mit
erhöhtem PSA zwar eine weitere Abklärung
erfahren muss, aber gar nicht
an Prostatakrebs erkrankt ist. Ziel der
„Urologischen Fragestunde“ ist es,
den richtigen Umgang mit PSA zu
diskutieren und anhand von Beispielen
mögliche Fallen aufzuzeigen.
Da Prostatakarzinome heute überwiegend
in einem frühen und somit
heilbaren Stadium diagnostiziert werden,
ist es sinnvoll, sich mit den Vorund
Nachteilen der einzelnen Therapieoptionen
vertraut zu machen.
SEMINAR FÜR ÄRZTE:
Urologische Fragestunde
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Graz/28. November 2015 KONGRESSJOURNAL 9
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Ut.Nr.: 2-1101 / 30.4.2015
KONGRESS
JOURNAL
Problem Polypharmazie
Reduktion durch Priorisierung
Durch Verzicht auf die für den
Patienten am wenigsten wichtige
Medikation ließen sich bei Patienten
mit Polypharmakotherapie
möglicherweise bis zu einem
Viertel der Arzneimittel und bis
zu 60 Prozent der potentiellen
Interaktionen einsparen.
„Bis in die achte Lebensdekade steigt
die Zahl der durchschnittlich konsumierten
Arzneimittel an, erst dann
sinkt die Zahl wieder“, erklärt Dr. Jochen
Schuler, FA für Innere Medizin,
Salzburg. In Österreich werden im
Mittel 70 Packungen pro Kopf und
Jahr verordnet. Daraus ergibt sich bei
42 Prozent der Menschen, die älter
als 65 Jahre sind, eine „kumulative
Polypharmazie“ mit fünf oder mehr
Wirkstoffen innerhalb eines Quartals.
„Polypharmazie ist im höheren Lebensalter
eher Regel denn Ausnahme“,
warnt der Internist.
Medikamentenliste ordnen
Insbesondere bei älteren, multimorbiden
Patienten ist dies eine große
Herausforderung für den behandelnden
Arzt, da einerseits die Wahrscheinlichkeit
von Wechselwirkungen
und unerwünschten Wirkungen
steigt und andererseits die Therapie-
Adherence sinkt. Weitere Risiken der
Polypharmazie sind Medikationsfehler
(falsche Dosis, Interaktionen,
Verwechslungen u.v.m.), Verordnung
inappropriater Medikamente, „Underuse“
evidenzbasierter Therapien
sowie eine Assoziation mit erhöhter
Morbidität (Parkinson, Stürze, geriatrische
Syndrome), Spitalsbehandlungen
und Mortalität.
Die Priorisierung könnte dabei hilfreich
sein, jene Medikamente her-
Foto: privat
auszufiltern, die für den jeweiligen
Patienten als potentiell verzichtbar
einzuschätzen sind. Dabei handelt es
sich um eine Beschränkung auf die
für den Patienten jeweils wichtigste
Medikation. Durch die Minderung
der Medikamentenanzahl erreicht der
Arzt auch eine Reduktion des Risikos
potentieller Wechselwirkungen.
Jochen Schuler: „Voraussetzung
ist eine klare Zuordnung von Medikamenten
zu den Diagnosen, eine
Nutzenbewertung auf Grundlage der
EBM-Leitlinien und elektronische
Tools, um die Bewertung in kurzer
Zeit durchführen zu können.“ Ziel
des Absetzens von Medikamenten
bei Patienten mit Polypharmazie
ist eine positive Beeinflussung des
Krankheitsverlaufes und vor allem
der Lebensqualität. Das vorgestellte
Priorisierungsschema bietet eine
einfache und im Alltag gut anwendbare
Möglichkeit, Ordnung in lange
Medikationslisten zu bekommen und
Streichkandidaten zu identifizieren.
Die Medikamente werden in die Kategorien
sehr wichtig, wichtig, optional
unwichtig, unklare Medikamente eingeteilt.
Jochen Schuler: „Schon das
Absetzen von einem Viertel der Medikamente
führt zu einer deutlichen
Verminderung der Wahrscheinlichkeit
von Arzneimittel-Interaktionen.“
Nebenwirkungen beim Absetzen
Das Erfolgsrezept für ein nachhaltiges
Absetzen liegt aber nicht allein
in der Identifikation von Streichkandidaten,
sondern in der richtigen
Absetztechnik. Eine gemeinsame
Zielsetzung mit dem Patienten, gute
Kommunikation und enge Betreuung
des Absetzprozesses ist ebenso
wichtig wie das Wissen über die
unterschiedlichen Nebenwirkungen
beim Absetzen der verschiedenen
Medikamente.
Dr. Jochen
Schuler
VORTRAG FÜR ÄRZTE:
Strategie gegen Polypharmazie
bei älteren Menschen
Sa., 28. 11., 14.55 – 15.15 Uhr
10 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
KONGRESS
JOURNAL
Lebensstiländerungen
Der Weg der kleinen Schritte
Eine Lebensstiländerung ist
schwierig, kann aber funktionieren.
Wichtig ist, Ernährung,
Bewegung und Entspannung
als Ganzheit zu betrachten, zu
vereinen und damit Veränderungen
im Leben zu bewirken.
„Bei der Beratung von übergewichtigen
Menschen bin ich immer wieder
an meine Grenzen gestoßen. Die
reine Wissensvermittlung hat weder
mich noch meine Klienten an das gewünschte
Ziel geführt“, erklärt Ernährungsberaterin
Mag. Ulrike Scherngell.
Die vorgeschlagenen Tipps können
meist nicht umgesetzt werden. Nach
drei Tagen mit den besten Vorsätzen
fällt man wieder ins alte Muster zurück.
Die Jahre vergehen, das Gewicht
steigt stetig, die Bewegung lässt nach,
aber der Stress wird immer mehr. Ulrike
Scherngell: „Ich habe irgendwann
für mich erkannt, dass es mit kleinen
Schritten leichter geht, Lebensstiländerungen
umzusetzen. Man muss die
komplette Lebenssituation erkennen,
akzeptieren und dann maßgeschneiderte
Lösungen finden, um gesunde
Ernährung, Bewegung, und Entspannung
wieder in Form von schönen
Ritualen in den Alltag zu integrieren.“
Hält man kleine Schritte (z.B. keinen
Zucker im Kaffee, ein Glas Wasser vor
jedem Essen, jeden Tag fünf Minuten
spazieren gehen) für längere Zeit
konsequent durch, dann integrieren
sie sich von selbst ins Leben und die
Lebensstiländerung hat sich fast unbemerkt
positioniert.
Mit Freude statt Stress
Das Leben ist sehr schnell geworden,
die Anforderungen höher, und der
Mensch würde am liebsten in allen
Lebensbereichen perfekt funktionieren.
Es ist meistens unrealistisch zu
raten, man möge drei Mal pro Woche
ein Fitnessstudio besuchen und drei
Mal am Tag frisch kochen und danach
entspannt essen. Das führt zu Überforderung
und dem Gefühl zu versagen.
Möglich ist es jedoch für fast
jeden Menschen, Treppen statt Lift zu
benutzen, und gleich nach dem Aufstehen
ein Glas Wasser zu trinken. Ist
man die ersten kleinen Umstellungen
gewohnt, kann man weitere hinzufügen.
„Der Klient kann Erfolgserlebnisse
bewusst wahrnehmen, denn er hat
gemerkt, dass er selbst etwas verändern
kann – das Prinzip der Selbstwirksamkeit
hat gesiegt“, so Ulrike
Scherngell.
Ernährung, Bewegung, Entspannung
Ulrike Scherngell: „Die drei Bereiche
Ernährung, Bewegung und Entspannung
erlebe ich untrennbar als
Ganzheit. Jeder Mensch hat einen
anderen Schwerpunkt, mit dem er
beginnt, um nach und nach in allen
drei Bereichen eine Verbesserung
herbeizuführen. Was ich in meiner
Beratung zu vermeiden versuche,
ist, den Klienten mit Ratschlägen zu
stressen, die es ihm unmöglich machen,
das Ziel zu erreichen.“
SEMINAR FÜR MITARBEITER:
Lebensstiländerungen:
Ernähren, Bewegen, Entspannen
Sa., 28. 11., 9.00 – 12.00 Uhr
Graz/28. November 2015 KONGRESSJOURNAL 11
KONGRESS
JOURNAL
Krankheitsbild Psychose
Erster Weg führt zum Hausarzt
Psychosen sind in der Allgemeinmedizin-Praxis
ein wichtiges
Thema, denn Patienten
suchen meist zuerst ihren
Hausarzt auf. In seinem Seminar
wird Assoz.-Prof. PD Dr.
Alex Hofer, Med. Uni Innsbruck,
besprechen, auf welcher Basis
Psychosen entstehen und wie
man sie diagnostiziert.
Unter dem Begriff „Psychose“ fasst
man eine Reihe von – oft auch vorübergehenden
– psychischen Störungen
zusammen, bei denen die
Betroffenen die Realität verändert
wahrnehmen oder verarbeiten. Das
Krankheitsbild bei Psychosen ist vielfältig.
Alex Hofer: „Der Hausarzt ist
generell der primäre Vertrauensarzt,
weil die Patienten schon seit Jahren
zu ihm kommen und dort in Behandlung
sind.“
Primäre oder sekundäre Psychose
Einteilen kann man Psychosen anhand
ihrer Entstehungsursache, nach
den vorwiegenden Symptomen und
der Dauer. Primäre Psychosen sind
Krankheitsformen, bei denen keine
organische Ursache feststellbar ist –
etwa die Schizophrenie als häufige
Form. Alex Hofer: „Bei sekundären
Psychosen gibt es eine klare Ursache,
das kann beispielsweise toxisch sein
oder im Rahmen einer Demenz auftreten.“
Diese Psychosen sind Folgen
von organischen Erkrankungen (z.B.
Epilepsie, Hirntumoren, Infektionen,
schwerwiegende Stoffwechselstörungen)
oder die Folge von Nebenwirkungen
von Medikamenten oder
eine Folge des Alkohol- oder Drogenkonsums.
Diagnose-Schritte
Die Diagnose einer Psychose wird
in Zusammenarbeit zwischen dem
Betroffenen, der Familie und dem
Arzt gestellt. Diese Abklärung ist
die erste Hauptaufgabe des Hausarztes.
Zu Beginn steht dabei ein
ausführliches Gespräch über die
aktuellen Beschwerden und ihren
Verlauf, frühere Erkrankungen, das
soziale Umfeld, Lebensgewohnheiten
und eventuelle Vorbehandlungen.
Alex Hofer: „Es geht zunächst
darum, somatische Ursachen auszuschließen.“
Um eine zielgerichtete
Behandlung bei Verdacht auf eine
Psychose durchführen zu können,
muss der Arzt zunächst feststellen,
ob es sich um eine primäre Psychose
handelt oder die Symptome
Ausdruck einer körperlichen Grunderkrankung
sind.
Hierzu sind in der Regel neben körperlichen
eine Reihe von labormedizinischen
und apparativen Untersuchungen
(EKG, Kernspintomografie
des Schädels) notwendig. Das kann
durchaus Aufgabe eines Facharztes
für Psychiatrie sein – muss aber
nicht. Erst wenn eine organische Ursache
ausgeschlossen ist, kann von
einer primären Psychose gesprochen
werden.
Frühzeichen erkennen
„Durch rechtzeitiges Erkennen und
frühzeitige Hilfe ist es möglich, den
Ausbruch einer primären Psychose
wie der Schizophrenie zu verzögern
oder den Verlauf positiv zu beeinflussen“,
erklärt Alex Hofer. Die ersten
Anzeichen sind unspezifisch, treten
aber schon rund fünf Jahre vor dem
Ausbruch der Erkrankung auf. Meist
können sie von den Betroffenen und
den Angehörigen nicht zugeordnet
werden. Mögliche Frühzeichen können
sein, dass man sich aus sozialen
Bindungen zurückzieht, sich die Lebensfreude
und Leistungsfähigkeit
vermindern, Ausbildung oder Beruf
nicht mehr wie früher bewältigt werden
können, Ängste oder Depressionen
auftreten oder sich Nervosität,
Ängstlichkeit und Unruhe einstellen.
SEMINAR FÜR ÄRZTE:
Psychosen und Therapieoptionen
Sa., 28. 11., 14.30 – 17.30 Uhr
12 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
FORTBILDUNG
Unlimited media
video • web • print & more
Fortbildung: Rauchstopp
Österreich ist Europameister, leider nur beim Konsum von Zigaretten.
Dennoch wollen viele Raucherinnen und Raucher einen Rauchstopp
versuchen – oftmals mit Hilfe oder auf Anraten des Arztes oder der Ärztin.
In dieser DFP-Fortbildung werden die Standards der Raucherentwöhnung
zusammengefasst und wichtige Tipps für die ärztliche Beratung gegeben.
THEMENÜBERSICHT
• Zahlen und Fakten
Prim. Dr. Alfred Lichtenschopf gibt einen Überblick über
die Raucherentwöhnung, betont aber auch die Aufgabe der
Ärzte zum Aufhören zu drängen und Hilfe anzubieten.
• Rauchen und COPD
Für OÄ Dr. Irmgard Homeier ist Tabakentwöhnung
die wirksamste Einzelmaßnahme, um das Risiko der
COPD-Entstehung herabzusetzen und das Voranschreiten
zu stoppen.
• Diabetes und CVD
Rauchen erhöht die Diabetesinzidenz um das zweibis
dreifache, erklärt OA Dr. Helmut Brath. Neueste
Studien belegen, dass auch das Passivrauchen nicht viel
besser abschneidet.
• Rauchfrei guter Stimmung
Nikotinabhängigkeit ist eine schwere chronische Erkrankung.
Zudem hängen Rauchen und psychiatrische Erkrankungen
zusammen, ein Rauchstopp ist dann noch
schwieriger, erläutert Univ.-Prof. Dr. Gabriele Fischer.
• Urologie und Krankmacher
Rauchen wirkt sich nicht nur negativ auf das Herz-
Kreislauf-System und die Lunge aus, es fördert auch die
Entstehung von etwa 18 Karzinomen, warnt Univ.-Prof.
Dr. Shahrokh Shariat.
LITERATUR
2 DFP-Punkte
Artikel zum Thema Rauchstopp auf meindfp.at:
www.unlimitedmedia.at/rauchstopp
VIDEO
Alle Videovorträge zum Thema Rauchstopp:
www.unlimitedmedia.at/rauchstopp-video
5 DFP-Punkte
Pro Video-Vortrag
1 Punkt
Infos zu Vareniclin
Im Vortrag erklärt OA Dr. Helmut Brath, Ge sundheitszentrum
Süd Wien, welche Rolle Vareniclin bei
der Tabakentwöhnung spielen kann, wie der Wirkmechanismus
funktioniert und welche Dosierung sich bewährt
hat. (Fachinformation)
Mit freundlicher Unterstützung
Pfizer Corporation Austria GmbH, Wien
CHA-003-15/2/27.10.2015
IMPRESSUM
Ärztlicher Fortbildungs an bieter:
Zentrum für Allgemeinmedizin
der ÄK für Wien. In Kooperation
mit der Wiener Gesellschaft für
Allgemeinmedizin
Medieneigentümer & Herausgeber:
Unlimited media
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Crisafulli & Stodulka Unlimited Media GmbH
Verlag & Redaktion: 18., Salierigasse 26/4,
unlimitedmedia.at
Fachkurzinformation auf Seite 20
KONGRESS
JOURNAL
Kommunikation mit Demenz-Patienten
Auf ihre Signale genau achten
Menschen mit Demenz haben
viele Fähigkeiten und Ressourcen.
Sie sind in ihrer Persönlichkeit
einzigartig und vollständige
Wesen. „Verstehen wir ihre
Signale, gibt es tiefe und bereichernde
Begegnungen von
Mensch zu Mensch“, erklärt Mag.
Sabine Oswald, Psychotherapeutin,
Volkshilfe Steiermark.
Verloren wirkend, unsicher, nicht wissend,
wo sie sind und was sie hier tun
sollen – unter Spannung, aggressiv,
enthemmt, beschuldigend – still, in
sich gekehrt, kaum reagierend, apathisch
– sehr freundlich, plaudernd,
tarnend und täuschend, um Unsicherheiten
zu maskieren – verzweifelt,
traurig, hilflos, den Verlust spürend,
beschämt, anklammernd – humorvoll,
ablenkend jede Klippe umschiffend
– Anweisungen nicht folgen
können, Erklärungen nicht verstehen,
bemüht – begleitende Angehörige
gestresst, unter Druck, angestrengt,
auch verzweifelt, Hilfe suchend.
Es gibt viele unterschiedliche Verhaltensweisen
von Menschen mit Demenz
und deren Betreuungspersonen.
Sabine Oswald: „Gleichzeitig gibt
es auch Begegnungen, wo alles stimmig
erscheint und wir uns auf einer
tiefen Wesensebene finden können,
wo wir miteinander etwas zum Klingen
bringen und Kommunikation auf
eine ganz andere Art funktioniert. Wir
finden Wege zueinander und erreichen
unkompliziert, was geplant war.“
Was gilt es zu beachten?
Demenz ist der Überbegriff einer Vielzahl
von Erkrankungen, die mit einer
Störung des Gedächtnisses, der Orientierung,
Veränderungen im Verhalten
und der Persönlichkeit, dem
Verlust von Alltagsfertigkeiten, kognitivem
Abbau und einer Verlangsamung
zu tun haben. Jede betroffene
Person, jedes Familiensystem reagiert
in seiner ureigenen Art darauf. Alle
brauchen Zeit, mit dieser Situation
umgehen zu lernen, wichtige Informationen
über das Krankheitsbild
zu erhalten und andere Wege in der
Kommunikation zu beschreiten.
Menschen mit Demenz weisen schon
sehr früh darauf hin, dass sie besondere
Antennen für Authentizität, Präsenz
und den emotionalen Zustand
eines Gegenübers entwickeln und
sehr fein auf Atmosphäre und Umgebungseinflüsse
reagieren. Daher
sind Tipps für Angehörige und Betreuungspersonal
im Vorfeld wichtig,
wie der Weg in die Arztpraxis zum
Termin möglichst entspannt gelingen
kann. Hilfreich sind hier auch einfache
Erklärungen und Zugänge zur Erkrankung,
die einen das Verhalten verstehen
lassen. Ebenso muss die Sprache
einfach und klar sein, damit Anweisungen
verstanden werden.
Nehmen die hirnphysiologischen Abbauprozesse
zu, treten Sprache und
Kognition in den Hintergrund, handelt
die Person immer stärker instinktiv,
evolutionsgesteuert. Unbewusste Bewertungsmechanismen
leuchten die
Foto: privat
Umgebung ab und lassen sie biologisch-emotional
reagieren. Speziell
bei so empfundenem, feindlichem
Stress treten schlüssige Reaktionen
zu Tage, die oft als herausforderndes
Verhalten wahrgenommen werden.
„Reagieren wir hier zu spät, da wir frühe
Signale nicht wahrnehmen, sind
wir selbst mit der Situation überfordert
und reagieren wir körpersprachlich
inadäquat, können viele Situationen
eskalieren“, so Sabine Oswald.
Hier können bereits Milieugestaltung
und Lichtverhältnisse Sicherheit, Geborgenheit
und Entspannung bieten.
Schon ein universal angebotener
„Augengruß“ kann Bindung und eine
tragfähige Beziehung herstellen. Gerade
in schwierigen Situationen sendet
Körpersprache die entscheidenden
Signale zur Deeskalation.
Mag. Sabine
Oswald
VORTRAG FÜR MITARBEITER:
Menschen mit Demenz in der Arztpraxis
Sa., 28. 11., 11.00 – 12.30 Uhr
14 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
KONGRESS
JOURNAL
Stoffwechselstörungen und Ernährungstipps
Jeder Zweite ist zu dick
Eine aktuelle Untersuchung der
OECD hat ergeben, dass die
österreichische Bevölkerung
einen Spitzenplatz im täglichen
Kalorienverzehr mit 3813 kcal
pro Person einnimmt. Etwa 50
Prozent der österreichischen
Bevölkerung leiden an Übergewicht
bzw. Adipositas.
Das abdominale Bauchfett, das eine
starke Assoziation mit Insulinresistenz,
Hyperlipidämien und Bluthochdruck
hat, steht im Fokus der
Sekundärfolgen des Diabetes mellitus
Typ II und des Metabolischen
Syndroms. Claudia Petru, Diätologin,
Ernährungspraxis Graz: „Das
anzustrebende Gesundheitsziel ist,
den Energieverbrauch des Einzelnen
durch Bewegung zu erhöhen und die
Energiezufuhr zu reduzieren.“
Aber die Reduktion des Körpergewichts
funktioniert nur über eine längerfristige
Motivation, Begleitung und
Schulung des Betroffenen. Nach einer
durchgeführten Gewichtsabnahme
ist eine Stabilisierung des Körpergewichts
anzustreben, um das Risiko der
metabolischen Folgen von Adipositas
zu minimieren. Welche Strategie zu
einer dauerhaften Gewichtsreduktion
führt, ist in den Leitlinien zur „Prävention
und Therapie der Adipositas“
anschaulich dargestellt. „Die Basis
für jedes Gewichtsmanagementprogramm
soll aus einer Ernährungs-,
Bewegungs- und Verhaltenstherapie
bestehen“, so die Diätologin.
Diäten wirken alle ähnlich
Um ein Energiedefizit zur erreichen,
können verschiedene Ernährungsstrategien
verwendet werden, die alle
ähnlich wirksam sind: die Reduktion
des Fettverzehrs, die Reduktion
des Kohlenhydratverzehrs oder
beider Komponenten. Reduktionen
von Fett und Kohlenhydraten zeigen
nach zwölf Monaten keine signifikanten
Unterschiede. Bei einer Kaloriensenkung
von 500 kcal pro Tag liegt
der Gewichtsverlust laut Studien bei
durchschnittlich vier Kilogramm in
sechs Monaten. Die mediterrane Kost
konnte über einen längeren Zeitraum
vor allem durch günstige metabolische
Effekte das Risiko für chronische
Erkrankungen und kardiovaskuläre
Mortalität reduzieren. Claudia Petru:
„Eine wissenschaftliche Arbeit von
Dansinger et al. 2005 konnte zeigen,
dass die Atkins-Diät, Low-Carb-Diät,
Weight-Watchers und die Ornish-Diät
keine signifikanten Unterschiede bei
der Gewichtsabnahme zu herkömmlichen
kalorienreduzierten Ernährungsmaßnahmen
aufweisen.“ Gruppenschulungen
über einen längeren
Zeitraum sind effektiver als Einzelberatungen.
Bei der Verhaltenstherapie
gilt es, das Selbst-Monitoring zu erlernen,
Essensverhalten und -frequenz
Foto: privat
zu erfassen, Problemlösungskompetenzen
zu erlangen, ein klares Ziel zu
definieren und auch bezüglich Rückfallsprävention
zu trainieren.
Den Wunderdiäten entgegenwirken
Leitlinien sind in der Ernährungsmedizin
enorm wichtig, um die neuesten
wissenschaftlichen Erkenntnisse
aus der Ernährungsforschung umzusetzen
und diversen „Wunderdiäten“
entgegenzuwirken. Claudia Petru:
„Damit jeder Betroffene die Bedeutung
erkennen kann, benötigt es eine
längerfristige Begleitung und auch
Kenntnis über die Stoffwechselvorgänge
des menschlichen Körpers.“
Ob Beratungshilfen wie Ernährungspyramiden
sinnvoll sind, wo doch
meist von Tellern gegessen wird,
ist zu überdenken. Internationale
Trends zeigen eher die Darstellung
von unterteilten Tellern.
Ernährungsmedizinische Therapien
bei Übergewicht bzw. Adipositas und
den damit verbundenen Folgeerkrankungen
wären effizient und kostengünstig
für unser Gesundheitssystem.
Die Sozialversicherungsträger sehen
die Versorgungsnotwendigkeit der
Bevölkerung vor allem in Krankenhäusern
und in den Ambulatorien sowie
bei Kuraufenthalten.
Diätologin
Claudia
Petru
VORTRAG FÜR MITARBEITER:
Stoffwechselstörungen und ernährungsmedizinische
Maßnahmen
Sa., 28. 11., 9.00 – 10.30 Uhr
Graz/28. November 2015 KONGRESSJOURNAL 15
KONGRESS
JOURNAL
Interview mit Dr. Karin Klug
Bewusst positiv denken
Über Strategien und Möglichkeiten,
dem Teufelskreislauf Burnout
zu entfliehen, sprach Dr.
Karin Klug mit uns im Interview
ebenso wie über die relativ junge
Forschungsrichtung „Positive
Psychologie“, die Untersuchungen
zu Glück, Resilienz und
Wohlbefinden einschließt.
Was verstehen Sie unter Burnout?
Burnout ist ein langfristiger Prozess,
bei dem man über einen gewissen
Zeitraum in eine Erschöpfung gleitet,
die sich auf der körperlichen und der
seelisch-geistigen Ebene bemerkbar
macht. Burnout ist multidimensional
und baut sich über Monate oder Jahre
hinweg auf.
Welche Alarmsignale und frühen
Warnzeichen gibt es?
Zu den körperlichen Anzeichen zählen
Schlafstörungen, Kopfschmerzen,
Rückenschmerzen, Herzrasen
oder Magen-Darm-Probleme. Das
Schwierige daran: Jedes Symptom
kann auch eine ganz andere Ursache
haben. Aber der Arzt sollte immer im
Hinterkopf an Burnout denken.
Dann gibt es auf der anderen Ebene
Konzentrationsmangel, Denkaussetzer,
manche Betroffenen werde leiser,
ziehen sich zurück, reden weniger;
andere Menschen werden gereizter,
lauter, flippen schnell einmal aus. Es
ist aber immer ein Prozess, der sich
langsam entwickelt, immer wieder
kommen neue Symptome dazu.
Welche Stadien sind wichtig?
Ich bevorzuge das Modell von Freudenberger,
der zwölf Stadien unterscheidet.
Meist fängt das ganz
harmlos an. Der Betroffene hat einen
Dr. Karin Klug ist Klinische Gesundheits-
und Arbeitspsychologin in Graz.
gewissen Ehrgeiz, eine Leidenschaft
und erledigt seine Arbeit mit großer
Begeisterung. Allerdings überschätzt
er sich und vernachlässigt seine Bedürfnisse.
Er geht über seine Grenzen
hinaus, macht Überstunden, hat keine
Zeit mehr, in Ruhe zu essen, nimmt
sich die Arbeit mit heim. Passiert das
über einen längeren Zeitraum, tritt
zwangsläufig eine Erschöpfung auf.
Es kommen Schlafstörungen hinzu,
der Kaffeekonsum steigt. Die nächste
Stufe kann sein, dass man diese
Bedürfnisse und Konflikte verdrängt –
das ist die vierte Stufe. Bis dahin kann
man selbst noch den Weg hinaus
finden. Ab der nächsten Stufe „Umdeutung
von Werten“ ist eine Beratung
sinnvoll. Psychologische, therapeutische
und ärztliche Beratung und
Betreuung sollte so früh wie möglich
in Anspruch genommen werden, je
früher desto besser. Ab einem gewissen
Stadium wird eine stationäre Behandlung
unumgänglich.
Welche Möglichkeiten zur Behandlung
oder Prävention sind sinnvoll?
Je länger die Probleme bestehen,
desto schwerer ist der Weg wieder
herauszukommen. Eine Erschöpfung
über lange Zeit kann man nicht in drei
Tagen auflösen. Anhand der zwölf
Stufen gilt es festzulegen, wo der Patient
steht. Dies bestimmt auch die Hilfe.
Denn im schlimmsten Fall endet
Burnout in der Depression, der Krise,
im Suizid. Wichtig ist, dass alle beteiligten
Personen zusammenarbeiten.
Ein Tipp gilt in allen Stadien: Darauf
achten, dass die Grundbedürfnisse
erfüllt sind: ausreichend (acht Stunden)
Schlaf, auf die Ernährung achten,
Bewegung einplanen.
Was ist die Positive Psychologie?
Die Psychologie hat sich von den Anfängen
her immer mit Krankheiten
und Defiziten beschäftigt: Was funktioniert
nicht und wie kann man das reparieren?
Die Positive Psychologie ist
erst in den letzten Jahren entstanden
und bedeutet eine wirkliche Kehrtund
Trendwende: Was ist ein erfülltes
Leben, wie kann man Gesundheit erhalten,
wie Lebensqualität schaffen,
welche Faktoren tragen dazu bei?
Was versteht man unter Resilienz?
Resilienz ist die psychische Widerstandsfähigkeit:
Wie weit bin ich in
der Lage, mit Herausforderungen im
Leben umzugehen und mich nicht
unterkriegen zu lassen? Im Volksmund
spricht man auch von Stehaufmanderlqualität.
Es geht darum,
bewusst den Blick darauf zu lenken,
was mich stärkt, was ich gut mache
und was mir Kraft gibt!
SEMINAR FÜR MITARBEITER:
Burnout erkennen und vermeiden
Sa., 28. 11., 9.00 – 12.00 Uhr
Wohlbefinden und Lebenslust
Sa., 28. 11., 14.30 – 17.30 Uhr
16 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
KONGRESS
JOURNAL
Hintergrundwissen für das Praxisteam
Was passiert eigentlich beim ...
Viele Aufgaben in der Allgemeinpraxis werden an die Mitarbeiterinnen
delegiert und von diesen durchgeführt. Um erste Fragen der
Patienten beantworten zu können, fasst Dr. Georg Kurtz, Arzt für
Allgemeinmedizin in Gleisdorf, das wichtigste Hintergrundwissen
für das Praxisteam zusammen.
In einer gut organisierten Praxis sind
die Aufgaben klar verteilt. Somit werden
den Arztassistentinnen und Arztassistenten
Untersuchungen, Tests,
und andere diagnostische Vorgänge
übertragen, deren Ergebnisse dem
Arzt, der Ärztin vorgelegt werden. Patienten
verdienen es, bei der Durchführung
über die Untersuchung informiert
zu werden und wenn sie wie auf
Nadeln sitzend auf ihr Ergebnis warten,
eine erste Beurteilung zu bekommen.
Die wichtigsten Themen:
Was passiert eigentlich beim …
… Blutverdünnen: Dem Überblick
über die Medikamente und Einsatzgebiete
folgt die richtige Durchführung
des Quicktests und die Interpretation
der INR mit Hinweisen auf
die häufigsten Fehlerquellen.
… OGTT: Der feinfühlige Test zum
Aufspüren der Zuckerkrankheit setzt
Geduld beim Patienten voraus, weil
er zwei Stunden sitzen bleiben sollte.
Umso wichtiger ist es, das Ergebnis
bald zu kommunizieren, da es
lebensweisend sein kann. Wichtig
sind die richtige Durchführung, die
Grenzwerte und die physiologischen
Grundlagen.
… Impfen: Die Angestellten sollten
auf erste Fragen zum Thema Impfen
grob Bescheid wissen und das Bild
der Praxis (hier wird geimpft, weil wir
dies für richtig halten) nach außen tragen.
Zum besseren Verständnis werden
die Grundzüge der Immunologie,
auch Vor- und Nachteile des Impfens
an einzelnen Beispielen beleuchtet.
… Blutdruckmessen: Kaum eine
Handlung wird so oft durchgeführt
wie das Messen des Blutdrucks. Nur
die richtige Durchführung macht
das Ergebnis überhaupt verwertbar
und kann damit über die Notwendigkeit
einer Therapieeinleitung
oder Umstellung Aussage geben.
… EKG schreiben: Auch wenn wir
das oft machen, kann es für den
Patienten das erste Mal sein, nicht
selten höre ich die Frage, ob da
nun Strom durchgeschickt würde.
Das Personal soll über die Bedeutung
der korrekten Anlage Bescheid
wissen und erkennen, wenn das
EKG verpolt ist, ein rhythmisches
von einem unrhythmischen unterscheiden
können und bei auffallender
Bradycardie oder Tachycardie
Alarm rufen.
… Kopflichtbad: Nicht mehr sehr
modern, aber gelegentlich bei katarrhalischen
Infekten im Einsatz
ist das Kopflichtbad zur besseren
Durchblutung der Schleimhäute.
… Bestrahlen mit Mikrowelle: Eine
aus der physikalischen Medizin
nicht mehr wegzudenkende Maßnahme
zur Durchblutungsförderung
und Schmerzlinderung.
… Ablesen der Blutsenkung: Auch
wenn es im Hintergrund passiert,
kann es im Einzelfall die Diagnostik
beschleunigen. Grundlagen der
Blutchemie, die wichtigsten Krankheitsbilder
für starke Senkungsbeschleunigung
werden angeführt.
… Hämocculttest: Billig, rasch
durchführbar und sehr fehleranfällig.
Der Test wird erklärt, auf die
Fehlerquellen eingegangen und die
Bedeutung eines positiven Tests
hervorgehoben, dabei auf mögliche
folgende Untersuchungsschritte und
die Konsequenzen eingegangen.
Dr. Georg Kurtz
VORTRAG FÜR MITARBEITER:
Was passiert eigentlich beim ...
Sa., 28. 11., 16.30 - 18.00 Uhr
Graz/28. November 2015 KONGRESSJOURNAL 17
Foto: privat
KONGRESS
JOURNAL
Schwindel in der Allgemeinmedizin-Praxis
Alles rund um den Schwindel
Die wichtigsten und häufigsten
Schwindelerkrankungen
können vom Arzt auch ohne
langwierige und teure
Spezialuntersuchungen abgeklärt
und suffizient behandelt
werden – die meisten davon
bei entsprechendem Wissen
auch in der Allgemeinpraxis.
„Vor 35 Jahren in meiner neurologischen
Ausbildung war die Diagnose
Schwindel kaum vorhanden“, erinnert
sich Dr. Bernd Pommer, FA für Neurologie
und Psychiatrie, Zell am See,
zurück. Nur einige wenige Schwindelformen
wurden beschrieben –
aus heutiger Sicht fast alle falsch,
mit entsprechend unzureichenden
therapeutischen Ansätzen. Das hat
sich geändert. In den Jahren vor der
Jahrtausendwende waren es Prof.
Brandt und sein Team, die in München
begannen, ein wissenschaftlich
und klinisch fundiertes System in die
Diagnostik des Schwindels zu bringen
– mit praktisch anwendbaren therapeutischen
Grundlagen.
Die Schwindelarten
Bernd Pommer: „Es sind sechs Diagnosen,
die 75 Prozent des Gesamtschwindels
ausmachen, die meisten
davon mit einfachen Untersuchungstechniken
zu klären. Diese werden im
Seminar vorgestellt – zusammen mit
den Anleitungen einer Untersuchung.“
Ziel ist es, Sicherheit in der Diagnostik
zu erlangen, andererseits auch
dem Patienten die Angst zu nehmen,
welche sich bei ihm besonders beim
ersten Auftreten einer so elementaren
Störung wie Schwindel einstellt. Sehr
häufig sind periphere Schwindelformen,
die besonders akut und heftig
einsetzen. Sie verlaufen in der Regel
so typisch, dass in Kenntnis ihrer
Symptome und neurologischen Zeichen
eine rasche Diagnose und auch
Behandlung möglich ist. Gerade beim
häufigsten peripheren Schwindel lässt
sich auch die Therapie, welche durch
ein sogenanntes „Befreiungsmanöver“
schon auf der Untersuchungsliege
erfolgt, sofort durchführen. Besonders
wichtig ist das Erkennen von akuten,
lebensbedrohlichen, mit Schwindel
einhergehenden Hirnstammereignissen,
sei es als Schlaganfall oder symptomatisch
werdende raumfordernde,
entzündliche Prozesse. Hier sind es
die zusätzlichen klinischen Hinweise,
die ein rasches Handeln ermöglichen,
mit Einlieferung auf eine Fachabteilung
in einem sinnvollen Zeitfenster.
Immer noch unterschätzt werden
die psychogenen Schwindelformen,
doch gerade sie sind es, die meistens
zu einem Rundumschlag an Untersuchungen
Anlass geben und oftmals
zu falschen medikamentösen Strategien
führen. Natürlich darf auch der
cervikogene Schwindel nicht fehlen,
der weiterhin unerbittlich seinen Platz
im medizinischen Alltag verteidigt –
Foto: privat
mit beweisenden Röntgenbildern der
Halswirbelsäule und kryptischen Nystagmusbefunden.
Rasche und sichere Diagnose
Bernd Pommer: „Das Beschwerdebild
Schwindel in der täglichen Praxis
zu bearbeiten ist sehr schön und zufriedenstellend
für den Arzt. Denn wir
verfügen über ein großes Arsenal an
klinischen Untersuchungen und Techniken,
die wir in der Praxis durchführen
können. Dadurch sind eine sichere
Diagnose und Behandlungsrichtlinien
gegeben im Gegensatz zu anderen
Krankheiten, die langwierig durch
bildgebende Untersuchungen extern
abgeklärt werden müssen.“
Dr. Bernd
Pommer
SEMINAR FÜR ÄRZTE:
Neues rund um den Schwindel
Sa., 28. 11., 14.30 - 17.30 Uhr
18 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
Wir sind die erste fair-trade und Bio
zertifizierte physikalische
Krankenanstalt in der Steiermark
Wir sind die erste fair-trade und Bio
zertifizierte physikalische
Krankenanstalt in der Steiermark
Massagen
Physiotherapie
Massagen
Elektro- und Ultraschalltherapie
Physiotherapie
Jontophorese, Kryotherapie
Moor Elektro- / Parafango und Ultraschalltherapie
Jontophorese, Kryotherapie
Ärzte
Moor
für:
/ Parafango
Orthopädie und Neurologie
Ärzte für:
Orthopädie und Neurologie
Kassenverträge mit
BVA, SVA, KFA, VAEB, Rückverrechnung
mit allen Kassenverträge anderen Kassen mit
BVA, SVA, KFA, VAEB, Rückverrechnung
Patienten erhalten Therapien auch zu Hause und in Heimen
mit allen anderen Kassen
Grieskai 104, 8020 Graz - Tel.: 722 100 - www.physiomur.at -buero@physiomur.at
Patienten erhalten Therapien auch zu Hause und in Heimen
Grieskai 104, 8020 Graz - Tel.: 722 100 - www.physiomur.at -buero@physiomur.at
Die sexualmedizinische Praxis Graz wurde Anfang Februar 2015 eröffnet. Um PatientInnen mit
Sexualstörungen optimal behandeln zu können, ordinieren hier fünf sexualmedizinisch geschulte
Ärzte und
Die sexualmedizinische
Ärztinnen zusammen
Praxis
mit
Graz
je einer
wurde
sexualmedizinisch
Anfang Februar 2015
geschulten
eröffnet.
Pysiotherapeutin
Um PatientInnen
und
mit
einer
Sexualstörungen optimal behandeln
Medizinische
zu können,
Masseurin
ordinieren
unter
hier
einem
fünf
Dach.
sexualmedizinisch geschulte
Ärzte und Ärztinnen zusammen mit je einer sexualmedizinisch geschulten Pysiotherapeutin und einer
Medizinische Masseurin unter einem Dach.
Sexualmedizinische Praxis Graz
Wir bieten auch eine
Anmeldung:
Sexualmedizinische Praxis Graz
Wir telefonische bieten auch Sexualberatung eine durch
Münzgrabenstraße Anmeldung: 7
telefonische Ärzte und Ärztinnen Sexualberatung an: durch
8010
Münzgrabenstraße
Graz
7
Ärzte sexmed und HOTLINE Ärztinnen an:
+43
8010
316
Graz
722 100 100
sexmed
0900 88
HOTLINE
80 80
therapie@sexmed.at
(das ärztliche Beratungsgespräch kostet 1,80 Euro/Min)
+43 316 722 100 100 0900 88 80 80
www.sexmed.at
therapie@sexmed.at
(das ärztliche Beratungsgespräch kostet 1,80 Euro/Min)
www.sexmed.at
Öffnungszeiten: Telefonische Terminvereinbarung: von Montag bis Donnerstag von 7-19 Uhr, Freitag von 7-14 Uhr
Öffnungszeiten: Telefonische Terminvereinbarung: von Montag bis Donnerstag von 7-19 Uhr, Freitag von 7-14 Uhr
KONGRESS
JOURNAL
Messtechnische Kontrollen
Gratis Geräte-Check
Die Steirische Akademie für Allgemeinmedizin
und die Firma technomed
bieten im Rahmen des
heurigen 46. Kongresses für Allgemeinmedizin
in der Grazer Stadthalle
kostenlose technische Kontrollen
von Blutdruckmessgeräten
an. Alle Kongressteilnehmer haben
an den drei Kongresstagen die Möglichkeit,
ihre Blutdruckmesgeräte
direkt am Stand vorbeizubringen.
Entsprechend der MPBV §7 werden
die messtechnischen Kontrollen live
am Stand von technomed durchgeführt.
Die Ärzte erhalten ein Prüfprotokoll
und ihr Blutdruckmessgerät
inklusive Prüfplakette gleich vor Ort
zurück. Das Team von technomed,
einem Marktführer für Medizintechnik
in Österreich, hat mehrere Prüfstände
am Kongressgelände aufgebaut,
um dem starken Andrang der
Kongressteilnehmer gerecht werden
können. Geschäftsführer Mag. Ing.
Moritz Bubik: „Mitte des zweiten
Tages war die Anzahl der abgegebenen
Blutdruckmessgeräte bereits
weit über 210, Tendenz steigend –
eine gelungene Kongressaktion.”
Foto: Unlimited Media
Kurzfassung der Fachinformation von Brimica ® Genuair ®
Bezeichnung des Arzneimittels: Brimica Genuair 340 Mikrogramm/12 Mikrogramm Pulver zur Inhalation
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede abgegebene Dosis (die über das Mundstück abgegebene Dosis) enthält 340 Mikrogramm
Aclidinium (als 396 Mikrogramm Aclidiniumbromid) und 11,8 Mikrogramm Formoterolfumarat-Dihydrat (Ph.Eur.).
Dies entspricht einer abgemessenen Dosis von 343 Mikrogramm Aclidinium (als 400 Mikrogramm Aclidiniumbromid) und einer abgemessenen
Dosis von 12 Mikrogramm Formoterolfumarat-Dihydrat (Ph.Eur.). Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede abgegebene Dosis enthält
etwa 11 mg Lactose
FORTBILDUNG
(als Monohydrat). Liste der sonstigen Bestandteile: Lactose-Monohydrat.
Unlimited media
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Anwendungsgebiete: Brimica Genuair ist indiziert als bronchodilatatorische Erhaltungstherapie zur Linderung von Symptomen bei Erwachsenen
mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD).
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile.
Pharmakotherapeutische Gruppe: Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen, Sympathomimetika in Kombination mit Anticholinergika,
ATC-Code: R03AL05
Inhaber der Zulassung: AstraZeneca AB, SE-151 85 Södertälje, Schweden
Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig.
Weitere Angaben zu den Abschnitten Hier Dosierung stehen und Informationen, Art der Anwendung, die Warnhinweise nur für und Experten Vorsichtsmaßnahmen bestimmt für sind. die Anwendung, Wechselwirkungen
Fachkurzinformation
mit anderen Arzneimitteln Sämtliche und sonstige Fachanzeigen Wechselwirkungen, Fertilität, und Fachkurzinformationen Schwangerschaft und Stillzeit sowie sind Nebenwirkungen für Ärzte entnehmen Sie
bitte der veröffentlichten Fachinformation.
Stand der Information: Februar unter 2015 einem eigenen Link (stafam.at) ersichtlich.
▼ Dieses Dieses Arzneimittel Arzneimittel unterliegt unterliegt einer einer zusätzlichen zusätzlichen Überwachung. Überwachung. Dies Dies ermöglicht ermöglicht eine schnelle eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die
Sicherheit. Identifizierung Angehörige neuer Erkenntnisse von Gesundheitsberufen über die Sicherheit. sind aufgefordert, Angehörige jeden von Verdachtsfall Gesundheitsberufen einer Nebenwirkung sind zu melden. Hinweise zur Meldung von
Nebenwirkungen, aufgefordert, jeden siehe Verdachtsfall Abschnitt 4.8 einer der Nebenwirkung veröffentlichten zu Fachinformation.
melden. Hinweise zur Meldung von
Nebenwirkungen siehe Abschnitt 4.8. der Fachinformation.
CHAMPIX 0,5 mg Filmtabletten/CHAMPIX 1 mg Filmtabletten
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Eine 0,5-mg-Filmtablette enthält 0,5 mg
Vareniclin (als Tartrat). Eine 1-mg-Filmtablette enthält 1 mg Vareniclin (als Tartrat). Liste der
sonstigen Bestandteile: Tablettenkern 0,5-mg- und 1-mg-Tablette: mikrokristalline Cellulose,
Calciumhydrogenphosphat, Croscarmellose-Natrium, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat
(Ph. Eur.). Filmüberzug 0,5-mg-Tablette: Hypromellose, Titandioxid (E 171), Macrogol, Triacetin. 1-
mg-Tablette: Hypromellose, Titandioxid (E 171), Macrogol, Indigocarmin, Aluminiumsalz (E 132),
Triacetin. Anwendungsgebiete: CHAMPIX ist zur Raucherentwöhnung bei Erwachsenen angezeigt.
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 der
Fachinformation genannten sonstigen Bestandteile. Pharmakotherapeutische Gruppe: Andere
Arzneimittel zur Behandlung des Zentralnervensystems; Mittel zur Behandlung der
Nikotinabhängigkeit. ATC-Code: N07BA03. Inhaber der Zulassung: Pfizer Limited, Ramsgate
Road, Sandwich, Kent, CT13 9NJ, Vereinigtes Königreich. Stand der Information: Mai 2015.
Rezeptpflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten.
Angaben zu besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung,
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Fertilität,
Schwangerschaft und Stillzeit und Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten
Fachinformation.
20 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
KONGRESS
JOURNAL
Qualitätsmanagement im Schnittstellenbereich
Der kurze Draht wird digital
Vor zehn Jahren startete die
Steirische Akademie für
Allgemeinmedizin (STAFAM)
ein einzigartiges Projekt, um
die Schnittstellen zwischen
den steirischen Allgemeinmedizinern
und den Spitalsambulanzen
zu optimieren.
„Die große Neuerung, die wir heuer
auch hier beim Kongress für Allgemeinmedizin
vorstellen: ‘Der kurze
Draht’ steht jetzt zusätzlich als
komplett digitale, interaktive Version
auf der Webseite stafam.at zur Verfügung“,
erklärt Dr. Reinhild Höfler,
Vorstandsmitglied 2. Vorsitz-Stellvertreterin
der STAFAM.
Das Projekt
Zuweisungen an Ambulanzen erfolgen
grundsätzlich dann, wenn die
weitere Diagnostik oder Behandlung
im niedergelassenen Bereich nicht
möglich oder sinnvoll ist. Kennzeichnend
für den Überweisungsvorgang
ist ein komplexer Informationsablauf,
in dem nicht selten Fehler passieren.
„Der kurze Draht“ soll den
Übergang von der Praxis in die diversen
Ambulanzen für niedergelassene
Allgemeinmediziner und auch Patienten
einfacher und überschaubarer
gestalten. Dabei geht es darum, die
Abläufe rund um die Zuweisungen
zu den Spitalsambulanzen zu vereinfachen
und zu optimieren.
Alle Ambulanzen sind in der Mappe
(und jetzt auch im Internet) thematisch
und geographisch übersichtlich
aufgelistet, mit wichtigen Informationen
und Kenndaten versehen – Kontaktnummern,
Adressen, Ambulanzzeiten
und nötige oder gewünschte
Voruntersuchungen bzw. spezielle
Foto: Unlimited Media
Dr. Reinhild Höfler freut sich, dass „Der kurze Draht“ jetzt auch zusätzlich als
digitale, interaktive Version zur Verfügung steht.
Anmeldeformulare. Den Kapiteln vorangestellt
ist jeweils ein allgemeiner
Teil, der alle Ambulanzen des behandelten
Fachbereichs gleichermaßen
betrifft. Diese Übersicht wurde in
Workshops erarbeitet, sie stellen sozusagen
den Konsens zwischen allen
Diskutanten dar – in den Ambulanzen
tätige Fachärzte und niedergelassene
Allgemeinmediziner.
Reinhild Höfler: „Man kann zum
Beispiel ganz gezielt bei einer
Schilddrüsenerkrankungen schauen,
welche Ambulanzen Schilddrüsenerkrankungen
behandeln, findet
eine Liste der speziellen Erfordernisse
für Patienten und erkennt, wie
man als Hausarzt wieder zu den Befunden
kommt – zielgerichtet und
ohne Irrwege.“
Geballte Information
Das Serviceangebot wurde von der
STAFAM gemeinsam mit der Fa.
vermed und der finanziellen Unterstützung
der Industrie vor allem
für die niedergelassenen Allgemeinmediziner
in der Steiermark erarbeitet.
Aber auch Fachärzte greifen gerne
auf die geballte Information des
„Kurzen Drahtes“ zurück.
Reinhild Höfler: „Der Weg von der
papiergebundenen Form zur digitalen
Version hat einen weiteren Vorteil:
Detaillierte Patienteninformationen
können direkt von den Firmen
angefordert werden. Dieser Service
ist sogar für alle Ärzte in ganz Österreich
abrufbar.“
Das gesamte Projekt „Der kurze
Draht“ ist stets aktuell. Personen, Telefonnummern,
Rahmenbedingungen
und auch der medizinische State
of the Art wechseln. „Daher ist auch
bei unserer Arbeit Kontinuität gefordert.
Diese ist ebenso wichtig wie der
ständige Dialog zwischen den verschiedenen
Ebenen der Patientenversorgung.
Und diesen Dialog wollen
wir auch nicht beenden.“
Graz/28. November 2015 KONGRESSJOURNAL 21
KONGRESS
JOURNAL
REPORT
COPD in Bewegung
Zwischen LAMA, LABA & ICS
„Guidelines versus Real Life“
lautete am Donnerstag der Titel
eines von der A. Menarini Pharma
gesponserten Seminars zum
Thema COPD-Behandlung in der
Praxis. Die Referenten schafften
es, die Essenz von Leitlinien auf
die Erfordernisse der täglichen
Praxis zu reduzieren.
In Österreich ist der Prozentanteil von
COPD-Erkrankten höher als in anderen
europäischen Ländern. „Das
kann aber daran liegen, dass die Ärzte
hierzulande mehr COPD-Patienten
diagnostizieren. Denn ein gesunder
Mensch kann auch ein schlecht untersuchter
Patient sein“, erklärte Dr.
Matthias Bastigkeit, Pharmakologe
aus Deutschland. Fünf Punkte sind
seiner Meinung nach wichtig, um mit
80-prozentiger Sicherheit Asthma
und COPD differentialdiagnostisch zu
unterscheiden.
Dr. Matthias
Bastigkeit
Die erste Frage gilt dem Alter. Ist der
Patient über 40, ist er wahrscheinlich
COPD-Patient. Liegt er altersmäßig
darunter, wird er Asthmatiker sein.
Zweitens weist produktiver Husten
auf eine COPD hin - bei Asthma ist
der Husten trocken. Drittens ist eine
Allergie meist nur beim Asthmatiker
vorhanden. Der vierte Hinweis ist der
Rauchkonsum – mehr als zehn Packungsjahre
weisen auf COPD hin.
„Auf die Frage nach dem Hustenempfinden
wird der COPD-Patient
antworten, dass er eine Befreiung
spürt. Der Asthma-Patient findet den
Husten quälend“, erklärt Matthias
Bastigkeit den fünften Punkt.
Große Anwendungsprobleme
Große Probleme gibt es generell
mit der Inhalationstechnik. „Nur die
wenigsten Patienten schaffen eine
wirklich korrekte Anwendung ihrer Inhalatoren“,
erklärt Prof. Dr. Christian
Virchow, Universitätsmedizin Rostock.
„Wichtig ist, das Inhalationsgerät
zu verwenden, das der Patient kennt
und beherrscht sowie ihm immer
wieder auf einfachste Weise vorzuzeigen,
wie es funktioniert.“
Prof. Dr.
Christian
Virchow
Wesentlich ist, so Matthias Bastigkeit,
die leitliniengerechte Therapie bei
Asthma bzw. COPD. Allerdings ist dies
bei den gebräuchlichen Abkürzungen
nicht immer einfach. SABA (short-acting
beta2-agonist) sind kurzwirkende
Bronchodilatatoren und werden für
COPD-Patienten mit geringen oder
temporären Symptomen empfohlen.
Vorteile sind ein schneller Wirkeintritt
(zehn bis 30 Min.) und eine begrenzte
Wirkdauer (vier bis acht Stunden). Sie
sind speziell in der Bedarfs- und Notfallanwendung
sinnvoll.
LABA (long-acting beta2-agonist)
reduzieren die Atemnot und verbessern
Lungenfunktion sowie Lebensqualität.
Zudem reduzieren sie die
Exazerbationen.
Bei den LAMAs (long-acting muscarinic
antagonist) gibt es drei Substanzen,
die ein Mal täglich verabreicht
werden – Tiotropium, Glycopyrronium,
Umcledinium – und das zwei
Mal täglich zu verabreichende Aclidinium
(Bretaris®, Genuair®). Matthias
Bastigkeit: „Tiotropium reduziert die
Exazerbationsrate, wird aber zu 70
Prozent renal ausgeschieden. Bei
älteren COPD-Patienten mit eingeschränkter
Nierenfunktion ist daher
Vorsicht geboten. Der Rest wird
über eine CYP2D6- und CYP3A4-
vermittelte Oxidation abgebaut. Das
kann Interaktionen bedingen.“ Die
Plasmahalbwertszeit beträgt fünf bis
sechs Tage. Bei Glykopyrronium ist
nicht einmal die optimale Dosierung
(ein oder zwei Mal täglich) geklärt
und die Wirkung ist nur mäßig.
Aclidinium ist ein Antagonist mit hoher
Affinität am Muskarin-Rezeptor.
Es vereint die Vorteile einer langen
Verweildauer an den M3-Rezeptoren
(Bronchospasmolyse) und die kürzere
Verweildauer an den M2-Rezeptoren
(kaum kardiale Nebenwirkungen).
Auch die geringe und kurzzeitige systemische
Exposition ist wichtig. „Die
geringe Halbwertszeit von nur 2,4 Minuten
steht für ein geringes Interaktionsrisiko“,
so Matthias Bastigkeit.
Christian Virchow sieht in der zwei Mal
täglichen Verabreichung von Aclidinium
einen Vorteil. Denn durch den
hohen Leidensdruck, die spürbare
Wirkung und die Verbesserung der Lebensqualität
empfinden Patienten die
zweite Gabe als positiv. Weitere Vorteile
vom Genuair®-Inhaler sind die einfache
Handhabung sowie sicht- und
hörbare Feedback-Mechanismen: das
farbige Kontrollfenster und das Klickgeräusch.
Sinnvoll in der COPD-Behandlung
ist immer auch eine Kombination
von LABA + LAMA oder LABA
und ICS (inhaled corticosteroid).
22 KONGRESSJOURNALGraz/28. November 2015
REPORT
KONGRESS
JOURNAL
COPD als Multisystem-Erkrankung
Problem Komorbiditäten
Das bisherige pulmozentrische
Konzept ist überholt, das moderne
Konzept der COPD geht
von gemeinsamen Noxen und
einem Multiorganschaden aus,
erklärt Prof. Dr. Horst Olschewski,
Med. Uni Graz. Die systemische
Inflammation geht von der
pulmonalen Inflammation aus,
erreicht alle Organe und macht
sie auch krank. Die COPD sollte
als Teil einer Multiorganerkrankung
gesehen werden.
Eine COPD ist nach den Leitlinien
2015 charakterisiert durch eine persistierende,
meist progressiv verlaufende
Atemwegsobstruktion. Zudem ist die
COPD begleitet von einer chronisch
entzündlichen Reaktion der Lunge
auf schädliche (inhalierte) Partikel
oder Gase. Überdies repräsentiert
eine COPD meist die pulmonale
Komponente einer Multiorganerkrankung.
Gemeinsame Risikofaktoren
sind Rauchen, Luftverschmutzung,
Alterung, Inaktivität und Diätfehler.
Aktuelle Richtlinien
Nach den neuesten Erkenntnissen
wird der Schweregrad einer COPD
jetzt mit den Stufen A, B, C oder D
festgelegt. Auch hier tragen Exazerbationen
und die bisherigen GOLD-
Stadien zur Beurteilung bei, aber
auch die Schweregrade der Symptome
und die Komorbiditäten. „Das
Abfragen der Symptome bei den
Patienten ist in Ordnung, aber nicht
die große Neuerung“, meinte Prof. Dr.
Christian Virchow, Universitätsmedizin
Rostock. Viel wichtiger ist die
Berücksichtigung der Komorbidäten,
vor allem der kardialen, die stark zur
Mortalität beiträgt: Das wurde bisher
zu wenig berücksichtigt. Prof. Dr.
Horst Olschewski: „In den Studien
hat sich gezeigt, dass es fünf COPD-
Phenotypen gibt.“ Die erste Gruppe
hat noch gute Lungenfunktionswerte
und eine gute Lebensqualität, die
Prof. Dr. Horst
Olschewski
nächste Gruppe ist älter und hat geringere
Lungenfunktionswerte sowie
mehr Beschwerden. Dann kommt die
Gruppe mit einer hohen kardiovaskulären
Komorbidität, gefolgt von jener
mit Lungenemphysem sowie eine
Mischgruppe. Der COPD-Phänotyp
mit der größten Multimorbidität hat
die schlechteste Prognose. Aber wie
viele Patienten mit COPD leiden
auch unter Herzinsuffizienz? Eine
Studie zeigte, dass die Hausarztdiagnose
„COPD ohne Herzinsuffizienz“
nur in 60 Prozent wirklich einer COPD
entsprach. Hingegen hatten davon
acht Prozent eine alleinige Herzinsuffizienz
und zwölf Prozent eine COPD
plus Herzinsuffizienz. Horst Olschewski:
„Wichtig ist, dass eine COPD andererseits
auch die Mortalität und
Morbidität von kardiovaskulären
Erkrankungen steigert. Die Studien
haben auch eindeutig gezeigt, dass
Betablocker das Mittel der Wahl sind
bei kardiovaskulären Krankheiten,
um die Mortalität zu verbessern, unabhängig
von einer COPD.“
Osteoporose und Depression
Aber nicht nur kardiologische Krankheiten
beeinflussen eine COPD.
Auch die Osteoporose ist eine
häufige Folgeerkrankung, ebenso
verschlechtert eine Depression die
COPD-Prognose. Horst Olschewski:
„Untersucht wurden in der Lung-
Health-Studie die Todesursachen
von COPD-Patienten bei einer Beobachtungszeit
von fünf Jahren.
Kardiovaskuläre Erkrankungen und
vor allem Lungenkrebs waren die
häufigsten Todesursachen – auch
für Patienten mit einer leichten
COPD!“ Zudem zeigte sich, dass ein
Lungenemphysem ein starker Risikofaktor
für Lungenkrebs ist.
Dieser Report wurde von der
A. Menarini Pharma gewidmet.
Fotos: Unlimited Media
Graz/28. November 2015 KONGRESSJOURNAL 23
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