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Weilroder Heft 17

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>e<br />

Für Geschichte, Volks-<br />

und Familienkunde<br />

Herausgegeben vom<br />

Geschichtsverein Weilrod e.V. <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>e<br />

Für Geschichte, Volksund<br />

Familienkunde<br />

Herausgegeben vom<br />

Geschichtsverein Weilrod e.V. <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

Herausgeber: Geschichtsverein Weilrod e.V., Februar 2016<br />

Gesamtherstellung: Druckerei und Verlag Esser<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>e<br />

© 2016<br />

Geschichtsverein Weilrod e.V.<br />

www.geschichtsverein-weilrod.de<br />

Schriftleitung und Korrektur:<br />

Karin Müller<br />

Friedegunde Eschenröder<br />

Titelbild:<br />

Backhaus zu Mauloff, Zeichnung von Ernst Heidemann, Altweilnau<br />

Produktion:<br />

Druckerei und Verlag Esser<br />

Weilrod-Neuweilnau<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Vorwort<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

es ist sicher nicht übertrieben, wenn ich sage, dass das Jahr 2016 nicht nur ein ereignisreiches,<br />

sondern wohl auch das bisher arbeitsreichste Jahr für den Geschichtsverein<br />

Weilrod e. V. sein wird.<br />

Zunächst freue ich mich sehr, dass wir nunmehr – wenn auch mit etwas Verspätung –<br />

unser <strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> fertiggestellt haben. Die Älteren unter uns werden sich noch<br />

an die eine oder andere darin beschriebene ländliche Lebensart erinnern. Tauchen Sie<br />

ein in die Vergangenheit unserer Heimat.<br />

Dieses <strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> ist übrigens das erste <strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>, das auch in elektronischer<br />

Form aus dem Internet heruntergeladen und als E-Book auf den Computern und mobilen<br />

Endgeräten gelesen werden kann.<br />

Viele von Ihnen kennen sicher unser 1987 herausgegebenes Buch „Weilrod – Die Geschichte<br />

von dreizehn Taunusdörfern – von Rudi H. und Martha Kaethner“. Immer wieder<br />

erreichten uns viele Anfragen nach dieser schon lange vergriffenen Ausgabe. Im<br />

letzten Jahr hat sich deshalb unser Vereinsvorstand aufgrund der heutigen drucktechnischen<br />

und auch digitalen Möglichkeiten dazu entschieden, dieses viel gefragte Buch in<br />

aktualisierter, ergänzter Form neu aufzulegen.<br />

Der von den Eheleuten Kaethner erarbeitete Teil bleibt im Wesentlichen unverändert,<br />

allerdings wird die heutige Rechtschreibung eingearbeitet. Im zweiten, neuen Teil werden<br />

wir das Buch bis zur heutigen Zeit fortschreiben. Alle Abbildungen, wie auch das<br />

gesamte Erscheinungsbild des Buches, werden dem heutigen Stand der Technik entsprechen.<br />

Bedanken möchte ich mich recht herzlich bei Herrn Gregor Maier, dem Leiter des Fachbereichs<br />

Kultur des Hochtaunuskreises. Ohne seinen fachkundigen Rat und seine Mithilfe<br />

insbesondere bezüglich der Fortschreibung des Buches, wäre diese Aufgabe nicht<br />

zu bewältigen. Ferner werden wir auf die Unterstützung unserer Mitglieder und anderer<br />

Experten angewiesen sein und darauf zurückgreifen.<br />

Im Jahre 1991 hat unser Verein das Sonderheft „<strong>17</strong>5 Jahre Forstamt Weilrod – 1816-<br />

1991 – Schloss Neuweilnau“ herausgegeben. In diesem Jahr domiziliert das Forstamt<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Weilrod, heute unter dem Namen „Hessenforst“, bereits 200 Jahre im Schloss Neuweilnau.<br />

Der Zuständigkeitsbereich dieser Dienststelle reicht heute weit über die Grenzen<br />

von Weilrod hinaus. Wir werden in Zusammenarbeit mit Hessenforst dieses 200-jährige<br />

Jubiläum wieder mit einer Sonderausgabe unserer <strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>e unterstützen.<br />

Die Verwaltung unser Großgemeinde Weilrod hat sich lobenswerter Weise für das „Integrierte<br />

Kommunale Entwicklungskonzept Weilrod“ – kurz IKEK (früher auch Dorferneuerung<br />

genannt) entschieden. Außer für die kommunalen Aktivitäten bietet dieses<br />

Projekt auch eine nicht unerhebliche finanzielle Unterstützung für private Investitionen.<br />

Schon heute wird es von breiten Teilen unserer Bevölkerung und Vereinen mit getragen,<br />

gestaltet und genutzt. Wir werden erleben, dass die vielfältigen Ideen und Aktivitäten<br />

dieses Projektes die Attraktivität unseres Weilrod positiv voranbringen werden.<br />

Weilrod wird somit für seine Bürger und Touristen noch attraktiver!<br />

Mit diesem vielversprechenden Ausblick verbinde ich meinen Dank an alle am „<strong>Weilroder</strong><br />

<strong>Heft</strong> <strong>17</strong>“ Beteiligten und wünsche Ihnen nun viel Spaß und Freude bei der Lektüre.<br />

Hermann Türk<br />

1. Vorsitzender<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Inhaltsverzeichnis:<br />

Bilderrätsel: Wer sind diese Mauloffer Charaktere? ……………….8<br />

Jahresprogramme & Presseberichte………………………….……..9<br />

Jahresprogramm 2013………………………….………….....9<br />

Jahresprogramm 2014…………………………….…..……. 10<br />

Jahresprogramm 2015…………………………….…..……. 11<br />

Die Kleine Mühle – ein Spiegel der Zeit……….……..…… 13<br />

Nächster Appell in Sachen Museum……………….……..... 15<br />

AUTOFREI - ab Mittag herrscht dann Hochbetrieb…......… 16<br />

Mauloffer Historie: Wahre Schätze aus der Vergangenheit...18<br />

Vorwort zu den Erinnerungen von Irene Schlösser………………. 20<br />

Erinnerungen von Irene Schlösser, geb. Sachs…………………… 21<br />

Finsternthal von 1945 – heute…………………………………….. 65<br />

Finsternthal von 1945 – 1970…………………………….. 65<br />

Finsternthal von 1970 – heute……………………………. 79<br />

Genealogie der Schultheißenfamilie LEHR…………………........ 91<br />

Einige Geschehnisse, hier Begräbnisse, zu Mauloff ……………..104<br />

Becker Adolf - Fischer Lina -Palmer Erna……………………….106<br />

Bilderrätsel – Auflösung………………………………………… 120<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Bilderrätsel: Wer sind diese Mauloffer Charaktere?<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Jahresprogramme & Presseberichte<br />

In den nun folgenden Jahresprogrammen sowie in den Presseberichten, die wir mit der<br />

freundlichen Genehmigung des „Usinger Anzeiger“ sowie der „Taunuszeitung“ hier<br />

wiedergeben dürfen, spiegeln sich die Vereinsaktivitäten der letzten drei Jahre. Sie können<br />

Bilder über viele der Aktivitäten auch auf der Webseite unseres Vereins betrachten:<br />

www.geschichtsverein-weilrod.de.<br />

Wir bedanken uns bei den Autorinnen für die Überlassung der Texte, aber auch für die<br />

wohlwollende Berichterstattung.<br />

Winterprogramm 2012/2013<br />

Die Teilnahme an den Vorträgen des Vereins ist kostenlos und offen für jedermann!<br />

Alle Vorträge beginnen, falls nicht anders angegeben, jeweils um 19:30 Uhr.<br />

07.10.12 Teilnahme am „3. Mini-Golfturnier der <strong>Weilroder</strong> Vereine“ des<br />

Golfclub Taunus Weilrod e. V.<br />

19.10.12 Vortrag von Karl Otto Kilb mit Rundgang/Besichtigung des<br />

Kirchbergs, in der „Pfarrscheune“ Rod an der Weil (Wiederholung)<br />

09.11.12 Vortrag von Erwin Buhlmann<br />

„Cratzenbach mit Bildern aus alter Zeit“, im Rathaus Cratzenbach<br />

18.01.13 Vortrag der Herren Herbert Wischmann und Kevin Wischmann<br />

„Finsternthal, ein Ortsteil Weilrods 1970 - heute“, im DGH Finsternthal<br />

22.02.13 Vortrag von Hermann Türk<br />

„Neuweilnau – wie es früher war“, im DGH Neuweilnau<br />

15.03.13 Vortrag von Karl-Otto Kilb<br />

„Die Roder Gasespitz“, im Restaurant „Aphrodite“, Rod a. d. Weil<br />

19.04.13 Vortrag von Frau Ingrid Schmidt über<br />

„Die Entwicklung der Deutschen Schreibschrift von 1900 bis heute“,<br />

im DGH Gemünden (Wiederholung)<br />

24.05.13 Jahreshauptversammlung, im Gasthaus „Zur Linde“, Gemünden<br />

04.08.13 „10. Autofreier Weiltalsonntag“,<br />

Informationsstand in Rod an der Weil<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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25.08.13 5. Tag der offenen Tür im „Park Dreieich“,<br />

Neuweilnau 14:00-<strong>17</strong>:00 Uhr<br />

31.08.13 Jahresausflug zur Keltenwelt am Glauberg und nach Büdingen<br />

08.09.13 „Tag des offenen Denkmales“<br />

Informationsstand im Schloss Neuweilnau<br />

Winterprogramm 2013/2014<br />

Die Teilnahme an den Vorträgen des Vereins ist kostenlos und offen für jedermann!<br />

Alle Vorträge beginnen, falls nicht anders angegeben, jeweils um 19:30 Uhr.<br />

Fr. 01.11.13<br />

Fr. <strong>17</strong>.01.14<br />

Fr. 21.02.14<br />

Fr. 28.03.14<br />

Fr. 16.05.14<br />

So. 03.08.14<br />

So. 24.08.14<br />

Sa. 06.09.14<br />

So. 14.09.14<br />

Vortrag von Karl-Otto Kilb „Die Roder Gasespitz“,<br />

im Restaurant „Aphrodite“, Rod a. d. Weil (Wiederholung)<br />

2. Teil bzw. Fortsetzung: Vortrag von Hermann Türk<br />

„Neuweilnau – wie es früher war“, im DGH Neuweilnau<br />

Vortrag von Karl-Otto Kilb<br />

„…Ziegelhütte…“, im Restaurant „Ziegelhütte“<br />

<strong>17</strong>.00 Uhr: Vortrag von Herbert Wischmann<br />

„Militärhistorischer Rundgang durch Finsternthal“<br />

Treffpunkt: Am alten Rathaus/Ortsmitte“<br />

Jahreshauptversammlung, „Landsteiner Mühle“<br />

„11. Autofreier Weiltalsonntag“<br />

Informationsstand in Rod an der Weil<br />

14-<strong>17</strong>.00 Uhr: 6. Tag der offenen Tür im „Park Dreieich“,<br />

Neuweilnau<br />

Jahresausflug<br />

„Tag des offenen Denkmales“<br />

Informationsstand im Schloss Neuweilnau<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Jahresprogramm 2015<br />

Die Teilnahme an den Vorträgen des Vereins ist kostenlos und offen für jedermann!<br />

Alle Vorträge beginnen, falls nicht anders angegeben, jeweils um 19:30 Uhr.<br />

Fr. 22.05.15<br />

Sa. 27.06.15<br />

Sa. 01.08.15<br />

So. 02.08.15<br />

Sa. 22.08.15<br />

So. 06.09.15<br />

So. 13.09.15<br />

Sa. 26.09.15<br />

So. 27.09.15<br />

Sa. <strong>17</strong>.10.15<br />

Fr. 30.10.15<br />

Jahreshauptversammlung<br />

im Landgasthof Ziegelhütte, Beginn um 19:30 Uhr<br />

Dorffest im Schmiedhof<br />

Schmiedhof in Rod an der Weil (links neben Gaststätte Felsenkeller<br />

mit einem Vortrag über den Schmiedhof von Karl-Otto Kilb, Beginn<br />

um 15 Uhr<br />

Heimatarchiv Mauloff - Tag der offenen Tür<br />

im Dorfgemeinschaftshaus Mauloff, Heideweg 7,<br />

Beginn um 15:00 Uhr. Besucher können sich die<br />

interessantesten Exponate der Ausstellung anschauen und mit<br />

Wolfgang Haub über ihre Geschichte diskutieren.<br />

12. Autofreier Weiltalsonntag<br />

Informationsstand am „Billy-Berclau-Kreisel“ in<br />

Rod an der Weil, 09:00 - <strong>17</strong>:00 Uhr<br />

Jahresausflug nach Idar-Oberstein<br />

Weitere Details finden Sie auf unserer Webseite!<br />

7. Tag der offenen Tür im „Park Dreieich"<br />

Parkstr. 11, Neuweilnau, 14:00-<strong>17</strong>:00 Uhr<br />

Tag des offenen Denkmales von 13:00 bis 16:00 Uhr.<br />

Das diesjährige Thema: „Handwerk, Technik und Industrie“, Informationsstand<br />

im Schloss Neuweilnau<br />

Offene Gärten Oberes Weiltal, v. 14:00 bis 20:00 Uhr,<br />

von 11:00 bis 18:00 Uhr. Informationsstand im Schloss<br />

Neuweilnau<br />

30. März 1945: Der letzte Kriegstag in Finsternthal.<br />

Realer militärhistorischer Rundgang durch Finsternthal<br />

im Freien mit Herbert Wischmann. Treffpunkt ist der<br />

Brunnenplatz in Finsternthal um 14:00 Uhr!<br />

Vortrag von Karl-Otto Kilb über die Ziegelhütte<br />

(Wiederholung) im Restaurant „Ziegelhütte“<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Sa. 14.11.15<br />

Vortrag von Wolfgang Haub: Mauloff, unser Dorf:<br />

1156 - heute<br />

Ein Abend über Menschen und Geschichten unseres Dorfes Mauloff,<br />

im Gasthaus „Zum Kühlen Grund“ in Mauloff, Beginn um 20:00<br />

Uhr<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Taunuszeitung, 04.04.2013<br />

Die Kleine Mühle – ein Spiegel der Zeit<br />

Von Corina Appel<br />

Des einen Freud war des anderen Frust. Denn als der Müller die „Klaa Mill“ erweitert<br />

hatte, blieb dem Ölmüller das Wasser weg . . . Von solchen historischen<br />

Anekdoten aus Rod an der Weil kann Karl-Otto Kilb viele erzählen. ?<br />

Das Mitfahren im Arbeiterbus war zeitweise recht "erfrischend", da Fenster und Türen<br />

fehlten, was für reichlich Zugluft sorgte. In humorvoller Art schilderte Karl-Otto Kilb<br />

vom Geschichtsverein Weilrod, dass 1948 mangels Ersatzteilen der Bus nach einem<br />

Unfall nicht richtig repariert werden konnte, sondern notdürftig hergestellt weiter genutzt<br />

wurde. Mit diesem Bus sei er auch eine ganze Zeitlang zur Arbeit gefahren, erinnert<br />

sich Kilb, der jüngst einen Vortrag zur "Roder Gasespitz", eine Bezeichnung für<br />

das Gebiet am Ortseingang Rod an der Weil, hielt. Als Busgarage diente damals das<br />

heutige Feuerwehrhaus. Der Stadtbus, der den Arbeiterbus später ablöste, war zu groß<br />

für die Garage und musste auf dem Hof von Kilbs stehen, was der Schiffsmotor des<br />

Gefährtes bei kalten Temperaturen übel nahm. Tatsächlich entfachte Fahrer Kurt<br />

Schröder im Winter ein Feuer unter dem Motor, damit er warm wurde und fuhr. Was<br />

der Referent erzählte, war einigen Anwesenden im voll besetzten Saal der Gaststätte<br />

"Aphrodite" noch lebhaft in Erinnerung.<br />

Ein Foto zeigte die Klein-Mühle aus dem Jahr 1934. Davor wehte die Hakenkreuzflagge,<br />

was die politischen Ansichten der Dorfbewohner widerspiegelte und damals völlig<br />

normal gewesen sei. Die Geschichte der Klein-Mühle reicht bis ins 15. Jahrhundert<br />

zurück. Über vier Jahrhunderte lang drehten sich die Räder der "Klaa Mill" an der Weil.<br />

<strong>17</strong>64 bauten Johann Jost Will und seine Frau Maria die Mühle neu auf. Nach dieser<br />

Erweiterung hatte nun der Ölmüller Johannes kein Wasser mehr, weshalb es eine Anordnung<br />

von offizieller Stelle gab, dass ihm jede Nacht und an zwei Tagen der Woche<br />

das Wasser der Weil komplett zur Verfügung stehen musste.<br />

Alle männlichen Wills waren von Beruf Müller, erklärte der Referent. Erst der Tod von<br />

Johannes Will 1845 unterbrach diese Linie, da der Sohn erst elf Jahre alt war und die<br />

Witwe das Anwesen verkaufen musste. Der neue Besitzer hieß Philipp Veit. 1875 ging<br />

die Mühle durch die Heirat von Dorothea Katharina Veit mit Christian Will wieder in<br />

den Will'schen Besitz über. "So eine Mühle ging durchs ganze Haus", berichtete Karl-<br />

Otto Kilb, "alles hat geschaukelt, und es war laut. Die Leute hatten also Tag und Nacht<br />

keine Ruhe." Das Wasserrad sei 1932 von Georg Will, der lange Obermeister der Müller-Innung<br />

war, gegen eine Turbine ausgetauscht worden. 1945 erlitt die Müller-Familie<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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einen schweren Schicksalsschlag. Durch Beschuss der Amerikaner brannte die Mühle<br />

bis auf die Grundmauern nieder. Gerade das strohgedeckte Dach brannte wie Zunder.<br />

Die Tiere konnten noch rechtzeitig aus den Stallungen getrieben und später im Dorf<br />

wieder eingefangen werden. Doch eines der Pferde muss wohl gebrannt haben, und einer<br />

der Dorfbewohner hat es deshalb in den nahe gelegenen Bach getrieben.<br />

In den 1960 er Jahren hat das Mühlensterben begonnen, auch die Kleine Mühle war<br />

bald betroffen. 1972 standen die Mahlwerke endgültig still. Auch Hans-Jörg Wraase-<br />

Will, der vorletzte Besitzer, konnte sie nicht mehr zum Leben erwecken. 40 Jahre lang<br />

lag die Mühle im Dornröschenschlaf, bis Dirk Wraase-Will in jüngster Vergangenheit<br />

begonnen hat, das ehemalige Mühlhaus zu einem Wohnhaus umzubauen, in dem heute<br />

drei Parteien leben.<br />

Taunuszeitung, 05.06.2013<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Nächster Appell in Sachen Museum<br />

Von Monika Schwarz-Cromm<br />

Wohin mit den vielen Dingen aus der Vergangenheit Weilrods? Der Geschichtsverein<br />

würde lieber heute als morgen ein Museum eröffnen. Aber wo?<br />

Ein Thema beschäftigt den Geschichtsverein seit Jahren: die Einrichtung eines Heimatmuseums.<br />

Auch bei der jüngsten Jahreshauptversammlung wurde wieder darüber gesprochen.<br />

Aus eigenen Mitteln könne der Verein das nicht bewerkstelligen berichtete<br />

Hermann Türk, bis zur Sitzung Vorsitzender des Vereins - wie berichtet, stand er für<br />

dieses Amt nicht mehr zur Verfügung.<br />

„Ohne die kostenlose Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten durch die Gemeinde<br />

kann der Verein aus finanziellen Gründen kein Gemeindemuseum aufbauen und betreuen“,<br />

sagte Türk. Der Verein sei daher auf die Gemeinde angewiesen. Die von der<br />

Verwaltung zur Verfügung gestellten Räume im Untergeschoss des Bürgerhauses in<br />

Emmershausen reichten aber leider für ein Heimatmuseum nicht aus, sagte Türk. Ein<br />

Raum sei dort für das Archiv reserviert, ein anderer diene dem Geschichtsverein als<br />

Lager.<br />

Türk erinnerte an die Vereinssatzung, die den Aufbau eines Museums als Vereinszweck<br />

nennt. Und er erinnerte auch an das Versprechen von Bürgermeister Axel Bangert<br />

(SPD) anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Geschichtsvereins. Damals habe<br />

Bangert versprochen, sich dieses Themas anzunehmen.<br />

„Er hat seine Zusage eingehalten“, betonte Türk und verwies auf die Vorschläge für ein<br />

Museum: das Geschichtshaus Oberlauken, Schloss Neuweilnau, „Das Lädchen“ in Niederlauken,<br />

das Alte Forsthaus in Rod an der Weil, die Alte Schule in Hasselbach, das<br />

Bürgerhaus Emmershausen sowie das Backes in Gemünden. Viele Möglichkeiten, allerdings<br />

noch nichts Konkretes.<br />

Usinger Anzeiger, 04.08.2014<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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AUTOFREI - ab Mittag herrscht dann Hochbetrieb<br />

WEILROD - (df). Ein wenig mulmig mag es dem ein oder anderen Helfer an den Ständen<br />

entlang der 30 Kilometer langen Strecke des Weiltalsonntags am frühen Vormittag<br />

schon gewesen sein. „Es ist übersichtlich“, war da noch die eleganteste Umschreibung<br />

für einen recht verhaltenen Start der Großveranstaltung, die in kommunaler Kooperation<br />

von Weilrod, Weilmünster und Weilburg ausgerichtet wurde. Die Gründe dafür<br />

wurden beim Wetter oder bei den hessischen Sommerferien gesucht, doch ab der Mittagszeit<br />

herrschte dann doch Hochbetrieb.<br />

Alles was Beine, Räder oder Reifen hatte und nicht motorisiert war, konnte bei Cratzenbach,<br />

in Rod, Emmershausen oder Winden das Fahrzeug parken und gleich in die<br />

Strecke einsteigen. 32 Mann der <strong>Weilroder</strong> Feuerwehren aus den Ortsteilen Altweilnau<br />

und Neuweilnau, Cratzenbach, Rod, Emmershausen Niederlauken und Gemünden waren<br />

in jeweils zwei Schichten für den Absperr- und Sicherheitsdienst auf dem <strong>Weilroder</strong><br />

Teil des Weiltalsonntags verantwortlich.<br />

Fahrradstreifen der Polizei aus dem Direktionsbereich Limburg und aus dem Hochtaunuskreis<br />

fuhren die Strecke, die über Weilmünster nach Weilburg führt, zusätzlich<br />

ab. Für die medizinische Notfallversorgung war das Deutsche Rote Kreuz zuständig.<br />

Der Ortsverein Weilrod hatte zwei Stationen in Rod und Emmershausen eingerichtet<br />

und 16 Helfer im Einsatz.<br />

Schwerpunkt der Strecke war auf <strong>Weilroder</strong> Gemeindegebiet der Kreisel in Rod und<br />

der Rewe-Parkplatz, wo Feuerwehr und Vereine für das leibliche Wohl gesorgt hatten.<br />

Viele Erwachsene nutzten die willkommene Pause zum Ausruhen und Plauschen, während<br />

der Nachwuchs sich auf der Hüpfburg des CDU-Stands oder beim Versuch, so<br />

viele Bälle wie möglich in der SPD-Torwand zu versenken, amüsierte. Ebenso beliebt<br />

waren bei den Jüngsten auch die Spiele des Kultur- und Förderkreises Burg Altweilnau.<br />

Aber auch viele Infostände gab es, von der Gemeinde Weilrod über den Allgemeinen<br />

Deutschen Fahrrad-Club und die Landakademie Weilrod bis hin zur Prostatakrebs-<br />

Selbsthilfegruppe Hochtaunus und zum Geschichtsverein. Der hatte denn auch eine<br />

kleine Kostbarkeit ausgestellt: ein Exemplar der WM-Sonderzeitschrift vom 5. Juli<br />

1954. Exakt 60 Jahre habe es im Geschichtsarchiv im Neuweilnauer Schloss unbeachtet<br />

gelegen, erzählt Anja Wischmann, bis es beim Umzug in die neuen Räumlichkeiten in<br />

Emmershausen, genau am 5. Juli dieses Jahres, wieder aufgetaucht sei.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Und das alles, während die Band „Halb Stark“ die Menschen mit Livemusik unterhielt.<br />

Bis Winden gab es weitere Verpflegungsmöglichkeiten und Attraktionen wie etwa die<br />

Ausstellung alter Traktoren der „Schlepperfreunde Hinnertaunus“.<br />

Von 9 bis <strong>17</strong> Uhr konnten die Teilnehmer des autofreien Weiltalsonntags, die aus allen<br />

angrenzenden Gemeinden und Kreisen angereist waren, auf der Landesstraße ungeniert<br />

flanieren, radeln, skaten und bei vielen Freizeitangeboten und angenehmen Temperaturen<br />

die Seele baumeln lassen. Beatrix Heinz, Einsatzleiterin des DRK, zog eine unspektakuläre<br />

Bilanz – mit neun kleineren Hilfeleistungen bei Schürfwunden und Blasen. Nur<br />

ein einziges Mal musste der Rettungswagen wegen eines neurologischen Notfalles ausrücken.<br />

Als Familienveranstaltung mit sportlichem Charakter konnten die Organisatoren mit<br />

genügend Angeboten für Groß und Klein wieder punkten. Der Charme und die Attraktivität<br />

des Weiltalsonntags werden wohl auch in einer zwölften Auflage wieder eine<br />

Menge Wiederholungstäter anlocken.<br />

Der Stand des Geschichtsvereins Weilrod am Weiltalsonntag<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Taunuszeitung, 19.11.2015<br />

Mauloffer Historie: Wahre Schätze aus der Vergangenheit<br />

Von Corina Appel<br />

Um die Geschichte lebendig zu halten, muss sie weiter erzählt werden. Deshalb<br />

hat Wolfgang Haub einen weiteren Abend lang Geschichte(n) von Mauloff präsentiert.<br />

Hier nun Teil 1:<br />

Foto: Eine Mauloffer Schulklasse aus dem Jahr 1937.<br />

Mauloff. Hat man 850 Jahre geschafft, dann hat man viel zu erzählen. Nun ist zwar<br />

Mauloff, das anfangs Mulefo hieß und danach noch andere Namen trug, bereits in diesem<br />

fortgeschrittenen Alter, doch ein Dorf an sich kann ja nicht berichten. Dafür gibt<br />

es aber Menschen, die sich mit der Geschichte befassen, recherchieren, dokumentieren,<br />

zusammenfassen und sie in komprimierter Form anderen Menschen zugänglich machen.<br />

So jemand ist Wolfgang Haub.<br />

In seinem Vortrag über Mauloffer Geschichte(n) berichtete er zunächst über einen Vertrag:<br />

ellenlang, 100 Seiten und handgeschrieben. Verfasst hat ihn Schultheiß Philipp<br />

Nöll im November <strong>17</strong>81, also vor 234 Jahren. Darin ging es um die Überschreibung des<br />

Grindtschiebel, heutiges Grünschiebel, einer Waldfläche oberhalb von Mauloff am Seelenberger<br />

Weg gelegen.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Die wurde „Eurer hochfürstlichen Durchlaucht“, dem Fürsten von Nassau-Usingen vermacht.<br />

Allerdings nicht, weil die Mauloffer so freigiebig waren, sondern als Schuldtilgung.<br />

Hintergrund: Im Jahr <strong>17</strong>74 hatte ein Hagelschlag große Flächen des Waldes zerstört<br />

und dadurch kamen die Bergleute ihrer Verpflichtung, Küchenholz zu liefern, nicht<br />

mehr in vollem Umfang nach. „Krass“, meinte Axel Kresse, der zweite Vorsitzende des<br />

Geschichtsvereins, „dass ein Vertrag, so viele Seiten hat.“ Und Wolfgang Haub rief ins<br />

Publikum, dass er noch jemanden sucht, der die 100 Seiten „übersetzt“.<br />

Danach gab es einen satten Sprung von über 200 Jahren zur Mauloffer Kerb. Hierzu<br />

hatte der ehemalige langjährige Ortsvorsteher etliche Bilder „ausgegraben“. Fotos von<br />

Kerbeburschen, vom Umzug, von den Kindern beim Umzug, den Frauen, der Blaskapelle<br />

und dem recht massigen Kerbejohann. Alle aus verschiedenen Jahren und viele,<br />

der auf den Fotos Abgebildeten, kannten die Besucher des Vortrages im Gasthaus „Zum<br />

Kühlen Grund“ noch. Einige waren gar selbst darauf zu erkennen.<br />

Manches war es eben bereits zu Zeiten von Schwarz-Weiß-Aufnahmen wert, fotografiert<br />

zu werden. So konnte Haub einige Fotos von Schulklassen zeigen und auch hier<br />

viele der abgebildeten Mädchen und Jungen mit Namen benennen. Eine Gaudi für die<br />

Anwesenden, waren doch teilweise ihre Mütter, Väter, Großeltern in jungen Jahren auf<br />

diesen Fotos zu sehen.<br />

Und dann ging das Mitglied des Geschichtsvereins der Frage nach, woher der Name des<br />

Schützenvereins kommt, der 1920 gegründet wurde. Dafür sprang Haub ins Jahr 1813.<br />

Es war die Zeit der Kriege von und gegen Napoleon. Und hier gab es einen Adolf Wilhelm<br />

von Lützow, der mit seinem berühmten Freikorps erfolgreich gegen den französischen<br />

Feldherrn kämpfte. Das Korps habe vorwiegend aus Studenten und Akademikern<br />

bestanden. Dazu berichtete Haub interessante geschichtliche Details. Auch darüber,<br />

dass der Krieg nicht weit weg war. Über die Rennstraße seien die Soldaten immer wieder<br />

durch den Taunus und durch Mauloff marschiert. „Sie brauchten Kleidung, Nahrung<br />

und Pferde. Und von wem haben sie es genommen? Von den Bauern“, erklärte Haub.<br />

Doch wie kam der Schützenverein nun zu seinem Namen? Das hatte wohl mit dem<br />

Gedanken an Freiheit und Befreiung zu tun. Genau wisse man es zwar immer noch<br />

nicht, was die Altvorderen dazu bewogen hatten, den Verein Lützow zu nennen. Aber<br />

mit seinen Erklärungen konnte Haub doch ein wenig mehr Licht in deren Gedankengänge<br />

bringen.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Vorwort zu den Erinnerungen von Irene Schlösser<br />

Im nachfolgenden handelt es sich um die handschriftlichen Aufzeichnung und Erinnerungen<br />

von Irene Schlösser, geb. Sachs. Dabei schildert sie ihre ganz persönlichen Erinnerungen<br />

an das Dorf und das Leben in Mauloff. Aufgeschrieben hat Irene sie im<br />

Februar 2012.<br />

Es ist jeder aufgefordert, diese Dinge zu ergänzen und, wenn es notwendig sein sollte,<br />

auch anders darzustellen. Ich jedenfalls bin Irene für die viele Arbeit, vielleicht auch<br />

Mühe, dankbar, denn damit wird ein Stück des „alten Mauloff“ zum Teil wieder lebendig.<br />

Ich habe im Januar 2013 ihre handschriftlichen Aufzeichnung abgeschrieben und<br />

werde sie den Unterlagen für unser Dorf beifügen.<br />

Die von mir gemachten Anmerkungen oder auch Ergänzung habe ich kursiv dargestellt.<br />

Grundsätzliches gibt es zu den mundartlichen Hausnamen zu sagen. Hier gibt es ja<br />

keine verbindliche Schreibweise. Die phonetische Aussprache, Wahrnehmung und Weitergabe<br />

sind teilweise unterschiedlich. So habe ich mich für die Schreibweise entschieden,<br />

wie ich sie wahrgenommen habe. Irene ist in einigen Dingen anderer Auffassung.<br />

Ich habe die Unterschiede nachstehend aufgeführt.<br />

Wolfgang Irene Herkunft<br />

Schnaarersch Schneirers Beruf des Schneiders<br />

Phile-Perrersch<br />

Philes-Perrersch<br />

Vinze-Schnaarersch Vinze-Schneirers Familienname Vinze und<br />

Beruf Schneider<br />

Mähl`s<br />

Mehl`s<br />

Waanersch Wannersch Beruf des Wagners<br />

Schoustersch<br />

Beruf des Schuhmachers<br />

Wolfgang Haub, im Januar 2013<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Erinnerungen von Irene Schlösser, geb. Sachs<br />

Inhalt:<br />

Brotbacken in Mauloff .......................................................................... 22<br />

Mauloffer Ehrenämter ........................................................................... 28<br />

Gemischter Chor Mauloff ..................................................................... 35<br />

Wovon bestritten die alten Mauloffer ihren Lebensunterhalt? ............. 37<br />

Das Dorfgemeinschaftshaus und seine Hausmeisterinnen ................... 39<br />

Versorgung von Mauloff mit Gütern und Lebensmitteln ..................... 41<br />

Die Strukturierungen des dörflichen Lebens, der Landwirtschaft<br />

und des Zusammenlebens in den Dörfern (auch in Mauloff) ............... 47<br />

Das Familienferiendorf Mauloff – genannt auch Landheim ................. 49<br />

Das Mauloffer Dorfgemeinschaftshaus –DGH ..................................... 52<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Brotbacken in Mauloff<br />

Bevor der Winter 2011/2012 zu Ende geht, möchte ich noch einige meiner Mauloffer<br />

Erinnerungen aufschreiben. Vielleicht interessiert sich später doch einmal jemand für<br />

Mauloffer Geschichte - wenn nicht, dann ist es auch nicht verloren.<br />

Diesmal will ich mich mit dem Brotbacken beschäftigen, auch deshalb, weil vor einiger<br />

Zeit hier im Dorf die Idee und Begeisterung aufkam, man könne ja wieder mal Brot<br />

backen, der Backofen sei ja noch da usw. usw. Ich denke, die Idee wurde ganz schnell<br />

wieder begraben, als man sich darüber klar wurde, mit wieviel Arbeit das Backen verbunden<br />

ist – vielleicht habe ich mich aber auch getäuscht.<br />

Aber nun zur Sache (zum Backen) selbst. Die Vorbereitungen dafür begannen in der<br />

Regel etwa ein Dreivierteljahr vorher! Denn man musste zunächst in den Wald gehen,<br />

das „Backholz“ zu machen. Wenn der Holzeinschlag beendet war und das Nutzholz<br />

(Stammholz = Brennholz) abgefahren war, das fand im Nachwinter statt – also im späten<br />

Winter, wurde das Leseholz versteigert. Man konnte nicht ohne weiteres in den<br />

Wald gehen und sich holen, was und wieviel man wollte. Als Backholz kam nur Buche<br />

in Frage, das waren Kronen, Äste usw.. Nur die Buche brachte die nötige Hitze für den<br />

Backofen. Das dickere Kronenholz wurde auch noch zu Brennholz aufgearbeitet und<br />

verkauft. Der Rest stand dann als Leseholz zur Verfügung.<br />

Das Leseholz wurde verspielt, d.h. eigentlich durch Losentscheid zugeteilt. Um diese<br />

Lose festzulegen, ging der Haumeister (das war hier in Mauloff viele Jahre Heinrich<br />

Reuter = Christians Heinrich) mit einer weiteren Vertrauensperson in den Wald, um die<br />

Lose festzulegen. Es mussten möglichst so viele Lose eingeteilt werden, wie Haushalte<br />

im Dorf waren – das waren lange Zeit 29 Häuser.<br />

Das Holz sollte möglichst gleichmäßig aufgeteilt werden, was sicher nicht immer ganz<br />

einfach war. Die einzelnen Abschnitte wurden mit Holzpflöcken abgeteilt und mit Nummern<br />

versehen. Entsprechend wurden die Nummern auf Zetteln oder Klötzchen notiert.<br />

Das „Verlosen“ selbst fand, nach vorherigen Bekanntmachung durch die Ortsschelle,<br />

beim Bürgermeister statt. Anschließend ging man in den Wald, um das gezogene Los<br />

zu suchen und zu begutachten. Danach begannen im Dorf immer wieder Diskussionen<br />

und laute Beschwerden, denn irgendjemand oder mehrere Leute fühlten sich immer benachteiligt,<br />

weil entweder das gezogene Los zu klein war oder nicht genug Holz darin<br />

lag. Dann tat man gut daran – je nach Wetterlage – das Leseholz so schnell wie möglich<br />

aufzuarbeiten und nach Hause zu schaffen. Es kam immer wieder zu seltsamen Grenzveränderungen<br />

oder Grenzbereinigungen zwischen den gezogenen Losen sprich Wald-<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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stücken. Das Jahr war lang und Backholz ein entsprechendes kostbares Material. Unterschieden<br />

beim Aufarbeiten wurde zwischen „Bengelholz“ und „Reisern“. Bengelholz<br />

waren Äste, die man (besonders im Sommer) auch zum Feuern des Küchenherdes<br />

brauchte, der Rest waren Reiser (Reisig), die zu Wellen (Büschen) gebunden wurden,<br />

möglichst fest mit Kordel, die vom Futterstroh übriggeblieben war. Draht wurde selten<br />

genommen, das hätte Geld gekostet und das waren unnötige Ausgaben. Das Aufarbeiten<br />

des Leseholzes im ausgehenden Winter war teilweise auch Frauenarbeit. Schön scheußlich<br />

war das manchmal, wenn man im abtauenden Schnee stand mit ganz normalen<br />

Schuhen (Gummischuhe oder Stiefel hatte man erst in den letzten Jahren) und selbstgestrickten<br />

Handschuhen, patschnasse Füße und Handschuhe waren garantiert. Ich kann<br />

das stichhaltig beurteilen, denn ich durfte einige Jahre bei dieser Arbeit mithelfen. Das<br />

so gewonnene Holz und die Wellen wurden möglichst umgehend nach Hause geschafft,<br />

denn ab und zu fand da auch schon mal über Nacht eine seltsame Verringerung statt!!<br />

Das Bengelholz und die Wellen trockneten dann über Sommer und konnten ab Nachsommer<br />

oder Herbst verwendet werden. Wohl dem, der aus dem Vorjahr noch geeignetes<br />

Backholz zur Verfügung hatte.<br />

Und nun zum Brotbacken selbst. Mehl hatte man (hoffentlich) genug aus eigener Erzeugung.<br />

Das Brot wurde in aller Regel ausschließlich aus Roggenmehl gebacken. Am<br />

Abend vor dem Backtag wurde der Backtrog herbeigeholt, ganz sauber ausgekehrt und<br />

in der Küche (im Sommer) und im Winter in der Wohnstube auf zwei Hocker oder<br />

Stühle aufgestellt. Im Winter waren die Küchen oft nicht ausreichend warm zu bringen.<br />

Es wurde die entsprechende Menge Mehl eingefüllt, damit dieses über Nacht Zimmertemperatur<br />

annehmen konnte. Der Sauerteig, auch Heberling genannt, musste angesetzt<br />

werden mit Wasser, denn der musste über Nacht aufgehen. Der Heberling war getrockneter<br />

Sauerteig vom letzten Backtag. Die erforderliche Menge kannte man aus Erfahrung.<br />

Warum der Sauerteig Heberling hieß, ist mir bis heute nicht aufgegangen.<br />

Am nächsten Morgen begann dann der eigentliche Backtag. Das Mehl wurde mit dem<br />

Heberling, Salz und der entsprechenden Menge Wasser vermischt und das Ganze kräftig<br />

durchgeknetet. Das war eine verdammt schwere Arbeit, auch abhängig von der beabsichtigten<br />

Menge Brot, das gebacken werden sollte. Man sollte am besten einigermaßen<br />

groß und stabil sein, damit man in den Backtrog bis unten hinkam und den schweren<br />

Teig auch ordentlich durchkneten konnte. In aller Regel war das die Arbeit der Hausfrau.<br />

Dann musste der Teig ruhen und aufgehen. Die Brotkörbchen wurden herbeigeholt.<br />

Mehl, Brotkörbchen und Backtrog befanden sich in der backfreien Zeit entweder<br />

auf dem Speicher oder in einer Vorratskammer. Die Backkörbchen wurden auf der<br />

Oberseite mit im Mehl eingetauchten Lappen ausgelegt und dann mit möglichst gleich<br />

großen Teiganteilen gefüllt. Danach mussten die vorbereiteten Brotteige noch einmal<br />

kräftig aufgehen.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Inzwischen wurde im Backhaus (Backes) der Backofen angefeuert, nachdem man vorher<br />

eine entsprechende Anzahl von Wellen dorthin gebracht hatte, und auf die nötige<br />

Temperatur gebracht. Wenn die Oberseite des Backofens weiß glänzend war, wurden<br />

die Kohlen mit einem Holzkrätzer herausgekratzt und das Brot konnte eingeschossen<br />

werden. Dazu benutzte man den Schießer, ein stabiles Holzbrett an einem langen Holzstiel.<br />

Die Arbeit im Backhaus war in der Regel Arbeitsteilung. Die Männer versorgten<br />

den Ofen und die Frauen mussten zuarbeiten, d.h. die rohen Laibe auf den Schießer<br />

stürzen, mit Wasser einpinseln (frischen) und ab ging es in den Ofen. Die Backzeit betrug<br />

je nach Menge und Größe der Brote ca. 1 Stunde (Erfahrungssache). Nach der<br />

Hälfte der Backzeit wurde das Brot umgeschossen, d.h. im Backofen umgesetzt (von<br />

hinten nach vorne und umgekehrt), damit möglichst gleichmäßiges Backen gewährleistet<br />

war. Dabei wurde das Brot noch einmal gefrischt, damit es möglichst auch einen<br />

schönen Glanz bekam (was nicht immer gelang).<br />

Die Backabstände waren in den einzelnen Häusern verschieden, je nachdem wie viele<br />

Personen zu versorgen waren. Im Sommer in der Regel etwas länger, denn man hatte<br />

im Haus, Hof und Feld oft mehr als ausreichend zu tun. Im Winter etwas weniger lang,<br />

da war naturgemäß etwas mehr Zeit und der Backofen sollte auch nicht für so lange<br />

auskühlen.<br />

Wer in der entsprechenden Woche backen wollte, ging dienstags um 11 Uhr beim Läuten<br />

ins Backhaus, das war ein fester Termin, um sein Backlos zu ziehen. Damit wurde<br />

die Reihenfolge des Backens, das war in aller Regel freitags und samstags, bei sehr<br />

großem Bedarf auch schon mal donnerstags, festgelegt. Zu diesem Zweck waren Holzklötzchen<br />

(in der Art von Dominosteinen) vorhanden mit den Nummern von 1 bis 16<br />

(soweit ich mich erinnere) und je nach Anzahl der Interessenten. Diese schüttete Dickersch<br />

Nette, die auch um 11 Uhr das Läuten besorgte, in ihre Schürze und jeder der<br />

Anwesenden zog sich ein Hölzchen heraus. Damit war die Reihenfolge des Backens<br />

festgelegt; außer dem Anbacken, das war das erste Anheizen des Ofens in der jeweiligen<br />

Woche - und das ging reihum. An diese Reihenfolge hatte man sich zu halten, denn das<br />

kostete eine entsprechend größere Menge Backholz. Wenn es einmal gar nicht passte,<br />

konnte man das Anbacken schon mal tauschen mit dem Nachbarn oder Verwandten im<br />

Dorf – aber in der nächsten Woche war man auf jeden Fall dran.<br />

Der Backofen war Eigentum der Gemeinde und kostenfrei nutzbar. Er fasste etwa 28<br />

bis 30 Laib Brot. Ganz voll machte man den Ofen eigentlich nie, denn vorne im Bereich<br />

der Tür wurde immer etwas Platz gelassen für Kuchen. In der Regel Brotkuchen, der<br />

etwa die vierfache Größe von heute üblichen Herdblechen hatte und die „nachgeschossen“<br />

wurden. Die brauchten eine entsprechend kürzere Backzeit und kamen mit der verbliebenen<br />

Resthitze aus.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Vor den Feiertagen (Ostern, Pfingsten, Weihnachten usw.) sollte möglichst am Samstag<br />

kein Brot gebacken werden, denn dann waren für die Festtage die Kuchen dran. Man<br />

tat sich mit mehreren Familien zusammen, um die Back-Abfolge abzukürzen und um<br />

Holz zu sparen. Dann gab es auch Hefekuchen aus Weißmehl auf dem Blech! Weißmehl<br />

war relativ rar, denn der Weizenanbau rentierte sich wegen der Bodenbeschaffenheit<br />

und der Höhenlage in Mauloff nicht so richtig – also waren die Mengen entsprechend<br />

groß oder klein. Im Verlauf dieser Aktionen musste man schon mal bei den Mit-Bäckern<br />

vorbeischauen, ob und dass der vorgesehene Zeitplan eingehalten werden konnte. Telefon<br />

gab es zu dieser Zeit noch nicht, also musste man schon mal durchs Dorf eilen, um<br />

entsprechend nachzufragen.<br />

Beim Brotbacken musste man im Winter besonders darauf achten, dass die rohen Brotlaibe<br />

beim Transport in das Backhaus keinen „Zug“ bekamen, da der Teig sonst zusammenfiel<br />

und beim Heimtransport die gebackenen Brote ebenfalls. Wenn diese zu schnell<br />

abkühlten, dann platzten sie immer von der Kruste ab, sie rissen, und waren dann leichter<br />

verderblich oder schneller trocken.<br />

Den Rest Brot vom vorhergehenden Backen wollte zum Schluss keiner mehr so richtig,<br />

es war in aller Regel sehr trocken und konnte oft nur „eingetunkt“ (in Kaffee oder<br />

Milch) gegessen werden. Weggeworfen wurde auf keinen Fall etwas, und die Hausfrau<br />

erlaubte das Anschneiden eines frischen Laibes in der Regel nur, wenn der letzte Rest<br />

vom alten Brot aufgegessen war. Wenn man erwischt wurde, dass man das letzte Krüstchen<br />

dem Pferd oder der Lieblingskuh gegeben hatte, dann erntete man nur sehr selten<br />

besonderes Lob.<br />

Nach dem Brotbacken fing dann die große Putzerei an. Das Mehl musste vor dem Backen<br />

durch ein entsprechend großes Sieb gerüttelt werden und das war bei aller Vorsicht<br />

immer eine ziemlich staubige Angelegenheit, d.h. die Küche bzw. das Wohnzimmer<br />

mussten schon etwas gründlicher geputzt werden. Der Backtrog war von den Teigresten<br />

durch Auskratzen zu reinigen, die Brotkörbchen und Tücher waren auszuklopfen und<br />

alles wieder dahin zu schaffen, wo man es weggeholt hatte.<br />

Dazu kam, dass man auch das Backhaus möglichst aufgeräumt zu verlassen hatte, die<br />

übrige Kohle nahm man auf jeden Fall mit heim, die konnte man im Küchenherd noch<br />

verbrennen – man sollte auch sauber kehren, was sehr oft nicht stattfand. Wenn man<br />

wieder mal vor dem Backen einen ordentlichen Rest von Reisig oder Kohle vorfand,<br />

dann waren der oder die Verursacher in der Regel nicht mehr festzustellen – es war<br />

komischerweise nie einer gewesen.<br />

In Mauloff gab es nie (außer später bei der Familie Eist) hauseigene Backhäuschen,<br />

zumindest ist mir nichts dergleichen von meiner Vorgängergeneration berichtet. Der<br />

Aufenthalt im Backhaus, besonders im Winter, war angenehm, es war gemütlich warm,<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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eine erwachsene Person musste immer bei dem Ofen bleiben, und ab und zu kam auch<br />

schon mal jemand vorbei auf ein Schwätzchen – denn wenn der Ofen rauchte, war auch<br />

jemand da. Wir Kinder hielten uns gerne dort auf. Im Nebenraum, in dem eine Ablagefläche<br />

für Brot und Kuchen vorhanden war, konnte man auf den Backofen krabbeln und<br />

sich bäuchlings hinlegen, dort war es herrlich warm. Zwischen der Oberkante Backofen<br />

und der Decke war so viel Hohlraum, dass schon mal 2-3 Kinder dort Platz hatten. Ich<br />

selbst habe das auch schon mal ausgenutzt.<br />

Etwa 1950 oder 1951 wurde das Backhaus grundsaniert, das war sehr nötig, von da an<br />

konnte das Backen wieder reibungslos ablaufen. Gleichzeitig bekam das Backhaus einen<br />

Wasseranschluss von der Straße quer über den Schulhof (heutiges Anwesen Manier),<br />

das war echter Komfort. Vorher musste das erforderliche Wasser von daheim mitgebracht<br />

werden.<br />

Etwa ab 1960 nahm das Backen ab, zwei Bäcker kamen ins Dorf, um Brot zu liefern<br />

(Hermann Enders aus Steinfischbach und Wilhelm Heberling aus Riedelbach, dessen<br />

Name hatte mit dem Spitznamen des Sauerteigs herzlich wenig zu tun).<br />

Man begann Mehl zu tauschen gegen Brot, d.h. der Bäcker bekam eine entsprechende<br />

Menge Roggenmehl (vielleicht 50 kg oder ähnlich), dafür bekam man Brotmarken und<br />

in eine kleine Kladde (Notizbuch) wurde die jeweils noch verfügbare Menge eingetragen.<br />

Die Anzahl der Brote wurde am Freitag oder Samstag nach Bedarf eingesetzt und<br />

ein Backlohn wurde drauf bezahlt. Man konnte, wenn man Geld hatte, auch schon mal<br />

Brötchen oder ein Weißbrot kaufen. War die gegebene Menge Mehl verbraucht, fing<br />

das Ganze von vorne an. So hatte man immer frisches Brot zur Verfügung und der ganze<br />

Trappel um das Brotbacken, angefangen beim Holzmachen über die anstrengenden und<br />

zeitaufwendigen Backtage, gehörten der Vergangenheit an – eine Erleichterung, die in<br />

der Zeit ungeheuer war.<br />

Irgendwann kamen auch die Bäcker nicht mehr ins Dorf, die Bäckereien Enders und<br />

Heberling wurden aufgegeben und heute sind (fast) alle in Mauloff so mobil, dass sie<br />

sich ihr Brot von außerhalb mitbringen können.<br />

Zuletzt selbst gebacken haben nur noch ganz Wenige, der Letzte war „Frankenbachs<br />

Erwin“ (Erwin Lotz vom Gasthaus Zur Rose) und wohl nur, weil die „Frankfurter“, die<br />

samstags und sonntags in der Rose zu Gast waren, auf das selbstgebackene Brot scharf<br />

waren. Irgendwann hat Erwin Lotz (wohl 1965) auch aufgegeben, weil er im Winter<br />

den Ofen nicht mehr heiß genug bekam.<br />

Damit war die Ära des Brotbackens im Mauloffer Backhaus beendet.<br />

Der Backofen ist noch vorhanden, im heutigen Zustand aber auf keinen Fall mehr<br />

brauchbar. Wollte man ihn heute wieder anheizen, müsste er sicher grundsaniert werden<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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und die ganzen Räumlichkeiten bis hin zum Außenkamin mussten den heutigen Voraussetzungen<br />

und Bestimmungen angepasst werden. Da habe ich den Verdacht, dass<br />

man für die entsprechenden Kosten einige Jahre lang eine ganze Menge Brot backen<br />

und vor allem auch verkaufen muss. Das Backholz bekäme man heute auch nicht umsonst.<br />

ALSO: wollte man in Mauloff das Backes wirklich wieder in Betrieb nehmen – dann<br />

zuallererst einmal „alles zurück auf Anfang“.<br />

Will man das wirklich – oder ist die Idee inzwischen im Sand verlaufen?? Für mich<br />

bleibt die Frage offen.<br />

Ich bin Jahrgang 1936 und ich habe das Ganze miterlebt, solange ich mich erinnern<br />

kann – etwa ab 1943- bis zum Ende der Geschichte. Ich weiß, wie viel Mühe, Zeit und<br />

Aufwand mit dem Brotbacken im Backhaus verbunden sind. Ich selbst wäre (auch wenn<br />

ich 40 Jahre jünger wäre) nicht mehr scharf darauf. Das soll aber interessierte jüngere<br />

Mauloffer keinesfalls davon abhalten, alte Bräuche wie das Brotbacken wieder aufleben<br />

zu lassen.<br />

Es kann sein, dass sich der Eine oder Andere aus meinen Schilderungen hauptsächlich<br />

für ältere Mauloffer etwas anders darstellt. Jeder kann, wenn er es wolle, seine eigenen<br />

Erinnerungen gerne darstellen<br />

Nachsatz: In wenigen Haushalten in Mauloff wurde überhaupt kein Brot gebacken, z.B.<br />

bei Christian und Therese Guckes oder Lehrer Knapp, da diese kein Land hatten und<br />

somit auch kein Getreide und kein Mehl. Hier war die Versorgung anders geregelt, dazu<br />

werde ich mich, wenn der Winter noch lang genug ist, in einem weiteren Kapitel<br />

„Mauloffer Geschichten“ noch auslassen.<br />

In vielen Mauloffer Häusern war Backholz-Machen und Brotbacken während des Krieges<br />

und auch die Jahre danach ausschließlich Frauensache. Die Männer waren im Krieg,<br />

später in Gefangenschaft, einige sind nicht mehr heimgekommen. Ich denke dabei z.B.<br />

an Nelle (Scherer-Blum) oder Butze (Feger) und auch an andere Familien, die mir gerade<br />

nicht einfallen. Da hatten die Frauen keine Alternative. Sie mussten in allen Bereichen<br />

(auch in der Landwirtschaft) für die Familie einstehen, wenn da nicht zum Glück<br />

ein rüstiger Opa da war. Diese Frauen mussten ein sehr hohes Maß an körperlicher und<br />

seelischer Kraft aufbringen, um die Familie und den Hof über Wasser zu halten. Dazu<br />

kam Tag und Nacht die Angst um den Ehemann, Sohn und/oder Vater der Kinder.<br />

Sind wir uns überhaupt im Klaren darüber, die heutige Generation (nicht nur in<br />

Mauloff), in welch einer ruhigen, guten Zeit wir seit 1945 leben? Darüber sollten wir<br />

alle einmal sehr gründlich und lange nachdenken, wenn wir uns heute über viele teilweise<br />

recht unnötige Sachen aufhalten oder manchmal auch maßlos aufregen.<br />

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Ich gebe ehrlich zu, auch ich bin nicht immer frei von solchen Aufregungen, die sich<br />

im Nachhinein bei genauerer Betrachtung oft einmal wieder als recht unnötig herausstellen.<br />

Irene Schlösser, am 22. 02. 2012<br />

Mauloffer Ehrenämter<br />

Heute möchte ich einmal die Mauloffer Ehrenämter, ihre Funktion und deren Vergütungen<br />

aus meiner Erinnerung ein wenig behandeln.<br />

Gustav Bachon<br />

In meiner Kinder- und frühen Jugendzeit war Gustav Bachon Bürgermeister (von 1925<br />

bis 1945), ein gestandener Mann, der allein durch sein Auftreten und seine Figur bei<br />

mir für einen gewissen Respekt sorgte. Er war aber auch sehr liebenswürdig und vor<br />

allem hilfsbereit. Für diese beiden Eigenschaften besonders mochte ich ihn bis zu seinem<br />

Tod 1960. Das Bürgermeisteramt war zusammen mit dem Postamt (er war auch<br />

Posthalter) im Stübchen rechts vom Flur aus zugänglich. Im Winter wurden einzelne<br />

Aktivitäten aus diesen Tätigkeiten auch schon mal ins Wohnzimmer verlegt, denn dann<br />

konnte man im Stübchen die Heizkosten sparen. Ich denke, er hat seine Tätigkeit als<br />

Bürgermeister immer nach bestem Wissen und Gewissen ausgeübt. Alle wussten aber<br />

auch, dass sich „Ernste Gustav“ nicht auf der Nase herumtanzen ließ. Das war wohl in<br />

Mauloff zu der Zeit sicher dringend notwendig. Was er für seine Tätigkeit als Entgelt<br />

bekam, weiß ich nicht (wenn ich daran denke, dass Willi Seel am Ende seiner Amtszeit<br />

einen Ehrensold von 280,00 DM im Monat bekam). Ich kann es mir nicht vorstellen,<br />

vielleicht noch eine kleine Aufwandsentschädigung für das Stübchen? Zum reich werden<br />

hat das nicht gereicht. Die Zeit verging und der Krieg war vorbei, als in der Karwoche<br />

1945 die Amerikaner ins Dorf kamen und Gustav Bachon „befahl“: „Wir leisten<br />

keinen Widerstand, an allen Häusern ist die weiße Fahne herauszuhängen“! Zum Glück<br />

war Widerspruch zwecklos. Damit war Mauloff gerettet. Ich denke, dafür war man ihm<br />

bis zu seinem Lebensende dankbar, auch wenn nicht darüber geredet wurde – viele<br />

Dinge werden nach einiger Zeit als selbstverständlich betrachtet. 1948 war die Entnazifizierungswelle<br />

im Gange und Gustav Bachon musste, ob er wollte oder nicht, Kraft<br />

seines Amtes zu Hitlers Zeiten in die Partei eintreten. Er wurde von der amerikanischen<br />

Verwaltung aus seinem Amt entfernt, er wurde abgesetzt! Was damit in diesem Mann<br />

ausgelöst und sicher auch kaputtgemacht wurde, will ich mir auch heute noch nicht<br />

vorstellen. Das Ganze geschah an einem Sommertag, ob Gustav Bachon vorher davon<br />

wusste, weiß ich nicht, im Dorf war die Geschichte recht schnell rund. Auf dem Dalles<br />

fanden sich einige Zuschauer ein (ich auch, deswegen kann ich das Geschehen so genau<br />

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berichten). Eine Leiter wurde an die Hauswand gestellt und das über der Haustür angebrachte<br />

Schild „Bürgermeisteramt Mauloff“ mit einem Adler versehen heruntergeholt.<br />

Lina Bachon (seine Ehefrau) kam voller Wut mit einem ganz normalen Haushaltsbesen<br />

aus der Tür, kehrte die Spinnweben ab und sagte: „Ob is es, dro kimmt des net mi, des<br />

versprech aich euch“: Sie sagt das in einem Tonfall, an dem ich mich genau erinnere<br />

und für den drei Ausrufezeichen sicher nicht ausgereicht hätten. Damit war die Amtszeit<br />

von Gustav Bachon endgültig beendet. Der Platz, an dem das Bürgermeisterschild hing,<br />

war am Haus Bachon noch viele Jahre zu sehen.<br />

Die Übersetzung der Aussage von Lina Bachon: „Ab ist es, und dran kommt es nicht<br />

mehr, das verspreche ich euch!!!“.<br />

Gustav Bachon, Bürgermeister 1925 bis 1945<br />

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Otto Eist<br />

Nun wurde Otto Eist als Bürgermeister von den Amerikanern eingesetzt. Ob das noch<br />

am selben Tag geschah, weiß ich nicht mehr. In den folgenden Tagen wurden alle Unterlagen<br />

in das Haus Eist geschafft, dort gab es von da an auch ein „Bürgermeisterstübchen“.<br />

Ob Eist wirklich Bürgermeister werden wollte, weiß ich nicht, vorstellen kann<br />

ich mir das nicht, ihm blieb nichts anderes übrig, die Amerikaner haben das angeordnet.<br />

Ob er das Amt gut oder weniger gut ausgeübt hat, kann ich nicht beurteilen. Am Anfang<br />

hat man ihm Heinrich Witt aus Usingen (der war auf dem Landratsamt Usingen beschäftigt)<br />

beigestellt, dessen Ehefrau Martha wurde Bürgermeistersekretärin und Otto<br />

Eist hat sich nach wie vor überwiegend mit seiner Landwirtschaft und Holztransporten<br />

beschäftigt. Der Papierkram war ihm weniger wichtig.<br />

Otto Eist, Bürgermeister 1945 - 1948<br />

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Willi Seel<br />

Inzwischen war Willi Seel (Jahrgang 1920) aus der Gefangenschaft zurückgekommen<br />

(kriegsversehrt, er hatte den rechten Arm verloren). Von ihm wusste man, dass er kein<br />

Dummkopf war, er hatte Abitur gemacht und musste Arbeit haben. Man machte ihn<br />

kurzerhand zum Bürgermeistersekretär, was dann bei Otto Eist und besonders dessen<br />

Ehefrau Lina in der Folge nicht täglich Freude bereitete. Willi Seel hatte mit der linken<br />

Hand bald schreiben gelernt, konnte auch die Schreibmaschine bedienen und war Otto<br />

Eist bald in allen Belangen des Bürgermeisteramtes überlegen. Das führte zu Streitereien,<br />

die oft sehr lautstark ausgetragen wurden (später wurde behauptet, es sei auch zu<br />

Handgreiflichkeiten gekommen), ein Zustand, der mittlerweile untragbar war. Die Gemeindevertreter<br />

von Mauloff (wer das alles war, weiß ich nicht mehr) beschlossen, Otto<br />

Eist abzusetzen und Willi Seel zum Bürgermeister zu wählen. Nach meiner heute noch<br />

gültigen Überzeugung hätte man in Mauloff zu der Zeit auch keinen fähigeren Mann<br />

finden können, vielleicht gibt es in Mauloff deswegen auch heute noch andere Ansichten<br />

– die wären in jedem Fall erlaubt.<br />

So wurde Willi Seel noch im Jahr 1948 zum Bürgermeister gewählt. Das Amt zog um<br />

in das Haus von Willi Seel und auch dort gab es ein Bürgermeisterstübchen.<br />

Dort bin ich sehr oft gewesen, denn ich habe in späteren Jahren (ich hatte dann einen<br />

Handelsschulabschluss und konnte Schreibmaschine schreiben) etwa ab 1957/1958 für<br />

Willi Seel geschrieben. Die Schreibarbeit wurde ihm zu viel mit dem einen Arm. Er war<br />

auch Vorsitzender des Wasserbeschaffungsverbandes Tenne geworden, das brachte zusätzliche<br />

Außentermine mit. Ich habe diesen Nebenjob gerne gemacht, er brachte mir,<br />

wenn viel zu tun war, im Monat manchmal fast so viel ein, wie ich aus meiner kaufmännischen<br />

Tätigkeit in Neu-Anspach heimbrachte. Willi hat sehr gut bezahlt, dafür<br />

aber Pünktlichkeit und sehr genaue Leistung verlangt. Ich habe unheimlich viel erfahren<br />

und noch mehr gelernt bei ihm, vor allem Genauigkeit, Gradlinigkeit und Durchsetzungsvermögen<br />

(letzteres kann man, wenn man will, als Sturheit oder Dickköpfigkeit<br />

bezeichnen). Das alles hat mich wohl sehr geprägt, vieles davon ist mir in den folgenden<br />

Jahren und bis heute sehr zugute gekommen. Dafür kann ich bis heute nur „Danke,<br />

Willi“ sagen.<br />

Natürlich waren wir uns nicht immer einig, auch zwischen uns gab es öfter mal Krach<br />

(ich glaube wir waren uns in der Art sehr ähnlich). Willi konnte überhaupt keinen Widerspruch<br />

vertragen (weder von einer Person noch in einer Sache), und ich habe auch<br />

nicht immer nachgegeben, besonders wenn es um meine Familie bzw. unseren Grundbesitz<br />

ging.<br />

Ich erinnere mich an einen Sonntagmorgen im Sommer, wir waren derart aneinander<br />

geraten, dass er in seiner unbändigen Wut mit seinem einen Arm einen Stuhl schnappte<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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und damit nach mir warf! Ich sah das wohl kommen und rettete mich vor die Haustür,<br />

der Stuhl flog mit lautem Krachen am Treppengeländer auseinander. Hätte der mich<br />

getroffen, wäre ich vielleicht ab diesem Tag Invalide gewesen. Albert Ott und Wilhelm<br />

Reuter hatten das Ganze mitgekriegt, Tür und Fenster standen offen, sie wollten entweder<br />

schlichten oder mich retten, das weiß ich bis heute nicht.<br />

Ab da herrschte eine ganze Weile absolute Funkstille zwischen uns – ich ging natürlich<br />

nicht mehr hin. Irgendwann kam meine Mutter vom Einkaufen nach Hause und sagte:<br />

„Du sollst bei Willi vorbeikommen, er packt das Ganze überhaupt nicht mehr“. So ging<br />

ich doch wieder hin, denn er wollte meine Arbeit und ich im Grunde auch den schönen<br />

Nebenverdienst.<br />

Mehr oder weniger zusammengearbeitet haben wir bis zur Gebietsreform (Entstehung<br />

der Großgemeinden). Diese Zusammenlegung hat Willi Seel bis ins Mark getroffen.<br />

Selten in meinem Leben habe ich jemand so geknickt erlebt wie ihn. Auch er war jetzt<br />

(wie ehemals Gustav Bachon) nicht mehr Bürgermeister. Man hatte ihm zunächst in<br />

Weilnau, dann in Weilrod einen führenden Posten angeboten, den er voller Stolz und<br />

mit Hohn abgelehnt hat. Damit ist auch das Kapitel Bürgermeister in Mauloff beendet.<br />

Willi Seel, Bürgermeister 1948 – 1972<br />

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Nachzutragen zu dem Thema „Bürgermeister in Mauloff“ wäre noch die Beschreibung<br />

der Bürgermeister-Kerwe, die ich miterlebt habe. Für Otto Eist und Willi Seel wurde<br />

im Wald eine möglichst sehr schöne Fichte geschlagen. Die wurde ins Dorf gebracht,<br />

geschmückt und vor dem Bürgermeisterhaus aufgestellt. Von da gehörte dieser Baum<br />

dem Bürgermeister. Am selben Tag begann dann die Bürgermeisterkerb, das Fest zur<br />

Amtseinführung des Bürgermeisters. Die ganz großen Feste waren zu dieser Zeit sehr<br />

selten, alle Getränke (Essen wohl weniger?) waren frei und es ging richtig zur Sache.<br />

Wer an diesem Tag nicht dreiviertel oder total besoffen nach Hause kam, war entweder<br />

krank, blöd oder nicht dabei gewesen. Nach diesem Spektakel durfte der neue Bürgermeister<br />

die Fichte verkaufen, um das Fest zu bezahlen. Ob der Erlös reichte, entzieht<br />

sich meiner Kenntnis.<br />

Von der Bürgermeisterkerb für Willi Seel erzählt man heute noch, dass der „alte Mehl“,<br />

also Willis Großvater Wilhelm Mehl – sich vor lauter Freude und Begeisterung so zugesoffen<br />

habe, dass man ihn auf einem Schubkarren nach Hause fahren musste.<br />

Die anderen Ehrenämter in Mauloff sind relativ schnell beschrieben:<br />

Georg Bausch war Schöffe, d.h. Schiedsmann in Mauloff. Er galt als klug und vor allem<br />

sehr besonnen. Kleinere Streitereien, die es in Mauloff in der Zeit wohl öfter gab, hatte<br />

er zu schlichten. Die streitenden Parteien wurden „einbestellt“ und hatten zu erscheinen.<br />

Oft klappten diese Verfahren nicht in der ersten Runde und man musste wieder zu „Bausche<br />

Schorsch“. Dann war zwischen den Parteien in aller Regel einmal (wenigstens eine<br />

Zeitlang) „Ruhe im Kasten“. Natürlich sprachen sich diese Vorladungen recht schnell<br />

im Dorf herum. Sie sorgten für reichlich Gesprächsstoff und die Betroffenen haben<br />

nicht immer an Ehre und Ansehen gewonnen. Eine richtige Drohung war schon die<br />

Warnung gegenüber dem Gegner, die Worte: „Pass off – sonst muss Bausche Schorsch<br />

werre mal Feuer in de Stubb mache“. Übersetzt: Pass auf, sonst muss Georg Bausch<br />

mal wieder den Ofen im Wohnzimmer anmachen. Das Wohnzimmer war selbstverständlich<br />

auch das Amtszimmer. Ob für die Tätigkeit als Schiedsmann ein kleines Entgelt<br />

bezahlt wurde, weiß ich nicht. Georg Bausch hat das Amt trotz allem „Trappel“<br />

wohl bis zum Schluss als Ehre angesehen.<br />

Gustav Ott I (Liese Gustav) war Gemeinderechner. Sein Amtszimmer befand sich in<br />

der Wohnstube und bestand aus einem Schreibschrank mit Sicherheitsschloss und einem<br />

schwarzen Tresor (ein ziemliches Ungetüm). Was an Geschäften (Einzahlungen<br />

und Auszahlungen) abzuwickeln war, erfolgte auf dem Wohnzimmertisch. Der gesamte<br />

Publikumsverkehr fand fast ausschließlich sonntags vormittags statt. In der Woche war<br />

dafür keine Zeit. Ich weiß es nicht, aber ich denke, für diese Tätigkeit wurde ein kleines<br />

Entgelt gezahlt.<br />

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Karl Klapper, Gemeinderechner<br />

Nach Gustav Ott wurde Karl Klapper Gemeinderechner. Wann, weiß ich nicht mehr.<br />

Ich erinnere mich nur noch, wie der schwere Tresor und der Schreibschrank von „Liese“<br />

in „Engels“ transportiert wurden. Dort wurden die Sachen in einem kleinen Zimmer<br />

rechts hinter der Haustür untergebracht, darin hatte Karl sein Amtszimmer, in Mauloff<br />

auch „Rechnerstübchen“ genannt. Die Aufgaben eines Gemeinderechners waren dann<br />

schon sehr viel umfangreicher. Es mussten auch die Unterhaltszahlungen für die Flüchtlinge<br />

ausgezahlt werden. Das nötige Bargeld für dies und andere Zahlungen musste herbeigeschafft<br />

werden. Zu diesem Zweck fuhr Karl an jedem ersten Montag im Monat (er<br />

hatte bereits ein Auto) nach Usingen zur Bank, um das Geld in der nötigen Stückelung<br />

zu holen. Sahen die Mauloffer „Engels Karl“ in Richtung Usingen fahren, dann hieß es:<br />

Er holt wieder Geld! Der ganze Geldverkehr musste abgewickelt werden, denn ein laufendes<br />

Konto hatte lange niemand. Die Flüchtlinge bestimmt nicht, die bekamen monatlich<br />

so viel, dass sie gerade „über die Runden“ kamen. Komisch, mir scheint es, als<br />

wiederhole manches im Leben sich mehrfach.Karl Klapper bekam für seine Tätigkeit<br />

ein Entgelt, das weiß ich genau, die Höhe desselben war mir natürlich nicht bekannt. Er<br />

hat diese Tätigkeit ausgeübt bis Mauloff in der Großgemeinde Weilnau aufging. Einige<br />

Jahre später zog er zu seinem Sohn Wolfgang nach Wolfskehlen bei Groß-Gerau. Dort<br />

starb er auch. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof in Mauloff.<br />

Irene Schlösser, am 27. 02 2012<br />

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Gemischter Chor Mauloff<br />

Heute, an einem Tag, der nur alle vier Jahre einmal vorkommt, will ich mich mit den<br />

Mauloffer Vereinen beschäftigen.<br />

Vorab: Wollte ich das Thema Feuerwehr oder Schützenverein näher behandeln. So wäre<br />

das eine „Frechheit“ meinerseits denen gegenüber, die diese Geschichten über viele,<br />

viele Jahre hinweg besser dokumentiert haben.<br />

Mein Thema ist heute der Gemischte Chor Mauloff, von dem es vielleicht auch Aufzeichnungen<br />

gibt?<br />

Ich möchte meine persönlichen Erinnerungen aufschreiben, die überwiegend sehr –<br />

manchmal auch weniger- lustig sind. Ausgesprochene Tragödien hat es zu meiner Zeit<br />

nicht gegeben. Wann in Mauloff der gemischte Chor (wieder??) gegründet wurde, weiß<br />

ich nicht, wer die Urheber waren, weiß ich ebenfalls nicht. Ich weiß nur so viel: als ich<br />

mit der Schule fertig war (1951) gab es den Chor wohl schon, denn ich bin von da an<br />

mit anderen in die wöchentlich stattfindende Singstunde gegangen – und das sehr gerne.<br />

Ich hatte Spaß am Singen und erfahren hat man immer etwas. Zugegeben, ich war noch<br />

nie neugierig, aber hätte in Mauloff ein Vogel gepfiffen, den ich nicht gehört hätte, ich<br />

hätte vielleicht nachts nicht schlafen können. Ich war bis zu meinem 18. Lebensjahr<br />

ständig in Mauloff, das änderte sich erst, als ich mit 18 Jahren eine weiterführende<br />

Schule in Usingen besuchen konnte. Wer alles mitgesungen hat, weiß ich nicht mehr,<br />

sicher ist: Otto Bachon, Wilhelm Hedwig (der Jüngere) und Hartmut Seel, ein ganz<br />

hervorragender Basssänger, Wilhelm Bausch, und mein Bruder – ebenso gute Tenorsänger,<br />

welche Stimmen z.B. mit Hermann Jäger, Albert Vollberg und vielen anderen<br />

besetzt waren. Die Frauenstimmen waren auch recht gut besetzt. Wer das im Einzelnen<br />

war, weiß ich nicht: Auf jeden Fall Hilda Jäger und ihre Mutter Auguste Reuter. Wir<br />

konnten vierstimmig singen. Geprobt wurde im „Rathaus“ in der Schule, das war ein<br />

Mehrzweckraum, neben dem einzigen Schulsaal, in dem auch Versammlungen gleich<br />

welcher Art abgehalten wurden. Woher das zu dieser Zeit recht umfangreiche Notenmaterial<br />

stammte, weiß ich auch nicht, es gab sogenannte Liederbücher mit Noten und<br />

Texten, die Texte waren äußerst wichtig. Noten lesen konnte wohl keiner von uns, man<br />

sang nach den Vorgaben des Dirigenten. Zum Vorsitzenden wurde Albert Vollberg gewählt.<br />

Ich denke, er hatte dieses Amt über die ganze Laufzeit des Vereins / Chors inne.<br />

Vier Dirigenten hatten wir im Laufe der Jahre. Zuerst Christian Guckes aus Riedelbach,<br />

sein Nachfolger wurde Wilhelm Guckes aus Riedelbach (genannt Amme-Wilhelm –<br />

seine Frau war Hebamme), dann Karl-August Sturm (Polizist in Riedelbach, genannt<br />

Laternen-Karl, sein Steckenpferd als Polizist war wohl die Jagd auf unbeleuchtete Bauernfuhrwerke)<br />

und zuletzt Arthur Hedwig.<br />

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Man sang zu verschiedenen Anlässen, wie z.B. bei Hochzeiten in der Kirche, Beerdigungen<br />

und nahm auch schon mal an sogenannten Liedertagen in den umliegenden Dörfern<br />

teil. Sehr weit herumkommen konnte man nicht, alle Ziele mussten zu Fuß erreicht<br />

werden. Bei Hochzeiten wurde in der Kirche regelmäßig so lange gesungen (ein entsprechendes<br />

Liedmaterial war eingeplant) bis endlich die ganze Hochzeitsgesellschaft<br />

weinte, dann war der Erfolg der Auftritte gesichert. Bei Beerdigungen wurde zunächst<br />

„beim Haus“ gesungen und auf dem Friedhof noch einmal. Ab und zu mussten die Lieder<br />

auch 2x begonnen werden, weil man völlig danebenlag. Entweder man hatte nicht<br />

aufgepasst – ich erinnere mich noch sehr genau an die Beerdigung von Heinrich Reuter.<br />

Wir hatten vor dem Haus Aufstellung genommen, Karl Sturm gab die Töne an, und wir<br />

lagen total daneben. Geklappt hat es erst nach dem dritten Einsatz des Liedes „Lasse<br />

mich gehen – lasse mich gehen“. Karl Sturm tobte anschließend wegen der Blamage,<br />

raufte sich die Haare und rannte herum und schrie „Lasst mich gehen – lasst mich gehen“.<br />

Ob das der Anlass war, dass er irgendwann danach seine Dirigententätigkeit in<br />

Mauloff aufgab, weiß ich nicht mehr. Der letzte Dirigent war Arthur Hedwig. Er hat<br />

den Verein bis zu seiner Auflösung begleitet. Ob diese Auflösung zeitgleich mit dem<br />

Weggang von Arthur aus Mauloff zusammenfiel, weiß ich nicht.<br />

Es gibt noch die schöne Geschichte von Albert Vollberg, die noch einige Jahre in<br />

Mauloff präsent war. In Mauloff fand im Sommer anlässlich des 25. Geburtstages des<br />

Gesangvereins ein Liedertag statt (in welchem Jahr weiß ich nicht mehr), zu dem selbstverständlich<br />

Gesangvereine aus den umliegenden Dörfern geladen waren. Das Fest fand<br />

statt in der Strohhalle am Gasthaus „Zur Rose“. Das war ein Holzbau mit Klappläden<br />

ohne Fenster, in dem üblicherweise die Familie Scheid ihre Strohvorräte aufbewahrte.<br />

Die Halle wurde zu diesem Zweck (wie auch bei der Mauloffer Kerb immer) ausgeräumt,<br />

sauber ausgekehrt und mit Bierzelt-Garnituren ausgestattet. In der Halle befand<br />

sich auch ein Tanzboden. Albert Vollberg begrüßte alle anwesenden Gäste mit dem<br />

denkwürdigem Spruch: „Und wie in jedem Jahre begrüße ich euch alle wie alljährlich<br />

auch in diesem Jahr zum 25-jährigen Jubiläum unseres Vereins“! Brüllendes Gelächter<br />

natürlich in der ganzen Halle. Ob Albert Vollberg seine sicher vorbereitete Rede zu<br />

Ende bringen konnte, ist meiner Erinnerung entfallen.<br />

Die Liederbücher wurden noch sehr viele Jahre aufbewahrt. Sie befanden sich im Dorfgemeinschaftshaus<br />

in dem Schrank im Saal im unteren Teil der rechten Schrankhälfte.<br />

Ob sie dort immer noch liegen, entzieht sich meiner Kenntnis.<br />

Und damit beende ich auch meine persönliche Aufzeichnung über den gemischten Chor<br />

in Mauloff.<br />

Irene Schlösser, am 29. 02.2012<br />

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Wovon bestritten die alten Mauloffer<br />

ihren Lebensunterhalt?<br />

Zunächst gehörte zu jedem Anwesen (außer Guckes, Willi Seel, die Schule und das<br />

Backes) eine mehr oder weniger große Landwirtschaft. Damit war die Grundversorgung<br />

durch Getreide, Kartoffeln, Milch, Fleisch und Eier gesichert.<br />

Viele hatten einen Nebenerwerb, der sicher (hoffentlich) etwas einbrachte. Ich fange<br />

einmal an, soweit ich mich erinnern kann:<br />

Gustav und Emil Sachs (mein Großvater, mein Vater, Ringstraße 6) waren ausschließlich<br />

Landwirte. Die Größe des Hofes ließ zu jener Zeit für einen Nebenerwerb keinen<br />

Spielraum.<br />

Karl Ott und Sohn Adolf (Waanersch Karl und Waanersch Adolf, Brunnenstraße 1)<br />

waren Landwirte und zunächst Karl auch Jagdaufseher und von Beruf Wagner. Ob er<br />

diesen Beruf auch ausübte, weiß ich nicht.<br />

Heinrich Reuter (Christians Heinrich, Brunnenstraße 8) war Landwirt und viele Jahre<br />

Haumeister der Gemeinde Mauloff, d.h. Vorarbeiter im Wald.<br />

Hermann Jäger (Christians Hermann, Brunnenstraße 8) war Metzger und hat die Arbeit<br />

in der Landwirtschaft mit übernommen.<br />

Willi Ott (Frömmersch, Brunnenstraße 6) war Landwirt und Fleischbeschauer.<br />

Gustav Bachon (Ernste Gustav, Brunnenstraße 4)war gelernter Zimmermann, Landwirt,<br />

Bürgermeister und Posthalter in Mauloff.<br />

Otto Frankenbach (Dickersch Otto, Brunnenstraße 2) war Landwirt, Ortsdiener und<br />

Weißbinder.<br />

Otto Seel (Feye Otto, Ringstraße 5) war Landwirt und Hausmetzger.<br />

Otto Eist (Eiste Otto, Ringstraße 7) war Landwirt, von Oktober 1945 bis 1948 Bürgermeister<br />

und hatte eine Art Fuhrunternehmen (hauptsächlich für Holztransporte).<br />

Christian Guckes (Ringstraße 10)war Pensionär (hat seit 1933 in Mauloff gewohnt).<br />

Er war davor Oberbauwart bei der Stadt Frankfurt am Main.<br />

Albert Ott (Schoustersch Albert, Ringstraße 9) war Landwirt. Die Landwirtschaft war<br />

groß. Er war nach Gustav Ott I einige Jahre Ortslandwirt.<br />

Wilhelm Reuter (Vinze Wilhelm, Ringstraße 11) war Landwirt.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Gustav Ott II (Phile Perrersch Gustav, Ringstraße 13) war Landwirt.<br />

Willi Seel (Mehls Willi, Heideweg 1) war zunächst Gemeindesekretär bei Otto Eist und<br />

dann Bürgermeister. Er hatte zusammen mit seiner Ehefrau einen Gemischtwarenladen.<br />

Albert Vollberg (Ringstraße 15) war Landwirt und Schreiner.<br />

Georg Bausch (Bausche Schorch, Seelenberger Weg 2) war Landwirt, Ortsgerichtsschöffe<br />

und Feuerwehrkommandant.<br />

Gustav Ott I war Landwirt (auch Ortslandwirt) und Gemeinderechner, d.h. Kassenverwalter<br />

der Gemeinde Mauloff.<br />

Otto Steinmetz (Michels Otto, Seelenberger Weg 6) (verstorben 1936) war Landwirt<br />

und der erste Feuerwehrkommandant der im Jahre 1932 gegründeten Freiwilligen Feuerwehr<br />

Mauloff. Er war auch vor Heinrich Reuter Haumeister bei der Gemeinde<br />

Mauloff.<br />

Theodor Feger (Butze Thedor, Seelenberger Weg 8) war Landwirt und Maurer.<br />

Karl-Wilhelm Hedwig (Drowe Hewis Wilhelm, Seelenberg Weg 3) war Landwirt und<br />

Maurer.<br />

Willi Ott und Emil Scheid (Gasthaus „Zur Rose“) waren Land- und Gastwirte.<br />

Adolf Scherer und Richard Klapper waren Landwirte. Richard Klapper hat auch<br />

Weißbinderarbeiten ausgeführt.<br />

Rudolf Steinmetz war Landwirt und Hausmetzger.<br />

Wilhelm Hedwig (der Ältere, Ringstraße 19) sowie sein Sohn Wilhelm waren Landwirte<br />

und Maurer.<br />

Wilhelm Mehl war Landwirt<br />

Heinrich Seel (Mehls Heinrich) war Schneider (Landwirt wohl nur im Nebenberuf).<br />

Damit ist meine Aufzählung beendet. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen. Nachträge<br />

sind durchaus erlaubt und wünschenswert.<br />

Somit war in alten Mauloffer Häusern ein einigermaßen Auskommen gesichert.<br />

Dazu kam, dass viele Männer im Winter als Waldarbeiter bei der Gemeinde Mauloff<br />

beschäftigt waren. Wohl auch, weil sie im Winter nicht auf dem Bau arbeiten konnten.<br />

Ausgeschlossen von der Waldarbeit waren mein Vater Emil Sachs, Otto Eist und Albert<br />

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Ott mit der Begründung, die Landwirtschaft sei jeweils groß genug, dass sich die Familien<br />

ohne Zuverdienst ernähren könnten. Ich hoffe, das wurde mir korrekt übermittelt,<br />

bzw. ich habe es damals richtig verstanden<br />

Irene Schlösser<br />

Das Dorfgemeinschaftshaus und seine<br />

Hausmeisterinnen<br />

Als das Dorfgemeinschaftshaus –DGH- im Sommer 1956 eröffnet wurde, bekam Paula<br />

Vollberg (gen. Vinze-Schnaarersch Paula) die Hausmeisterstelle, die sie über sehr viele<br />

Jahre hatte. In den späteren Jahren war sie auch Küsterin für die evangelische Kirche,<br />

bzw. den Gottesdienst, der im DGH gehalten wurde.<br />

Paula Vollberg lebte in ihrem Anwesen Ringstraße 15 (heute Familie Wilde) allein. Ihr<br />

Mann Albert war schon einige Jahre tot. Der Sohn Walter war in Merzhausen und die<br />

Pflegetochter Inge in Steinfischbach verheiratet. Die Landwirtschaft war aufgegeben.<br />

Paula hatte Zeit und das sicher nicht üppige Entgelt, das sie für Tätigkeit bekam, tat ihr<br />

sicher gut. Sie musste ihren Lebensunterhalt von der Witwenrente ihres früh verstorbenen<br />

Mannes bestreiten. Sie war etwa Mitte der 50 er Jahre alt und der Aufgabe sehr gut<br />

gewachsen. Sie „besorgte“ das Haus im wahrsten Sinne des Wortes. Suchte man sie<br />

einmal, war sie in aller Regel im DGH anzutreffen. Sie war auch Leiterin der Wäscherei<br />

und für die Ordnung der Bäder verantwortlich und vor allem zuständig für die Vermietung<br />

des großen Saals und der Küche. Bei den damals vielen Feiern aller Art, hatte sie<br />

in der Küche das Kommando, ein ihr zugestandenes Privileg, an dem man nicht vorbeikam.<br />

Sie hat stets vorneweg gearbeitet, dafür gesorgt, dass alles parat war, wenn die<br />

Gäste kamen und dass nach Ende der Veranstaltungen alles sauber und an seinem Platz<br />

war. Das DGH mit „allem Drum und Dran“ war ihr Lebensinhalt.<br />

Im Grunde ihres Wesens war sie sehr liebenswürdig und zugänglich. Sie konnte aber<br />

auch sehr deutlich (und manchmal nicht immer liebenswürdig) sein, wenn nach ihrer<br />

Auffassung jemand nicht „spurte“ oder die Dinge aus dem Ruder zu laufen schienen.<br />

Viele Jahre vergingen und Paula wurde alt und war irgendwann der Sache nicht mehr<br />

gewachsen. Das konnte oder wollte sie wohl nicht erkennen. Sie fühlte sich auch schon<br />

mal zu Unrecht angegriffen. So wollte man sie seitens der Gemeinde Weilrod in den<br />

Ruhestand versetzen, d.h. sie sollte die Hausmeisterstelle aufgeben. Dieses Ansinnen<br />

hat sie regelrecht auf die Palme gebracht. Sie war nicht bereit, die Schlüssel herauszugeben.<br />

Sie hat niemand an sich herangelassen und einen Mitarbeiter der Gemeinde hat<br />

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sie deswegen auch von ihrem Grundstück gejagt. Ich selber habe all die Jahre, soweit<br />

es meine Zeit zuließ, immer gerne und gut mit ihr im DGH zusammengearbeitet. Zwischen<br />

uns war ein regelrechtes Vertrauensverhältnis entstanden. Das war im Rathaus<br />

auch bekannt und so habe ich von dem Drama wegen der Schlüssel auch erfahren. Man<br />

war ratlos und fragte mich, wie man wohl an die Schlüssel kommen könne. Da kam mir<br />

ein Zufall zu Hilfe (eigentlich gemein und schamlos). Eines Abends kam Paula zu mir<br />

gerannt mit den Worten: „Du musst unbedingt mit mir ins DGH gehen, man hat mich<br />

dort schon wieder mal beklaut“.<br />

Ich fragte: „Was hat man dir denn diesmal geklaut“?<br />

Paula: „Jetzt sind die Kaffeefilter weg“. Ich wusste, das konnte nicht sein, die Größe<br />

dieser Kaffeefilter war in keinem Haushalt zu gebrauchen.<br />

Natürlich ging ich mit ihr ins DGH. Sie war völlig außer sich. Nach kurzer Inspektion<br />

waren die Kaffeefilter gefunden und Paula beruhigt. Und jetzt begann meine Gemeinheit.<br />

Beim Verlassen des DGH sagte ich zu ihr: „Komm gib mir die Schlüssel, lasse<br />

mich zuschließen“. Das tat sie dann bereitwillig. Ich schloss ab und ließ den Schlüssel<br />

in meiner Kittelschütze verschwinden, was Paula in ihrer Aufregung nicht wahrnahm.<br />

Ich begleitete sie nach Hause, den Schlüsselbund legte ich daheim bei mir in die Schublade.<br />

Am nächsten Morgen (es muss ein Samstag oder Sonntag gewesen sein) stand<br />

Paula bei „guter Zeit“ in voller Aufregung bei mir vor der Tür mit den Worten: „Was<br />

mach ich nur, ich habe gestern Abend den Schlüsselbund verloren?“<br />

„Nein“, sagte ich mit dem Brustton voller Überzeugung, „den hast du mir mitgegeben<br />

und gesagt, du wolltest ihn nicht mehr haben“. Ich gestehe, ich habe in meinem Leben<br />

selten so dreist gelogen. „Jetzt liegt er bei mir in der Schublade (ich zeigte ihr den Platz)<br />

und da lassen wir ihn wohl auch liegen?“ Sie sagte laut und deutlich; „Ja“. Und damit<br />

war ihre Hausmeistertätigkeit beendet.<br />

Der Gemeindeverwaltung habe ich entsprechend berichtet und damit war dieses Kapitel<br />

auch für mich abgeschlossen. Das Ende der Geschichte war sicher für alle Beteiligten<br />

nicht sehr rühmlich, aber daran war nichts mehr zu ändern.<br />

Kurz vor dem Ende ihrer Hausmeistertätigkeit sollte Paula auch die Küsterstelle aufgeben.<br />

Für sie ein weiteres Drama in ihrem Leben. Ob man sie längerfristig vorher davon<br />

informiert hatte, weiß ich nicht. Das ging relativ kurz aber spektakulär über die Bühne<br />

und ich habe diesen Akt miterlebt. Unser damaliger Pfarrer Rauchhaus erklärte ihr den<br />

Sachverhalt nach dem Gottesdienst im DGH (alle außer mir waren bereits gegangen)<br />

und überreichte ihr einen Blumenstrauß. Paula überlegte einen winzigen Augenblick,<br />

nahm den Blumenstrauß und feuerte ihn vor den Augen des völlig verdutzten Pfarrers<br />

mit den Blumen nach unten in den Mülleimer. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Pfarrer<br />

Rauchhaus wortlos und in aller Eile den Ort des Geschehens verlassen. Ich denke,<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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er tat gut daran, ich weiß nicht wozu Paula in dem Augenblick noch imstande gewesen<br />

wäre. Damit war auch das Kapitel der Geschichte beendet.<br />

Nachwort:<br />

Ich selber habe immer von Anfang an gerne mit Paula zusammengearbeitet, auch in der<br />

Zeit, in der sie mit zunehmendem Alter oft schon recht schwierig war. Zugang zu ihr zu<br />

finden, immer wieder, war für mich nicht schwer. Ich glaube, sie hatte mich sehr in ihr<br />

Herz geschlossen. Ich bin für die Zeit mit ihr heute noch dankbar.<br />

Nach Paula Vollberg wurde Mehls Heidel (Adelheid) Seel Hausmeisterin und selbstverständlich<br />

auch Küsterin. Heidel hat ihre Sache in allen Bereichen ebenfalls sehr ernst<br />

genommen und dem Haus und der Sache viel Zeit und Liebe geopfert. Was sie als Entgelt<br />

bekam, war so gering, dass sich je nachdem wie oft und wie lange sie dort sein<br />

musste, oftmals sicher das Hingehen kaum gelohnt hat. Sie ist aber wohl immer gerne<br />

hingegangen. Das Gefühl hatte ich jedenfalls, denn wir beide haben zusammen manche<br />

Stunde im DGH verbracht. Als ihre Kräfte nachließen (sie war schon krank), ohne dass<br />

sie es vielleicht zunächst nicht wahrhaben wollte, gab sie die Hausmeisterstelle auf. Die<br />

Küsterstelle konnte sie durch die Mithilfe von Irma Seel und mir noch eine Weile behalten.<br />

Irgendwann im Jahre …hat sie auch als Küsterin aufgehört. Bei ihrer Verabschiedung<br />

im Rahmen eines kleinen Festgottesdienstes im DGH konnte man sehen, es<br />

war Zeit. Ihr hatte man den Abschied vom Küsterdienst (den sie aufgegeben hatte) und<br />

den Festgottesdienst vorher angekündigt. Sie hat die Veranstaltung dann auch sehr genossen.<br />

Selbstverständlich bekam sie auch einen schönen Blumenstrauß und als Beigabe<br />

einen Umschlag mit einem Geldgeschenk. Wolfgang Haub hat diesen Festgottesdienst<br />

in Bildern festgehalten. Mehr über Heidel zu berichten, erübrigt sich, denn das<br />

Ganze ist noch gar nicht so lange her. Sie ist an den Folgen der Krankheit am 25.08.2006<br />

verstorben.<br />

Irene Schlösser am 26.02.2012<br />

Versorgung von Mauloff mit Gütern und<br />

Lebensmitteln, die nicht aus der Landwirtschaft<br />

gewonnen werden konnten<br />

Zurückgehen will ich dabei bis in die Zeit des 2. Weltkrieges, die war recht bald auch<br />

die Zeit der Lebensmittelkarten. Die waren, soweit ich mich erinnern kann, etwa DIN<br />

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A 5 groß und aus etwas stabilerem Papier und enthielten Bons (Marken etwa in ¾ der<br />

Größe einer heutigen Briefmarke). Sie enthielten den Aufdruck der jeweiligen Zuteilung,<br />

z.B. Milch, Fett, Butter, Öl, Zucker, Salz Teigwaren usw. und die jeweilige Mengenangaben.<br />

So z.B. 150 g. Butter, 250 g. Mehl, 150 g. Teigwaren usw. Als die Lebensmittel<br />

knapp und knapper wurden, gab es auch bald 50 g.-Bons.<br />

Die Lebensmittelmarken waren auch unterteilt in Kleinkinder und Alte, Kranke und<br />

Schwerstarbeiter. Ihnen standen Sonderrationen zu. Den Gemischtwarenladen betrieb<br />

Greta Steinmetz neben der Landwirtschaft. Wenn man einkaufen wollte, musste man<br />

die Mittagszeit abpassen, den Abend oder Sonntagvormittag. Feste Gefäße, z.B. Flaschen<br />

waren mitzubringen. Papiertüten gab es zunächst noch. Später brachte man die<br />

am besten wieder mit. Sie wurden, weil immer knapper, sauber geleert und ordentlich<br />

gefaltet mit der Aufschrift z.B. Zucker, Salz, Mehl usw. versehen und lange benutzt, bis<br />

sie ihren Geist aufgaben. In Gretas Krämerladen gab es auch andere Dinge wie z.B.<br />

Petroleum, Streichhölzer, Fliegenfänger; halt einfach alles, was in einem Haushalt üblich<br />

war. Brot- und Toilettenpapier gab es zu dieser Zeit in Mauloff nicht. Es wurde die<br />

Zeitung genommen.<br />

Die Lebensmittelbons waren untereinander austauschbar, wer z.B. einen Butterbon<br />

nicht brauchte, konnte gegen Zucker, Teigwaren oder Sonstiges tauschen.<br />

Nicht benötigte Bons wurden auch schon mal weitergegeben, was nicht sein sollte. Dafür<br />

musste man dem Empfänger seine eigenen Lebensmittelkarten komplett mitgeben,<br />

vorher abgeschnittene wurden nicht genommen. Bald wurden die Lebensmittel in ganz<br />

Deutschland knapper und zum Schluss nutzten auch die Lebensmittelkarten nichts<br />

mehr. Auf dem Land war das noch einigermaßen zu ertragen, in der Stadt bald nicht<br />

mehr.<br />

Wegen der allgemeinen Lebensmittelknappheit fingen bald die Viehzählungen an. Ein<br />

Kontrolleur ging durch die Bauernhöfe, zählte Hühner, Schweine, Kühe, Kälber, Schafe<br />

usw., um den Bedarf der einzelnen Familien pro Kopf zu ermitteln. Alles was darüber<br />

hinausging, musste abgeliefert werden.<br />

Die Kunde von den Viehzählern war natürlich bald rund im Dorf und hier und da auch<br />

schon mal ein Ferkel in einem Sack oder einige Hühner in einer Kiste verschwunden<br />

und in der Scheune versteckt, denn die Kontrolleure waren in der Regel Bauern. Die<br />

hätten sicher Verdacht geschöpft, wenn von fünf Kühen in dem Jahr (die Viehzählung<br />

fand jährlich statt) nur zwei oder drei gekalbt hätten. Dass eine Kuh mal nicht trächtig<br />

wurde, konnte man vielleicht noch vorbringen. Dann begann das Schwarzschlachten.<br />

Das war unter strengsten Strafen (mit Zuchthaus) verboten. Ein Huhn konnte man schon<br />

einmal in die Suppe hauen, die Glucke brütete hoffentlich wieder, ein Schwein oder<br />

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Kalb schwarz zu schlachten, war nur unter Lebensgefahr möglich. Das fand, wenn überhaupt,<br />

nachts statt, denn Schweine quiekten und Kälber brüllten. Die Blutspuren mussten<br />

rückstandslos beseitigt werden. Wenn das eine oder andere Hoftor einmal drei Tage<br />

nicht aufgemacht wurde oder man drei Tage keinen Besuch wollte, war man sofort verdächtigt.<br />

Da wird bestimmt geschlachtet, hieß es im ganzen Dorf. Es konnte auch passieren,<br />

dass der Anfangsverdacht von irgendjemand, der einem nicht ganz grün war,<br />

angezeigt wurde. Dann kam der Übeltäter ganz schnell und sehr heftig in Erklärungsnot.<br />

Verboten war auch sehr schnell, Butter herzustellen. Alle Milchzentrifugen-Trommeln<br />

(die Milch musste bis auf den Eigenbedarf abgeliefert werden) wurden eingezogen. Da<br />

konnte man sich besonders im Winter einigermaßen helfen, indem man den Rahm von<br />

der Milch abschöpfte, ihn sammelte und begann „Butter zu stoßen“. Die Butterfässer<br />

waren wohl überall noch vorhanden und manche Hausfrau war abends oder sonntags<br />

über einen langen Zeitraum unsichtbar. Erwischen lassen durfte man sich beim Butterstoßen<br />

auch nicht, das machte auch Geräusche, da ist wohl so manches Sofakissen<br />

zweckentfremdet worden.<br />

Die Bauern bekamen für ihre abzuliefernden Naturalien Geld, für 1 Ei z.B. 9 Pfennige<br />

(das weiß ich genau). Wieviel es für die anderen Produkte gab, weiß ich nicht. Man<br />

konnte aber für das Geld so gut wie nichts mehr kaufen. Der freie Markt war total lahm<br />

gelegt und es gab für alles Bezugsscheine, z.B. Schuhe, Kleider oder Schürzen, sogar<br />

für Seife. Das alles nutzte aber nichts, es war keine Ware vorhanden. Das Wenige was<br />

noch produziert werden konnte, wurde für die Wehrmacht gebraucht.<br />

1945 war der Krieg zu Ende, die Währungsreform 1948 überstanden und die Lebensmittelkarten<br />

und Bezugsscheine waren abgeschafft. Ein relativ normales Leben begann.<br />

Wir hatten am Tag der Währungsreform die erste Deutsche Mark (DM), das sogenannte<br />

Kopfgeld und das waren pro Person 40 DM.<br />

Erstaunlich war, am nächsten Tag waren die Läden wieder voll mit Waren. Ich erinnere<br />

mich genau an einen Eisenwarenhändler aus einem etwas entfernten Nachbardorf bei<br />

dem man bis dahin nur mit großer Mühe ein paar Notringe oder eine Handvoll Nägel<br />

bekommen konnte. Das Schaufenster und der Laden waren voll. Öfen, Rohre, Viehketten,<br />

Pflugscharen – alles war zu haben. Der Mann hatte, als der Krieg zu Ende war, gut<br />

vorgesorgt.<br />

Aber nun wieder speziell zurück nach Mauloff. Zu jedem Haus gehörte seit eh und je<br />

ein Garten und ein Bohnenland. Im Garten wurde das angebaut, was man für das tägliche<br />

Essen brauchte, auf dem Bohnenland z.B. Bohnen, Erbsen und alle Dinge, die wenig<br />

Pflege und Wasser brauchten. Das Bohnenland war eine kleine Parzelle (oft nicht größer<br />

als die Küche oder das Wohnzimmer), die man den umliegenden Wiesen abgewonnen<br />

hatte. Es wurde notwendig gebraucht. In der Küche verarbeitet wurden (speziell im<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Frühjahr) Brennnessel, Löwenzahn, Sauerampfer und ein Gewächs, Wiesenkiel genannt.<br />

Wie der botanische Name ist, weiß ich nicht. Es ist aber vergleichbar (in aller<br />

Freiheit) mit dem heute gebräuchlichen Mangold. Dieser Wiesenkiel wuchs ausschließlich<br />

wild nur an einer ganz bestimmten Stelle in den Mauloffer Wiesen. Man war bestrebt,<br />

jede Woche wenigstens einmal eine Portion davon nach Hause zu bringen. Das<br />

man dabei auf den Wiesen dem Grundbesitzer das Futter zertrampelte, wurde in Kauf<br />

genommen.<br />

Obst war ausreichend vorhanden, Äpfel, Birnen, Pflaumen und Kirschen. Man kannte<br />

besonders auch die Frühsorten, die oft anderen Leuten gehörten. Beliebt war der Haferapfelbaum<br />

von Nelle /Scherers. Der Baum stand direkt an der Straße nach Finsternthal,<br />

die Äpfel waren reif zur Haferernte und jeder der vorbeiging versuchte, wenigstens<br />

einen davon zu erwischen. Den besten Birnbaum in der ganzen Gemarkung<br />

hatte Gustav Bachon in der „Hohl“, das ist an der Straße nach Riedelbach rechts. Etwa<br />

dort, wo heute die erste Wiese beginnt. Wurde man beim Äpfel- oder Birnenklauen<br />

erwischt, war man in der Regel übel dran. Ich gestehe, auch ich habe es immer wieder<br />

versucht, denn Mundraub war nicht strafbar. Wenn aber die Taschen untersucht wurden,<br />

dann wurde die Sache enger! Es soll auch vorgekommen sein, dass der eine oder<br />

andere Baumbesitzer morgens nur noch einen Rest des Obstes vorfand, dann gab es<br />

richtig Ärger, wenn der Dieb erwischt wurde oder es Zeugen gab. In Mauloff hatte die<br />

Nacht (wie auch heute noch) Augen und Ohren. Bereits vor dem Krieg gab es Zulieferer<br />

besonders für Fleisch, Wurst, Brot und Mineralwasser. Der erste Metzger, an den ich<br />

mich erinnern kann, war der „Seelenberger Schaa“. Der war aus Seelenberg und hieß<br />

Jean Brendel. Er kam regelmäßig Samstagmittag mit dem Henkelkorb und brachte die<br />

bestellte (soweit verfügbar) Ware in die Häuser. Er hatte feste Kundschaft in Mauloff,<br />

zu der auch Christian Guckes (unser Onkel Christian) gehörte und Onkel gelang es immer,<br />

etwas „fürs Kind“ (das war ich) zu ergattern, Meist war es ein Stück Fleischwurst.<br />

Ob er dafür auch mal eine Fleischmarke geopfert hat, weiß ich nicht. Der Bäcker, der<br />

lange Jahre allein ins Dorf kam, war der „Bäcker Hermann“ (Hermann Enders) aus<br />

Steinfischbach. Der hatte mindestens ab dem Jahre 1943 ein Auto und lieferte u.a. auch<br />

bei Familie Guckes. Dort habe ich ihn erlebt. Er hatte auch in der Regel Brötchen und<br />

Weißbrot auf Bestellung dabei. Dann kam noch der „Kronberger Wilhelm“ (Wilhelm<br />

Schmidt aus Kronberg). Er lieferte Selterswasser ins Dorf. Ob das Selterswasser immer<br />

aus Selters an der Lahn kam, weiß ich nicht mehr. Im Haus Guckes war aber immer<br />

Wasser „fürs Kind“ vorrätig. Irgendwann kam auch „Schütze Willi“ ins Dorf, um<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Fleisch und Wurst zu liefern. Er war Metzger in Camberg und hieß Willi Schütz. Dasselbe<br />

galt auch für Wilhelm Heberling (genannt der Riedelbacher Bäcker). Er war Bäcker<br />

in Riedelbach und ging nicht mehr in die Häuser. Man ging jetzt zum Bäckerauto,<br />

das zu bestimmten Zeiten an festen Plätzen hielt. Mit einer Schelle wurden die Kunden<br />

aufmerksam gemacht. Verpasste man den Bäcker, war man schlecht dran. Ein Fußmarsch<br />

nach Riedelbach war dann unumgänglich.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Jean Brendel hat seine Lieferungen nach Mauloff aus Altersgründen eingestellt. Der<br />

Nachfolger von Hermann Enders war sein Sohn Karlheinz (Jahrgang 1937), der das<br />

Geschäft bis zu einer Erkrankung weiterführte. Der Nachfolger von Wilhelm Heberling<br />

war sein Sohn Frank, der das Geschäft später aufgab und in einer größeren Bäckerei<br />

arbeitete. Der Sohn von Willi Schütz war Edgar Schütz, der bis in die „Neuzeit“ Fleisch<br />

und Wurst nach Mauloff brachte.<br />

Uns mit Brot, Kuchen und Fleisch und Wurst zu versorgen, fiel dann nicht mehr sehr<br />

schwer. In jedem Haus gab es bald ein Auto und man konnte sich alles, was nötig war<br />

von außerhalb mitbringen.<br />

Den Krämerladen (Gemischtwaren) von Greta Steinmetz haben (in welchem Jahr<br />

weiß ich nicht mehr) Willi und Hildegard Seel übernommen. Das Sortiment war umfangreich.<br />

Man konnte vom Schuhband über Mehl, Milch, Zeitungen, Ansichtskarten<br />

und Sonstiges alles kaufen, was man so brauchte. Irgendwann gab es sogar eine<br />

Eistruhe. Rentiert hat sich der Laden über viele Jahre auch durch die Gäste des Familienferiendorfes,<br />

die sich stets länger im Dorf aufhielten. In der Regel 2 bis 3 Wochen.<br />

Besonders gut besucht war der Laden stets am Samstagmorgen, da gab es oft regelrechte<br />

Stoßzeiten. Dort traf man sich, um alle Neuigkeiten und wichtigen Dinge auszutauschen.<br />

Mit Sicherheit ist dabei auch manches Gerücht entstanden. Egal, man redete<br />

auf jeden Fall miteinander und auch über den / die anderen. Ich bin überzeugt,<br />

letzteres findet in Mauloff heute nirgends und in keinem Fall mehr statt!!??<br />

Aufgegeben hat Hildegard den Laden kurz bevor der Euro kam. Die Umstellung wollte<br />

sie sich (inzwischen war sie fast 80 Jahre alt) nicht mehr antun. Dazu beigetragen hat<br />

auch eine Unlust, die sich dadurch einstellte, dass viele Mauloffer nur noch hingingen,<br />

um Dinge zu kaufen, die sie außerhalb vergessen hatten und sich dann beklagten, wenn<br />

Hildegard genau diesen Artikel nicht vorrätig hatte.<br />

So fing in Mauloff plötzlich ein Rückschritt in alte Zeiten an. Die Post war schon vorher<br />

aufgelöst, der Krämerladen weg und vor nicht allzu langer Zeit wurde auch die fahrbare<br />

Bank-Zweigstelle eingestellt.<br />

Die Post wird uns seit einiger Zeit ins Haus gebracht, Arzneimittel zugestellt durch einen<br />

Botendienst. Einkaufen kann man in Mauloff selbst überhaupt nicht mehr – doch,<br />

am Sonntag die Bildzeitung.<br />

Irene Schlösser, am 01.03.2012<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Die Strukturierungen des dörflichen Lebens, der<br />

Landwirtschaft und des Zusammenlebens in den<br />

Dörfern (auch in Mauloff)<br />

Die weiter zurückliegende Zeit hier zu beschreiben, erübrigt sich für mich, dazu wäre<br />

ich keinesfalls imstande. Ich verweise auf das Buch von Kaethner aus dem Jahre 1987<br />

„Weilrod-die Geschichte von 13 Taunusdörfern“. Dort sind von Seite 371 bis Seite 424<br />

diese Dinge recht ausführlich beschrieben. Viele der geschilderten Abläufe kenne ich<br />

gut aus meiner Kinder- und Jugendzeit. Der auf Seite 415 gezeigte Bauernwagen war<br />

im Besitz der Familie Albert Ott in Mauloff. Dieser Wagen zeigte den Beginn einer<br />

neuen Epoche an. Die bis dahin gebräuchliche Deichsel zum Anspannen der Kühe war<br />

abmontiert. Sie war ersetzt durch eine Anhängerkupplung für den Traktor! Besonders<br />

hinweisen möchte ich auf den Schlusssatz des Kapitels Landwirtschaft auf Seite 376, in<br />

dem es wörtlich heißt: „Mit dem Aufhören der kleinbäuerlichen Landwirtschaft haben<br />

unsere Dörfer ein anderes Gesicht bekommen, ob es ein schöneres ist, mag der Leser<br />

entscheiden“.<br />

Mit dem Aufhören der kleinbäuerlichen Landwirtschaft will ich meine persönlichen Erinnerungen<br />

an Mauloff beginnen. Um das Jahr 1960 herum wurde vom Land Hessen<br />

die Flurbereinigung (auch Konsolidierung genannt) angestoßen. Eine große Maßnahme,<br />

der sich auch die Gemeinde Mauloff anschloss. Dadurch kam wieder einmal richtig<br />

Unruhe ins Dorf. Zunächst die Fragen: Wie geht das? Wer soll das bezahlen? Wieviel<br />

bleibt vom ursprünglichen Grundbesitz übrig?<br />

Folgendes war recht schnell klar, die Sache kostet Geld und jeder Bauer musste einen<br />

bestimmten Prozentsatz seines Landes für den Feldwegebau hergeben. Der Ansatz berechnete<br />

sich aus der Flächengröße. Durchgeführt wurde die Maßnahme durch das Kulturamt<br />

Gießen. Von diesem Amt kamen bald drei oder mehr Leute ins Dorf – die Landvermesser.<br />

Der Leiter war ein Mann namens Hajenski. Zunächst wurde der Ist-Bestand,<br />

d.h. der vorhandene Grenzverlauf, die Größe der Grundstücke festgestellt und protokolliert.<br />

Gleichzeitig wurde der Ertragswert der einzelnen Grundstücke aufgrund der Bodenbeschaffenheit<br />

ermittelt und festgehalten. Der Ertragswert war allgemein in<br />

Deutschland in sogenannte Bodenklassen eingeteilt. Soweit ich mich erinnere waren die<br />

von 1 (beste) bis 20 (geringste). Die beste Klasse, die in Mauloff ermittelt wurde, war<br />

wohl 16. Bei dem einen oder anderen Land kam auch 20 heraus. Wir alle wussten, die<br />

Ertragslage in Mauloff war gering wegen der Bodenbeschaffenheit, der Höhenlage und<br />

der vielen Feuchtstellen, starke Hanglagen und Bewuchs. Wer von den Bauern bei der<br />

Bewertung dabei sein wollte, konnte das. Ob wirklich jemand von dieser Möglichkeit<br />

Gebrauch gemacht hat, weiß ich nicht.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Bald war auch die Finanzierungsfrage geklärt. Aufgrund der Höhenlage und der Klimaverhältnisse<br />

wurde die Gemarkung Mauloff als „Landwirtschaftliches Notstandsgebiet“<br />

deklariert. Dadurch wurde das ganze Projekt relativ hoch vom Staat –wohl um<br />

90%- bezuschusst. Die verbleibenden Beträge, die sich aus den Betriebsgrößen ergaben,<br />

waren für fast alle trotzdem eine harte Nuss. Ratenzahlungen wurden eingeräumt und<br />

die Beträge genau per Vertrag und mit einem Eintrag ins Grundbuch gesichert. So<br />

lastete bis zum Abtrag der Restschuld auf jedem landwirtschaftlichen Betrieb eine Hypothek.<br />

Das war unangenehm, aber unvermeidlich. Ich kenne kein Haus in Mauloff, das<br />

die entstandenen Kosten in einem Rutsch bezahlen konnte. Aufpassen musste man höllisch,<br />

dass man die fixen Zahlungstermine nicht übersah. Einige Tage später stand dann<br />

der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Der soll in Mauloff hin und wieder einmal gesehen<br />

worden sein.<br />

Nachdem das Land neu vermessen war, ging die Aufteilung los – und oh Wunder, in<br />

Mauloff hatten alle Bauern vorher ausnahmslos nur ganz gute oder die besten Grundstücke.<br />

Die ganz nassen Stücke, das Unland, die Heckenstücke hatten plötzlich keinem<br />

gehört. Ich war bei der Landverteilung dabei. Einen solchen Tumult hatte es in Mauloff<br />

lange nicht gegeben. Wer mehr erfahren möchte, sollte meinen Bruder befragen. Er hat<br />

das noch weit besser in Erinnerung als ich. Fast alle waren beschissen worden. Am<br />

besten erinnere ich mich dabei an Erich Ott (Sohn von Albert Ott). Der Arme war nach<br />

seiner Aussage von allen am meisten beschissen worden. Diese angebliche Tatsache hat<br />

er jahrelang herumgetragen. Ob er jemals ganz damit fertig wurde, weiß ich nicht.<br />

Wer wollte, konnte Ackerland im Zuge der Maßnahme gegen Bauland eintauschen. So<br />

entstand das Neubaugebiet unterhalb des Friedhofes. Bevorzugt wurden zunächst alle,<br />

die in diesem Bereich Ackerland hatten. Andere konnten, wenn sie wollten, ebenfalls<br />

tauschen –Äcker egal wo – gegen Bauplatz. In diesem Zusammenhang wurde auch der<br />

eine und andere kleine Bauernhof aufgelöst. Anstatt sich auf dem verbleibenden Land<br />

mühsam herumzuquälen, tauschte man komplett ein und nahm dafür so viel Bauland,<br />

wie sich aus diesem Tausch ergab. In keinem Fall wurde 1:1 umgerechnet. Das Ergebnis<br />

wurde aus den Wertverhältnissen ermittelt. So richtig draufgelegt hat bei dieser Aktion<br />

wohl keiner. Irgendwann hatten sich fast alle im Dorf wieder beruhigt.<br />

Die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen wurde wesentlich einfacher.<br />

Durch die jetzt für Mauloff relativ großen Parzellen fiel ein ganzer Teil der Wegeparzellen<br />

weg – und mancher Streit fand nicht mehr statt, denn die Grenzsteine waren überall<br />

für jeden sichtbar angebracht und durch die breiten Wirtschaftswege brauchte keiner<br />

mehr über das Nachbargrundstück fahren. Im Dorf war mehr oder weniger Ruhe.<br />

Im Zusammenhang mit dem Kapitel Strukturierungen und den an anderer Stelle genannten<br />

Bürgermeister von Mauloff will ich – vordergründig zu meiner eigenen Freude<br />

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– vielleicht als Belustigung anderer unbedingt auf die Entstehung des Ortsnamens<br />

Mauloff hinweisen.<br />

Zunächst der ernsthafte Teil: In dem Buch von Kaethners „Weilrod-die Geschichte von<br />

13 Taunusdörfern“ ist ab Seite 209 unter der Überschrift „Mauloff das alte Dorf“ der<br />

ganze Ablauf der tatsächlichen Geschichte aufgezeichnet und dazu das heute noch gültige<br />

Ortswappen. Auf Seite 210 sind auch die ersten für Mauloff aufgezeichneten Einwohner<br />

genannt. Auf Seite 435 desselben Buches habe ich unter dem Titel „Der Dorf<br />

Name“ ein wunderschönes Gedicht unter dem Titel „Des Dörfchens Name“ gefunden,<br />

dessen Verfasser nicht genannt ist. Ich konnte ihn auch im Anhang zu dem Buch nicht<br />

finden, vielleicht habe ich doch nicht genau genug nachgesehen??<br />

In dem Buch „Geliebtes Usinger Land“ –Geschichten und Erzählungen unserer Heimat,<br />

bearbeitet und herausgegeben von Klaus Wagner, gedruckt 1982 im Walkmühlenverlag<br />

Usingen findet man auf Seite 200 dasselbe Thema abgehandelt – nur in etwas anderer<br />

Form. Der Inhalt dieser Veröffentlichung war im Dritten Reich in dem damaligen<br />

„Großdeutschen Lesebuch“ abgedruckt unter Überschrift „Die Lügengeschichte von<br />

Mauloff“. Das weiß ich bestimmt, denn ich habe die Geschichte in diesem Lesebuch<br />

selbst gelesen.<br />

Vielleicht ist Mauloff dadurch zum ersten Mal in ganz Deutschland bekannt geworden?<br />

Diese Frage bleibt sicher für immer offen?! Ich weiß die Antwort ganz bestimmt nicht.<br />

Irene Schlösser am 02.03.2012<br />

Das Familienferiendorf Mauloff –<br />

genannt auch Landheim<br />

Das genaue Jahr, in dem mit dem Bau des Landheims begonnen wurde, kann ich nicht<br />

bestimmen. Es lag auf jeden Fall zwischen dem Bauende des Dorfgemeinschaftshauses<br />

und dem Beginn der Flurbereinigung, wie sich aus meinen nachfolgenden Aufzeichnungen<br />

zweifelsfrei ergibt. Ein Großteil des gesamten Areals bestand aus vielen kleinen<br />

Parzellen (Äcker, Grünland, Baumbestände), die vielen verschiedenen Besitzern gehörten.<br />

Den Anstoß soll wohl der Frankfurter Pfarrer Max Vollmer gegeben haben. Ihm sei bei<br />

einem Besuch in Mauloff beim Blick vom Waldrand oberhalb des Seefelds die Idee<br />

dazu gekommen. Max Vollmer hatte später ein Haus im Seelenberger Weg gebaut und<br />

bewohnt. Diese Idee bei unserem Bürgermeister Willi Seel unterzubringen, dürfte nicht<br />

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schwer gefallen sein. Wie die Vorplanungen abliefen, weiß ich nicht. Irgendwann kam<br />

der Plan im Dorf rum – und wieder einmal schieden sich im Dorf die Geister. Die einen<br />

fanden ihn gut, andere wollten partout keine Fremden im Dorf haben. Irgendwann kamen<br />

Leute der Epiphanias Gemeinde aus Frankfurt nach Mauloff und die Verhandlungen<br />

begannen. Ein Preisangebot für die Grundstücke wurde gemacht. Für den 1. Bauabschnitt<br />

wurden 3 DM pro qm gezahlt.<br />

Abgeben wollten zunächst nicht alle Grundbesitzer. Das Geld lockte zwar, aber man<br />

war sich auch darüber im Klaren, ein Stück Land kann man nur einmal verkaufen. Die<br />

Verhandlungen waren schwierig. Es wurde von den Kaufinteressenten bald der Begriff<br />

„Bauerwartungsland“ ins Gespräch gebracht. In der gar nicht so lange zurückliegenden<br />

Zeit wurde sogar behauptet, man habe mit Enteignung gedroht und die Nachkommen<br />

einer Mauloffer Familie behaupten sogar, ihre Eltern seien enteignet worden. Von einer<br />

Enteignung oder der Durchführung einer solchen Maßnahme habe ich in Mauloff nie<br />

etwas erfahren. Letztendlich hatten alle verkauft (nebenbei: von dem Geld kamen die<br />

ersten Traktoren ins Dorf), man fing an zu bauen. Zunächst vom Dorf gesehen links<br />

oberhalb der Straße das Epiphaniashaus, dann weiter links die Bungalows, das<br />

Schwimmbad, dann das Verwalterhaus und zuletzt der Sportplatz. Später wurde das<br />

Gelände links vom Heideweg dazugekauft und dort wurden fünf Bungalows errichtet.<br />

Nach und nach gab es immer mehr Betrieb in Mauloff. In Spitzenzeiten waren mehr<br />

Landheimer –so wurden die Feriengäste in Mauloff genannt- im Dorf als Einheimische,<br />

was nicht immer zur Begeisterung der Dorfbevölkerung führte. Auf der anderen Seite<br />

war man im Dorf auch nicht böse darüber, denn einige (hauptsächlich Frauen) fanden<br />

dort Beschäftigung, die sie bis zum Eintritt in das Rentenalter ausüben konnten.<br />

Die Landheimer brachten auch ein wenig Geld ins Dorf. Besonders die beiden Gaststätten<br />

und der Gemischtwarenladen von Willi und Hildegard Seel profitierten davon. Am<br />

Anfang war auch der eine oder andere Bauer nicht böse, wenn er Kartoffeln, Milch,<br />

Eier, Gemüse usw. liefern konnte. Das Landheim hatte mit der Zeit immer mehr Gäste,<br />

der Bedarf an Naturalien konnte von den einheimischen Bauern nicht mehr gedeckt<br />

werden. Man bezog diese Dinge dann von außerhalb. Wie viele Gäste insgesamt untergebracht<br />

werden konnten, weiß ich nicht, schätze aber so 250. Manchmal sollten es bis<br />

zu 300 gewesen sein. Zunächst war das Ganze konzipiert für Familien mit mehreren<br />

Kindern, wo die Eltern kein übermäßiges Einkommen hatten. Für diese Klientel wurde<br />

der Aufenthalt (in der Regel 2 bis 3 Wochen) von kirchlichen Organisationen bezuschusst.<br />

Im Laufe der Jahre wurden die Zuschüsse gekürzt. Dadurch und durch Preiserhöhungen<br />

wurde der Aufenthalt teurer. Dazu kam der Wandel in den Urlaubsgewohnheiten.<br />

Durch günstige Flug- und Pauschalreisen konnten Menschen, die bisher für einen<br />

Aufenthalt in Mauloff dankbar waren, andere Reiseziele, wie z.B. Italien buchen.<br />

Und wer schon mehrfach in Mauloff war, wollte auch mal was anderes sehen. Zum<br />

Schluss war das Landheim nur noch spärlich belegt, hauptsächlich über Feiertage von<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Senioren- oder Behindertengruppen. Eine Rentabilität war dadurch nicht mehr gegeben.<br />

Eine Anlage in dieser Größe muss über das Jahr verteilt mindestens 220 bis 230 Tage<br />

voll ausgelastet sein, sonst ist das ein Geschäft zum „Drauflegen“. Immer wieder waren<br />

ganz interessante Gruppen in Mauloff, alle Hautfarben waren vertreten, von weiß, gelb,<br />

kaffeebraun bis schwarz. Besonders erinnere ich mich an eine Gruppe aus Südamerika<br />

mit dunkelbrauner Haut, die Frauen mit langen schwarzen Zöpfen und recht bunten Gewändern<br />

und einer schwarzen Melone (Hut) auf dem Kopf.<br />

Der Träger der Anlage war zunächst die Epiphanias Gemeinde aus Frankfurt, die ging<br />

in den Evangelischen Regionalverband Frankfurt über. Das Ganze war zuletzt mehrere<br />

Jahre unter dem Dach des Evangelischen Regionalverbandes untergebracht. Nicht nur<br />

evangelische Christen zählten zu den Gästen. Voraussetzung für den Aufenthalt war in<br />

den letzten Jahren ausschließlich die Zugehörigkeit zu einer christlichen Religion.<br />

Das Landheim war in Mauloff immer umstritten. Die Gäste benahmen sich zum Teil<br />

immer wieder mal daneben. Besonders junge Leute und Heranwachsende, aber bald<br />

stellte sich heraus, dass es in Mauloff aber auch Trittbrettfahrer gab. Alles, aber auch<br />

wirklich alles Negative, welches in Mauloff passierte, wurde grundsätzlich den „Landheimern“<br />

in die Schuhe geschoben. Dabei haben manche Mauloffer Eltern zum Schutz<br />

ihrer Kinder fleißig mitgeholfen.<br />

Die Anlage wurde durch den Gästeschwund immer unrentabler und sie wurde dann geschlossen.<br />

Eine Zeit später stand sie zum Verkauf und das rief in Mauloff allerhöchste<br />

Empörung hervor. „Die Kirche“ könne mit Geld nicht umgehen und „der Laden sei mit<br />

Vorsatz heruntergewirtschaftet“ worden. Eine Mauloffer Familie wollte sogar noch<br />

Geld haben für das Land, das den Eltern –die schon seit Jahrzehnten unter der Erde<br />

liegen- 50 Jahre vorher durch die „Enteignung“ verlorengegangen sei. Irgendwie hatte<br />

ich das Gefühl, einige Mauloffer hätten eine Klatsche mit dem nassen Handtuch bekommen.<br />

Heute ist das gesamte Areal verkauft und neu aufgeteilt und Mauloff hat einige neue<br />

Einwohner mehr.<br />

Für mich steht unumstößlich fest, dass Mauloff durch das Landheim weltweit - zumindest<br />

bis nach Südamerika - bekannt geworden ist.<br />

Irene Schlösser am 04.03.2012<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Das Mauloffer Dorfgemeinschaftshaus –DGH<br />

Durch verschiedene Unterhaltungen über teilweise nicht sehr schöne Begebenheiten in<br />

Mauloff bin ich zu dem Schluss gekommen, dass man Dinge, die man sich vorgenommen<br />

hat, am besten gleich anpackt. Keiner von uns weiß, ob und wieviel Zeit dafür<br />

bleibt oder ob man eines Tages die Kraft dafür noch hat.<br />

So will ich heute ein weiteres Kapitel aus meinen Mauloffer Erinnerungen beginnen:<br />

Angefangen hat das Ganze mit einem sehr starken Windwurf im Winter 1954. Der<br />

ganze fast schlagreife Fichtenbestand in der Gemarkung „Zwölf Morgen“ war einem<br />

Sturm zum Opfer gefallen. Was von diesem Vermögen der Gemeinde Mauloff übriggeblieben<br />

war, könnten z.B. Erwin Reuter, Werner Feger oder mein Bruder näher beschreiben.<br />

Man machte sich an die Arbeit und Holz wurde aufgearbeitet und verkauft.<br />

Das brachte trotz allem einen nicht unerheblichen Geldbetrag in die Gemeindekasse.<br />

Dann tauchte die Frage auf, was machen wir mit dem Geld? Aus Erzählungen weiß ich,<br />

dass man in der damaligen Gemeindevertretung sehr unterschiedlicher Meinung war.<br />

Es gab die Meinung, das Geld auf ein Sperrkonto zu legen oder es 99 Jahre festzulegen.<br />

Einig wurde man sich doch wohl nicht. Inzwischen war durch das Land Hessen eine<br />

Aktion „Hessen vorn“ angelaufen und es wurden Fördermittel ausgeschüttet, unter anderem<br />

auch für den Bau von sogenannten Dorfgemeinschaftshäusern, durch die besonders<br />

kleine Dörfer die oft fehlenden Mittelpunkte erhalten sollten. Darüber hinaus wurden<br />

auch gesellschaftliche und soziale Einrichtungen geschaffen. Unser recht cleverer<br />

Bürgermeister Willi Seel hatte wohl auch Kenntnis davon, und er überzeugte die Gemeindevertreter<br />

in seiner manchmal sehr nachdrücklichen Art davon, dass Mauloff auch<br />

ein Dorfgemeinschaftshaus brauchte. Man hatte ja das Geld aus dem Windbruch und<br />

Fördermittel gab es auch. Die Höhe ist mir allerdings nicht bekannt. So war das Projekt<br />

DGH geboren. Ein geeigneter Platz war auch schnell gefunden. Wie die Planungen dann<br />

im Einzelnen weitergingen, weiß ich nicht. Als Architekt wurde Ernst Kutt aus Usingen<br />

ausgewählt. Die Rohbauarbeiten wurden an die Firma Konrad Ohly aus Grävenwiesbach<br />

vergeben. Das hatte auch den Nebeneffekt, dass einige Mauloffer Bauarbeiter, die<br />

bei der Firma Ohly beschäftigt waren, ihren Arbeitsplatz einmal direkt vor der Haustür<br />

hatten. Wer die anderen Gewerke wie z.B. Zimmermann, Schreiner, Elektroarbeiten<br />

ausgeführt hat, weiß ich nicht. Es entstand für Mauloffer Verhältnisse ein recht ansehnlicher<br />

Bau, um den uns später schon die eine oder andere Nachbargemeinde beneidet<br />

hat.<br />

Untergebracht waren im Erdgeschoss die Wäscherei, eine Gemeinschaftsgefrieranlage<br />

mit 24 Gefriertruhen und eine Bäderabteilung, getrennt nach Männlein und Weiblein,<br />

mit Badewannen und je einer Dusche und Toilette. Nebenan in einem völlig separaten<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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„Vinze-Schnarerrsch“ Paula Vollberg<br />

Raum war und ist die Feuerwehr untergebracht. Im 1. Obergeschoss befindet sich noch<br />

heute ein großer Gemeinschaftsraum, der durch eine Schiebetür abzutrennen ist, in dem<br />

man bei entsprechender Einteilung mit Tischen und Stühlen versehen locker 80 Personen<br />

unterbringen kann. Daneben befand sich sie Küche (für damalige Verhältnisse sehr<br />

komfortabel ausgestattet) mit Geschirr, Besteck, Warmwasser über der Spüle (5 Liter<br />

Behälter) usw. ausgestattet für 100 Personen. Neben der Küche befand sich der Waschraum<br />

für den Kindergarten. Dort war und ist auch heute noch der Notausgang Dazu gab<br />

und gibt es heute noch die Toilettenanlage.<br />

Im 2. Obergeschoss befinden sich bis heute die Hausmeisterwohnung und daneben ein<br />

Jugendraum, in dem auch eine kleine Bibliothek untergebracht war, sowie ein Sanitätsraum<br />

für medizinische Notfälle. Warum man diesen unter dem Dach, 2 Treppen hoch,<br />

untergebracht hat, kann ich nicht sagen.<br />

Oberhalb der Feuerwehr war die Wohnung der Gemeindeschwester mit separatem Eingang.<br />

Diese Schwesterstation war über Jahre besetzt. Sie hat auch den Kindergarten<br />

betreut, der sich in dem hinteren durch die Schiebetür abgetrennten Teil des großen<br />

Saals befand.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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An einem Sonntag im Sommer 1956 war auch in Mauloff die Neuzeit angebrochen. Die<br />

Einweihung wurde ganz groß gefeiert. Alle Mauloffer waren anwesend und viele geladene<br />

Gäste, der Landtagspräsident Heinrich Zinnkann, der Landrat und einige Bürgermeister<br />

aus den Nachbargemeinden (so z.B. Otto Rohrbach aus Finsternthal, Albert<br />

Bachon aus Reichenbach und Gustav Ott aus Steinfischbach).<br />

Zur Zeit der Einweihung war ich 19 Jahre alt und kann mich noch ganz gut erinnern.<br />

Alle Mauloffer waren sehr stolz. Es wurde gesungen, und wir jungen Leute hatten<br />

Volkstänze einstudiert. Wer uns diese beigebracht hat, weiß ich nicht mehr. Es wurde<br />

reichlich gegessen und getrunken, selbstverständlich war alles auf Kosten der Gemeinde.<br />

Wann und wie die Festteilnehmer den Heimweg angetreten haben, weiß ich<br />

nicht.<br />

Das DGH wurde in allen Bereichen in Betrieb genommen. Es gab zu dieser Zeit in den<br />

Mauloffer Häusern nur in seltenen Fällen ein Bad - und Gefriertruhen überhaupt nicht.<br />

Vielleicht hier und da ein Kühlschrank und die Wäscherei brachte mancher Hausfrau<br />

große Erleichterung. Die Benutzung dieser Einrichtungen kostete nur ganz wenig Geld.<br />

Ein Wannenbad z.B. 40 Pfennige, ein Duschbad 20 Pfennig. Die Wäsche wurde nach<br />

Kilogramm abgerechnet und war sehr preiswert. Die Miete für die Gefriertruhe war<br />

äußerst günstig.<br />

Allein die Hausmeisterwohnung blieb leer. Man hatte keinen Hausmeister gefunden<br />

(vielleicht hat man den aber auch nicht wirklich gesucht). Die Wohnung wurde an die<br />

Familie Peter Heinemann aus Frankfurt-Heddernheim (ein pensionierter Pfarrer) mit<br />

Ehefrau Mia (Maria) und den Kindern Jost und Margret vermietet. Die Hausmeisterstelle<br />

übernahm Paula Vollberg (Vinze-Schnarerrsch Paula). Sie hatte diese Stelle bis<br />

ins hohe Alter inne. Dazu aber an anderer Stelle mehr. Die Wäscherei war viele Jahre<br />

ebenfalls an Paula Vollberg übertragen. Mitgearbeitet haben u.a. Irma Hedwig, Gertrud<br />

Ott und Heidel (Adelheid) Seel. Geöffnet war die Wäscherei an festgesetzten Tagen.<br />

Bei Abgabe der Wäsche erfuhr man auch den Abholtermin.<br />

Recht bald wurde auch der Evangelischen Kirchengemeinde Steinfischbach-Reichenbach<br />

der Saal für den einmal im Monat stattfindenden Gottesdienst überlassen, wohl<br />

auf Veranlassung von Willi Seel, der zu dieser Zeit Kirchenvorsteher war. Als Küsterin<br />

wurde einfachheitshalber Paula Vollberg bestimmt, das war die einfachste Lösung. Sie<br />

hatte die komplette Schlüsselgewalt für das Haus (außer den beiden Wohnungen und<br />

dem Bereich der Feuerwehr).<br />

Die Öffnungszeiten für das Haus waren genau geregelt, wer z.B. an die Gefriertruhen<br />

wollte, musste die Zeiten einhalten. Im anderen Fall musste man bei Paula Vollberg zu<br />

Hause vorbeigehen und um die Schlüssel bitten, die sie oft nur sehr widerwillig hergab.<br />

Bekommen haben ihn sicherlich alle, damit konnte der Sonntagsbraten manchmal in<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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letzter Minute gerettet werden. Die Bäder waren samstags ab 18 Uhr geöffnet und wurden<br />

rege genutzt. Manche Mauloffer (auch ich) gingen jeden Samstag dorthin, einige<br />

hat man nie gesehen, warum auch immer, geschlossen wurde erst, wenn alle Interessenten<br />

gewaschen waren. Das war oft bis 1 Uhr in der Nacht. Wenn der Andrang es zuließ,<br />

blieb man schon mal nach dem Baden sitzen, wo ab und zu jede Menge Informationen<br />

zu erhalten waren, besonders von Karl Klapper und anderen. Ich selbst habe oftmals<br />

zuschließen helfen – ich hätte ja sonst was verpassen können!!<br />

Der Saal samt Küche wurde sehr häufig genutzt für Hochzeiten, Kindtaufen, Geburtstage,<br />

Konfirmationen usw. – aber auch für Beerdigungen. Da brauchte man zu Hause<br />

das Wohnzimmer nicht aus- und einräumen. Die Saalmiete richtete sich nach der Benutzungsdauer,<br />

1 oder 2 Tage je nach Bedarf. Vorbereitungen und Nacharbeiten (Putzen)<br />

waren inklusive. Bei Beerdigungen war der Saal mietfrei. Willi Seel war der Auffassung,<br />

da käme schließlich jeder mal dran. Nur die Tisch- und Küchenwäsche musste<br />

man bezahlen.<br />

Angemietet werden konnte der Saal auch von „Auswärtigen“, was sehr häufig vorkam.<br />

So ist z.B. die Hochzeit meines Vetters Heinz Dienstbach aus Usingen hier gefeiert<br />

worden. Aus dem noch vorhandenen Gästebuch sind viele Einzelheiten zu entnehmen.<br />

Ganz wichtig war in dem Saal auch das erste Fernsehgerät im Dorf. Natürlich nur<br />

schwarz/weiß und zwei Programme (ARD und ZDF). Die Programmauswahl traf in<br />

aller Regel Peter Heinemann, Einsprüche oder Sonderwünsche waren zwecklos. So waren<br />

auch wir mit der großen Welt verbunden. Wer einigermaßen konnte, ging abends<br />

zu den 20 Uhr Nachrichten dorthin, vielleicht kam auch schon mal ein Spielfilm – sitzen<br />

blieb man in der Regel immer. So konnten die Mauloffer über viele Jahre die Segnungen<br />

der Neuzeit genießen.<br />

Mit der Zeit nahm der Badebetrieb ab. In vielen Mauloffer Häusern wurden im Zuge<br />

von Umbauten und Renovierungen Bäder eingebaut, bis das Baden im DGH schließlich<br />

ganz eingestellt wurde. Wer wollte, konnte noch Mittwoch oder Donnerstag abends hingehen.<br />

Da war von der Wäscherei warmes Wasser zur Verfügung. Johann Schlösser<br />

und ich haben diesen Komfort lange genutzt, denn als wir in „Feye“ zogen (Januar 1971)<br />

hatten wir über eine ganze Zeit kein Bad. Umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten<br />

waren bei uns erforderlich.<br />

Bis hierher meine Erinnerungen, die sicher einigermaßen authentisch sind.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Und nun beginnt im Jahre 1988 das 2. Kapitel der Geschichte- und wer hat wieder die<br />

Finger im Spiel? – Ich! Inzwischen war Paula Vollberg im Ruhestand und unsere Heidel<br />

war Hausmeisterin. Sie war natürlich auch bei allen Veranstaltungen mit von der Partie.<br />

Adelheid „Heidel“ und Hartmut Seel (ca. 2005)<br />

Sie half bei den Vorbereitungen, bei den Nacharbeiten usw. Nach 28 Jahren ständigen<br />

Gebrauchs waren viele Teile der Innenausstattung (besonders Wäsche und Geschirr) so<br />

abgewirtschaftet, dass man nur mit größtem Geschick für 30 Personen eindecken<br />

konnte, unter Zuhilfenahme der weißen Tischwäsche, die noch aus wenigen Einzelteilen<br />

bestand und so abgewaschen war, dass man durchsehen konnte. Das Eindecken erfolgte<br />

nach dem Motto: Stelle das Geschirr so drauf, dass man möglichst die Löcher<br />

nicht sieht und das Geschirr bitte mit der angeschlagenen Seite nach hinten.<br />

Das machte Heidel jedes Mal schwer zu schaffen! Als wir beide wieder einmal zugange<br />

waren, sagte sie wörtlich zu mir: „Man müsste einmal durch das Dorf gehen. In einzelnen<br />

Häusern steht in den Schränken sicher eine Menge Geschirr herum, das nicht mehr<br />

gebraucht wird und in manchen Wäscheschränken sitzt sicher auch weiße Tischwäsche,<br />

die genauso übrig ist, vielleicht spendet man ja etwas“. Ich sagte zu ihr: „Heidel, was<br />

soll das dann geben? Wie sollen die Dinge nur halbwegs zusammenpassen? Wie soll<br />

das dann aussehen“? Über meinen Kommentar war sie gar nicht begeistert und wir gingen<br />

an diesem Tag ziemlich bedröppelt heim. Allerdings konnte Heidel keinesfalls ahnen,<br />

was sie bei mir mit ihren Gedanken angerichtet hatte. Sie hatte mich mit der Idee<br />

vom Sammeln angesteckt. Bei mir fing wieder großes Nachdenken an: Wie, was, wann,<br />

womit und wer?? Mein Entschluss natürlich – ICH, wer sonst? Selbst anpacken wurde<br />

auch in diesem Fall meine Devise.<br />

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An einem Sommerabend gingen wir (Reinhard Seel der Ortsvorsteher, Wilhelm Bausch,<br />

Karl Klapper und ich (Schriftführerin) aus einer Ortsbeiratssitzung heim und blieben im<br />

Heideweg stehen. Ungefähr dort, wo der Wirtschaftsweg beim Haus Piecha herauskommt,<br />

um noch – was weiß ich –auszudiskutieren. Dabei fiel mein Blick auf das DGH<br />

und ich hatte plötzlich Heidel mit ihren Plänen im Kopf. Ich sprach besonders Reinhard<br />

darauf an und machte ihm den Vorschlag, ich wollte wieder mal eine Spendenaktion<br />

beginnen – aber wegen Geld! Denn das vom Rathaus in Rod an der Weil nichts zu<br />

erwarten sei, war mir klar. Reinhard und die beiden anderen waren in höchstem Maße<br />

skeptisch. Reinhard sagte: „Du kannst es probieren, meinetwegen, bekommen wirst Du<br />

nichts“. Denkste, dachte ich bei mir, ich werde es auf jeden Fall versuchen.<br />

Also wieder nach Rod an der Weil fahren und wegen Spendenquittungen fragen und<br />

den Segen der Gemeinde abholen. Das hatte geklappt. Auf dem Heimweg dachte ich:<br />

Jetzt hast du dein Maul vollgenommen, jetzt hängst du irgendwie in der Nummer drin.<br />

Zurück geht nicht mehr, sonst wirst du unglaubwürdig.<br />

In meiner „Kriegskasse“ hatte ich zu dieser Zeit einen Bestand von 1.094,34 DM für<br />

Tischwäsche - mochte das nach meinen Überlegungen schon mal reichen – aber Geld<br />

dafür ausgeben? So ging ich am nächsten Morgen (wie täglich für meine Barmer Ersatzkasse)<br />

zur Usinger Volksbank und bat um Audienz bei der Geschäftsführung, dem<br />

„Dreigestirn“, drei gleichberechtigte Vorstandsmitglieder. Denen trug ich meine Sorgen<br />

besonders wegen der Tischwäsche vor (mehr wollte ich am Anfang der Aktion überhaupt<br />

nicht). Mir wurde für den nächsten Morgen Bescheid versprochen. Das war auch<br />

der Fall. Ich solle zum Textilhaus Hatzmann gehen und dort sagen, was und wieviel ich<br />

brauchte. Die Firma Hatzmann hätte Order zu liefern, und die Volksbank würde bezahlen!<br />

Ein Limit war mir nicht gesetzt! Also ich auf dem Rückweg zur Firma Hatzmann,<br />

anfragen was und wieviel usw. Einige Tage später konnte ich in der Volksbank ein respektables<br />

Wäschepaket in Empfang nehmen mit einer Kopie der Rechnung in Höhe von<br />

750 DM. Ich sagte ganz höflich danke und dachte, die Sache läuft gut an. Also weitermachen!<br />

Meine Begehrlichkeit wuchs, jetzt wollte ich neues Geschirr und Besteck samt Zubehör<br />

für 120 Personen. Plötzlich auch eine neue Küche, die alte war wirklich nicht mehr<br />

zeitgemäß. Ein Elektroherd, eine ganz normale Haushaltsspüle und ein Warmwassergerät<br />

von 5 Liter über dem Wasserhahn waren zwar vorhanden, aber veraltet. Zum Spülen<br />

musste man anständig heißes Wasser auf dem Herd machen und auch das Holz war<br />

noch die Erstausstattung, der Kühlschrank inzwischen ein rechter Stromfresser usw.<br />

Da wusste ich: Irene, jetzt brauchst du Geld, viel Geld und vor allem die Zustimmung<br />

der Gemeinde, sie war schließlich der Eigentümer unseres DGH.<br />

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Also, ich wieder zum Rathaus zu unserem damaligen Bürgermeister Horak, der nach<br />

meiner ganzen Erzählung zunächst einmal den guten Antonius Hirschberg herbeiholte.<br />

Nachdem der von meinem Vorhaben erfahren hatte, sagte er: „Mädchen, weißt du was<br />

das bedeutet? Da müssen die ganzen Versorgungsleitungen geändert bzw. neu verlegt<br />

werden. Wasserzu- und -ablauf, der ganze Stromkreis muss verstärkt werden, das gibt<br />

eine große Baustelle“.<br />

Ich war zunächst erschrocken, daran hatte ich überhaupt nicht gedacht. Na ja, sagte ich,<br />

dann kann ich mir die ganze Sache wohl in die Haare schmieren. „Ganz langsam“, sagten<br />

die beiden dann zu mir. Wir wollen die Sache erst einmal überdenken und beraten.<br />

– und der Bürgermeister sagte: „Herr Hirschberg wird Sie informieren.“. Zwischenbemerkung:<br />

Von dieser Stunde an war Herr Hirschberg mein ständiger Begleiter und Berater<br />

in dieser Sache bis zum endgültigen Schluss am 08.04.1993 Ohne ihn wäre vieles<br />

oder alles nicht gelaufen!!<br />

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Irgendwann kam er auf mich zu mit der Bemerkung: Kümmern Sie sich einmal um eine<br />

neue Küche, mal sehen was daraus wird. Ich hatte einen guten Kücheneinrichter (über<br />

meine BEK) an der Hand. Mit ihm verabredeten wir uns zur Besichtigung einer<br />

Musterküche in der Mehrzweckhalle in Obernhain, die er geliefert hatte. Die gefiel uns,<br />

das Grundkonzept war wandelbar für Mauloffer Bedürfnisse. Nächste Verabredung im<br />

DGH Mauloff: Kücheneinrichter, Herr Hirschberg und ich. Inzwischen war der Kindergarten<br />

aufgelöst worden und somit der Waschraum frei und der stand leer. Nun wollte<br />

ich eine zweigeteilte Küche. Eine Kochküche und eine Spülküche, beide verbunden mit<br />

der vorhandenen Durchreiche zwischen Saal und Kochküche und Kochküche und Spülküche.<br />

Fragen: Was wollen wir, was brauchen wir usw. Vor allem eine Warmwasserzufuhr<br />

direkt aus der Heizung damit das Gepansche mit der Warmwasserzubereitung<br />

wegfiel. Anschlüsse für zwei Herde und zwei Kühlschränke, entsprechend Abläufe für<br />

Spülwasser usw. Das war wohl im Rathaus beschlossene Sache. Also die Küche planen<br />

bis ins kleinste Detail, u.a. in der Spülküche mit zwei tieferen Spülbecken. Alles wurde<br />

bis ins Detail besprochen und nun der Kostenvoranschlag für die Küche: Wir wussten,<br />

die kostet richtig Geld, aber mit halben Sachen wollte ich mich auch nicht mehr abgeben.<br />

Der Kostenvoranschlag kam: 18.750 DM! Prost, dachte ich. Inzwischen hatte ich<br />

seit dem 21.07.1988 fleißig Spenden gesammelt, wieder einmal war ich in Mauloff unterwegs<br />

und auf meinen Außendienstterminen für die Barmer suchte ich alle Firmen<br />

heim, die mir unterwegs begegneten. Auch welche, über deren Schwelle ich bisher keinen<br />

Fuß gesetzt hatte. Den Winter 1988/1989 verbrachte ich fast allabendlich mit dem<br />

Schreiben von Bettelbriefen an Leute, die ich bis dahin nicht kannte und die ich z.T. nie<br />

in meinem Leben gesehen habe. Von Berlin, Kiel, Düsseldorf bis München, jeden Brief<br />

einzeln im Original und auf jeden Empfänger persönlich zugeschnitten.<br />

Passend kam mir im Sommer 1989 auch der Landtagswahlkampf. Die Kandidaten auszumachen<br />

war anhand der Wahlplakate eine der leichtesten Übungen. Nix wie ran,<br />

dachte ich. Der Erfolg war durchschlagend. Insgesamt hatte ich allein daraus eine recht<br />

ansehnliche Summe zusammen. Ich konnte der Gemeinde doch schon einen großen Betrag<br />

anbieten. Herr Hirschberg war immer mehr oder weniger auf dem Laufenden. Er<br />

hat wohl im Rathaus meine Zwischenstände nie herausgegeben. Ich wusste, für die Küche<br />

brauchte ich noch einen ordentlichen Brocken, denn inzwischen brauchte ich auch<br />

neue Stühle und vor allem neue Tische, die alten Teile waren fast alle nur noch zu entsorgen.<br />

Die Tische und Stühle entstanden zunächst aber nur in meinem Kopf.<br />

Zurück zur Küche. Eines Samstagnachmittag im Vorsommer 1989 ging ich ganz gezielt<br />

auf Tour - wegen der Küche- 10.000 DM mussten jetzt her. Spruch aufgesagt, von weniger<br />

habe ich erst gar nicht angefangen. Man wolle das überdenken wurde mir gesagt.<br />

Am Montag bekäme ich telefonisch Bescheid. Und am Montagabend der Anruf. Die<br />

10.000 DM wurden mir verbindlich zugesagt! Die Küche war gerettet! Den Auftrag<br />

dafür erteilte ohne Verzug die Gemeinde, nachdem ich die entsprechenden Mittel jetzt<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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zusagen konnte. Der Einbau erfolgte recht zügig, jetzt ging es ans Einkaufen von Geschirr<br />

und Besteck, Kochtöpfe, Pfannen usw.- Davon kann Wolfgang Haub ein Lied<br />

singen! Wolfgang, Elsbeth Ritzmann und ich fahren zum Einkaufen in den Großmarkt.<br />

Der arme Wolfgang war davon ausgegangen, dass der Vorgang in 2 Stunden abgeschlossen<br />

sei. – Denkste!<br />

Ich hatte mir eine fast endlose Liste gemacht, wieviel ich von jedem Teil brauchte.<br />

Wolfgang durfte die Liste tragen und jede Position abhaken. Ich ließ mir jedes Teil<br />

bringen und begutachtete es zusammen mit Elsbeth. Es war auch immer die Frage,<br />

konnte man jeweils 120 Stück möglichst aus einer Serie kurzfristig liefern. Einen ganzen<br />

Samstagnachmittag (gefühlte 5 bis 6 Stunden) haben wir im Großmarkt zugebracht,<br />

auch bis das ganze Vorhaben aufgerechnet war. Ich musste ja wissen, mit wieviel Verbindlichkeiten<br />

ich aus dem Großmarkt herausging. Es waren 7.923,56 DM. Den Kaufvertrag<br />

musste ich unterschreiben und damit war ich haftbar für den ganzen Betrag, was<br />

mir aber keine Bauchschmerzen bereitete. Die Summe war ja vorhanden. Meine Bedingung<br />

war: Frachtfrei ausliefern ins DGH nach Mauloff. Das wurde mir schriftlich bestätigt.<br />

Nun ging es an die Stühle. 96 Stück wollte ich haben. Irma Seel hat mich auf 84 Stühle<br />

gebracht. Sie hat, im Gegensatz zu mir, die Eckbänke mit eingerechnet. Aber woher<br />

bekommen? Sie sollten zur Innenausstattung des Saales passen. Ich ging auf die Suche,<br />

gebrauchte Stühle wollte ich keinesfalls, die hatten wir selbst. Durch mehreres Herumfahren<br />

und Fragen kam ich schließlich auf die Königsteiner Stuhlfabrik, von der ich<br />

vorher nie etwas gehört hatte. In Königstein müsste die ja wohl sein, verriet mir das<br />

Telefonbuch. An einem Freitag bin ich früher von der Arbeit fort und nach Königstein<br />

gefahren, um herauszufinden, wo die Firma überhaupt war. Sie war irgendwo außerhalb<br />

und recht gut versteckt, bis ich dort eintraf war gleich Feierabend. Viel ausrichten<br />

konnte ich an diesem Tag nicht – ich wusste, der nächste Freitag kommt. Ich wieder<br />

nach Königstein, diesmal 2 Stunden früher. Dann fingen die Verhandlungen an. Zuerst<br />

die Suche nach einem geeigneten Modell, gepolstert natürlich. Bezüge gab es mehr oder<br />

weniger zur Auswahl. Dann ging das Gefeilsche ums liebe Geld los. Der Mindestpreis<br />

pro Stück stand bald fest. Ich erklärte dem Sachbearbeiter, dass ich für 84 Stühle kein<br />

Geld habe. Man möge mir doch bitte 84 Stühle liefern zum Preis von 78 Stück, soviel<br />

Geld hätte ich - und auf jeden Fall aber frachtfrei bis DGH Mauloff. Der gute Mann hat<br />

ordentlich geschluckt. Ich erklärte ihm nach einer Denkpause seinerseits, jetzt entweder<br />

hopp oder topp – noch einmal käme ich nicht nach Königstein. Es gäbe ja wohl auch<br />

noch andere Hersteller. Als ich die Fabrik verließ, hatte ich was ich wollte –schriftlich-<br />

. Vorher hatte ich mit dem Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Steinfischbach-Reichenbach<br />

sehr nachdrückliche Verhandlungen wegen eines entsprechend<br />

hohen Zuschusses für die Stühle gehabt. Dafür erntete ich zunächst wenig Beifall. Erich<br />

Wolf, der Kirchenrechner, erklärte mir, wir Mauloffer hätten eigentlich gar nichts zu<br />

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bekommen, aber aus purer Gutmütigkeit wolle man mir 200 DM überweisen. Das hat<br />

mich wahnsinnig geärgert – aber ich dachte, ganz ruhig, und erst einmal die 200 DM<br />

mitnehmen. Nach Hause, dann sehen wir weiter, du kennst mich noch lange nicht. Kurz<br />

danach starb Erich Wolf. Wir hatten auch einen neuen Pfarrer und ich einen neuen Plan.<br />

Ich wurde auf meine Bitte hin zu einer Sitzung des Kirchenvorstandes eingeladen (damals<br />

wusste ich noch nicht, dass ich einmal in diesem Gremium sitzen werde). Ich erklärte<br />

den Damen und Herren, dass man mir bitte einen angemessenen Zuschuss zukommen<br />

lassen solle. Wenn das nicht so sein würde, so würde ich die paar restlichen<br />

brauchbaren Stühle im DGH auf den Speicher schaffen und dort die Tür zuschließen.<br />

Der Gottesdienst in Mauloff müsse dann als Stehkonvent stattfinden – und man möge<br />

bedenken, dass ich bisher alle meine Versprechungen (gleich welcher Art) eingehalten<br />

hätte. Alle Anwesenden samt Pfarrer waren einigermaßen verdutzt, ich ließ die Versammlung<br />

mit einem Dankeschön für die Einladung sitzen und war weg. Auf Diskussionen<br />

wollte ich mich keinesfalls einlassen. Das sollten die ruhig ohne mich ausmachen.<br />

Und siehe da: Meine Drohungen hatten Erfolg. Nach einiger Zeit bekam ich vom Dekanat<br />

zu Idstein einen durchaus angemessenen Betrag für die Stühle überwiesen. Mit<br />

dem verbleibenden Rest konnte ich gut leben.<br />

Der Rest waren die Tische, 12 Stück. Das war eine der leichtesten Übungen. Mit Fritz<br />

und Elsbeth Ritzmann fuhr ich wieder zum Großmarkt. Die Tische waren bald gefunden<br />

und der Preis verhandelt. Diesmal aber mussten die Tische abgeholt werden, anders<br />

wäre der Preis nicht zu halten. Ich unterschrieb den Kaufvertrag und konnte mir Gedanken<br />

machen, wer die Tische holen sollte. Dafür schickte ich Fredy Steinmetz in den<br />

Großmarkt, gab ihm die Auftragsbestätigung und eine Vollmacht für die Abholung mit.<br />

Wie und mit welchem Fahrzeug er die Tische nach Mauloff bringen würde, war seine<br />

Sache. Das klappte und an dem Abend kam Fredy um 23 Uhr zurück. Er hatte, wie<br />

auch immer, die Tische in einen ganz normalen VW-Bus untergebracht. Ohne jeden<br />

Kratzer. Um Mitternacht war dann die Aktion beendet.<br />

Der Rest ist sehr schnell erzählt. Die Gemeinde Weilrod hat zusätzlich zu den erforderlichen<br />

Versorgungsleitungen neue Fenster einbauen lassen und das Haus außen komplett<br />

runderneuert. Die Schwestern aus Sachsenhausen stifteten die neuen Vorhänge,<br />

komplett genäht und fertig aufgehängt. Die Einweihung konnte stattfinden!<br />

Von 1988 bis 1993 habe ich an diesem Vorhaben gearbeitet. Während dieser Zeit habe<br />

ich eine längere Zeit pausieren müssen. 1991 waren innerhalb von fünf Wochen meine<br />

Mutter und mein Mann verstorben. Meine ganze Kraft und mein Mut hatten mich total<br />

verlassen. Ich musste weiter vollschichtig arbeiten, das ganze Haus- und Hofwesen und<br />

die noch existierende Fremdenpension jetzt ohne meinen Mann stemmen. Bis ich halbwegs<br />

meinen Weg wieder gefunden hatte, das dauerte.<br />

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Das Projekt DGH sollte damals von mir aus jemand anderes zu Ende bringen – zu der<br />

Zeit war mir das völlig egal.<br />

Nach einer Zeit standen irgendwann Wolfgang Haub und Antonius Hirschberg vor mir<br />

mit der Bitte und Aufforderung, das Ganze jetzt zu Ende zu bringen. So rappelte ich<br />

mich auf und wir konnten am 4. April 1993 wieder eine Einweihung feiern, im Beisein<br />

vieler geladener Gäste.<br />

Der Tag war für mich voller Freude, aber mit unsäglichem Kraftaufwand verbunden.<br />

Ich hatte mir natürlich eine Dankesrede aufgeschrieben, im Verlauf der Rede war ich<br />

einem totalen Kollaps nahe. Hätte Wolfgang Haub mich nicht aufgefangen und die Rede<br />

für mich zu Ende gebracht, wäre der Tag in diesem Moment für mich gelaufen gewesen.<br />

Die ganzen Anstrengungen dieser Zeit körperlich und mental und der Verlust meines<br />

Mannes, der auch dieses Vorhaben bis zu seinem Tod unterstützt hat, zogen wie ein<br />

Film an mir vorbei – ich war völlig am Ende. Mit der Sache und der Welt. Ein schöner<br />

Tag wurde es trotz allem noch.<br />

Nachsatz:<br />

Ca. 150 Einzelspender und Sach- sowie Zuwendungen konnte ich verbuchen und damit<br />

einen Betrag von knapp 40.000 DM (in Worten: Vierzigtausend) erzielen. Das waren<br />

Beträge von 10 DM bis 10.000 DM! Das alles ist belegbar und ich habe alle Unterlagen,<br />

auch das kleinste Fitzelchen bis heute aufbewahrt. Davon konnte sich Wolfgang Haub<br />

vor kurzem wieder einmal überzeugen.<br />

Fast fünf Jahre meines Lebens habe ich, mit der geschilderten Unterbrechung, an diesem<br />

Projekt gearbeitet. Und eines ist sicher: Unter ganz gleichen Bedingungen würde<br />

ich dasselbe noch einmal machen – mit derselben Leidenschaft und Freude an der Sache.<br />

Nun mögen sich andere, jüngere Leute um das Dorfgemeinschaftshaus bemühen. Einige<br />

Dinge sind bereits wieder in trockenen Tüchern. Neue Vorhaben sind wohl in Planung<br />

Ich werde in Ruhe und mit aller Gelassenheit meines Alters (ich bin inzwischen 75 Jahre<br />

alt) den Lauf der Dinge beobachten.<br />

Irene Schlösser am 25.02.2012<br />

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Ergänzungen durch Wolfgang Haub:<br />

Im September 2009 wurde auf Initiative und Drängen von mir (damaliger Ortsvorsteher)<br />

die Toilettenanlage im DGH vollständig erneuert. Der Grund war, dass die Abflussleitungen<br />

fast vollständig verstopft waren und auch aus den Wasserhähnen fast<br />

kein Wasser mehr kam. Im Übrigen waren auch die Toiletten veraltet und nicht mehr<br />

zeitgemäß. Es gab, wie immer natürlich, eine über mehrere Monate dauernde Diskussion<br />

mit der Gemeinde, die wie immer, kein Geld hatte. Manfred Pauly, Gerd Faulhaber<br />

und ich haben uns dann bereit erklärt, die alten Wand- und Bodenfliesen rauszureißen.<br />

Die neuen Fliesen wollte die Gemeinde anbringen. Bei dem Entfernen der Fliesen haben<br />

wir schnell festgestellt, dass darunter auch die Toilettenabtrennungen in Mitleidenschaft<br />

gezogen werden mussten. Wir haben dann einfach alles rausgerissen und nach<br />

längerem Disput mit der Gemeinde hat diese sich dann einsichtig gezeigt und alles<br />

wurde erneuert. Die Toilettenanlage mit neuer Abtrennung wurde von der Firma Steinmetz<br />

& Reichel geliefert und aufgebaut. Die Räume wurden neu gefliest und die Wände<br />

neu gestrichen. In diesem Zusammenhang wurden auch die Fliesen im Eingangsbereich<br />

des DGH erneuert. Frank Anschütz hat hierbei auch mitgeholfen.<br />

Umfangreiche Erneuerungs- und Renovierungsarbeiten fanden dann auf Veranlassung<br />

der neuen Ortsvorsteherin Barbara Geyer vom September bis November 2012 statt.<br />

Unter ihrer sehr engagierten Federführung wurden der gesamte große Saal und der<br />

Flur umgestaltet. Unterstützung fand sie bei Silke Haub, aber andere Mauloffer wie z.B.<br />

Kerstin Zimmermann, Regina Volkmar, Lydia Haub, Volker Götz, Gerd Faulhaber,…<br />

Es wurde nicht nur der große Saal komplett umgestaltet sondern auch der Flurbereich.<br />

Alle Stühle wurden neu bezogen, die Tische abgeschliffen und neu lackiert. Neue Lampen<br />

und Bilder beschafft und aufgehängt, ebenso neue Gardinen. Der Balkon wurde<br />

renoviert, das Geländer neu gestrichen und der Boden erneuert. Ein neues von der<br />

Jagdgenossenschaft finanziertes Klavier wurde gekauft. Neue Kleinmöbel für den Raum<br />

aber auch für die Toilettenräume wurden gekauft und aufgestellt. Die gesamte Aktion<br />

wurde finanziert durch die Jagdgenossenschaft (Klavier), die Kirchengemeinde Steinfischbach-Reichenbach,<br />

private Spenden und Mittel des Ortsbeirates.<br />

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Vorbemerkung:<br />

Finsternthal von 1945 – heute<br />

von Herbert Wischmann<br />

Die nachfolgenden Niederschriften basieren auf zwei Vorträgen des Geschichtsvereines<br />

Weilrod, gehalten im Januar 2012 und im Januar 2013 im Dorfgemeinschaftshaus<br />

zu Finsternthal.<br />

Die Geschichte Finsternthals ist in 2 Epochen beschrieben. Zum einen die Zeit, als unser<br />

Dorf noch eigenständig war (1945 – 1970) und die dann folgende Zeit (1970 –<br />

heute) als einer der 13 Ortsteile Weilrods.<br />

Finsternthal<br />

von 1945 – 1970<br />

Am 30. März 1945, das war der Karfreitag des Jahres, ging in Finsternthal der 2. Weltkrieg<br />

zu Ende. Am 8. Mai, also knapp 1 1/2 Wochen später, erfolgte dann die Unterzeichnung<br />

der Kapitulationsurkunde mit den so genannten Siegermächten und der unselige<br />

2. Weltkrieg war somit endgültig vorbei.<br />

Obwohl ich damals erst knapp 4 Jahre alt war, ist mir dieser 30. März 1945 noch sehr<br />

gut in Erinnerung. Es war übrigens meines Wissens das einzige Mal, dass unser Dorf in<br />

militärische Auseinandersetzungen im 2. Weltkrieg verwickelt war. Ansonsten flogen<br />

die alliierten Bomber nachts über das perfekt verdunkelte Finsternthal in Richtung<br />

Frankfurt oder weiter nach Schweinfurt, wo sich das Zentrum der kriegswichtigen deutschen<br />

Kugellager Industrie befand, um dort ihre Bomben abzuwerfen.<br />

An besagtem 30. März 1945 wurden nach starkem Beschuss unseres Ortes von Riedelbach<br />

her, alle Bürger aus den Kellern ihrer Häuser auf die Wiese unterhalb unseres Trafohäuschens<br />

getrieben. Auch aus dem im Mauloffer Berg befindlichen Wasserleitungsstollen,<br />

in den sich ein Teil der Finsternthaler geflüchtet hatte, wurden die Bürger zu<br />

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der besagten Wiese gebracht. – Das hölzerne Jagdhaus des damaligen Jagdpächters Dr.<br />

Jendwed, das auf dem gleichen Platz wie das heutige Anwesen der Familie Melcher<br />

stand, brannte lichterloh und man hörte das laute Krachen der berstenden Balken. Über<br />

dem ganzen Ort hing ein intensiver Rauchgeruch, denn auch noch diverse andere Häuser<br />

des Dorfes brannten.<br />

Bei dem Kampf um Finsternthal gab es 3 deutsche Tote und 6 Verletzte. Eine schwer<br />

verletzte Finsternthaler Mitbürgerin aus dem Oberdorf verstarb später.<br />

Die Amerikaner sammelten ihre zahlreichen Toten und Verletzten, so wurde mir berichtet,<br />

auf der Wiese, auf der sich jetzt das Anwesen Kammer befindet.<br />

Das also war die Stunde 0 für unser Dorf. Die Infrastruktur war weitestgehend defekt,<br />

es gab keine Arbeit, ein Teil der jungen Finsternthaler Männer war gefallen, vermisst<br />

oder noch in Kriegsgefangenschaft und man wusste nicht, wann oder ob der Ehemann,<br />

Vater, Sohn oder Bruder jemals wieder nach Hause kommen wird.<br />

Hinzu kam, dass nahezu alle Häuser des Dorfes hoffnungslos überbelegt waren. Im<br />

„Deutschen Hof“, wo ich aufgewachsen bin, waren das gleich nach dem Kriege sieben<br />

Familienmitglieder, 3 Ausgebombte aus Frankfurt und 3 Flüchtlinge. Zusammen waren<br />

Panzer im Graben, in der Nähe von Rod an der Weil<br />

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das also 13 Personen. Im Hause meines Freundes Norbert Wick z. B. waren es 4 Familienmitglieder<br />

und 2 Flüchtlinge. So ging es quer durch das ganze Dorf.<br />

In dieser Zeit hatte unser Dorf alles in allem 186 Einwohner: 111 Finsternthaler, 45<br />

Flüchtlinge und 30 Evakuierte. – Natürlich konnten nicht alle 45 Flüchtlinge in den<br />

Häusern des Ortes untergebracht werden. Bürgermeister Otto Rohrbach hatte mit der<br />

damaligen Gemeindevertretung beschlossen, deshalb schnell und unkompliziert eine<br />

kurzzeitige Unterkunft zu bauen. Es war das lange flache Haus an der Höhenstrasse vor<br />

dem Anwesen Melcher. Das Haus war seinerzeit im Dorf bekannt als das „Holzhaus“.<br />

Es war ein vorgefertigtes Haus, das die Fa. Sorg aus Gemünden aufschlug. Bis in die<br />

80 er Jahre des letzten Jahrhunderts war es noch bewohnt. Jetzt gehört es zum Anwesen<br />

Melcher und wurde erst im Frühsommer 2013 abgerissen. An gleicher Stelle wird derzeit<br />

ein Wohnhaus errichtet.<br />

Die Begriffe Individualität und Intimsphäre waren zu jener Zeit absolut ausgeblendet!<br />

Z. B. erfolgte das tägliche Waschen in aller Öffentlichkeit.<br />

Mein wöchentliches Baden am Samstag zu jener Zeit war immer mit großer Lautstärke<br />

verbunden, da ich mich partout nicht in der Küche nackt in aller Öffentlichkeit in die<br />

Zinkwanne, Bränksche genannt, setzen wollte.<br />

Somit wären wir auch schon bei dem Thema Reinlichkeit. Zu dieser Zeit gab es im<br />

ganzen Dorfe max. 3 Badewannen. Gleiches gilt für die Anzahl der WCs. Auch da war<br />

die Anzahl sicherlich unter 10. Dafür gab es dann die schon zuvor erwähnte Zinkwanne<br />

für das Samstagsbaden sowie die auf fast jedem Hof existenten und ziemlich geruchsintensiven<br />

Plumpsklos. Auch wir hatten so einen, der von allen Beteiligten nur äußerst<br />

ungern benutzt wurde. Zum Glück waren die WCs dann relativ schnell wieder in Ordnung<br />

und konnten benutzt werden.<br />

Aber das Leben musste weiter gehen. Und es ging auch weiter! Die Grundnahrungsmittel<br />

wie Mehl, Kartoffeln, Butter, Eier, Schmalz, Milch, Salat, Gemüse, Hülsenfrüchte<br />

und ab und an auch einmal Fleisch und Wurst waren ja durch das Vieh, die Gärten und<br />

die Felder weitestgehend vorhanden. Zu jener Zeit gab es Gerichte wie:<br />

Gehitschel, Milchsuppe, Kartoffelbrühe, Wurstsuppe, Biersuppe, Grießsuppe, Arme<br />

Ritter, Quellkartoffeln mit Schmierkäse (= Quark), Krüstchen, (kross gebackene Bratkartoffeln)<br />

Solwerfleisch, Kochkäse, Speck mit Eier, Kartoffelpfannenkuchen mit Apfelbrei,<br />

Blätterkraut, Sauerkraut, Fassbohnen, Rote Rüben warm oder kalt, Griebe mit<br />

Zwiebeln, Grüne Soße, etc., etc. – Sonntags gab es gelegentlich Fleischwurst, Rippchen<br />

mit Kraut oder gelegentlich auch schon einmal Schweinebraten. Einen Teil dieser vorgenannten<br />

Gerichte gibt es heute noch. Sie werden dann unter dem Begriff „Typisch<br />

hessisch“ in den Gaststätten angeboten.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Ich entsinne mich in diesem Zusammenhang speziell an 2 Suppen: die immer etwas<br />

schleimige Graupensuppe und die oft etwas angebrannte Milchsuppe. Beide Gerichte<br />

habe ich mit Sicherheit die letzten 60 Jahre nicht mehr angerührt. Auch um kalte Rote<br />

Rüben (= Rote Beete) und Gehitschel (Kartoffelbrei mit Sauerkraut gemischt) mache<br />

ich, wenn möglich, einen großen Bogen!<br />

Wie schon zuvor erwähnt, gab es Roggen- und Weizenmehl. Je nach Bedarf wurde an<br />

4 - 5 Tagen die Woche in unserem Backhaus, das sich in dem Erdgeschoss unseres<br />

Rathauses befand, gebacken.<br />

Um 11:00 wurde von Hand die Glocke im Rathaus geläutet. Diese Aufgabe hatte zu<br />

jener Zeit Philipp Müller inne. Danach kam er die steile Rathaustreppe herunter. Je nach<br />

Anzahl der am Backen des nächsten Tages Interessierten tat er die entsprechende Anzahl<br />

handgeschnitzter Nummerntäfelchen in seine blaue Schürze. Der Reihe nach zogen<br />

dann die Anwesenden ihre Nummer. Keiner wollte so richtig gerne der Erste sein. Der<br />

musste ja dann morgens den kalten Ofen anheizen, was eine größere Menge Backwellen<br />

bedeutet hat. Meines Wissens konnte pro Tag so 2 – 3 x gebacken werden.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt war, dass bis zur Währungsreform am Sonntag, 20. Juni<br />

1948, das Geld – es war die Reichsmark – quasi nichts mehr wert war. Für dieses Geld<br />

gab es eigentlich nichts zu kaufen. Trotzdem war eine minimale Grundversorgung der<br />

Familien mittels so genannter Lebensmittelkarten sichergestellt.<br />

Als es dann aber an dem besagten 20. Juni 1948 für jeden Bürger 40. - DM gab, war<br />

das wie eine Zeitenwende. Die Schaufenster waren wieder über Nacht gefüllt und es<br />

gab nahezu alles zu kaufen. Nur mit den 40.- DM konnte man keine großen Sprünge<br />

machen. Man musste also sehen, dass man Geld verdiente. Finsternthaler sind fleißig!<br />

Wenn man jetzt z. B. einmal auf die Jahre 1948 – 1970 zurückblickt, ergab sich folgende<br />

Situation: Fast jedes Haus hatte Vieh in Form von Kühen, Schweinen, Schafen, Ziegen,<br />

Gänsen, Enten, Truthähnen und Hühner. Das sicherte schon einmal die Grundbedürfnisse<br />

des täglichen Lebens. Des Weiteren gab es diverse Finsternthaler, die zu ihrer<br />

Landwirtschaft auch ihr eigenes Geschäft hatten bzw. betrieben:<br />

- - Es gab 2 Schmiede (Rühls Alfred und Konrads Otto = Otto Wick)<br />

- - Es gab 3 Gaststätten („Haus Pfitzer am Bach“, den „Deutschen Hof“ und die<br />

Gaststätte „Zum Taunus“ von Otto Klingelhöfer)<br />

- Otto Klingelhöfer hatte außerdem auch einen gut sortierten Lebensmittelladen,<br />

den man eigentlich jeden Tag besuchen konnte.<br />

- Schneiders Thedor (Theodor Rühl) war Wagner und fertigte in seiner Werkstatt<br />

alles aus Holz, was man in der Landwirtschaft so brauchte.<br />

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Wagnerwerkstatt von Theodor Rühl (heute Anwesen E. Roth)<br />

- Sein Nachbar, der zuvor genannte Schmied Konrads Otto, ergänzte dann alles mit<br />

den entsprechenden Eisenbeschlägen. Zudem gab es bei Konrads Otto auch Benzin,<br />

Glühbirnchen für die Fahrräder, Feuerzeugbenzin, Flickzeug für die Fahrradschläuche<br />

usw.<br />

- Otto Wick hatte auch zu jener Zeit das Amt des Gemeinderechners inne. Bis 1970<br />

folgten ihm in diesem für unser Dorf so wichtigen Amt: Adolf Schlicht und Karlheinz<br />

Könnemann.<br />

- Flathe August (jetzt Anwesen Jung) hatte eine Rechenmacherwerkstatt.<br />

- Auch im Hause von Otto Rohrbach war zu dieser Zeit noch eine ähnliche, voll<br />

ausgestattete Rechenmacherwerkstatt vorhanden, die aber, soweit ich mich erinnere,<br />

nach dem 2. Weltkrieg nur noch gelegentlich für den Eigenbedarf in Betrieb<br />

war. Man sagte, Finsternthal sei „zwischen den Kriegen“ das „Zentrum der Rechenmacher“<br />

im Altkreis Usingen gewesen.<br />

- Im Anwesen Ziemer, jetzt Familie Engers, war da, wo sich jetzt die Garage befindet,<br />

noch eine Schmiedewerkstatt, die aber nicht mehr in Betrieb war. Ebenso bei<br />

Seels Friedrich, jetzt Anwesen Kahl, war eine voll eingerichtete Wagnerwerkstatt,<br />

die auch nicht mehr benutzt wurde.<br />

- Als weiteres Handwerk war die Korbmacherei vertreten durch Emil Vollberg. Er<br />

wohnte mit seiner Familie im heutigen Anwesen von Heinz Laubner. Sein Handwerk<br />

lernte Emil Vollberg in der seinerzeit bekannten Korbmacherschule in Grävenwiesbach.<br />

- Ein weiteres Finsternthaler Unternehmen war das Malergeschäft von Otto Löw in<br />

der damaligen Schulgasse (jetzt Borngasse). Es war ein Einmann-Unternehmen,<br />

das aber, je nach Umfang der durchzuführenden Arbeiten, durch Hinzuziehung<br />

weiterer Fachkräfte wie Gindersch Lui (Ludwig Wick), August Rühl, Otto Jung<br />

aus Altweilnau und Edwin Marx aus Treisberg verstärkt werden konnte.<br />

- In der vorgenannten Schulgasse gab es auch noch einen Schuhmacher namens Karl<br />

Scherf. Sein Haus stand gegenüber der Schule.<br />

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- Außerdem gab es auch noch drei Friseure. - Das war zum einen Lotte Jung, die<br />

damals mit ihrem Sohn Adi in dem Hause in der Schmitterstraße wohnte, in dem<br />

heute Fam. Bot wohnt. Des Weiteren Richard Weil und Josef Henkel, der mit<br />

Schwester, Schwager und Neffe in der alten Schule in einem Teil der Lehrerwohnung<br />

lebte.<br />

- Otto Rohrbach und Karl Jung waren bei Bedarf auch in ihren Ausbildungsberufen<br />

als Metzger tätig.<br />

- Hinzu kam, dass sich zahlreiche Häuser noch ein Zubrot verdienten mit dem Vermieten<br />

von 1 – oder 2 Zimmern, zumeist am Wochenende. Das waren zumeist<br />

langjährige Verhältnisse. Diese Personen waren fast alle voll in unser Ortsgeschehen<br />

integriert und man kannte sich recht gut.<br />

Noch ein netter Vorfall aus jener Zeit, den man heute wohl als verbotene Preisabsprache<br />

bezeichnen würde:<br />

Mein Opa, Gustav Lehr, Wirt des „Deutschen Hofes“ und Otto Klingelhöfer, Wirt der<br />

Gaststätte „Zum Taunus“ hatten, soweit ich mich erinnern kann, ein etwas distanziertes<br />

Verhältnis. Warum das so war, weiß ich nicht. Aber eines schönen Tages nahm mich<br />

mein Opa mit den Worten an die Hand: „Wir müssen jetzt `mal zu Klingelhöfers Otto!“<br />

Also marschierten wir beide ins Oberdorf und gingen in den Laden. Otto Klingelhöfer<br />

stand, eine Zigarette rauchend, hinter seiner Theke. Mein Opa mit mir davor. Auch er<br />

rauchte seine Zigarre. Ich kürze das jetzt ab. Im Kern ging es darum, den Preis der<br />

Vollpension ihrer vermieteten Fremdenzimmer neu zu kalkulieren. Als Ergebnis dieser<br />

Besprechung kam eine saftige 10%ige Preiserhöhung heraus, nämlich von 5.- DM / Tag<br />

auf 5,50 DM. – Vollpension hieß damals: Frühstück, 3 Gänge Mittagsessen (Suppe,<br />

Hauptgericht + Dessert), nachmittags Kuchen und Kaffee und abends Aufschnitt mit<br />

Wurst und Käse. Auch die Schuhe der Gäste wurden geputzt, was zumeist mein Job<br />

morgens vor der Schule war.<br />

Das waren, soweit ich mich erinnern kann, die „Selbständigen“ in unserem Dorf. Natürlich<br />

hatte auch fast jeder der Vorgenannten noch eine mehr oder weniger große Landwirtschaft<br />

bzw. einen Gemüsegarten, den es zu bewirtschaften galt.<br />

Ein weiterer Teil der damaligen Finsternthäler Männer ging arbeiten. Deutschland<br />

brauchte seinerzeit für den Wiederaufbau Handwerker aller Art. Maurer, Weißbinder,<br />

Verputzer, Stuckateure, Fliesenleger, Elektriker, Schreiner, Zimmerleute und Bagger- /<br />

Raupenfahrer waren die gängigen Berufe. Zudem wurden ständig kräftige Hilfsarbeiter<br />

gesucht.<br />

Aus jener Zeit hätte auch das Sprichwort stammen können: „HANDWERK HAT GOL-<br />

DENEN BODEN!“ Einen Handwerker zu jener Zeit termingerecht zu bekommen, das<br />

war einfach Glückssache.<br />

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Wenn man seinem ursprünglichen Beruf nicht mehr nachgehen konnte oder wollte, fuhr<br />

man schon nach Frankfurt, Bad Homburg, Schmitten, Oberursel oder Usingen. Die<br />

MOHA in Sossenheim, MERCEDES in Ffm oder die HECO in Schmitten, das waren<br />

seinerzeit gängige Arbeitgeber. Ein Teil der jungen Frauen aus Finsternthal und dem<br />

Altkreis Usingen war tätig in der seinerzeit sehr bekannten Textilfirma KIMODE, die<br />

ihren Sitz in der Bahnhofsstraße in Usingen hatte.<br />

Gerne gingen auch die hiesigen Frauen in die „Kultur“. Darunter verstand man das Setzen<br />

von jungen Bäumchen im Wald auf den Flächen, die wieder aufzuforsten waren.<br />

Diese Arbeit geschah in Absprache mit dem jeweiligen Förster (Herr Schiebel / Herr<br />

Otto) unter der fachkundigen Anleitung von z. B. Konrads Adolf (= Adolf Merling)<br />

oder Kaspers Gustav (= Gustav Wick).<br />

Im Winter wurde auch in den Holzwald gegangen. Die anfallende Arbeit in der Landwirtschaft<br />

war im Winter ohnehin beschränkt, so dass man durch die Waldarbeit noch<br />

ein gutes Zubrot hatte.<br />

Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang auch die Milchsammelstelle, die in<br />

dem Erdgeschoss des alten Rathauses untergebracht war. Diese wurde, so lange sie bestand,<br />

von der Familie Rohrbach betrieben. Der durch die MOHA an die hiesigen Landwirte<br />

gezahlte Preis richtete sich nach dem Fettgehalt der Milch. Besagter Fettgehalt<br />

wurde wöchentlich geprüft. Auch das war für viele Finsternthaler Familien, speziell in<br />

der Sommerzeit, wenn die Kühe viel Milch gaben, ein guter Zusatzverdienst.<br />

Die Milch wurde des Nachts von Tankwagen der Fa. Lückel aus Schmitten abgefahren.<br />

Aus Finsternthal fuhren über viele Jahre im Sommer und im Winter zuverlässig Helmut<br />

Rohrbach und Emil Wick dieses Auto.<br />

Finsternthal war von seinen Finanzen her durch den großen Waldbesitz und dem daraus<br />

resultierenden Holzverkauf recht gut positioniert! Also befasste sich die damalige Gemeindevertretung<br />

unter Leitung von Bürgermeister Otto Rohrbach mit dem Thema<br />

„Bau eines Dorfgemeinschaftshauses“. Ich kürze das jetzt ab. 1956, also vor jetzt 57<br />

Jahren, wurde unser DGH in Anwesenheit der ganzen Dorfbevölkerung und zahlreicher<br />

Offizieller eingeweiht. Die Finsternthaler Bevölkerung hatte jetzt die Gelegenheit jeden<br />

Samstag zu baden bzw. zu duschen. Es gab auch ein Schlachthaus, in dem man unter<br />

hygienischen Umständen das Schlachtvieh verarbeiten konnte. Von den früheren Hausschlachtungen<br />

kam man völlig ab! Es gab einen Gefrierraum, in dem fast jede Familie<br />

des Ortes ein eigenes Gefrierfach hatte. Der große Saal im 1. Obergeschoss wurde jedes<br />

Wochenende zum Fernsehen benutzt. Auch Maskenbälle, Tanzabende, Weihnachtsfeiern<br />

der Freiwilligen Feuerwehr, Theateraufführungen der Schule und Familienfeiern<br />

wurden dort abgehalten. – Eine ziemlich reichhaltige Bibliothek gab es auch, in der man<br />

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sich samstagnachmittags ein- oder zwei Bücher ausleihen konnte. Im Erdgeschoss befand<br />

sich zusätzlich noch eine gut ausgestattete Wäscherei mit 2 Waschmaschinen,<br />

Schleudern und einer großen Heißmangel für die Bettwäsche.<br />

Ein generelles Problem seinerzeit war der schon zuvor erwähnte zur Verfügung stehende<br />

Wohnraum. Die existenten Häuser waren auch nach dem Auszug der Flüchtlinge<br />

und Ausgebombten zumeist nicht übermäßig geräumig. Auch wollte die damalige Jugend<br />

dann auf eigenen Beinen stehen und nicht mehr mit 2- oder 3 Generationen zusammen<br />

wohnen, was gelegentlich schon zu Reibereien und Diskussionen führte. Es<br />

wurde also an- und umgebaut bzw. gleich neu gebaut. Außerdem gab es einen großen<br />

Nachholbedarf am Einbau moderner sanitärer Einrichtungen, denn auf den Plumpsklo<br />

gehen bzw. im „Bränksche“ sich samstags zu waschen, das war nicht mehr zeitgemäß!<br />

Das Wannenbad und die 3 Duschkabinen in dem neuen DGH waren, wie zuvor schon<br />

gesagt, nur am Samstag jeweils von 15:00 – 20:00 Uhr geöffnet.<br />

Zum Thema Schule: Hier war der Besuch der hiesigen Volksschule mit einem einzigen<br />

Klassenraum der Normalfall. Man ging 8 Jahre zur Schule und das reichte. Interessanterweise<br />

wurde den Kindern in diesen 8 Jahren von zwar älteren, aber erfahrenen Pädagogen<br />

wie Herrn Gronau, Herrn Wengenroth, Herrn Euler oder zum Schluss Herrn Ditthard<br />

in den Fächern Rechnen, Raumlehre, Deutsch, Naturkunde, Sozial – und Erdkunde<br />

so vieles beigebracht, dass man ohne Zweifel den Vergleich mit einem heutigen<br />

guten mittleren Schulabschluss anstellen kann. Das war dann die Grundlage für eine<br />

gediegene Facharbeiterausbildung.<br />

Noch eine nette Anmerkung: Zu jener Zeit gab es einen etwas übergewichtigen Schulrat<br />

namens Otto Köth, der damals schon einen großen „Opel Kapitän“ fuhr. Vor diesem<br />

großen, immer lautstark polternden Menschen hatten Schüler und Lehrer gleichermaßen<br />

einen Heidenrespekt. Ich entsinne mich an einen Besuch des besagten Herrn bei uns.<br />

Wie immer kam er unangemeldet in unsere Schule. Er stand dann vor der Klasse. Unser<br />

damaliger Lehrer, Herr Wengenroth, stand ziemlich hilflos hinter ihm und soufflierte<br />

uns lautlos die Antworten auf die gestellten Fragen.<br />

Im Zusammenhang mit diesem Herrn erhielt ich den nachstehenden Vierzeiler, dem<br />

nichts mehr hinzuzufügen ist:<br />

Wenn morgens früh die Tür `aufgeht,<br />

ein Riese ohne Schlips da steht,<br />

die Haare wild vom Winde verweht,<br />

dann ist es unser Schulrat Köth!<br />

Man konnte auch hauswirtschaftliche Schulen, z. B. im Vordertaunus, besuchen. Vor –<br />

bzw. während des 2. Weltkrieges wurde auch noch gerne die „Landwirtschaftliche<br />

Schule“ in Usingen im Winterhalbjahr besucht.<br />

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Meines Wissens war der erste Finsternthaler, der die Christian Wirth Schule (damals<br />

„Aufbauschule“) in Usingen besucht hat, unser Mitbürger Reinhold Müller. Aus dieser<br />

Zeit stammt auch die Aussage von Lehrer Emil Ditthard: „Aus allen ist etwas Anständiges<br />

geworden!“ - Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!<br />

Vergnügungen<br />

Durch die entbehrungsreichen Kriegsjahre und die ersten Nachkriegsjahre kam das<br />

Thema Vergnügungen zu kurz. Wem hat es damals schon aufgelegen zu tanzen, wenn<br />

der Mann, Sohn, Vater oder Bruder im Feld war und man nicht wusste, wie es ihm ging.<br />

Unsere Gedenkstätte am Friedhof zeigt, welch` hohen Blutzoll unser kleines Dorf im 2.<br />

Weltkrieg zu zahlen hatte. Aber in den 50ern begann es dann.<br />

Im „Deutschen Hof“ gab es regelmäßig Tanzveranstaltungen und Maskenbälle, die ich<br />

als 6 – 10 Jähriger aufmerksam verfolgte. Dabei spielte dann immer die Kapelle Alwin<br />

Müller auf. Die Besetzung besagter Kapelle war lange Jahre immer die gleiche:<br />

Kapellmeister und Trompeter war Alwin Müller. Die Klarinette spielte ein Robert aus<br />

Rod a. d. Weil, Otto aus Winden saß am Schlagzeug und von Fall zu Fall kam Heinrich<br />

Marx aus Treisberg hinzu mit seiner großen Basstuba. – Auch Reinhold Müller, der<br />

Sohn von Alwin Müller, spielte gelegentlich schon mit. Noch viele Jahre später, wenn<br />

ich irgendwo unterwegs war und mein Gegenüber erfuhr, dass ich aus Finsternthal<br />

komme, war die obligatorische Frage: „Was macht denn der Alwin? – Geht’s ihm gut?“<br />

Also, einen besseren Botschafter für Finsternthal gab es in den ersten 30 Nachkriegsjahren<br />

sicherlich nicht!<br />

Ein weiteres Highlight waren die in jedem Sommer stattfindenden Schützenfeste! 1954<br />

fand das erste statt. Auf der Straße vor den Anwesen Roth / Schlicht war ein mit Zeltplane<br />

überdachter Tanzboden aufgebaut. Die Kapelle saß erhöht über dem Vorgärtchen<br />

des Anwesens Schlicht. Unser erster Schützenkönig war damals Norbert Babioch. Ich<br />

entsinne mich, dass es damals z. T. heftig regnete, was aber dem Vergnügen keinen<br />

Abbruch tat.<br />

Diese Schützenfeste begannen zumeist schon freitagabends und endeten am Montag.<br />

Die Mitglieder des Schützenvereines nahmen sich damals immer eine ganze Woche<br />

frei, um bei den Auf – und Abbauarbeiten alles perfekt zu erledigen. Ab 1955 fanden<br />

dann die Schützenfeste auf dem „Alten Hof“ und dem damaligen „Sportplatz“ vor den<br />

„Ochsenwiesen“ statt.<br />

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Zu unseren Straßen<br />

Die waren bis 1952 ungepflastert. Der Belag war eine Art fest gewalzter Splitt. Im Frühjahr<br />

gab es dann immer ziemlich große Schlaglöcher, die ausgefüllt werden mussten.<br />

Ein richtiges Kanalsystem gab es auch noch nicht. Alles, was heute normalerweise in<br />

den Kanal fließt, wurde damals in die Puddelkaut (= Jauchegrube) geleitet, die in jedem<br />

Hause vorhanden war. War diese voll, so wurde die Jauche auf das Feld gefahren. Im<br />

Winter war dieses Verfahren wegen des Schnees und Regens zumeist nicht praktikabel.<br />

Also liefen die hauseigenen Jauchegruben über. Diesen flüssigen Überlauf leitete man<br />

dann durch den Hof hinaus auf die Straße, wo er dank des in Finsternthal fast überall<br />

vorhandenen Gefälles über die an den beiden Seiten der Dorfstraße vorhanden Flesschen<br />

(Ablaufrinnen) in einen unserer beiden Bäche geleitet wurde.<br />

Dorfstraße Finsternthal, ca. 1938<br />

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Unnötig zu sagen, dass gerade in dieser Zeit tags und nachts eine ziemlich übelriechende<br />

Dunstglocke über dem ganzen Dorf stand.<br />

Diese beiden Übel (kein Kanal und schlechter Straßenbelag) galt es abzuschaffen!<br />

Otto Rohrbach war zu dieser Zeit, wie schon zuvor erwähnt, unser Bürgermeister. Er<br />

hatte übrigens sein Amt von 1948 – 1960 inne. Er beriet sich also mit seiner Gemeindevertretung,<br />

wie man da am Besten vorgehen könne.<br />

Das Kanalproblem wurde als Erstes angegangen. Per Hand wurden mit Hacke und<br />

Schaufel in allen 4 damaligen Dorfstraßen tiefe Gräben zur Aufnahme von den jeweils<br />

1 Meter langen Kanalrohren ausgehoben. Anschließend wurden die besagten Rohre verlegt.<br />

Dies` alles erfolgte zumeist in Eigenleistung, d. h. durch die jungen Männer des<br />

Dorfes und hatte somit den Vorteil, dass das so verdiente Geld im Dorf blieb und man<br />

zudem teure Unternehmerkosten sparte.<br />

Resultat: die ansonsten in den Flesschen oberirdisch ablaufende Jauche wurde nun unterirdisch<br />

abgeleitet. Natürlich noch in keine Klärgrube, sondern wie auch zuvor in einen<br />

der beiden Bäche. Das Geruchsproblem war aber somit weitestgehend gelöst!<br />

Somit war die Voraussetzung geschaffen, sich an einen neuen Straßenbelag zu machen.<br />

Das Pflastergeschäft JOST aus Weilmünster, das es übrigens heute noch gibt, erhielt<br />

den Generalauftrag, alle Dorfstraßen zu pflastern. Begonnen wurde mit dem Friedhofsweg,<br />

der in der feuchten, kalten Jahreszeit eine ziemlich furchige Oberfläche hatte,<br />

milde ausgedrückt.<br />

Wir Schüler hatten dabei die seltene Gelegenheit zu beobachten, wie professionell das<br />

Pflasterhandwerk ausgeführt wurde. Jeder Pflasterer hatte sich ein rundes Schemelchen<br />

mit einem Bein an seine Rückseite geschnallt. Mit geübtem Blick wurden die passenden<br />

Steine ausgewählt und in das vorbereitete Sandbett geklopft. Aus jener Zeit stammt<br />

auch der Spruch „Unpassende Steine gibt’s nicht. Was kommt wird genommen!“<br />

So wurden dann nach und nach der Friedhofsweg, die Hintergasse (= Schmitterstraße),<br />

die Hauptstraße (= Landsteiner Straße) und der Neuweiler Weg (= Borngartenstraße)<br />

gepflastert. Der Schmittener Weg wurde zu einem späteren Zeitpunkt mit anderen, gröberen<br />

Pflastersteinen versehen. – Was war das dann für ein Unterschied, als wir mit<br />

unseren Fahrrädern über die nun ebenen glatten Flächen fahren konnten.<br />

Noch eine Anmerkung: In der 12 – jährigen Amtszeit von Bürgermeister Otto Rohrbach<br />

wurden die größten Investitionen aller Zeiten in Finsternthal, nämlich der Bau des DGH,<br />

das neue Kanalsystem, das Pflastern der Dorfstraßen und der Bau des Holzhauses,<br />

durchgeführt. Wie schon gesagt, unser Dorf hatte durch den guten Holzverkauf die nötigen<br />

Mittel parat.<br />

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Die finanzielle Lage des Dorfes war seinerzeit so gut, dass bis in die 60 er / 70 er Jahre<br />

in Finsternthal kein Wasser – oder Kanalgeld zu zahlen war.<br />

Wie kamen nun die Finsternthäler zu ihren auswärtigen Arbeitsplätzen bzw. zum Einkaufen<br />

nach Usingen, Camberg, Weilburg oder Frankfurt?<br />

Da gab es verschiedene Möglichkeiten:<br />

- Zum einen das „Pöstchen“. Das war ein 6 – sitziges gelbes Postauto, mit dem man<br />

mittags nach Usingen fahren konnte. Das Auto brachte von Usingen her die tägliche<br />

Post in die Dörfer des Altkreises USI. War das Pöstchen, das von Mauloff herunter<br />

kam, schon besetzt, so hatte man Pech.<br />

- Des Weiteren gab es vom Landstein aus auch diverse Busverbindungen, wo wir<br />

Finsternthaler zusteigen konnten:<br />

- Bad Nauheim – Wiesbaden - zurück<br />

- Weilburg – Ffm – zurück<br />

- Rod a . d. Weil nach USI - zurück<br />

Man musste dabei halt jedes Mal die 2 km Fußmarsch zum – bzw. vom Landstein<br />

in Kauf nehmen.<br />

- Außerdem gab es einen sehr frühen „Arbeiterbus“ (Abfahrt am Landstein um 5:30)<br />

der von Haintchen / Hasselbach aus nach Ffm fuhr.<br />

Pfad von Finsternthal nach Treisberg („Totepfädche“, ca. 1940))<br />

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Diesen Bus benutzte ich 1 Jahr lang als Azubi. Dann reichte mir das und ich kaufte<br />

mir einen Uralt Brezelkäfer mit 24 PS und unsynchronisiertem Getriebe.<br />

Die Fahrpreise zu jener Zeit, das weiß ich noch sehr genau, betrugen z. B.:<br />

- Landstein – USI (Marktplatz) = 0,55 DM<br />

- Landstein – Ffm (Hbf.) = 2,50 DM<br />

Im Allgemeinen fuhren in den ersten 5 Nachkriegsjahren die Finsternthaler Männer<br />

Motorräder. Da gab es eine 250 ccm Viktoria, eine 125 ccm DKW, eine 98 ccm NSU<br />

Fox, eine 250 ccm DKW, eine schöne 350 ccm Horex „Regina“ und noch eine „Regina“<br />

mit Seitenwagen und auch schon eine 500er BMW mit Seitenwagen.<br />

Ich fuhr eine 50 ccm Kreidler „Florett“. Mein Freund Norbert hatte ein NSU „Quickly“<br />

und später eine NSU „Cavallino“.<br />

So ging es durch das ganze Dorf.<br />

Mit den Motorrädern kam es der schlechten Straßen und des schlechten Wetters wegen<br />

auch zu Stürzen, die leider auch gelegentlich tödlich endeten. Innerhalb von nur 20<br />

Jahren verstarben 5 junge Finsternthaler Männer im Alter von 18 – 39 Jahren durch<br />

Motorradunfälle:<br />

- 1939 Fritz Schäfer<br />

- 1952 Willi Vollberg<br />

- 1954 Richard Melcher<br />

- 1956 Ernst Klingelhöfer und<br />

- 1960 Karl Jung<br />

Fast schlagartig hörte dann die Ära „Motorradfahren“ auf. Die Leute hatten alle Arbeit<br />

und somit etwas Geld zur Verfügung. Somit war es eigentlich nur eine Frage der Zeit,<br />

bis die außerhalb des Dorfes Berufstätigen das erste Auto hatten. Dies` waren u. a.<br />

- Albert Löw mit seinem schwarzen 2 Zylinder DKW, der aber bald durch einen<br />

schönen dunkelroten DKW 3 = 6 abgelöst wurde.<br />

- Fred Fels hatte das gleiche Modell.<br />

- Hubert Vogt fuhr nach der „Regina“ einen Lloyd „Alexander“, der dann von einem<br />

Lloyd „Arabella“ abgelöst wurde.<br />

- Norbert Wick fuhr einen himmelblauen VW „Export“, der auch unser Hochzeitsauto<br />

war.<br />

- Reinhold Müller hatte einen „Buckelford“ und danach ein schönes „Goliath Coupe“<br />

mit immerhin 40 PS.<br />

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- Ich fuhr den schon zuvor erwähnten VW „Standard“ Bj. 1952 mit unsynchronisiertem<br />

Getriebe. Leider war diesem Auto mangels meiner Fahrkenntnisse bzw. wegen<br />

zu schnellen Fahrens nur eine kurze Zeit bei mir beschieden.<br />

Dabei belasse ich es jetzt, denn diese Reihe könnte man noch beliebig fortsetzen.<br />

Das war die Situation, die sich so bis zum Jahre 1970 hin fortsetzte. 15 – 20 Jahre nach<br />

Kriegsende hatten sich die Finsternthäler im Allgemeinen wirtschaftlich wieder etabliert<br />

und alle hatten Arbeit!<br />

Schon zur Mitte der 60 er Jahre begann dann die Diskussion bezüglich einer Gebietsreform.<br />

Dazu nur so viel: Über Weilnau wurde das bis dato unabhängige und schuldenfreie<br />

Finsternthal 1972 dann einer der 13 Ortsteile der Großgemeinde Weilrod.<br />

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Finsternthal<br />

von 1970 – heute<br />

Das immer wieder heiß diskutierte Thema Ende der 60er – und Anfang der 70er Jahre<br />

des letzten Jahrhunderts war die schon zuvor erwähnte<br />

Gebietsreform.<br />

Finsternthal hatte damit aber zunächst gar nichts am Hut. Unser Dorf war, wie gesagt,<br />

schuldenfrei, hatte über 100.000.- DM Guthaben auf der Bank und kam mit der seinerzeit<br />

praktizierten Art von Verwaltung ganz gut zurecht.<br />

Dorfmitte mit dem alten Rat-/Backhaus, der ehemaligen Gaststätte „Deutscher<br />

Hof“ und dem Anwesen Schlieske<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Wollte man z. B. den Bürgermeister besuchen – das war damals Otto Kingelhöfer – so<br />

ging man einfach zu ihm. Sprechstunden, wie heute üblich, gab es nicht. Gleiches galt<br />

auch für den Gemeinderechner (der letzte war Karl Heinz Könnemann). Auch ihn<br />

konnte man jederzeit besuchen.<br />

Somit war es für die übergeordneten Gremien wie Kreis – und Landtag nicht ganz einfach,<br />

die Finsternthaler Bürger von den Vorteilen einer Großgemeinde mit einem<br />

hauptamtlichen Bürgermeister und einer zentralen Verwaltung zu überzeugen.<br />

Im Vorfeld der Gebietsreform kam es dann auch noch Finsternthal intern zu einem Vorfall,<br />

der für unseren Ort nicht gerade schmeichelhaft war. Die Finsternthaler hatten nämlich<br />

einfach die Bürgermeisterwahl verschlafen. Ich war seinerzeit kommunalpolitisch<br />

noch ein Laie und hatte andere Interessen. Der Einfachheit halber zitiere ich jetzt einfach<br />

einmal auszugsweise einen Pressebericht vom Januar 1969 zu diesem Thema mit<br />

dem prinzipiellen Inhalt:<br />

„Mit dem Bürgermeister hatte die Gemeinde Finsternthal einfach die Kommunalwahl<br />

1969 verpasst. … Damit war dann der Weg frei für ein Triumvirat, bestehend aus<br />

- dem Bürgermeister Otto Klingelhöfer<br />

- dem 1. Beigeordneten August Rühl und<br />

- Alfred Rühl als einzigem Gemeindevertreter.<br />

So weit so gut! Sogar der hessische Rundfunk war mit einem Kamerateam im Frühjahr<br />

1969 bei uns hier im Dorfgemeinschaftshaus, um dieses Dorf im Hintertaunus zu filmen.<br />

Zeitnah dazu hatte die hessische Landesregierung mit Stichtag vom 1.8.1972 noch beschlossen,<br />

den Altkreis Usingen mit dem damaligen polizeilichen Kennzeichen „USI“<br />

in den Hochtaunuskreis mit dem pol. Kennzeichen „HG“ zu integrieren. So viele Neuerungen<br />

auf einmal waren den damaligen Finsternthalern schon suspekt.<br />

Aber der Reihe nach. Zunächst die neue Großgemeinde. Da kam es im Dezember 1970<br />

zur Gründung der Vorgängergemeinde Weilrods, nämlich zu WEILNAU. Diese Gemeinde<br />

mit den fünf Ortsteilen Altweilnau, Neuweilnau, Riedelbach, Finsternthal und<br />

Mauloff bestand aus einer homogenen Bevölkerung. Man hatte weitestgehend die gleichen<br />

bäuerlichen Wurzeln und man kannte fast jeden in diesem Umfeld. Im Juni 1971<br />

wurde durch die damalige Gemeindevertretung der erste hauptamtliche Bürgermeister<br />

Kurt Böhmer aus Hausen gewählt.<br />

Zeitnah dazu erfolgte im Dezember 1971 der freiwillige Zusammenschluss der bis dato<br />

unabhängigen vier Dörfer Cratzenbach, Rod a. d. Weil, Gemünden und Winden zur<br />

Großgemeinde Rod an der Weil.<br />

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Aber auch das war alles nur von kurzer Dauer. - Schon im Juli 1972 beschloss der Hessische<br />

Landtag die Bildung der Großgemeinde WEILROD zum 1. August 1972 in der<br />

heutigen Form mit den 13 Ortsteilen Altweilnau, Cratzenbach, Finsternthal, Emmershausen,<br />

Gemünden, Hasselbach, Mauloff, Neuweilnau, Niederlauken, Oberlauken, Riedelbach,<br />

Rod a. d. Weil und Winden.<br />

Das war nun auch nicht gerade die Lösung, die uns Finsternthalern so vorschwebte.<br />

Wir waren jetzt mit Ortsteilen vereint, die man zuvor vielleicht nur 1 – oder 2 mal besucht<br />

hatte oder z. T. sogar nur vom Hörensagen her kannte. Wenn man die damaligen<br />

Berichte in der Presse jetzt so liest, ging das aber fast in allen Ortsteilen ähnlich zu. –<br />

Das bis dato seit 783 Jahren weitestgehend selbständige Dorf Finsternthal (es wurde<br />

erstmals urkundlich 1230 erwähnt) war somit Teil der neuen Großgemeinde Weilrod!<br />

In diesem Zusammenhang kam es noch zu einem weiteren für unser Dorf unerfreulichen<br />

Vorfall. Finsternthal war, wie schon zuvor mehrfach erwähnt, finanziell in einem Zustand,<br />

den heute nahezu alle Kommunen anstreben: das Dorf war schuldenfrei! Im Gegenteil,<br />

wir hatten sogar noch ein Guthaben in Höhe von etwas mehr als 100.000.-DM,<br />

heute wären das noch etwa 50.000.- Euro. Dies` war unsere Mitgift, die wir in die neue<br />

Scheune von N. Wick; eines der ältesten Gebäude in Finsternthal<br />

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Großgemeinde mit einbrachten! Heute lässt sich das nicht mehr so genau recherchieren,<br />

aber ich denke wir waren einer der wenigen Ortsteile generell, die Bargeld als Guthaben<br />

mitbrachten. Es wurde sogar behauptet, davon sei in einem benachbarten Ortsteil die<br />

Straßenbeleuchtung im Neubaugebiet bezahlt worden; wie gesagt, ein Gerücht.<br />

Ab August 1973, also seit 40 Jahren, bestand Weilrod dann offiziell. Wir in Finsternthal<br />

hatten unseren ersten Ortsbeirat. Unser Ortsvorsteher war damals Adolf Merling, ein<br />

erfahrener Kommunalpolitiker, der auch zeitweise im Kreistag zu Usingen saß und von<br />

dem ich sehr viel lernen konnte. Seine Stellvertreterin war Irma Bausch. Ich war der<br />

Jüngste in der Runde.<br />

Die Aufgaben des Ortsbeirates waren uns allen nicht so ganz geläufig. Es gab zwar die<br />

HGO (Hessische Gemeinde Ordnung), in der das Aufgabenspektrum des Ortsbeirates<br />

im Wesentlichen beschrieben war. Aber das war die Theorie. Die Gemeindeverwaltung<br />

in Weilrod hatte diesbezüglich ebenfalls keine Erfahrung. Hinzu kam, dass in der neu<br />

gebildeten Gemeindeverwaltung in Weilrod zumeist auch noch ortsfremde Beamte saßen,<br />

die im Gegensatz zu heute fast keinen der hiesigen Bewohner persönlich kannten.<br />

Außerdem gab es damals dorfintern schon eine Scheu, überhaupt in das neue Rathaus<br />

zu gehen.<br />

Damit kommen wir zu einem anderen Thema, das aus der damaligen Situation resultierte,<br />

den Bürgermeistern. Über lange 21 Jahre, nämlich von 1972 – 1993, hatten wir<br />

Bürgermeister, die alle außerhalb Weilrods ihren Wohnsitz hatten. Dies waren der<br />

schon zuvor erwähnte Hans - Joachim Galuschka, Alwin Grauwinkel und schließlich<br />

Rudolf Horak. Es schien seinerzeit, als ob es in den Reihen unserer <strong>Weilroder</strong> Mitbürger<br />

einfach niemanden gäbe, der die notwendige Qualifikation für solch ein Amt erfüllt<br />

hätte. - Dabei war der Grund ziemlich einfach: die sich jeweils an der Macht befindliche<br />

politische Partei oder Koalition im <strong>Weilroder</strong> Gemeindeparlament schlug den entsprechenden<br />

Kandidaten von außerhalb vor. - Das war wahrlich kein Meisterstück unserer<br />

damaligen Kommunalpolitiker!<br />

Erst 1993 durfte der mündige <strong>Weilroder</strong> Bürger direkt seinen Bürgermeister wählen.<br />

Und siehe da, von 1993 – 2005, also 12 Jahre lang, bekleidete der uns allen gut bekannte<br />

Hartmut Haibach dieses Amt. Seit 2005 bis heute ist der ebenso überall bekannte Axel<br />

Bangert in diesem Amt. Beide Personen, der eine aus Rod a. d. Weil, der andere aus<br />

Gemünden, sind tief verwurzelt in dem <strong>Weilroder</strong> Kultur – und Vereinsleben und sind<br />

m. E. die richtigen Personen für dieses für uns so wichtige Amt!<br />

Doch zurück nach Finsternthal. Wie schon zuvor erwähnt, war eine der ersten Amtshandlungen<br />

der neuen <strong>Weilroder</strong> Verwaltung das Versenden von Anliegerbescheiden<br />

für den neu erbauten Kanal in der Schmitterstraße mit ziemlich rigiden Zahlungsbedingungen<br />

und das Ganze auch noch ohne jede Vorankündigung! Da ging ein ziemliches<br />

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Rauschen durch den lokalen Blätterwald. Anwälte wurden konsultiert, Interessengemeinschaften<br />

wurden gegründet. - Die sich damals in der Opposition befindliche Partei<br />

nutzte die Gunst der Stunde und warf der Gemeindeverwaltung Bürgerferne und Unsensibilität<br />

vor. - H.J. Galuschka antworte darauf im UA vom 30.9.1974 mit Begriffen<br />

wie „Vorwürfe entbehren jeder Grundlage“ oder „heuchlerischen Kampagnen“.<br />

Kurzum, das war schon eine sehr lebendige Zeit. Alles wurde dann nach einiger Zeit<br />

gelöst in der Form, dass man den Bürgern Ratenzahlungen zubilligte. Heute werden<br />

solche Aktionen im Vorfeld besprochen und man versucht, für alle Beteiligten akzeptable<br />

Lösungen zu finden.<br />

Aber das war noch nicht alles! Bis zum Zeitpunkt unserer Eingemeindung gab es bei<br />

uns im Dorf der relativ guten finanziellen Lage wegen keine Gebühren für Wasser, Kanal<br />

und Müll. Wasser gab es umsonst. Der Kanal war die fast überall vorhandene Jauche-<br />

bzw. Klärgrube und Müll fiel nicht oder nur in geringen Mengen an. Sogar die<br />

Grundsteuer konnte man vor 1970, sofern man das wollte, abarbeiten z. B. bei der<br />

jährlich stattfindenden Feldwegeinstandsetzung. Das war jetzt nicht mehr möglich! Die<br />

Der Ortseingang vom Landstein her, 2012<br />

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Haushaltskassen der Finsternthaler Bürger wurden ab 1972 in ungewohnter Weise strapaziert.<br />

In diesen Kontext passt der Bericht, der am 23. Juli 2004, also vor 9 Jahren, im UA<br />

erschien unter dem Titel „Unsere Ortsbeiräte“; dieses Mal FINSTERNTHAL. Hier äußern<br />

sich ehemalige Ortsvorsteher und Mitglieder der Ortsbeiräte kritisch – wohlwollend<br />

zum Thema Ortsbeirat. - D. Recknagel war damals unser Ortsvorsteher und fasste<br />

es so zusammen: „Kleine Brötchen backen, aber die die gebacken werden, sollen gut<br />

sein!“ – Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.<br />

Soweit dieser Bericht, der die damalige Situation gut beschreibt. Er beschreibt aber<br />

auch, dass sich mittlerweile fast alles zum Guten gewendet hat.<br />

Unser derzeitiger Ortsbeirat, bestehend aus Diana Schöneich, Anja Wischmann und<br />

Bärbel Kammer mit Berit Hahn als Schriftführerinnen, haben in den 2 Jahren ihrer bisherigen<br />

Arbeit schon einiges bewegt. Die Verwaltung in Weilrod, das weiß man mittlerweile,<br />

tut zumeist fast alles in ihrer Möglichkeit stehende, um den Ortsbeiräten zu<br />

helfen. Bei Sanierungen z.B. stellt die Gemeindeverwaltung das Material. Die durchzuführenden<br />

Bauarbeiten werden von ortsansässigen Handwerkern durchgeführt. Jagdgenossenschaft,<br />

Freiwillige Feuerwehr, Backesverein und auch viele Bürger sind fast<br />

immer bereit, bei Bedarf ihren freiwilligen Beitrag dazu zu leisten.<br />

In diesem Zusammenhang ist es sicherlich interessant, einmal die größeren Projekte,<br />

die seit der Gebietsreform 1972 bei uns in Finsternthal durchgeführt wurden, zu benennen:<br />

- Trauerhalle auf dem Friedhof<br />

- Ortsmittelpunkt im Straßenverlauf neu gestaltet<br />

- Brunnenplatz neu erstellt<br />

- Back- / Rathaus wurde 2x renoviert<br />

- Feuerwehrhaus wurde 2x renoviert sowie 1x erweitert<br />

- DGH wurde von Grund auf renoviert (danach war ein<br />

- größerer Wasserschaden, der unternehmerseitig repariert wurde.<br />

- Bezahlt wurde das Ganze durch die Versicherung des Verursachers).<br />

- Wiegehäuschen wurde komplett renoviert und umgebaut zu einer<br />

- öffentlichen Toilette, die bei Veranstaltungen der FFW und<br />

- des Backesvereines benutzt werden kann.<br />

- 10 Bänke, gestiftet von Finsternthaler Bürgern, den<br />

- örtlichen Vereinen und Unternehmen.<br />

- Neuer Schaukasten für öffentliche Mitteilungen und<br />

- Mitteilungen der Vereine und der Jagdgenossenschaft.<br />

- die lfd. Instandhaltung der öffentlichen Einrichtungen<br />

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- eine neue Wasserleitung aus dem Mauloffer Berg bis zum Ortseingang.<br />

Dies` dürften die Hauptprojekte der letzten 40 Jahre gewesen sein, die sich, denke ich,<br />

für ein 180 Seelendorf sehen lassen können.<br />

Arbeit bei uns im Dorf<br />

Der größte Unterschied im Vergleich zu der Zeit von 1945 – 1970 ist der, dass in den<br />

vergangenen 40 Jahren die Landwirtschaft, die früher fast immer das Haupteinkommen<br />

der hiesigen Bevölkerung stellte, vollkommen zum Erliegen gekommen ist. Die letzten<br />

aktiven Landwirte - das waren meines Wissens die Familien Wissig, Schlicht und Uhrig<br />

- haben ihre diesbezüglichen Aktivitäten schon seit Jahren eingestellt.<br />

Wie kommen die Finsternthaler heutzutage nun zu ihrem Einkommen? Da gibt es, wie<br />

auch schon früher, die selbstständig Tätigen, die jedoch zumeist ihren Sitz außerhalb<br />

des Dorfes haben. Es sind für ein Dorf unserer Größe ungewöhnlich viele; nämlich 15<br />

Unternehmen der unterschiedlichsten Art, die ihre Firmensitze in Usingen, Bad Camberg,<br />

Hunoldstal, Bad Homburg, Altweilnau, Würges, Neu Anspach, Idar-Oberstein, dem E-<br />

gertshammer und natürlich hier in Finsternthal haben.<br />

Die Arbeitnehmer des Dorfes haben, im Gegensatz zu früher, zumeist Berufe, die sie z.<br />

B. in den Vordertaunus bis hin nach Frankfurt führen. Es sind fast keine der früher üblichen<br />

Berufe mehr dabei, sondern fast ausschließlich solche, die den Bedürfnissen der<br />

heutigen modernen Industriegesellschaft angepasst sind.<br />

Fast alle Finsternthaler sind mittlerweile mit dem Computer gut vertraut und benutzen<br />

ihn gerne und häufig, auch neben dem Beruf. Google, Facebook, Twitter und Skype<br />

haben die Grenzen Stadt – Land wegfallen lassen.<br />

Dass man seinen Beruf zeitweise auch im Ausland ausübt, ist zwar immer noch nicht<br />

alltäglich, aber auch nicht mehr so exotisch wie zu der Zeit, als Günter Sittig und ich<br />

jahrelang dieser Art Tätigkeit in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika nachgegangen<br />

sind.<br />

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Die Finsternthaler Handwerker N. Wick und H. Laubner bei dem Renovieren des Dorfbrunnens<br />

Damit komme ich zu einem anderen Thema:<br />

Unentgeltliche Hilfe der hiesigen Bürger bei der Renovierung öffentlicher Einrichtungen.<br />

Da sind zuallererst zu nennen:<br />

- unsere Feuerwehr<br />

- der Backesverein und<br />

- die Jagdgenossenschaft<br />

Fast alle Bürger des Dorfes sind Mitglieder in einem oder mehreren der vorgenannten<br />

Vereinigungen.<br />

Fast jeder ist im Rahmen seiner Möglichkeiten auch bereit, für das Dorf auf die eine<br />

oder andere Art ehrenamtlich tätig zu sein.<br />

Besteht zudem Bedarf an zusätzlichen finanziellen Mitteln, so genügt im Idealfall ein<br />

Telefonat, um den benötigten Betrag als Spende zu erhalten. Ich denke, das ist schon<br />

vorbildlich!<br />

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Das „auswärts tätig sein“ hat aber auch seine Negativseiten. Bei knapp 200 Einwohnern<br />

hat unser Dorf ca. 125 Autos. Tagsüber fällt das nicht so auf. Abends und am Wochenende<br />

jedoch, ist speziell in der Dorfmitte sowie in einigen Seitenstraßen fast kein Durchkommen<br />

mehr. Da macht sich schon die Tatsache bemerkbar, dass Finsternthal ursprünglich<br />

ein Dorf bäuerlichen Ursprungs war. Die Dorfstraßen waren seinerzeit völlig<br />

ausreichend für die Kuh – und Pferdefuhrwerke; für den heutigen Verkehr leider nur<br />

noch begrenzt.<br />

Autos gab es bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts nur sehr wenige. Derzeit<br />

gibt es fast in jedem Haus ein – oder mehrere Autos, die auch benötigt werden, um zur<br />

Arbeit zu kommen, zum Einkaufen zu fahren oder zum Transport der Kinder in die<br />

Schule. Es gibt zwar auch Busverbindungen, aber die sind zumeist nur für die reguläre<br />

Schulzeit passend.<br />

Wie gesagt, das Parkproblem ist, trotz ständigen Monierens, noch nicht gelöst.<br />

Feuerwehr<br />

Die Freiwillige Feuerwehr Finsternthal wurde 1932 gegründet. Es war damals eigentlich<br />

Ehrensache, dass man mit 14 Jahren eintrat, mit 16- bzw. 18 Jahren aktives Mitglied<br />

wurde und mit 65 Jahren in die so genannte „Alters – und Ehrenabteilung“ überwechselte.<br />

Veranstaltungen der FFW wie Ausflüge, Weihnachtsfeiern, Grillabende, Teilnahme<br />

an Feuerwehrwettkämpfen, Vatertagsausflüge oder Festbesuche in den Nachbardörfern,<br />

das waren Events, an denen dann fast immer das ganze Dorf mit großer Begeisterung<br />

teilnahm.<br />

Das hat sich heute teilweise geändert. Ausflüge, Grillabende und vergnügte Abende im<br />

DGH gibt es zwar immer noch, aber die Menschen, auch die Finsternthaler, haben ihre<br />

Lebensgewohnheiten der heutigen Zeit angepasst. Viele unserer Mitbewohner fahren<br />

1x pro Jahr – oder auch häufiger - in Urlaub. Dazwischen gibt es Kurzurlaube zum<br />

Wochenende mit dem Flugzeug innerhalb Europas oder auch nach Übersee. Man sieht<br />

fern, chattet und skypt im Internet oder den diversen sozialen Foren.<br />

Aber zurück zur FFW. Uns im Dorf geht es bezüglich der Anzahl der „aktiven Mitglieder“<br />

eigentlich gut. Fast alle Bürger und Neubürger sind Mitglied – aktiv oder passiv.<br />

Das hat neben einem effektiven Brandschutz zudem den Vorteil, dass sich diese Neu –<br />

Finsternthäler schnell in das hiesige Ortsleben integrieren, was in einigen unserer Nachbargemeinden<br />

schon ein Thema ist.<br />

Der letzte Einsatz unserer Wehr im Jahre 2012 war am 13.11.2012. Da hatte sich bei<br />

der ersten Straßenglätte ein Auto von Mauloff kommend überschlagen. Unsere Wehr<br />

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rückte morgens um 7:35, nur 5 Minuten nach dem Sirenenalarm, nahezu voll besetzt<br />

aus. - Das ist schon vorbildlich!<br />

Aber wie gesagt, die Freiwilligen Feuerwehren generell leiden schon unter Mitgliedermangel.<br />

Ich erinnere diesbezüglich nur an Winden oder Westerfeld, wo man zwischenzeitlich<br />

die Mindeststärke einer Einsatzabteilung unterschritten hat und das Szenario<br />

„Stützpunktfeuerwehr“ automatisch zum Thema wird.<br />

Dorfgemeinschaftshaus<br />

Dieses wurde 1955 / 56 in Eigenleistung erbaut. Es war eine frühere Scheune, die der<br />

Familie Hermann gehörte.<br />

Dieses DGH beinhaltete damals alles, was unser Dorf dringend benötigte. Es gab einen<br />

großen – und einen kleinen Saal mit Küche, in dem die Finsternthäler ihre Hochzeiten,<br />

Taufen, Trauerkaffees und runde Geburtstage feierten. Feuerwehr und Schützenverein<br />

veranstalteten dort ihre Festlichkeiten und Sendungen wie „So weit die Füße tragen“<br />

etc. sah man sich dort gemeinsam an. Es gab eine moderne Wäscherei mit allem was<br />

man benötigte. Weiterhin gab es 3 Duschen und ein Wannenbad; es gab das Schlachthaus<br />

und eine moderne Tiefkühlanlage, in der die Frauen des Dorfes ihre Lebensmittel<br />

einlagern konnten. Alle diese genannten Aktivitäten sind im Laufe der Jahre bis auf ein<br />

Minimum zurückgegangen bzw. es gibt sie gar nicht mehr.<br />

Auch hier stellt sich mittlerweile die Frage der Wirtschaftlichkeit. In der Presse konnte<br />

man die Diskussionen bez. der 10.- Euro Nutzungsgebühr schon häufiger lesen. In einigen<br />

Nachbargemeinden denkt man sogar schon über Schließungen nach. So unangenehm<br />

dieses Thema auch ist, es wird in Zeiten der hochverschuldeten Kommunen sicherlich<br />

noch häufiger auf der Tagesordnung stehen.<br />

Gaststätten im Dorf<br />

Daran war unser Dorf reich. In Hochzeiten, so zwischen 1950 und 1980, gab es 4 Gaststätten:<br />

den „Deutschen Hof“, die Gaststätte „Zum Taunus“, das „Haus Pfitzer am<br />

Bach“ und die „Alte Schule“.<br />

Zuerst Schloss die Gaststätte „Zum Taunus“ Ende der 60er / Anfang der 70er Jahre des<br />

letzten Jahrhunderts, dann das „Haus Pfitzer am Bach“ und zu guter Letzt 1993 der<br />

„Deutsche Hof“.<br />

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Die „Alte Schule“ wurde durch Heinz und Ursula Queisser am 5. September 1977 eröffnet<br />

und war dann 28 Jahre lang bis zum 30. Juni 2005 für die örtlichen Vereine und<br />

den TUS Weilnau das Lokal, in dem man sich traf. Auch zu Familienfesten ging man<br />

des guten Essens und der günstigen Preise wegen gern zu Ursula und Heinz. Das waren<br />

gute Wirtsleute!<br />

Derzeit ist unser Dorf ohne ein Gasthaus. Wenn man gut und günstig deutsch essen<br />

gehen möchte, dann kann man das auf dem Treisberg, in Hunoldstal, in Mauloff und in<br />

Reichenbach.<br />

Schulen<br />

Bis 1967 konnten die Kinder unseres Dorfes hier in unsere einklassige Schule gehen.<br />

Wer weiterführende Schulen besuchen wollte, musste dazu nach Usingen fahren zur so<br />

genannten Mittelschule bzw. zur Christian-Wirth-Schule. Dazu mussten die Kinder<br />

dann erst einmal bei Wind und Wetter zu Fuß oder mit dem Rad die 2 km zum Landstein<br />

bewältigen und dann ging es weiter mit dem Bus.<br />

Ab 1967 änderte sich das dann. Die Mittelpunktschule in Riedelbach am Sommerberg<br />

wurde eröffnet. Unser damaliger Lehrer Emil Ditthard musste noch seine letzten Dienstjahre<br />

in Riedelbach unterrichten. – Einen Vorteil hatte es aber: die Finsternthaler Kinder<br />

wurden morgens mit dem Schulbus abgeholt und mittags auch wieder nach Finsternthal<br />

gebracht. Aber auch dann mussten die Kinder, sofern sie weiterführende Schulen besuchen<br />

wollten, nach Usingen, Neu Anspach oder Königstein, um ihr Abitur zu machen.<br />

Obwohl das fahrtechnisch immer mit ziemlich viel Aufwand verbunden war und ist,<br />

steht jetzt jedem Kind der Weg zu allen Schultypen offen! Auch Auslandsschuljahre<br />

sind mittlerweile für Finsternthäler Kinder Usus. Zuletzt war unsere junge Mitbürgerin<br />

Luca Grünauer für 1 Jahr in Guadalajara, Mexiko und fühlte sich dort sehr wohl.<br />

Häuser im Dorf<br />

Zu diesem Thema hatte ich im 1. Teil dieses Berichtes u. a. geschrieben: „Nach Kriegsende<br />

waren die Wohnverhältnisse bei uns im Dorf schon sehr beengt. Bis zu 4 Generationen<br />

lebten damals zeitweise zusammen, was gelegentlich schon zu Schwierigkeiten<br />

führte. Es wurde also an – um – oder gleich neu gebaut, um diese beengten Verhältnisse<br />

schnellstmöglich zu beenden. Man baute geräumige Häuser und fühlte sich dann darin<br />

auch wohl.“<br />

Jetzt, 50 oder 60 Jahre später, stellt sich die hiesige Wohnsituation allerdings so dar:<br />

Einige Häuser stehen leer, andere geräumige Gebäude sind nur mit 2 bzw. 3 Personen<br />

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bewohnt und das wird sich in der nahen Zukunft sicherlich nicht wesentlich ändern. –<br />

Zum Glück werden diese leerstehenden Häuser aber zumeist relativ rasch verkauft und<br />

unsere Neubürger fühlen sich hierin wohl. Gleichwohl gibt es Häuser, die schon länger<br />

leer stehen. Was einmal mit ihnen geschehen wird, ist derzeit unklar.<br />

Resümee:<br />

Finsternthal ist ein Dorf mit einem schönen Umfeld und einem weitestgehend intaktem<br />

sozialen Leben, in dem es sich angenehm leben lässt!<br />

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Genealogie der Schultheißenfamilie LEHR in<br />

Finsternthal und Umgebung<br />

Zusammengestellt von Erwin Buhlmann auf der Basis der Daten aus dem Buch "Die<br />

Familien des Kirchspiels Altweilnau" von Fritz Dienstbach mit Ergänzungen aus den<br />

umfangreichen Datensammlungen der Eheleute Rudi H. und Martha Kaethner.<br />

Nummer Name Kind Enkel Urenkel siehe bei<br />

Johann Wilhelm Lehr<br />

* um 1634 in Weilburg (?) ab 1638 in Butzbach<br />

Rotgerbermeister<br />

oo<br />

Anna Margarethe Weber<br />

* um 1639 in Butzbach (?)<br />

Kind:<br />

Johannes 1.<br />

* 15.03.1640 in Butzbach<br />

1. Generation<br />

1. Johannes Lehr<br />

* 15.03.1640 in Butzbach + <strong>17</strong>.05.<strong>17</strong>15<br />

Schultheiß ab 1667 bis <strong>17</strong>14<br />

oo 08.11.1659<br />

Anna Maria _______<br />

* um 1640 + 21.01.<strong>17</strong>02<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Anna Katharina Virginia<br />

* 02.07.1660 + 11.08.<strong>17</strong>04 in Riedelbach<br />

oo 23.01.1683<br />

Johannes Guckes, Schultheis in Riedelbach ab 1677 bis <strong>17</strong>13<br />

* 16.11.1641 in Riedelbach +13.05.<strong>17</strong>13 in Riedelbach<br />

Kind:<br />

Johann Philipp<br />

* 09.02.1686 in Riedelbach + 05.08.<strong>17</strong>46 in Finsternthal<br />

Schultheiß ab <strong>17</strong>32 bis <strong>17</strong>38<br />

I. oo 15.01.<strong>17</strong>11<br />

Anna Catharina Rühl<br />

* 18.10.1683 in Riedelbach + vor <strong>17</strong>15<br />

T.d. Johann Marsilus oo Anna Margaretha Rhod<br />

II. oo __.__.<strong>17</strong><strong>17</strong><br />

Marie Polyxena ______<br />

* um 1686 in Edelsberg + 05.06.<strong>17</strong>37 in Finsternthal<br />

Kinder: erstes geboren in Reichenbach alle anderen geboren in Finsternthal:<br />

1. Elisabetha Catharina<br />

* 13.10.<strong>17</strong>15 in Reichenbach<br />

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2. Marie Katharine<br />

* 24.09.<strong>17</strong><strong>17</strong> + 21.03.<strong>17</strong>80<br />

3. Johann Wilhelm<br />

*12.03.<strong>17</strong>19 + 16.03.<strong>17</strong>74<br />

Küfermeister<br />

I. oo 04.01.<strong>17</strong>52<br />

Maria Katharina Schmidt<br />

* 28.11.<strong>17</strong><strong>17</strong> in Reichenbach + 28.08.<strong>17</strong>65<br />

T.d. Adam Peter oo Anna Maria Riegel<br />

II. oo 24.06.<strong>17</strong>66<br />

Anna Katharina Born<br />

* 22.09.<strong>17</strong>36 in Grävenwiesbach + 24.02.<strong>17</strong>95 in Neuweilnau<br />

T.d. Wenzel Born, Schmiedemeister in Grävenwiesbach<br />

4. Katharina Elisabeth<br />

* 21.10.<strong>17</strong>21 + 12.03.<strong>17</strong>79<br />

5. Maria Margarethe<br />

* 21.08.<strong>17</strong>23<br />

6. Sybilla Margaretha<br />

* 23.11.<strong>17</strong>25<br />

2. Jörg Philipps 1.2.<br />

* 12.10.1662<br />

3. Anna Margarethe<br />

* <strong>17</strong>.07.1664 + 07.05.<strong>17</strong>35<br />

I. oo __.11.1690<br />

Konrad Rühl<br />

S.d. Hans Philipps aus Brombach<br />

* um 1660 in Brombach + 29.01.1693<br />

Bendergesell<br />

Kind geboren in Finsternthal:<br />

1. Johann Philipp<br />

* 01.07.1691<br />

Waffenschmied zu Walsdorf<br />

oo __.11.<strong>17</strong><strong>17</strong><br />

Anna Katharina Sauer<br />

II. oo 15.02.1698<br />

Johannes Günther<br />

* um 1664 in Elmershausen (Gericht Schaumburg Cassel) + 05.01.<strong>17</strong>46<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Anna Katharina<br />

* 02.11.1698<br />

oo 10.01.<strong>17</strong>26<br />

Johann Henrich Bragel<br />

* um 1693<br />

Schulmeister in Elkerhausen<br />

Kind geboren in Finsternthal (?):<br />

Johannes<br />

* 07.03.<strong>17</strong>31<br />

92


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

2. Konrad Henrich<br />

* 10.08.<strong>17</strong>01 + 10.12.<strong>17</strong>54<br />

Schultheiß ab <strong>17</strong>44 bis <strong>17</strong>54<br />

oo 14.06.<strong>17</strong>40<br />

Elisabeththe Katharine Becker<br />

* 14.03.<strong>17</strong><strong>17</strong><br />

T.d.Johannes oo Sybilla Hatzmann, Müller<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Johann Henrich<br />

* 30.12.<strong>17</strong>41 + 15.03.<strong>17</strong>42<br />

2. Marie Katharine<br />

* 20.02.<strong>17</strong>43 + 13.12.1813 ledig<br />

3. Johann Philippus<br />

*09.06.<strong>17</strong>46 + 14.09.1828<br />

Schultheiß ab 1802 bis 1813<br />

oo 08.05.<strong>17</strong>81<br />

Anna Marie Haubt<br />

* um <strong>17</strong>46 in Emmershausen + 09.01.1814<br />

(Eine Enkelin heiratet Philipps Heinrich Lehr) 1.2.7.7.1.1<br />

4. Katharina Margarethe (Magdalena)<br />

* 01.01.<strong>17</strong>50 + __.__.18<strong>17</strong> in Hundstadt<br />

oo <strong>17</strong>.06.<strong>17</strong>88<br />

Johann Henrich Wissig, Witwer<br />

* __.__.<strong>17</strong>44 in Hundstadt + __.__.1818 in Hundstadt<br />

5. Anna Margarethe<br />

* 16.07.<strong>17</strong>54 + 07.05.1855<br />

3. Johann Philipps<br />

* 01.01.<strong>17</strong>05<br />

Schuhmacher<br />

oo 27.10.<strong>17</strong>33<br />

Magdalena Ernst<br />

* um <strong>17</strong>13 in Usingen<br />

T.d. Johann Georg Ernst zu Usingen<br />

4. Anna Maria<br />

*16.10.<strong>17</strong>08<br />

4. Johann Jakob<br />

* 10.11.1669<br />

5. Konrad Heinrich<br />

2. Generation<br />

1.2. Jörg Philipps Lehr<br />

* 12.10.1662 + 20.06.<strong>17</strong>29<br />

Bendergesell und Schultheiß ab <strong>17</strong>14 bis <strong>17</strong>29<br />

oo 09.06.1692<br />

Marie Katharine Wendisch<br />

T.d. Hans Michael oo Anna Katharine Ott, Landeshauptmann<br />

* 28.08.1671 in Altweilnau + 19.06.<strong>17</strong>49<br />

93


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Anna Katharina<br />

* 16.09.1693 + 26.04.1694<br />

2. Sohn<br />

* und + 25.02.1695<br />

3. Marie Katharine<br />

* 10.05.1696 + 28.02.<strong>17</strong>00<br />

4. Sohn<br />

*+ 11.04.1698<br />

5. Anna Maria<br />

* 24.05.1699 + 01.10.1699<br />

6. Elisabeth Katharina<br />

* 08.10.<strong>17</strong>00<br />

oo 21.06.<strong>17</strong>18<br />

Johann Philipp Born<br />

* 13.05.1696 in Usingen + 14.01.<strong>17</strong>46 in Usingen<br />

Kind:<br />

Johann Christian<br />

* ? + 15.04.<strong>17</strong>25<br />

7. Johann Philipp 1.2.7.<br />

* 08.02.<strong>17</strong>03<br />

3. Generation<br />

1.2.7. Johann Philipp Lehr<br />

* 08.02.<strong>17</strong>03 + 23.02.<strong>17</strong>67<br />

Schultheiß ab <strong>17</strong>41 bis <strong>17</strong>44<br />

oo 12.06.<strong>17</strong>31<br />

Anna Katharina Oswald<br />

T.d.Nicolai zu Westerfeld<br />

* um <strong>17</strong>06 in Westerfeld + 01.02.<strong>17</strong>52<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Johann Jacob<br />

* 10.08.<strong>17</strong>32<br />

2. Johann Henrich<br />

* 11.09.<strong>17</strong>34<br />

3. Philipps Henrich<br />

* 16.09.<strong>17</strong>36 + 08.09.<strong>17</strong>60<br />

4. Anna Elisabethe<br />

* 14.02.<strong>17</strong>39<br />

5. Anna Maria<br />

* 02.02.<strong>17</strong>41 + 06.09.<strong>17</strong>60<br />

6. Anna Margarethe<br />

* 20.03.<strong>17</strong>43 + 01.09.<strong>17</strong>43<br />

7. Johann Philipp 1.2.7.7.<br />

94


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

* 10.09.<strong>17</strong>44<br />

8. Christina Margarethe<br />

* 25.11.<strong>17</strong>46<br />

9. Katharina Margarethe<br />

* 25.03.<strong>17</strong>49 + 10.10.<strong>17</strong>50<br />

10. Johann Wilhelm<br />

* 25.03.<strong>17</strong>49<br />

11. Marie Margarethe Charlotte<br />

* 20.09.<strong>17</strong>52 + 06.09.<strong>17</strong>60<br />

4. Generation<br />

1.2.7.7. Johann Philipps Lehr<br />

* 10.09.<strong>17</strong>44 + 15.09.1809<br />

Schultheiß ab <strong>17</strong>89 bis 1802<br />

oo 26.12.<strong>17</strong>71<br />

Anna Katharina Jäger<br />

* um <strong>17</strong>51 in Arnsbach + 19.12.<strong>17</strong>89<br />

T.d. Johann Christian Jäger zu Arnsbach<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Johann Philipp 1.2.7.7.1<br />

* 11.10.<strong>17</strong>72<br />

2. Anna Katharina Margarethe<br />

* 27.12.<strong>17</strong>75 + __.12.1836<br />

oo 23.04.<strong>17</strong>99<br />

Friedrich Sorg<br />

* um <strong>17</strong>74 in Westerfeld<br />

3. Philipp Gottfried Wilhelm 1.2.7.7.3<br />

* 04.10.<strong>17</strong>78<br />

4. Christine Margarethe<br />

* 06.04.<strong>17</strong>86 + 14.10.<strong>17</strong>97<br />

5. Anna Elisabethe<br />

* 11.12.<strong>17</strong>89 + 12.10.<strong>17</strong>97<br />

5. Generation<br />

1.2.7.7.1 Johann Philipp<br />

* 11.10.<strong>17</strong>72 + 06.02.1847<br />

Gemeinderechner<br />

oo 25.02.1800<br />

Maria Christiane Steinmetz<br />

* 19.06.<strong>17</strong>79 + 11.07.1833<br />

T.d. Philipp Heinrich Steinmetz, Schultheiß ab <strong>17</strong>80 bis <strong>17</strong>89<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Philipp Heinrich 1.2.7.7.1.1<br />

* 01.09.1801<br />

2. Marie Christine Friederike<br />

* 15.10.1803 + 05.02.1868<br />

95


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

oo 31.12.1826<br />

Johann Konrad Bangerth<br />

* 02.11.1804 in Emmershausen + 26.01.1856<br />

S.d. Johann Philipp oo Marie Dorothee Wolf<br />

Kinder:<br />

1. Johannette Wilhelmine Katharina<br />

* 18.09.1827 in Emmershausen<br />

oo __.__.1848<br />

Conrad Christian Müller<br />

* 07.08.1824 in Eschbach/Hessenmühle<br />

S.d. Philipp Jakob oo Anna Elisabeth Schwarz<br />

Kind geboren in Finsternthal:<br />

1. Rosa Elisabethe Christiane<br />

* 22.06.1857<br />

2. Philipp Henrich<br />

* 22.09.1831 in Emmershausen + <strong>17</strong>.08.19<strong>17</strong><br />

Wirt und Bürgermeister ab 1869 bis 1894<br />

oo 12.12.1858<br />

Lisette Katharine Philippine Busch<br />

* 25.03.1836 in Altweilnau/Landsteiner Mühle + 13.12.1872<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Johanette Elisabethe<br />

* 13.08.1869 + 09.09.1859<br />

2. Christian Friedrich<br />

* 28.10.1860<br />

3. Auguste<br />

* 18.07.1865 + 12.01.1937<br />

oo 22.04.1888<br />

August Friedrich Wilhelm Uhrig<br />

* 06.08.1864 in Westerfeld<br />

S.d.Wilhelm Friedrich oo Johannette Elisabethe Bender<br />

4. Lisette Katharine Philippine<br />

* 06.12.1872 + 10.02.1880<br />

3. Johann Gottfried<br />

* 15.05.1834 in Finsternthal + 07.01.1836<br />

4. Sohn<br />

*+ 10.01.1842 in Finsternthal<br />

3. Katharine Johanette Elisabethe<br />

* 10.12.1805<br />

oo 20.05.1832<br />

Philipp Walter Steinmetz<br />

* 19.04.1805<br />

S.d.Konrad Wilhelm oo Elisabethe Katharine Steinmetz<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Philipp Christof<br />

* 20.03.1833<br />

2. Johannette Katharine<br />

96


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

* 28.09.1834 + 07.10.1834<br />

3. Henriette Katharine Elisabethe<br />

* 23.03.1836<br />

4. Philipp Friedrich<br />

* 31.01.1842 + 03.09.1842<br />

4. Katharina Rufina<br />

* 02.11.1807 + 15.02.1895<br />

oo 13.06.1830<br />

Johann Philipp Bietz<br />

* 27.03.1809 + 31.01.1900<br />

S.d. Philipp Henrich oo Maria Margarete Bachon<br />

Schmied und Schultheiß ab 1846 bis 1847<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Katharine Lisette<br />

* 01.09.1831<br />

oo 21.10.1855<br />

Karl Philipp Löw<br />

* 16.11.1829 in Dorfweil<br />

S.d. Philipp Peter oo Anna Elisabeth Rühl<br />

Lehrvikar in Buch<br />

2. Philipp Karl<br />

* 19.06.1864 + 01.12.1835<br />

3. Friedrich August<br />

* 12.01.1837<br />

oo 21.05.1865<br />

Philippine Luise Fei<br />

* 29.05.1846 in Riedelbach<br />

T.d. Johann Philipp oo Christine Saltenberger<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Berta Lisette<br />

* 19.08.1867<br />

oo 27.03.1887<br />

Christian Theodor Philipp Friedrich Ruß<br />

* 24.12.1861 in Riedelbach<br />

S.d. Friedrich oo Marie Karoline Lohnstein<br />

2. Elise Katharine<br />

* 16.07.1871<br />

oo 01.05.1892<br />

Adolf Wilhelm Löw<br />

* 09.03.1863 in Altweilnau + 08.01.1809 in Altweilnau<br />

S.d. Johann Philipp oo Marie Karoline Jung<br />

3. Anna Luise<br />

* 12.04.1873<br />

oo 11.05.1895<br />

Wilhelm Theodor Löber<br />

* 11.03.1868 in Oberems<br />

S.d. Philipp Christian oo Henriette Wilhelmine Barbehenn<br />

4. Elisabeth Katharina<br />

97


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

* <strong>17</strong>.10.1839 + 03.04.1841<br />

5. Justine Katharine<br />

* 22.01.1843<br />

oo 30.03.1862<br />

Philipp Christian Volkmar<br />

* <strong>17</strong>.04.1838 in Wüstems<br />

S.d. Johann Philipp oo Friedericke Christiane Friedrich<br />

6. Johannette Katharine<br />

* 19.08.1845 + 18.02.1847<br />

7. Philipp Friedrich<br />

* 19.08.1845 + 02.09.1845<br />

5. Johann Philipp<br />

* 18.12.1809<br />

6. Johann Friedrich<br />

* 05.07.1814<br />

7. Johann Gottfried 1.2.7.7.1.7.<br />

* 23.02.1818<br />

1.2.7.7.3 Philipp Gottfried Wilhelm Lehr<br />

* 04.10.<strong>17</strong>78 + 04.07.1847<br />

Schultheiß ab 1814 bis 1845<br />

oo __.__.1801<br />

Elisabethe Margarethe Becker<br />

* 16.12.<strong>17</strong>82 in Usingen + 05.12.1849<br />

T.d. Philipp Heinrich Becker, Walkmüller zu Usingen<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Johann Friedrich 1.2.7.7.3.1<br />

* 28.02.1801<br />

2. Marie Christina<br />

* 05.09.1802<br />

oo 29.05.1824<br />

Philipp Peter Maurer<br />

* 12.09.<strong>17</strong>98 in Oberrod<br />

S.d. Philipp Christoph oo Marie Philippine Dauber<br />

3. Marie Katharine Philippine<br />

* 16.02.1805 +<br />

oo <strong>17</strong>.12.1826<br />

Philipp Peter Guckes<br />

Schultheiß in Riedelbach ab 1840 bis 1866<br />

* 09.01.1804 in Riedelbach + 02.12.1867<br />

S.d.Philipp Peter oo Marie Elisabethe Diehl, Förster<br />

4. Philipps Jakob 1.2.7.7.3.4<br />

* 27.09.1807<br />

oo __.__.1832<br />

Marie Katharine Becker<br />

* 27.03.1808 in Oberems<br />

T.d. Georg Friedrich oo Chritiane Elisabeth Guckes zu Oberems<br />

98


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

5. Margarethe Elisabethe<br />

* 15.02.1812 + 20.08.1818<br />

6. Luise Magdalena<br />

* 09.06.1814<br />

oo 28.07.1839 Johann Friedrich Bücher<br />

* 24.08.1806 in Brombach<br />

Schultheiß in Brombach<br />

7. Philipp Gottfried 1.2.7.7.3.7<br />

* 22.01.18<strong>17</strong><br />

8. Johann Georg 1.2.7.7.3.8<br />

* 02.03.1823<br />

6. Generation<br />

1.2.7.7.3.1 Johann Friedrich Lehr<br />

* 28.02.1801 + 08.03.1869 in Oberlauken<br />

oo 09.05.1830<br />

Marie Katharine Wolf<br />

* 21.04.1809 in Oberlauken + 06.04.1880 in Oberlauken<br />

T.d.Johann Konrad Wolf oo Marie Elisabethe<br />

Buhlmann, Schultheiß in Oberlauken<br />

Kinder alle geboren in Oberlauken:<br />

1. Philipp Jacob 1.2.7.7.3.1.1<br />

* 21.03.1831<br />

2. Katharina Elisabetha<br />

* 21.10.1835 + 24.06.1837 in Oberlauken<br />

3. Dorothea Luise<br />

* 22.12.1838 + 14.11.1865 in Oberlauken, ledig<br />

1.2.7.7.3.4 Philipps Jakob Lehr<br />

* 27.09.1807 + __.__.____ in Oberems<br />

oo __.__.1832<br />

Marie Katharine Becker<br />

* 27.03.1808 in Oberems<br />

T.d.Georg Frierich oo Christiane Elisabeth Guckes<br />

1.2.7.7.1.1 Philipps Heinrich Lehr<br />

* 01.09.1801 + 16.06.1872<br />

Schuhmacher<br />

oo 26.10.1834<br />

Marie Margarethe Wick<br />

* 22.08.1808 + 18.04.1881<br />

T.d.Philipp Peter oo Katharine Elisabethe<br />

Maria Günther (aus 1.3.2.3.)<br />

Kind geboren in Finsternthal<br />

1. Marie Katharine Elisabeth<br />

* 24.10.1843 + 05.10.1877<br />

oo 08.03.1868<br />

Philipp Christian Wissig<br />

* 08.04.1841 + 29.03.1897<br />

S.d. Johann Heinrich oo Marie Elisabethe Jung<br />

99


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Kind geboren in Finsternthal<br />

1. Wilhelmine Lisette Johannette Karoline<br />

* 07.11.1869 + 07.08.1931<br />

oo 21.01.1893<br />

Christian Philipp Haibach<br />

* 08.06.1869 Ernsthausen + 19.01,1934<br />

S.d. Johann Adam oo Johanette Henriette Wagenknecht<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Augusta Lina<br />

* 29.01.1894<br />

2. Luise<br />

* 30.05.1895<br />

oo 09.04.1921<br />

Adolf Schlicht<br />

* 25.8.1895 in Hasselbach/Weilburg<br />

3. Adolf Friedrich<br />

* 01.12.1897 gef. 04.12.19<strong>17</strong><br />

1.2.7.7.3.7 Philipp Gottfried Lehr<br />

* 22.01.18<strong>17</strong> + 07.07.1895<br />

Schreiner und Wirt<br />

oo 21.05.1843<br />

Katharine Elisabeth Weihrich<br />

* 14.12.1820 + 19.08.1907<br />

T.d.Johann Gerhard oo Elisabethe Katharine Mehl<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Georg Philipp Friedrich<br />

* 07.10.1850 + 26.11.1857<br />

2. Jakob Gustav Adolf<br />

* 13.04.1853<br />

3. Pauline Christine<br />

* 10.09.1856 + 06.10.1856<br />

4. Friedrich Gottlieb 1.2.7.7.3.7.4.<br />

* 10.07.1858<br />

5. Emma Philippine Charlotte Christine<br />

* 31.07.1860<br />

oo um 1890<br />

Emil Louis Markloff<br />

*<br />

Müller zu Köppern später Frankfurt<br />

Kind:<br />

1. Margarethe Luise Karoline<br />

* 31.10.1891 in Köppern<br />

oo 06.01.1918<br />

Wilhelm Adolf Wick<br />

* 14.03.1889<br />

S.d. Georg Philipp Friedrich oo Karoline Katharine Luise Bachon<br />

Bäcker<br />

100


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

6. Bertha<br />

* <strong>17</strong>.10.1864<br />

oo __.11.1886<br />

Friedrich Wilhelm Fritzel<br />

* in Obereschbach<br />

Gastwirt<br />

1.2.7.7.1.7. Johann Gottfried Lehr<br />

* 23.02.1818<br />

Küfer in Idstein<br />

oo __.__.1844<br />

Karoline Friedericke Merz<br />

* 28.04.1823 Hanau<br />

T.d. Christian oo Katharine Philippine Heinzinger,<br />

Küfer in Hanau<br />

1.2.7.7.1.5. Johann Friedrich Lehr<br />

* 05.07.1814<br />

Küfer und Bierbrauer in Neuhof<br />

oo __.__.1846<br />

Johannette Marie Margarethe Grimm<br />

* 12.07.1821 in Neuhof<br />

T.d.Johann Gottfried oo Marie Katharine Schwindt<br />

1.2.7.7.3.8 Johann Georg Lehr<br />

* 02.03.1823<br />

Bürgermeister ab 1848 bis 1869<br />

oo __.06.1849<br />

Christiane Katharine Sachs<br />

* 19.08.1828 in Treisberg<br />

T.d.Johann Peter oo Anna Christina Guckes, Er: Schultheis in Treisberg,<br />

Sie T.d. Johann Philipp Guckes, Schultheiß in Oberems<br />

7. Generation<br />

Kind geboren in Finsternthal:<br />

1. Karolina Katharina Justine<br />

* 02.12.1850<br />

1.2.7.7.3.1.1 Philipp Jacob Lehr<br />

* 22.03.1831 in Oberlauken<br />

oo __.__.1854<br />

Anna Katharina Friederika Schütz<br />

* 15.06.1832 in Arnsbach<br />

T.d. Johannes oo Maria Elisabetha Wolf<br />

Kind:<br />

1. Georg Friedrich 1.2.7.7.3.1.1.1<br />

* 29.01.1855 in Arnsbach<br />

1.2.7.7.3.7.4. Friedrich Gottlieb Lehr<br />

* 10.07.1858<br />

Küfer<br />

oo 27.05.1883<br />

Karoline Katharine Jung<br />

* 02.07.1864 in Riedelbach + 27.02.1939<br />

T.d. Philipp Peter oo Philippine Blum<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Emma Bertha Pauline<br />

* <strong>17</strong>.04.1884<br />

101


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

oo 16.04.1903<br />

Friedrich Berthold August Ebel<br />

* 25.07.1877 in Potsdam<br />

S.d. Christian Friedrich oo Berta Gossow, Bahnassistent in Wiesbaden<br />

Lehrer in Altweilnau?<br />

Kind geboren in Altweilnau:<br />

1. Ernst Friedrich<br />

* 28.02.1904<br />

2. Bertha<br />

* 07.02.1887<br />

oo 25.02.1906<br />

August Wilhelm Nicolai<br />

* 04.05.1879 in Usingen + 16.12.1938 in Usingen<br />

S.d. Louis oo Luise Himberger<br />

3. Gustav Adolf 1.2.7.7.3.7.4.3<br />

* 18.11.1890<br />

8. Generation<br />

1.2.7.7.3.1.1.1 Georg Friedrich Lehr<br />

* 29.01.1855 in Arnsbach + 07.01.1892 in Oberlauken<br />

oo Katharina Elisabetha Wilhelmine Bangert<br />

* 26.02.1860 in Cratzenbach + <strong>17</strong>.01.1940 in Oberlauken<br />

T. Philipp Conrad oo Dorothea Christiane Haak<br />

Kinder alle geboren in Oberlauken:<br />

1. Philipp Gustav 1.2.7.7.3.1.1.1.1<br />

* 08.11.1879<br />

2. Luise Lina<br />

* 15.06.1888<br />

oo 20.09.1908<br />

Gustav August Bach<br />

* 20.02.1885 in Oberlauken<br />

S.d. Konrad Philipp oo Elisabetha Dorothea Erle<br />

Kinder alle geboren in Oberlauken:<br />

1. Otto<br />

* 19.08.1910<br />

oo 13.05.1934<br />

Erna Bangert<br />

* 21.09.1909 in Niederlauken<br />

T.d. Wilhelm Heinrich oo Luise Wilhelmine Bautz<br />

2 Kinder<br />

2. Richard<br />

* 26.10.1911 + 29.05.1986<br />

oo __.__.1936<br />

Hilda Bangert<br />

* 16.10.1913 in Niederlauken + 16.02.2003 in Oberlauken<br />

T.d. Wilhelm Heinrich oo Luise Wilhelmine Bautz<br />

2 Kinder<br />

3. Willi<br />

102


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

* 05.06.1920 + 30.06.1920<br />

1.2.7.7.3.7.4.3 Gustav Adolf Lehr<br />

* 18.11.1890<br />

oo 30.08.1914<br />

Berta Lisette Jung<br />

* 16.03.1894 in Riedelbach<br />

T.d. Philipp Konrad oo Pauline Rus<br />

Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />

1. Elfriede<br />

* 29.04.1915<br />

2. Fredegunde Erika<br />

* 14.05.19<strong>17</strong><br />

3. Hildegard<br />

* 28.08.1919<br />

9. Generation<br />

1.2.7.7.3.1.1.1.1 Philipp Gustav Lehr<br />

* 08.11.1879 in Oberlauken gef <strong>17</strong>.03.19<strong>17</strong> in Frankreich<br />

oo Katharina Lisette Jung<br />

* 10.07.1881 in Oberlauken + <strong>17</strong>.12.1918 in Oberlauken<br />

T.d. Johann Peter Ludwig oo Katharina Elisabetha Schnorr<br />

Kinder alle geboren in Oberlauken:<br />

1. Richard<br />

* 19.07.1903<br />

2. Frieda<br />

* 09.04.1905 + 24.01.1906 in Oberlauken<br />

3. Gustav<br />

* 08.03.1907 + 10.01.1936 in Oberlauken, ledig<br />

4. Albert 1.2.7.7.3.1.1.1.1.4<br />

* <strong>17</strong>.12.1910<br />

10. Generation<br />

1.2.7.7.3.1.1.1.1.4 Albert Lehr<br />

* <strong>17</strong>.12.1910 gef 16.06.1944 in Rußland<br />

oo Anna Emma Jung<br />

04.10.1909 in Oberlauken<br />

T.d. Friedrich Wilhelm oo Wihelmine Karoline Nöll<br />

1 Kind<br />

103


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Einige Geschehnisse, hier Begräbnisse, zu Mauloff<br />

Zusammengestellt im August 2015 durch Wolfgang Haub, Mauloff. Entnommen dem<br />

Kirchenbuch Steinfischbach; hier aus der 1972 von Martha Kaethner gefertigten Abschrift.<br />

07.11.1695 O t t Johann Jacob, 38 Jahre<br />

„In dem Teich bey der Landsteiner Mühl Tod gefunden, ob Er hineingefallen durch ein<br />

Fehltritt wegen des schmalen Fußpfad oder hineingeschlagen werden von bösen Leuten<br />

dieweil es finster gewesen ist Gott bekannt“<br />

28.01.<strong>17</strong>30 S t e i n m e t z Anna Juliana, 40 Jahre<br />

oo Johann Jacob<br />

„Diesen Todt hat verursacht der unglück. Fall, da diese Frau den 18. dito in d. Scheuer<br />

Heu rupfen wöllen, der Heurupfer ausgefahren, sie rückwärts aufs Scheunen Denn gefallen<br />

u. den Rück ganz verfallen:“<br />

21.07.<strong>17</strong>35 Ott Margarethe Ursula, 40 Jahre, 2 Monate und etliche Tage T.d.+<br />

Johann Leonhard<br />

„ist mit dem Vieh an die Weide gefahren, und eines plötzl. und unvermuteten im Wald<br />

an dem sogenannten Loch am Wehrholtz gestorben“<br />

<strong>17</strong>.11.<strong>17</strong>46 Anna Christina ????????<br />

„ein frembdtlin undt zwar ein Weibspersohn, so, taub als stumm gewesen“, ein Schein<br />

hat über ihren Vornamen Auskunft gegeben<br />

<strong>17</strong>.08.<strong>17</strong>40 N ö l l Philipp Wilhelm, 3 Jahre, 6 Wochen, 1 Tag<br />

S. d. Philipp Henrich<br />

„in der gemeine Wehdte im Dorf ertrunken“<br />

25.03.<strong>17</strong>53 M ü l l e r Johann Wilhelm, 15 Jahre, 1 Monat<br />

S.d.+ Andreas von Oberems<br />

„ein vatter undt mutterloßes Waisen Kindt welches der freundt von ihm, Joh. Peter Deusinger<br />

erzogen<br />

21.10.<strong>17</strong>90 O t t Maria Catharina, 3 Jahre, 14 Tage T.d. Philipp Peter<br />

“Da die Haußleute im Feld waren, so ist es in eine Backmuhl voll Teig gefallen und<br />

drin ersticket“<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

hoc Anno 1666 Philipps O t t von Ma hat in seiner Schwachheit woran er den 10ten<br />

7bris gestorben in die Kirche Re 5 fl. ieden zu 30 alb. löblich zu einem Altar tuch gestiftet,<br />

welche 5 fl. von dessen Erben den Baumeistern Paul D e u e r und Adam M a<br />

ü r e r n wohl sind geliefert, und zu einem schwarzen wüllenen und weisen von Leinwand<br />

Altartuch angewendet worden. dz schwarze Altar- Tuch, so hiervon gezeuget haben<br />

die Kayserlich fouragirer, mense octobri ao 73 aus der Kirchen geraubet.<br />

105


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Adolf Becker / Lina Fischer / Erna Palmer<br />

Aufgeschrieben von Wolfgang Haub im August 2015<br />

Was hat Adolf Becker mit Mauloff zu tun?? NICHTS, gar nichts. Er war mit Sicherheit<br />

nie in seinem Leben in Mauloff. Vielleicht hat er den Namen des Dorfes einmal gehört,<br />

mehr aber bestimmt nicht. Und doch ist sein „Heldentod“ am 20. April 1916 abends um<br />

9 Uhr auf einem Schlachtfeld in Frankreich für Mauloff, die Familie Bachon und somit<br />

auch für mich von größerer Bedeutung. Doch der Reihe nach.<br />

Die untenstehende Traueranzeige habe ich vor ca. 20 Jahren beim Durchblättern des<br />

Kreisblattes für den Kreis Usingen, im Jahrgang 1916 gefunden.<br />

Traueranzeige Adolf Becker<br />

Ich habe sie kopiert und dann in meine Mauloffer Unterlagen einfach abgelegt. Dazu<br />

muss man wissen, dass ich seit vielen Jahren dabei bin, möglichst alle Jahrgänge dieses<br />

Kreisblattes (später dann Usinger Anzeiger) zu durchforsten, um Dinge von Mauloff zu<br />

erfahren. Das ist eine sehr zeitraubende Arbeit und ich bin immer noch nicht am Ende.<br />

Seit diesem Jahr werde ich von meiner Frau Lily unterstützt, so geht es etwas schneller.<br />

Im Rahmen meiner Bemühungen, alles was mit Mauloff zu tun hat zu sammeln und zu<br />

archivieren, komme ich zwangsläufig auch zu meiner Großmutter, besser Oma, die hier<br />

in Mauloff unter dem Namen „Ernste Lina“ bekannt war. Ich habe mich dann entschlossen,<br />

die Unterlagen, die ich zunächst nur zur Verfügung hatte einmal genauer anzusehen.<br />

Geholfen haben mir dabei die Erinnerung und der Kontakt zur „Tante Erna“, die<br />

in Frankfurt am Main, zuletzt in der Adalbertstraße 64, gewohnt hat. Dieser Kontakt ist<br />

in den Jahren so ab 1985 insofern enger geworden, da ich im Katasteramt Frankfurt in<br />

der Hamburger Allee 22-24 gearbeitet habe. Das hatte zur Folge, dass ich im Westbahn-<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

hof die S-Bahn verlassen habe und an dem Haus Adalbertstraße 64 vorbei in das Katasteramt<br />

gegangen bin. Es hat sich dann so entwickelt, dass Tante Erna morgens und<br />

auch abends auf dem Balkon ihrer Wohnung stand und wir dann kurz miteinander gesprochen<br />

haben. Da sie zu diesem Zeitpunkt schon lange Witwe war, gab es auch hin<br />

und wieder kleinere Probleme, die ich dann mit ihr in ihrer Wohnung besprochen habe,<br />

bzw. ich konnte ihr helfen. Dann hat sie jedoch eine Angewohnheit entwickelt, die auch<br />

etwas lästig wurde. Sie hat mich in immer kürzeren Abständen in meinem Büro im Katasteramt<br />

besucht und - ja- mich auch von der Arbeit abgehalten. Das war manchmal<br />

nicht sehr angenehm, da ich im Amt der Personal- und Finanzchef war, und wenn jeder<br />

Beschäftige immer wieder Besuch seiner Verwandtschaft bekommen hätte, dass hätte<br />

ich auch nicht einfach so hinnehmen können. Also, es war nicht immer einfach. Zumal<br />

ich dann jeden Monat mit ihr auf die Bank gegangen bin, um dort Geld abzuholen und<br />

auch sonstige finanzielle Dinge zu regeln. Ich habe ihr aber immer geholfen und dabei<br />

das eine oder andere aus ihrem Leben erfahren. Dinge, die mich bis dahin nicht interessiert<br />

hatten.<br />

Erna Becker, verh. Palmer<br />

Als sie später in ein Seniorenheim ging, wurde ich ihr vom Gericht bestellter Betreuer.<br />

Dort starb sie am 18. April 2002. Ihr Mann Karl Palmer, der schon am 10. August 1974<br />

verstarb, war auf dem Westfriedhof in Frankfurt beigesetzt. Es war Tante Ernas Wunsch<br />

zusammen mit ihrem Mann Karl in Mauloff beerdigt zu werden. Ich habe das auch alles<br />

107


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

in ihrem Sinne erledigt. Beide liegen jetzt in einem Urnengrab auf dem Mauloffer Friedhof.<br />

Aber – ich musste ja auch noch die Wohnung in der Adalbertstraße ausräumen, wie<br />

heißt das so schön? Besenrein hinterlassen. So ganz einfach war das jedoch auch nicht.<br />

Aber ich habe dabei ein altes Album und eine kleine Kiste mit Bildern aus ihrem Leben<br />

gefunden. Bei den Unterlagen habe ich auch ein großes Plakat mit einer Traueranzeige<br />

entdeckt und mit heimgenommen. Da lagen diese Dinge jetzt fast 15 Jahre. In den letzten<br />

Tagen habe ich mir das Album und die Bilder angesehen.<br />

Dabei ist mir dann der Gedanke gekommen, einmal nachzuforschen, wer war Erna Gothe<br />

und wer war eigentlich ihr Vater? Ihre Mutter, meine Oma, also Ernste Lina, die<br />

habe ich ja noch sehr gut und lange gekannt. Aber auch sie hat nie etwas aus ihrer ersten<br />

Ehe erzählt.<br />

Tante Erna, von uns jedoch immer Erna Gothe genannt, war eine geborene Becker aus<br />

Eschbach. Sie hat am 23. Mai 1942 in Frankfurt am Main den Mechaniker Karl Friedrich<br />

Palmer geheiratet. Die Information, dass Erna Gothe schon einmal verheiratet war,<br />

habe ich nur aus der Heiratsurkunde. Dort steht: Erna Münch, geborene Becker. Das sie<br />

schon einmal verheiratet war, das war mir völlig unbekannt. Diese Ehe war nie Thema<br />

in unserer Familie. Aber – ich habe dann in den Bildern, die ich mitgenommen habe,<br />

ein Bild von ihr mit ihrem ersten Ehemann gefunden.<br />

Erna mit ihrem Ehemann Karl Palmer<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Die zweite Ehe von Erna Becker, dann mit Karl Palmer, wurde am 23. Mai 1942 in<br />

Frankfurt am Main geschlossen. Sie wohnten in Frankfurt in der Jordanstraße 20. Karl<br />

arbeitete zunächst in einer Fabrik unmittelbar neben ihrem Wohnhaus. Dort haben die<br />

beiden sich kennengelernt. Karl war wehrdienstunfähig geschrieben und hat Wehrersatzdienst<br />

geleistet, ebenso wie Erna Gothe. Die Ehe blieb kinderlos.<br />

Irgendwann, den genauen Zeitpunkt konnte ich nicht mehr finden, hatten sich die beiden<br />

selbständig gemacht. Sie kauften einen Mercedes PKW und einen Anhänger. Damit<br />

fuhren sie jeden Morgen um 5 Uhr in die Großmarkthalle in Frankfurt und kauften dort<br />

Obst, Gemüse, Kartoffeln usw. Dann ging es in die Dörfer rund um Idstein. Mit einer<br />

Schelle wurden die Anwohner auf die Ankunft des Gemüseautos aufmerksam gemacht.<br />

Onkel Karls Ruf begleitet mit der Schelle war: Obst, Gemüse, Südfrüchte – Kommt und<br />

kauft! Wenn der Anhänger leer war, ging es zurück nach Frankfurt. Ich selbst war als<br />

12-13-jähriger ein paar Wochen mit auf Einkaufstour in der Großmarkthalle und dann<br />

auch bei der Verkaufstour. Die Großmarkthalle war eine faszinierende Angelegenheit,<br />

die ich nie vergessen habe. Das Gewusel, die vielen Verkaufsstände, der Geruch, das<br />

Geschrei, die Transport-Eidechsen, einfach beeindruckend. Seine Schelle und den Lederbeutel,<br />

in den Tante Erna das Geld getan hat, das habe ich noch heute, denn es befand<br />

sich bei den Unterlagen in ihrer Wohnung. Hier die Abbildung seines Gewerbescheines:<br />

Gewerbeschein von Karl Palmer<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Karl hat später sehr unter Asthma gelitten und konnte die Obststeigen nicht mehr heben<br />

und aufladen. Sie haben notgedrungen ihren Obstverkauf aufgeben müssen. Erna Gothe<br />

hat dann noch viele Jahre bei der Dresdner Bank gearbeitet.<br />

Wer war aber nun Erna Palmer, geborene Becker, verheiratete Münch, wiederverheiratete<br />

Palmer? Sie war das Kind von der aus Usingen aus der Dreihäusergasse 4 stammenden<br />

Lina Fischer und wurde am 8. Juli 1914 in Eschbach geboren.<br />

Lina Fischer war eines von 12 Kindern des Landbriefträgers August Fischer und dessen<br />

Ehefrau Pauline geb. Saltenberger. Lina wurde am 07.05.1891 in Usingen geboren.<br />

Sie war in ihrer Jugend bei einem Pfarrer Braun in Usingen in „Stellung“, so wurde das<br />

damals genannt. Sie hat wohl im Haushalt mitgearbeitet. Diese Informationen habe ich<br />

aus zahlreichen Postkarten, die ihr ein / der Adolf Becker, Weißbinder aus Eschbach<br />

geschrieben hat. Hier hatte wohl eine Liebe begonnen. Adolf Becker (unten abgebildet)<br />

wurde dann auch zum Militärdienst eingezogen.<br />

Adolf Becker<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Er war Ersatz-Reservist im Infanterie-Leibregiment Nr. 1<strong>17</strong> in der 12. Kompanie. Während<br />

seiner Militärzeit hat Adolf immer wieder Postkarten (die ich alle habe) an seine<br />

Braut und spätere Frau Lina geschrieben. Eine frühe Postkarte mit Bildern von Eschbach<br />

(wahrscheinlich von 1912, das genaue Datum ist nicht mehr lesbar) lautete an:<br />

Fräulein Lina Fischer bei Pfarrer Braun Usingen, Rathausstraße: Liebe Lina! Ich bin<br />

eben zu Hause und arbeite hier. Am Montag war ich zum letzten Mal in Usingen und<br />

habe dich nicht gesehen. Hoffentlich bist du noch gesund und munter. Gruß Adolf Becker<br />

(und am Rand steht noch: Bald Antwort) Adolf und Lina haben am 13. April 1914<br />

im Standesamt Eschbach geheiratet.<br />

Ihre Tochter, also Tante Erna bzw. Erna Gothe, kam am 8. Juli 1914 in Eschbach auf<br />

die Welt. Hier auf dem Bild sieht man Lina mit der Tochter Erna.<br />

Lina Becker geb. Fischer mit Tochter Erna<br />

Erna Gothe hat mir später erzählt, ihr Vater Adolf habe sie nur ein einziges Mal gesehen.<br />

Adolf Becker fiel am Gründonnerstagabend um 9 Uhr am 20. April 1916 in Frankreich.<br />

Er war zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre alt.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Ich habe in den Unterlagen von Tante Erna zwei DIN A2 Plakate gefunden, die meine<br />

Oma Lina anlässlich der Trauerfeier erhalten hat. Es ist zum einen auf der folgenden<br />

Seite der Redetext bei der Trauerfeier in Eschbach, und zum anderen ein Erinnerungsplakat<br />

von Kaiser Wilhelm II. Ich füge einmal beide hier ein, denn auch ich hatte bis<br />

dahin so etwas auch noch nicht gesehen.<br />

Redetext bei der Trauerfeier in Eschbach<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Erinnerungsplakat von Kaiser Wilhelm II.<br />

Lina Becker ging dann irgendwann zusammen mit ihrer Tochter Erna zurück in ihr Elternhaus<br />

nach Usingen in die Dreihäusergasse 4. Ich wurde erst 1947 geboren. Meine<br />

Familie und ich, wir wohnten damals in Usingen in der Bahnhofstraße. Gelegentlich<br />

besuchte uns Oma Lina und ich erinnere mich sehr genau, dass ich mit ihr (mehrfach?)<br />

nach Eschbach gelaufen bin. Dort hat sie Bekannte von Beckers besucht. Dabei war<br />

auch eine Schusterwerkstatt, die ich heute noch genau beschreiben und auch zeichnen<br />

könnte. Auch der Geruch des Leders ist mir in Erinnerung. Bei dem Durchsehen der<br />

jetzt von mir gesichteten Unterlagen, habe ich auch die Heiratsurkunde von Adolf und<br />

Lina Becker gefunden. Dort ist als einer der Trauzeugen ein Schuhmacher Heinrich<br />

Becker, 23 Jahre alt, aufgeführt.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Erna Gothe hat mir bei einem ihrer vielen Besuchen im Katasteramt einmal erzählt, wie<br />

schlimm für sie der Umzug aus der Stadt (Usingen) aufs Dorf (Mauloff) gefallen ist.<br />

Sie war damals 7 Jahre alt und hat den Umzug auf einem Wagen sitzend mit dem Gepäck<br />

ihrer Mutter erlebt. Sie habe tagelang nur geweint. Sie kam mit der Mutter in<br />

Mauloff in ein Haus, in dem mein Opa Gustav mit seinen beiden Söhnen Otto und Adolf<br />

gelebt hat. Von der Familie Ernst, in die mein Opa am 08.05.1904 eingeheiratet hatte,<br />

lebte niemand mehr. Das Verhältnis zu ihrem Stiefvater Gustav und seinen Söhnen Otto<br />

und Adolf war später ein sehr herzliches, ebenso mit den folgenden Stiefgeschwistern<br />

aus der dann folgenden Ehe zwischen Gustav und Lina. Aber es mussten wohl ein paar<br />

Jahre vergehen.<br />

Wie die Ehe zwischen Gustav Bachon und Lina Becker, geb. Fischer zustande kam,<br />

kann ich nur vermuten. Aber ich bin sicher, die Bekanntschaft kam wie folgt zustande:<br />

Gustav Bachon hatte schon vor seiner Zeit als Mauloffer Bürgermeister, also vor 1925,<br />

die Poststelle in Mauloff gehabt. Er war 1913 Witwer geworden.<br />

Der Vater meiner Oma Lina, August Fischer, war Usinger Briefträger und Postschaffner.<br />

Mit dem Postauto wurde damals die Post auf die Poststellen der umliegenden Dörfer<br />

gebracht. August Fischers Tochter Lina war Witwe, mein Großvater Gustav Bachon<br />

war Witwer, beide hatten Kinder und so hat wahrscheinlich August für eine Bekanntschaft<br />

der beiden gesorgt. Die Eheschließung zwischen meinem Großvater Gustav<br />

Bachon und Lina, verwitwete Becker, geborene Fischer fand am 22.04.1922 statt. Aus<br />

dieser Ehe stammten die Kinder Ewald Bachon, Paula verheiratete Biegel und meine<br />

Mutter Dorothea verheiratete Haub. Das nebenstehende Bild zeigt die Familie im Jahre<br />

1928. Paula ist wohl nicht mit dem fotografieren einverstanden, sie weint, auf dem Arm<br />

von Lina meine Mutter Dorothea und stehend der Sohn Ewald.<br />

Mein Großvater Gustav Bachon kam von Treisberg und hat die in Mauloff im elterlichen<br />

Hof lebende Pauline Emilie Ernst geheiratet. Pauline war das einzige Kind der<br />

Eheleute Ernst. Diese, seine 1. Ehefrau, ist nach der Geburt von Zwillingen im Jahre<br />

1913 in der Klinik in Gießen gestorben.<br />

Für Lina und Gustav war es jeweils die zweite Ehe. Sie gingen in ihrer gemeinsamen<br />

Zeit durch dick und dünn. Gustav Bachon wurde 1925 zum Mauloffer Bürgermeister<br />

gewählt und war das auch über die Zeit des 2. Weltkrieges. Im Herbst 1945 wurde er<br />

von der amerikanischen Militärregierung abgesetzt.<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Familie Bachon im Jahre 1928<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Gustav und somit dann auch Lina hatten die Mauloffer Poststelle bis in die 1980er Jahre.<br />

Gustav hatte die Post schon von seinem Bürgermeistervorgänger Heinrich Scherer gehabt,<br />

da dieser sie nicht haben wollte. Gustavs Haus in der Brunnenstraße 4 (heute steht<br />

es nicht mehr) war für Jahrzehnte der Mittelpunkt von Mauloff. Das Bürgermeisteramt<br />

und die Poststelle (viele Jahre das einzige Telefon in Mauloff) waren wichtige Anlaufstellen<br />

für die Mauloffer. Die Bank vor dem Haus war ein besonderer Treffpunkt und<br />

hier wurden alle Neuigkeiten des Dorfes ausgetauscht.<br />

Hier noch ein Bild von Lina Bachon, verwitwete Becker, geborene Fischer. So habe ich<br />

sie immer gekannt. Sie steht hier im Hof ihres Nachbargrundstückes Brunnenstraße 2,<br />

also bei Dickersch (Familienname Scholl, vorher Frankenbach).<br />

Lina Bachon im Hof ihres Nachbargrundstückes Brunnenstraße 2<br />

Ich habe mir beim Schreiben dieses Artikels wiederholt überlegt, was wohl aus mir und<br />

meiner Familie geworden wäre? Ganz einfach, wenn Adolf Becker nicht gefallen wäre,<br />

dann gäbe es mich, meine Familie, die Familie Bachon, den Bürgermeister Bachon alle<br />

nicht.<br />

Adolf Becker wäre aus dem 1. Weltkrieg nach Eschbach zurückgekehrt, hätte seinen<br />

Beruf als Weißbinder wiederaufgenommen. Er hätte mit seiner Lina sicher noch ein<br />

paar Kinder bekommen – und mich gäbe es nicht. So stellt das Leben seine Weichen.<br />

116


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Hier jetzt eine tabellarische Übersicht der Lebensdaten der vorgenannten Personen:<br />

13.05.1880 Gustav Bachon wird in Treisberg geboren<br />

27.03.1890 Adolf Becker wird in Eschbach geboren<br />

07.05.1891 Lina Fischer wird in Usingen geboren<br />

08.05.1904 Gustav Bachon heiratet nach Mauloff die Pauline Ernst<br />

12.08.1906 Karl Palmer wird in Frankfurt geboren<br />

13.04.1914 Adolf Becker heiratet Lina Fischer in Eschbach<br />

08.07.1914 Tochter Erna wird in Eschbach geboren<br />

20.04.1916 Adolf Becker fällt in Frankreich<br />

22.04.1922 Gustav Bachon und Lina Becker, geb. Fischer heiraten in Reichenbach,<br />

wohnen in Mauloff<br />

09.09.1923 Tochter Paula wird geboren<br />

03.12.1924 Sohn Ewald wird geboren<br />

14.09.1925 Gustav Bachon wird Bürgermeister in Mauloff<br />

16.09.1926 Tochter Dorothea wird geboren<br />

16.11.1960 Gustav Bachon stirbt in Mauloff<br />

19.07.1972 Lina Bachon, geb. Fischer, verwitwete Becker stirbt in Mauloff<br />

10.08.1974 Karl Palmer stirbt in Frankfurt<br />

03.10.1990 Ewald Bachon stirbt in Mauloff<br />

02.03.1996 Paula Bachon, verheiratete Biegel stirbt in Mauloff<br />

18.04.2002 Erna Palmer, geb. Becker stirbt in Frankfurt<br />

15.07.2010 Dorothea Bachon, verheiratete Haub, stirbt in Weilmünster (Krankenhaus)<br />

Wen weitere Einzelheiten interessieren sollten, der kann das im Band „Mauloffer Häuser<br />

bzw. Gehöfte“ unter der Brunnenstraße 4 nachlesen.<br />

Es gibt von Adolf Becker zahlreiche Postkarten, die er seiner Freundin und späteren<br />

Frau Lina aus dem Krieg geschickt hat. Bis dann keine mehr kam. Sie sind lückenlos<br />

bei mir vorhanden.<br />

Ich werde sie, vielleicht in den Wintermonaten, zeitlich ordnen und dann „übersetzen“<br />

(von Sütterlin in unser modernes Deutsch).<br />

1<strong>17</strong>


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Hier habe ich noch zwei Bilder aus der Mauloffer Zeit: Das folgende Bild wurde 1932<br />

aufgenommen. Es zeigt von rechts nach links Lina Bachon, Gustav Bachon, vor ihm<br />

stehend die Tochter Paula, meine Mutter Dorothea und davor sitzend der Sohn Ewald,<br />

der große Mann mit Hut ist Waanersch Karl (Karl Ott II), der im Anwesen Brunnenstraße<br />

1 gelebt hat. Die anderen Personen sind mir nicht bekannt.<br />

Familie Bachon mit Bekannten, 1932<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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Das nächste Bild wurde 1950 aufgenommen und es zeigt die von mir schon angesprochene<br />

Bank vor dem Haus Brunnenstraße 4.<br />

Bank vor dem Haus Brunnenstraße 4, 1950<br />

Diese Bank war für Jahrzehnte der Treffpunkt der Mauloffer. Hier wurde zum Beispiel<br />

auch auf Telefonanrufe und die Post gewartet. Das erste und einzige Telefon war hier.<br />

Wenn jemand von auswärts angerufen hat, dann hat sich Ernste Lina mit den Worten<br />

gemeldet: „Hier Öffentliche Mauloff“. Wenn jemand vom Dorf angerufen wurde, dann<br />

ist Adolf Bachon zu dem Haus gelaufen und hat den gewünschten Teilnehmer geholt.<br />

Der hat z.B. hier gewartet bis der zweite Anruf kam.<br />

Wolfgang Haub, im August 2015<br />

119


<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

Bilderrätsel Auflösung: Das sind die Mauloffer Charaktere!<br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />

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