colore – Das Farbmagazin - Brillux
colore – Das Farbmagazin - Brillux
colore – Das Farbmagazin - Brillux
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Farbe in der Architektur<br />
Firmenzentrale Unilever, Hamburg<br />
Deutscher Pavillon EXPO 2010, Shanghai<br />
Theater, Gütersloh<br />
RS +Yellow Lager- und Distributionszentrum, Münster<br />
Kameha Grand Hotel, Bonn<br />
Parkhaus Stubengasse, Münster<br />
Hauskapelle der Barmherzigen Brüder, Straubing
„Farbe deckt das ganze Spektrum<br />
der geistigen und seelischen<br />
Verfassung der Menschen ab:<br />
Mal nimmt sie sich zurück, es wird<br />
ganz still, dann leuchtet sie auf,<br />
kraftvoll und impulsiv.“<br />
Prof. Thomas Kesseler<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 1
Inhaltsverzeichnis<br />
2 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
24-31<br />
58-63<br />
10-17 54-57<br />
18-23<br />
4-9<br />
46-53<br />
32-37<br />
38-45
Farbe in der Architektur<br />
Inhalt<br />
4 Portrait Behnisch Architekten, Stuttgart Interview mit Martin Haas<br />
10 Firmenzentrale Unilever, Hamburg<br />
18 Deutscher Pavillon EXPO 2010, Shanghai<br />
24 Theater, Gütersloh<br />
32 RS +Yellow Lager- und Distributionszentrum, Münster<br />
38 Kameha Grand Hotel, Bonn<br />
46 Parkhaus Stubengasse, Münster<br />
54 Hauskapelle der Barmherzigen Brüder, Straubing<br />
58 Portrait BauKunstKesseler, Düsseldorf Interview mit Prof. Thomas Kesseler<br />
64 Scala di gital<br />
65 Impressum K ontakt<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 3
Behnisch Architekten, Stuttgart<br />
Behnisch Architekten<br />
Gegründet wurde das Büro 1989 von Stefan Behnisch als Zweigbüro von Behnisch & Partner<br />
(Günter Behnisch, Manfred Sabatke). Zwei Jahre später <strong>–</strong> 1991 <strong>–</strong> wurde aus dem Zweigbüro ein<br />
eigenständiges Büro, das unter verschiedenen Namen firmierte, welche die jeweiligen Partnerschaften<br />
widerspiegelten. Seit 2005 nennt es sich Behnisch Architekten. 1999 wurde ein weiteres<br />
Büro in Los Angeles gegründet, 2007 eines in Boston und 2008 eines in München. Die Partner bei<br />
Behnisch Architekten, Stuttgart und Behnisch Architekten, München sind Stefan Behnisch, David<br />
Cook und Martin Haas. In München gibt es noch einen weiteren Partner, Robert Hösle, der das<br />
dortige Büro leitet. Partner bei Behnisch Architekten, Boston, sind Stefan Behnisch, Robert Matthew<br />
Noblett und Christof Jantzen. Behnisch Architekten, Los Angeles wird von Stefan Behnisch und<br />
Christof Jantzen geleitet. Zu den bekanntesten realisierten Gebäuden zählen die Norddeutsche<br />
Landesbank in Hannover (2002), das „Haus im Haus“ der Handelskammer Hamburg in Hamburg<br />
(2007) und das im Mai 2010 zum „Museum des Jahres“ gewählte Meeresmuseum OZEANEUM in<br />
Stralsund (2008). Im Ausland wurden unter anderem der mit LEED Platinum ausgezeichnete Firmensitz<br />
Genzyme Center in Cambridge, Massachusetts (2004), sowie das Laborgebäude Terrence<br />
Donnelly Centre for Cellular and Biomolecular Research für die Universität Toronto (2005) gebaut.<br />
4 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
Interview mit Martin Haas, Partner bei Behnisch Architekten<br />
Nachhaltigkeit ist nicht<br />
gleich Energieeffizienz<br />
<strong>Das</strong> Besondere des Büros „Behnisch Architekten“ ist wohl die Überzeugung aller drei Partner, dass unsere Umwelt einen<br />
unmittelbaren Einfluss auf die Lebensqualität im Wohnumfeld, im öffentlichen Bereich und in allen Zwischenbereichen<br />
hat. Diese Gewichtung der gesellschaftlichen Dimension ist ein grundlegender Aspekt dieses Büros, der von dem Grundgedanken<br />
ausgeht, dass Architektur für die Bedürfnisse der Menschen entsteht, die geistigen wie materiellen.<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 5<br />
Fotos Interview: Frank Ockert, Stuttgart
Behnisch Architekten, Stuttgart<br />
6 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Herr Haas, das derzeit am meisten diskutierte<br />
und erfolgreichste Objekt von Behnisch<br />
Architekten ist das Unilever-Haus in Hamburg.<br />
Was sind das für Impulse, die man für die<br />
Entwicklung eines solchen Hauses braucht?<br />
Impulse gab es von dem Bauherren mit einem<br />
intensiven Austausch aller Beteiligten, zum Beispiel<br />
mit dem Quickborner Team, zu inhaltlichen<br />
Themen und zur Bürokultur. Es fing aber alles an<br />
mit dem Altbau, ein ziemlich zugebauter Turm,<br />
aber offen mit einem kommunikativen Miteinander<br />
und nur freundlichen Gesichtern. Diese Offenheit<br />
spiegelt sich nun auch in dem neuen Gebäude<br />
wider, es ist ein Marktplatz, auf dem sich Unilever<br />
selbst präsentiert, Besucher einlädt, sich öffnet<br />
und die Öffentlichkeit teilhaben lässt. <strong>Das</strong> Gebäude<br />
ist ein kleines Stadtgebilde mit Gassen und<br />
Treffpunkten. Und diese Art von Architektur ist nur<br />
mit einem guten Bauherrn zu realisieren. Oftmals<br />
wird Unilever eine zukunftsweisende Bürokommunikation<br />
zugewiesen. Diese Struktur funktioniert<br />
bei Unilever hervorragend, damit aber auch nicht<br />
überall. Unilever ist ein untypisches deutsches<br />
Bürogebäude.<br />
Ein besonders erfolgreiches Projekt ist auch<br />
das Ozeaneum in Stralsund. Es hat die höchsten<br />
Museumsbesucherzahlen Deutschlands.<br />
Was wurde hier alles richtig gemacht?<br />
Wir sind ja Süddeutsche und haben vielleicht<br />
deshalb eine romantische Affinität zu Wasser.<br />
Beide Projekte, Unilever und das Ozeaneum,<br />
haben den Ansatz der maritimen Architektur.<br />
Gebäude müssen außerhalb ihrer Funktion auch<br />
als wichtiger Stadtbaustein begriffen werden,<br />
d. h. die Öffentlichkeit teilhaben zu lassen.<br />
Gebäude müssen verortet werden, und das hat<br />
keine Beliebigkeit. Es sind die kulturellen Hintergründe,<br />
die mikroklimatischen Bedingungen,<br />
die Funktion und die örtlichen und maßstäblichen<br />
Gegebenheiten, die ein individuelles Entwurfskonzept<br />
bedingen. Bei aller Ähnlichkeit beider<br />
Projekte gibt es auch ganz viele Unterschiede.<br />
Beim Ozeaneum hat es uns gereizt, in die städtebauliche<br />
Backsteinfront einen anderen Baustein<br />
zu setzen, der an den Schiffsbau erinnert.<br />
Wie wichtig ist Ihnen das Thema Farbe in der<br />
Architektur?<br />
<strong>Das</strong> ist für uns ein Riesenthema. Wir versuchen bis<br />
zum Schluss an der Farbentwicklung zu arbeiten.<br />
Ich habe es am liebsten, wenn der Rohbau steht <strong>–</strong><br />
grundlegende Dinge sind eingebaut und ich kann<br />
durch das Gebäude gehen und die Räume mit<br />
dem Licht und den Oberflächen erleben. Darauf<br />
kann ich reagieren und noch mal verändern.<br />
Es ist ja unfassbar, was Farbe aus Oberflächen<br />
machen kann. Und wir entwickeln immer individuelle<br />
Farbkompositionen. Wir bevorzugen dabei<br />
eine Balance in der Farbwelt, keine Modefarben,<br />
denn wir wollen über Farbe das Gebäude nicht in<br />
einer bestimmten Zeit verorten.
Ozeaneum, Stralsund<br />
„Gebäude müssen als<br />
wichtiger Stadtbaustein<br />
begriffen werden.“<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 7<br />
Foto: Johannes-Maria Schlorke, Saarbrücken
Foto: Roland Halbe, Stuttgart<br />
Behnisch Architekten, Stuttgart<br />
Die Firmenzentrale von<br />
Unilever und der Marco Polo<br />
Tower, Hamburg<br />
8 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
„Die Diskussion über<br />
Nachhaltigkeit hat bei<br />
den Bauherren schon<br />
viel bewegt.“
In Ihren Entwürfen spielt die Nachhaltigkeit die<br />
bedeutende Rolle. Verstehen und akzeptieren<br />
die Bauherren diesen Anspruch?<br />
Im Wesentlichen schon. Es gilt aber bei jedem<br />
Projekt deutlich zu machen, dass Nachhaltigkeit<br />
nicht nur etwas mit Energieeffizienz zu tun hat.<br />
Man muss hinterfragen, ob es Sinn macht, dass<br />
das Haus da steht, wo es steht. Wird es bestmöglich<br />
genutzt oder ist es nur eine Funktionshülle?<br />
Und was ist, wenn die Funktion verschwindet?<br />
Ist es dann eine Belastung für die nächste<br />
Generation? Was verwende ich für Materialien,<br />
wie umweltfreundlich sind sie, wie werden sie<br />
recycelt etc. Dieser qualitative Anspruch, dass<br />
wir etwas schaffen, das Lebensqualität liefert,<br />
macht den nachhaltigen Ansatz aus, der auf den<br />
Menschen, den Mitarbeiter bezogen ist. Es ärgert<br />
mich, dass in Deutschland Nachhaltigkeit immer<br />
noch über den Energieverbrauch und den Quadratmeter<br />
definiert wird.<br />
Sie haben in den vergangenen Monaten viele<br />
Wettbewerbe gewonnen, die alle mit der intensiven<br />
Auseinandersetzung und unter dem Aspekt<br />
der Nachhaltigkeit geplant wurden.<br />
Ist das Ihr Erfolgsrezept?<br />
Für uns ist es selbstverständlich, so an Architektur<br />
heranzugehen. Wir haben aber auch schon viele<br />
Wettbewerbe genau so durchgeführt und nicht<br />
gewonnen. Aber, die Diskussion über Nachhaltigkeit<br />
hat bei den Bauherren schon viel bewegt.<br />
Und die Themen, die wir schon lange adressieren,<br />
fallen vielleicht jetzt auf einen fruchtbaren Boden.<br />
Bauherren begreifen, dass Wohlbefinden und<br />
Maßstäblichkeit keine idealistischen, architektonischen<br />
oder akademischen Themen sind, sondern<br />
Selbstverständlichkeit.<br />
<strong>Das</strong> Thema der Prozessqualität, also die integralen<br />
Prozesse von Planung und Ausführung,<br />
spielen doch in diesem Zusammenhang sicher<br />
auch eine wichtige Rolle.<br />
Was wir für unsere Arbeit brauchen sind Impulse,<br />
die über das Normale hinausgehen. Wir haben<br />
Interesse daran, mit Partnern zusammenzuarbeiten,<br />
mit denen man neue Konzepte entwickeln<br />
und neue Wege beschreiten kann. Und<br />
das gilt auch für die Beteiligung der Industrie<br />
mit ihren Produkten und Systemen. Letztlich ist<br />
es wichtig, dass individuelle Lösungen entstehen.<br />
Die drei Partner unseres Büros geben keine<br />
Heldenskizzen vor <strong>–</strong> gute Ideen können auch von<br />
Praktikanten kommen. Wichtig ist die offene Kommunikation<br />
und Zusammenarbeit aller. Wir haben<br />
kein Spezialistentum. Projektarchitekten entwickeln<br />
Raumsituationen und schauen, was für ein<br />
Stimmungsbild in dem Raum, welche Atmosphäre,<br />
welche Ausblicke entstehen sollen, mit welchen<br />
Oberflächen <strong>–</strong> erste Materialüberlegungen werden<br />
hier angedacht. Der Architekt ist hier der Generalist,<br />
der versucht, das Konzert der Möglichkeiten in<br />
Einklang zu bringen.<br />
<strong>Das</strong> Büro Behnisch Architekten ist ein international<br />
tätiges Büro. Wie oft können sich die drei<br />
Partner noch über die Projekte abstimmen?<br />
Sehr häufig. Als verantwortlicher Partner ist man<br />
oft in seinen eigenen Gedanken gefangen. Deshalb<br />
ist es ganz wichtig, dass jemand anderes drüber<br />
schaut. Ein Erfolgsfaktor unseres Büros ist, dass<br />
uns die Kommunikation mit den Architekten in<br />
unserem Haus, nicht nur mit uns drei Partnern,<br />
extrem wichtig ist, gepflegt wird und unerlässlich<br />
ist. Wir haben Architekten im Büro, die klassisch<br />
ausgebildet sind und langsam an alle Themen<br />
herangeführt werden, die bewusst nicht mit<br />
Scheuklappen nur für ein Spezialgebiet denken.<br />
Jeder muss offen bleiben für alle Einflüsse und<br />
das alles gut jonglieren. Ohne diesen Ansatz<br />
könnte unser Anspruch an Architektur überhaupt<br />
nicht entstehen und erfüllt werden.<br />
Herr Haas, herzlichen Dank für das Gespräch.<br />
Martin Haas sprach mit Burkhard Fröhlich, Chefredakteur DBZ<br />
Deutsche Bauzeitschrift<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 9
Foto: Julia Becker-Bender<br />
Firmenzentrale Unilever, Hamburg<br />
10 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
Firmenzentrale Unilever, Hamburg<br />
Wege als<br />
Netzwerk<br />
Am Strandkai 1 in Hamburg, in unmittelbarer Nähe zum Kreuzfahrtterminal,<br />
liegt das neue Unilever-Haus, das sich in die besondere Umgebung des<br />
Hafens mit seinem maritimen Flair einfügt. <strong>Das</strong> Gebäude ist hier Schnittstelle<br />
<strong>–</strong> es öffnet sich dynamisch nach außen und nach innen, es will nicht<br />
beeindrucken, sondern einladen und offen sein für die Umgebung, offen für<br />
neue Einfälle und natürlich: offen für Menschen.<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 11
Firmenzentrale Unilever, Hamburg<br />
12 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Schnitt B, ohne Maßstab<br />
Schnitt B, ohne Maßstab<br />
1 Haupteingang Nord<br />
2 Atrium<br />
3 Terrasse<br />
4 Büro<br />
5 Meeting Point<br />
Aus der Innenstadt vom Rathaus kommend führt<br />
eine neue städtebauliche Achse über den Großen<br />
Grasbrook direkt durch die Unilever-Zentrale<br />
hindurch bis zur Wasserkante. <strong>Das</strong> ganze Erdgeschoss<br />
des Gebäudes ist funktional als öffentlicher<br />
Treffpunkt konzipiert, als Raum für Kommunikation,<br />
der die unkomplizierte Begegnung von Besuchern<br />
und Unilever-Mitarbeitern ermöglicht.<br />
<strong>Das</strong> Atrium ist ein Ort, der atmen soll und damit<br />
eine besondere Anziehungskraft auf alle ausübt,<br />
die sich im Gebäude aufhalten. Ganz gleich auf<br />
welcher Ebene man sich befindet <strong>–</strong> der Blick wird<br />
von allen Standorten nach draußen gezogen.<br />
Durch die Glasfassaden und die schützende,<br />
hochfeste und transparente Membran, die der<br />
Fassade vorgelagert ist, sind überall Ausschnitte<br />
der Umgebung zu sehen: Wasser und Schiffe,<br />
Himmel und HafenCity.<br />
<strong>Das</strong> gläserne Dach des Atriums und die transparenten<br />
Seitenfassaden lassen so viel Sonnenlicht<br />
Wasser und Schiffe,<br />
Himmel und HafenCity<br />
4 5<br />
4<br />
1 2<br />
5<br />
5<br />
1 Haupteingang Nord<br />
2 Atrium<br />
3 Terrasse<br />
4 Büro<br />
5 Meeting Point<br />
hereinströmen, dass der gesamte Innenraum<br />
taghell erleuchtet wird. Er ist zudem in helle und<br />
freundliche Farben getaucht. Zum neutralen Weiß<br />
kontrastieren Gelb-, Orange- und Grüntöne und<br />
lassen das Atrium durch das einfallende Tageslicht<br />
wie einen sommerlichen Außenraum wirken.<br />
Kombiniert und ergänzt wird das Tageslicht durch<br />
neu entwickelte LED-Leuchten, die den Energiehaushalt<br />
des gesamten Gebäudes optimieren.<br />
Auch die kreisrunden Lichtringe, die inmitten des<br />
Atriums schweben, sind LED-Leuchten und Installation<br />
in einem.<br />
Die transparente und offene Gestaltung des Atriums<br />
bestimmt das Erscheinungsbild des gesamten<br />
Baus. Auf Ebene 1 verbindet ein leuchtend weißer<br />
Empfangstresen den öffentlichen mit dem internen<br />
Bereich des Hauses. Hier checken die Besucher<br />
ein und dürfen es sich in der Wartelounge bequem<br />
machen. Durch die gläsernen Konferenzräume<br />
hindurch bietet sich ihnen ein wunderbarer Blick<br />
auf die Elbe. Die neue Unilever-<br />
Zentrale lebt durch ihr<br />
Netzwerk <strong>–</strong> und zwar ganz<br />
5<br />
3
Über mehrere Etagen sind Meeting Points angelegt <strong>–</strong> alle mit Bezug zum Atrium<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 13<br />
Fotos (2): Stahl + Brößkamp, Hamburg
Foto: Adam Mørk, Kopenhagen<br />
Firmenzentrale Unilever, Hamburg<br />
14 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
<strong>Das</strong> Atrium wirkt fast wie ein Außenraum
Foto: David Matthiessen<br />
B<br />
1 Meeting Point<br />
2 Büro<br />
Grundriss Ebene 3, M 1:750<br />
1 Meeting Point<br />
2 Büro<br />
Behnisch Architekten, Stefan Behnisch,<br />
Martin Haas, David Cook (von links)<br />
2<br />
1<br />
Grundriss Ebene 03, M 1:750<br />
2<br />
2<br />
wörtlich. An den unterschiedlichen Stellen und<br />
in unterschiedlichen Etagen verbinden Brücken,<br />
Treppen und Stege die einzelnen Ebenen und<br />
wirken so wie ein Wegegeflecht. Spielerisch<br />
werden so die auf den Ebenen 2 bis 6 liegenden,<br />
offenen und großzügigen Bürolandschaften miteinander<br />
vernetzt.<br />
Die Arbeitsplätze in der neuen Unilever-Zentrale<br />
sind überall. Vom Erdgeschoss bis zur Dachterrasse<br />
gehört das Gebäude den Mitarbeitern.<br />
Eine sogenannte Besprecherbox, ein großer Kubus<br />
in zentraler, exponierter Lage direkt gegenüber der<br />
1<br />
1<br />
Stefan Behnisch über einen besonderen Bauplatz.<br />
„In seiner Form und Ausgestaltung reagiert das Gebäude auf die besondere stadträumliche Situation,<br />
indem es die inneren und äußeren Sichtbezüge stärkt. Von der Stadtseite her wird der öffentliche Stadtraum<br />
des Marco-Polo-Platzes durch das Gebäude zur Elbe hin geführt. So entsteht ein lebendiger öffentlicher<br />
Bereich, der das Gebäude mit seiner Umgebung verbindet und Unilever Teil des Stadterlebnisses „Strandkai“<br />
werden lässt. Und genau diese Umgebung war das, was uns als Architekten besonders beeindruckt und<br />
den Entwurf natürlich maßgeblich geprägt hat.“<br />
2<br />
Empfangstheke, ist ein Treffpunkt, der von überall<br />
im Atrium sichtbar ist. Es ist weniger die Form,<br />
die den Blick auf sich zieht, als vielmehr das aus<br />
Unilever-Motiven zusammengesetzte Ornament,<br />
das in kräftigem Orangerot die Box bekleidet.<br />
Darüber hinaus befinden sich auf allen Ebenen<br />
Meeting Points, die auch als Besprechungsort<br />
genutzt werden.<br />
Flache Hierarchien spiegeln sich konkret im Layout<br />
des neuen Hauses, denn hier sitzen nicht diejenigen<br />
oben, die oben sind, sondern alle.<br />
Die Unilever-Zentrale folgt den Grundsätzen einer<br />
ganzheitlichen, nachhaltigen Architektur. Nicht nur<br />
2<br />
B<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 15
Foto: Thomas Möller GmbH, Reinbek<br />
Firmenzentrale Unilever, Hamburg<br />
Thomas Möller GmbH<br />
16 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Foto: Adam Mørk, Kopenhagen<br />
der Einsatz neuer, Ressourcen schonender Technik,<br />
sondern auch das grundsätzliche Vermeiden<br />
von technischen Lösungen stand im Mittelpunkt<br />
aller Überlegungen.<br />
So wurde schon im Entwurfsstadium bei der<br />
Anordnung der einzelnen Ebenen auf eine optimale<br />
Tageslichtausbeute in allen Bereichen geachtet.<br />
Die hohe Flexibilität des Gebäudes vereinfacht<br />
Nutzungsanpassungen an zukünftige Anforderungen,<br />
der Gebäudezuschnitt und die Anordnung<br />
der einzelnen Bereiche folgen den Vorgaben optimaler<br />
mikroklimatischer Bedingungen.<br />
In all diesem und vielem mehr erfüllt die Unilever-<br />
Zentrale die hohen Ansprüche an nachhaltige<br />
Architektur und hat dafür auch das Umweltzeichen<br />
der HafenCity in Gold erhalten. Die Auszeichnungen<br />
World Architecture Festival Award „Bestes<br />
Bürogebäude 2009“ und Building Exchange (BEX)<br />
Awards 2009 unterstreichen dies noch.<br />
Burkhard Fröhlich, Chefredakteur DBZ Deutsche Bauzeitschrift<br />
Nils Möller über eine logistische Meisterleistung<br />
„Wir haben die Architekten bei der Farbgestaltung in einem frühen Stadium unterstützt, haben aber<br />
nicht die Farbmotive erstellt. Aus dem Firmenlogo generierten wir zum Beispiel Farbmotive, die in<br />
den WC-Anlagen der Obergeschosse angebracht wurden.<br />
Unsere Arbeit wurde jedoch durch die Farbe Weiß und den engen Terminplan dominiert. Sämtliche<br />
Malerarbeiten in den Obergeschossen mussten in rund sieben Monaten fertig gestellt werden.<br />
Daraus ergab sich eine große logistische Herausforderung <strong>–</strong> Die Anlieferung der Materialien musste<br />
exakt getaktet werden, um einen reibungslosen Ablauf und ein termingerechtes Fertigstellen der<br />
Arbeiten zu gewährleisten. Für all diese Aufgaben war <strong>Brillux</strong> ein guter Partner <strong>–</strong> die Zusammenarbeit<br />
hat sehr gut funktioniert.“<br />
Eine exponierte Lage direkt an der Elbe<br />
Foto: Stahl + Brößkamp, Hamburg<br />
Projektdaten<br />
Objekt Firmenzentrale Unilever<br />
Standort Hamburg, HafenCity<br />
Bauherr HOCHTIEF Projektentwicklung GmbH, Hamburg<br />
Besitzer RREEF Investment GmbH, Eschborn<br />
Nutzer Unilever Deutschland GmbH<br />
Architekt Behnisch Architekten, Stuttgart<br />
Projektleitung Peter Schlaier
Projektarchitekt Stefan Zemmrich<br />
Tragwerksplanung Pfefferkorn Ingenieure, Stuttgart<br />
Ausführender Malerbetrieb Thomas Möller GmbH, Reinbek<br />
Nutzfläche 24 000 m²<br />
Brutto-Geschossfläche BGF 39 450 m²<br />
Brutto-Rauminhalt BRI 170 000 m³<br />
Verkaufspreis 2010 100 Mio. €<br />
<strong>Brillux</strong> Produkte Rapidvlies 1525,<br />
Dolomit ELF 900, Impredur Seidenmattlack<br />
880<br />
Die Wartelounge im Empfangsbereich und die Betriebskantine<br />
bestechen durch ihre Farbigkeit<br />
Foto: Adam Mørk, Kopenhagen<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 17
Foto: Miss X / photocase.com<br />
Deutscher Pavillon EXPO 2010, Shanghai<br />
18<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
Deutscher Pavillon EXPO 2010, Shanghai<br />
Balancity <strong>–</strong> Stadt<br />
im Gleichgewicht<br />
Auf der Expo in Shanghai ist Deutschland mit 6 000 m² Grundstücksfläche und einem Budget<br />
von 30 Mio. € prominenter denn je zuvor vertreten. Die als begehbare Skulptur konzipierte<br />
Stahlkonstruktion erinnert von weitem an eine schwebende Wolke; die silbern beschichtete,<br />
von den traditionellen chinesischen Seidenschirmen inspirierte textile Außenhaut unterstützt<br />
tagsüber die Klimatisierung des Pavillons, nachts macht ihn die in wechselnden Farben hinterleuchtete<br />
transluzente Netzmembran zur Landmarke der Expo-Plaza.<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 19
Deutscher Pavillon EXPO 2010, Shanghai<br />
Foto: Schmidhuber + Kaindl GmbH, München<br />
3<br />
Grundriss Ebene 01, M 1:1000<br />
Grundriss Ebene 1, M 1:1000<br />
1 Restaurant<br />
2 Energiezentrale<br />
3 Nebenräume<br />
Schmidhuber + Kaindl GmbH<br />
20 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Inhaltlich konzentriert sich der<br />
deutsche Beitrag auf das Thema<br />
Gleichgewicht: „Balancity“ zeigt<br />
„eine Stadt in Balance zwischen ihren Widersprüchen,<br />
zwischen Altem und Neuem, Stadt<br />
und Land, innen und außen“ <strong>–</strong> das unvermindert<br />
aktuelle Leitmotiv der europäischen Stadt. Dabei<br />
übersetzt die von Schmidhuber + Kaindl entworfene<br />
Architektur des Pavillons den zentralen<br />
Gedanken des Gleichgewichts von Vielfalt und<br />
Dichte anschaulich in den dreidimensionalen<br />
Raum: Vier einzeln betrachtet instabile Baukörper<br />
3<br />
1<br />
Gleichgewicht von<br />
Vielfalt und Dichte<br />
Lennart Wiechell über das Sitzen unter Blättern<br />
2<br />
3<br />
balancieren sich gegenseitig aus <strong>–</strong> ein Zusammenspiel<br />
der Kräfte aus Tragen und Lasten, aus<br />
Anlehnen und Stützen.<br />
Im Inneren ist ein w-förmig mäandrierenden Rundgang<br />
angelegt, auf dem sich die Besucher auf eine<br />
Reise durch eine Stadt der Ideen begeben. Dabei<br />
moderieren Steigungen und Wendungen den<br />
Besucherfluss, der Wechsel von ein- und zweigeschossigen<br />
Räumen, von Weite und Enge schafft<br />
1 Restaurant<br />
2 Energiezentrale<br />
3 Nebenräume<br />
„Während die silbrig glänzende Membran der Außenhaut vor allem die Sonneneinstrahlung<br />
reduzieren und dem Pavillon trotz seiner Größe Leichtigkeit verleihen soll, kommen der Farbe im<br />
Inneren des Gebäudes mehrere Aufgaben zu: Zum einen fungiert sie als Orientierungssystem;<br />
vor allem aber transportiert sie Stimmungen und Atmosphäre. Deshalb sind die meisten Ausstellungsräume<br />
auch polychrom gestaltet.<br />
Was Farbe leisten kann, wird besonders im Restaurant deutlich: Hier ging es darum, das Thema<br />
Bäume <strong>–</strong> als Quintessenz eines traditionellen bayerischen Biergartens <strong>–</strong> in Kooperation mit Strauss<br />
& Hillegaart in das Interior Design des Pavillons zu integrieren. Ausgehend von der Idee des Sitzens<br />
unter Blättern entwickelte das Cottbusser Büro für Kunst am Bau eine anamorphotische Darstellung<br />
von 16 unterschiedlichen Laubbäumen <strong>–</strong> von denen jeder für ein Bundesland steht <strong>–</strong> in gedeckten,<br />
an der Farbigkeit der Möblierung orientierten Grün- und Brauntönen. <strong>Das</strong> Besondere dieser seit der<br />
Renaissance bekannten Technik: Die Motive sind nur von einem ganz bestimmten Standpunkt aus<br />
als Bäume zu erkennen <strong>–</strong> je eher sich die Betrachter aus der Blickachse bewegen, desto mehr lösen<br />
sich die Bäume zu abstrakten grafischen Strukturen auf.“
Die Bäume im Restaurant versinnbildlichen die Hauptstädte der deutschen Bundesländer<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 21<br />
Fotos: ©Architektur Schmidhuber + Kaindl / Ausstellung Milla + Partner
Fotos: ©Architektur Schmidhuber + Kaindl / Ausstellung Milla + Partner<br />
Im Außenraum beginnt der Rundgang durch das Gebäude <strong>–</strong> durch eine terrassierte Grünlandschaft,<br />
vorbei an überdimensionalen Postkarten mit Motiven der 16 Bundesländer<br />
<strong>Brillux</strong> Produkte Acryl-Fassadenfarbe 100<br />
22 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Projektdaten<br />
Objekt Deutscher Pavillon EXPO Shanghai 2010<br />
Standort Shanghai, Expo Gelände<br />
Auftraggeber Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />
Durchführungsgesellschaft Koelnmesse International GmbH<br />
Konzept, Planung und Umsetzung des Deutschen Pavillons<br />
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Pavillon Shanghai GbR (ARGE)<br />
Architektur und Generalplanung Schmidhuber + Kaindl GmbH, München
Foto: Erik-Jan Ouwerkerk, Berlin<br />
ein Raumkontinuum,<br />
in dem sich dem Besucher<br />
permanent neue<br />
Perspektiven eröffnen.<br />
Die von Milla + Partner konzipierte Ausstellung<br />
führt über zehn Stationen <strong>–</strong> den „Tunnel“, den<br />
„Hafen“, das „Planungsbüro“, den „Garten“, das<br />
„Depot“, die „Fabrik“, den „Park“, das „Atelier“,<br />
den „Stadtplatz“ und das „Forum“ <strong>–</strong> zur „Energiezentrale“.<br />
Ein weiteres Highlight des Pavillons ist das<br />
Restaurant: Dem Büro für Kunst am Bau Strauss &<br />
Hillegaart gelang es, das scheinbar triviale Thema<br />
eines bayerischen Biergartens zu einem beeindruckenden<br />
geistig-räumlichen Erlebnis aufzuladen.<br />
Grundidee ihres Konzepts war es, das Restaurant<br />
in eine abstrakte Farb- und Naturlandschaft zu<br />
verwandeln, in der die 16 dominierenden Rund-<br />
Strauss & Hillegaart<br />
Ausstellungs- und Mediengestaltung Milla und Partner GmbH, Stuttgart<br />
Ausführung und Projektmanagement Nüssli (Deutschland) GmbH, Roth<br />
Farbgestaltung und Ausführung Restaurant Strauss & Hillegaart, Cottbus<br />
Pavillongrundstück 6 000 m²<br />
Ausstellungsfläche 3 600 m²<br />
Baukosten Architektur und Ausstellung 30 Mio. €<br />
Die Ausstellung führt<br />
über zehn Stationen zur<br />
„Energiezentrale“<br />
säulen zu Baumstämmen werden, deren Kronen<br />
sich jeweils aus den Buchstaben des Namenszuges<br />
der Hauptstadt eines deutschen Bundeslandes<br />
ergeben. Der Clou dabei: Unverzerrt ist das<br />
Bild nur von ausgewählten Standorten aus erkennbar<br />
<strong>–</strong> verlässt der Betrachter diese, überdehnen<br />
sich die Baumkronen und gehen in ein abstraktgrafisches<br />
Schattenspiel über, das Assoziationen<br />
an einen sonnenbeschienenen Biergarten weckt.<br />
Ein weiterer abstrahierter Landschaftsfries verläuft<br />
auf den Innenwänden des Restaurants. Aus der<br />
Entfernung ruft er den Eindruck hervor, unter Bäumen<br />
sitzend durch das lichte Gehölz in die dahinter<br />
liegende Landschaft zu blicken <strong>–</strong> aus der Nähe<br />
betrachtet verwandelt er sich in ein Strichraster.<br />
Jochen Paul, München<br />
Markus Hillegaart über 30 000 Buchstaben<br />
„Wie speist man als Deutscher in perfekter Balance zwischen Natur und Stadt? Unsere Antwort:<br />
unter Bäumen. Passend zum Motto des Pavillons „Balancity“ entwarfen wir also Landschaftsmotive,<br />
die sich aus den Namen der deutschen Landeshauptstädte zusammensetzen und haben<br />
einige Säulen des Restaurants sozusagen als Baumstämme umfunktioniert. 16 Bäume aus 30 000<br />
Buchstaben ergeben eine sogenannte anamorphotisch verzerrte Baumlandschaft. Wir haben ein<br />
komplettes 3D-Abbild des Raumes erstellt und anhand dieser Daten die Bildaussage mit einer Art<br />
Projektionsebene übertragen.<br />
Nach einer zweijährigen Planungsphase wurden die grafischen Elemente innerhalb von 14 Tagen<br />
mit Hilfe von Schablonen von einem vierköpfigen Team vor Ort mit <strong>Brillux</strong> Fassadenfarbe aufgebracht.<br />
<strong>Das</strong> ganze Projekt war eine große Herausforderung und wurde durch den Spaß an der<br />
Sache zu einem einzigartigen und prägenden Erlebnis!“<br />
Der Deutsche Pavillon <strong>–</strong> eine begehbare Skulptur<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 23
Foto: photocase.com©misterQM<br />
Theater, Gütersloh<br />
24 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
Theater, Gütersloh<br />
Ganz in Weiß<br />
In Form eines weißen Würfels gestaltete der Architekt Prof. Jörg Friedrich,<br />
PFP Architekten Hamburg-Genua, den Neubau des Theaters für die Stadt Gütersloh.<br />
Ein Haus für Oper, Ballett und Schauspiel, das mit seinem innovativen Konzept<br />
eine Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten bereithält.<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 25
Theater, Gütersloh<br />
26 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Ein neues Haus der<br />
schönen Künste<br />
Wer denkt, dass ein schlankes Budget zwangsläufig<br />
zu einem mageren Resultat führen muss,<br />
der irrt sich. Jedenfalls in Bezug auf den Neubau<br />
des Theaters in Gütersloh. Trotz kommunaler<br />
Finanzprobleme und einem Bürgerbegehren gegen<br />
das Theater, gelang es dem Architekten Prof. Jörg<br />
Friedrich, der Stadt einen passenden Entwurf für<br />
ein neues Haus der schönen Künste zu präsentieren.<br />
Er entwickelte ein vertikales Theater, in dem<br />
auf kleinster Grundfläche die Hauptfunktionen<br />
übereinander angeordnet wurden.<br />
Als weißer Würfel erhebt sich das Gebäude aus<br />
dem benachbarten Stadtraum gleich neben der<br />
Stadthalle aus den 70er Jahren und dem historischen<br />
Wasserturm. Die umgebenden Wohnund<br />
Gewerbebauten sind durch Putz und Klinker-<br />
Grundriss Ebene 03, M 1:500<br />
Grundriss Ebene 3, M 1:500<br />
3<br />
1 Theatersaal/Rang<br />
2 Studiobühne<br />
3 Garderobe<br />
1<br />
fassaden geprägt. Die kompakte<br />
kubische Form des Gebäudes wird<br />
durch zwei auskragende Volumen<br />
durchbrochen, welche die Hinter- und Studiobühne<br />
beherbergen. Drei der Fassaden zeigen<br />
sich verschlossen und werden nur durch wenige<br />
schmale Fensterschlitze strukturiert. Die Südfassade<br />
dagegen ist komplett verglast und<br />
gewährt den ersehnten Einblick in das Theaterfoyer.<br />
Tagsüber lässt sie viel Licht in das Gebäude,<br />
nachts lenkt sie die Blicke ins imposante Innere.<br />
Hier wird die vertikale Schichtung besonders deutlich:<br />
Übereinander gestapelte Bauteile, die zusammen<br />
gehalten von einer Wendeltreppe in weißem<br />
Glanz erstrahlen. Der Theaterbesucher betritt<br />
das Gebäude von der Südostseite. Die transparente<br />
Glasfront der Studiobühne zeigt in Richtung<br />
Stadtzentrum und leitet die Besucher zum Theatereingang.<br />
Im Erdgeschoss befinden sich Kasse,<br />
2<br />
1 Theatersaal/Rang<br />
2 Studiobühne<br />
3 Garderobe
Die imposante Wendeltreppe prägt das Erscheinungsbild im Innenraum<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 27<br />
Fotos: Guido Erbring, Köln
Theater, Gütersloh<br />
28 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Die Skylobby <strong>–</strong> schwarze Ledersessel setzen Akzente im alles umgebenden Weiß
Foto: PFP Architekten, Hamburg<br />
524 Plätze des Theatersaals<br />
haben eigene Paten Kontraste schaffen die mit<br />
weinrotem Stoff bezogenen<br />
Garderobe und ein kleines Foyer. Ein Blickfang ist<br />
der Tresen der Garderobe. Weiß und von innen<br />
beleuchtet, streckt er sich fast durch den gesamten<br />
Eingangsbereich. Über eine keilförmige Treppenskulptur,<br />
deren schwarzmattierte Wangen, das alles<br />
umgebende Weiß ein erstes Mal durchbrechen,<br />
erreicht der Gast die Saalebene, die einen Zugang<br />
zum Parkett des großen Theatersaals bietet.<br />
Von hier schwingt sich die weiße Wendeltreppe<br />
empor, neben dem frei auskragenden Theatersaal<br />
das prägnanteste Element im gesamten Foyer.<br />
Über die ersten der insgesamt 131 Wendelstufen<br />
erreicht man das zweite Geschoss, welches das<br />
obere Parkett des großen Theatersaals erschließt.<br />
<strong>Das</strong> Herz des Theaters empfängt den Besucher in<br />
seinem Inneren überraschend mit Schwärze.<br />
Schnitt, M 1:500<br />
Schnitt, M 1:500<br />
1 Theatersaal<br />
2 Bühne/Technik<br />
3 Skylobby<br />
PFP Architekten<br />
2<br />
Sessel. Unterstützt werden sie dabei von den<br />
Akustikreflektoren aus Schwarz- und Cortenstahl<br />
an den Seitenwänden. Der Saal wurde als Rangtheater<br />
entworfen und verfügt über 532 Sitzplätze.<br />
Aufgrund der Steilheit von Rang und Parkett<br />
sitzt kein Gast mehr als 25 Meter von der Bühne<br />
entfernt. Für 524 der Plätze wurden Paten gefunden,<br />
die u.a. zusammen mit den Gütersloher<br />
Unternehmen Bertelsmann und Miele Geld für die<br />
Errichtung des Theaters spendeten.<br />
Vom dritten Geschoss aus erreicht man die Studiobühne,<br />
eine ebenfalls ganz in Schwarz gehaltene<br />
„Black Box“, die zum Proben oder als Experimentierbühne<br />
genutzt werden kann. Der Raum ist<br />
mit einer flexiblen Tribüne ausgestattet, vom Kammerkonzert<br />
über die Ballettprobe bis hin zur<br />
1<br />
3<br />
1 Theatersaal<br />
2 Bühne/Technik<br />
3 Skylobby<br />
Prof. Jörg Friedrich über die Welt der Kunst<br />
„Die Farbe Weiß steht mit ihrer Strahlkraft als Symbol des Lichtes.<br />
Wir entschieden uns für ein konsequent durchgehendes Weiß. Dadurch<br />
entsteht ein Raum, der den Besucher vom Alltag entfernt und in die Welt der<br />
Kunst leitet. Der Besucher wird entführt und seine Wahrnehmungsfähigkeit<br />
aufgefrischt. In Kombination mit präzise konstruierter Beleuchtung bewirkt das<br />
durchgehende Weiß die gezielte Ausstrahlung in den Stadtraum.“<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 29
Theater, Gütersloh<br />
Foto: Hensdiek GmbH, Gütersloh<br />
Theateraufführung ist hier alles möglich. Die<br />
Studiobühne verfügt dazu über ein separates<br />
Treppenhaus und kann unabhängig vom Geschehen<br />
im Großen Saal genutzt werden. Die vierte<br />
Ebene erschließt die Technikbereiche und Garderoben<br />
der Künstler. In diesen Nebenbereichen<br />
findet man zahlreiche Farb- und Materialkontraste,<br />
in Form grauer Sichtbetonwände, grasgrüner<br />
Böden und leuchtend orangefarbener Türen,<br />
anstelle der vorherrschend weißen Eleganz der<br />
öffentlichen Bereiche.<br />
Ganz oben im fünften Geschoss führt die Wendeltreppe<br />
in die Skylobby. Hier oben empfängt die<br />
Bar den Besucher mit Lounge und Dachterrasse.<br />
Auch hier erstrahlen, dem einheitlichen Gesamtkonzept<br />
folgend, alle Bauteile weiß, von der<br />
Akustikdecke bis zum Bodenbelag, denn dieser<br />
besteht aus weiß beschichtetem Estrich. Immer<br />
wieder brechen Kreis- und Ecksegmente das<br />
Gebäudegefüge auf. Die Aussparungen geben<br />
Hensdiek GmbH<br />
30 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
David Hensdiek über das neue Theater<br />
„Die erste Frage, die wir uns an diesem Bau gestellt haben war: Wie sollen wir<br />
das bis zur Eröffnung schaffen? Nun standen wir vor so einer großen Aufgabe.<br />
Gut, dass die Zusammenarbeit mit den Architekten und <strong>Brillux</strong> so reibungslos<br />
geklappt hat.<br />
Alle Wände im öffentlichen Bereich wurden in Q3 und Q4 gespachtelt <strong>–</strong> dann<br />
kam erst einmal Schleifen, Schleifen und nochmals Schleifen. Danach wurden<br />
fast alle Wände in einem eleganten matten Weiß gestrichen, außer im Bühnenbereich,<br />
hier ist alles Schwarz. <strong>Das</strong> größte Augenmerk ist die freistehende<br />
Wendeltreppe, die sich schon von weitem gut sichtbar darstellt und am Abend<br />
bei voller Beleuchtung noch imposanter wirkt.<br />
Der größte Vorteil war für uns der Arbeitszeitraum, denn wir haben alle Malerarbeiten<br />
im letzten langen Winter gemacht. <strong>Das</strong> Theater war für uns in jeder<br />
Hinsicht ein besonderes Projekt.“<br />
<strong>Brillux</strong> Produkte Lacryl Tiefgrund ELF 595, Glemalux ELF 1000,<br />
Super Latex ELF 3000, Handspachtel H 1882, Rapidvlies 1525,<br />
Haftgrund 850, Impredur Seidenmattlack 880<br />
unerwartete Blickwinkel frei, lassen Licht hinein<br />
oder setzen durch Beleuchtung nächtliche<br />
Akzente. Die Bar kann auch unabhängig vom<br />
Theatergeschehen genutzt werden. Sie verfügt<br />
zusätzlich über ein eigenes Treppenhaus in Form<br />
eines spitzzulaufenden Dreiecks, das von der<br />
Barkeystraße erschlossen wird. Von hier oben<br />
kann der Gast den Blick über die Dächer der Stadt<br />
schweifen lassen. Spätestens an diesem Ort<br />
dürfte das Gütersloher Theater auch den letzten<br />
Skeptiker in seinen Bann gezogen haben.<br />
Annika Frey, Cuxhaven<br />
Projektdaten<br />
Objekt Theater<br />
Standort Gütersloh<br />
Bauherr Stadt Gütersloh<br />
Architekt PFP Architekten BDA, Hamburg, Prof. Jörg Friedrich<br />
Mitarbeit Henning Scheid (Projektleitung), Jörg Niderehe,<br />
Ulf Sturm, Ulf Grosse<br />
Wettbewerb Götz Schneider, Katja Gäbel, Christina Dirk
Bauleitung Oehme + Partner, Bielefeld<br />
Tragwerksplanung Prinz & Pott, Bielefeld<br />
Ausführender Malerbetrieb Hensdiek GmbH, Gütersloh<br />
Nutzfläche 3 843,05 m²<br />
Brutto-Geschossfläche BGF 13 250 m2 Brutto-Rauminhalt BRI 54 000 m3 Platzanzahl gesamt 482 (optional 532)<br />
Ein starker Kontrast im Theatersaal<br />
Die Südfassade ermöglicht bei Nacht den Einblick ins Innere<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 31
Foto: © moodboard Premium - Fotolia.com<br />
RS +Yellow Lager - und Distributionszentrum, Münster<br />
32 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
RS +Yellow Lager - und Distributionszentrum, Münster<br />
Dezente Inszenierung<br />
<strong>Das</strong> Gebiet ist ziemlich unscheinbar, ein Gewerbegebiet wie andere auch. Nur wenige wissen von diesem Stück<br />
Stadt in Münsters Norden. Durch den jüngsten Neubau hat sich das Gebiet aber kolossal gewandelt, denn es<br />
verfügt plötzlich über ein Geheimnis: ein gestreiftes Möbellagerhaus mit einer Wasserlandschaft auf dem Dach.<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 33
Foto: Thomas Rabsch<br />
RS +Yellow Lager - und Distributionszentrum, Münster<br />
Schnitt, M 1:500<br />
Schnitt, M 1:500<br />
BOLLES+WILSON<br />
34 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Wieder ging es um<br />
kreativen Pragmatismus<br />
Es ist bereits ihr drittes gemeinsames Projekt:<br />
Die Architekten Julia Bolles-Wilson und Peter<br />
Wilson sind mit dem Möbelunternehmer Rainer<br />
Scholze schon seit langem befreundet. Und sie<br />
teilen die gemeinsame Freude am Nachdenken<br />
über architektonischen Raum. <strong>Das</strong> Besondere<br />
ist, dass sie ihn von Zeit zu Zeit auch realisieren.<br />
Ganz pragmatisch für das bundesweit tätige<br />
Möbelunternehmen RS+Yellow mit Sitz in Münster.<br />
Schon 1992 bauten sie ein erstes Zentrallager,<br />
indem sie eine unvollendete Produktionshalle<br />
aus den 60er-Jahren mit einer neuen Aluminium-<br />
Wellblech-Haut umhüllten (ihr Erstlingswerk in<br />
Münster), 2002 folgte der Neubau eines großes<br />
Möbelkaufhauses in der Nachbarschaft.<br />
Beide Bauten zeugten<br />
von einem unkonventionellen<br />
Denken und<br />
verstanden sich geradezu<br />
als Manifest gegen den gewöhnlich eindimensionalen<br />
Einheitsbrei in Gewerbegebieten.<br />
Als jetzt abermals das Lager zu einem neuen<br />
Distributionszentrum um 7 000 m² erweitert werden<br />
sollte, war das Team bereits eingespielt: Wieder<br />
ging es um kreativen Pragmatismus <strong>–</strong> oder darum,<br />
das Schöne im Notwendigen aufzuspüren. Als<br />
Ausgangspunkt dient denn auch die „Big Box“.<br />
Und der Passant, der zwei ihrer Seiten von der<br />
Straße gut betrachten kann, wird erste Charakteristika<br />
leicht erahnen. <strong>Das</strong> Volumen ist zweigeschossig,<br />
der Grundriss folgt einem regelmäßigen<br />
Raster, die Konstruktion basiert auf vorgefertigten<br />
Stützen und Trägern sowie weit gespannten<br />
Deckenplatten. Doch beim genaueren Betrachten<br />
Peter Wilson über ein logistisches Diagramm<br />
„Die Fassade und ihr Farbkonzept haben wir in enger Abstimmung mit unserem Bauherrn entwickelt. Uns war<br />
hier eine durchlaufende, bündige Gestaltung wichtig. Im Farbklang eher dezent und zurückhaltend. Wir wollten<br />
keine gewagte, modische Halle, eher dachten wir an das Bild eines „Pyjamas“. Im Schnitt zeigt sich die Box als<br />
logistisches, effizientes Diagramm, und von außen eher abstrakt. Aufgrund der Wasserlandschaft auf dem Dach<br />
bestand für uns die Herausforderung darin, sämtliche Öffnungen für Belüftung sowie Brandschutz-RWA (Rauchwärmeabzug)<br />
ausschließlich seitlich vorzusehen. Dies bedeutete automatisch, bautechnologische Standards<br />
anders zu interpretieren. Wir entwickelten die Fassade schließlich aus senkrechten Gasbetonpaneelen, vereinzelt<br />
unterbrochen durch senkrechte, haushohe, verzinkte Gitterroststreifen für die haustechnischen Anforderungen.<br />
Spannend gestaltete sich die Farbauswahl. Bis alles richtig ausbalanciert war, haben wir einige Versuche mit Testfassaden<br />
unternommen. Letztlich haben wir uns für vier Farben aus dem Scala-Katalog entschieden. Die „Big Box“<br />
hat so einen durchgängigen, zeitlosen Farbvorhang erhalten.“
Die Fassade besteht aus senkrechten Gasbetonpaneelen, unterbrochen durch verzinkte Gitterroststreifen für die haustechnischen Anforderungen<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 35<br />
Foto: Guido Erbring, Köln
RS +Yellow Lager - und Distributionszentrum, Münster<br />
Von der Straße aus lässt sich die Besonderheit des Daches nur erahnen<br />
36 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
<strong>Brillux</strong> Produkte Grundierkonzentrat ELF 938, Silicon-Porenbetonbeschichtung 449,<br />
Acryl-Fassadenfarbe 100
Foto: Klaus Schumann<br />
Ernst Wortmann GmbH<br />
Projektdaten<br />
Objekt RS +Yellow Distribution Centre<br />
Standort Münster<br />
Bauherr RS +Yellow Möbel Handelsgesellschaft mbH, Rainer Scholze<br />
Architekt BOLLES+WILSON<br />
Bauleitung Klaus Kuchenbuch<br />
Konstruktionsart Stahlbetonskelettbau, Fertigteilbauweise<br />
Tragwerksplanung ahw Ingenieure GmbH, Münster<br />
Brandschutz Dipl.-Ing. Richard Wolejszo, Everswinkel<br />
der Fassade aus Gasbetonpaneelen mit ihren<br />
durchlaufenden Pyjamastreifen wird man zurücktreten<br />
und verwundert nach weiteren Details<br />
suchen. Fassade und Dach erscheinen bar jeder<br />
üblichen Gewerbegebietskonvention: keine Lichtkuppeln,<br />
keine Fenster, kein Dachüberstand, kein<br />
Sockel, keine Leitern, Schilder, Rohre, Antennen.<br />
Und spätestens dann, wenn man den bündigen,<br />
auf drei Seiten durchlaufenden Farbvorhang eingehend<br />
studiert hat, wird man das Gebäude als ein<br />
Volumen mit einer geheimnisvollen Aura einstufen.<br />
Doch das Geheimnis offenbart sich weder hinter<br />
dem Vorhang noch hinter der Eingangstür.<br />
Keine Lichtkuppeln,<br />
keine Fenster...<br />
Klaus Schumann<br />
„Die Fassade an diesem Gebäude ist etwas Besonderes. Der Weg zu diesem Ergebnis hat auch<br />
ganz schön viel Zeit in Anspruch genommen. Die Farbfindung war ein zeitintensiver Prozess, bei<br />
dem wir von Anfang an beteiligt waren. Wir haben etliche Musterflächen angelegt, bis die Farbtöne<br />
vom Architekten und Bauherren freigegeben wurden.<br />
Mit insgesamt acht Mitarbeitern waren wir vor Ort und trotzdem war die Zeit am Ende recht knapp.<br />
Aber das Ergebnis kann sich sehen lassen und uns hat die Arbeit viel Spaß gemacht. Obwohl wir<br />
seit über 30 Jahren Porenbetonbeschichtungen machen, ist es immer wieder anders. Zum Glück<br />
hatten wir mit <strong>Brillux</strong> eine super Zusammenarbeit <strong>–</strong> sehr zuverlässig!“<br />
Farbgestaltung BOLLES+WILSON und Rainer Scholze<br />
Ausführender Malerbetrieb Ernst Wortmann GmbH,<br />
Obernkirchen / Vehlen<br />
Nutzfläche 6 870 m²<br />
Brutto-Geschossfläche BGF 9 158 m²<br />
Brutto-Rauminhalt BRI 36 740 m³<br />
Baukosten 6,3 Mio. €<br />
Ihm kann sich nur nähern, wer die 1 500 m² große<br />
Bürofläche auf dem Dach betritt. Erst hier zeigt<br />
sich der unkonventionelle Umgang auch mit der<br />
fünften Fassade, dem Dach: Es wurde als große<br />
Wasserlandschaft (45 x 65 Meter) gestaltet <strong>–</strong> mit<br />
weitem Blick in die grüne Stadtrandlandschaft.<br />
Dem Bürotrakt mit großformatiger Schiebe-<br />
Glasfassade ist hierbei eine großzügige Holzterrasse<br />
vorgelagert. Für Verschattung sorgt eine<br />
auskragende Stahlpergola mit Lamellenvorhang,<br />
die eine besondere Lichtstimmung inszeniert.<br />
Ein Wunschtraum für einen Unternehmer scheint in<br />
Erfüllung gegangen zu sein <strong>–</strong> mit dezenten Farben<br />
und wechselndem, von Wasser und Glas<br />
reflektiertem Licht.<br />
Stefan Rethfeld, Münster<br />
Ein auf den ersten Blick unscheinbares Gebäude<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 37
Foto: s11 / photocase.com<br />
Kameha Grand Hotel, Bonn<br />
38 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
Kameha Grand Hotel, Bonn<br />
Neobarocke<br />
Farbigkeit<br />
Als neobarockes Gesamtkunstwerk bezeichnet Marcel Wanders sein Gestaltungskonzept<br />
für das Interieur des Life & Style Hotels Kameha Grand Bonn und hat hierfür eigens die<br />
Kameha Blume entworfen, die sich als Gestaltungselement in dem gesamten Hotel findet.<br />
Im März 2010 gewann das Hotel den MIPIM Award, den Oscar der Immobilienbranche.<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 39
Kameha Grand Hotel, Bonn<br />
Foto: Architekturbüro Schommer, Bonn<br />
40 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Detailverliebtes Interieur<br />
mit starken Farbakzenten<br />
Schnitt, M 1:500<br />
Schnitt, M 1:500<br />
1 Vorfahrt<br />
1 Vorfahrt<br />
2 Lobby<br />
2 Lobby<br />
3 Atrium Atrium<br />
4 Halle<br />
5 Rheinterrassen<br />
Architekturbüro Schommer<br />
Der Gegensatz von Architektur und Interieur<br />
könnte größer nicht sein. Einem technischnüchternen<br />
und farbneutralen Gebäude stellt<br />
sich eine betörend opulente, detailverliebte Innengestaltung<br />
mit starken Farbakzenten entgegen.<br />
Bei allem Widerspruch ist beiden Entwurfskonzepten<br />
eines gemeinsam. Sowohl die äußere<br />
Hülle als auch der Innenraum sprechen jeweils<br />
eine eigenständige Sprache, welche die intendierte<br />
Einzigartigkeit des Bauherrn und Betreibers<br />
visualisiert und das Hotel am Bonner Bogen damit<br />
unverwechselbar macht.<br />
<strong>Das</strong> Hotel bietet Raum für 190 Zimmer, 63 Suiten,<br />
einen großzügigen SPA-Bereich, Tagungs- und<br />
Konferenzräume, mehrere Bars, Restaurants sowie<br />
Dachterrassen und Funktionsräume und nimmt<br />
mit seiner Form Bezug auf die besondere Lage am<br />
Rheinufer. Auf einer Länge von jeweils 104 Metern<br />
umfassen zwei Spangen, die zum Rheinufer 9<br />
Meter an Höhe verlieren und sich auch trapezförmig<br />
verjüngen, das Gebäude an der Ost- und<br />
1 2<br />
4 Kameha Dome<br />
5 Rheinterrassen<br />
3 4<br />
Westseite. Mit<br />
der Verjüngung<br />
erhalten die fassadenseits gelegenen Zimmer<br />
einen Blick auf den Rhein und sein Umfeld.<br />
In ihrem Zwischenraum bilden die Spangen eine<br />
transparente Zone aus, die sich in drei Segmente<br />
gliedert. Eine sieben Meter hohe Lobby am zur<br />
Straße gelegenen Eingang des Hotels, ein nach<br />
oben offenes Atrium und eine nach Süden zum<br />
Rhein hin gelegene Eventhalle. Stützenfrei und<br />
in einer lichten Höhe von bis zu 18 Metern<br />
umspannt eine 51 Meter lange filigrane Metall-<br />
Glas-Konstruktion die 1 330 Quadratmeter große<br />
Halle, den Kameha Dome, als gekrümmte Dachhaut.<br />
Entworfen und realisiert wurde das Gebäude<br />
mit seinem Tragwerk aus Stahlbeton in Schottenbauweise.<br />
Dieser kühnen, technischen, topografisch inspirierten<br />
Architektur begegnet Wanders mit einem<br />
nicht minder kühnen, jedoch emotionalen Interieur<br />
Konzept, das von purer Lebenslust geprägt ist.<br />
Fern jedes Ortsbezuges wird dem Gast die Illusion<br />
einer heiteren, ungetrübten und luxuriösen Welt<br />
Karl-Heinz Schommer über das Auge des Betrachters<br />
„Durch die Verkleidung mit rollverformten Profiltafeln aus silbergrauem Aluminium und die filigrane<br />
Glaskonstruktion der Halle hat das Hotel eine elegante Außenwirkung. Für die Innenwirkung steht<br />
die Gesamtgestaltung des Designers Marcel Wanders, die wir im Zusammenhang mit unserer<br />
Architektur von Anfang an als spannend und wohltuend spielerisch empfunden haben.<br />
Marcel Wanders entwickelt sein Design von innen nach außen. Warmtonige Materialien im Innenbereich<br />
stehen im Dialog zu der technischen Aluminiumkonstruktion des Daches und der Fassade sowie<br />
der filigranen Stahlkonstruktion der Glashalle. <strong>Das</strong> Auge des Betrachters braucht die Spannung,<br />
um sich mit ergänzender Formsprache auseinanderzusetzen. Ich denke, gerade diese Kombination<br />
unserer Architektur zusammen mit dem Design von Marcel Wanders wird sicher in der Erinnerung<br />
der Gäste bleiben, so dass diese das Hotel immer und immer wieder besuchen werden.“<br />
5
Die Ruhezonen im Kameha SPA sind auch in der Farbigkeit ruhig gehalten <strong>–</strong> die Konferenzbereiche hingegen zeigen deutliche Farbakzente<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 41<br />
Fotos: Kameha Grand Bonn
Kameha Grand Hotel, Bonn<br />
42 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Einige Suiten wurden nach einem besonderen<br />
Thema entworfen <strong>–</strong> hier die Beethoven Suite (oben)<br />
und die Princess Suite
vermittelt, in der die Wirtschaftskrise und auch alle<br />
anderen Probleme des 21. Jahrhunderts vor dem<br />
Eingang Halt machen. Hier wird in einem Maße<br />
mit Formen und Mustern, und vor allem auch mit<br />
Farben gespielt, wie es schon die Meister des<br />
Barocks taten, um dem seit Beginn des 17. Jahrhunderts<br />
gespaltenen Lebensgefühl die Illusion<br />
eines goldenen Zeitalters entgegenzusetzen.<br />
Für seine neobarocke Gestaltung ließ Wanders die<br />
seit Adolf Loos totgesagte Ornamentik mit großer<br />
Geste wiederaufleben. Auf Webteppichen, keramischen<br />
Bodenbelägen, Vorhängen, Tapeten und<br />
Vasen behauptet sie sich mal als Motiv der barock<br />
anmutenden Kameha Blume, die der Designer eigens<br />
für das Business- und Event-Hotel entworfen<br />
hat, mal als Muster Meissner Porzellans, das er als<br />
Vorlage digitalisieren ließ.<br />
Auch das Farbkonzept kann als Neobarock<br />
bezeichnet werden, bedient Wanders sich doch<br />
vorwiegend der Farben des Frühbarocks, bei dem<br />
neben Natursteintönen Weiß, Grau, Schwarz, Rot<br />
und Gold den Ton angegeben hatten. Im Kameha<br />
Grand Bonn dominiert der Schwarz-Weiß-Kontrast,<br />
der in den Publikumsbereichen durch überdimensionierte,<br />
skulpturengleiche Vasen in Uni-Rot<br />
oder -Gold <strong>–</strong> teilweise auch in Weiß mit goldener<br />
und schwarzer Ornamentik <strong>–</strong> „aufgemischt“ wird.<br />
Großdimensionierte, rote Rundsofas in der Lobby<br />
5<br />
4 6 9 10<br />
3<br />
1 2 8 11<br />
Grundriss Gundriss EG, M 1:500<br />
1 Vorfahrt<br />
2 Lobby<br />
3 Raucher Lounge<br />
4 Rothschild Lounge<br />
16<br />
15<br />
7<br />
14<br />
13<br />
1 Vorfahrt<br />
2 Lobby/Stage Bar & Lounge<br />
3 Zino Platinum Cigar Lounge<br />
4 Rothschild Lounge<br />
5 Chairmens Lounge<br />
6 Kameha Green & Kameha Spirit<br />
7 Registrierung für Veranstaltungen<br />
8 Atrium<br />
9 Kameha Universal<br />
10 Puregold Bar<br />
11 Kameha Dome<br />
12 Rheinterrassen<br />
13 Brasserie Next Level<br />
14 Küche<br />
15 Grand Event<br />
16 Rezeption<br />
12<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 43
Foto: SD Malerwerkstätten Donth GmbH &<br />
Co. KG, Waltershausen / Schnepfenthal<br />
Kameha Grand Hotel, Bonn<br />
akzentuieren die farblich ruhige Grundgestaltung.<br />
In der insgesamt dezent gestalteten Puregold Bar<br />
wird eine Wand in Goldmosaik zum Eyecatcher.<br />
Die Flure zu den Gästezimmern sind mit roten,<br />
ornamentalen Teppichen und Tapeten, beide nach<br />
den Entwürfen von Marcel Wanders, gestaltet und<br />
würden ein Gefühl von Unruhe und Enge auslösen,<br />
wenn die Neutralisation der weißen Decken fehlte,<br />
die im Übrigen auch mehr Raumhöhe suggerieren.<br />
Die Detailverliebtheit und der Perfektionswille<br />
des Designers erforderten eine Innendispersionsfarbe,<br />
die einen völlig ansatzfreien Deckenanstrich<br />
ermöglicht. Auch die 3,10 m hohen Decken der<br />
großzügigen Gästezimmer und Suiten sollten weiß<br />
sein, um den farblich zwar zurückhaltenden,<br />
jedoch durch starke Ornamentik geprägten Räumen<br />
eine ruhige Ausstrahlung, hohe Raumwirkung<br />
und eine Fülle an Licht zu geben. Aufgrund des<br />
guten Deckvermögens der Dispersionsfarbe reichten<br />
2 000 Liter aus, um die Decken der insgesamt<br />
253 Zimmer und Suiten in strahlendes Weiß zu<br />
tauchen und für eine ausgezeichnete Reflexion des<br />
Tageslichts zu sorgen, das die Räume durch die<br />
raumhohen Fensteröffnungen durchflutet. Damit<br />
gewinnt die Farbe Weiß im neobarocken Gesamtkonzept<br />
des Designers eine tragende Rolle.<br />
Petra Lasar, Rösrath<br />
SD Malerwerkstätten Donth<br />
GmbH & Co. KG<br />
44 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Die Kameha Blume<br />
findet man in vielen<br />
Elementen wieder <strong>–</strong><br />
besonders imposant<br />
im Kameha Dome<br />
Sascha Donth über gute Partner<br />
„Wir mussten im Zwei-Schicht-System arbeiten und auch die Wochenenden nutzen, um termingerecht zur<br />
Eröffnung fertig zu werden. Ca. vierzig Arbeitskräfte waren in allen öffentlichen Bereichen, im Bar- und Restaurantbereich,<br />
im SPA sowie in den Fluren und Zimmern parallel im Einsatz. Trotz der kurzen Zeitspanne, die für die Fertigstellung<br />
unserer Leistung zur Verfügung stand, hat uns dieses Projekt sehr viel Spaß gemacht. Schließlich bekommt<br />
man selten eine Gelegenheit ein so perfekt durchdachtes Farbkonzept in so großem Maßstab ausführen zu dürfen.<br />
<strong>Das</strong> Ergebnis spricht ohne Zweifel für sich selbst. Die Firma <strong>Brillux</strong> hat uns bei unserer Arbeit <strong>–</strong> wie immer <strong>–</strong> hervorragend<br />
unterstützt. Wir konnten uns jederzeit auf die termingerechten und oft auch sehr kurzfristigen Lieferungen<br />
verlassen. Für derartige Bauvorhaben braucht man einfach gute und verlässliche Partner.“<br />
<strong>Brillux</strong> Produkte Dolomit ELF 900, Super Latex ELF 3000, Latexfarbe ELF 992, CreaGlas Gewebekleber ELF 377,<br />
Impredur Seidenmattlack 880, Impredur Hochglanzlack 840, Handspachtel LF 1884
Projektdaten<br />
Objekt Kameha Grand Bonn<br />
Ausführender Malerbetrieb SD Malerwerkstätten<br />
Standort Bonn<br />
Donth GmbH & Co. KG, Waltershausen / Schnepfenthal<br />
Bauherr BonnVisio Real Estate GmbH & Co. KG<br />
Nutzfläche 29 800 m²<br />
Betreiber Lifestyle Hospitality & Entertainment Group<br />
Brutto-Geschossfläche BGF 31 506 m²<br />
Architekt Architekturbüro Schommer, Bonn<br />
Brutto-Rauminhalt BRI 154 538 m³<br />
Innenarchitekt Marcel Wanders studio, Amsterdam<br />
Projektsteuerung Deutsche Werkstätten Hellerau GmbH, Dresden<br />
Baukosten ca. 100 Mio. €<br />
Der Blick von der gegenüberliegenden Rheinseite<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 45
Foto: André Buhr<br />
Parkhaus Stubengasse, Münster<br />
46 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
Parkhaus Stubengasse, Münster<br />
Parkhaus-Morphose<br />
Einst Parkhaus, heute Stadtbaustein. In Münster wurde an zentraler Stelle ein<br />
Parkhaus in ein neuartiges Wohn- und Geschäftshaus verwandelt. Aus dem nüchternen<br />
Zweckbau ist ein raffiniertes Raumkunstwerk geworden.<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 47
Foto: Fritzen + Müller-Giebeler<br />
Architekten BDA, Ahlen<br />
Parkhaus Stubengasse, Münster<br />
Matthias Fritzen und Anke Müller-Giebeler<br />
48 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Verkehrsgünstig,<br />
bahnhofsnah und zentral<br />
Die Stubengasse galt als eines der letzten freien<br />
zentralen Grundstücke in Münsters Altstadt.<br />
Vormals eng bebaut, umgeben von Hospitälern<br />
und Klöstern, blieb das kriegszerstörte Areal im<br />
Wiederaufbau unbebaut und diente die Jahrzehnte<br />
hindurch bis zuletzt als Parkplatz <strong>–</strong> verkehrsgünstig,<br />
bahnhofsnah und zentral unmittelbar im<br />
Hinterland zweier Fußgängerzonen, der Ludgeriund<br />
Salzstraße gelegen. Es gab daher wohl kein<br />
Grundstück in Münster, über das häufiger Skizzenpapier<br />
ausgerollt wurde. Gerade für Stadtplaner,<br />
Schnitt, M 1:500<br />
1 Wohnungen<br />
2 Innenhof<br />
3 Geschäftsraum mit alter Parkhaus-Struktur<br />
4 Kaufhof-Logistik<br />
1<br />
Schnitt, M 1:500 1 Wohnungen<br />
Architekten<br />
und Studenten<br />
erwies es sich als Projektionsfläche für vielfältige<br />
Ideen. Ob Parkhaus, See, Konzerthalle oder Central<br />
Park: Die Stubengasse war das Möglichkeitsfeld,<br />
das Jokergrundstück, oftmals auch für eine neue<br />
Stadtpolitik. Zwei öffentliche Planungsforen führten<br />
schließlich 2003 zu einer Ratsvorlage und zur Auslobung<br />
eines Investorenwettbewerbes, den die<br />
Architekten Prof. Ernst Kasper (Aachen) und<br />
Fritzen + Müller-Giebeler Architekten BDA (Ahlen)<br />
zusammen mit der Harpen AG (Dortmund)<br />
gewannen. Mit ihrem Vorschlag für ein neues<br />
2<br />
3<br />
4<br />
2 Innenhof<br />
3 Geschäftsraum mit alter Parkhaus-Struktur<br />
4 Kaufhaus-Logistik<br />
Matthias Fritzen über narratives Materialkonzept<br />
„Wir haben das aufgenommen, was wir fanden. <strong>Das</strong> Parkhaus gab uns die Strukturen vor. Zur Hälfte<br />
haben wir die Etagen zunächst runtergebaut. Und neue Obergeschosse folgten <strong>–</strong> insbesondere für acht<br />
neue Wohneinheiten, die von einem neuen offenen Innenhof erschlossen werden. Uns war es wichtig,<br />
das Ganze, aber auch seine Teile durch ein narratives Materialkonzept kenntlich zu machen. So umgibt<br />
den Gesamtblock heute ein dunkler Klinkerstein, helle Sichtbetonstreifen zeichnen Höhen nach und neue<br />
großzügige Fensterfronten markieren die Ladenzonen und Treppenhäuser. Die Farbe unterstützt uns in<br />
diesem Ziel: Im Möbelladen kamen leicht abgetönt graue Farbtöne zum Einsatz, die der alten Tragstruktur<br />
ein spannungsvolles Schattenspiel ermöglichen, Bestandsflächen haben wir ruppig weiß gestrichen, im<br />
großen Treppenhaus <strong>–</strong> unserem „Schaufenster“ zur Klarissengasse <strong>–</strong> wählten wir eine Folge von Grüntönen,<br />
die bereits auf den begrünten, offenen Innenhof hinweisen. Diesen umgeben goldbeschichtete<br />
Fassadenplatten, analog zu den goldfarbenen Vorhängen in den hohen Loggien zum öffentlichen Stadtraum.<br />
In unserem Projekt kombinieren wir Merkmale der Industriearchitektur mit mondänem Wohnen <strong>–</strong> die<br />
Farben markieren die Zonen der Umdeutung.“<br />
1
In dem Möbelgeschäft sind die Strukturen des alten Parkhauses noch erkennbar<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 49<br />
Fotos (2): Guido Erbring, Köln
Fotos (2): Guido Erbring, Köln<br />
Parkhaus Stubengasse, Münster<br />
Die alten Strukturen sind auch von außen ablesbar, da eine Glasfassade den Einblick ermöglicht<br />
50 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
Foto: <strong>Brillux</strong><br />
Heßbrüggen GmbH<br />
Geschäftszentrum (2009 fertig gestellt) stärkten sie<br />
die Idee eines großen vorgelagerten Platzes, der<br />
heutigen Stubengasse, und rückten damit auch<br />
Bestandsgebäude in den Blick, die bislang im<br />
Windschatten lagen. Unter anderem ein abgängiges<br />
Parkhaus. Dieses wurde 1964 in nüchterner<br />
Form noch mit einer Tankstelle im Zufahrtsbereich<br />
errichtet und diente darüber hinaus der Anlieferung<br />
eines benachbarten Großkaufhauses.<br />
Die Zukunftsfrage drängte sich geradezu auf, doch<br />
wie könnte ein Umbau gelingen? Ein Komplettabriss<br />
kam aufgrund der Kaufhausanbindung nicht<br />
in Frage, auch signalisierte ein Bestandsmieter,<br />
ein auf Inneneinrichtung spezialisiertes Möbelgeschäft,<br />
großes Interesse an neuen ungewöhnlichen<br />
Räumen. Immer mehr Zwänge ergaben sich.<br />
Klug hat man sie als Teile eines Puzzles gedeutet.<br />
<strong>Das</strong> Büro Fritzen + Müller-Giebeler Architekten<br />
BDA, die Architekten der benachbarten Großbaustelle<br />
Stubengasse, erhielten auch für den Umbau<br />
des Parkhauses den Auftrag.<br />
Ihr Architekturkonzept hat an der Kubatur nicht<br />
viel verändert: Der Parkhausklotz wurde als neuer<br />
Stadtbaustein interpretiert. Teile wurden entkernt,<br />
obere Geschosse zurückgebaut, um das Gesamtvolumen<br />
dann vollständig für fünf Nutzungen<br />
neu zu programmieren und<br />
aufzustocken. Mit rund<br />
1 800 m² nimmt hierbei<br />
das Möbelgeschäft im transparenten Erdgeschoss<br />
samt Obergeschoss die größte Einheit ein.<br />
Zur Belebung der seitlichen Klarissengasse wurde<br />
ein neuer Kiosk („Saftladen“) ergänzt: Er ragt leicht<br />
hinein in den Straßenraum und kann schnurstracks<br />
durchquert werden. Hauptbestandteil der oberen<br />
Geschosse stellen acht Stadtwohnungen dar, in<br />
Schottenbauweise eingefügt in das übernommene<br />
7,5 Meter-Achsmaß. Sie werden über einen<br />
begrünten, offenen Innenhof erschlossen, der von<br />
der Straße nicht erkennbar ist. Der Passant erhält<br />
lediglich eine vage Ahnung, da jeweils vier Maisonette-Wohnungen<br />
sich mit großer Terrasse nach<br />
draußen zeigen, ja sogar inszenieren: Goldene<br />
Vorhänge mit einer Höhe von 7,5 Meter sind hier<br />
wirkungsvoll angebracht, um vor Sonnenstrahlen<br />
und Blicken zu schützen. Die Mietwohnungen mit<br />
jeweils 160 beziehungsweise 200 m² Wohnfläche<br />
verfügen über große offene Grundrisse auf zumeist<br />
drei Ebenen mit vielfachen Sichtbeziehungen<br />
innerhalb des eigenen Wohnraums wie auch<br />
hinaus in die Stadt. Ferner ist eine Büroeinheit im<br />
Mezzanin entstanden, zur Rückseite orientiert, und<br />
<strong>–</strong> nicht zuletzt <strong>–</strong> ein voll automatisiertes Fahrradparkhaus<br />
mit rund 400 Stellplätzen, das Münsters<br />
Verkehrsmittel Nr. 1 einmal mehr an zentraler Stelle<br />
Parkhausklotz als<br />
neuer Stadtbaustein<br />
Franz-Josef Heßbrüggen über eine just-in-time Anlieferung<br />
„Bereits Ende 2009 haben wir die Arbeiten in dem Möbelgeschäft Ventana durchgeführt. Zum einen<br />
mussten die alten Strukturen des Parkhauses hervorgehoben werden, zum anderen die neuen Flächen<br />
so angelegt werden, dass alles zusammen eine optisch harmonische Einheit bildet.<br />
Durch das Herausnehmen einiger Geschossdecken wurden zum Teil die Betonträger und -stützen<br />
beschädigt <strong>–</strong> diese Schadstellen galt es nun so auszubessern, dass es nicht nach Reparaturen aussieht.<br />
Wir konnten im Vorfeld kaum Planungen für unsere Arbeiten machen, da alles direkt auf der Baustelle<br />
individuell entschieden und ausgeführt werden musste. Wir sind nun sehr zufrieden mit dem Ergebnis.<br />
Da sich das Projekt direkt in der Fußgängerzone befindet, musste die Anlieferung der Produkte just-in-time<br />
erfolgen <strong>–</strong> und das hat dank der guten Logistik von <strong>Brillux</strong> auch funktioniert.<br />
Unsere Arbeit ist aber noch nicht ganz beendet, denn die Wohnungen müssen in diesem Jahr noch fertig<br />
gestellt werden.“<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 51
Parkhaus Stubengasse, Münster<br />
Foto: WBI Westfälische<br />
Bauindustrie GmbH, Münster<br />
52 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
<strong>Das</strong> Parkhaus vor dem Umbau<br />
thematisiert. Wer das Gebäude umstreift, kann<br />
beobachten, wie dieser Baustein auch seine Nachbarn<br />
zur Veränderung animiert. Der Unterschied<br />
von Vorder- und Rückseiten nimmt immer mehr ab,<br />
das Gebäude erweist sich als „Allrounder“ zu allen<br />
Seiten hin. Gerade von der neuen Stubengasse ist<br />
es sehenswert, hier zeigt es sich als Komposition<br />
der Kontraste: von leicht bis schwer, von massiv<br />
bis aufgelöst, von ruppig bis edel. Im Abendlicht<br />
kann es sein neues Innenleben besonders eindrucksvoll<br />
zeigen, bringen doch die beleuchtete<br />
Möbelwelt unten und die private schemenhafte<br />
Welt oben hinter den goldenen Vorhängen<br />
das Haus zum Strahlen. Am schönsten lässt sich<br />
die Vorgeschichte des Baus übrigens im Möbelgeschäft<br />
selbst erzählen. Von der Galerie aus<br />
sind noch die alten Kragarme der versetzten<br />
Parkhausrampen zu sehen. Ansonsten wissen<br />
nur noch alte Navigationsgeräte von einem Parkhaus<br />
an dieser Stelle.<br />
Stefan Rethfeld, Münster<br />
Projektdaten<br />
Objekt Umbau Parkhaus Stubengasse<br />
Standort Münster<br />
Bauherr WBI Westfälische Bauindustrie GmbH, Münster<br />
Nutzer Gewerbefläche Ventana Möbel, Münster<br />
Architekt Fritzen + Müller-Giebeler Architekten BDA, Ahlen<br />
Mitarbeit Michaela Biermeyer, Sonja Bitter, Carsten Krettek<br />
Bauleitung WBI Westfälische Bauindustrie GmbH, Münster<br />
Tragwerksplanung Gantert + Wiemeler Ingenieure, Münster<br />
Ausführender Malerbetrieb Heßbrüggen GmbH, Münster<br />
Nutzfläche 3 995 m²<br />
Brutto-Geschossfläche BGF 5 540 m²<br />
Brutto-Rauminhalt BRI 22 339 m²
<strong>Brillux</strong> Produkte Handspachtel LF 1884, Rapidvlies 1525,<br />
Glemalux ELF 1000, Super Latex ELF 3000<br />
Die goldenen Vorhänge prägen zusätzlich das Gesamtbild des Gebäudes<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 53<br />
Fotos (2): Fotostudio Antares, Senden
Foto: © Fotolia X - Fotolia.com<br />
Hauskapelle der Barmherzigen Brüder, Straubing<br />
54 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
Hauskapelle der Barmherzigen Brüder, Straubing<br />
Sinnbild für Werden<br />
und Vergehen<br />
Was ergibt 40 + 12 + 1? Der neue Rundbau der Hauskapelle der Barmherzigen<br />
Brüder in Straubing zeigt Ihnen das Ergebnis. Licht, Farbe und christliche<br />
Symbolik vereinigten der Architekt Michael Naumann und der Künstler Mario<br />
Schoßer in diesem Sakralbau.<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 55
Der Innenraum wird durch die Farbigkeit der Gläser dominiert<br />
Es sind 40 rechteckigeStützpfeiler,<br />
welche die<br />
runde Decke der<br />
Kapelle tragen. Zwölf abstrakte Bäume sind in die<br />
Gläser der polygonalen Fassade eingeschliffen.<br />
Die Abbildung eines Granatapfels über dem Eingang<br />
begrüßt die Besucher. Er ist Symbol für<br />
die Auferstehung und zeugt von der Herkunft<br />
des Ordens aus Granada.<br />
Bei zwölf Bäumen denkt man an zwölf Apostel,<br />
Stunden oder Monate. Der tägliche Sonnengang<br />
spiegelt sich in den Farben der Fassade. Verschiedene<br />
Rot-, Gelb-, Orange- und Blautöne sind in<br />
die Gläser eingebrannt. Wie eine Farbuhr macht<br />
diese Farbgebung den Tagesgang erlebbar und<br />
schafft Bezüge zwischen Mensch und Natur.<br />
An der Decke befindet sich eine dezentrale<br />
Laterne. Ihr gelb-roter Lichtwurf, ein Klecks aus<br />
Sonnenlicht, wandert durch den Raum. Licht und<br />
Farbe verweisen auf die Kontinuität der Zeit, verdeutlichen<br />
das ständige Werden und Vergehen.<br />
Für die Stützpfeiler gibt es mehrere biblische<br />
Bezüge. Vielfach begegnet dem eingeweihten<br />
Besucher christliche Symbolik.<br />
56 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
<strong>Das</strong> sinnliche Erlebnis<br />
steht im Mittelpunkt<br />
Gerade im Hinblick auf die meist mehrfach<br />
behinderten Besucher der Kapelle hat das Raumempfinden<br />
einen starken therapeutischen Aspekt.<br />
<strong>Das</strong> sinnliche Erlebnis steht im Mittelpunkt. Nicht<br />
nur die optischen Sinne, auch die haptische Wahrnehmung<br />
soll angesprochen werden. Eichenholz,<br />
sandsteinfarbener Juramarmor, Edelstahl und<br />
Bronze bieten sich dazu an.<br />
<strong>Das</strong> religiöse Leben soll sich bündeln, die Gemeinschaft<br />
findet hier ein neues Zentrum.<br />
Die Einrichtung öffnet sich damit auch nach außen,<br />
zur umliegenden Stadt und für fremde Besucher.<br />
Prof. Dr. Wolfgang Höhl, München<br />
<strong>Brillux</strong> Produkte WDV-System Qju, Beton-Lunkerspachtel 782,<br />
Betonacryl OS 859, Super Latex ELF 3000<br />
Hinter den Stützen rund um die<br />
Kapelle entdeckt man die abtrakten<br />
Bäume in der Glasfassade
Projektdaten<br />
Objekt Hauskapelle der Barmherzigen Brüder<br />
Standort Straubing<br />
Bauherr Barmherzige Brüder Bayerische Ordensprovinz<br />
KdöR, München<br />
Architekt Architekturbüro Michael Naumann, Regensburg<br />
Mitarbeit Jürgen Ellmann<br />
Konstruktionsart Stahlbetonkonstruktion<br />
Tragwerksplanung Ingenieurbüro Wolfgang Pursche, Zeitlarn<br />
Ausführender Malerbetrieb GELA, Deggendorf<br />
Nutzfläche 435 m²<br />
Brutto-Geschossfläche BGF 548 m²<br />
Brutto-Rauminhalt BRI 3 815 m³<br />
Baukosten 2,3 Mio. €<br />
Der Eingang der Kapelle zeigt sich sehr dominant<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 57<br />
Fotos: Martin Duckek, Ulm
Fotos Interview: Klemens Ortmeyer, Hamburg<br />
Portrait BauKunstKesseler, Düsseldorf<br />
58 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong>
Interview mit Prof. Thomas Kesseler<br />
„Farbe bedeutet<br />
ein Stück Heimat.“<br />
Seine Bilder überraschen mit ungeahnter Leuchtkraft. Noch verblüffender ist Thomas<br />
Kesselers Arbeitsweise. Im Gespräch lüftet der Maler, Bildhauer und Architekt das Geheimnis<br />
der leuchtenden Farben und erklärt, warum sich Farbe nur sinnlich begreifen lässt.<br />
Thomas Kesseler<br />
ist Maler, Bildhauer, Architekt und Hochschulprofessor <strong>–</strong> und immer auf der Suche nach der<br />
Schönheit der Farben. Seine Malerei reicht von kleinformatigen Tafeln aus Holz über abgehängte<br />
Glasinstallationen bis hin zu 40 Meter langen Wand- und Raumbildern. Mit phantastischer Leuchtkraft<br />
lässt der 54-Jährige Kirchen, Wohnhäuser, Arztpraxen oder Verwaltungstrakte neu erstrahlen.<br />
Bekannt wurde der fünffache Familienvater vor allem durch die Neugestaltung der Herz-Jesu-Kirche<br />
in Bottrop und den mehrfach ausgezeichneten Umbau der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen.<br />
Weitere prägende Projekte sind die Kanzlei Schmitz und Partner (2002), die Senioren-Wohnanlage<br />
in Mainz (2004), die Nikolaus-Groß-Kapelle im Essener Dom (2004), der Umbau der Pfarrkirche<br />
St. Katharina in Unna (2006) sowie in jüngster Zeit die Sanierung der evangelischen Matthäi-Kirche<br />
in Düsseldorf (2007-2009) und der Minoritenkirche in Köln (2010). Seit 1998 lehrt Thomas Kesseler<br />
„Farbe und Raum“ an der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur.<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 59
Kapelle des „Himmlischen Jerusalem“, Herz-Jesu-Kirche<br />
Bottrop, Umbau und künstlerische Gestaltung TK<br />
60 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Herr Kesseler, wir stehen in Ihrem Atelier, auf<br />
Tisch und Boden Dutzende offener Beutel, daraus<br />
strahlt uns sattes Ultramarinblau, Smaragdgrün<br />
oder Rubinrot entgegen. Woher kommen<br />
all diese Farben?<br />
<strong>Das</strong> sind Pigmente, die so in der Natur vorhanden<br />
sind. Etwa dieser rote Jaspis, geriebener Stein.<br />
Oder dieser grüne Malachit, ein Halbedelstein.<br />
Ich besitze einen großen Bestand an teils historischen,<br />
noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden<br />
Pigmenten, die ich mit Leim, Öl, Kasein<br />
oder Wachsbindern anmische. Insgesamt habe<br />
ich im Atelier rund 1500 verschiedene Pigmente <strong>–</strong><br />
ergänzt durch Farbkarten, Muster und Sammlungen,<br />
Gläser, Kunststoffe oder Garne in den<br />
verschiedensten Farbtönen. Ich arbeite in diesem<br />
Spannungsfeld, ich stelle mich ihm. Mein Atelier<br />
ist für mich Inspiration.<br />
Was all Ihre Werke eint <strong>–</strong> von kleinformatigen<br />
Leinwänden bis zu raumhohen Farbfeldern <strong>–</strong><br />
ist die phantastische Leuchtkraft der Farben.<br />
Wie erreichen Sie diese?<br />
Ich arbeite vom Dunklen ins Helle. Ich grundiere<br />
mit einem dunklen Ton und werde Schicht um<br />
Schicht heller. Dadurch bekommen die Bilder<br />
eine ganz andere Leuchtkraft. Sie leuchten in<br />
den Raum hinein.<br />
Und Sie mischen Farben nicht…<br />
Ich verwende die Pigmente in reiner unvermischter<br />
Form, um ihre ursprüngliche Leuchtkraft zu<br />
Fotos (2): Tomas Riehle, Bergisch-Gladbach<br />
erhalten. Statt Farben zu mischen, ergänze ich sie<br />
in Schichten. So entsteht ein Farbaufbau, wie bei<br />
einem Renaissancebild. Häufig nutze ich alte<br />
Techniken, etwa die Enkaustik <strong>–</strong> das Malen mit<br />
heißem Wachs. Wachs ist eine ideale Schutzschicht<br />
<strong>–</strong> so behält zum Beispiel Zinnober seinen<br />
ursprünglichen Ton. Ich verwende es aber auch<br />
als Untermalungsschicht. Dadurch entsteht<br />
eine gewisse Plastizität, die Fläche bekommt eine<br />
plastische Wirkung.<br />
Ihre übergroßen, monochromen Wand- und<br />
Raumbilder sind für den Betrachter im barocken<br />
Sinne begehbar. Wie wird aus einem oberflächlichen<br />
Anstrich raumbildende Malerei?<br />
Ich benutze gern den alten Begriff der „farbigen<br />
Fassung“. Im Mittelalter war es eine wichtige<br />
künstlerische Aufgabe, Architektur farbig zu fassen:<br />
Gemalte Himmel rissen Gewölbe auf, schwere<br />
Baumaterialien erschienen plötzlich schwerelos.<br />
Diese Farbkraft greife ich auf. In der Kapelle<br />
des „Himmlischen Jerusalem“ in Bottrop zieht<br />
sich das blaue Wandbild wie ein Portal durch den<br />
Raum. Inhaltlich beruht das Konzept auf einem<br />
Text aus der Apokalypse, der die zentrale Vision für<br />
Kirchenbauten aller Zeiten darstellt. <strong>Das</strong> Glasbild<br />
vor dem tiefen Turmfenster stellt ein abstraktes<br />
Bild der Maßlichkeit dar, wie sie in der Apokalypse<br />
erwähnt wird. Der oktogonale Basalteinlass im<br />
Estrich nimmt Bezug auf den Grundriss der<br />
Himmelsstadt. Es ging darum, Jenseitiges erfahrbar<br />
zu machen.
Foto: Tomas Riehle, Bergisch-Gladbach<br />
Farbe kann auch Heimat und Geborgenheit<br />
vermitteln. Wie lassen sich diese Gefühle über<br />
Bilder transportieren?<br />
Farben bedeuten ein Stück Heimat. Jede Region<br />
hat andere Farbklänge, die die Menschen<br />
beheimatet. Für die Farbgestaltung einer Altenwohnanlage<br />
in Mainz-Gonsenheim, bin ich in der<br />
Umgebung spazieren gegangen und habe Farben<br />
gesammelt. Diese Farbtöne <strong>–</strong> das helle Rot des<br />
Mainzer Sandsteins oder das stechende Kupfergrün<br />
der Tore und Fensterläden <strong>–</strong> bildeten die<br />
Basis für das Farbkonzept. Sie tauchen in den<br />
Fluren der einzelnen Geschosse auf, markieren<br />
Etagen und Wohnungseingänge.<br />
Wie wichtig sind starke Farbkontraste?<br />
Farbe deckt das ganze Spektrum der geistigen<br />
und seelischen Verfassung der Menschen ab:<br />
Zeche Nordstern, THS Verwaltungsgebäude, Architekten: PASD Feldmeier und Wrede<br />
Hagen und THS, künstlerische Gestaltung und Farbkonzept TK<br />
Mal nimmt sie sich zurück, es wird ganz still, dann<br />
leuchtet sie auf, kraftvoll und impulsiv. Man kann<br />
sie nicht überall gleich einsetzen, unser Auge sucht<br />
Abwechslung.<br />
Sie arbeiten viel in denkmalgeschützten Gebäuden.<br />
Neue Farbschichten verdecken in der Regel<br />
einen Teil der historischen Substanz. Wie lösen<br />
Sie diesen Konflikt?<br />
Ein schönes Beispiel ist das Farbkonzept für den<br />
Umbau der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen.<br />
Anfangs hieß es, das offene Schachtgerüst der<br />
Zeche wird gereinigt, gesandstrahlt und neu<br />
lackiert. <strong>Das</strong> wollte ich nicht. Stattdessen habe<br />
ich vorgeschlagen, das Gerüst mit dem Hammer<br />
abzuklopfen. Die Gebrauchsspuren des Bergbaus,<br />
das Gefühl, hier ging es mal tausend Meter hinab,<br />
sollte bleiben. Im gesamten Gebäude haben wir<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 61
Portrait BauKunstKesseler, Düsseldorf<br />
62 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
„Insgesamt habe<br />
ich im Atelier rund<br />
1 500 verschiedene<br />
Pigmente.“
Foto Prof. Jörg Winde, Bochum<br />
Vier großformatige Gemälde im Foyer der Altana Hauptverwaltung<br />
in Wesel, Architekten BKR, Essen<br />
häufig Metalloxydpigmente verwendet, so ist der<br />
Prozess des Verrostens weiter präsent. Die Glasbilder<br />
aus Schwarzlot, einer Mischung aus Blei und<br />
Eisenoxyd, erinnern an Kohle. Die ursprüngliche<br />
Farbigkeit blieb erhalten <strong>–</strong> hinzu kamen neue, stark<br />
farbige Gemälde, Wand- und Glasbilder.<br />
Ihre aktuelle Ausstellung in der Galerie Mönter<br />
in Meerbusch-Osterath trägt den Titel „Blau<br />
Machen“. Was verbirgt sich dahinter?<br />
Der Titel lässt zunächst an Müßiggang denken<br />
oder versäumte Schulstunden. Aber es war die<br />
Pause der Färber, die den Begriff geprägt hat.<br />
Bei der Färbung von Stoffen mit Indigo musste<br />
eine Pause eingelegt werden, in der das Gewebe<br />
die blaue Farbe annahm. Die Ausstellung zeigt,<br />
welch große Bandbreite an Farbvariationen Blau<br />
bietet: Stets ungemischte Pigmenten wie Coelin,<br />
Türkis, Kobalt, Azurit, Lapis Lazuli, Ultramarin,<br />
Indigo, Pariser Blau oder Preußisch Blau werden<br />
durch andere Farbklänge erweitert.<br />
Sie arbeiten häufig mit Glas als transluzentem<br />
Bildträger. Woher kommt diese Vorliebe?<br />
Farbiges Glas hat eine phantastische Leuchtkraft.<br />
<strong>Das</strong> Licht funktioniert wie ein farbiger Scheinwerfer.<br />
Ich versuche diese Leuchtkraft vorher mit<br />
Leuchten in einem abgedunkelten Raum zu<br />
simulieren. Glasmalerei ist immer auch ein Stück<br />
Zufall, man kann die Wirkung nach dem Brennen<br />
nicht genau abschätzen. <strong>Das</strong> macht den besonderen<br />
Reiz aus. Als Materialien setze ich Emailfarben,<br />
gelb brennendes Silber und das von den<br />
Römern entdeckte Schwarzlot ein. Bei über 600<br />
Grad in die leicht angeschmolzene Oberfläche des<br />
transluzenten Floatglases eingebrannt, gewinnt die<br />
Farbe wie kaum ein anderes Gestaltungsmittel an<br />
Intensität. In der Düsseldorfer Matthäi-Kirche ist<br />
der Innenraum komplett in Weiß gehalten. Die Farbigkeit<br />
entsteht allein durch 58 Glasfenster, deren<br />
Farbton von Orange bis hin zu Rot changiert.<br />
Sie lehren Farbe und Raum an der Fachhochschule<br />
in Detmold. Wie begeistern Sie Ihre<br />
Studenten für die Vielfalt der Farben?<br />
Ich schicke sie los, mache Exkursionen mit Ihnen.<br />
In Rom haben wir die Farbtöne von zwei Straßenzügen<br />
dokumentiert. Meine Studenten sollen<br />
ein Gefühl für Farbe bekommen, die Bandbreite<br />
erfassen. Nicht vorm Rechner hängen, sondern<br />
Materialien mit den Fingern begreifen. Ich bin ja<br />
selbst jeden Tag auf der Suche nach der richtigen<br />
Farbigkeit. Nur wer sinnlich mit Farbe arbeitet,<br />
bekommt eine Antwort.<br />
Prof. Thomas Kesseler sprach mit Michael Brüggemann, Mainz<br />
<strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong> 63
Scala digital<br />
64 <strong>Brillux</strong> <strong>colore</strong><br />
Scala digital<br />
Ohne Umwege<br />
zum Scala Farbton<br />
<strong>Brillux</strong> Scala ist ein Farbplanungssystem und bietet ein Spektrum von 1 514 Farbtönen, die sorgfältig<br />
nach praxisrelevanten Gesichtspunkten ausgewählt wurden. Wichtige Farbtongruppen wie Blau, Gelb<br />
und Orange und Grau-, Weiß- und Pastelltöne bilden bei Scala eigene erweiterte Farbtonfamilien, die<br />
bislang in diesem Umfang nicht verfügbar waren. Die Scala Arbeitsmittel setzen sich aus verschiedenen,<br />
sich ergänzenden Komponenten zusammen.<br />
In der Farbbox sind sämtliche Scala Farbtöne<br />
inklusive Metallics in zwei Farbfächern enthalten:<br />
Helle Farbtöne und dunkle Farbtöne mit bis zu<br />
acht Farbtönen pro Seite.<br />
Ein weiterer Bestandteil der Scala Farbbox ist die<br />
Software Scala digital, ein wertvolles Hilfsmittel<br />
bei der digitalen Farbgestaltung.<br />
Die Software Scala digital für Mac und PC macht<br />
Sie beim Planen und Entwerfen in alle Richtungen<br />
flexibel <strong>–</strong> mit sehr komfortablen Anwendungen.<br />
Farbtonsuche über Farbsystemgrenzen hinweg,<br />
Farbtonwerte ermitteln und die Suche nach<br />
nächstliegenden Farbtönen in den Farbräumen<br />
Scala, RAL Classic, RAL Design und NCS sind<br />
möglich.<br />
Weitere praxisorientierte Funktionen ergänzen<br />
das Spektrum der Windows- und Macintosh-<br />
Anwendung:<br />
Farbwerte: Anzeige aller Informationen zum jeweiligen<br />
Farbton (Scala Code, Wert in RGB, HLC,<br />
LAB, CMYK sowie HBW und ggf. RAL Classic)<br />
Nächste Farbe: Ermittlung der nächstliegenden<br />
Farbtöne in den Farbräumen Scala, RAL Classic,<br />
RAL Design und NCS.<br />
Farbharmonie: Welche Farbtöne verhalten sich<br />
harmonisch zum ausgewählten Ton? Die Auswahl<br />
erfolgt unter Berücksichtigung von Komplementärkontrast,<br />
Helligkeit, Sättigung oder Farbentwicklung/Farbübergang.<br />
Farbsets: Verschiedene Farbtöne können in<br />
unterschiedlichen geometrischen Formen angezeigt<br />
und damit eine individuelle Farbkollektion<br />
erarbeitet werden.<br />
Farbauswahl: Grenzen Sie Ihre Scala Auswahl über<br />
den Farbton, die Helligkeit und die Sättigung ein<br />
und erhalten Sie so Ihren individuellen Farbbereich.<br />
Farbpipette: Ein beliebiger Farbton kann aus<br />
einer digitalen Vorlage entnommen und der<br />
nächstliegende Scala Farbton bestimmt werden.<br />
Für die Erarbeitung fotorealistischer Innenraumoder<br />
Fassadendarstellungen steht Ihnen im Internet<br />
unter www.farbdesigner.de ein Gestaltungsprogramm<br />
zur Verfügung.<br />
Weitere Informationen zu Scala digital finden<br />
Sie unter www.brillux.de<br />
Fotos: <strong>Brillux</strong>
Bestellkarte weg? Einfach eine neue anfordern: kontakt@brillux.de!<br />
Ihre Meinung ist uns wichtig! Wie finden Sie die zweite Ausgabe<br />
von Colore?<br />
Bitte senden Sie mir weitere Informationen zu:<br />
Scala, Farben planen mit System Lacke und Lasuren<br />
Farben und Putze WWärmedämmung<br />
Betonschutz Planquadrat<br />
Architektenforum<br />
Kontakt<br />
Weitere Informationen erhalten Sie unter<br />
www.brillux.de oder senden Sie eine E-Mail an kontakt@brillux.de<br />
Impressum<br />
Herausgeber <strong>Brillux</strong> GmbH & Co. KG, Münster<br />
Redaktion + Konzept Bauverlag BV GmbH, Gütersloh<br />
Grafisches Konzept + Layout formba <strong>–</strong> grafikdesign + konzeption, Hamburg<br />
<strong>colore</strong> Ausgabe Nr. 2, November 2010
<strong>Brillux</strong> | Postfach 16 40 | 48005 Münster<br />
Tel. +49 (0)251 7188-8799 | Fax +49 (0)251 7188-439 | kontakt@brillux.de | www.brillux.de<br />
2256/332/25/1110 8826.9651.0002