Zähringen Magazin
ET 05.12.2015
ET 05.12.2015
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Dezember 2015<br />
DAS STADTTEILMAGAZIN DER ZEITUNG AM SAMSTAG<br />
Ausgabe <strong>Zähringen</strong><br />
Gewerbegebiet Längenloh<br />
Neue Unterkünfte<br />
für Flüchtlinge –<br />
auch eine Moschee?<br />
Ireneus Frost<br />
Rein in die Gläser<br />
mit den Früchten<br />
und Deckel drauf<br />
Hochhaus Zähringer Straße<br />
Ein Brand und<br />
74 Wohnungslose –<br />
fünf Monate danach<br />
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Zeiten<br />
der Veränderung<br />
Wir befinden uns am Beginn einer Zeit großer<br />
Veränderungen. Allein in diesem Jahr könnten<br />
1,5 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland<br />
kommen. Das wird Veränderungen mit sich bringen,<br />
politische, ökonomische und soziale. Und wenn nun im<br />
Gewerbegebiet Längenloh in <strong>Zähringen</strong> gebaggert wird,<br />
um weitere notwendige Flüchtlingsunterkünfte zu bauen,<br />
wenn eine islamische Gemeinde dort eine Moschee bauen<br />
möchte, dann sind das Zeichen dieser Veränderungen.<br />
Und mit einem Mal sind sie wirklich zu spüren, im eigenen<br />
Stadtteil, nicht nur aus den Nachrichten.<br />
Die aufgebrachte Stimmung, die lauten Rufe und teilweise polemischen Unmutsbekundungen<br />
bei der Bürgerversammlung im Zähringer Keller zeigen eine tiefe Verunsicherung<br />
in der Bevölkerung. Was soll sie von den Veränderungen halten? Welche Nachteile<br />
werden sie bringen (und gibt es auch Vorteile)? Es ist nun die dringende Aufgabe einer<br />
Stadtverwaltung klare Präsenz und konsequente Transparenz zu beweisen. Bürgerinnen<br />
und Bürgern muss die Möglichkeit gegeben werden, ihre Fragen und Einwände zu<br />
formulieren. Und es müssen nicht immer fertige Antworten parat liegen. Eine sachliche<br />
Diskussion, zeitnahe Kommunikation und Aufklärung wären schon ein wichtiger Schritt.<br />
Eine der immer wieder formulierten Ängste in diesem Zusammenhang betrifft den Verlust<br />
der „abendländisch-christlichen Kultur“, die Sorge um „unsere Werte“. In unserer neuen<br />
Rubrik „Streitschrift“, in der Menschen zu Wort kommen, die eine klare Haltung zu einem<br />
gesellschaftlichen oder politischen Thema haben, das auch die Bewohnerinnen und Bewohner<br />
von <strong>Zähringen</strong> bewegt, kommt deshalb diesmal der Althistoriker Rolf Bergmeier<br />
zu Wort. Er erinnert an die islamisch-arabischen Lebensformen, die das „Abendland“<br />
zwischen 700 und 1400 stark geprägt haben und somit auch zu unseren Wurzeln gehören.<br />
In diesem Sinne wünsche ich eine anregende Lektüre.<br />
Barbara Breitsprecher<br />
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Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 3
ZÄHRINGEN-MAGAZIN<br />
Gewerbegebiet Längenloh:<br />
Hoch emotional war die Stimmung<br />
bei der Bürgerversammlung<br />
Seite 5<br />
Flüchtlinge:<br />
Neue Unterkünfte entstehen in<br />
Längenloh Nord<br />
Seite 7<br />
Streitschrift:<br />
Beitrag von Rolf Bergmeier<br />
Seite 9<br />
13<br />
Ireneus Frost stellt in<br />
seinem Küchenatelier in<br />
<strong>Zähringen</strong> Marmeladen,<br />
Sirup, Senf und Essig her .<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Moschee:<br />
Eine muslimische Gemeinde will bauen<br />
Seite 10<br />
Reiß Bücher auf:<br />
Büchertipps von Sebastian Reiß<br />
Seite 16<br />
Rezept:<br />
Kartoffel-Pastete aus Frankreich<br />
Seite 23<br />
Solidaritäts-Party:<br />
Aaron Benjamin Metzger studiert<br />
Ungewöhnliches in Dänemark<br />
Seite 24<br />
Paris:<br />
Annette Christine Hoch war nach<br />
den Terroranschlägen dort<br />
Seite 32<br />
Flüchtlings-Portait:<br />
Barham, 26 Jahre, aus Gambia<br />
Seite 35<br />
Tipps:<br />
Veranstaltungen<br />
Seite 36<br />
Abdruck:<br />
Hans Hoischen, „Langer Tag<br />
mit grüner Hose“<br />
Seite 38<br />
20<br />
Tatiana Graf ist eine der Block Forest Roller Girls<br />
und liebt diesen Sport mit Vollkörperkontakt<br />
26<br />
17<br />
Die Ärztin Martina Wündrich<br />
ist Erste Geigerin und Konzertmeisterin<br />
bei der Camerata<br />
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4 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin<br />
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Fotos (soweit nicht anders angegeben):<br />
Michael Zäh<br />
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GEWERBEGEBIET LÄNGENLOH<br />
Bürgerversammlung<br />
Bedrohliche<br />
Szenarien statt<br />
sachlicher<br />
Argumente<br />
Hoch emotional war die Stimmung bei<br />
der Infoveranstaltung des Bürgervereins<br />
<strong>Zähringen</strong> zum Gewerbegebiet<br />
Längenloh. Verunsicherung wurde<br />
deutlich, aber auch pauschale Ängste<br />
und plumpe Vorurteile. Höchste Zeit<br />
für eine transparente und rasche Infopolitik<br />
der Stadtverwaltung.<br />
©Foto: Michael Zäh<br />
Das Gewerbegebiet Längenloh<br />
Nord bietet gleich dreifachen<br />
Anlass für heftige Diskussionen:<br />
Zum einen möchte die Stadtverwaltung<br />
das ursprünglich als reines<br />
Gewerbegebiet gedachte Gebiet in<br />
ein Mischgebiet mit Wohnungsbau<br />
umwandeln, zum anderen entstehen<br />
hier neue Unterkünfte für Flüchtlinge.<br />
Und zudem würde die muslimische<br />
Ahmadiyya Muslim Jamaat-Gemeinde<br />
hier gerne eine Moschee bauen.<br />
Bei der Informations- und Diskussionsveranstaltung,<br />
zu der der Bürgerverein<br />
<strong>Zähringen</strong> zusammen mit der Initiativgruppe<br />
Gewerbebetriebe Längenloh deshalb<br />
einlud, wurde lautstark Unmut über<br />
diese Veränderung geäußert. Scharf wurde<br />
aber auch die Informationspolitik der<br />
Stadtverwaltung kritisiert. Erst für Anfang<br />
kommenden Jahres hat die Stadtverwaltung<br />
eine öffentliche Infoveranstaltung<br />
geplant. „Viel zu spät“, wandten viele<br />
empörte Bürgerinnen und Bürger ein.<br />
Adolf Thoma, der Pressereferent des<br />
Bürgervereins <strong>Zähringen</strong>, monierte, dass<br />
ein bestehender Bebauungsplan geändert<br />
werden soll: „Vom Gewerbegebiet<br />
Infoabend des<br />
Bürgervereins<br />
Am 25. November luden<br />
der Bürgerverein <strong>Zähringen</strong><br />
und die Initiativgruppe<br />
Gewerbegebiete<br />
Längenloh zu einer Informations-<br />
und Diskussionsveranstaltung<br />
zum<br />
Thema „Veränderungen<br />
und neue Entwicklungen<br />
für die Gewerbegebiete<br />
Längenloh Süd und Nord“<br />
in den Zähringer Keller<br />
ein. Viele Bürgerinnen und<br />
Bürger waren der Einladung<br />
gefolgt, mehr als der<br />
Raum fassen konnte. Die<br />
Diskussionsbeiträge waren<br />
mehrheitlich geprägt<br />
von hoch schwappenden<br />
Emotionen, immer wieder<br />
wurde auch die Informationspolitik<br />
der Stadtverwaltung<br />
kritisiert, die wenig<br />
transparent und viel zu<br />
zögerlich sei.<br />
zum Wohngebiet – das<br />
wollen wir nicht!“ Flüchtlingsunterkünfte<br />
können<br />
aber ohnehin nicht verhindert<br />
werden, darauf wies<br />
die städtische Vertreterin<br />
Sabine Kempf-Dietl hin.<br />
Das Baurecht erlaube eine<br />
auf maximal fünf Jahre befristete<br />
Unterbringung von<br />
Flüchtlingen in Gewerbeund<br />
sogar Industriegebieten.<br />
Holger Männer, der Vorsitzende<br />
des Bürgervereins<br />
<strong>Zähringen</strong>, zeichnete in der<br />
Versammlung ein bedrohliches<br />
Bild: Die Stimmung in<br />
Deutschland sei „am Kippen“,<br />
die Pläne der Stadtverwaltung<br />
würden „Ärger<br />
schaffen“, er warne davor,<br />
dass „der Kessel explodieren“<br />
könnte.<br />
Grundsätzlich, so stellte er<br />
klar, sei es „ein Akt der<br />
Menschlichkeit“, sich um<br />
die Flüchtlinge zu kümmern.<br />
Holger Männer erinnerte<br />
daran, dass diese<br />
Menschen nicht freiwillig<br />
ihr Land verlassen, sondern<br />
aus Not. Deutschland habe<br />
schon mehrmals in seiner<br />
Geschichte Flüchtlingsund<br />
Auswandererströme<br />
aufgenommen und dies gut<br />
bewältigt.<br />
Ganz entschieden jedoch<br />
sprach sich der Bürgervereins-Vorsitzende<br />
gegen<br />
eine Moschee im Gewerbegebiet<br />
Längenloh aus. Ein<br />
solches Gebiet sei schon<br />
allein wegen des Krachs<br />
dort nicht geeignet, ein Gebetshaus<br />
zu beheimaten.<br />
Auch befürchte er, dass im<br />
Umkehrschluss ansonsten<br />
die Betriebe Rücksicht auf<br />
die Gebetszeiten nehmen<br />
müssten.<br />
Und er stellte auch die Frage,<br />
ob ein solches „Gotteshaus<br />
abseits im Gewerbegebiet“<br />
wirklich integrativ<br />
sei. Ähnlich argumentiert<br />
auch<br />
<br />
Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 5
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 m<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 m<br />
1. Art der baulichen Nutzung<br />
Gewerbegebiete<br />
3. Bauweise, Baulinien, Baugrenzen<br />
Baulinie<br />
6. Verkehrsflächen<br />
Straßenverkehrsflächen<br />
Vorbehaltsfläche für den öffentlichen Verkehr<br />
9. Grünflächen<br />
Öffentliche Grünflächen<br />
Private Grünflächen<br />
10. Wasserflächen und Flächen für die Wasserwirtschaft, den<br />
Hochwasserschutz und die Regelung des Wasserabflusses<br />
Umgrenzung von Flächen für die Wasserwirtschaft, den<br />
Hochwasserschutz und die Regelung des Wasserabflusses<br />
13. Planungen, Nutzungsregelungen, Maßnahmen und Flächen für<br />
Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von<br />
Natur und Landschaft<br />
Anpflanzen: Bäume<br />
Erhaltung: Bäume<br />
15. Sonstige Planzeichen<br />
Mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belastende Flächen<br />
zugunsten der Versorgungsträger<br />
Plandatum:<br />
Grenze des räumlichen Geltungsbereiches des Bebauungsplanes<br />
Abgrenzung unterschiedlicher Nutzung, z.B. von Baugebieten,<br />
oder Abgrenzung des Maßes der Nutzung innerhalb eines Baugebietes<br />
GH max.<br />
10,00 m<br />
2 1<br />
Wohnungen<br />
ausgeschlossen<br />
Stadtteil:<br />
GH max.<br />
10,00 m<br />
Maßstab:<br />
L:\STADTPLANUNGSAMT\STEUERUNG_VERFAHREN\FESTSTELLUNG\Bebauungspläne\2-057\2-057.dwg<br />
GH max.<br />
10,00 m<br />
GEWERBEGEBIET LÄNGENLOH<br />
Grundplan<br />
Ausschnitt<br />
Zeichenerklärung:<br />
Weiterführung siehe Grundplan links<br />
Private Grünfläche<br />
1<br />
2<br />
2<br />
1*<br />
Nutzungsschablone<br />
Private Grünfläche<br />
1<br />
2<br />
Art der baulichen Gebäudehöhe<br />
Nutzung<br />
in Meter max.<br />
Grundflächenzahl Geschossflächenzahl<br />
Bauweise<br />
Dachform<br />
zusätzliche Festsetzungen<br />
2<br />
1<br />
2<br />
3<br />
1*<br />
GE<br />
0,6<br />
b<br />
1,4<br />
FD<br />
GE<br />
0,6 1,2<br />
b 0°-35°<br />
GE<br />
0,6<br />
o<br />
1,4<br />
0°-35°<br />
* Geschosshöhe<br />
minimal 6,50 m<br />
(Ausnahme 4,50 m)<br />
Flächenberechnung:<br />
Gesamtgebiet: 42.863 m²<br />
Gewerbegebiete 30.340 m²<br />
Verkehrsflächen 11.631 m²<br />
Grünflächen / Wasserwirtschaft 892 m²<br />
71 %<br />
27 %<br />
2 %<br />
Textliche Festsetzungen, Satzung mit örtlichen Bauvorschriften vom ...........................<br />
Verfahrensablauf<br />
Die Beschlüsse im Planungsverfahren wurden auf der Grundlage des Baugesetzbuches<br />
wie folgt gefasst:<br />
Grenzbebauung möglich<br />
3<br />
1*<br />
Aufstellungsbeschluss am 17.01.2007<br />
Ortsübliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses am 03.02.2007<br />
Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit:<br />
Formlose Darlegung vom 05.02.2007 bis 09.03.2007<br />
Erörterung am 01.03.2007<br />
Beschluss zur öffentlichen Auslegung am.................................................................<br />
Ortsübliche Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung am.................................<br />
Öffentliche Auslegung vom.............................. bis.....................................................<br />
Satzungsbeschluss durch den Gemeinderat der Stadt Freiburg am.........................<br />
Ortsübliche Bekanntmachung des Beschlusses nach § 10 Abs.3 BauGB<br />
und Inkrafttreten am.........................<br />
Stadtplanungsamt<br />
Die Übereinstimmung mit der amtlichen Flurkarte (Stand vom März 2010)<br />
hinsichtlich der Bezeichnung und der Grenzen der Flurst ücke innerhalb der<br />
markierten Fläche (Plangebiet) wird bestätigt.<br />
Bearbeitet von: R. Ketteler<br />
Gezeichnet von: R. Gastinger<br />
(Daseking)<br />
Ltd. Stadtbaudirektor<br />
Bürgermeisteramt (Dez. I)<br />
Der textliche und zeichnerische Inhalt dieser Satzung mit den<br />
örtlichen Bauvorschriften stimmt mit dem Satzungsbeschluss<br />
des Gemeinderates überein. Der Bebauungsplan wird hiermit<br />
ausgefertigt.<br />
(Dr. Salomon)<br />
Freiburg i. Br. den ............... Oberbürgermeister<br />
Vorabzug<br />
28.01.2011<br />
Stadtplanungsamt<br />
Bebauungsplan mit örtlichen Bauvorschriften<br />
Weiterführung siehe Ausschnitt rechts<br />
XX.XX.2010<br />
Längenloh - Nord<br />
<strong>Zähringen</strong><br />
1:500 Plan-Nr.: 2-57<br />
Ausdruck vom 28.01.2011<br />
Manuel Fackler, der sich als Sprecher der<br />
Gewerbetriebe Längenloh vorstellte. Er<br />
forderte die Stadt auf, der muslimischen<br />
Gemeinde ein anderes, zentraleres<br />
Grundstück für den Bau einer Moschee<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
Laut Bebauungsplan sind für einen Neubau<br />
im Gewerbegebiet sieben Stellplätze<br />
vorgeschrieben. Die muslimische Gemeinde<br />
will zehn erstellen. Aus Sicht von<br />
Manuel Fackler sind das jedoch „viel zu<br />
wenig“ für eine auf 120 Besucher ausgelegte<br />
Moschee.<br />
Die Baupläne der Moschee, die der Stadt<br />
für die Bauvoranfrage vorliegen, widersprechen<br />
seiner Ansicht nach den Bauvorschriften,<br />
die für das Gewerbegebiet<br />
gelten. So war bislang eine Giebelbauweise<br />
mit einer bestimmten Traufhöhe<br />
vorgeschrieben. Das bisher höchste Gebäude<br />
im Gewerbegebiet entspricht der<br />
maximal genehmigten Höhe von 9,50<br />
Metern. Laut den vorgelegten Plänen, soll<br />
die Moschee jedoch ein Kuppeldach und<br />
kein Giebeldach haben und außerdem<br />
einen zwölf Meter hohen Minarett-Turm<br />
beinhalten.<br />
Der Imam der bauwilligen Ahmadiyya-Gemeinde,<br />
Imtiaz Ahmad Shaheen,<br />
erläuterte die historischen Ursprünge für<br />
einen Kuppel- und Minarettbau, die in der<br />
Akustik liegen. Er räumte aber unumwunden<br />
ein, dass heutzutage kein Kuppeloder<br />
Minarettbau notwendig sei und auch<br />
jedes andere Haus eine Moschee sein<br />
könne. Aus Traditionsgründen und damit<br />
die Moschee als solche gleich erkannt<br />
werde, wünsche sich seine Gemeinde jedoch<br />
einen Kuppelbau mit Minarett. Was<br />
die Höhe des Minarett-Turmes angehe,<br />
werde sich seine Gemeinde aber ganz<br />
den Auflagen der Stadt Freiburg fügen.<br />
Gewerbegebiet<br />
Längenloh Nord<br />
Das Plangebiet umfasst 4,2 Hektar und<br />
liegt zwischen Gundelfinger Straße und<br />
Bahngleisen. Der städtische Flächennutzungsplan<br />
2020 weist das Gebiet „ausschließlich<br />
als Gewerbegebiet“ aus. Nun<br />
überlegt die Stadt jedoch, das Gebiet in<br />
ein Mischgebiet umzuwandeln und dort<br />
auch Wohnungsbau zuzulassen.<br />
Der Imam appellierte in der Bürgerversammlung,<br />
„nicht aus Angst etwas Gutes<br />
zu verhindern“.<br />
In der aufgeregten Stimmung im Zähringer<br />
Keller wurden auch lautstark<br />
Pseudo-Argumente formuliert, wie diese:<br />
Wenn zu viele Flüchtlinge in <strong>Zähringen</strong><br />
untergebracht würden, könnte die<br />
Stimmung kippen und ein Rechtstruck<br />
entstehen.<br />
In einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung<br />
zum Entstehen von Rechtspopulismus<br />
heißt es jedoch unter anderem: Eine<br />
extrem verkürzte und radikal zugespitzte<br />
Darstellung von Einwandererthemen in<br />
den Medien sowie eine charismatische<br />
Führungspersönlichkeit und/oder „politisches<br />
Unternehmertum“ schaffen erst die<br />
Bedingungen dafür. Außerdem heißt es in<br />
der Studie: Grundlage des rechtspopulistischen<br />
Erfolgs sei eine „radikalisierte Propaganda“,<br />
die besonders auf die Themen<br />
„Einwanderung“ und „Überfremdung“<br />
ziele, „die mit der Behauptung verbunden<br />
wurde, Einwanderer würden den Sozialsaat<br />
ausnutzen oder eine Bedrohung<br />
für die kulturelle Identität des jeweiligen<br />
Landes“. Barbara Breitsprecher<br />
6 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
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1057<br />
Die Erdarbeiten haben bereits begonnen: Im Gewerbegebiet<br />
Längenloh sollen bis Mitte kommenden<br />
Jahres neue Unterkünfte für rund 300 Flüchtlinge<br />
fertig sein. Statt der vielfach üblichen Container sollen hier<br />
Häuser in Holzmodulbauweise entstehen, die später wieder<br />
abgebaut werden können. Anfang kommenden Jahres<br />
will die Stadtverwaltung eine Infoveranstaltung anbieten.<br />
Viele Bürgerinnen und Bürger bezeugten bei der Bürgerversammlung<br />
am 25. November im Zähringer Keller darüber<br />
ihren Unmut, dass eine solche Infoveranstaltung erst so spät<br />
angedacht ist. Schließlich sind derzeit bereits etliche Lastwagen<br />
und Bagger am Werk, um alles für die neuen Flüchtlings-Unterkünfte<br />
vorzubereiten. Die Stadtverwaltung hatte lediglich mit<br />
dem Bürgerverein <strong>Zähringen</strong> erste Gespräche darüber geführt,<br />
die Bevölkerung jedoch nicht öffentlich unterrichtet.<br />
Statt der üblichen Container – die meist in Russland hergestellt<br />
werden – hat sich die Stadtverwaltung entschlossen, die neuen<br />
Unterkünfte in Holzmodulbauweise zu erstellen. Die Stadt sieht<br />
darin auch eine Chance für regionale Gewerbetreibende, die<br />
diese Häuser fertigen werden.<br />
Das neue Baurecht erläuterte Sabine Kempf-Dietl vom Städtischen<br />
Gebäudemanagement Freiburg.Vor dem Hintergrund<br />
der hohen Flüchtlingszahlen wurde das Baurecht geändert und<br />
erlaubt nun ein auf maximal fünf (statt bislang drei) Jahre befristete<br />
Unterbringung von Flüchtlingen auch in Gewerbegebieten<br />
und sogar in Industriegebieten. Weitere Flüchtlingsunterkünfte<br />
gibt es in der Mooswaldallee und weitere rund 20 Personen<br />
sollen in einem bestehenden Gebäude in der Zinkmattenstraße<br />
unterkommen. Cagdas Karakurt, zuständig bei der Stadt für<br />
Fragen der Flüchtlingsversorgung, betonte, dass es die Aufgabe<br />
sei, „den Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf“ zu bieten.<br />
Barbara Breitsprecher<br />
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Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 7
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oder Blut- und Leberwürste.<br />
Stolz ist die Wirtin,<br />
die früher das Gasthaus Eiche<br />
in Haslach führte, auch auf<br />
ihre Gerichte mit Zunge, für<br />
die der Weinberg schon so etwas<br />
wie eine Berühmtheit ist.<br />
Am 24. Dezember bleibt das<br />
Gasthaus geschlossen. Am<br />
25. und 26. Dezember wird<br />
im Gasthaus zum Weinberg<br />
aber eine leckere Auswahl an<br />
Weihnachts-Mittagessen geboten,<br />
geöffnet ist an diesen<br />
Tagen von 11.30 bis 14.30<br />
Uhr. Um Reservierung hierfür<br />
wird gebeten.<br />
Eintrag im Slow Food-Führer<br />
2014 und einem weiteren für<br />
das Jahr 2015 belohnt. „Hier<br />
schmeckt‘s wie auf dem Land“<br />
– solch ein Lob hat Inhaberin<br />
Franziska Schwer, die das<br />
Gasthaus zusammen mit ihrer<br />
Tochter Sarah und ihrem<br />
Lebensgefährten Bernd Rasmus<br />
führt, mehr als einmal<br />
gehört. Der Renner in dem<br />
liebevoll geschmückten Lokal,<br />
das im Winter mit einem<br />
Kaminzimmer und im Somn<br />
Gasthaus zum Weinberg<br />
Franziska Schwer<br />
Hauptstraße 70<br />
79104 Freiburg<br />
Telefon 0761 1208395<br />
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8 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
Streitschrift<br />
Christlich-abendländische<br />
Legende<br />
In Europa ist es üblich von einer „christlichen Kultur“ zu sprechen. Doch zwischen 700<br />
und 1400 gab es im „Abendland“ eine weitere Lebensform: Die islam-arabische.<br />
Politiker sprechen gerne von der<br />
„christlich-abendländischen Kultur“<br />
und übersehen die Beiträge anderer<br />
Kulturräume, die das Fundament europäischer<br />
Kultur bilden. Acht Thesen zur<br />
„christlich-abendländischen Kultur“.<br />
(1) Europas Kultur<br />
gründet im klassischen<br />
Athen, als<br />
das Wort des Bürgers<br />
und die Sprache<br />
der Vernunft<br />
an die Stelle der<br />
Sprüche von Orakeln<br />
und Wahrsagern<br />
treten, als die<br />
demokratische Mitsprache<br />
aller anerkannter<br />
Bürger beschlossen, Theater gegründet<br />
und unvergleichlich schöne „klassische“<br />
Kunstwerke geschaffen werden.<br />
(2) Rom ergänzt die griechische Kultur, schafft<br />
Ordnung, liefert den Völkern Recht und Gesetze,<br />
Thermen und Theater, Fernstraßen und<br />
Städte. Zusammen mit der griechischen Kultur<br />
ist die römische bis heute stilbildend. Wir nennen<br />
sie „antike“ Kultur. Ihre überragende Bedeutung<br />
für die westliche Welt ist unbestritten.<br />
Sie ist das Fundament, auf dem Europa ruht.<br />
(3) Die antike Kultur endet mit der Ernennung<br />
des Katholizismus zur Staatskirche im Jahre<br />
380. Das Jahr markiert einen Paradigmenwechsel<br />
von der polytheistisch-multikulturellen<br />
Denkweise zu einer monotheistisch-monothematischen.<br />
An die Stelle der antiken Kultur<br />
tritt eine Dogmenkultur, die ihre Durchsetzungskraft<br />
aus der Allianz mit der Staatsmacht<br />
gewinnt.<br />
(4) Das nunmehr dominierende Jenseitsdenken<br />
und die autoritäre Wahrheitsgewissheit<br />
der Kirche paralysieren Kreativität und<br />
Forschung, Bildung und Wissenschaft. Ohne<br />
öffentliche Schulen, Bibliotheken, Theater<br />
und Kanalisation verwahrlosen die Städte.<br />
Die Stadtkultur bricht zusammen, die Städte<br />
versinken im Schmutz. Der einst freie Geist<br />
zieht sich als Kirchengeist hinter Klostermauern<br />
zurück.<br />
(5) Parallel zum Verfall des Nordens schwingen<br />
sich im islamischen Süden Europas<br />
Rolf Bergmeier<br />
©Foto: privat<br />
die Städte zu kulturellen Höhen auf. Die<br />
islam-arabische Kultur wächst in kurzer Zeit<br />
wie Phönix aus der Asche. Sie integriert die<br />
griechisch-römische Kultur, adaptiert indische,<br />
asiatische und persische Beiträge, ordnet und<br />
ergänzt das Erworbene und beherrscht zwischen<br />
700 und 1400 die Welt zwischen Indus<br />
und Atlantik.<br />
(6) Die neue islam-arabische Kultur wird zum<br />
Maßstab aller Kulturen. Córdoba, die Kalifenstadt<br />
im arabischen Spanien, gilt als „Zierde<br />
des Erdkreises“, Bagdad als weltweiter „Hort<br />
der Weisheit“.<br />
(7) Ab dem 13. Jahrhundert dringt das islam-arabische<br />
Wissen nach Mitteleuropa. Nach<br />
tausend Jahren Düsternis kehren Teile der<br />
antiken Kultur an ihren Ursprungsort zurück.<br />
Europa wird zum Erben und Nutznießer der<br />
heidnischen Antike im arabischem Gewand<br />
und erblüht in der „Renaissance“.<br />
(8) Im 18. Jahrhundert leitet die Aufklärung die<br />
Revolutionen für Freiheit, Mitbestimmung und<br />
Menschenrechte ein. Ihre Forderungen nach<br />
Demokratie, Freiheit und Gleichberechtigung<br />
sind die Werte, die heute die westliche Hemisphäre<br />
prägen und ihr Ausstrahlungskraft<br />
verleihen.<br />
So sind Antike, islam-arabische Hochkultur<br />
und Aufklärung die eigentlichen Bausteine<br />
europäischer Kultur. Der Beitrag des Christentums<br />
in Gestalt der katholischen Kirche ist<br />
zwar unübersehbar, aber als reine kirchenkulturelle<br />
Leistung für die geisteswissenschaftliche<br />
und demokratisch-gesellschaftliche Entwicklung<br />
Europas von geringer Bedeutung.<br />
Denn „christliche Kultur“ ist Kirchenkultur,<br />
deren fundamentale Religiösität überall in der<br />
Welt auch Spuren der Verwüstung hinterlässt.<br />
Sie ist eine Teilkultur, in der sich das Gute den<br />
Rang mit dem Schmach des Unanständigen<br />
teilen muss.<br />
Rolf Bergmeier, Althistoriker und Philosoph,<br />
Forschung zur spätantiken, christlichen, arabischen<br />
Kultur im frühen Mittelalter, Monographien<br />
zur antiken Kultur, zur Entwicklung<br />
des Christentums in der Spätantike und zu den<br />
Ursachen des Untergangs der antiken Kultur.<br />
Vortrag: „Die Legende von der christlichen Leitkultur“,<br />
4. 12., 20 Uhr, Uni Freiburg, HS1015<br />
Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 9
AHMADIYYA MUSLIM JAMAAT GEMEINDE<br />
Moschee-Baupläne<br />
©Foto: Michael Zäh<br />
Eine Moschee in <strong>Zähringen</strong>?<br />
Die islamische Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde will im Gerwebegebiet Längenloh eine Moschee mit Kuppel<br />
und Minarett bauen. Die Bauanfrage wird derzeit bearbeitet, eine Kaufanfrage an die Stadt noch nicht gestellt.<br />
Eine Kuppel mit fünf Metern<br />
Durchmesser soll sie haben und<br />
ein zwölf Meter hohes Minarett<br />
– die Moschee, die die islamische Gemeinde<br />
Ahmadiyya Muslim Jamaat im<br />
Zähringer Gewerbegebiet Längenloh<br />
bauen möchte. Die Bauvoranfrage für<br />
das Gebäude, das in der Nähe zur neuen<br />
Flüchtlingsunterkunft entstehen<br />
könnte, läuft.<br />
Rechtlich sind in einem Gewerbegebiet<br />
Gebäude für kirchliche Zwecke genehmigungsfähig.<br />
Das Grundstück, auf dem<br />
das islamische Gebetshaus entstehen<br />
soll, gehört der Stadt und liegt zwischen<br />
Heuweilerstraße und Glottertalstraße neben<br />
den Bahngleisen. Die auf insgesamt<br />
460 Quadratmeter geplante Moschee soll<br />
neben einem Gebetsraum auch Wasch-,<br />
Gemeinschafts- und Verwaltungsräume<br />
beherbergen. Auf dem Minarett-Turm sollen<br />
keine Lautsprecher installiert werden.<br />
Entgegen einem Bericht in der Badischen<br />
Zeitung, wonach die Stadt sich entschlossen<br />
habe, das Grundstück nicht an die<br />
muslimische Gemeinde zu verkaufen,<br />
erklärte die städtische Pressesprecherin<br />
Edith Lamersdorf auf unsere Nachfrage,<br />
dass bislang keine Kaufanfrage an die<br />
Stadt gestellt worden sei. „Zu keiner Zeit<br />
wurde das Liegenschaftsamt wegen dieses<br />
Grundstücks kontaktiert“, so Edith<br />
Lamersdorf. Deshalb gebe es bislang auch<br />
noch keine Äußerung der Stadtverwaltung<br />
zum möglichen Verkauf.<br />
Die Ahmadiyya Muslim Jamaat versteht<br />
sich als Erneuerungsbewegung innerhalb<br />
des Islam, die in Pakistan entstanden ist.<br />
Die erste Moschee, die in den 1920er<br />
Jahren in Berlin gebaut wurde, ist eine<br />
Ahmadiyya-Moschee. Konservative islamische<br />
Kreise setzten in den 1970er<br />
Jahren – mit saudischer Unterstützung<br />
– durch, der Ahmadiyya ihren Status als<br />
Muslime abzuerkennen, seitdem werden<br />
sie in Pakistan diskriminiert. Dabei spielte<br />
auch eine Rolle, dass die Ahmadiyya<br />
darauf aufbaut, dass ihr Gründer Ghulam<br />
Ahmad (1835 –1908) als Messias, als<br />
Mahdi, als Jesus und Wiedergeburt des<br />
indischen Gottes Krishna, gesehen wird.<br />
Bei der Ahmadiyya Jamaat, deren Mitglieder<br />
vielfach Asyl in Europa beantragt haben,<br />
wird Wert darauf gelegt, dass – egal<br />
in welchem Land sie leben – die dortige<br />
Sprache gelernt wird und die Integration<br />
praktiziert wird.<br />
Barbara Breitsprecher<br />
10 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
AHMADIYYA MUSLIM JAMAAT GEMEINDE<br />
Offizielle Erklärung<br />
Entstellter Islam<br />
Das Oberhaupt der islamischen Ahmadiyya Muslim<br />
Jamaat Gemeinde verurteilt den Terror in Paris<br />
Das weltweite Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim<br />
Jamaat – die islamische Gemeinde, die eine Moschee<br />
in <strong>Zähringen</strong> bauen möchte – Hadhrat Mirza<br />
Masroor Ahmad, hat die gestrigen Terroranschläge in Paris<br />
aufs Schärfste verurteilt. Hier die Erklärung im Wortlaut:<br />
„Im Namen der weltweiten Ahmadiyya Muslim Jamaat Religionsgemeinschaft,<br />
möchte ich nach den abscheulichen Terroranschlägen<br />
in Paris, der französischen Nation, den Bürgern<br />
Frankreichs und der französischen Regierung mein Beileid<br />
bekunden. Diese brutalen und unmenschlichen Angriffe sind<br />
auf das Schärfste zu verurteilen.<br />
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Darüber hinaus möchte ich betonen, dass alle Formen von Terrorismus<br />
und Extremismus völlig konträr zu den wahren Lehren<br />
des Islam sind. Der<br />
Heilige Koran stellt<br />
„Alle Formen von Terrorismus<br />
sind völlig<br />
konträr zu den wahren<br />
Lehren des Islam“<br />
Hadhrat Mirza Masroor Ahmad<br />
unmissverständlich<br />
klar, dass wer auch<br />
nur eine einzige unschuldige<br />
Person<br />
tötet, damit die gesamte<br />
Menschheit<br />
tötet. Unter keinen<br />
Umständen rechtfertigt<br />
der Islam<br />
Mord und Terror.<br />
Diejenigen, die die<br />
Rechtfertigung ihrer hasserfüllten Taten im Namen des Islam<br />
suchen, entstellen den Islam bis zur Unkenntlichkeit.<br />
Unser Mitgefühl und Gebete sind mit den unschuldigen Menschen,<br />
die durch die unverzeihlichen Anschläge ihr Leben<br />
verloren haben, und mit allen Verletzten und Hinterbliebenen.<br />
Möge Gott ihnen Geduld und Gefasstheit gewähren.<br />
Habsburgerstrasse 125<br />
79104 Freiburg<br />
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Weiterhin hoffe und bete ich, dass die Täter dieses abscheulichen<br />
Verbrechens zügig enttarnt und vor Gericht gestellt<br />
werden.“<br />
Hadhrat Mirza Masroor Ahmad<br />
Die Freiburger Gemeinde gab darüber hinaus folgende Stellungnahme<br />
ab:<br />
Die Muslime der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland<br />
haben mit Grauen, Trauer und Fassungslosigkeit von den<br />
barbarischen Terroranschlägen in Paris erfahren. Die Terroranschläge<br />
sind eine unentschuldbare Barbarei, die Hass und<br />
Zwietracht sät und der wir bloß mit gesellschaftlicher Einheit<br />
begegnen können.<br />
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Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 11
Lust<br />
auf schönes<br />
Wohnen<br />
Hier sprüht es vor Ideen:<br />
Deco-Point Mayer in Gutach/Bleibach überzeugt<br />
mit einer Riesenauswahl an Wohnstoffen, Teppichen<br />
und Fußböden und bietet fachkundige Beratung,<br />
Planung und Ausführung aus einer Hand.<br />
Herbst und Winter stehen<br />
vor der Tür, es beginnt<br />
die Zeit, in der man sich<br />
gerne ins warme Zuhause zurückzieht.<br />
Kuschelig möchte man<br />
es haben, behaglich soll die Atmosphäre<br />
sein, warme Töne umschmeicheln<br />
unsere Sinne. Eine<br />
Quelle der Inspiration und Vielfalt<br />
für die Gestaltung von Räumen,<br />
gepaart mit Fachwissen und echter<br />
Handwerkskunst sowie jahrzehntelanger<br />
Erfahrung, bietet<br />
der Raumausstatter Deco-Point<br />
Mayer in Gutach/Bleibach im<br />
Gewerbegebiet Stollen.<br />
Ein Besuch bei Deco-Point<br />
Mayer löst eine Flut an Ideen<br />
sowie Lust auf Kreativität<br />
und Veränderung aus. Gerlinde<br />
Mayer, die zusammen mit<br />
ihrem Mann Meinrad Mayer<br />
Deco-Point<br />
Mayer führt, ist eine Expertin<br />
auf dem Gebiet der Raumgestaltung.<br />
Sie weiß, dass eine neutrale<br />
Basis eine ideale Voraussetzung<br />
ist, um dann einem Raum<br />
mit entsprechendem Mobiliar,<br />
Farben, Vorhängen sowie Kissen,<br />
Teppichen und wohnlichen<br />
Accessoires den richtigen Schliff<br />
zu geben.<br />
Wer das Besondere und<br />
die individuelle Note liebt, ist<br />
bei Deco-Point Mayer genau<br />
richtig. Die erfahrenen Profis<br />
beraten gerne, damit Farbe,<br />
Struktur, Material und Qualität<br />
passend zum Raum gestaltet<br />
wird und das Ambiente perfekt<br />
den Vorstellungen der Bewohner<br />
entspricht. Teppiche werden<br />
individuell maßgenau angefertigt,<br />
exakt passend zu Sofa oder<br />
Sesseln, für die es hier auch<br />
wundervolle Bezugsstoffe gibt.<br />
Polsterarbeiten können direkt<br />
in der hauseigenen Werkstatt<br />
fachkundig erledigt werden.<br />
Gleiches gilt für Vorhänge,<br />
Gardinen und Kissen, die<br />
auf Wunsch vom hauseigenen<br />
Nähservice passend angefertigt<br />
werden. Textilien perfekt aufeinander<br />
abzustimmen, so dass<br />
ein Raum seine ganze Wirkung<br />
entfalten kann, ist Gerlinde<br />
Mayers besondere Leidenschaft.<br />
Die Kunst der Verführung<br />
zu einem schönen Wohnambiente<br />
beherrscht Deco-Point<br />
Mayer aber auch durch seine<br />
große Bodenabteilung und den<br />
vielen Musterflächen, inklusive<br />
der großen Parkettabteilung,<br />
wo die verschiedenen Fußböden<br />
befühlt und begangen werden<br />
können. Der Chef Meinrad Mayer<br />
ist Parkettleger- und Raumausstatter-Meister<br />
und erfüllt<br />
mit seinem engagierten Team<br />
alle Bodenwünsche – ob stilvoll<br />
und chic oder strapazierfähig<br />
und pflegeleicht. So wir das<br />
eigene Zuhause je nach individuellem<br />
Wunsch und Persönlichkeit<br />
ein gemütlicher Hafen<br />
oder ein edler Rückzugsort, in<br />
dem gerne auch ganz stilvoll<br />
Besuch empfangen wird.<br />
Kuschelige Wärme oder pure<br />
Eleganz – das eigene Heim ist<br />
variabel und alles ist machbar.<br />
Als Komplettanbieter gibt es<br />
bei Deco-Point Mayer innovative<br />
und kreative Ideen sowie überzeugende<br />
Handwerksleistungen<br />
für die vollständige individuelle<br />
Wohnungseinrichtung. bb<br />
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Raumausstattung,<br />
Am Stollen 10,<br />
Gutach/Bleibach,<br />
Tel. 07685 / 91 05 80;<br />
geöffnet Mo. bis Fr. 9.30 -<br />
18.30 Uhr, Sa. 9.30 - 16 Uhr,<br />
So. 14 - 17 Uhr<br />
(ohne Beratung).<br />
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12 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
VOLOREPTATE GENUSS IN GLÄSERN MAIO EXCEATE<br />
Ireneus Frost<br />
Nein, es ist kein Künstlername: Ireneus Frost heißt tatsächlich<br />
so. Der leidenschaftliche Einmach-Fan hat<br />
sich vor neun Jahren selbstständig gemacht. Sieben<br />
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen helfen ihm inzwischen,<br />
Früchte einzukochen und in Gläser abzufüllen. In seiner<br />
Zähringer Großküche entstehen so köstliche Marmeladen<br />
und Fruchtaufstriche, aber ebenso raffinierte Senfkreationen,<br />
Essig in verschiedensten Geschmacksrichtungen sowie<br />
verführerische Sirupvariationen. Täglich außer mittwochs<br />
verkauft er seine Produkte auf dem Münstermarkt.<br />
Ab ins Glas<br />
Ireneus Frost stellt in seinem Küchenatelier in<br />
<strong>Zähringen</strong> Marmeladen, Fruchtaufstriche, Sirup, Senfund<br />
Essigvariationen nach eigenen Rezepturen her.<br />
Alles wird in Gläser abgefüllt und auf dem Freiburger<br />
Münstermarkt oder übers Internet verkauft.<br />
Mit Hingabe entwickelt Ireneus Frost seine eigenen Rezepte,<br />
immer wieder probiert er verschiedene Kombinationen zunächst<br />
auch in seiner privaten Küche zuhause aus. Der Anspruch ist<br />
hoch, das Verhältnis von Säure, Frucht und Süße muss ausgewogen<br />
sein. „da bin ich sehr eigen“. Und siehe da, manchmal passt<br />
es dann auch nicht: „Mango-Ananas beispielsweise, klingt toll,<br />
geht aber gar nicht.“ Dafür ist aber sein süßer Knoblauchaufstrich<br />
ein Renner, ebenso wie die Kirschen in Rotwein und der Brombeer-Basilikumessig.<br />
Und eine ausgesuchte Köstlichkeit ist der<br />
handwerklich hergestellte Demi Glace, ein stark konzentrierter<br />
Kalbsfond für Soßen. Rund 80 verschiedene Produkte stellt er inzwischen<br />
her, je nach Jahreszeiten und Saison variiert der Inhalt<br />
in den blubbernden 50-Liter-Töpfen.<br />
Jetzt schenkt er in seinem Küchenatelier mit dem großen, vierflammigen<br />
4000 Watt-Gasherd in dem Zähringer Hinterhaus Heidelbeer-Essig<br />
in kleine Gläser und lässt zwei seiner Mitarbeiter<br />
von der neuen Kreation probieren. „Mega-lecker“, ist der eindeutige<br />
Kommentar. Ireneus Frost strahlt. In den vergangenen neun<br />
Jahren, seit er sich selbstständig gemacht hat, lag er mit seinen<br />
Kreationen meist richtig. Ursprünglich hatte er sich als Elektriker,<br />
dann als Schreiner versucht. Schließlich die Ausbildung als<br />
Einzelhandelskaufmann, die er als Jahrgangsbester abschloss.<br />
Immer wieder jobbte er auch in der Gastronomie. Bis der heute<br />
32-Jährige schließlich den Mut fasste, und seine Leidenschaft<br />
zum Beruf machte.<br />
<br />
©Foto: Andreas Reinbolz<br />
Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 13
GENUSS IN GLÄSERN<br />
©Foto: Barbara Breitsprecher<br />
©Foto: Andreas Reinbolz<br />
Bereits als Jugendlicher hat er mehr Zeit in der Küche verbracht<br />
als alle anderen. „Während die anderen auf dem Fußballplatz<br />
waren, habe ich in Töpfe geschaut.“ Viel hat er dabei auch von<br />
seinem schlesischen Großvater gelernt. Der hatte während des<br />
Krieges ein ganzes Dorf mit seiner Küche versorgt. Bei ihm saß<br />
der kleine Ireneus in der Küche und machte seine Hausaufgaben.<br />
Die zweite wichtige Inspirationsquelle für Ireneus Frost war<br />
seine Tante, die einen Lebensmittelladen hatte. Selbst zu kochen<br />
ist für den fröhlichen jungen Mann „ganz, ganz wichtig“. Und<br />
zwar ohne Geschmacksverstärker und keine Fertigprodukte.<br />
Stets kocht er in großen Mengen, „das hab ich von meinem Opa,<br />
klein geht nicht“. Was übrig ist wird eingefroren.<br />
Marmelade hat er schon immer gerne eingekocht und sich dabei<br />
die „wildesten Kreationen“ ausgedacht. Seine „Blindverkostungen“<br />
mit Früchteraten im Freundeskreis beim Sonntags-Brunch<br />
waren immer ein großes Spaß. Zunächst verschenkte er viele<br />
Marmeladen, dann kamen erste Bestellungen rein. Also plünderte<br />
er sein Konto, kaufte große Mengen Erdbeeren und Himbeeren<br />
ein, kochte sie ein und stellte sich damit hinter einen Stand<br />
auf dem Markt. Am nächsten Tag nahm er das eingenommene<br />
Geld und machte sich wieder auf zum Großmarkt, um neue<br />
Früchte einzukaufen. „Anfangs war das wie im Hamsterrad“,<br />
erinnert sich Ireneus Frost. Doch die Geduld und Hartnäckigkeit<br />
zahlte sich aus: Heute beschäftigt er sieben Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter, darunter auch einen ausgebildeten Koch, drei<br />
mal pro Woche steht er selbst noch am Marktstand vor dem<br />
Kornhaus, wo man alle Produkte auch probieren kann. Die Zahl<br />
seiner Stammkunden ist in all den Jahren beständig gewachsen.<br />
Mit so einem Stand ist man auch mitten im Leben: Eine langjährige<br />
Kundin fand erstmals hochschwanger ihren Weg zu den Marmeladen<br />
von Ireneus Frost. Heute begleitet sie ihr Töchterchen<br />
bei den Einkäufen. Und eine Frau und ein Mann haben sich an<br />
seinem Marktstand kennen gelernt. Sie sind heute ein Paar und<br />
haben inzwischen ein Kind zusammen.<br />
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14 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
GENUSS IN GLÄSERN<br />
Mit Leidenschaft und Fröhlichkeit ans Werk: Ireneus Frost kreiert in<br />
seiner Küche Leckereien, die Freude machen. Ob Marmeladen oder<br />
Essigvariationen – bei ihm wird nur ganz frische Ware handwerklich<br />
nach eigenen Rezepturen verarbeitet.<br />
Natürlich kann man von Ireneus Frost auch Tipps bekommen,<br />
wie die eigene Marmelade noch feiner, noch leckerer wird. Erstens,<br />
keine Essiggürkchen-Gläser fürs Marmeladen-Einkochen<br />
verwenden. Der Essiggeschmack im Glas lässt sich einfach nicht<br />
wegwaschen. Zweitens stets nur frisches 1A-Obst verwenden<br />
und tagesfrisch einkaufen. Erdbeeren nicht im Kühlschrank<br />
aufbewahren – sie nehmen wie ein Schwamm Feuchtigkeit und<br />
Gerüche auf. „Erdbeeren bekommen damit geschmacklich einen<br />
Fehlton“, erklärt Ireneus Frost. „Aus frischen Früchten gekochte<br />
Marmelade schmeckt einfach besser!“<br />
Barbara Breitsprecher<br />
Der kleine Ireneus Frost Einmachtipp:<br />
Glühwein Birnen Gelee:<br />
0,5 L Rotwein Pinot Noir<br />
0,5 L Weißwein Auxerrois<br />
0,5 L Birnensaft<br />
0,75 Kg Zucker<br />
0,022 Kg Apfelpektin<br />
0,01 Kg Glühweingewürz (Teestand Markt)<br />
Die Weine werden mit dem Birnensaft in einem großen Topf gemischt.<br />
Anschließend wird der Zucker in einer separaten Schüssel mit dem<br />
Apfelpektin mit einem Schneebesen vermengt. Als nächstes kommt<br />
die Zucker Pektin Mischung in den Topf mit rein. Das Glühweingewürz<br />
geben Sie in einen feinen Papierteefilter und verschließen diesen gut.<br />
Jetzt darf die das Glühweingewürz mit in den Topf. Alles aufkochen und<br />
fünf Minuten Sprudelnd kochen lassen. Nach dem kochen sollte das<br />
Gelee noch ca. 1-2 Minuten im Topf ruhen und anschließend in saubere<br />
vorbereitete Gläser abgefüllt werden. Ich empfehle die Gläser nach dem<br />
verschließen ca. 2 Minuten auf dem Kopf stehen zu lassen.<br />
Sollten Sie kein Apfelpektin bekommen können Sie auch den Zucker<br />
und das Apfelpektin durch 0,75 kg. Gelierzucker 1:2 ersetzen.<br />
©Foto: Andreas Reinbolz<br />
THAILAND, KOH SAMUI<br />
Peace Resort 1111<br />
7 Nächte/Frühstück<br />
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Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 15
BÜCHERTIPPS<br />
Jami Attenberg:<br />
Die Middlesteins<br />
Frankfurt am Main 2014<br />
(Schöffling & Co.)<br />
(The Middlesteins, New York/Boston<br />
2012. Aus dem Amerikanischen von<br />
Barbara Christ)<br />
Eine Familiengeschichte,<br />
in<br />
der die Familie<br />
Middlestein<br />
den Fall der<br />
lebensbedrohlich<br />
dicken<br />
Mutter und Großmutter Edie lösen<br />
muss.. Als die Kinder aus dem Haus<br />
sind, eigene Kinder haben, die Beziehung<br />
zu ihrem Mann immer<br />
leidenschaftsloser wird, flüchtet<br />
sie sich immer mehr in ihre Obsession,<br />
dem Essen. Bis ihr Mann dies<br />
und ihren Eigensinn nicht mehr erträgt<br />
und geht. Nun versuchen alle<br />
Mitglieder der Großfamilie Middlestein<br />
die vermeintlich heile Welt<br />
wiederherzustellen. Mit aberwitzigen,<br />
sanften, aber auch harten<br />
Mitteln. Dabei wird klar, dass nicht<br />
allein Edie ein Problem hat, auch<br />
wenn ihres nach außen hin ganz<br />
offensichtlich ist. Es könnte ein<br />
tragisch-trauriges Buch sein, wäre<br />
da nicht der unglaublich hintersinnige,<br />
urkomische jüdische Humor,<br />
der uns über das Minenfeld Familie<br />
balanciert. Und der uns mal wieder<br />
klar macht, dass man den Fall Familie<br />
nicht lösen kann. Aber man<br />
kann ihm mit Humor begegnen!<br />
Jochen Schmidt und<br />
David Wagner:<br />
Drüben und drüben.<br />
Zwei deutsche<br />
Kindheiten<br />
Reinbek bei Hamburg 2014<br />
(Rowohlt)<br />
Ein Buch zur Wende – ein echtes<br />
Wendebuch! Und mal keines,<br />
dass die große Politik betrachtet,<br />
sondern den profanen Alltag der<br />
letzten zwanzig Jahre des geteilten<br />
Landes. Und uns so vielleicht<br />
viel mehr<br />
über das Leben<br />
drüben und<br />
drüben erzählt.<br />
Die Schriftsteller<br />
Jochen<br />
Schmidt und<br />
David Wagner<br />
wurden beide<br />
Anfang der 70er Jahre geboren,<br />
der eine im Osten, der andere im<br />
Westen. Sie erleben zwei deutsche<br />
Kindheiten, wie sie unterschiedlicher<br />
nicht sein könnten<br />
und doch viel gemeinsam haben.<br />
Beide erzählen vom Heranschaffen<br />
von Süßigkeiten, über die Bewältigung<br />
des Schulalltags, über<br />
Freunde. Und doch gibt es einen<br />
entscheidenden Unterschied:<br />
Während für Wagner die DDR in<br />
der Kindheit nur sehr marginal<br />
eine Rolle spielte – vielleicht mal<br />
bei Fernsehübertragungen von<br />
internationalen Sportwettkämp-<br />
Büchertipps<br />
Sebastian Reiß leitet das Hörbüro<br />
Freiburg in der Brombergstraße.<br />
Er arbeitet als Produzent und<br />
Regisseur für Sprach- und Hörbuchaufnahmen,<br />
ist Lesestimme<br />
bei Literaturfestivals sowie Gastdozent<br />
an der Hochschule der<br />
Medien in Stuttgart. Mit „Reiß<br />
liest – Wood spielt“ schlägt er<br />
viermal im Jahr mit dem Musiker<br />
Jeremiah Wood eine Schneise in<br />
den Dschungel der Neuerscheinungen.<br />
Was er sonst live auf die<br />
Bühne bringt, macht er hier in gedruckter Form: exklusiv für die Leserinnen<br />
und Leser des Stadtteils-<strong>Magazin</strong>s. Nächstes „Reiß liest – Wood<br />
spielt“ am 9. 12., 20 Uhr, Elisabeth-Schneider-Stiftung im Weinschlösschen,<br />
Wilhelmstraße 17a. Mehr Infos: www.hoerbuero-freiburg.de.<br />
fen, bei denen auf der Mattscheibe<br />
neben dem Kürzel GER für<br />
Germany auch das Kürzel GDR<br />
für das andere Deutschland auftauchte<br />
–, so war in Schmidts<br />
Kindheit „drüben“ sehr präsent:<br />
die skurrilen Care-Pakete aus dem<br />
Westen mit alten, ausgebleichten<br />
Jeans oder gar ausgeleierter<br />
Unterwäsche, das spannendere<br />
Westfernsehen, die bedeutsamere<br />
Popmusik von drüben. Mit<br />
ihren bisherigen Veröffentlichungen<br />
haben Jochen Schmidt und<br />
David Wagner bewiesen, dass sie<br />
mit wundervoll leisem Humor,<br />
leichter, teilweise schräger Melancholie<br />
den Alltag literarisch<br />
unterhaltsam beobachten. Dies<br />
kommt ihnen in diesem autobiographischen<br />
Buch, das durch eine<br />
Mauer in der Mitte des Buches<br />
die beiden Kindheitserzählungen<br />
voneinander trennt, zugute. Es<br />
gelingt ihnen, in 13 gleichlautenden<br />
Kapiteln die Stimmung der<br />
damaligen Zeit zu transportieren.<br />
Durch dieselbe Benennung der<br />
Abschnitte kann der Leser bei<br />
jedem Thema auch schnell mal<br />
nach „drüben“ schauen – er muss<br />
das Buch einfach nur wenden.<br />
Beide enden mit dem 9. November<br />
1989, bei beiden verläuft der<br />
Tag recht unspektakulär. Jochen<br />
Schmidt musste als NVA-Soldat<br />
Dienst schieben. Für David Wagner<br />
stand eine Lateinklausur an.<br />
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16 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
PORTRÄT<br />
Martina Wündrich<br />
Stärke,<br />
Können<br />
und<br />
Präsenz<br />
Die Ärztin Martina Wündrich lebt in <strong>Zähringen</strong> und ist als Erste Geigerin<br />
auch die Konzertmeisterin bei der Camerata Academica Freiburg.<br />
Kein Zweifel: Es ist richtig viel,<br />
was Martina Wündrich jede<br />
Woche leistet. Als zweifache<br />
Fachärztin teilt sie sich quasi zwischen<br />
zwei Arbeitgebern auf und ist außerdem<br />
seit vielen Jahren ganz vorne in<br />
verantwortlicher Position beim Orchester<br />
der Camerata Academica im<br />
Vorstand und als Konzertmeisterin an<br />
der Ersten Geige aktiv.<br />
Wer so eingebunden ist und dabei wichtige<br />
Aufgaben übernimmt, tut sich gemeinhin<br />
schwer, aus solch einem Rhythmus – und<br />
wenn auch nur für begrenzte Zeit – auszusteigen.<br />
Die 39-jährige Martina Wündrich<br />
hat es dennoch gewagt. Anfang diesen<br />
©Foto: Michael Bamberger<br />
Jahres kündigte sie ihren Job als Ärztin an<br />
der Uni-Klinik und machte sich für einige<br />
Monate auf, einen Traum zu verwirklichen<br />
und ihre Sehnsuchts-Länder zu bereisen.<br />
In diesen „Sabbat-Monaten“ besuchte sie<br />
Neuseeland, war in Kanada und Alaska,<br />
kam nach Schweden und nach Israel.<br />
Wenn die sportliche Frau davon erzählt,<br />
ist ihre tiefe Zufriedenheit zu spüren: Diese<br />
Entscheidung war richtig.<br />
Seit diesem Herbst hat sie ihre berufliche<br />
Tätigkeit wieder aufgenommen, allerdings<br />
bewusst nur noch in Teilzeit. So arbeitet<br />
sie als Psychiaterin in einer Praxis in Titisee-Neustadt<br />
und als Neurologin wird sie<br />
immer mal wieder im Diakoniekrankenhaus<br />
verpflichtet.<br />
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PORTRÄT<br />
Das Orchester der Camerata Academica Freiburg, deren<br />
Konzertmeisterin Martina Wündrich (Bildmitte) ist.<br />
Fotos: Michael Bamberger ©Foto: Michael Bamberger<br />
Was sie in der ganzen Zeit nie aufgehört hat, war das Geigenspiel.<br />
Im Alter von fünf Jahren hat sie mit diesem Instrument begonnen<br />
und es kam ihr seitdem nie in den Sinn, damit aufzuhören. Für<br />
diese enge Bindung sorgte damals auch ihre erste Geigenlehrerin,<br />
die es verstand das begabte Mädchen positiv zu motivieren. Früh<br />
ist sie dann bei einem Orchester eingestiegen und war bereits als<br />
Kind auch auf Orchesterreisen mit dabei. Als Teenager gründete<br />
sie mit drei Freundinnen ein Streichquartett, im Orchester blieb<br />
sie weiterhin aktiv.<br />
„Ich habe immer leicht gelernt“, resümiert Martina Wündrich<br />
ganz sachlich und unprätentiös. Während ihres Studiums in<br />
Heidelberg sowie zeitweise in Lyon und schließlich<br />
in Freiburg, wo sie „hängen geblieben“ ist, hat sie in<br />
diversen Uni-Orchestern mitgespielt – in Freiburg im<br />
Akademischen Orchester. Am Camerata Academica<br />
Orchester gefällt ihr besonders das projektbezogene<br />
Spiel. Es gibt einen festen Stamm an Musikerinnen<br />
und Musikern, aber ansonsten wechselt die Besetzung<br />
je nach Werk. Das Weihnachtsoratorium von<br />
Johann Sebastian Bach, das nun am 13. Dezember im<br />
Konzerthaus in Freiburg zusammen mit dem Freiburger<br />
Kammerchor unter der Leitung von Lukas Grimm<br />
ansteht, ist für sie ein „ganz besonderes Highlight“.<br />
Martina Wündrich empfindet es als „eine Ehre, dass wir dieses<br />
Werk im Konzerthaus aufführen dürfen“. Und sie ist voller<br />
„Freude, weil das so ein schönes Stück ist“. Beim WO, wie die<br />
Musiker das Weihnachtsoratorium nennen, spielen 40 Ensemblemitglieder<br />
mit. Es gab aber auch schon Symphonien, wo das<br />
Orchester auf 65 Musikerinnen und Musiker aufgestockt wurde.<br />
Seit vielen Jahren engagiert sie sich auch im Orchestervorstand.<br />
Der siebenköpfige Vorstand organisiert die Orchesterarbeit und<br />
die Probenpläne, sorgt für die Räume, trifft die Absprachen<br />
Martina Wündrich<br />
Engagement<br />
für die Musik<br />
Martina Wündrich ist<br />
Fachärztin sowohl für Psychiatrie<br />
wie auch für Neurologie.<br />
Seit vielen Jahren<br />
spielt sie Erste Geige beim<br />
Orchester der Camerata<br />
Academica Freiburg, ist<br />
dort die Konzertmeisterin<br />
und im gewählten Orchester-Vorstand<br />
aktiv. Die Camerata Academica<br />
wird zusammen mit dem Freiburger<br />
Kammerchor am 13. 12., 18 Uhr Bachs<br />
Weihnachtsoratorium im Konzerthaus aufführen.<br />
Außerdem werden drei kleinere Ensembles<br />
der Camerata bereits am 6. 12., 18<br />
Uhr in der Heilig-Geist-Kirche der Uni-Klinik<br />
ein Weihnachtskonzert geben.<br />
mit dem Chor, kümmert sich um die Finanzen und die Plakate,<br />
transportiert Orgel und Cembalo oder sucht Mitspieler. Und organisiert<br />
die Orchesterreisen, beispielsweise kommende Pfingsten<br />
zusammen mit dem Freiburger Kantatenchor nach Rom. „Wir sind<br />
eine super Truppe“, schwärmt Martina Wündrich. „Die Zusammenarbeit<br />
und Kommunikation läuft total gut.“<br />
Dem Orchester der Camerata Academica ist aber neben dem hohen<br />
musikalischen Anspruch auch das soziale Engagement wichtig.<br />
Wenn also die nächste große<br />
Orchesterreise kommenden<br />
Sommer nach Südafrika<br />
geplant ist, dann engagiert<br />
sich die Camerata dort auch<br />
für soziale Projekte wie Musik-Workshops<br />
für Straßenkinder<br />
sowie für die Hope<br />
Foundation Capetown, eine<br />
Stiftung für aidskranke<br />
Kinder.<br />
Das aus Profi- und erfahrenen<br />
Amateurmusikern<br />
bestehende Freiburger Ensemble<br />
wird hauptsächlich<br />
von Manuel Nawri dirigiert.<br />
Er ist Professor an der Musikhochschule<br />
Hanns Eisler<br />
in Berlin und hat eine hohe<br />
Spielkultur beim Orchester<br />
etabliert. In den vergangenen<br />
Jahren hat zudem Gunnar<br />
Persicke, Stimmführer<br />
der Zweiten Geigen beim<br />
18 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
PORTRÄT<br />
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Martina Wündrich an der ersten Geige, im Zusammenspiel mit ihren<br />
Orchesterkolleginnen und -kollegen von der Camerata Academica<br />
Freiburg.<br />
„Sich einfach nur reinfallen<br />
lassen, das ist<br />
als Konzertmeisterin<br />
nicht möglich.“<br />
Martina Wündrich<br />
SWR Sinfonieorchester Freiburg, immer mal wieder als Dirigent<br />
bei der Camerata gewirkt.<br />
Es gefällt Martina Wündrich, dass das Orchester auch über den Tellerrand<br />
der Klassik hinaus schaut: So gab es beispielsweise bereits<br />
wunderbare Tango-Konzerte,<br />
zuletzt<br />
auf dem Tambouri-Mundi-Festival<br />
im<br />
E-Werk. Schon bis<br />
ins Jahr 2018 hat der<br />
Orchestervorstand<br />
Ideen ausgearbeitet,<br />
welche Stücke gespielt<br />
werden.<br />
Aber egal ob Sinfoniekonzert,<br />
Tango<br />
oder Chorprojekt –<br />
eine Konzertmeisterin muss das Orchester führen können und<br />
die Einsätze geben. Dabei spielt natürlich das virtuose Können<br />
am Instrument eine Rolle, aber auch die körperliche und mentale<br />
Präsenz und Stärke. Denn die Konzertmeisterin muss den Orchestermusikern<br />
bei den Proben ebenso ansagen, ob beispielsweise<br />
leiser oder kürzer gespielt werden soll. „Sich einfach nur reinfallen<br />
lassen, das ist als Konzertmeisterin nicht möglich“,weiß Martina<br />
Wündrich. Man muss eben immer mitdenken, in dieser verantwortlichen<br />
Position.<br />
Barbara Breitsprecher<br />
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Projektbezogenes Spiel: Die Camerata Academica setzt sich aus Profi-<br />
und erfahrenen Amateurmusikern zusammen. Das Orchester ist<br />
für seine hohe Spielkultur bekannt.<br />
Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 19
BLOCK FOREST ROLLER GIRLS<br />
©Foto: Jennifer Reiner<br />
Ein Spiel, 14 Spielerinnen und 28 Rollschuhe pro Team, sieben Schiedsrichter, zehn Punkterichter, eine<br />
Stunde Spielzeit – und kein Ball, kein Puk, keine Schläger. Das ist Roller-Derby, ein Vollkontaktsport.<br />
Nix für Susis<br />
Es braucht keinen Ball. Wenn sich die Frauen<br />
mit ihren Rollschuhen in der Halle warm<br />
machen, dann spricht Entschlossenheit und<br />
Kampfbereitschaft aus ihren Gesichtern. Ihr Sport,<br />
Roller-Derby, ist eine Art Wettrennen zwischen zwei<br />
Mannschaften, mit deutlichen Elementen aus dem<br />
Rugby und Football.<br />
Von Einheitskleidung halten die Spielerinnen nichts.<br />
Ihr Kampfdress ist punkig, aufmüpfig, weiblich. Ihre<br />
Körpersprache signalisiert deutlich: Wir sind stark, wir<br />
haben Spaß, wir sind ein Team. Und einheitliche Athletik-Körper<br />
werden hier auch nicht gebraucht: Jede Frau<br />
mit ihren individuellen Körperformen kann auf dem<br />
Spielfeld ihren Platz finden. Eine wendige, kleinere<br />
Person ist ein idealer Jammer, eine schwerere, kräftigere<br />
ein perfekter Blocker.<br />
Der Jammer ist der Punktemacher. Für jeden im Sprint<br />
überrundeten gegnerischen Spieler gibt es einen Punkt.<br />
Dabei muss er sich durch die Blocker hindurch kämp-<br />
fen. Und die setzen alles dran, den gegnerischen Jammer<br />
mit Bodychecks aufzuhalten oder gar zu Fall zu bringen.<br />
Körperkontakt im Schulter- und Hüftbereich ist dabei<br />
ausdrücklich erlaubt.<br />
Tatiana Graf liebt diesen Sport.<br />
So sehr, dass sie sich das Emblem<br />
und den Schriftzug ihres Teams<br />
auf den Arm hat tätowieren lassen.<br />
Die 24-jährige ist kurz nach<br />
Gründung des Block Forest Roller<br />
Derby-Teams 2012, die sich<br />
als Unterabteilung des Freiburger<br />
Inline-Hockey-Clubs Breisgau<br />
Beasts formiert haben, zum Team<br />
dazu gekommen.<br />
Faszinierend ist die Vielseitigkeit, die bei diesem intensiven<br />
Sport ausgelebt werden kann. Sitzt man Tatiana<br />
Graf nach ihrer Arbeit als Krankenpflegerin gegenüber,<br />
so sieht man eine hübsche, gepflegte junge Frau mit wachen<br />
Augen und wachem Geist. Ist sie auf dem Spielfeld,<br />
„Ein fordernder,<br />
anstrengender und<br />
dann verwandelt sie sich in e<br />
sie etwas von einem Punk un<br />
„Ultraviolence“. Jede Spieler<br />
lernam<br />
aus ei<br />
„Clock<br />
ony B<br />
die Mi<br />
gewal<br />
kann b<br />
trikeri<br />
Sieben<br />
schuh<br />
dieser<br />
dabei<br />
Ein 70-seitiges strenges Re<br />
Schläge oder Stöße nicht e<br />
15 außenstehenden Punkt<br />
Nonskating Officials, notiere<br />
dauert eine Stunde, ein ac<br />
vielseitiger Sport. Mit<br />
einer Prise Punkrock.“<br />
Tatiana Graf<br />
©Foto: Micha Gruber<br />
20 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
BLOCK FOREST ROLLER GIRLS<br />
Die Block Forest Roller Girls: Sie lieben ihren<br />
exzentrischen Powersport und fühlen sich<br />
eng miteinander verbunden.<br />
©Foto: BFRG<br />
ine wilde Rebellin, dann hat<br />
d trägt stolz ihr Pseudonym<br />
in hat einen solchen „Künsten“.<br />
Tatiana Graf hat ihren<br />
nem ihrer Lieblingsbücher<br />
work Orange“ von Anthurgess<br />
entliehen. Ihr gefiel<br />
schung aus „ästhtetisch und<br />
ttätig“, wie sie sagt. „Jeder<br />
ei diesem Sport die Exzenn<br />
in sich ausleben.“<br />
Schiedsrichter auf Rollen<br />
wachen darüber, dass<br />
schnelle Vollkontaktsport<br />
nicht außer Kontrolle gerät.<br />
gelwerk listet auf, welche<br />
rlaubt sind. Die zehn bis<br />
erichter, die sogenannten<br />
n die Ergebnisse. Ein Spiel<br />
tionreicher Spielzug zwei<br />
Tatiana Graf<br />
©Foto: Barbara Breitsprecher<br />
Ultraviolence<br />
auf Rollen<br />
Tatiana Graf kam kurz nach<br />
der Gründung des Teams<br />
2012 zu den Block Forest<br />
Roller Girls. Dort ist die<br />
24-jährige Krankenpflegerin,<br />
die gerade ihr Studium<br />
in Pflegewissenschaften<br />
mit dem Bachelor abgeschlossen<br />
hat, nicht nur<br />
unter ihrem Pseudonym Ultraviolence aktiv<br />
auf Rollschuhen unterwegs, sondern auch<br />
für Pressearbeit, Sponsoring und als Trainerin<br />
tätig.<br />
Konzentrierte Anspannung: Der zweiminütige<br />
Spielzug ist vorbei, in wenigen Minuten geht<br />
es weiter und der Lauf beginnt von Neuem.<br />
Minuten, dann gibt es eine kurze Atempause. „Es ist ein<br />
ungewöhnlicher Sport“, schwärmt Tatiana Graf, „fordernd,<br />
anstrengend, athletisch und vielseitig. Und mit<br />
einer Prise Punkrock“. Sie liebt die Schnelligkeit, das<br />
Körperbetonte und das enge Teamgefühl.<br />
Jede Spielerin hat ein Paar kompakte, meist individuell<br />
gestaltete Rollschuhe mit Stoppern an den Füßen. Außerdem<br />
trägt jede Knie- und Ellebogenschoner, Handschützer,<br />
Helm und Munschutz. Schwere Verletzungen<br />
sind sehr selten, allein die sieben strengen, omnipräsenten<br />
Schiedsrichter sorgen für Sicherheit.<br />
Neben der sportlichen Seite schätzt sie auch die demokratische<br />
Organisation des Teams. Jeder im Team hat<br />
eine Aufgabe, wie die Organisation von Veranstaltungen<br />
oderAusrüstung, Trainertätigkeiten oder das Versorgen<br />
des Teams mit Essen. Man muss mindestens 18 Jahre alt<br />
sein, um mit zu machen. Die Rollschuhläuferinnen kommen<br />
aus den unterschiedlichsten Berufen, auch viele<br />
Studentinnen sind dabei. Aus den regelmäßigen Treffen<br />
haben sich enge Freundschaften gebildet, auch mit anderen<br />
Teams. „Die Treffen sind manchmal anstrengend,<br />
aber auch ungemein ergiebig.“ Für Tatiana Graf ist das<br />
Roller Derby Team „fast wie eine große Familie“.<br />
Ursprünglich ist das aus den USA kommende Roller<br />
Derby ein Frauensport. Doch inzwischen interessieren<br />
sich langsam auch Männer dafür. Bei den Block Forest<br />
Roller Girls trainiert jedenfalls inzwischen auch ein<br />
Mann mit. Zweimal pro Woche findet ein Training statt,<br />
freitags von 22 bis 24 Uhr in der Jahnhalle in <strong>Zähringen</strong>,<br />
donnerstags von 19.30 bis 22 Uhr in der Albert-Schweizer-Halle<br />
in Landwasser. Die späte Uhrzeit beweist, wie<br />
schwer umkämpft die Hallenzeiten in Freiburg sind.<br />
Neben Beweglichkeit und Schnelligkeit auf Rollschuhen<br />
wird auch die Kraft und Ausdauer trainiert.<br />
„Roller Derby tut gut“, ist sich Tatiana Graf sicher. Dabei<br />
kann man sich „auspowern und auch das Selbstbewusstsein<br />
stärken“. Denn: „Jeder kann hier seine Position<br />
finden, jeder kann seine Extravaganzen ausleben und<br />
leicht Leute kennen lernen“.<br />
Noch bis Weihnachten kann jeder unverbindlich zum<br />
Roller Derby Training kommen und mitmachen. Damit<br />
das passende Equipment gestellt werden kann, wird um<br />
Anmeldung unter bfrg@mail.de gebeten.<br />
Barbara Breitsprecher<br />
Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 21
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HERBST-REZEPT<br />
Französischer Geschmack<br />
Kartoffel-Pastete<br />
Ein Rezept von Murielle Rousseau aus Frankreich<br />
Mein Lieblingsgericht aus Frankreich? Da fragen<br />
Sie mich was! Ich habe Dutzende“, lacht Murielle<br />
Rousseau. Dann aber verrät sie uns doch eines:<br />
„Aber eines bereite ich zur Zeit besonders gerne zu: Pâté<br />
de pomme de terre limousin, eine Kartoffel-Pastete aus<br />
dem Limousin“.<br />
Hier das Rezept für vier Personen:<br />
Zutaten:<br />
1 kg Kartoffeln, geschält, in sehr dünnen Scheiben<br />
200 g Mangold, geschnitten, blanchiert<br />
2 Packungen Tarte-Teige (oder Tarte-Boden aus 250 g<br />
Mehl, 1 EL Öl, Salz und 125 g Butter selbermachen)<br />
1 Zwiebel, fein gehackt<br />
2 Schalotten, fein gehackt<br />
3 Knoblauchzehen, fein gehackt<br />
200 g Crème fraîche<br />
Salz, Pfeffer aus der Mühle<br />
1 Eigelb<br />
Zubereitung:<br />
1. Heizen Sie den Backofen auf 220 ˚C (Umluft: 200 ˚C) vor.<br />
2. Rollen Sie beide Teigportionen mit einem Nudelholz dünn<br />
aus. Legen Sie eine hohe runde Form (mit abnehmbaren<br />
Rand) damit aus. DerTeig soll dabei ein Stück über den Rand<br />
hinausragen.<br />
3. Mit den Kartoffelscheiben und dem Mangold füllen, dabei<br />
immer wieder mit Salz und Pfeffer würzen und mit etwas<br />
Zwiebel, Schalotte und Knoblauch bestreuen.<br />
4. Legen Sie den zweiten Tarte-Teig über die Kartoffeln und<br />
drücken Sie alles gut an.<br />
5. Verkleben Sie die Teigränder und bepinseln Sie den<br />
Deckteig mit dem Eigelb. Ritzen Sie mit einem Messer ein<br />
rautenförmiges Muster in den Teig.<br />
6. Bohren Sie ein etwa 2 cm großes Loch in die Mitte des<br />
Teigs und stecken Sie ein zusammengerolltes Stück Backpapier<br />
hinein. So kann beim Backen der Dampf wie aus einem<br />
Schornstein entweichen.<br />
7. Nun muss die Kartoffelpastete für eine Stunde in den Backofen.<br />
Entfernen Sie nach etwa 50 Minuten den Rand der Form,<br />
damit auch die Seiten Farbe annehmen.<br />
8. Anschließend erhitzen Sie in einem Topf langsam die Crème<br />
fraîche und schmecken Sie mit Salz und Pfeffer ab.<br />
9. Entfernen Sie etwa fünf Minuten vor Ende der Garzeit das<br />
Backpapier und geben Sie die Crème in das Loch.<br />
10. Die Pâté lauwarm servieren.<br />
Tipp: Wer mag, kann auch 200 bis 300 g blanchiertes Gemüse<br />
in die Kartoffel-Pastete geben. Besonders gut eignen sich<br />
Spinat, Blumenkohl, Erbsen oder Karotten.<br />
Murielle Rousseau<br />
Leidenschaft für die französische Küche<br />
Murielle Rousseau weiß, was sie<br />
will, wenn sie in ihrer Küche steht,<br />
für ihre Familie kocht oderwenn<br />
sie übers Kochen schreibt:<br />
Die gebürtige Französin - Tochter<br />
eines Franzosen und einer Deutschen<br />
– die seit ihren Studienzeiten in<br />
Freiburg lebt, ist passionierte Köchin,<br />
Fernsehköchin, Kochkolumnistin und<br />
Kochbuchautorin.<br />
Für ihr Buch „A table! Die wunderbaren<br />
Rezepte meiner französischen Familie“<br />
wurde sie mit dem Gourmand Cookbook<br />
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der Welt ausgezeichnet.<br />
Wenn sie nicht am Herd steht, kümmert<br />
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und Autoren, die neben Freiburg auch in<br />
Berlin beheimatet ist.<br />
Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 23
KAOSPILOT-SCHULE<br />
Aaron Benjamin Metzger<br />
KAOSPILOT<br />
Querdenker gesucht<br />
Aaron Benjamin Metzger aus <strong>Zähringen</strong> studiert in Dänemark an der Kaospilot-Schule. Hier lernt man<br />
ungewöhnliche Zukunfts-Projekte zu entwickeln. Sein nächstes Projekt ist eine Solidaritäts-Party in <strong>Zähringen</strong>.<br />
Drei Jahre dauert das<br />
Studium in Aarhus, Dänemark,<br />
für das sich<br />
Aaron Benjamin Metzger entschieden<br />
und mit dem er vor<br />
drei Monaten begonnen hat.<br />
Hinterher wird er keinen offiziellen<br />
Bachelor-Abschluss<br />
haben, aber das hat ihn nicht<br />
schrecken können.<br />
Genauso wenig wie die Kosten<br />
in Höhe von 21.000 Euro für das<br />
Studium. Eigentlich ist die Ausbildungsgebühr<br />
sogar doppelt so<br />
Aaron Benjamin Metzger<br />
©Foto: privat<br />
Kreativ die<br />
Welt ändern<br />
Aaron Benjamin Metzger,<br />
der in wenigen Tagen 24<br />
Jahre alt wird, ist in <strong>Zähringen</strong><br />
aufgewachsen. Inzwischen<br />
lebt er in Aarhus, Dänemark<br />
und studiert dort<br />
an der ungewöhnlichen<br />
Kaospilot-Schule.<br />
hoch, doch der dänische Staat übernimmt<br />
die Hälfte. Finanziert hat Aaron Metzger<br />
das Geld über ein Crowdfunding-Projekt.<br />
Vor 24 Jahren gründete der Unternehmer<br />
und Parlamentsabgeordnete Uffe<br />
Elbæk die Kaospilot-Schule, die einen<br />
ungewöhnlichen und zunächst utopisch<br />
anmutenden Ansatz hat. Hierbei wird<br />
nämlich die Frage gestellt, welche Form<br />
von Bildungseinrichtung nötig ist, um<br />
den früher oder später zusammenbrechenden<br />
gesellschaftlichen Strukturen<br />
zu begegnen. Gesucht werden dazu Menschen,<br />
die sich außerhalb der klassischen<br />
Denkstrukturen bewegen und neue Lö-<br />
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24 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
KAOSPILOT-SCHULE<br />
©Fotos: Kaospilot<br />
sungsansätze suchen wollen. An der Kaospilot-Schule werden<br />
Führungspersönlichkeiten ausgebildet. Lebensbejahende Querdenker<br />
werden hier gefördert und es wird auf Begeisterung<br />
gesetzt. Der Studienplan setzt sich aus vier Modulen zusammen:<br />
Führungsentwicklung, Projektmanagement, Prozessdesign, sowie<br />
Geschäfts- und Organisationsentwicklung.<br />
Aaron Benjamin Metzger hat es sich nicht leicht gemacht nach<br />
dem Studium. Nach dem Abitur jobbte er, um sich eine Reise<br />
nach Südamerika zu finanzieren. Irgendwann hörte er erstmals<br />
von der Kaospilot-Schule. Doch als er sich das Bewerbungsverfahren<br />
ansah, fühlte er sich entmutigt: „Es schien mir unmöglich,<br />
diesen Anforderungen gerecht zu werden“. Er versuchte es nicht<br />
einmal. Doch dann lernte er einige Zeit später Kaospilot-Studenten<br />
kennen und beschloss, es nun doch zu versuchen, Teil<br />
dieser Schule zu werden. „Es war eine große Herausforderung,<br />
aber jetzt bin ich hier.“ Er ist der einzige Deutsche an der Schule,<br />
die Unterrichtssprache ist Englisch, insgesamt studieren dort 104<br />
Frauen und Männer in drei Jahrgängen. Die meisten kommen aus<br />
skandinavischen Ländern. Ihm gefällt es dort: „Es ist super-gut.<br />
Es gibt keinen besseren Platz für mich“. Er freut sich auch schon<br />
auf die Studienreisen mit den anderen Kaospiloten, die ihn<br />
unter anderem nach Island und Südafrika führen werden. „Ich<br />
hatte keine Antwort auf die Frage, was ich mit meinem Leben<br />
machen will. Aber ich wusste, ich will auch beruflich etwas Gutes<br />
machen.“<br />
Etwas Gutes soll auch die Solidaritäts-Party in <strong>Zähringen</strong> werden,<br />
die Aaaron Metzger gerade für den 18. Dezember im Hinterkirch<br />
organisiert. „Wir sind der Meinung, dass alle Menschen egal<br />
welcher Religion, Hautfarbe und kulturellen Hintergrundes, das<br />
Recht auf<br />
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ein sicheres und gutes Leben haben sollten. Außerdem<br />
fühlen wir eine Verantwortung anderen Menschen gegenüber<br />
denen es nicht so gut geht wie uns.“ Der gesamte Erlös kommt<br />
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e.V. zu, einer Flüchtlingsorganisation, die sich für die Bildung<br />
von Kinder in Krisengebieten einsetzt. Alle Helfer arbeiten<br />
ehrenamtlich, das ganze Projekt soll durch Spenden finanziert<br />
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werden. ZAHNMEDIZIN Noch werden Sponsoren DENTALLABOR gesucht, für Getränke, Beleuchtung,<br />
aber auch organisatorische Unterstützung. Wer sich<br />
einbringen DENT oder das Projekt unterstützen TECH will, kann sich gerne<br />
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per Mail an aaron@kaospilot.dk wenden.<br />
Barbara Breitsprecher<br />
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Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 25
SCHACHJUGEND<br />
Schach-Klub <strong>Zähringen</strong><br />
©Fotos: Gerhard Hund<br />
Mädchen ans Brett!<br />
Der Schach-Klub <strong>Zähringen</strong> ist einer der ältesten und mitgliederstärksten Schachvereine. Überproportional hoch<br />
ist hier auch der Anteil an Frauen und Mädchen, die sich mit Leidenschaft in jede Partie stürzen.<br />
Nur wenige Schachvereine haben<br />
so viele weibliche aktive<br />
Mitglieder wie der Schach-<br />
Klub <strong>Zähringen</strong>. In der Jugendabteilung<br />
sind 35 Prozent Mädchen –<br />
deutschlandweit sind es im Vergleich<br />
nur sieben Prozent.<br />
Das Vorurteil, Männer würden besser<br />
Schach spielen als Frauen, hält sich<br />
hartnäckig. Dabei ist das ein ganz<br />
einfaches Rechenbeispiel, wie Barbara<br />
Hund, die Erste Vorsitzende<br />
des Schach-Klubs <strong>Zähringen</strong> erläutert:<br />
Es gibt wesentlich mehr Männer,<br />
die Schach spielen. Demzufolge<br />
gibt es auch mehr Männer, die<br />
bei Schachwettbewerben erfolgreich<br />
antreten. „Das ist im Prinzip<br />
wie bei den Aufsichtsratsposten“,<br />
zieht Barbara Hund den Vergleich<br />
zur freien Wirtschaft.<br />
Werden jedoch in Schulen Schach-AGs<br />
angeboten, wie sie der Schach-Klub<br />
ebenfalls organisiert, dann relativiert<br />
sich das Verhältnis sofort auf 50:50.<br />
Barbara Hund<br />
©Foto: privat<br />
Aktive Frauen<br />
und Mädchen<br />
Barbara Hund ist Erste Vorsitzende<br />
des Schach-Klubs<br />
<strong>Zähringen</strong>. Jeden Freitag<br />
ab 17 Uhr ist Schach-Training,<br />
ab 20 Uhr Spieleabend<br />
im Zähringer Keller,<br />
Zähringerstraße 348b. Der<br />
Verein wurde 1887 als vierter<br />
badischer Schachverein gegründet und<br />
hat heute 143 aktive Mitglieder, davon sind<br />
25 Prozent weiblich.<br />
http://freiburg1887.badischer-schachverband.de<br />
Barbara Hund möchte Eltern dazu motivieren,<br />
Mädchen einen Zugang zum<br />
Schach zu verschaffen und nicht nur die<br />
„Klassiker“ wie Ballett oder Turnen in die<br />
Auswahl an Aktivitäten zu nehmen.<br />
Nicht in der Qualität des Schachspiels<br />
sieht Barbara Hund Unterschiede zwischen<br />
den Geschlechtern, wohl aber in<br />
der Rücksichtnahme: „Die Mädchen sind<br />
oft zu lieb zueinander und wollen nicht,<br />
dass die Freundinnen, gegen die sie spielen,<br />
verlieren“.<br />
Faszinierend am Schach findet Barbara<br />
Hund, die von Beruf Mathematikerin ist<br />
und seit sie sieben Jahre alt ist, Schach<br />
spielt, dass man durch Nachdenken<br />
Lösungen findet. Von oben wird die Situation<br />
betrachtet und das Wesentliche<br />
und Wichtigste zuerst angegangen. „Es<br />
geht darum, das Zentrum zu besetzen.“<br />
Und sich nicht in schönen Zügen zu verzetteln.<br />
Varianten und Kombinationen<br />
werden durchgespielt, und dann die entsprechenden<br />
Fäden gezogen. „Vieles am<br />
Schachspiel ist auch im Leben umsetzbar“,<br />
ist Barbara Hund überzeugt. Ihre<br />
Schwester, die sie neben anderen Familienmitgliedern<br />
auch immer wieder auf<br />
diversen Schachturnieren in Deutschland<br />
trifft, sei zudem überzeugt, dass regelmäßiges<br />
Schachspiel Demenz vorbeugt.<br />
Sie selbst trainiert rund drei Stunden pro<br />
Woche im Verein, hinzu kommen die<br />
26 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
SCHACHJUGEND<br />
„Es ist nicht zu wenig Zeit,<br />
die wir haben, sondern<br />
es ist zu viel Zeit,<br />
die wir nicht nutzen.“<br />
Lucius Annaeus Seneca<br />
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Mädchenaktionstag im Oktober 2015 beim Schach-Klub Freiburg-<br />
<strong>Zähringen</strong> 1887 e.V.: Flavia, Jana und Gabriela (oben) von der U8<br />
nach der Siegerehrung. Hoch konzentriert wurden von den Mädchen<br />
im Spiellokal im Zähringer Keller diverse Schach-Partien gespielt.<br />
Ihr Spezialist fürs Dach!<br />
Stunden, die sie in den Schulen Schach trainiert, dann noch hin<br />
und wieder Turniere oder Meisterschaften und gelegentlich eine<br />
Partie mit der Tochter. Gerne nimmt sie auch Schach-Reisen<br />
wahr, beispielsweise nach Wien oder Prag, auf denen tagsüber<br />
die Städte erkundet und abends intensiv Schach gespielt wird.<br />
Egal wo man ist, beim Schach braucht man keine Sprache.<br />
Für 40 Züge braucht man rund zwei Stunden. Manch Spiel dauert<br />
gut vier Stunden. Bei voller Konzentration. Das zehrt und verbraucht<br />
viel Energie. Deshalb halten sich viele Schachspieler mit<br />
anderen Sportarten fit.<br />
Letztlich sei es bei Schach wie in der Mathematik, ist Barbara<br />
Hund überzeugt: Man eignet sich Lösungsmöglichkeiten an<br />
und speichert diese ab. Und auch wenn keine Partie je doppelt<br />
gespielt wird, so kann man dann doch über diese Schlüsselstellungen<br />
und Kombinationen weiter kommen.<br />
Ihr Vater, Gerhard Hund, ist mit 83 Jahren derzeit das älteste<br />
aktive Mitglied des Zähringer Schach-Klubs. Jüngstes Mitglied<br />
ist ein sechsjähriges Mädchen. Und wenn die Vorsitzende für<br />
mehr Frauen im Schachverein werben wollte, welche Argumente<br />
könnten überzeugen? Barbara Hund lacht: „Man kann beim<br />
Schach auch gut Männer kennen lernen – wenn die nicht nur aufs<br />
Brett gucken“.<br />
Barbara Breitsprecher<br />
Tag, Uhrzeit Termin<br />
Ort<br />
13.12.2015 SK FR-Z 1887 I - SK Lahr jeweils bei<br />
10 Uhr SC Pfullendorf - SK FR-Z 1887 II erstgenannter<br />
SK FR-Z 1887 III - SGEM Dreisamtal II Mannschaft<br />
SC Waldkirch II - SK FR-Z 1887 IV<br />
SK FR-Z 1887 V - SGEM Dreisamtal III<br />
SF Markgräflerland III - SK FR-Z 1887 VI<br />
18.-20.12.15 Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft<br />
10 Uhr 2015/2016, Qualifikationsturnier Aalen<br />
26.-30.12.15 Deutsche Vereinsmeisterschaft U14 Verden/Aller<br />
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HOCHHAUSBRAND<br />
Zähringer Straße 12<br />
74 Wohnungslose in einer Nacht<br />
Der Hochhausbrand in der Zähringer Straße 12. Fünf Monate danach – was bleibt an<br />
traumatischen Erinnerungen, was haben die Bewohner an Hilfsbereitschaft erfahren?<br />
Ein juliheißer Sommersonntag,<br />
Temperaturen knapp unter 40<br />
Grad – und dann das: „Bitte<br />
halten Sie Fenster und Türen geschlossen!“.<br />
Der 5. Juli ist einer der Tage, den<br />
die Menschen im Quartier so schnell<br />
nicht vergessen werden: Im Hochhaus<br />
Zähringer Straße 12 brennt es! Flammen<br />
lodern im Keller, dichter Rauch<br />
quillt aus dem Gebäude, die Feuerwehr<br />
ist mit einem Großaufgebot zur<br />
Stelle. Nach einigen Tagen steht fest:<br />
74 Menschen haben ihr Zuhause verloren.<br />
Fünf Monate nach dem Brand<br />
hat das <strong>Zähringen</strong>-<strong>Magazin</strong> mit zwei<br />
ehemaligen Bewohnern gesprochen.<br />
Alles abgesperrt, niemand darf mehr rein:<br />
Die Feuerwehr am Brandort in der Zähringer<br />
Straße 12 im vergangenen Juli<br />
©Foto: Dennis Röhl ©Foto: Michael Zäh<br />
f„Plötzlich gingen die Boxen aus, meine<br />
Musik ging nicht mehr und der Ventilator<br />
hat nicht mehr funktioniert. Da dachte ich<br />
zuerst, es hat die Sicherung rausgehauen.“<br />
Dennis Röhl erinnert sich genau an den<br />
Sonntagabend, an dem er vom Studenten<br />
zum Wohnungslosen wurde. Der Sicherungskasten<br />
war in Ordnung. Stattdessen<br />
hatte ein Großfeuer fünf Stockwerke tiefer<br />
die gesamte Elektrik des Hauses lahmgelegt.<br />
Was der 20-Jährige zu diesem Zeitpunkt<br />
allerdings noch nicht wusste. Erst<br />
als es kurze Zeit später an der Tür klopfte<br />
und Dennis Röhl aufgefordert wurde,<br />
zügig seine Wohnung zu verlassen, wurde<br />
ihm klar, dass irgendetwas Schlimmeres<br />
vorgefallen sein musste.<br />
Seine Nachbarin Tanja Feindel, die erst<br />
einige Wochen zuvor in den dritten Stock<br />
des Hauses an der Kreuzung von Zähringer<br />
und Waldkircher Straße gezogen war,<br />
ist im Nachhinein froh, dass sie die Gestal-<br />
tung ihres Sonntagnachmittags kurzfristig<br />
geändert hatte. Ursprünglich wollte sie ein<br />
bisschen räumen und anschließend die<br />
leeren Umzugskisten in den Keller tragen.<br />
Stattdessen entschied sie sich dafür, lieber<br />
ihr Gepäck für die montags beginnende<br />
Fortbildung zu richten. Bis das Kofferpacken<br />
mit den schlichten Worten „Es<br />
brennt!“ ein rüdes Ende nahm.<br />
„Tja, was macht man dann? Man zieht sich<br />
schnell was über, nimmt die <br />
Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 29
HOCHHAUSBRAND<br />
Wegen der giftigen Dämpfe, die das vom Keller ausgehende Feuer überall<br />
im Hochhaus verursacht, dürfen die Bewohner erst viel später und nur<br />
mit Atemschutz kurz in ihre Wohnungen, um Wertsachen zu holen.<br />
©Fotos: Dennis Röhl<br />
Tasche, in der alles drin ist – Handy, Geldbeutel, Schlüssel undsoweiter<br />
– und geht raus.“<br />
Im Hausflur begegnete sie dem Mann, der heute als mutmaßlicher<br />
Brandstifter in Untersuchungshaft sitzt. Ein 41-jähriger Nachbar<br />
soll das Feuer absichtlich verursacht und an mehreren Stellen<br />
Brandbeschleuniger verteilt haben – die Temperaturen im Keller<br />
erreichten mancherorts 1400 Grad.<br />
„Da unten waren all unsere persönlichen Dinge: die Star-Wars-<br />
Sammlung von meinem Sohn, alle Andenken rund um seine<br />
Geburt – Fotos, Tagebücher, mein Mutterpass, sein Kinderbett,<br />
das ich für ihn aufgehoben hatte, seine Erstausstattung. Alles, was<br />
er geliebt hat. Und auch meine persönlichen Dinge: Fotos meiner<br />
Eltern und Urgroßeltern, Dinge aus meiner Kindheit. All das, was<br />
mich ein Leben lang begleitet hat, ist weg. Im Keller verbrannt.“<br />
Tanja Feindels Stimme zittert ein bisschen, als sie aufzählt, was sie<br />
in dieser Julinacht verloren hat. Unwiederbringlich. Ihre Augen<br />
glänzen feucht. So ganz glauben kann sie es noch immer nicht.<br />
Auch nicht heute, fünf Monate später, nachdem eine Odyssee aus<br />
mechanischem Funktionieren, aus aufgezwungener Fremdbestimmung,<br />
aus Von-Tag-zu-Tag-Hangeln hinter ihr liegt. Aber auch eine<br />
Danke!<br />
˝Tausend Dank an alle, die uns irgendwie<br />
geholfen haben. Auf ihre<br />
Art, so wie sie es konnten. Jeder<br />
Euro hat gezählt. Und auch die<br />
Sachspenden für diejenigen, die keine<br />
Hausratversicherung hatten. Egal,<br />
was die Leute getan haben: Es hat<br />
uns weiter geholfen. Ich bin unheimlich<br />
froh, in Fre iburg zu wohnen.<br />
Dass man heutzutage so eine Solidarität<br />
noch erleben darf ˙ ich bin<br />
stolz auf Freiburg!“ <br />
Tanja Feindel<br />
Sturmflut von Hilfsbereitschaft<br />
durch Nachbarn, Freunde, aber<br />
auch völlig Unbekannte.<br />
Einer von ihnen ist Ralf Schöpperle-Faller,<br />
der beim Freiburger<br />
Amt für Wohnraumversorgung<br />
für Wohnungssicherung<br />
zuständig ist. Bis zum 5. Juli<br />
war für ihn die „Zähringer 12“<br />
ein Haus wie andere auch: private<br />
Miet- und Eigentumsverhältnisse,<br />
eine private Hausverwaltung,<br />
keinerlei städtische<br />
Dennis Röhl<br />
Zuständigkeit. Was sich in der<br />
Nacht zum 6. Juli schlagartig<br />
änderte – als klar wurde, dass<br />
die Schäden am Gebäude so gravierend sein würden, dass die<br />
Menschen auf absehbare Zeit nicht mehr in ihre Wohnungen würden<br />
zurückkehren können. „Die Stadt hilft unbürokratisch und<br />
schnell“, versprach Otto Neideck, Freiburgs Erster Bürgermeister,<br />
noch in der Brandnacht.<br />
74 Wohnungs- und weitgehend Besitzlose in einer Nacht – das<br />
ist ein Kraftakt. Und bedeutet konkret, dass vom Essen übers<br />
Duschgel bis hin zum Schlafplatz erst einmal alles fehlt. „Schauen,<br />
wer sich selbst helfen kann. Oder wer was braucht“ – das war<br />
zunächst einmal der Job von Ralf Schöpperle-Faller. Die Frage,<br />
wer überhaupt noch was hatte, war schnell geklärt: Bargeld, Kreditkarten,<br />
Personalausweise, Handy – all das war größtenteils in<br />
den 64 Wohnungen des Gebäudes zurückgeblieben. „Wir hatten<br />
einen Studenten, der nur mit nem Handtuch aus dem Strandbad<br />
zurückgekommen ist“, erinnert sich Ralf Schöpperle-Faller. „Oder<br />
auch das junge Paar aus Italien, das ab Sonntag eine Wohnung im<br />
Haus zwischengemietet hatte, dann von der Feuerwehr mit dem<br />
Hinweis aufs Feuer aus dem Erholungs-Nickerchen geholt wurde<br />
und alles in der Wohnung ließ.<br />
Wo Hilfe nötig war, sorgte Ralf Schöpperle-Faller mit anderen für<br />
das, was fehlte. So wurde Essen organisiert - „Ein großer Lebens-<br />
©Foto: privat<br />
30 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
HOCHHAUSBRAND<br />
©Foto:Michael Zäh<br />
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Hier gießt schon lange keiner mehr: Auch fünf Monate nach dem verheerenden<br />
Brand ist an eine Rückkehr ins Hochhaus nicht zu denken.<br />
mitteldiscounter hat mal einen<br />
Wagen mit Waren vors Haus<br />
gefahren und wir haben Gutscheine<br />
für die städtischen Kantinen<br />
ausgegeben“ -, Kleidung<br />
– „Über eine Facebook-Gruppe<br />
kam total viel “ – oder überhaupt<br />
erst mal Geld: Drei Tage<br />
nach dem Brand stellte das<br />
Freiburger Amt für Soziales<br />
und Senioren den Bewohnern<br />
zinslose Kredite zur Verfügung.<br />
Denn die wenigsten hatten das,<br />
worauf es in einem solchen Tanja Feindel<br />
Fall ankommt: eine Hausratversicherung.<br />
„Wenn Sie keine<br />
haben, dann stehen Sie ohne alles da.“<br />
Tanja Feindel ist eine von zehn Bewohnern, die eine hatten. „Hausrat,<br />
Haftpflicht, Rechtschutz, Unfall: Diese vier Versicherungen<br />
retten einem den Hintern in den schwierigen Situationen, wenn’s<br />
brennt.“ Dieser Satz kommt wie aus der Pistole geschossen – und<br />
bekommt einen gewissen Tiefgang, wenn man erfährt, dass Tanja<br />
Feindel in einem Versicherungsbüro arbeitet.<br />
Dennis Röhl hatte keine. Er hat das, was ihm durch Feuer, Rauch,<br />
Ruß und Löschschaum verlorenging, aus eigener Kraft wieder<br />
ersetzt – und hofft darauf, dass das „Erlebnis“, das sich in ihm<br />
zum Glück nicht traumatisch festgesetzt hat, ein einmaliges bleibt.<br />
Er hat eine andere Einzimmerwohnung gefunden und setzt sein<br />
Studium fort.<br />
Auch Tanja Feindel ist umgezogen. Mit Ralf Schöpperle-Fallers Hilfe<br />
hat sie eine neue Wohnung gefunden („Kleinen, günstigen Wohnraum<br />
auf die Schnelle zu bekommen, ist unheimlich schwer. Wenn<br />
in Freiburg irgendetwas fehlt, dann sind es genau die Wohnungen,<br />
die da kaputtgegangen sind.“) und sehnt sich jetzt nur noch nach<br />
einem ganz normalen Alltag: „Morgens ausgeruht aufstehen, zur<br />
Arbeit gehen und sich abends einfach mit Freunden treffen. Endlich<br />
wieder ankommen dürfen.<br />
Annette Christine Hoch<br />
©Foto: Michael Zäh<br />
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Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 31
PARIS<br />
Nach den Terrorangriffen<br />
Unsere Kollegin Annette Christine Hoch war gerade in Paris. Sehr viel verbindet sie mit dieser Stadt, sie hat Freunde<br />
und Freundinnen dort und der Schock über die Terroranschläge sitzt tief. Dennoch und gerade deshalb ist sie<br />
dorthin gefahren, um sich selbst ein Bild zu machen und das Entsetzen zu greifen. Hier ihr Bericht:<br />
©Fotos: Annette Christine Hoch<br />
Alles ganz normal<br />
Ein Alltag ist ein Alltag ist ein Alltag. Im Pariser Co-Working-Büro<br />
sieht er gerade so aus, dass 40 Menschen<br />
an 40 Arbeitsplätzen sitzen und vor sich hin arbeiten.<br />
Konzentriert, geschäftig, kreativ. Die meisten hacken in<br />
ihren Laptop, manche telefonieren via Knopf-im-Ohr-und-<br />
Mikrofon-am-Mund-Apparatur. Einer macht Bürostuhl-Gymnastik,<br />
einer füllt seine E-Zigarette nach, zwei tauschen sich<br />
über ihre Arbeitsplätze hinweg aus. Über Geschäftliches.<br />
Und bei der Zigarettenlänge vor der Tür wird es auch mal<br />
privat: „Wie ist die Stimmung hier?“, so meine erste Frage<br />
an Cyril, der mich heute Mittag hier am stundenweise mietbaren<br />
Schreibtisch willkommen hieß. „Gut“,, sagt er und<br />
lächelt freundlich. Das mit der guten Stimmung war mir<br />
tatsächlich schon aufgefallen. Alles hätte ich in Paris erwartet:<br />
Straßensperren, Horden maschinengewehrbehängter<br />
Polizisten, Taschenkontrollen. Und auch Blicke, die meinen<br />
ausweichen. Doch gleich nach der Ankunft stand fest: Nein,<br />
hier sieht es nicht wesentlich anders aus als sonst. Ja, ein<br />
bisschen mehr Polizei ist unterwegs. Und ja, vor dem Bezirksrathaus<br />
stehen Betonpoller herum. Wahrscheinlich,<br />
damit kamikazegesteuerte Autos schon bei der Anfahrt aufs<br />
Gebäude gestoppt werden. Und nein, auch der Eiffelturm ist<br />
nicht gesperrt. Er erstrahlt stattdessen in Blau-Weiß-Rot und<br />
trägt das stolze Stadtmotto zur Schau: „Fluctuat nec mergitur“.<br />
Paris schwankt, aber geht nicht unter.<br />
32 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
PARIS<br />
Bäderwerk<br />
„Schau, da drüben sitzt Sandrine. Ihre Freundin ist im Bataclan<br />
gestorben.“ Mein Blick wandert zu Sandrine, der Grafikerin,<br />
die an ihrem Schreibtisch sitzt und dem Kollegen erklärt, wie<br />
er sein Computerproblem gelöst bekommt. Die Topfpflanze<br />
neben Sandrine ist ebenso sorgfältig gepflegt wie ihre rotgelackten<br />
Fingernägel, ihre Stimme klingt freundlich und fest.<br />
„Und was hast du am 13. November gemacht?“, frage ich Cyril.<br />
„Oh, ich war bei nem Kumpel. Zum Glück. Wir wollten zwar<br />
nur was trinken, aber ich habe dann direkt bei ihm übernachtet.<br />
Eigentlich wohne ich in der Nähe der Kneipen, in denen<br />
geschossen wurde.“ Die Kneipen kenne ich. So wie wahrscheinlich<br />
viele der Menschen, die hier im Büro sitzen und<br />
ihren Alltag leben. „Das Problem ist, dass es uns alle getroffen<br />
hat. Anders als bei Charlie“ - er meint die Bluttat in der Charlie-Hebdo-Redaktion<br />
am Anfang des Jahres - „sind wir es jetzt<br />
alle, auf die der Anschlag gerichtet war. Nicht mehr nur eine<br />
bestimmte Zielgruppe.“ Ziemlich genau so hatte ich es heute<br />
Morgen schon am Tresen des Cafés um die Ecke gehört. Kurz<br />
nachdem ich an einer Haustür vorbeigekommen war, an dem<br />
ein Dutzend weißer Rosen und ein Bild an eine lebensfrohe<br />
Mittzwanzigerin erinnern: „Marie, getötet im Bataclan, hat hier<br />
gewohnt“. Im<br />
„Gerade jetzt ist es<br />
wichtig, dass wir uns<br />
nicht von Angst und<br />
Trauer kleinkriegen<br />
lassen.“<br />
Sandrine, paris<br />
Café fragte ein<br />
Stammgast die<br />
Bedienung, wie<br />
ihr zumute sei<br />
- jetzt, nach der<br />
unvorstellbaren<br />
Metzelei bei ihren<br />
Kollegen,<br />
die in 400 Meter<br />
Entfernung,<br />
Luftlinie, bis vor<br />
zehn Tagen den<br />
gleichen Job<br />
gemacht hatten<br />
wie sie. „Naja“, sagte sie, „schon ein bisschen komisch“.<br />
Besuchen Sie das Franz Herbstritt Bäderwerk<br />
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„Schon ein bisschen komisch“ ist auch Cyril zumute, der mir<br />
erzählt, dass wohl auch hier, im 18. Arrondissement, ein Attentat<br />
hätte stattfinden sollen. Hat aber nicht. Und ich frage besser<br />
nicht weiter. Sonst wird mir auch noch ein bisschen komisch.<br />
Außerdem ist die Zigarette zu Ende. Und ich will Sandrine, die<br />
gerade ihre Sachen zusammenpackt, noch etwas fragen. „Habt<br />
ihr in der aktuellen Situation keine Angst, euer Co-Working-<br />
Büro weiterhin für Gäste, für Fremde zu öffnen?“ - „Ganz im<br />
Gegenteil. Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir es offenhalten.<br />
Und dass wir uns vernetzen. Dass wir uns nicht von Angst und<br />
Trauer kleinkriegen lassen. Nein, wir machen weiter“. Sandrine<br />
packt ihre grüne Tasche, wirft die Haare in den Nacken und<br />
geht Richtung Tür: „Adieu tout le monde. A demain!“<br />
Annette Christine Hoch<br />
Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 33
KONZERTE<br />
Weihnachtsoratorium<br />
In Freiburg werden zur vorweihnachtlichen Zeit noch zwei Variationen von Bachs Weihnachtsoratorium<br />
geboten. Verschiedene Ensembles werden den Klassiker aufführen.<br />
Johann Sebastian Bach führte die<br />
sechs Kantaten seines „Weihnachtsoratoriums“<br />
innerhalb<br />
von zwei Wochen auf: Teil I am ersten<br />
Weihnachtsfeiertag, Teil II am zweiten,<br />
Teil III am dritten, Teil IV gab es<br />
an Neujahr, Teil V am Sonntag nach<br />
Neujahr und den abschließenden Teil<br />
VI am Dreikönigstag. Für Bach hatte<br />
das Oratorium eine Doppelfunktion:<br />
Als Bericht über die biblische Geschichte<br />
von der Geburt Jesu, zum<br />
anderen aber sollte es auf die Seele<br />
der Hörer einwirken und ein geistiges<br />
Erweckungserlebnis auslösen.<br />
Die Camerata Academica<br />
wird das Weihnachts–<br />
oratorium zusammen<br />
mit dem Freiburger<br />
Kammerchor unter Leitung<br />
des jungen Dirigenten<br />
Lukas Grimm aufführen.<br />
Für ihn ist das<br />
schlicht „geniale Musik“.<br />
Amrei Rebekka Beuerle,<br />
Britta Schwarz, Jan<br />
Petryka und Matthias<br />
Flor werden als Solisten<br />
singen: Am 13.12. um 18<br />
Uhr im Konzerthaus.<br />
Das Freiburger Barockorchester<br />
wird das<br />
Weihnachtsoratorium<br />
erst zu Silvester, am<br />
31.12. um 17 Uhr im Ensemblehaus<br />
aufführen.<br />
Wolfgang Schäfer dirigiert,<br />
Emöke Barath Marion<br />
Eckstein, Sebastian<br />
Kohlhepp und André<br />
Schuen singen.<br />
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34 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
PORTRÄT<br />
Flüchtlinge<br />
im Portrait<br />
Name:<br />
Barham<br />
Alter: 26<br />
Beruf oder andere Tätigkeit:<br />
Schüler<br />
Herkunft:<br />
Serekunda, Gambia<br />
Aufenthaltsdauer in Deutschland: 1 Jahr<br />
Familie:<br />
Eltern und Geschwister in Gambia, wohnt mittlerweile<br />
bei einer deutschen Gastfamilie<br />
Hallo Barham, was sind deine Hobbys?<br />
Barham: Fußball! Vor allem im Sommer,<br />
jetzt wird es zu kalt draußen. Ich gehe<br />
auch Wandern im Schwarzwald – aber<br />
nicht zu lange.<br />
Wie sieht dein Tagesablauf aus?<br />
Barham: Um 6.45 Uhr stehe ich auf und<br />
gehe von 7.30 bis 13 Uhr in die Schule.<br />
Danach gehe ich Mittagessen und bin bei<br />
meinen Freiburger Gasteltern. Sie üben<br />
lesen mit mir. Manchmal gehe ich zu ‚Uni<br />
für alle’ und zu ‚Mosaik am Mittwoch’. Ich<br />
bin viel draußen und treffe Freunde.<br />
(Anm.: ‚Uni für Alle‘ ist eine 2015 gegründete<br />
Initiative, die Geflüchteten den<br />
Zugang zur Universität ermöglichen will.<br />
Sie können als Gasthörer Vorlesungen und<br />
Seminare besuchen und werden von Studierenden<br />
begleitet. ‚Mosaik am Mittwoch‘<br />
wird von Einheimischen und Flüchtlingen<br />
aus dem Wohnheim Bissierstraße gemeinsam<br />
gestaltet, mit Essen und Kommunikation,<br />
mittwochs von 16 bis 18 Uhr.)<br />
Wie gefällt dir Freiburg? Wie sind deine<br />
Eindrücke? Hast du einen Lieblingsplatz?<br />
Barham: Es ist sehr schön! Nette Leute!<br />
Viele helfen, um uns eine gute Zukunft zu<br />
ermöglichen. Mein Lieblingsplatz ist der<br />
Seepark, da waren wir viel im Sommer.<br />
Was gefällt dir nicht in Deutschland?<br />
Barham: (Überlegt.) Nichts. Ganz am<br />
Anfang war es schwer, als man noch gar<br />
keine Leute kannte und alles neu war.<br />
Was waren deine Erwartungen, als du<br />
nach Deutschland gekommen bist?<br />
Barham: Ich dachte, wenn man herkommt,<br />
kann man arbeiten. Als ich hierher kam,<br />
war es so, wie ich es mir vorgestellt hatte.<br />
Hast du ein Lieblingsessen? Ein Lieblingslied?<br />
Ein Lieblings…?<br />
Barham: Für mich ist alles okay! Gemüse,<br />
Pilze – deutsches Essen ist gut. Mein Lieblingslied<br />
ist „Froh zu sein“. Und „Laurenzia“,<br />
das haben wir bei Mosaik gesungen.<br />
Wo siehst du Probleme und Chancen? Gibt<br />
es etwas, was du den Deutschen oder deinen<br />
Landsleuten sagen möchtest?<br />
Barham: Das Problem in Gambia ist, dass<br />
die Situation schlecht ist, gerade für junge<br />
Leute. Also fliehen sie, viele sterben. Sie<br />
denken, dass man sich hier ein besseres Leben<br />
aufbauen kann, mit Meinungsfreiheit<br />
und vielen Chancen. Mein Rat: sich informieren<br />
bevor man kommt. Es ist nicht alles<br />
so, wie man es erwartet. Wenn man hier ist,<br />
soll man unbedingt Deutsch lernen und in<br />
die Schule gehen. Es gibt viele nette Leute<br />
in Deutschland. Man muss versuchen, die<br />
Situation in Gambia zu verbessern.<br />
Was fehlt dir aus deiner Heimat?<br />
Barham: Meine Familie! Und Freunde. Natürlich<br />
auch die Kultur, aber afrikanisches<br />
Essen kriegt man hier auch und in Freiburg<br />
scheint auch viel die Sonne.<br />
Was sind deine Pläne und Wünsche? Wo<br />
siehst du dich in fünf Jahren?<br />
Barham: In Deutschland. Ich will noch<br />
besser Deutsch lernen. Und eine Ausbildung<br />
zum Altenpfleger machen. Ich<br />
habe in Freiburg einmal einen Monat<br />
Pflegepraktikum gemacht und es hat mir<br />
gefallen, den Menschen dort zu helfen. So<br />
etwas geht nicht in Gambia, ich habe das<br />
erst hier gesehen. Wenn ich fertig bin mit<br />
der Ausbildung, möchte ich eine eigene<br />
Wohnung haben und vielleicht Kinder.<br />
Und es wäre schön, wenn meine Geschwister<br />
auch herkämen. Ich habe viel<br />
in Deutschland gelernt und verschiedene<br />
Leute getroffen. Und ich habe die deutsche<br />
Kultur kennengelernt. Mir gefällt es hier.<br />
Marie Schaudig von der Studierenden-Organisation<br />
„Weitblick“ stellte die Fragen.<br />
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Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 35
TIPPS<br />
Comedy<br />
Caveman –<br />
Du sammeln, ich jagen!<br />
Comedy für alle, die eine Beziehung führen, führten oder<br />
führen wollen! Caveman wirft einen ganz eigenen Blick auf<br />
die Beziehung zwischen Mann und Frau. Im „magischen Unterwäschekreis“<br />
begegnet Tom, der sympathische Held im<br />
Beziehungsdickicht, seinem Urahn aus der Steinzeit, der ihn<br />
an Jahrtausende alter Weisheit teilhaben lässt: Männer sind<br />
Jäger und Frauen sind Sammlerinnen. Eine Tatsache, die die<br />
menschliche Evolution bis heute nicht hat ändern können.<br />
Was der Durchschnitts-Mann schon immer vermutet hat,<br />
weiß Tom nun aus erster Hand und fragt sich: „Warum<br />
betrachten wir Frauen und Männer nicht einfach als völlig<br />
unterschiedliche Kulturen?<br />
Mit verschiedenen Sprachen, verschiedenen Verhaltensweisen<br />
und verschiedener Herkunft?“ Von dieser Erkenntnis<br />
beflügelt, analysiert Tom das befremdliche Universum<br />
der Sammlerinnen: Diese geheimnisvolle Welt von besten<br />
Freundinnen, Einkaufen und Sex. Mit immensem Mitteilungsbedürfnis,<br />
trockenem Humor und ironischem Blick beobachtet<br />
Tom auch die Lebensweise des Jägers. Er enthüllt,<br />
welche Erfüllung „Rumsitzen, ohne zu reden“ bedeuten<br />
kann, warum Männer durch das Fernsehprogramm zappen<br />
müssen und dass eine Unterhaltung unter Jägern mit den<br />
Worten „Lass uns in den Keller gehen, Sachen bohren“ beginnt<br />
und gleichzeitig endet.<br />
Der Amerikaner Rob Becker schrieb mit Caveman das erfolgreichste<br />
Solo-Stück in der Geschichte des Broadways.<br />
Nachdem Caveman in den Vereinigten Staaten von einem<br />
Millionen-Publikum bejubelt wurde, feiert der moderne<br />
Höhlenmann weltweite Erfolge. In Deutschland startete<br />
das Stück im Jahr 2000 in der Regie der Schauspielerin<br />
und Regisseurin Esther Schweins und der Übersetzung von<br />
Kristian Bader.<br />
Caveman ist Vergnügen pur: Ein Jeder kann sich wiedererkennen.<br />
Paare sehen sich an und sagen „Genau wie Du“. Das<br />
Stück macht süchtig, Rekorde wie: „Ich war zehn mal in der<br />
Vorstellung“ sind keine Seltenheit. Ein funkenschlagendes<br />
„One-Man-Stück“.<br />
n 15. und 16. April 2016, Bürgerhaus <strong>Zähringen</strong>,<br />
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36 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
✁<br />
TIPPS<br />
Freiburger Mundartgruppe<br />
Kurschatte, Schpäner un saftigi Schiifile<br />
Wenn einer eine Reise tut<br />
Jahrelang sind Oswald und sein Freund Emil alljährlich<br />
gemeinsam drei Wochen lang zum Kururlaub nach St.<br />
Peterstal gefahren.<br />
Die beiden empfanden diese Reisen, selbstverständlich<br />
ohne Gattinnen, immer wunderbar erholsam. Ganz nach<br />
dem Motto „Morgens Fango, abends Tango“ konnten sie<br />
den Kuraufenthalt in vollen Zügen genießen.<br />
Doch dieses Mal soll alles anders werden: Die Ehefrauen<br />
wollen plötzlich mit ihnen in weit entfernte Urlaubsziele<br />
verreisen. Drei Wochen mit Gattin!!<br />
Für Oswald und Emil der reinste Alptraum!! Wie sollen drei<br />
Samstage ohne Rauchfleisch mit Sauerkraut überstanden<br />
werden? Findet dieser Urlaub überhaupt statt?<br />
Alles äußerst fraglich, denn am Vorabend der Abfahrt ist<br />
noch eine ausgiebige „Feuerwehrprobe“.<br />
n Samstag, 16. Januar 2016 20 Uhr<br />
Bürgerhaus <strong>Zähringen</strong><br />
Lameystr. 2, 79108 Freiburg<br />
Ausstellung<br />
„Faltungen“<br />
Neue Stahlskulpturen von Roland Phleps<br />
Das ganze Jahr über öffnet Roland Phleps seine Räume in<br />
der Zähringer Stiftung für Konkrete Kunst für Ausstellungen<br />
mit verschiedenen Künstlern.<br />
Nun werden dort in den Wintermonaten bis zum 6. März<br />
2016 unter dem Titel „Faltungen“ seine eigenen Arbeiten,<br />
neue Stahlskulpturen, zu sehen sein.<br />
n Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps<br />
Pochgasse 73, 79104 Freiburg-<strong>Zähringen</strong><br />
Tel.: 0761/54121<br />
Ausstellungsdauer: bis 6. März 2016,<br />
geöffnet sonntags 11 Uhr bis 13.30 Uhr<br />
sowie nach telefonischer Anmeldung:<br />
Tel. 0761/54121, Eintritt frei<br />
www.stiftung-konkrete-kunst.de<br />
Weihnachtskonzert der Zäringia<br />
Die Zäringia ist ein gemischter Chor, der das Volksliedgut pflegt,<br />
aber auch klassische und geistliche Werke singt. Der Chor ist<br />
eingegliedert in die Sängergruppe Freiburg und Mitglied des<br />
Breisgauer, Badischen sowie Deutschen Sängerbundes. Chorleiter<br />
ist seit Januar 2015 Thomas Spurny, der in Prag Musikwissenschaften<br />
studiert hat und als Pianist und Organist tätig ist.<br />
n Weihnachtskonzert der Zäringia,<br />
St. Blasius Kirche <strong>Zähringen</strong>,<br />
Sonntag, 27. Dezember 2015, 18 Uhr<br />
Roland Phleps,<br />
„Faltungen“,<br />
Stahlskulptur<br />
Foto: Ingo Phleps<br />
Gartenstraße 8<br />
Freiburg<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo – Sa 10 – 19 Uhr<br />
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Gültig bis: 31.12.2015<br />
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Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin | 37
TIPPS ABDRUCK<br />
Buch-Tipp<br />
Hans Hoischen<br />
Fahrradhändler<br />
Hans Hoischens Erzählungen zeichnen Szenen des Lebens:<br />
Die ersten Seiten von „Beim Fahrradhändler und erste Ausfahrt“:<br />
Draußen wischen sich die Radler<br />
wieder Fliegen aus den Augenwinkeln,<br />
es ist Frühling. Im Winter<br />
starben immer so viele, dass man im<br />
Frühling wie allein dastand. Selbst mein<br />
Fahrradhändler sagte auf die Frage, wie er<br />
durch den Winter gekommen sei: Schlecht,<br />
fett geworden, die Knochen tun weh. Von<br />
seinen dicken, bläulichen Tränensäcken<br />
sagt er nichts, sein Badezimmerspiegel<br />
spricht mit ihm nicht darüber. Als wären<br />
wir alle für sechs Monate nach Sibirien<br />
geschickt worden, jeder in ein anderes Lager.<br />
In meinem liefen<br />
»<br />
Jetzt brauchte ich einen<br />
neuen Sattel, die Prostata<br />
verlangte danach, so<br />
reden wir miteinander,<br />
wenn keiner zuhört.“<br />
überall Ärzte<br />
herum und diagnostizierten,<br />
die Nächte waren<br />
stickig und heiß,<br />
die meines Fahrradhändlers<br />
zugig und<br />
kalt, jeden Morgen,<br />
noch gestern, sei er<br />
durchgefroren aufgewacht.<br />
Jetzt hat er,<br />
obwohl hundemüde,<br />
die Arbeitswut und eine Hilfsbereitschaft,<br />
die ihn und mich still besorgt sein lässt.<br />
Gern habe ich zuerst eine Weile vor dem<br />
Fahrradgeschäft gestanden, seiner riesigen<br />
Schaufensterscheibe, hinter der die Räder<br />
nebeneinander aufgestellt waren. Andere<br />
sah ich an der Wand hängen und von der<br />
Decke herab ein ganz besonderes, wie ein<br />
Kronleuchter, ein Liegerad. Ich konnte<br />
Leute mit Liegerädern nicht ausstehen:<br />
Flach am Boden und den Kopf wie vom<br />
Kissen gehoben, fuhren sie, als strebten<br />
Bettlägrige die Unterquerung von Lastwagen<br />
an.<br />
Als ich mich sattgesehen hatte, trat ich ein,<br />
hatte wieder den Gummigeruch in der Nase<br />
und sah den Fahrradhändler hinter dem<br />
Tresen stehen: Mit grauen, kürzeren Haaren,<br />
bläulichen Tränensäcken, fett<br />
geworden, aber da stand er, gottseidank,<br />
wenigstens er noch. Er wohnte in<br />
einem kalten, engen Tal vor der Stadt, vor<br />
der Stadt hatte ich auch einmal gewohnt,<br />
da hatten sich manchmal unsere Wege gekreuzt:<br />
Er fuhr dorthin, ich sah ihm nach,<br />
wie er am Berghang entlang radelte, hinter<br />
dem sein Tal lag, und dachte: Gottseidank,<br />
da muss ich nicht hin, und fuhr hierhin, in<br />
die andere Gegend, wo es schöner war,<br />
jeden Tag schön, jahrelang.<br />
Jetzt brauchte ich einen neuen Sattel, die<br />
Prostata verlangte<br />
danach, so reden<br />
wir miteinander,<br />
wenn keiner zuhört.<br />
Die Prostata<br />
ist ein eigentümliches<br />
Organ, von<br />
dem man glaubt,<br />
das hätten immer<br />
nur andere, nicht<br />
man selbst. Als<br />
Kind hätte ich laut<br />
gelacht, wenn man<br />
mir erzählt hätte, in mir stecke eine Prostata,<br />
etwas wie eine Karotte im Schneemann.<br />
Aber leider, nickte mein Fahrradhändler,<br />
auch er und behelfe sich daher mit einer<br />
Sattelstützenfeder. Vielleicht solle ich einmal<br />
versuchen, einfach die Sattelspitze<br />
ein wenig nach unten zu kippen, sagte er,<br />
schraubte auf, packte den Sattel, drückte<br />
die Spitze etwas nach unten und schraubte<br />
fest.<br />
So vertrieben wir uns die Zeit im Fahrradgeschäft,<br />
betrachteten die Sattelformen,<br />
die für Damen und die für Herren. Die<br />
Damen hatten einen etwas breiteren Sitzknochenabstand,<br />
wegen der Geburt, so<br />
mein Fahrradhändler, und wir schauten<br />
uns an, beide geboren, und ich glaubte,<br />
seinen Atem zu riechen, seine Achseln, sah<br />
Absurdes im<br />
Alltag<br />
Der Freiburger Hans Hoischen,<br />
Jahrgang 1944, veröffentlichte<br />
Gedichte und<br />
Prosastücke in Zeitschriften<br />
und Anthologien, 2013<br />
erschien mit „Im Schutzgebiet“<br />
seine erste größere<br />
Erzählung. In seinem<br />
neuen Buch „Langer Tag<br />
mit grüner Hose“ hat er 49 Erzählungen vereint,<br />
in denen er als akribischer Beobachter<br />
alltägliche Szenen und daraus resultierende<br />
abgründige Situationen schildert.<br />
das Altöl unter den Fingernägeln und hörte<br />
die Ladenglocke klingeln. Schon wieder<br />
einer durchgekommen, ein Liegeradfahrer<br />
womöglich, ich kenne ihn, woher bloß,<br />
oder kannte ich ihn nicht und dachte nur,<br />
heute kenne ich euch alle.<br />
Dann fuhr ich aus der Stadt hinaus und in<br />
den Wald. Der war weiß von Buschwindröschen,<br />
in der Luft hing der Rauch von<br />
verbrannten Ästen, und im Gewirr der<br />
Stämme sah man die Arbeiter und hörte<br />
ihr Sägen, dazwischen die Vögel. Ich sang<br />
etwas, da niemand hinter mir war, nach<br />
einer Weile merkte ich, es war immer<br />
dasselbe, genau wie das ewig leierige<br />
Trampeln auf den Pedalen, aber es machte<br />
mir nichts.<br />
38 | Freiburg <strong>Zähringen</strong> Stadtteilmagazin
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