Von den Alltagsvorstellungen zum globalen Handeln - Plädoyer für
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Die Delphi- Interessensstudie zeigt deutlich, wie aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler<br />
das Unterrichtsangebot in Physik und Chemie, das sie im Wesentlichen als Fachwissenschaft<br />
wahrnehmen, von ihren Interessen der gesellschaftlichen und alltäglichen Relevanz abweicht.<br />
Heinz Muckenfuß (1995, S.52) beschreibt in „Physik im sinnstiften<strong>den</strong> Kontext“ seinen<br />
Optikunterricht, der besonders auf die Interessen der Mädchen eingeht, folgendermaßen:<br />
„Die Lehre vom Licht befasst sich mit der Frage, welche Bedeutung das Licht <strong>für</strong> uns<br />
Menschen hat, wie unser Sinnesorgan „Auge“ und unser Gehirn das Licht nutzen, um uns ein<br />
„optisches Bild“ unserer Welt zu vermitteln. Dabei geht es auch um die Grenzen unserer<br />
Sinnesorgane, um „Täuschungen“, die durch unsere Sinneseindrücke hervorgerufen wer<strong>den</strong><br />
und darum, wie Menschen gelernt haben, sich mit technischen Mitteln ein genaueres Bild von<br />
der Welt zu verschaffen, als es das bloße Auge ermöglicht. Diese Zusammenhänge kann man<br />
besser verstehen, wenn man die physikalischen Eigenschaften des Lichtes und die<br />
Gesetzmäßigkeit der Lichtausbreitung kennt. Im Optikunterricht erfährst Du auch, warum wir<br />
Körper farbig sehen, wie farbige Himmelserscheinungen (z. B. Abendrot, Regenbogen)<br />
zustande kommen, und dass es „Farben“ gibt, die wir mit unseren Sinnen nicht wahrnehmen<br />
können.“<br />
Muckenfuß zitiert die Delphi- Studie (1998, S.17) des IPN. Das Ergebnis: Ein ständig<br />
absinkendes Interesse im Verlauf der sechs Schuljahre und starke Unterschiede des<br />
Gesamtinteresses bei Jungen und Mädchen (Hoffmann, L., Lehrke, M. 1986). Muckenfuß<br />
kritisiert die Studie in ihren Fragestellungen, die <strong>den</strong> Kontextbezug der Physik vermissen<br />
lassen. „Sich aus<strong>den</strong>ken, wie man eine bestimmte Vermutung durch einen Versuch prüfen<br />
kann“ oder „etwas berechnen, <strong>den</strong> Ausgang eines Versuches exakt vorhersagen, Aufgaben<br />
lösen“ wer<strong>den</strong> negativ beurteilt. Besonders uninteressant <strong>für</strong> Mädchen, ergab die Studie, ist<br />
der Einstieg über „einfache Maschinen“. „Mehr darüber erfahren, wie Geräte funktionieren,<br />
die Kräfte verstärken (z. B. Flaschenzug, Hebebühne)“, „Mehr Einblick erhalten, welche<br />
Kraft sparen<strong>den</strong> Geräte in einer Autowerkstatt verwendet wer<strong>den</strong>“. Wenn man nur wenig<br />
ändert und z. B. formuliert „Mechanische Maschinen helfen Menschen“, steigt, so fand<br />
Muckenfuß heraus, das Interesse auf das Doppelte. Physiklehrpläne betonen zwar<br />
überwiegend, dass der Unterricht an <strong>den</strong> Phänomenen anzuknüpfen habe, gleichzeitig scheint<br />
jedoch das Gespür da<strong>für</strong> verloren gegangen zu sein, was Phänomene im Sinne<br />
wahrnehmbarer Erscheinungen sind. Als Beleg führt er die Rahmenrichtlinien <strong>für</strong> die<br />
Hauptschule in Niedersachsen an: „Das Phänomen der Lichtausbreitung kann von<br />
Schülerinnen und Schülern praktisch überall beobachtet wer<strong>den</strong>. (…) Die „geradlinige<br />
Lichtausbreitung“ ist gerade nicht <strong>den</strong> Phänomenen zuzurechnen, sondern <strong>den</strong> theoretisch-<br />
hypothetischen Idealgestalten der Physik“ sagt Muckenfuß. Sie leuchtet deshalb auch unseren<br />
Schülerinnen und Schülern nicht unmittelbar ein, wie empirische Befunde zeigen. In der<br />
alltäglichen Wahrnehmung wird es einfach hell, wenn man in einem dunklen Zimmer das<br />
Licht einschaltet – keine Spur von „Ausbreitung“. Die Ausbreitungsvorstellung wird eher<br />
unbewusst und unreflektiert über die Redeweisen involviert, deren wir uns befleißigen. Wir<br />
sprechen z. B. von Lichtquellen oder sagen, das Licht komme von der Sonne oder falle auf<br />
<strong>den</strong> Schirm“ (S.292).<br />
Elisabeth Frank (1997, S.97) sagt in „Schule der Gleichberechtigung. Impulse <strong>für</strong> eine<br />
qualifizierte Koedukation am Beispiel des Schulversuchs Physik“: „Warum soll eine Person<br />
mit Herzschrittmacher sich nicht in der Nähe einer Mikrowelle aufhalten, wie ist der<br />
gesundheitliche Scha<strong>den</strong> einer Mammografie zu bewerten, was ist Ultraschalldiagnostik,<br />
warum erhält man gelegentlich an der Türklinke einen „Schlag“, warum sollte man sein Haus<br />
nicht unter einer Hochspannungsleitung bauen, warum sollte man Heizkissen der<br />
Physiksammlung schenken und da<strong>für</strong> lieber traditionelle Wärmflaschen verwen<strong>den</strong> ….?<br />
In der Elektrizitätslehre mit dem größten Interessensunterschied zwischen Mädchen und<br />
Jungen sollten Fragestellungen, die auch aus der Lebens- und Interessenwelt von Mädchen<br />
stammen, gewählt wer<strong>den</strong> und <strong>den</strong> Mädchen zeigen, dass es auch <strong>für</strong> sie wichtig ist, sich mit<br />
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