KulturFenster Nr. 05|2014 - Oktober 2014
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Komponisten im Porträt<br />
Mit Blasmusik durch die EU<br />
Komponisten aus den EU-Ländern – 11. Teil<br />
In dieser Ausgabe begleiten wir Joachim Buch auf der 11. Etappe seiner blasmusikalischen Europareise nach Großbritannien und<br />
Italien. Dabei stellt er uns wieder jeweils einen namhaften Komponisten aus den betreffenden Ländern vor.<br />
(21) Großbritannien – Nigel Clarke<br />
Land<br />
Fläche<br />
Großbritannien (Insel)<br />
219.331 km²<br />
Einwohner ca. 60.463.000<br />
Hauptstadt<br />
London<br />
Nigel Clark entwickelte im Laufe der<br />
Jahre immer mehr Begeisterung für das<br />
Komponieren.<br />
Die St. John’s Secondary School im britischen<br />
Margate ist normalerweise keine<br />
Adresse für Kinder, die einen höheren Bildungsabschluss<br />
anstreben. Der 1960 geborene<br />
Nigel Clarke hatte jedoch Glück, dass<br />
das Programm der Schule sehr an der Musik<br />
orientiert war und man speziell die Blechbläser<br />
förderte. Für Clarke, der zusätzlich<br />
noch an Legasthenie litt, reichte es aus, um<br />
als Militärmusiker eingestellt zu werden und<br />
von dort aus den Sprung zum Kompositionsstudium<br />
zu schaffen. Leicht selbstkritisch<br />
beschreibt er seine damaligen instrumentalen<br />
Fertigkeiten: „Ich war ein ganz ordentlicher<br />
2. oder 3. Kornettspieler, hätte<br />
es aber nie zum Solisten geschafft.“<br />
Clarke blieb neun Jahre bei der Militärmusik<br />
und spielte zuletzt in der Band of<br />
Her Majesty’s Irish Guards. Die letzten vier<br />
Jahre konnte er an der Royal Academy of<br />
Music studieren, was er als ausgesprochenes<br />
Glück empfand. Da seine instrumentalen<br />
Fähigkeiten gut, aber nicht exzellent<br />
waren, strebte er erst gar nicht eine<br />
Laufbahn als Orchestermusiker an, sondern<br />
studierte Komposition bei Paul Patterson.<br />
„Komponieren hat mich schon immer<br />
fasziniert und die Begeisterung dafür<br />
steigerte sich im Laufe der Jahre.“ Patterson<br />
hatte daran großen Anteil, auch weil<br />
er ihn mit vielen ganz Großen der Musikgeschichte<br />
zusammenbrachte: Messiaen,<br />
Berio, Penderecki und Ligeti, um nur einige<br />
zu nennen.<br />
Komponieren sei für ihn das Wichtigste<br />
im Leben – mit Ausnahme der Familie -,<br />
sagte Clarke in einem Interview mit einem<br />
englischen Musikmagazin. Eifersüchteleien<br />
scheint es seitens seiner Frau Stella, die<br />
bei der EU in Brüssel arbeitet, und seiner<br />
Söhne Joshua und Emile nicht zu geben.<br />
Beide Söhne sind musikalisch aktiv, auch<br />
wenn sie sich ansonsten eher für Politik<br />
oder Fußball interessieren. „Sie und Stella<br />
tolerieren mein manchmal exzentrisches<br />
Leben und ermuntern mich immer wieder,<br />
Neues zu wagen.“<br />
Paul Patterson selbst war mit „The Mighty<br />
Voice“ in den Blasmusik-Katalogen vertreten,<br />
jedoch zum regelmäßigen Schreiben<br />
für größere Bläserbesetzungen wurde<br />
Clarke eher von einem anderen Lehrer motiviert:<br />
James Watson. Der langjährige Dirigent<br />
der Black Dyke Band war zwar kein<br />
Komponist, aber er hatte in Clarkes Augen<br />
die Fähigkeit „zunächst als kompliziert erachtete<br />
Dinge einfach erscheinen zu lassen<br />
und auch aus mittelprächtigen Werken<br />
große Musik zu machen.“<br />
Mit „Samurai“ entstand 1995 das erste<br />
Werk Clarkes für Blasorchester, beeinflusst<br />
durch den Besuch des Konzerts einer japanischen<br />
Trommlergruppe. „Als ich diese<br />
sah, suchte ich sofort nach einer Möglich-<br />
keit, deren Energie in eines meiner Werke<br />
einfließen zu lassen.“ Außer japanischer<br />
Musik finden sich auch andere Einflüsse<br />
in Clarkes Werken, sei es aus China, vom<br />
Balkan, aus den USA oder aus Russland.<br />
„Ich liebe es, eine musikalische Elster zu<br />
sein“, gesteht er.<br />
Auch von außermusikalischen Einflüssen<br />
lässt sich Clarke gerne inspirieren, so<br />
z.B. von den Themen Weltraum und Science<br />
Fiction. „Gagarin“, eine Hommage<br />
an den ersten Menschen im Weltall, entstand<br />
2004 für ein Universitätsblasorchester<br />
in Minnesota. Neil Armstrong, der erste<br />
Mann auf dem Mond, sei damals noch<br />
in aller Munde gewesen, aber niemand<br />
mehr in den USA habe Gagarin gekannt.<br />
Nach dem 2010/11 geschriebenen „Earthrise“,<br />
inspiriert durch ein vom Mond aus<br />
geschossenen „Erdaufgangs“-Foto, spielt<br />
er zur Zeit mit dem Gedanken, ein drittes<br />
Werk dieser Art Neil Armstrong zu widmen.<br />
In jüngster Zeit schreibt Clarke wieder<br />
etwas häufiger für Brassband, angeregt<br />
durch seine nach eigenen Worten künstlerische<br />
sehr befriedigenden Zusammenarbeit<br />
mit der belgischen Spitzenformation<br />
Brassband Buizingen und ihrem Dirigenten<br />
Luc Vertommen.<br />
Nach einem Stück für Flügelhorn und<br />
Streichorchester schreibt Clarke derzeit<br />
an einem größeren Werk für Erzähler und<br />
Blasorchester. Das Middle Tennessee State<br />
Wind Orchestra unter seinem Dirigenten Dr.<br />
Reed Thomas soll im kommenden Frühjahr<br />
die Uraufführung spielen.<br />
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