KONGRESSJOURNAL 2015/Samstag-Ausgabe public
Offizielle Kongresszeitung der Steirischen Akademie für AllgemeinmedizinGraz/28. November 2015 An drei Tagen wurden zwei Kongressjournale mit Live-Berichterstattungen, Vorschauen auf Vorträge und Seminare, Interviews und Rückblicke direkt am Kongress verteilt.
Offizielle Kongresszeitung der Steirischen Akademie für AllgemeinmedizinGraz/28. November 2015 An drei Tagen wurden zwei Kongressjournale mit Live-Berichterstattungen, Vorschauen auf Vorträge und Seminare, Interviews und Rückblicke direkt am Kongress verteilt.
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
KONGRESS<br />
JOURNAL<br />
REPORT<br />
COPD in Bewegung<br />
Zwischen LAMA, LABA & ICS<br />
„Guidelines versus Real Life“<br />
lautete am Donnerstag der Titel<br />
eines von der A. Menarini Pharma<br />
gesponserten Seminars zum<br />
Thema COPD-Behandlung in der<br />
Praxis. Die Referenten schafften<br />
es, die Essenz von Leitlinien auf<br />
die Erfordernisse der täglichen<br />
Praxis zu reduzieren.<br />
In Österreich ist der Prozentanteil von<br />
COPD-Erkrankten höher als in anderen<br />
europäischen Ländern. „Das<br />
kann aber daran liegen, dass die Ärzte<br />
hierzulande mehr COPD-Patienten<br />
diagnostizieren. Denn ein gesunder<br />
Mensch kann auch ein schlecht untersuchter<br />
Patient sein“, erklärte Dr.<br />
Matthias Bastigkeit, Pharmakologe<br />
aus Deutschland. Fünf Punkte sind<br />
seiner Meinung nach wichtig, um mit<br />
80-prozentiger Sicherheit Asthma<br />
und COPD differentialdiagnostisch zu<br />
unterscheiden.<br />
Dr. Matthias<br />
Bastigkeit<br />
Die erste Frage gilt dem Alter. Ist der<br />
Patient über 40, ist er wahrscheinlich<br />
COPD-Patient. Liegt er altersmäßig<br />
darunter, wird er Asthmatiker sein.<br />
Zweitens weist produktiver Husten<br />
auf eine COPD hin - bei Asthma ist<br />
der Husten trocken. Drittens ist eine<br />
Allergie meist nur beim Asthmatiker<br />
vorhanden. Der vierte Hinweis ist der<br />
Rauchkonsum – mehr als zehn Packungsjahre<br />
weisen auf COPD hin.<br />
„Auf die Frage nach dem Hustenempfinden<br />
wird der COPD-Patient<br />
antworten, dass er eine Befreiung<br />
spürt. Der Asthma-Patient findet den<br />
Husten quälend“, erklärt Matthias<br />
Bastigkeit den fünften Punkt.<br />
Große Anwendungsprobleme<br />
Große Probleme gibt es generell<br />
mit der Inhalationstechnik. „Nur die<br />
wenigsten Patienten schaffen eine<br />
wirklich korrekte Anwendung ihrer Inhalatoren“,<br />
erklärt Prof. Dr. Christian<br />
Virchow, Universitätsmedizin Rostock.<br />
„Wichtig ist, das Inhalationsgerät<br />
zu verwenden, das der Patient kennt<br />
und beherrscht sowie ihm immer<br />
wieder auf einfachste Weise vorzuzeigen,<br />
wie es funktioniert.“<br />
Prof. Dr.<br />
Christian<br />
Virchow<br />
Wesentlich ist, so Matthias Bastigkeit,<br />
die leitliniengerechte Therapie bei<br />
Asthma bzw. COPD. Allerdings ist dies<br />
bei den gebräuchlichen Abkürzungen<br />
nicht immer einfach. SABA (short-acting<br />
beta2-agonist) sind kurzwirkende<br />
Bronchodilatatoren und werden für<br />
COPD-Patienten mit geringen oder<br />
temporären Symptomen empfohlen.<br />
Vorteile sind ein schneller Wirkeintritt<br />
(zehn bis 30 Min.) und eine begrenzte<br />
Wirkdauer (vier bis acht Stunden). Sie<br />
sind speziell in der Bedarfs- und Notfallanwendung<br />
sinnvoll.<br />
LABA (long-acting beta2-agonist)<br />
reduzieren die Atemnot und verbessern<br />
Lungenfunktion sowie Lebensqualität.<br />
Zudem reduzieren sie die<br />
Exazerbationen.<br />
Bei den LAMAs (long-acting muscarinic<br />
antagonist) gibt es drei Substanzen,<br />
die ein Mal täglich verabreicht<br />
werden – Tiotropium, Glycopyrronium,<br />
Umcledinium – und das zwei<br />
Mal täglich zu verabreichende Aclidinium<br />
(Bretaris®, Genuair®). Matthias<br />
Bastigkeit: „Tiotropium reduziert die<br />
Exazerbationsrate, wird aber zu 70<br />
Prozent renal ausgeschieden. Bei<br />
älteren COPD-Patienten mit eingeschränkter<br />
Nierenfunktion ist daher<br />
Vorsicht geboten. Der Rest wird<br />
über eine CYP2D6- und CYP3A4-<br />
vermittelte Oxidation abgebaut. Das<br />
kann Interaktionen bedingen.“ Die<br />
Plasmahalbwertszeit beträgt fünf bis<br />
sechs Tage. Bei Glykopyrronium ist<br />
nicht einmal die optimale Dosierung<br />
(ein oder zwei Mal täglich) geklärt<br />
und die Wirkung ist nur mäßig.<br />
Aclidinium ist ein Antagonist mit hoher<br />
Affinität am Muskarin-Rezeptor.<br />
Es vereint die Vorteile einer langen<br />
Verweildauer an den M3-Rezeptoren<br />
(Bronchospasmolyse) und die kürzere<br />
Verweildauer an den M2-Rezeptoren<br />
(kaum kardiale Nebenwirkungen).<br />
Auch die geringe und kurzzeitige systemische<br />
Exposition ist wichtig. „Die<br />
geringe Halbwertszeit von nur 2,4 Minuten<br />
steht für ein geringes Interaktionsrisiko“,<br />
so Matthias Bastigkeit.<br />
Christian Virchow sieht in der zwei Mal<br />
täglichen Verabreichung von Aclidinium<br />
einen Vorteil. Denn durch den<br />
hohen Leidensdruck, die spürbare<br />
Wirkung und die Verbesserung der Lebensqualität<br />
empfinden Patienten die<br />
zweite Gabe als positiv. Weitere Vorteile<br />
vom Genuair®-Inhaler sind die einfache<br />
Handhabung sowie sicht- und<br />
hörbare Feedback-Mechanismen: das<br />
farbige Kontrollfenster und das Klickgeräusch.<br />
Sinnvoll in der COPD-Behandlung<br />
ist immer auch eine Kombination<br />
von LABA + LAMA oder LABA<br />
und ICS (inhaled corticosteroid).<br />
22 <strong>KONGRESSJOURNAL</strong>Graz/28. November <strong>2015</strong>