Weilroder Heft 17
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>e<br />
Für Geschichte, Volks-<br />
und Familienkunde<br />
Herausgegeben vom<br />
Geschichtsverein Weilrod e.V. <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>e<br />
Für Geschichte, Volksund<br />
Familienkunde<br />
Herausgegeben vom<br />
Geschichtsverein Weilrod e.V. <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
Herausgeber: Geschichtsverein Weilrod e.V., Februar 2016<br />
Gesamtherstellung: Druckerei und Verlag Esser<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>e<br />
© 2016<br />
Geschichtsverein Weilrod e.V.<br />
www.geschichtsverein-weilrod.de<br />
Schriftleitung und Korrektur:<br />
Karin Müller<br />
Friedegunde Eschenröder<br />
Titelbild:<br />
Backhaus zu Mauloff, Zeichnung von Ernst Heidemann, Altweilnau<br />
Produktion:<br />
Druckerei und Verlag Esser<br />
Weilrod-Neuweilnau<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Vorwort<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
es ist sicher nicht übertrieben, wenn ich sage, dass das Jahr 2016 nicht nur ein ereignisreiches,<br />
sondern wohl auch das bisher arbeitsreichste Jahr für den Geschichtsverein<br />
Weilrod e. V. sein wird.<br />
Zunächst freue ich mich sehr, dass wir nunmehr – wenn auch mit etwas Verspätung –<br />
unser <strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> fertiggestellt haben. Die Älteren unter uns werden sich noch<br />
an die eine oder andere darin beschriebene ländliche Lebensart erinnern. Tauchen Sie<br />
ein in die Vergangenheit unserer Heimat.<br />
Dieses <strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> ist übrigens das erste <strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>, das auch in elektronischer<br />
Form aus dem Internet heruntergeladen und als E-Book auf den Computern und mobilen<br />
Endgeräten gelesen werden kann.<br />
Viele von Ihnen kennen sicher unser 1987 herausgegebenes Buch „Weilrod – Die Geschichte<br />
von dreizehn Taunusdörfern – von Rudi H. und Martha Kaethner“. Immer wieder<br />
erreichten uns viele Anfragen nach dieser schon lange vergriffenen Ausgabe. Im<br />
letzten Jahr hat sich deshalb unser Vereinsvorstand aufgrund der heutigen drucktechnischen<br />
und auch digitalen Möglichkeiten dazu entschieden, dieses viel gefragte Buch in<br />
aktualisierter, ergänzter Form neu aufzulegen.<br />
Der von den Eheleuten Kaethner erarbeitete Teil bleibt im Wesentlichen unverändert,<br />
allerdings wird die heutige Rechtschreibung eingearbeitet. Im zweiten, neuen Teil werden<br />
wir das Buch bis zur heutigen Zeit fortschreiben. Alle Abbildungen, wie auch das<br />
gesamte Erscheinungsbild des Buches, werden dem heutigen Stand der Technik entsprechen.<br />
Bedanken möchte ich mich recht herzlich bei Herrn Gregor Maier, dem Leiter des Fachbereichs<br />
Kultur des Hochtaunuskreises. Ohne seinen fachkundigen Rat und seine Mithilfe<br />
insbesondere bezüglich der Fortschreibung des Buches, wäre diese Aufgabe nicht<br />
zu bewältigen. Ferner werden wir auf die Unterstützung unserer Mitglieder und anderer<br />
Experten angewiesen sein und darauf zurückgreifen.<br />
Im Jahre 1991 hat unser Verein das Sonderheft „<strong>17</strong>5 Jahre Forstamt Weilrod – 1816-<br />
1991 – Schloss Neuweilnau“ herausgegeben. In diesem Jahr domiziliert das Forstamt<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Weilrod, heute unter dem Namen „Hessenforst“, bereits 200 Jahre im Schloss Neuweilnau.<br />
Der Zuständigkeitsbereich dieser Dienststelle reicht heute weit über die Grenzen<br />
von Weilrod hinaus. Wir werden in Zusammenarbeit mit Hessenforst dieses 200-jährige<br />
Jubiläum wieder mit einer Sonderausgabe unserer <strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong>e unterstützen.<br />
Die Verwaltung unser Großgemeinde Weilrod hat sich lobenswerter Weise für das „Integrierte<br />
Kommunale Entwicklungskonzept Weilrod“ – kurz IKEK (früher auch Dorferneuerung<br />
genannt) entschieden. Außer für die kommunalen Aktivitäten bietet dieses<br />
Projekt auch eine nicht unerhebliche finanzielle Unterstützung für private Investitionen.<br />
Schon heute wird es von breiten Teilen unserer Bevölkerung und Vereinen mit getragen,<br />
gestaltet und genutzt. Wir werden erleben, dass die vielfältigen Ideen und Aktivitäten<br />
dieses Projektes die Attraktivität unseres Weilrod positiv voranbringen werden.<br />
Weilrod wird somit für seine Bürger und Touristen noch attraktiver!<br />
Mit diesem vielversprechenden Ausblick verbinde ich meinen Dank an alle am „<strong>Weilroder</strong><br />
<strong>Heft</strong> <strong>17</strong>“ Beteiligten und wünsche Ihnen nun viel Spaß und Freude bei der Lektüre.<br />
Hermann Türk<br />
1. Vorsitzender<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Inhaltsverzeichnis:<br />
Bilderrätsel: Wer sind diese Mauloffer Charaktere? ……………….8<br />
Jahresprogramme & Presseberichte………………………….……..9<br />
Jahresprogramm 2013………………………….………….....9<br />
Jahresprogramm 2014…………………………….…..……. 10<br />
Jahresprogramm 2015…………………………….…..……. 11<br />
Die Kleine Mühle – ein Spiegel der Zeit……….……..…… 13<br />
Nächster Appell in Sachen Museum……………….……..... 15<br />
AUTOFREI - ab Mittag herrscht dann Hochbetrieb…......… 16<br />
Mauloffer Historie: Wahre Schätze aus der Vergangenheit...18<br />
Vorwort zu den Erinnerungen von Irene Schlösser………………. 20<br />
Erinnerungen von Irene Schlösser, geb. Sachs…………………… 21<br />
Finsternthal von 1945 – heute…………………………………….. 65<br />
Finsternthal von 1945 – 1970…………………………….. 65<br />
Finsternthal von 1970 – heute……………………………. 79<br />
Genealogie der Schultheißenfamilie LEHR…………………........ 91<br />
Einige Geschehnisse, hier Begräbnisse, zu Mauloff ……………..104<br />
Becker Adolf - Fischer Lina -Palmer Erna……………………….106<br />
Bilderrätsel – Auflösung………………………………………… 120<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Bilderrätsel: Wer sind diese Mauloffer Charaktere?<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Jahresprogramme & Presseberichte<br />
In den nun folgenden Jahresprogrammen sowie in den Presseberichten, die wir mit der<br />
freundlichen Genehmigung des „Usinger Anzeiger“ sowie der „Taunuszeitung“ hier<br />
wiedergeben dürfen, spiegeln sich die Vereinsaktivitäten der letzten drei Jahre. Sie können<br />
Bilder über viele der Aktivitäten auch auf der Webseite unseres Vereins betrachten:<br />
www.geschichtsverein-weilrod.de.<br />
Wir bedanken uns bei den Autorinnen für die Überlassung der Texte, aber auch für die<br />
wohlwollende Berichterstattung.<br />
Winterprogramm 2012/2013<br />
Die Teilnahme an den Vorträgen des Vereins ist kostenlos und offen für jedermann!<br />
Alle Vorträge beginnen, falls nicht anders angegeben, jeweils um 19:30 Uhr.<br />
07.10.12 Teilnahme am „3. Mini-Golfturnier der <strong>Weilroder</strong> Vereine“ des<br />
Golfclub Taunus Weilrod e. V.<br />
19.10.12 Vortrag von Karl Otto Kilb mit Rundgang/Besichtigung des<br />
Kirchbergs, in der „Pfarrscheune“ Rod an der Weil (Wiederholung)<br />
09.11.12 Vortrag von Erwin Buhlmann<br />
„Cratzenbach mit Bildern aus alter Zeit“, im Rathaus Cratzenbach<br />
18.01.13 Vortrag der Herren Herbert Wischmann und Kevin Wischmann<br />
„Finsternthal, ein Ortsteil Weilrods 1970 - heute“, im DGH Finsternthal<br />
22.02.13 Vortrag von Hermann Türk<br />
„Neuweilnau – wie es früher war“, im DGH Neuweilnau<br />
15.03.13 Vortrag von Karl-Otto Kilb<br />
„Die Roder Gasespitz“, im Restaurant „Aphrodite“, Rod a. d. Weil<br />
19.04.13 Vortrag von Frau Ingrid Schmidt über<br />
„Die Entwicklung der Deutschen Schreibschrift von 1900 bis heute“,<br />
im DGH Gemünden (Wiederholung)<br />
24.05.13 Jahreshauptversammlung, im Gasthaus „Zur Linde“, Gemünden<br />
04.08.13 „10. Autofreier Weiltalsonntag“,<br />
Informationsstand in Rod an der Weil<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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25.08.13 5. Tag der offenen Tür im „Park Dreieich“,<br />
Neuweilnau 14:00-<strong>17</strong>:00 Uhr<br />
31.08.13 Jahresausflug zur Keltenwelt am Glauberg und nach Büdingen<br />
08.09.13 „Tag des offenen Denkmales“<br />
Informationsstand im Schloss Neuweilnau<br />
Winterprogramm 2013/2014<br />
Die Teilnahme an den Vorträgen des Vereins ist kostenlos und offen für jedermann!<br />
Alle Vorträge beginnen, falls nicht anders angegeben, jeweils um 19:30 Uhr.<br />
Fr. 01.11.13<br />
Fr. <strong>17</strong>.01.14<br />
Fr. 21.02.14<br />
Fr. 28.03.14<br />
Fr. 16.05.14<br />
So. 03.08.14<br />
So. 24.08.14<br />
Sa. 06.09.14<br />
So. 14.09.14<br />
Vortrag von Karl-Otto Kilb „Die Roder Gasespitz“,<br />
im Restaurant „Aphrodite“, Rod a. d. Weil (Wiederholung)<br />
2. Teil bzw. Fortsetzung: Vortrag von Hermann Türk<br />
„Neuweilnau – wie es früher war“, im DGH Neuweilnau<br />
Vortrag von Karl-Otto Kilb<br />
„…Ziegelhütte…“, im Restaurant „Ziegelhütte“<br />
<strong>17</strong>.00 Uhr: Vortrag von Herbert Wischmann<br />
„Militärhistorischer Rundgang durch Finsternthal“<br />
Treffpunkt: Am alten Rathaus/Ortsmitte“<br />
Jahreshauptversammlung, „Landsteiner Mühle“<br />
„11. Autofreier Weiltalsonntag“<br />
Informationsstand in Rod an der Weil<br />
14-<strong>17</strong>.00 Uhr: 6. Tag der offenen Tür im „Park Dreieich“,<br />
Neuweilnau<br />
Jahresausflug<br />
„Tag des offenen Denkmales“<br />
Informationsstand im Schloss Neuweilnau<br />
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Jahresprogramm 2015<br />
Die Teilnahme an den Vorträgen des Vereins ist kostenlos und offen für jedermann!<br />
Alle Vorträge beginnen, falls nicht anders angegeben, jeweils um 19:30 Uhr.<br />
Fr. 22.05.15<br />
Sa. 27.06.15<br />
Sa. 01.08.15<br />
So. 02.08.15<br />
Sa. 22.08.15<br />
So. 06.09.15<br />
So. 13.09.15<br />
Sa. 26.09.15<br />
So. 27.09.15<br />
Sa. <strong>17</strong>.10.15<br />
Fr. 30.10.15<br />
Jahreshauptversammlung<br />
im Landgasthof Ziegelhütte, Beginn um 19:30 Uhr<br />
Dorffest im Schmiedhof<br />
Schmiedhof in Rod an der Weil (links neben Gaststätte Felsenkeller<br />
mit einem Vortrag über den Schmiedhof von Karl-Otto Kilb, Beginn<br />
um 15 Uhr<br />
Heimatarchiv Mauloff - Tag der offenen Tür<br />
im Dorfgemeinschaftshaus Mauloff, Heideweg 7,<br />
Beginn um 15:00 Uhr. Besucher können sich die<br />
interessantesten Exponate der Ausstellung anschauen und mit<br />
Wolfgang Haub über ihre Geschichte diskutieren.<br />
12. Autofreier Weiltalsonntag<br />
Informationsstand am „Billy-Berclau-Kreisel“ in<br />
Rod an der Weil, 09:00 - <strong>17</strong>:00 Uhr<br />
Jahresausflug nach Idar-Oberstein<br />
Weitere Details finden Sie auf unserer Webseite!<br />
7. Tag der offenen Tür im „Park Dreieich"<br />
Parkstr. 11, Neuweilnau, 14:00-<strong>17</strong>:00 Uhr<br />
Tag des offenen Denkmales von 13:00 bis 16:00 Uhr.<br />
Das diesjährige Thema: „Handwerk, Technik und Industrie“, Informationsstand<br />
im Schloss Neuweilnau<br />
Offene Gärten Oberes Weiltal, v. 14:00 bis 20:00 Uhr,<br />
von 11:00 bis 18:00 Uhr. Informationsstand im Schloss<br />
Neuweilnau<br />
30. März 1945: Der letzte Kriegstag in Finsternthal.<br />
Realer militärhistorischer Rundgang durch Finsternthal<br />
im Freien mit Herbert Wischmann. Treffpunkt ist der<br />
Brunnenplatz in Finsternthal um 14:00 Uhr!<br />
Vortrag von Karl-Otto Kilb über die Ziegelhütte<br />
(Wiederholung) im Restaurant „Ziegelhütte“<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Sa. 14.11.15<br />
Vortrag von Wolfgang Haub: Mauloff, unser Dorf:<br />
1156 - heute<br />
Ein Abend über Menschen und Geschichten unseres Dorfes Mauloff,<br />
im Gasthaus „Zum Kühlen Grund“ in Mauloff, Beginn um 20:00<br />
Uhr<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Taunuszeitung, 04.04.2013<br />
Die Kleine Mühle – ein Spiegel der Zeit<br />
Von Corina Appel<br />
Des einen Freud war des anderen Frust. Denn als der Müller die „Klaa Mill“ erweitert<br />
hatte, blieb dem Ölmüller das Wasser weg . . . Von solchen historischen<br />
Anekdoten aus Rod an der Weil kann Karl-Otto Kilb viele erzählen. ?<br />
Das Mitfahren im Arbeiterbus war zeitweise recht "erfrischend", da Fenster und Türen<br />
fehlten, was für reichlich Zugluft sorgte. In humorvoller Art schilderte Karl-Otto Kilb<br />
vom Geschichtsverein Weilrod, dass 1948 mangels Ersatzteilen der Bus nach einem<br />
Unfall nicht richtig repariert werden konnte, sondern notdürftig hergestellt weiter genutzt<br />
wurde. Mit diesem Bus sei er auch eine ganze Zeitlang zur Arbeit gefahren, erinnert<br />
sich Kilb, der jüngst einen Vortrag zur "Roder Gasespitz", eine Bezeichnung für<br />
das Gebiet am Ortseingang Rod an der Weil, hielt. Als Busgarage diente damals das<br />
heutige Feuerwehrhaus. Der Stadtbus, der den Arbeiterbus später ablöste, war zu groß<br />
für die Garage und musste auf dem Hof von Kilbs stehen, was der Schiffsmotor des<br />
Gefährtes bei kalten Temperaturen übel nahm. Tatsächlich entfachte Fahrer Kurt<br />
Schröder im Winter ein Feuer unter dem Motor, damit er warm wurde und fuhr. Was<br />
der Referent erzählte, war einigen Anwesenden im voll besetzten Saal der Gaststätte<br />
"Aphrodite" noch lebhaft in Erinnerung.<br />
Ein Foto zeigte die Klein-Mühle aus dem Jahr 1934. Davor wehte die Hakenkreuzflagge,<br />
was die politischen Ansichten der Dorfbewohner widerspiegelte und damals völlig<br />
normal gewesen sei. Die Geschichte der Klein-Mühle reicht bis ins 15. Jahrhundert<br />
zurück. Über vier Jahrhunderte lang drehten sich die Räder der "Klaa Mill" an der Weil.<br />
<strong>17</strong>64 bauten Johann Jost Will und seine Frau Maria die Mühle neu auf. Nach dieser<br />
Erweiterung hatte nun der Ölmüller Johannes kein Wasser mehr, weshalb es eine Anordnung<br />
von offizieller Stelle gab, dass ihm jede Nacht und an zwei Tagen der Woche<br />
das Wasser der Weil komplett zur Verfügung stehen musste.<br />
Alle männlichen Wills waren von Beruf Müller, erklärte der Referent. Erst der Tod von<br />
Johannes Will 1845 unterbrach diese Linie, da der Sohn erst elf Jahre alt war und die<br />
Witwe das Anwesen verkaufen musste. Der neue Besitzer hieß Philipp Veit. 1875 ging<br />
die Mühle durch die Heirat von Dorothea Katharina Veit mit Christian Will wieder in<br />
den Will'schen Besitz über. "So eine Mühle ging durchs ganze Haus", berichtete Karl-<br />
Otto Kilb, "alles hat geschaukelt, und es war laut. Die Leute hatten also Tag und Nacht<br />
keine Ruhe." Das Wasserrad sei 1932 von Georg Will, der lange Obermeister der Müller-Innung<br />
war, gegen eine Turbine ausgetauscht worden. 1945 erlitt die Müller-Familie<br />
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einen schweren Schicksalsschlag. Durch Beschuss der Amerikaner brannte die Mühle<br />
bis auf die Grundmauern nieder. Gerade das strohgedeckte Dach brannte wie Zunder.<br />
Die Tiere konnten noch rechtzeitig aus den Stallungen getrieben und später im Dorf<br />
wieder eingefangen werden. Doch eines der Pferde muss wohl gebrannt haben, und einer<br />
der Dorfbewohner hat es deshalb in den nahe gelegenen Bach getrieben.<br />
In den 1960 er Jahren hat das Mühlensterben begonnen, auch die Kleine Mühle war<br />
bald betroffen. 1972 standen die Mahlwerke endgültig still. Auch Hans-Jörg Wraase-<br />
Will, der vorletzte Besitzer, konnte sie nicht mehr zum Leben erwecken. 40 Jahre lang<br />
lag die Mühle im Dornröschenschlaf, bis Dirk Wraase-Will in jüngster Vergangenheit<br />
begonnen hat, das ehemalige Mühlhaus zu einem Wohnhaus umzubauen, in dem heute<br />
drei Parteien leben.<br />
Taunuszeitung, 05.06.2013<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Nächster Appell in Sachen Museum<br />
Von Monika Schwarz-Cromm<br />
Wohin mit den vielen Dingen aus der Vergangenheit Weilrods? Der Geschichtsverein<br />
würde lieber heute als morgen ein Museum eröffnen. Aber wo?<br />
Ein Thema beschäftigt den Geschichtsverein seit Jahren: die Einrichtung eines Heimatmuseums.<br />
Auch bei der jüngsten Jahreshauptversammlung wurde wieder darüber gesprochen.<br />
Aus eigenen Mitteln könne der Verein das nicht bewerkstelligen berichtete<br />
Hermann Türk, bis zur Sitzung Vorsitzender des Vereins - wie berichtet, stand er für<br />
dieses Amt nicht mehr zur Verfügung.<br />
„Ohne die kostenlose Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten durch die Gemeinde<br />
kann der Verein aus finanziellen Gründen kein Gemeindemuseum aufbauen und betreuen“,<br />
sagte Türk. Der Verein sei daher auf die Gemeinde angewiesen. Die von der<br />
Verwaltung zur Verfügung gestellten Räume im Untergeschoss des Bürgerhauses in<br />
Emmershausen reichten aber leider für ein Heimatmuseum nicht aus, sagte Türk. Ein<br />
Raum sei dort für das Archiv reserviert, ein anderer diene dem Geschichtsverein als<br />
Lager.<br />
Türk erinnerte an die Vereinssatzung, die den Aufbau eines Museums als Vereinszweck<br />
nennt. Und er erinnerte auch an das Versprechen von Bürgermeister Axel Bangert<br />
(SPD) anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Geschichtsvereins. Damals habe<br />
Bangert versprochen, sich dieses Themas anzunehmen.<br />
„Er hat seine Zusage eingehalten“, betonte Türk und verwies auf die Vorschläge für ein<br />
Museum: das Geschichtshaus Oberlauken, Schloss Neuweilnau, „Das Lädchen“ in Niederlauken,<br />
das Alte Forsthaus in Rod an der Weil, die Alte Schule in Hasselbach, das<br />
Bürgerhaus Emmershausen sowie das Backes in Gemünden. Viele Möglichkeiten, allerdings<br />
noch nichts Konkretes.<br />
Usinger Anzeiger, 04.08.2014<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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AUTOFREI - ab Mittag herrscht dann Hochbetrieb<br />
WEILROD - (df). Ein wenig mulmig mag es dem ein oder anderen Helfer an den Ständen<br />
entlang der 30 Kilometer langen Strecke des Weiltalsonntags am frühen Vormittag<br />
schon gewesen sein. „Es ist übersichtlich“, war da noch die eleganteste Umschreibung<br />
für einen recht verhaltenen Start der Großveranstaltung, die in kommunaler Kooperation<br />
von Weilrod, Weilmünster und Weilburg ausgerichtet wurde. Die Gründe dafür<br />
wurden beim Wetter oder bei den hessischen Sommerferien gesucht, doch ab der Mittagszeit<br />
herrschte dann doch Hochbetrieb.<br />
Alles was Beine, Räder oder Reifen hatte und nicht motorisiert war, konnte bei Cratzenbach,<br />
in Rod, Emmershausen oder Winden das Fahrzeug parken und gleich in die<br />
Strecke einsteigen. 32 Mann der <strong>Weilroder</strong> Feuerwehren aus den Ortsteilen Altweilnau<br />
und Neuweilnau, Cratzenbach, Rod, Emmershausen Niederlauken und Gemünden waren<br />
in jeweils zwei Schichten für den Absperr- und Sicherheitsdienst auf dem <strong>Weilroder</strong><br />
Teil des Weiltalsonntags verantwortlich.<br />
Fahrradstreifen der Polizei aus dem Direktionsbereich Limburg und aus dem Hochtaunuskreis<br />
fuhren die Strecke, die über Weilmünster nach Weilburg führt, zusätzlich<br />
ab. Für die medizinische Notfallversorgung war das Deutsche Rote Kreuz zuständig.<br />
Der Ortsverein Weilrod hatte zwei Stationen in Rod und Emmershausen eingerichtet<br />
und 16 Helfer im Einsatz.<br />
Schwerpunkt der Strecke war auf <strong>Weilroder</strong> Gemeindegebiet der Kreisel in Rod und<br />
der Rewe-Parkplatz, wo Feuerwehr und Vereine für das leibliche Wohl gesorgt hatten.<br />
Viele Erwachsene nutzten die willkommene Pause zum Ausruhen und Plauschen, während<br />
der Nachwuchs sich auf der Hüpfburg des CDU-Stands oder beim Versuch, so<br />
viele Bälle wie möglich in der SPD-Torwand zu versenken, amüsierte. Ebenso beliebt<br />
waren bei den Jüngsten auch die Spiele des Kultur- und Förderkreises Burg Altweilnau.<br />
Aber auch viele Infostände gab es, von der Gemeinde Weilrod über den Allgemeinen<br />
Deutschen Fahrrad-Club und die Landakademie Weilrod bis hin zur Prostatakrebs-<br />
Selbsthilfegruppe Hochtaunus und zum Geschichtsverein. Der hatte denn auch eine<br />
kleine Kostbarkeit ausgestellt: ein Exemplar der WM-Sonderzeitschrift vom 5. Juli<br />
1954. Exakt 60 Jahre habe es im Geschichtsarchiv im Neuweilnauer Schloss unbeachtet<br />
gelegen, erzählt Anja Wischmann, bis es beim Umzug in die neuen Räumlichkeiten in<br />
Emmershausen, genau am 5. Juli dieses Jahres, wieder aufgetaucht sei.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Und das alles, während die Band „Halb Stark“ die Menschen mit Livemusik unterhielt.<br />
Bis Winden gab es weitere Verpflegungsmöglichkeiten und Attraktionen wie etwa die<br />
Ausstellung alter Traktoren der „Schlepperfreunde Hinnertaunus“.<br />
Von 9 bis <strong>17</strong> Uhr konnten die Teilnehmer des autofreien Weiltalsonntags, die aus allen<br />
angrenzenden Gemeinden und Kreisen angereist waren, auf der Landesstraße ungeniert<br />
flanieren, radeln, skaten und bei vielen Freizeitangeboten und angenehmen Temperaturen<br />
die Seele baumeln lassen. Beatrix Heinz, Einsatzleiterin des DRK, zog eine unspektakuläre<br />
Bilanz – mit neun kleineren Hilfeleistungen bei Schürfwunden und Blasen. Nur<br />
ein einziges Mal musste der Rettungswagen wegen eines neurologischen Notfalles ausrücken.<br />
Als Familienveranstaltung mit sportlichem Charakter konnten die Organisatoren mit<br />
genügend Angeboten für Groß und Klein wieder punkten. Der Charme und die Attraktivität<br />
des Weiltalsonntags werden wohl auch in einer zwölften Auflage wieder eine<br />
Menge Wiederholungstäter anlocken.<br />
Der Stand des Geschichtsvereins Weilrod am Weiltalsonntag<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Taunuszeitung, 19.11.2015<br />
Mauloffer Historie: Wahre Schätze aus der Vergangenheit<br />
Von Corina Appel<br />
Um die Geschichte lebendig zu halten, muss sie weiter erzählt werden. Deshalb<br />
hat Wolfgang Haub einen weiteren Abend lang Geschichte(n) von Mauloff präsentiert.<br />
Hier nun Teil 1:<br />
Foto: Eine Mauloffer Schulklasse aus dem Jahr 1937.<br />
Mauloff. Hat man 850 Jahre geschafft, dann hat man viel zu erzählen. Nun ist zwar<br />
Mauloff, das anfangs Mulefo hieß und danach noch andere Namen trug, bereits in diesem<br />
fortgeschrittenen Alter, doch ein Dorf an sich kann ja nicht berichten. Dafür gibt<br />
es aber Menschen, die sich mit der Geschichte befassen, recherchieren, dokumentieren,<br />
zusammenfassen und sie in komprimierter Form anderen Menschen zugänglich machen.<br />
So jemand ist Wolfgang Haub.<br />
In seinem Vortrag über Mauloffer Geschichte(n) berichtete er zunächst über einen Vertrag:<br />
ellenlang, 100 Seiten und handgeschrieben. Verfasst hat ihn Schultheiß Philipp<br />
Nöll im November <strong>17</strong>81, also vor 234 Jahren. Darin ging es um die Überschreibung des<br />
Grindtschiebel, heutiges Grünschiebel, einer Waldfläche oberhalb von Mauloff am Seelenberger<br />
Weg gelegen.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Die wurde „Eurer hochfürstlichen Durchlaucht“, dem Fürsten von Nassau-Usingen vermacht.<br />
Allerdings nicht, weil die Mauloffer so freigiebig waren, sondern als Schuldtilgung.<br />
Hintergrund: Im Jahr <strong>17</strong>74 hatte ein Hagelschlag große Flächen des Waldes zerstört<br />
und dadurch kamen die Bergleute ihrer Verpflichtung, Küchenholz zu liefern, nicht<br />
mehr in vollem Umfang nach. „Krass“, meinte Axel Kresse, der zweite Vorsitzende des<br />
Geschichtsvereins, „dass ein Vertrag, so viele Seiten hat.“ Und Wolfgang Haub rief ins<br />
Publikum, dass er noch jemanden sucht, der die 100 Seiten „übersetzt“.<br />
Danach gab es einen satten Sprung von über 200 Jahren zur Mauloffer Kerb. Hierzu<br />
hatte der ehemalige langjährige Ortsvorsteher etliche Bilder „ausgegraben“. Fotos von<br />
Kerbeburschen, vom Umzug, von den Kindern beim Umzug, den Frauen, der Blaskapelle<br />
und dem recht massigen Kerbejohann. Alle aus verschiedenen Jahren und viele,<br />
der auf den Fotos Abgebildeten, kannten die Besucher des Vortrages im Gasthaus „Zum<br />
Kühlen Grund“ noch. Einige waren gar selbst darauf zu erkennen.<br />
Manches war es eben bereits zu Zeiten von Schwarz-Weiß-Aufnahmen wert, fotografiert<br />
zu werden. So konnte Haub einige Fotos von Schulklassen zeigen und auch hier<br />
viele der abgebildeten Mädchen und Jungen mit Namen benennen. Eine Gaudi für die<br />
Anwesenden, waren doch teilweise ihre Mütter, Väter, Großeltern in jungen Jahren auf<br />
diesen Fotos zu sehen.<br />
Und dann ging das Mitglied des Geschichtsvereins der Frage nach, woher der Name des<br />
Schützenvereins kommt, der 1920 gegründet wurde. Dafür sprang Haub ins Jahr 1813.<br />
Es war die Zeit der Kriege von und gegen Napoleon. Und hier gab es einen Adolf Wilhelm<br />
von Lützow, der mit seinem berühmten Freikorps erfolgreich gegen den französischen<br />
Feldherrn kämpfte. Das Korps habe vorwiegend aus Studenten und Akademikern<br />
bestanden. Dazu berichtete Haub interessante geschichtliche Details. Auch darüber,<br />
dass der Krieg nicht weit weg war. Über die Rennstraße seien die Soldaten immer wieder<br />
durch den Taunus und durch Mauloff marschiert. „Sie brauchten Kleidung, Nahrung<br />
und Pferde. Und von wem haben sie es genommen? Von den Bauern“, erklärte Haub.<br />
Doch wie kam der Schützenverein nun zu seinem Namen? Das hatte wohl mit dem<br />
Gedanken an Freiheit und Befreiung zu tun. Genau wisse man es zwar immer noch<br />
nicht, was die Altvorderen dazu bewogen hatten, den Verein Lützow zu nennen. Aber<br />
mit seinen Erklärungen konnte Haub doch ein wenig mehr Licht in deren Gedankengänge<br />
bringen.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Vorwort zu den Erinnerungen von Irene Schlösser<br />
Im nachfolgenden handelt es sich um die handschriftlichen Aufzeichnung und Erinnerungen<br />
von Irene Schlösser, geb. Sachs. Dabei schildert sie ihre ganz persönlichen Erinnerungen<br />
an das Dorf und das Leben in Mauloff. Aufgeschrieben hat Irene sie im<br />
Februar 2012.<br />
Es ist jeder aufgefordert, diese Dinge zu ergänzen und, wenn es notwendig sein sollte,<br />
auch anders darzustellen. Ich jedenfalls bin Irene für die viele Arbeit, vielleicht auch<br />
Mühe, dankbar, denn damit wird ein Stück des „alten Mauloff“ zum Teil wieder lebendig.<br />
Ich habe im Januar 2013 ihre handschriftlichen Aufzeichnung abgeschrieben und<br />
werde sie den Unterlagen für unser Dorf beifügen.<br />
Die von mir gemachten Anmerkungen oder auch Ergänzung habe ich kursiv dargestellt.<br />
Grundsätzliches gibt es zu den mundartlichen Hausnamen zu sagen. Hier gibt es ja<br />
keine verbindliche Schreibweise. Die phonetische Aussprache, Wahrnehmung und Weitergabe<br />
sind teilweise unterschiedlich. So habe ich mich für die Schreibweise entschieden,<br />
wie ich sie wahrgenommen habe. Irene ist in einigen Dingen anderer Auffassung.<br />
Ich habe die Unterschiede nachstehend aufgeführt.<br />
Wolfgang Irene Herkunft<br />
Schnaarersch Schneirers Beruf des Schneiders<br />
Phile-Perrersch<br />
Philes-Perrersch<br />
Vinze-Schnaarersch Vinze-Schneirers Familienname Vinze und<br />
Beruf Schneider<br />
Mähl`s<br />
Mehl`s<br />
Waanersch Wannersch Beruf des Wagners<br />
Schoustersch<br />
Beruf des Schuhmachers<br />
Wolfgang Haub, im Januar 2013<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Erinnerungen von Irene Schlösser, geb. Sachs<br />
Inhalt:<br />
Brotbacken in Mauloff .......................................................................... 22<br />
Mauloffer Ehrenämter ........................................................................... 28<br />
Gemischter Chor Mauloff ..................................................................... 35<br />
Wovon bestritten die alten Mauloffer ihren Lebensunterhalt? ............. 37<br />
Das Dorfgemeinschaftshaus und seine Hausmeisterinnen ................... 39<br />
Versorgung von Mauloff mit Gütern und Lebensmitteln ..................... 41<br />
Die Strukturierungen des dörflichen Lebens, der Landwirtschaft<br />
und des Zusammenlebens in den Dörfern (auch in Mauloff) ............... 47<br />
Das Familienferiendorf Mauloff – genannt auch Landheim ................. 49<br />
Das Mauloffer Dorfgemeinschaftshaus –DGH ..................................... 52<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Brotbacken in Mauloff<br />
Bevor der Winter 2011/2012 zu Ende geht, möchte ich noch einige meiner Mauloffer<br />
Erinnerungen aufschreiben. Vielleicht interessiert sich später doch einmal jemand für<br />
Mauloffer Geschichte - wenn nicht, dann ist es auch nicht verloren.<br />
Diesmal will ich mich mit dem Brotbacken beschäftigen, auch deshalb, weil vor einiger<br />
Zeit hier im Dorf die Idee und Begeisterung aufkam, man könne ja wieder mal Brot<br />
backen, der Backofen sei ja noch da usw. usw. Ich denke, die Idee wurde ganz schnell<br />
wieder begraben, als man sich darüber klar wurde, mit wieviel Arbeit das Backen verbunden<br />
ist – vielleicht habe ich mich aber auch getäuscht.<br />
Aber nun zur Sache (zum Backen) selbst. Die Vorbereitungen dafür begannen in der<br />
Regel etwa ein Dreivierteljahr vorher! Denn man musste zunächst in den Wald gehen,<br />
das „Backholz“ zu machen. Wenn der Holzeinschlag beendet war und das Nutzholz<br />
(Stammholz = Brennholz) abgefahren war, das fand im Nachwinter statt – also im späten<br />
Winter, wurde das Leseholz versteigert. Man konnte nicht ohne weiteres in den<br />
Wald gehen und sich holen, was und wieviel man wollte. Als Backholz kam nur Buche<br />
in Frage, das waren Kronen, Äste usw.. Nur die Buche brachte die nötige Hitze für den<br />
Backofen. Das dickere Kronenholz wurde auch noch zu Brennholz aufgearbeitet und<br />
verkauft. Der Rest stand dann als Leseholz zur Verfügung.<br />
Das Leseholz wurde verspielt, d.h. eigentlich durch Losentscheid zugeteilt. Um diese<br />
Lose festzulegen, ging der Haumeister (das war hier in Mauloff viele Jahre Heinrich<br />
Reuter = Christians Heinrich) mit einer weiteren Vertrauensperson in den Wald, um die<br />
Lose festzulegen. Es mussten möglichst so viele Lose eingeteilt werden, wie Haushalte<br />
im Dorf waren – das waren lange Zeit 29 Häuser.<br />
Das Holz sollte möglichst gleichmäßig aufgeteilt werden, was sicher nicht immer ganz<br />
einfach war. Die einzelnen Abschnitte wurden mit Holzpflöcken abgeteilt und mit Nummern<br />
versehen. Entsprechend wurden die Nummern auf Zetteln oder Klötzchen notiert.<br />
Das „Verlosen“ selbst fand, nach vorherigen Bekanntmachung durch die Ortsschelle,<br />
beim Bürgermeister statt. Anschließend ging man in den Wald, um das gezogene Los<br />
zu suchen und zu begutachten. Danach begannen im Dorf immer wieder Diskussionen<br />
und laute Beschwerden, denn irgendjemand oder mehrere Leute fühlten sich immer benachteiligt,<br />
weil entweder das gezogene Los zu klein war oder nicht genug Holz darin<br />
lag. Dann tat man gut daran – je nach Wetterlage – das Leseholz so schnell wie möglich<br />
aufzuarbeiten und nach Hause zu schaffen. Es kam immer wieder zu seltsamen Grenzveränderungen<br />
oder Grenzbereinigungen zwischen den gezogenen Losen sprich Wald-<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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stücken. Das Jahr war lang und Backholz ein entsprechendes kostbares Material. Unterschieden<br />
beim Aufarbeiten wurde zwischen „Bengelholz“ und „Reisern“. Bengelholz<br />
waren Äste, die man (besonders im Sommer) auch zum Feuern des Küchenherdes<br />
brauchte, der Rest waren Reiser (Reisig), die zu Wellen (Büschen) gebunden wurden,<br />
möglichst fest mit Kordel, die vom Futterstroh übriggeblieben war. Draht wurde selten<br />
genommen, das hätte Geld gekostet und das waren unnötige Ausgaben. Das Aufarbeiten<br />
des Leseholzes im ausgehenden Winter war teilweise auch Frauenarbeit. Schön scheußlich<br />
war das manchmal, wenn man im abtauenden Schnee stand mit ganz normalen<br />
Schuhen (Gummischuhe oder Stiefel hatte man erst in den letzten Jahren) und selbstgestrickten<br />
Handschuhen, patschnasse Füße und Handschuhe waren garantiert. Ich kann<br />
das stichhaltig beurteilen, denn ich durfte einige Jahre bei dieser Arbeit mithelfen. Das<br />
so gewonnene Holz und die Wellen wurden möglichst umgehend nach Hause geschafft,<br />
denn ab und zu fand da auch schon mal über Nacht eine seltsame Verringerung statt!!<br />
Das Bengelholz und die Wellen trockneten dann über Sommer und konnten ab Nachsommer<br />
oder Herbst verwendet werden. Wohl dem, der aus dem Vorjahr noch geeignetes<br />
Backholz zur Verfügung hatte.<br />
Und nun zum Brotbacken selbst. Mehl hatte man (hoffentlich) genug aus eigener Erzeugung.<br />
Das Brot wurde in aller Regel ausschließlich aus Roggenmehl gebacken. Am<br />
Abend vor dem Backtag wurde der Backtrog herbeigeholt, ganz sauber ausgekehrt und<br />
in der Küche (im Sommer) und im Winter in der Wohnstube auf zwei Hocker oder<br />
Stühle aufgestellt. Im Winter waren die Küchen oft nicht ausreichend warm zu bringen.<br />
Es wurde die entsprechende Menge Mehl eingefüllt, damit dieses über Nacht Zimmertemperatur<br />
annehmen konnte. Der Sauerteig, auch Heberling genannt, musste angesetzt<br />
werden mit Wasser, denn der musste über Nacht aufgehen. Der Heberling war getrockneter<br />
Sauerteig vom letzten Backtag. Die erforderliche Menge kannte man aus Erfahrung.<br />
Warum der Sauerteig Heberling hieß, ist mir bis heute nicht aufgegangen.<br />
Am nächsten Morgen begann dann der eigentliche Backtag. Das Mehl wurde mit dem<br />
Heberling, Salz und der entsprechenden Menge Wasser vermischt und das Ganze kräftig<br />
durchgeknetet. Das war eine verdammt schwere Arbeit, auch abhängig von der beabsichtigten<br />
Menge Brot, das gebacken werden sollte. Man sollte am besten einigermaßen<br />
groß und stabil sein, damit man in den Backtrog bis unten hinkam und den schweren<br />
Teig auch ordentlich durchkneten konnte. In aller Regel war das die Arbeit der Hausfrau.<br />
Dann musste der Teig ruhen und aufgehen. Die Brotkörbchen wurden herbeigeholt.<br />
Mehl, Brotkörbchen und Backtrog befanden sich in der backfreien Zeit entweder<br />
auf dem Speicher oder in einer Vorratskammer. Die Backkörbchen wurden auf der<br />
Oberseite mit im Mehl eingetauchten Lappen ausgelegt und dann mit möglichst gleich<br />
großen Teiganteilen gefüllt. Danach mussten die vorbereiteten Brotteige noch einmal<br />
kräftig aufgehen.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Inzwischen wurde im Backhaus (Backes) der Backofen angefeuert, nachdem man vorher<br />
eine entsprechende Anzahl von Wellen dorthin gebracht hatte, und auf die nötige<br />
Temperatur gebracht. Wenn die Oberseite des Backofens weiß glänzend war, wurden<br />
die Kohlen mit einem Holzkrätzer herausgekratzt und das Brot konnte eingeschossen<br />
werden. Dazu benutzte man den Schießer, ein stabiles Holzbrett an einem langen Holzstiel.<br />
Die Arbeit im Backhaus war in der Regel Arbeitsteilung. Die Männer versorgten<br />
den Ofen und die Frauen mussten zuarbeiten, d.h. die rohen Laibe auf den Schießer<br />
stürzen, mit Wasser einpinseln (frischen) und ab ging es in den Ofen. Die Backzeit betrug<br />
je nach Menge und Größe der Brote ca. 1 Stunde (Erfahrungssache). Nach der<br />
Hälfte der Backzeit wurde das Brot umgeschossen, d.h. im Backofen umgesetzt (von<br />
hinten nach vorne und umgekehrt), damit möglichst gleichmäßiges Backen gewährleistet<br />
war. Dabei wurde das Brot noch einmal gefrischt, damit es möglichst auch einen<br />
schönen Glanz bekam (was nicht immer gelang).<br />
Die Backabstände waren in den einzelnen Häusern verschieden, je nachdem wie viele<br />
Personen zu versorgen waren. Im Sommer in der Regel etwas länger, denn man hatte<br />
im Haus, Hof und Feld oft mehr als ausreichend zu tun. Im Winter etwas weniger lang,<br />
da war naturgemäß etwas mehr Zeit und der Backofen sollte auch nicht für so lange<br />
auskühlen.<br />
Wer in der entsprechenden Woche backen wollte, ging dienstags um 11 Uhr beim Läuten<br />
ins Backhaus, das war ein fester Termin, um sein Backlos zu ziehen. Damit wurde<br />
die Reihenfolge des Backens, das war in aller Regel freitags und samstags, bei sehr<br />
großem Bedarf auch schon mal donnerstags, festgelegt. Zu diesem Zweck waren Holzklötzchen<br />
(in der Art von Dominosteinen) vorhanden mit den Nummern von 1 bis 16<br />
(soweit ich mich erinnere) und je nach Anzahl der Interessenten. Diese schüttete Dickersch<br />
Nette, die auch um 11 Uhr das Läuten besorgte, in ihre Schürze und jeder der<br />
Anwesenden zog sich ein Hölzchen heraus. Damit war die Reihenfolge des Backens<br />
festgelegt; außer dem Anbacken, das war das erste Anheizen des Ofens in der jeweiligen<br />
Woche - und das ging reihum. An diese Reihenfolge hatte man sich zu halten, denn das<br />
kostete eine entsprechend größere Menge Backholz. Wenn es einmal gar nicht passte,<br />
konnte man das Anbacken schon mal tauschen mit dem Nachbarn oder Verwandten im<br />
Dorf – aber in der nächsten Woche war man auf jeden Fall dran.<br />
Der Backofen war Eigentum der Gemeinde und kostenfrei nutzbar. Er fasste etwa 28<br />
bis 30 Laib Brot. Ganz voll machte man den Ofen eigentlich nie, denn vorne im Bereich<br />
der Tür wurde immer etwas Platz gelassen für Kuchen. In der Regel Brotkuchen, der<br />
etwa die vierfache Größe von heute üblichen Herdblechen hatte und die „nachgeschossen“<br />
wurden. Die brauchten eine entsprechend kürzere Backzeit und kamen mit der verbliebenen<br />
Resthitze aus.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Vor den Feiertagen (Ostern, Pfingsten, Weihnachten usw.) sollte möglichst am Samstag<br />
kein Brot gebacken werden, denn dann waren für die Festtage die Kuchen dran. Man<br />
tat sich mit mehreren Familien zusammen, um die Back-Abfolge abzukürzen und um<br />
Holz zu sparen. Dann gab es auch Hefekuchen aus Weißmehl auf dem Blech! Weißmehl<br />
war relativ rar, denn der Weizenanbau rentierte sich wegen der Bodenbeschaffenheit<br />
und der Höhenlage in Mauloff nicht so richtig – also waren die Mengen entsprechend<br />
groß oder klein. Im Verlauf dieser Aktionen musste man schon mal bei den Mit-Bäckern<br />
vorbeischauen, ob und dass der vorgesehene Zeitplan eingehalten werden konnte. Telefon<br />
gab es zu dieser Zeit noch nicht, also musste man schon mal durchs Dorf eilen, um<br />
entsprechend nachzufragen.<br />
Beim Brotbacken musste man im Winter besonders darauf achten, dass die rohen Brotlaibe<br />
beim Transport in das Backhaus keinen „Zug“ bekamen, da der Teig sonst zusammenfiel<br />
und beim Heimtransport die gebackenen Brote ebenfalls. Wenn diese zu schnell<br />
abkühlten, dann platzten sie immer von der Kruste ab, sie rissen, und waren dann leichter<br />
verderblich oder schneller trocken.<br />
Den Rest Brot vom vorhergehenden Backen wollte zum Schluss keiner mehr so richtig,<br />
es war in aller Regel sehr trocken und konnte oft nur „eingetunkt“ (in Kaffee oder<br />
Milch) gegessen werden. Weggeworfen wurde auf keinen Fall etwas, und die Hausfrau<br />
erlaubte das Anschneiden eines frischen Laibes in der Regel nur, wenn der letzte Rest<br />
vom alten Brot aufgegessen war. Wenn man erwischt wurde, dass man das letzte Krüstchen<br />
dem Pferd oder der Lieblingskuh gegeben hatte, dann erntete man nur sehr selten<br />
besonderes Lob.<br />
Nach dem Brotbacken fing dann die große Putzerei an. Das Mehl musste vor dem Backen<br />
durch ein entsprechend großes Sieb gerüttelt werden und das war bei aller Vorsicht<br />
immer eine ziemlich staubige Angelegenheit, d.h. die Küche bzw. das Wohnzimmer<br />
mussten schon etwas gründlicher geputzt werden. Der Backtrog war von den Teigresten<br />
durch Auskratzen zu reinigen, die Brotkörbchen und Tücher waren auszuklopfen und<br />
alles wieder dahin zu schaffen, wo man es weggeholt hatte.<br />
Dazu kam, dass man auch das Backhaus möglichst aufgeräumt zu verlassen hatte, die<br />
übrige Kohle nahm man auf jeden Fall mit heim, die konnte man im Küchenherd noch<br />
verbrennen – man sollte auch sauber kehren, was sehr oft nicht stattfand. Wenn man<br />
wieder mal vor dem Backen einen ordentlichen Rest von Reisig oder Kohle vorfand,<br />
dann waren der oder die Verursacher in der Regel nicht mehr festzustellen – es war<br />
komischerweise nie einer gewesen.<br />
In Mauloff gab es nie (außer später bei der Familie Eist) hauseigene Backhäuschen,<br />
zumindest ist mir nichts dergleichen von meiner Vorgängergeneration berichtet. Der<br />
Aufenthalt im Backhaus, besonders im Winter, war angenehm, es war gemütlich warm,<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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eine erwachsene Person musste immer bei dem Ofen bleiben, und ab und zu kam auch<br />
schon mal jemand vorbei auf ein Schwätzchen – denn wenn der Ofen rauchte, war auch<br />
jemand da. Wir Kinder hielten uns gerne dort auf. Im Nebenraum, in dem eine Ablagefläche<br />
für Brot und Kuchen vorhanden war, konnte man auf den Backofen krabbeln und<br />
sich bäuchlings hinlegen, dort war es herrlich warm. Zwischen der Oberkante Backofen<br />
und der Decke war so viel Hohlraum, dass schon mal 2-3 Kinder dort Platz hatten. Ich<br />
selbst habe das auch schon mal ausgenutzt.<br />
Etwa 1950 oder 1951 wurde das Backhaus grundsaniert, das war sehr nötig, von da an<br />
konnte das Backen wieder reibungslos ablaufen. Gleichzeitig bekam das Backhaus einen<br />
Wasseranschluss von der Straße quer über den Schulhof (heutiges Anwesen Manier),<br />
das war echter Komfort. Vorher musste das erforderliche Wasser von daheim mitgebracht<br />
werden.<br />
Etwa ab 1960 nahm das Backen ab, zwei Bäcker kamen ins Dorf, um Brot zu liefern<br />
(Hermann Enders aus Steinfischbach und Wilhelm Heberling aus Riedelbach, dessen<br />
Name hatte mit dem Spitznamen des Sauerteigs herzlich wenig zu tun).<br />
Man begann Mehl zu tauschen gegen Brot, d.h. der Bäcker bekam eine entsprechende<br />
Menge Roggenmehl (vielleicht 50 kg oder ähnlich), dafür bekam man Brotmarken und<br />
in eine kleine Kladde (Notizbuch) wurde die jeweils noch verfügbare Menge eingetragen.<br />
Die Anzahl der Brote wurde am Freitag oder Samstag nach Bedarf eingesetzt und<br />
ein Backlohn wurde drauf bezahlt. Man konnte, wenn man Geld hatte, auch schon mal<br />
Brötchen oder ein Weißbrot kaufen. War die gegebene Menge Mehl verbraucht, fing<br />
das Ganze von vorne an. So hatte man immer frisches Brot zur Verfügung und der ganze<br />
Trappel um das Brotbacken, angefangen beim Holzmachen über die anstrengenden und<br />
zeitaufwendigen Backtage, gehörten der Vergangenheit an – eine Erleichterung, die in<br />
der Zeit ungeheuer war.<br />
Irgendwann kamen auch die Bäcker nicht mehr ins Dorf, die Bäckereien Enders und<br />
Heberling wurden aufgegeben und heute sind (fast) alle in Mauloff so mobil, dass sie<br />
sich ihr Brot von außerhalb mitbringen können.<br />
Zuletzt selbst gebacken haben nur noch ganz Wenige, der Letzte war „Frankenbachs<br />
Erwin“ (Erwin Lotz vom Gasthaus Zur Rose) und wohl nur, weil die „Frankfurter“, die<br />
samstags und sonntags in der Rose zu Gast waren, auf das selbstgebackene Brot scharf<br />
waren. Irgendwann hat Erwin Lotz (wohl 1965) auch aufgegeben, weil er im Winter<br />
den Ofen nicht mehr heiß genug bekam.<br />
Damit war die Ära des Brotbackens im Mauloffer Backhaus beendet.<br />
Der Backofen ist noch vorhanden, im heutigen Zustand aber auf keinen Fall mehr<br />
brauchbar. Wollte man ihn heute wieder anheizen, müsste er sicher grundsaniert werden<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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und die ganzen Räumlichkeiten bis hin zum Außenkamin mussten den heutigen Voraussetzungen<br />
und Bestimmungen angepasst werden. Da habe ich den Verdacht, dass<br />
man für die entsprechenden Kosten einige Jahre lang eine ganze Menge Brot backen<br />
und vor allem auch verkaufen muss. Das Backholz bekäme man heute auch nicht umsonst.<br />
ALSO: wollte man in Mauloff das Backes wirklich wieder in Betrieb nehmen – dann<br />
zuallererst einmal „alles zurück auf Anfang“.<br />
Will man das wirklich – oder ist die Idee inzwischen im Sand verlaufen?? Für mich<br />
bleibt die Frage offen.<br />
Ich bin Jahrgang 1936 und ich habe das Ganze miterlebt, solange ich mich erinnern<br />
kann – etwa ab 1943- bis zum Ende der Geschichte. Ich weiß, wie viel Mühe, Zeit und<br />
Aufwand mit dem Brotbacken im Backhaus verbunden sind. Ich selbst wäre (auch wenn<br />
ich 40 Jahre jünger wäre) nicht mehr scharf darauf. Das soll aber interessierte jüngere<br />
Mauloffer keinesfalls davon abhalten, alte Bräuche wie das Brotbacken wieder aufleben<br />
zu lassen.<br />
Es kann sein, dass sich der Eine oder Andere aus meinen Schilderungen hauptsächlich<br />
für ältere Mauloffer etwas anders darstellt. Jeder kann, wenn er es wolle, seine eigenen<br />
Erinnerungen gerne darstellen<br />
Nachsatz: In wenigen Haushalten in Mauloff wurde überhaupt kein Brot gebacken, z.B.<br />
bei Christian und Therese Guckes oder Lehrer Knapp, da diese kein Land hatten und<br />
somit auch kein Getreide und kein Mehl. Hier war die Versorgung anders geregelt, dazu<br />
werde ich mich, wenn der Winter noch lang genug ist, in einem weiteren Kapitel<br />
„Mauloffer Geschichten“ noch auslassen.<br />
In vielen Mauloffer Häusern war Backholz-Machen und Brotbacken während des Krieges<br />
und auch die Jahre danach ausschließlich Frauensache. Die Männer waren im Krieg,<br />
später in Gefangenschaft, einige sind nicht mehr heimgekommen. Ich denke dabei z.B.<br />
an Nelle (Scherer-Blum) oder Butze (Feger) und auch an andere Familien, die mir gerade<br />
nicht einfallen. Da hatten die Frauen keine Alternative. Sie mussten in allen Bereichen<br />
(auch in der Landwirtschaft) für die Familie einstehen, wenn da nicht zum Glück<br />
ein rüstiger Opa da war. Diese Frauen mussten ein sehr hohes Maß an körperlicher und<br />
seelischer Kraft aufbringen, um die Familie und den Hof über Wasser zu halten. Dazu<br />
kam Tag und Nacht die Angst um den Ehemann, Sohn und/oder Vater der Kinder.<br />
Sind wir uns überhaupt im Klaren darüber, die heutige Generation (nicht nur in<br />
Mauloff), in welch einer ruhigen, guten Zeit wir seit 1945 leben? Darüber sollten wir<br />
alle einmal sehr gründlich und lange nachdenken, wenn wir uns heute über viele teilweise<br />
recht unnötige Sachen aufhalten oder manchmal auch maßlos aufregen.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Ich gebe ehrlich zu, auch ich bin nicht immer frei von solchen Aufregungen, die sich<br />
im Nachhinein bei genauerer Betrachtung oft einmal wieder als recht unnötig herausstellen.<br />
Irene Schlösser, am 22. 02. 2012<br />
Mauloffer Ehrenämter<br />
Heute möchte ich einmal die Mauloffer Ehrenämter, ihre Funktion und deren Vergütungen<br />
aus meiner Erinnerung ein wenig behandeln.<br />
Gustav Bachon<br />
In meiner Kinder- und frühen Jugendzeit war Gustav Bachon Bürgermeister (von 1925<br />
bis 1945), ein gestandener Mann, der allein durch sein Auftreten und seine Figur bei<br />
mir für einen gewissen Respekt sorgte. Er war aber auch sehr liebenswürdig und vor<br />
allem hilfsbereit. Für diese beiden Eigenschaften besonders mochte ich ihn bis zu seinem<br />
Tod 1960. Das Bürgermeisteramt war zusammen mit dem Postamt (er war auch<br />
Posthalter) im Stübchen rechts vom Flur aus zugänglich. Im Winter wurden einzelne<br />
Aktivitäten aus diesen Tätigkeiten auch schon mal ins Wohnzimmer verlegt, denn dann<br />
konnte man im Stübchen die Heizkosten sparen. Ich denke, er hat seine Tätigkeit als<br />
Bürgermeister immer nach bestem Wissen und Gewissen ausgeübt. Alle wussten aber<br />
auch, dass sich „Ernste Gustav“ nicht auf der Nase herumtanzen ließ. Das war wohl in<br />
Mauloff zu der Zeit sicher dringend notwendig. Was er für seine Tätigkeit als Entgelt<br />
bekam, weiß ich nicht (wenn ich daran denke, dass Willi Seel am Ende seiner Amtszeit<br />
einen Ehrensold von 280,00 DM im Monat bekam). Ich kann es mir nicht vorstellen,<br />
vielleicht noch eine kleine Aufwandsentschädigung für das Stübchen? Zum reich werden<br />
hat das nicht gereicht. Die Zeit verging und der Krieg war vorbei, als in der Karwoche<br />
1945 die Amerikaner ins Dorf kamen und Gustav Bachon „befahl“: „Wir leisten<br />
keinen Widerstand, an allen Häusern ist die weiße Fahne herauszuhängen“! Zum Glück<br />
war Widerspruch zwecklos. Damit war Mauloff gerettet. Ich denke, dafür war man ihm<br />
bis zu seinem Lebensende dankbar, auch wenn nicht darüber geredet wurde – viele<br />
Dinge werden nach einiger Zeit als selbstverständlich betrachtet. 1948 war die Entnazifizierungswelle<br />
im Gange und Gustav Bachon musste, ob er wollte oder nicht, Kraft<br />
seines Amtes zu Hitlers Zeiten in die Partei eintreten. Er wurde von der amerikanischen<br />
Verwaltung aus seinem Amt entfernt, er wurde abgesetzt! Was damit in diesem Mann<br />
ausgelöst und sicher auch kaputtgemacht wurde, will ich mir auch heute noch nicht<br />
vorstellen. Das Ganze geschah an einem Sommertag, ob Gustav Bachon vorher davon<br />
wusste, weiß ich nicht, im Dorf war die Geschichte recht schnell rund. Auf dem Dalles<br />
fanden sich einige Zuschauer ein (ich auch, deswegen kann ich das Geschehen so genau<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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berichten). Eine Leiter wurde an die Hauswand gestellt und das über der Haustür angebrachte<br />
Schild „Bürgermeisteramt Mauloff“ mit einem Adler versehen heruntergeholt.<br />
Lina Bachon (seine Ehefrau) kam voller Wut mit einem ganz normalen Haushaltsbesen<br />
aus der Tür, kehrte die Spinnweben ab und sagte: „Ob is es, dro kimmt des net mi, des<br />
versprech aich euch“: Sie sagt das in einem Tonfall, an dem ich mich genau erinnere<br />
und für den drei Ausrufezeichen sicher nicht ausgereicht hätten. Damit war die Amtszeit<br />
von Gustav Bachon endgültig beendet. Der Platz, an dem das Bürgermeisterschild hing,<br />
war am Haus Bachon noch viele Jahre zu sehen.<br />
Die Übersetzung der Aussage von Lina Bachon: „Ab ist es, und dran kommt es nicht<br />
mehr, das verspreche ich euch!!!“.<br />
Gustav Bachon, Bürgermeister 1925 bis 1945<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Otto Eist<br />
Nun wurde Otto Eist als Bürgermeister von den Amerikanern eingesetzt. Ob das noch<br />
am selben Tag geschah, weiß ich nicht mehr. In den folgenden Tagen wurden alle Unterlagen<br />
in das Haus Eist geschafft, dort gab es von da an auch ein „Bürgermeisterstübchen“.<br />
Ob Eist wirklich Bürgermeister werden wollte, weiß ich nicht, vorstellen kann<br />
ich mir das nicht, ihm blieb nichts anderes übrig, die Amerikaner haben das angeordnet.<br />
Ob er das Amt gut oder weniger gut ausgeübt hat, kann ich nicht beurteilen. Am Anfang<br />
hat man ihm Heinrich Witt aus Usingen (der war auf dem Landratsamt Usingen beschäftigt)<br />
beigestellt, dessen Ehefrau Martha wurde Bürgermeistersekretärin und Otto<br />
Eist hat sich nach wie vor überwiegend mit seiner Landwirtschaft und Holztransporten<br />
beschäftigt. Der Papierkram war ihm weniger wichtig.<br />
Otto Eist, Bürgermeister 1945 - 1948<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Willi Seel<br />
Inzwischen war Willi Seel (Jahrgang 1920) aus der Gefangenschaft zurückgekommen<br />
(kriegsversehrt, er hatte den rechten Arm verloren). Von ihm wusste man, dass er kein<br />
Dummkopf war, er hatte Abitur gemacht und musste Arbeit haben. Man machte ihn<br />
kurzerhand zum Bürgermeistersekretär, was dann bei Otto Eist und besonders dessen<br />
Ehefrau Lina in der Folge nicht täglich Freude bereitete. Willi Seel hatte mit der linken<br />
Hand bald schreiben gelernt, konnte auch die Schreibmaschine bedienen und war Otto<br />
Eist bald in allen Belangen des Bürgermeisteramtes überlegen. Das führte zu Streitereien,<br />
die oft sehr lautstark ausgetragen wurden (später wurde behauptet, es sei auch zu<br />
Handgreiflichkeiten gekommen), ein Zustand, der mittlerweile untragbar war. Die Gemeindevertreter<br />
von Mauloff (wer das alles war, weiß ich nicht mehr) beschlossen, Otto<br />
Eist abzusetzen und Willi Seel zum Bürgermeister zu wählen. Nach meiner heute noch<br />
gültigen Überzeugung hätte man in Mauloff zu der Zeit auch keinen fähigeren Mann<br />
finden können, vielleicht gibt es in Mauloff deswegen auch heute noch andere Ansichten<br />
– die wären in jedem Fall erlaubt.<br />
So wurde Willi Seel noch im Jahr 1948 zum Bürgermeister gewählt. Das Amt zog um<br />
in das Haus von Willi Seel und auch dort gab es ein Bürgermeisterstübchen.<br />
Dort bin ich sehr oft gewesen, denn ich habe in späteren Jahren (ich hatte dann einen<br />
Handelsschulabschluss und konnte Schreibmaschine schreiben) etwa ab 1957/1958 für<br />
Willi Seel geschrieben. Die Schreibarbeit wurde ihm zu viel mit dem einen Arm. Er war<br />
auch Vorsitzender des Wasserbeschaffungsverbandes Tenne geworden, das brachte zusätzliche<br />
Außentermine mit. Ich habe diesen Nebenjob gerne gemacht, er brachte mir,<br />
wenn viel zu tun war, im Monat manchmal fast so viel ein, wie ich aus meiner kaufmännischen<br />
Tätigkeit in Neu-Anspach heimbrachte. Willi hat sehr gut bezahlt, dafür<br />
aber Pünktlichkeit und sehr genaue Leistung verlangt. Ich habe unheimlich viel erfahren<br />
und noch mehr gelernt bei ihm, vor allem Genauigkeit, Gradlinigkeit und Durchsetzungsvermögen<br />
(letzteres kann man, wenn man will, als Sturheit oder Dickköpfigkeit<br />
bezeichnen). Das alles hat mich wohl sehr geprägt, vieles davon ist mir in den folgenden<br />
Jahren und bis heute sehr zugute gekommen. Dafür kann ich bis heute nur „Danke,<br />
Willi“ sagen.<br />
Natürlich waren wir uns nicht immer einig, auch zwischen uns gab es öfter mal Krach<br />
(ich glaube wir waren uns in der Art sehr ähnlich). Willi konnte überhaupt keinen Widerspruch<br />
vertragen (weder von einer Person noch in einer Sache), und ich habe auch<br />
nicht immer nachgegeben, besonders wenn es um meine Familie bzw. unseren Grundbesitz<br />
ging.<br />
Ich erinnere mich an einen Sonntagmorgen im Sommer, wir waren derart aneinander<br />
geraten, dass er in seiner unbändigen Wut mit seinem einen Arm einen Stuhl schnappte<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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und damit nach mir warf! Ich sah das wohl kommen und rettete mich vor die Haustür,<br />
der Stuhl flog mit lautem Krachen am Treppengeländer auseinander. Hätte der mich<br />
getroffen, wäre ich vielleicht ab diesem Tag Invalide gewesen. Albert Ott und Wilhelm<br />
Reuter hatten das Ganze mitgekriegt, Tür und Fenster standen offen, sie wollten entweder<br />
schlichten oder mich retten, das weiß ich bis heute nicht.<br />
Ab da herrschte eine ganze Weile absolute Funkstille zwischen uns – ich ging natürlich<br />
nicht mehr hin. Irgendwann kam meine Mutter vom Einkaufen nach Hause und sagte:<br />
„Du sollst bei Willi vorbeikommen, er packt das Ganze überhaupt nicht mehr“. So ging<br />
ich doch wieder hin, denn er wollte meine Arbeit und ich im Grunde auch den schönen<br />
Nebenverdienst.<br />
Mehr oder weniger zusammengearbeitet haben wir bis zur Gebietsreform (Entstehung<br />
der Großgemeinden). Diese Zusammenlegung hat Willi Seel bis ins Mark getroffen.<br />
Selten in meinem Leben habe ich jemand so geknickt erlebt wie ihn. Auch er war jetzt<br />
(wie ehemals Gustav Bachon) nicht mehr Bürgermeister. Man hatte ihm zunächst in<br />
Weilnau, dann in Weilrod einen führenden Posten angeboten, den er voller Stolz und<br />
mit Hohn abgelehnt hat. Damit ist auch das Kapitel Bürgermeister in Mauloff beendet.<br />
Willi Seel, Bürgermeister 1948 – 1972<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Nachzutragen zu dem Thema „Bürgermeister in Mauloff“ wäre noch die Beschreibung<br />
der Bürgermeister-Kerwe, die ich miterlebt habe. Für Otto Eist und Willi Seel wurde<br />
im Wald eine möglichst sehr schöne Fichte geschlagen. Die wurde ins Dorf gebracht,<br />
geschmückt und vor dem Bürgermeisterhaus aufgestellt. Von da gehörte dieser Baum<br />
dem Bürgermeister. Am selben Tag begann dann die Bürgermeisterkerb, das Fest zur<br />
Amtseinführung des Bürgermeisters. Die ganz großen Feste waren zu dieser Zeit sehr<br />
selten, alle Getränke (Essen wohl weniger?) waren frei und es ging richtig zur Sache.<br />
Wer an diesem Tag nicht dreiviertel oder total besoffen nach Hause kam, war entweder<br />
krank, blöd oder nicht dabei gewesen. Nach diesem Spektakel durfte der neue Bürgermeister<br />
die Fichte verkaufen, um das Fest zu bezahlen. Ob der Erlös reichte, entzieht<br />
sich meiner Kenntnis.<br />
Von der Bürgermeisterkerb für Willi Seel erzählt man heute noch, dass der „alte Mehl“,<br />
also Willis Großvater Wilhelm Mehl – sich vor lauter Freude und Begeisterung so zugesoffen<br />
habe, dass man ihn auf einem Schubkarren nach Hause fahren musste.<br />
Die anderen Ehrenämter in Mauloff sind relativ schnell beschrieben:<br />
Georg Bausch war Schöffe, d.h. Schiedsmann in Mauloff. Er galt als klug und vor allem<br />
sehr besonnen. Kleinere Streitereien, die es in Mauloff in der Zeit wohl öfter gab, hatte<br />
er zu schlichten. Die streitenden Parteien wurden „einbestellt“ und hatten zu erscheinen.<br />
Oft klappten diese Verfahren nicht in der ersten Runde und man musste wieder zu „Bausche<br />
Schorsch“. Dann war zwischen den Parteien in aller Regel einmal (wenigstens eine<br />
Zeitlang) „Ruhe im Kasten“. Natürlich sprachen sich diese Vorladungen recht schnell<br />
im Dorf herum. Sie sorgten für reichlich Gesprächsstoff und die Betroffenen haben<br />
nicht immer an Ehre und Ansehen gewonnen. Eine richtige Drohung war schon die<br />
Warnung gegenüber dem Gegner, die Worte: „Pass off – sonst muss Bausche Schorsch<br />
werre mal Feuer in de Stubb mache“. Übersetzt: Pass auf, sonst muss Georg Bausch<br />
mal wieder den Ofen im Wohnzimmer anmachen. Das Wohnzimmer war selbstverständlich<br />
auch das Amtszimmer. Ob für die Tätigkeit als Schiedsmann ein kleines Entgelt<br />
bezahlt wurde, weiß ich nicht. Georg Bausch hat das Amt trotz allem „Trappel“<br />
wohl bis zum Schluss als Ehre angesehen.<br />
Gustav Ott I (Liese Gustav) war Gemeinderechner. Sein Amtszimmer befand sich in<br />
der Wohnstube und bestand aus einem Schreibschrank mit Sicherheitsschloss und einem<br />
schwarzen Tresor (ein ziemliches Ungetüm). Was an Geschäften (Einzahlungen<br />
und Auszahlungen) abzuwickeln war, erfolgte auf dem Wohnzimmertisch. Der gesamte<br />
Publikumsverkehr fand fast ausschließlich sonntags vormittags statt. In der Woche war<br />
dafür keine Zeit. Ich weiß es nicht, aber ich denke, für diese Tätigkeit wurde ein kleines<br />
Entgelt gezahlt.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Karl Klapper, Gemeinderechner<br />
Nach Gustav Ott wurde Karl Klapper Gemeinderechner. Wann, weiß ich nicht mehr.<br />
Ich erinnere mich nur noch, wie der schwere Tresor und der Schreibschrank von „Liese“<br />
in „Engels“ transportiert wurden. Dort wurden die Sachen in einem kleinen Zimmer<br />
rechts hinter der Haustür untergebracht, darin hatte Karl sein Amtszimmer, in Mauloff<br />
auch „Rechnerstübchen“ genannt. Die Aufgaben eines Gemeinderechners waren dann<br />
schon sehr viel umfangreicher. Es mussten auch die Unterhaltszahlungen für die Flüchtlinge<br />
ausgezahlt werden. Das nötige Bargeld für dies und andere Zahlungen musste herbeigeschafft<br />
werden. Zu diesem Zweck fuhr Karl an jedem ersten Montag im Monat (er<br />
hatte bereits ein Auto) nach Usingen zur Bank, um das Geld in der nötigen Stückelung<br />
zu holen. Sahen die Mauloffer „Engels Karl“ in Richtung Usingen fahren, dann hieß es:<br />
Er holt wieder Geld! Der ganze Geldverkehr musste abgewickelt werden, denn ein laufendes<br />
Konto hatte lange niemand. Die Flüchtlinge bestimmt nicht, die bekamen monatlich<br />
so viel, dass sie gerade „über die Runden“ kamen. Komisch, mir scheint es, als<br />
wiederhole manches im Leben sich mehrfach.Karl Klapper bekam für seine Tätigkeit<br />
ein Entgelt, das weiß ich genau, die Höhe desselben war mir natürlich nicht bekannt. Er<br />
hat diese Tätigkeit ausgeübt bis Mauloff in der Großgemeinde Weilnau aufging. Einige<br />
Jahre später zog er zu seinem Sohn Wolfgang nach Wolfskehlen bei Groß-Gerau. Dort<br />
starb er auch. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof in Mauloff.<br />
Irene Schlösser, am 27. 02 2012<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Gemischter Chor Mauloff<br />
Heute, an einem Tag, der nur alle vier Jahre einmal vorkommt, will ich mich mit den<br />
Mauloffer Vereinen beschäftigen.<br />
Vorab: Wollte ich das Thema Feuerwehr oder Schützenverein näher behandeln. So wäre<br />
das eine „Frechheit“ meinerseits denen gegenüber, die diese Geschichten über viele,<br />
viele Jahre hinweg besser dokumentiert haben.<br />
Mein Thema ist heute der Gemischte Chor Mauloff, von dem es vielleicht auch Aufzeichnungen<br />
gibt?<br />
Ich möchte meine persönlichen Erinnerungen aufschreiben, die überwiegend sehr –<br />
manchmal auch weniger- lustig sind. Ausgesprochene Tragödien hat es zu meiner Zeit<br />
nicht gegeben. Wann in Mauloff der gemischte Chor (wieder??) gegründet wurde, weiß<br />
ich nicht, wer die Urheber waren, weiß ich ebenfalls nicht. Ich weiß nur so viel: als ich<br />
mit der Schule fertig war (1951) gab es den Chor wohl schon, denn ich bin von da an<br />
mit anderen in die wöchentlich stattfindende Singstunde gegangen – und das sehr gerne.<br />
Ich hatte Spaß am Singen und erfahren hat man immer etwas. Zugegeben, ich war noch<br />
nie neugierig, aber hätte in Mauloff ein Vogel gepfiffen, den ich nicht gehört hätte, ich<br />
hätte vielleicht nachts nicht schlafen können. Ich war bis zu meinem 18. Lebensjahr<br />
ständig in Mauloff, das änderte sich erst, als ich mit 18 Jahren eine weiterführende<br />
Schule in Usingen besuchen konnte. Wer alles mitgesungen hat, weiß ich nicht mehr,<br />
sicher ist: Otto Bachon, Wilhelm Hedwig (der Jüngere) und Hartmut Seel, ein ganz<br />
hervorragender Basssänger, Wilhelm Bausch, und mein Bruder – ebenso gute Tenorsänger,<br />
welche Stimmen z.B. mit Hermann Jäger, Albert Vollberg und vielen anderen<br />
besetzt waren. Die Frauenstimmen waren auch recht gut besetzt. Wer das im Einzelnen<br />
war, weiß ich nicht: Auf jeden Fall Hilda Jäger und ihre Mutter Auguste Reuter. Wir<br />
konnten vierstimmig singen. Geprobt wurde im „Rathaus“ in der Schule, das war ein<br />
Mehrzweckraum, neben dem einzigen Schulsaal, in dem auch Versammlungen gleich<br />
welcher Art abgehalten wurden. Woher das zu dieser Zeit recht umfangreiche Notenmaterial<br />
stammte, weiß ich auch nicht, es gab sogenannte Liederbücher mit Noten und<br />
Texten, die Texte waren äußerst wichtig. Noten lesen konnte wohl keiner von uns, man<br />
sang nach den Vorgaben des Dirigenten. Zum Vorsitzenden wurde Albert Vollberg gewählt.<br />
Ich denke, er hatte dieses Amt über die ganze Laufzeit des Vereins / Chors inne.<br />
Vier Dirigenten hatten wir im Laufe der Jahre. Zuerst Christian Guckes aus Riedelbach,<br />
sein Nachfolger wurde Wilhelm Guckes aus Riedelbach (genannt Amme-Wilhelm –<br />
seine Frau war Hebamme), dann Karl-August Sturm (Polizist in Riedelbach, genannt<br />
Laternen-Karl, sein Steckenpferd als Polizist war wohl die Jagd auf unbeleuchtete Bauernfuhrwerke)<br />
und zuletzt Arthur Hedwig.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Man sang zu verschiedenen Anlässen, wie z.B. bei Hochzeiten in der Kirche, Beerdigungen<br />
und nahm auch schon mal an sogenannten Liedertagen in den umliegenden Dörfern<br />
teil. Sehr weit herumkommen konnte man nicht, alle Ziele mussten zu Fuß erreicht<br />
werden. Bei Hochzeiten wurde in der Kirche regelmäßig so lange gesungen (ein entsprechendes<br />
Liedmaterial war eingeplant) bis endlich die ganze Hochzeitsgesellschaft<br />
weinte, dann war der Erfolg der Auftritte gesichert. Bei Beerdigungen wurde zunächst<br />
„beim Haus“ gesungen und auf dem Friedhof noch einmal. Ab und zu mussten die Lieder<br />
auch 2x begonnen werden, weil man völlig danebenlag. Entweder man hatte nicht<br />
aufgepasst – ich erinnere mich noch sehr genau an die Beerdigung von Heinrich Reuter.<br />
Wir hatten vor dem Haus Aufstellung genommen, Karl Sturm gab die Töne an, und wir<br />
lagen total daneben. Geklappt hat es erst nach dem dritten Einsatz des Liedes „Lasse<br />
mich gehen – lasse mich gehen“. Karl Sturm tobte anschließend wegen der Blamage,<br />
raufte sich die Haare und rannte herum und schrie „Lasst mich gehen – lasst mich gehen“.<br />
Ob das der Anlass war, dass er irgendwann danach seine Dirigententätigkeit in<br />
Mauloff aufgab, weiß ich nicht mehr. Der letzte Dirigent war Arthur Hedwig. Er hat<br />
den Verein bis zu seiner Auflösung begleitet. Ob diese Auflösung zeitgleich mit dem<br />
Weggang von Arthur aus Mauloff zusammenfiel, weiß ich nicht.<br />
Es gibt noch die schöne Geschichte von Albert Vollberg, die noch einige Jahre in<br />
Mauloff präsent war. In Mauloff fand im Sommer anlässlich des 25. Geburtstages des<br />
Gesangvereins ein Liedertag statt (in welchem Jahr weiß ich nicht mehr), zu dem selbstverständlich<br />
Gesangvereine aus den umliegenden Dörfern geladen waren. Das Fest fand<br />
statt in der Strohhalle am Gasthaus „Zur Rose“. Das war ein Holzbau mit Klappläden<br />
ohne Fenster, in dem üblicherweise die Familie Scheid ihre Strohvorräte aufbewahrte.<br />
Die Halle wurde zu diesem Zweck (wie auch bei der Mauloffer Kerb immer) ausgeräumt,<br />
sauber ausgekehrt und mit Bierzelt-Garnituren ausgestattet. In der Halle befand<br />
sich auch ein Tanzboden. Albert Vollberg begrüßte alle anwesenden Gäste mit dem<br />
denkwürdigem Spruch: „Und wie in jedem Jahre begrüße ich euch alle wie alljährlich<br />
auch in diesem Jahr zum 25-jährigen Jubiläum unseres Vereins“! Brüllendes Gelächter<br />
natürlich in der ganzen Halle. Ob Albert Vollberg seine sicher vorbereitete Rede zu<br />
Ende bringen konnte, ist meiner Erinnerung entfallen.<br />
Die Liederbücher wurden noch sehr viele Jahre aufbewahrt. Sie befanden sich im Dorfgemeinschaftshaus<br />
in dem Schrank im Saal im unteren Teil der rechten Schrankhälfte.<br />
Ob sie dort immer noch liegen, entzieht sich meiner Kenntnis.<br />
Und damit beende ich auch meine persönliche Aufzeichnung über den gemischten Chor<br />
in Mauloff.<br />
Irene Schlösser, am 29. 02.2012<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Wovon bestritten die alten Mauloffer<br />
ihren Lebensunterhalt?<br />
Zunächst gehörte zu jedem Anwesen (außer Guckes, Willi Seel, die Schule und das<br />
Backes) eine mehr oder weniger große Landwirtschaft. Damit war die Grundversorgung<br />
durch Getreide, Kartoffeln, Milch, Fleisch und Eier gesichert.<br />
Viele hatten einen Nebenerwerb, der sicher (hoffentlich) etwas einbrachte. Ich fange<br />
einmal an, soweit ich mich erinnern kann:<br />
Gustav und Emil Sachs (mein Großvater, mein Vater, Ringstraße 6) waren ausschließlich<br />
Landwirte. Die Größe des Hofes ließ zu jener Zeit für einen Nebenerwerb keinen<br />
Spielraum.<br />
Karl Ott und Sohn Adolf (Waanersch Karl und Waanersch Adolf, Brunnenstraße 1)<br />
waren Landwirte und zunächst Karl auch Jagdaufseher und von Beruf Wagner. Ob er<br />
diesen Beruf auch ausübte, weiß ich nicht.<br />
Heinrich Reuter (Christians Heinrich, Brunnenstraße 8) war Landwirt und viele Jahre<br />
Haumeister der Gemeinde Mauloff, d.h. Vorarbeiter im Wald.<br />
Hermann Jäger (Christians Hermann, Brunnenstraße 8) war Metzger und hat die Arbeit<br />
in der Landwirtschaft mit übernommen.<br />
Willi Ott (Frömmersch, Brunnenstraße 6) war Landwirt und Fleischbeschauer.<br />
Gustav Bachon (Ernste Gustav, Brunnenstraße 4)war gelernter Zimmermann, Landwirt,<br />
Bürgermeister und Posthalter in Mauloff.<br />
Otto Frankenbach (Dickersch Otto, Brunnenstraße 2) war Landwirt, Ortsdiener und<br />
Weißbinder.<br />
Otto Seel (Feye Otto, Ringstraße 5) war Landwirt und Hausmetzger.<br />
Otto Eist (Eiste Otto, Ringstraße 7) war Landwirt, von Oktober 1945 bis 1948 Bürgermeister<br />
und hatte eine Art Fuhrunternehmen (hauptsächlich für Holztransporte).<br />
Christian Guckes (Ringstraße 10)war Pensionär (hat seit 1933 in Mauloff gewohnt).<br />
Er war davor Oberbauwart bei der Stadt Frankfurt am Main.<br />
Albert Ott (Schoustersch Albert, Ringstraße 9) war Landwirt. Die Landwirtschaft war<br />
groß. Er war nach Gustav Ott I einige Jahre Ortslandwirt.<br />
Wilhelm Reuter (Vinze Wilhelm, Ringstraße 11) war Landwirt.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Gustav Ott II (Phile Perrersch Gustav, Ringstraße 13) war Landwirt.<br />
Willi Seel (Mehls Willi, Heideweg 1) war zunächst Gemeindesekretär bei Otto Eist und<br />
dann Bürgermeister. Er hatte zusammen mit seiner Ehefrau einen Gemischtwarenladen.<br />
Albert Vollberg (Ringstraße 15) war Landwirt und Schreiner.<br />
Georg Bausch (Bausche Schorch, Seelenberger Weg 2) war Landwirt, Ortsgerichtsschöffe<br />
und Feuerwehrkommandant.<br />
Gustav Ott I war Landwirt (auch Ortslandwirt) und Gemeinderechner, d.h. Kassenverwalter<br />
der Gemeinde Mauloff.<br />
Otto Steinmetz (Michels Otto, Seelenberger Weg 6) (verstorben 1936) war Landwirt<br />
und der erste Feuerwehrkommandant der im Jahre 1932 gegründeten Freiwilligen Feuerwehr<br />
Mauloff. Er war auch vor Heinrich Reuter Haumeister bei der Gemeinde<br />
Mauloff.<br />
Theodor Feger (Butze Thedor, Seelenberger Weg 8) war Landwirt und Maurer.<br />
Karl-Wilhelm Hedwig (Drowe Hewis Wilhelm, Seelenberg Weg 3) war Landwirt und<br />
Maurer.<br />
Willi Ott und Emil Scheid (Gasthaus „Zur Rose“) waren Land- und Gastwirte.<br />
Adolf Scherer und Richard Klapper waren Landwirte. Richard Klapper hat auch<br />
Weißbinderarbeiten ausgeführt.<br />
Rudolf Steinmetz war Landwirt und Hausmetzger.<br />
Wilhelm Hedwig (der Ältere, Ringstraße 19) sowie sein Sohn Wilhelm waren Landwirte<br />
und Maurer.<br />
Wilhelm Mehl war Landwirt<br />
Heinrich Seel (Mehls Heinrich) war Schneider (Landwirt wohl nur im Nebenberuf).<br />
Damit ist meine Aufzählung beendet. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen. Nachträge<br />
sind durchaus erlaubt und wünschenswert.<br />
Somit war in alten Mauloffer Häusern ein einigermaßen Auskommen gesichert.<br />
Dazu kam, dass viele Männer im Winter als Waldarbeiter bei der Gemeinde Mauloff<br />
beschäftigt waren. Wohl auch, weil sie im Winter nicht auf dem Bau arbeiten konnten.<br />
Ausgeschlossen von der Waldarbeit waren mein Vater Emil Sachs, Otto Eist und Albert<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Ott mit der Begründung, die Landwirtschaft sei jeweils groß genug, dass sich die Familien<br />
ohne Zuverdienst ernähren könnten. Ich hoffe, das wurde mir korrekt übermittelt,<br />
bzw. ich habe es damals richtig verstanden<br />
Irene Schlösser<br />
Das Dorfgemeinschaftshaus und seine<br />
Hausmeisterinnen<br />
Als das Dorfgemeinschaftshaus –DGH- im Sommer 1956 eröffnet wurde, bekam Paula<br />
Vollberg (gen. Vinze-Schnaarersch Paula) die Hausmeisterstelle, die sie über sehr viele<br />
Jahre hatte. In den späteren Jahren war sie auch Küsterin für die evangelische Kirche,<br />
bzw. den Gottesdienst, der im DGH gehalten wurde.<br />
Paula Vollberg lebte in ihrem Anwesen Ringstraße 15 (heute Familie Wilde) allein. Ihr<br />
Mann Albert war schon einige Jahre tot. Der Sohn Walter war in Merzhausen und die<br />
Pflegetochter Inge in Steinfischbach verheiratet. Die Landwirtschaft war aufgegeben.<br />
Paula hatte Zeit und das sicher nicht üppige Entgelt, das sie für Tätigkeit bekam, tat ihr<br />
sicher gut. Sie musste ihren Lebensunterhalt von der Witwenrente ihres früh verstorbenen<br />
Mannes bestreiten. Sie war etwa Mitte der 50 er Jahre alt und der Aufgabe sehr gut<br />
gewachsen. Sie „besorgte“ das Haus im wahrsten Sinne des Wortes. Suchte man sie<br />
einmal, war sie in aller Regel im DGH anzutreffen. Sie war auch Leiterin der Wäscherei<br />
und für die Ordnung der Bäder verantwortlich und vor allem zuständig für die Vermietung<br />
des großen Saals und der Küche. Bei den damals vielen Feiern aller Art, hatte sie<br />
in der Küche das Kommando, ein ihr zugestandenes Privileg, an dem man nicht vorbeikam.<br />
Sie hat stets vorneweg gearbeitet, dafür gesorgt, dass alles parat war, wenn die<br />
Gäste kamen und dass nach Ende der Veranstaltungen alles sauber und an seinem Platz<br />
war. Das DGH mit „allem Drum und Dran“ war ihr Lebensinhalt.<br />
Im Grunde ihres Wesens war sie sehr liebenswürdig und zugänglich. Sie konnte aber<br />
auch sehr deutlich (und manchmal nicht immer liebenswürdig) sein, wenn nach ihrer<br />
Auffassung jemand nicht „spurte“ oder die Dinge aus dem Ruder zu laufen schienen.<br />
Viele Jahre vergingen und Paula wurde alt und war irgendwann der Sache nicht mehr<br />
gewachsen. Das konnte oder wollte sie wohl nicht erkennen. Sie fühlte sich auch schon<br />
mal zu Unrecht angegriffen. So wollte man sie seitens der Gemeinde Weilrod in den<br />
Ruhestand versetzen, d.h. sie sollte die Hausmeisterstelle aufgeben. Dieses Ansinnen<br />
hat sie regelrecht auf die Palme gebracht. Sie war nicht bereit, die Schlüssel herauszugeben.<br />
Sie hat niemand an sich herangelassen und einen Mitarbeiter der Gemeinde hat<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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sie deswegen auch von ihrem Grundstück gejagt. Ich selber habe all die Jahre, soweit<br />
es meine Zeit zuließ, immer gerne und gut mit ihr im DGH zusammengearbeitet. Zwischen<br />
uns war ein regelrechtes Vertrauensverhältnis entstanden. Das war im Rathaus<br />
auch bekannt und so habe ich von dem Drama wegen der Schlüssel auch erfahren. Man<br />
war ratlos und fragte mich, wie man wohl an die Schlüssel kommen könne. Da kam mir<br />
ein Zufall zu Hilfe (eigentlich gemein und schamlos). Eines Abends kam Paula zu mir<br />
gerannt mit den Worten: „Du musst unbedingt mit mir ins DGH gehen, man hat mich<br />
dort schon wieder mal beklaut“.<br />
Ich fragte: „Was hat man dir denn diesmal geklaut“?<br />
Paula: „Jetzt sind die Kaffeefilter weg“. Ich wusste, das konnte nicht sein, die Größe<br />
dieser Kaffeefilter war in keinem Haushalt zu gebrauchen.<br />
Natürlich ging ich mit ihr ins DGH. Sie war völlig außer sich. Nach kurzer Inspektion<br />
waren die Kaffeefilter gefunden und Paula beruhigt. Und jetzt begann meine Gemeinheit.<br />
Beim Verlassen des DGH sagte ich zu ihr: „Komm gib mir die Schlüssel, lasse<br />
mich zuschließen“. Das tat sie dann bereitwillig. Ich schloss ab und ließ den Schlüssel<br />
in meiner Kittelschütze verschwinden, was Paula in ihrer Aufregung nicht wahrnahm.<br />
Ich begleitete sie nach Hause, den Schlüsselbund legte ich daheim bei mir in die Schublade.<br />
Am nächsten Morgen (es muss ein Samstag oder Sonntag gewesen sein) stand<br />
Paula bei „guter Zeit“ in voller Aufregung bei mir vor der Tür mit den Worten: „Was<br />
mach ich nur, ich habe gestern Abend den Schlüsselbund verloren?“<br />
„Nein“, sagte ich mit dem Brustton voller Überzeugung, „den hast du mir mitgegeben<br />
und gesagt, du wolltest ihn nicht mehr haben“. Ich gestehe, ich habe in meinem Leben<br />
selten so dreist gelogen. „Jetzt liegt er bei mir in der Schublade (ich zeigte ihr den Platz)<br />
und da lassen wir ihn wohl auch liegen?“ Sie sagte laut und deutlich; „Ja“. Und damit<br />
war ihre Hausmeistertätigkeit beendet.<br />
Der Gemeindeverwaltung habe ich entsprechend berichtet und damit war dieses Kapitel<br />
auch für mich abgeschlossen. Das Ende der Geschichte war sicher für alle Beteiligten<br />
nicht sehr rühmlich, aber daran war nichts mehr zu ändern.<br />
Kurz vor dem Ende ihrer Hausmeistertätigkeit sollte Paula auch die Küsterstelle aufgeben.<br />
Für sie ein weiteres Drama in ihrem Leben. Ob man sie längerfristig vorher davon<br />
informiert hatte, weiß ich nicht. Das ging relativ kurz aber spektakulär über die Bühne<br />
und ich habe diesen Akt miterlebt. Unser damaliger Pfarrer Rauchhaus erklärte ihr den<br />
Sachverhalt nach dem Gottesdienst im DGH (alle außer mir waren bereits gegangen)<br />
und überreichte ihr einen Blumenstrauß. Paula überlegte einen winzigen Augenblick,<br />
nahm den Blumenstrauß und feuerte ihn vor den Augen des völlig verdutzten Pfarrers<br />
mit den Blumen nach unten in den Mülleimer. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Pfarrer<br />
Rauchhaus wortlos und in aller Eile den Ort des Geschehens verlassen. Ich denke,<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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er tat gut daran, ich weiß nicht wozu Paula in dem Augenblick noch imstande gewesen<br />
wäre. Damit war auch das Kapitel der Geschichte beendet.<br />
Nachwort:<br />
Ich selber habe immer von Anfang an gerne mit Paula zusammengearbeitet, auch in der<br />
Zeit, in der sie mit zunehmendem Alter oft schon recht schwierig war. Zugang zu ihr zu<br />
finden, immer wieder, war für mich nicht schwer. Ich glaube, sie hatte mich sehr in ihr<br />
Herz geschlossen. Ich bin für die Zeit mit ihr heute noch dankbar.<br />
Nach Paula Vollberg wurde Mehls Heidel (Adelheid) Seel Hausmeisterin und selbstverständlich<br />
auch Küsterin. Heidel hat ihre Sache in allen Bereichen ebenfalls sehr ernst<br />
genommen und dem Haus und der Sache viel Zeit und Liebe geopfert. Was sie als Entgelt<br />
bekam, war so gering, dass sich je nachdem wie oft und wie lange sie dort sein<br />
musste, oftmals sicher das Hingehen kaum gelohnt hat. Sie ist aber wohl immer gerne<br />
hingegangen. Das Gefühl hatte ich jedenfalls, denn wir beide haben zusammen manche<br />
Stunde im DGH verbracht. Als ihre Kräfte nachließen (sie war schon krank), ohne dass<br />
sie es vielleicht zunächst nicht wahrhaben wollte, gab sie die Hausmeisterstelle auf. Die<br />
Küsterstelle konnte sie durch die Mithilfe von Irma Seel und mir noch eine Weile behalten.<br />
Irgendwann im Jahre …hat sie auch als Küsterin aufgehört. Bei ihrer Verabschiedung<br />
im Rahmen eines kleinen Festgottesdienstes im DGH konnte man sehen, es<br />
war Zeit. Ihr hatte man den Abschied vom Küsterdienst (den sie aufgegeben hatte) und<br />
den Festgottesdienst vorher angekündigt. Sie hat die Veranstaltung dann auch sehr genossen.<br />
Selbstverständlich bekam sie auch einen schönen Blumenstrauß und als Beigabe<br />
einen Umschlag mit einem Geldgeschenk. Wolfgang Haub hat diesen Festgottesdienst<br />
in Bildern festgehalten. Mehr über Heidel zu berichten, erübrigt sich, denn das<br />
Ganze ist noch gar nicht so lange her. Sie ist an den Folgen der Krankheit am 25.08.2006<br />
verstorben.<br />
Irene Schlösser am 26.02.2012<br />
Versorgung von Mauloff mit Gütern und<br />
Lebensmitteln, die nicht aus der Landwirtschaft<br />
gewonnen werden konnten<br />
Zurückgehen will ich dabei bis in die Zeit des 2. Weltkrieges, die war recht bald auch<br />
die Zeit der Lebensmittelkarten. Die waren, soweit ich mich erinnern kann, etwa DIN<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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A 5 groß und aus etwas stabilerem Papier und enthielten Bons (Marken etwa in ¾ der<br />
Größe einer heutigen Briefmarke). Sie enthielten den Aufdruck der jeweiligen Zuteilung,<br />
z.B. Milch, Fett, Butter, Öl, Zucker, Salz Teigwaren usw. und die jeweilige Mengenangaben.<br />
So z.B. 150 g. Butter, 250 g. Mehl, 150 g. Teigwaren usw. Als die Lebensmittel<br />
knapp und knapper wurden, gab es auch bald 50 g.-Bons.<br />
Die Lebensmittelmarken waren auch unterteilt in Kleinkinder und Alte, Kranke und<br />
Schwerstarbeiter. Ihnen standen Sonderrationen zu. Den Gemischtwarenladen betrieb<br />
Greta Steinmetz neben der Landwirtschaft. Wenn man einkaufen wollte, musste man<br />
die Mittagszeit abpassen, den Abend oder Sonntagvormittag. Feste Gefäße, z.B. Flaschen<br />
waren mitzubringen. Papiertüten gab es zunächst noch. Später brachte man die<br />
am besten wieder mit. Sie wurden, weil immer knapper, sauber geleert und ordentlich<br />
gefaltet mit der Aufschrift z.B. Zucker, Salz, Mehl usw. versehen und lange benutzt, bis<br />
sie ihren Geist aufgaben. In Gretas Krämerladen gab es auch andere Dinge wie z.B.<br />
Petroleum, Streichhölzer, Fliegenfänger; halt einfach alles, was in einem Haushalt üblich<br />
war. Brot- und Toilettenpapier gab es zu dieser Zeit in Mauloff nicht. Es wurde die<br />
Zeitung genommen.<br />
Die Lebensmittelbons waren untereinander austauschbar, wer z.B. einen Butterbon<br />
nicht brauchte, konnte gegen Zucker, Teigwaren oder Sonstiges tauschen.<br />
Nicht benötigte Bons wurden auch schon mal weitergegeben, was nicht sein sollte. Dafür<br />
musste man dem Empfänger seine eigenen Lebensmittelkarten komplett mitgeben,<br />
vorher abgeschnittene wurden nicht genommen. Bald wurden die Lebensmittel in ganz<br />
Deutschland knapper und zum Schluss nutzten auch die Lebensmittelkarten nichts<br />
mehr. Auf dem Land war das noch einigermaßen zu ertragen, in der Stadt bald nicht<br />
mehr.<br />
Wegen der allgemeinen Lebensmittelknappheit fingen bald die Viehzählungen an. Ein<br />
Kontrolleur ging durch die Bauernhöfe, zählte Hühner, Schweine, Kühe, Kälber, Schafe<br />
usw., um den Bedarf der einzelnen Familien pro Kopf zu ermitteln. Alles was darüber<br />
hinausging, musste abgeliefert werden.<br />
Die Kunde von den Viehzählern war natürlich bald rund im Dorf und hier und da auch<br />
schon mal ein Ferkel in einem Sack oder einige Hühner in einer Kiste verschwunden<br />
und in der Scheune versteckt, denn die Kontrolleure waren in der Regel Bauern. Die<br />
hätten sicher Verdacht geschöpft, wenn von fünf Kühen in dem Jahr (die Viehzählung<br />
fand jährlich statt) nur zwei oder drei gekalbt hätten. Dass eine Kuh mal nicht trächtig<br />
wurde, konnte man vielleicht noch vorbringen. Dann begann das Schwarzschlachten.<br />
Das war unter strengsten Strafen (mit Zuchthaus) verboten. Ein Huhn konnte man schon<br />
einmal in die Suppe hauen, die Glucke brütete hoffentlich wieder, ein Schwein oder<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Kalb schwarz zu schlachten, war nur unter Lebensgefahr möglich. Das fand, wenn überhaupt,<br />
nachts statt, denn Schweine quiekten und Kälber brüllten. Die Blutspuren mussten<br />
rückstandslos beseitigt werden. Wenn das eine oder andere Hoftor einmal drei Tage<br />
nicht aufgemacht wurde oder man drei Tage keinen Besuch wollte, war man sofort verdächtigt.<br />
Da wird bestimmt geschlachtet, hieß es im ganzen Dorf. Es konnte auch passieren,<br />
dass der Anfangsverdacht von irgendjemand, der einem nicht ganz grün war,<br />
angezeigt wurde. Dann kam der Übeltäter ganz schnell und sehr heftig in Erklärungsnot.<br />
Verboten war auch sehr schnell, Butter herzustellen. Alle Milchzentrifugen-Trommeln<br />
(die Milch musste bis auf den Eigenbedarf abgeliefert werden) wurden eingezogen. Da<br />
konnte man sich besonders im Winter einigermaßen helfen, indem man den Rahm von<br />
der Milch abschöpfte, ihn sammelte und begann „Butter zu stoßen“. Die Butterfässer<br />
waren wohl überall noch vorhanden und manche Hausfrau war abends oder sonntags<br />
über einen langen Zeitraum unsichtbar. Erwischen lassen durfte man sich beim Butterstoßen<br />
auch nicht, das machte auch Geräusche, da ist wohl so manches Sofakissen<br />
zweckentfremdet worden.<br />
Die Bauern bekamen für ihre abzuliefernden Naturalien Geld, für 1 Ei z.B. 9 Pfennige<br />
(das weiß ich genau). Wieviel es für die anderen Produkte gab, weiß ich nicht. Man<br />
konnte aber für das Geld so gut wie nichts mehr kaufen. Der freie Markt war total lahm<br />
gelegt und es gab für alles Bezugsscheine, z.B. Schuhe, Kleider oder Schürzen, sogar<br />
für Seife. Das alles nutzte aber nichts, es war keine Ware vorhanden. Das Wenige was<br />
noch produziert werden konnte, wurde für die Wehrmacht gebraucht.<br />
1945 war der Krieg zu Ende, die Währungsreform 1948 überstanden und die Lebensmittelkarten<br />
und Bezugsscheine waren abgeschafft. Ein relativ normales Leben begann.<br />
Wir hatten am Tag der Währungsreform die erste Deutsche Mark (DM), das sogenannte<br />
Kopfgeld und das waren pro Person 40 DM.<br />
Erstaunlich war, am nächsten Tag waren die Läden wieder voll mit Waren. Ich erinnere<br />
mich genau an einen Eisenwarenhändler aus einem etwas entfernten Nachbardorf bei<br />
dem man bis dahin nur mit großer Mühe ein paar Notringe oder eine Handvoll Nägel<br />
bekommen konnte. Das Schaufenster und der Laden waren voll. Öfen, Rohre, Viehketten,<br />
Pflugscharen – alles war zu haben. Der Mann hatte, als der Krieg zu Ende war, gut<br />
vorgesorgt.<br />
Aber nun wieder speziell zurück nach Mauloff. Zu jedem Haus gehörte seit eh und je<br />
ein Garten und ein Bohnenland. Im Garten wurde das angebaut, was man für das tägliche<br />
Essen brauchte, auf dem Bohnenland z.B. Bohnen, Erbsen und alle Dinge, die wenig<br />
Pflege und Wasser brauchten. Das Bohnenland war eine kleine Parzelle (oft nicht größer<br />
als die Küche oder das Wohnzimmer), die man den umliegenden Wiesen abgewonnen<br />
hatte. Es wurde notwendig gebraucht. In der Küche verarbeitet wurden (speziell im<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Frühjahr) Brennnessel, Löwenzahn, Sauerampfer und ein Gewächs, Wiesenkiel genannt.<br />
Wie der botanische Name ist, weiß ich nicht. Es ist aber vergleichbar (in aller<br />
Freiheit) mit dem heute gebräuchlichen Mangold. Dieser Wiesenkiel wuchs ausschließlich<br />
wild nur an einer ganz bestimmten Stelle in den Mauloffer Wiesen. Man war bestrebt,<br />
jede Woche wenigstens einmal eine Portion davon nach Hause zu bringen. Das<br />
man dabei auf den Wiesen dem Grundbesitzer das Futter zertrampelte, wurde in Kauf<br />
genommen.<br />
Obst war ausreichend vorhanden, Äpfel, Birnen, Pflaumen und Kirschen. Man kannte<br />
besonders auch die Frühsorten, die oft anderen Leuten gehörten. Beliebt war der Haferapfelbaum<br />
von Nelle /Scherers. Der Baum stand direkt an der Straße nach Finsternthal,<br />
die Äpfel waren reif zur Haferernte und jeder der vorbeiging versuchte, wenigstens<br />
einen davon zu erwischen. Den besten Birnbaum in der ganzen Gemarkung<br />
hatte Gustav Bachon in der „Hohl“, das ist an der Straße nach Riedelbach rechts. Etwa<br />
dort, wo heute die erste Wiese beginnt. Wurde man beim Äpfel- oder Birnenklauen<br />
erwischt, war man in der Regel übel dran. Ich gestehe, auch ich habe es immer wieder<br />
versucht, denn Mundraub war nicht strafbar. Wenn aber die Taschen untersucht wurden,<br />
dann wurde die Sache enger! Es soll auch vorgekommen sein, dass der eine oder<br />
andere Baumbesitzer morgens nur noch einen Rest des Obstes vorfand, dann gab es<br />
richtig Ärger, wenn der Dieb erwischt wurde oder es Zeugen gab. In Mauloff hatte die<br />
Nacht (wie auch heute noch) Augen und Ohren. Bereits vor dem Krieg gab es Zulieferer<br />
besonders für Fleisch, Wurst, Brot und Mineralwasser. Der erste Metzger, an den ich<br />
mich erinnern kann, war der „Seelenberger Schaa“. Der war aus Seelenberg und hieß<br />
Jean Brendel. Er kam regelmäßig Samstagmittag mit dem Henkelkorb und brachte die<br />
bestellte (soweit verfügbar) Ware in die Häuser. Er hatte feste Kundschaft in Mauloff,<br />
zu der auch Christian Guckes (unser Onkel Christian) gehörte und Onkel gelang es immer,<br />
etwas „fürs Kind“ (das war ich) zu ergattern, Meist war es ein Stück Fleischwurst.<br />
Ob er dafür auch mal eine Fleischmarke geopfert hat, weiß ich nicht. Der Bäcker, der<br />
lange Jahre allein ins Dorf kam, war der „Bäcker Hermann“ (Hermann Enders) aus<br />
Steinfischbach. Der hatte mindestens ab dem Jahre 1943 ein Auto und lieferte u.a. auch<br />
bei Familie Guckes. Dort habe ich ihn erlebt. Er hatte auch in der Regel Brötchen und<br />
Weißbrot auf Bestellung dabei. Dann kam noch der „Kronberger Wilhelm“ (Wilhelm<br />
Schmidt aus Kronberg). Er lieferte Selterswasser ins Dorf. Ob das Selterswasser immer<br />
aus Selters an der Lahn kam, weiß ich nicht mehr. Im Haus Guckes war aber immer<br />
Wasser „fürs Kind“ vorrätig. Irgendwann kam auch „Schütze Willi“ ins Dorf, um<br />
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Fleisch und Wurst zu liefern. Er war Metzger in Camberg und hieß Willi Schütz. Dasselbe<br />
galt auch für Wilhelm Heberling (genannt der Riedelbacher Bäcker). Er war Bäcker<br />
in Riedelbach und ging nicht mehr in die Häuser. Man ging jetzt zum Bäckerauto,<br />
das zu bestimmten Zeiten an festen Plätzen hielt. Mit einer Schelle wurden die Kunden<br />
aufmerksam gemacht. Verpasste man den Bäcker, war man schlecht dran. Ein Fußmarsch<br />
nach Riedelbach war dann unumgänglich.<br />
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Jean Brendel hat seine Lieferungen nach Mauloff aus Altersgründen eingestellt. Der<br />
Nachfolger von Hermann Enders war sein Sohn Karlheinz (Jahrgang 1937), der das<br />
Geschäft bis zu einer Erkrankung weiterführte. Der Nachfolger von Wilhelm Heberling<br />
war sein Sohn Frank, der das Geschäft später aufgab und in einer größeren Bäckerei<br />
arbeitete. Der Sohn von Willi Schütz war Edgar Schütz, der bis in die „Neuzeit“ Fleisch<br />
und Wurst nach Mauloff brachte.<br />
Uns mit Brot, Kuchen und Fleisch und Wurst zu versorgen, fiel dann nicht mehr sehr<br />
schwer. In jedem Haus gab es bald ein Auto und man konnte sich alles, was nötig war<br />
von außerhalb mitbringen.<br />
Den Krämerladen (Gemischtwaren) von Greta Steinmetz haben (in welchem Jahr<br />
weiß ich nicht mehr) Willi und Hildegard Seel übernommen. Das Sortiment war umfangreich.<br />
Man konnte vom Schuhband über Mehl, Milch, Zeitungen, Ansichtskarten<br />
und Sonstiges alles kaufen, was man so brauchte. Irgendwann gab es sogar eine<br />
Eistruhe. Rentiert hat sich der Laden über viele Jahre auch durch die Gäste des Familienferiendorfes,<br />
die sich stets länger im Dorf aufhielten. In der Regel 2 bis 3 Wochen.<br />
Besonders gut besucht war der Laden stets am Samstagmorgen, da gab es oft regelrechte<br />
Stoßzeiten. Dort traf man sich, um alle Neuigkeiten und wichtigen Dinge auszutauschen.<br />
Mit Sicherheit ist dabei auch manches Gerücht entstanden. Egal, man redete<br />
auf jeden Fall miteinander und auch über den / die anderen. Ich bin überzeugt,<br />
letzteres findet in Mauloff heute nirgends und in keinem Fall mehr statt!!??<br />
Aufgegeben hat Hildegard den Laden kurz bevor der Euro kam. Die Umstellung wollte<br />
sie sich (inzwischen war sie fast 80 Jahre alt) nicht mehr antun. Dazu beigetragen hat<br />
auch eine Unlust, die sich dadurch einstellte, dass viele Mauloffer nur noch hingingen,<br />
um Dinge zu kaufen, die sie außerhalb vergessen hatten und sich dann beklagten, wenn<br />
Hildegard genau diesen Artikel nicht vorrätig hatte.<br />
So fing in Mauloff plötzlich ein Rückschritt in alte Zeiten an. Die Post war schon vorher<br />
aufgelöst, der Krämerladen weg und vor nicht allzu langer Zeit wurde auch die fahrbare<br />
Bank-Zweigstelle eingestellt.<br />
Die Post wird uns seit einiger Zeit ins Haus gebracht, Arzneimittel zugestellt durch einen<br />
Botendienst. Einkaufen kann man in Mauloff selbst überhaupt nicht mehr – doch,<br />
am Sonntag die Bildzeitung.<br />
Irene Schlösser, am 01.03.2012<br />
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Die Strukturierungen des dörflichen Lebens, der<br />
Landwirtschaft und des Zusammenlebens in den<br />
Dörfern (auch in Mauloff)<br />
Die weiter zurückliegende Zeit hier zu beschreiben, erübrigt sich für mich, dazu wäre<br />
ich keinesfalls imstande. Ich verweise auf das Buch von Kaethner aus dem Jahre 1987<br />
„Weilrod-die Geschichte von 13 Taunusdörfern“. Dort sind von Seite 371 bis Seite 424<br />
diese Dinge recht ausführlich beschrieben. Viele der geschilderten Abläufe kenne ich<br />
gut aus meiner Kinder- und Jugendzeit. Der auf Seite 415 gezeigte Bauernwagen war<br />
im Besitz der Familie Albert Ott in Mauloff. Dieser Wagen zeigte den Beginn einer<br />
neuen Epoche an. Die bis dahin gebräuchliche Deichsel zum Anspannen der Kühe war<br />
abmontiert. Sie war ersetzt durch eine Anhängerkupplung für den Traktor! Besonders<br />
hinweisen möchte ich auf den Schlusssatz des Kapitels Landwirtschaft auf Seite 376, in<br />
dem es wörtlich heißt: „Mit dem Aufhören der kleinbäuerlichen Landwirtschaft haben<br />
unsere Dörfer ein anderes Gesicht bekommen, ob es ein schöneres ist, mag der Leser<br />
entscheiden“.<br />
Mit dem Aufhören der kleinbäuerlichen Landwirtschaft will ich meine persönlichen Erinnerungen<br />
an Mauloff beginnen. Um das Jahr 1960 herum wurde vom Land Hessen<br />
die Flurbereinigung (auch Konsolidierung genannt) angestoßen. Eine große Maßnahme,<br />
der sich auch die Gemeinde Mauloff anschloss. Dadurch kam wieder einmal richtig<br />
Unruhe ins Dorf. Zunächst die Fragen: Wie geht das? Wer soll das bezahlen? Wieviel<br />
bleibt vom ursprünglichen Grundbesitz übrig?<br />
Folgendes war recht schnell klar, die Sache kostet Geld und jeder Bauer musste einen<br />
bestimmten Prozentsatz seines Landes für den Feldwegebau hergeben. Der Ansatz berechnete<br />
sich aus der Flächengröße. Durchgeführt wurde die Maßnahme durch das Kulturamt<br />
Gießen. Von diesem Amt kamen bald drei oder mehr Leute ins Dorf – die Landvermesser.<br />
Der Leiter war ein Mann namens Hajenski. Zunächst wurde der Ist-Bestand,<br />
d.h. der vorhandene Grenzverlauf, die Größe der Grundstücke festgestellt und protokolliert.<br />
Gleichzeitig wurde der Ertragswert der einzelnen Grundstücke aufgrund der Bodenbeschaffenheit<br />
ermittelt und festgehalten. Der Ertragswert war allgemein in<br />
Deutschland in sogenannte Bodenklassen eingeteilt. Soweit ich mich erinnere waren die<br />
von 1 (beste) bis 20 (geringste). Die beste Klasse, die in Mauloff ermittelt wurde, war<br />
wohl 16. Bei dem einen oder anderen Land kam auch 20 heraus. Wir alle wussten, die<br />
Ertragslage in Mauloff war gering wegen der Bodenbeschaffenheit, der Höhenlage und<br />
der vielen Feuchtstellen, starke Hanglagen und Bewuchs. Wer von den Bauern bei der<br />
Bewertung dabei sein wollte, konnte das. Ob wirklich jemand von dieser Möglichkeit<br />
Gebrauch gemacht hat, weiß ich nicht.<br />
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Bald war auch die Finanzierungsfrage geklärt. Aufgrund der Höhenlage und der Klimaverhältnisse<br />
wurde die Gemarkung Mauloff als „Landwirtschaftliches Notstandsgebiet“<br />
deklariert. Dadurch wurde das ganze Projekt relativ hoch vom Staat –wohl um<br />
90%- bezuschusst. Die verbleibenden Beträge, die sich aus den Betriebsgrößen ergaben,<br />
waren für fast alle trotzdem eine harte Nuss. Ratenzahlungen wurden eingeräumt und<br />
die Beträge genau per Vertrag und mit einem Eintrag ins Grundbuch gesichert. So<br />
lastete bis zum Abtrag der Restschuld auf jedem landwirtschaftlichen Betrieb eine Hypothek.<br />
Das war unangenehm, aber unvermeidlich. Ich kenne kein Haus in Mauloff, das<br />
die entstandenen Kosten in einem Rutsch bezahlen konnte. Aufpassen musste man höllisch,<br />
dass man die fixen Zahlungstermine nicht übersah. Einige Tage später stand dann<br />
der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Der soll in Mauloff hin und wieder einmal gesehen<br />
worden sein.<br />
Nachdem das Land neu vermessen war, ging die Aufteilung los – und oh Wunder, in<br />
Mauloff hatten alle Bauern vorher ausnahmslos nur ganz gute oder die besten Grundstücke.<br />
Die ganz nassen Stücke, das Unland, die Heckenstücke hatten plötzlich keinem<br />
gehört. Ich war bei der Landverteilung dabei. Einen solchen Tumult hatte es in Mauloff<br />
lange nicht gegeben. Wer mehr erfahren möchte, sollte meinen Bruder befragen. Er hat<br />
das noch weit besser in Erinnerung als ich. Fast alle waren beschissen worden. Am<br />
besten erinnere ich mich dabei an Erich Ott (Sohn von Albert Ott). Der Arme war nach<br />
seiner Aussage von allen am meisten beschissen worden. Diese angebliche Tatsache hat<br />
er jahrelang herumgetragen. Ob er jemals ganz damit fertig wurde, weiß ich nicht.<br />
Wer wollte, konnte Ackerland im Zuge der Maßnahme gegen Bauland eintauschen. So<br />
entstand das Neubaugebiet unterhalb des Friedhofes. Bevorzugt wurden zunächst alle,<br />
die in diesem Bereich Ackerland hatten. Andere konnten, wenn sie wollten, ebenfalls<br />
tauschen –Äcker egal wo – gegen Bauplatz. In diesem Zusammenhang wurde auch der<br />
eine und andere kleine Bauernhof aufgelöst. Anstatt sich auf dem verbleibenden Land<br />
mühsam herumzuquälen, tauschte man komplett ein und nahm dafür so viel Bauland,<br />
wie sich aus diesem Tausch ergab. In keinem Fall wurde 1:1 umgerechnet. Das Ergebnis<br />
wurde aus den Wertverhältnissen ermittelt. So richtig draufgelegt hat bei dieser Aktion<br />
wohl keiner. Irgendwann hatten sich fast alle im Dorf wieder beruhigt.<br />
Die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen wurde wesentlich einfacher.<br />
Durch die jetzt für Mauloff relativ großen Parzellen fiel ein ganzer Teil der Wegeparzellen<br />
weg – und mancher Streit fand nicht mehr statt, denn die Grenzsteine waren überall<br />
für jeden sichtbar angebracht und durch die breiten Wirtschaftswege brauchte keiner<br />
mehr über das Nachbargrundstück fahren. Im Dorf war mehr oder weniger Ruhe.<br />
Im Zusammenhang mit dem Kapitel Strukturierungen und den an anderer Stelle genannten<br />
Bürgermeister von Mauloff will ich – vordergründig zu meiner eigenen Freude<br />
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– vielleicht als Belustigung anderer unbedingt auf die Entstehung des Ortsnamens<br />
Mauloff hinweisen.<br />
Zunächst der ernsthafte Teil: In dem Buch von Kaethners „Weilrod-die Geschichte von<br />
13 Taunusdörfern“ ist ab Seite 209 unter der Überschrift „Mauloff das alte Dorf“ der<br />
ganze Ablauf der tatsächlichen Geschichte aufgezeichnet und dazu das heute noch gültige<br />
Ortswappen. Auf Seite 210 sind auch die ersten für Mauloff aufgezeichneten Einwohner<br />
genannt. Auf Seite 435 desselben Buches habe ich unter dem Titel „Der Dorf<br />
Name“ ein wunderschönes Gedicht unter dem Titel „Des Dörfchens Name“ gefunden,<br />
dessen Verfasser nicht genannt ist. Ich konnte ihn auch im Anhang zu dem Buch nicht<br />
finden, vielleicht habe ich doch nicht genau genug nachgesehen??<br />
In dem Buch „Geliebtes Usinger Land“ –Geschichten und Erzählungen unserer Heimat,<br />
bearbeitet und herausgegeben von Klaus Wagner, gedruckt 1982 im Walkmühlenverlag<br />
Usingen findet man auf Seite 200 dasselbe Thema abgehandelt – nur in etwas anderer<br />
Form. Der Inhalt dieser Veröffentlichung war im Dritten Reich in dem damaligen<br />
„Großdeutschen Lesebuch“ abgedruckt unter Überschrift „Die Lügengeschichte von<br />
Mauloff“. Das weiß ich bestimmt, denn ich habe die Geschichte in diesem Lesebuch<br />
selbst gelesen.<br />
Vielleicht ist Mauloff dadurch zum ersten Mal in ganz Deutschland bekannt geworden?<br />
Diese Frage bleibt sicher für immer offen?! Ich weiß die Antwort ganz bestimmt nicht.<br />
Irene Schlösser am 02.03.2012<br />
Das Familienferiendorf Mauloff –<br />
genannt auch Landheim<br />
Das genaue Jahr, in dem mit dem Bau des Landheims begonnen wurde, kann ich nicht<br />
bestimmen. Es lag auf jeden Fall zwischen dem Bauende des Dorfgemeinschaftshauses<br />
und dem Beginn der Flurbereinigung, wie sich aus meinen nachfolgenden Aufzeichnungen<br />
zweifelsfrei ergibt. Ein Großteil des gesamten Areals bestand aus vielen kleinen<br />
Parzellen (Äcker, Grünland, Baumbestände), die vielen verschiedenen Besitzern gehörten.<br />
Den Anstoß soll wohl der Frankfurter Pfarrer Max Vollmer gegeben haben. Ihm sei bei<br />
einem Besuch in Mauloff beim Blick vom Waldrand oberhalb des Seefelds die Idee<br />
dazu gekommen. Max Vollmer hatte später ein Haus im Seelenberger Weg gebaut und<br />
bewohnt. Diese Idee bei unserem Bürgermeister Willi Seel unterzubringen, dürfte nicht<br />
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schwer gefallen sein. Wie die Vorplanungen abliefen, weiß ich nicht. Irgendwann kam<br />
der Plan im Dorf rum – und wieder einmal schieden sich im Dorf die Geister. Die einen<br />
fanden ihn gut, andere wollten partout keine Fremden im Dorf haben. Irgendwann kamen<br />
Leute der Epiphanias Gemeinde aus Frankfurt nach Mauloff und die Verhandlungen<br />
begannen. Ein Preisangebot für die Grundstücke wurde gemacht. Für den 1. Bauabschnitt<br />
wurden 3 DM pro qm gezahlt.<br />
Abgeben wollten zunächst nicht alle Grundbesitzer. Das Geld lockte zwar, aber man<br />
war sich auch darüber im Klaren, ein Stück Land kann man nur einmal verkaufen. Die<br />
Verhandlungen waren schwierig. Es wurde von den Kaufinteressenten bald der Begriff<br />
„Bauerwartungsland“ ins Gespräch gebracht. In der gar nicht so lange zurückliegenden<br />
Zeit wurde sogar behauptet, man habe mit Enteignung gedroht und die Nachkommen<br />
einer Mauloffer Familie behaupten sogar, ihre Eltern seien enteignet worden. Von einer<br />
Enteignung oder der Durchführung einer solchen Maßnahme habe ich in Mauloff nie<br />
etwas erfahren. Letztendlich hatten alle verkauft (nebenbei: von dem Geld kamen die<br />
ersten Traktoren ins Dorf), man fing an zu bauen. Zunächst vom Dorf gesehen links<br />
oberhalb der Straße das Epiphaniashaus, dann weiter links die Bungalows, das<br />
Schwimmbad, dann das Verwalterhaus und zuletzt der Sportplatz. Später wurde das<br />
Gelände links vom Heideweg dazugekauft und dort wurden fünf Bungalows errichtet.<br />
Nach und nach gab es immer mehr Betrieb in Mauloff. In Spitzenzeiten waren mehr<br />
Landheimer –so wurden die Feriengäste in Mauloff genannt- im Dorf als Einheimische,<br />
was nicht immer zur Begeisterung der Dorfbevölkerung führte. Auf der anderen Seite<br />
war man im Dorf auch nicht böse darüber, denn einige (hauptsächlich Frauen) fanden<br />
dort Beschäftigung, die sie bis zum Eintritt in das Rentenalter ausüben konnten.<br />
Die Landheimer brachten auch ein wenig Geld ins Dorf. Besonders die beiden Gaststätten<br />
und der Gemischtwarenladen von Willi und Hildegard Seel profitierten davon. Am<br />
Anfang war auch der eine oder andere Bauer nicht böse, wenn er Kartoffeln, Milch,<br />
Eier, Gemüse usw. liefern konnte. Das Landheim hatte mit der Zeit immer mehr Gäste,<br />
der Bedarf an Naturalien konnte von den einheimischen Bauern nicht mehr gedeckt<br />
werden. Man bezog diese Dinge dann von außerhalb. Wie viele Gäste insgesamt untergebracht<br />
werden konnten, weiß ich nicht, schätze aber so 250. Manchmal sollten es bis<br />
zu 300 gewesen sein. Zunächst war das Ganze konzipiert für Familien mit mehreren<br />
Kindern, wo die Eltern kein übermäßiges Einkommen hatten. Für diese Klientel wurde<br />
der Aufenthalt (in der Regel 2 bis 3 Wochen) von kirchlichen Organisationen bezuschusst.<br />
Im Laufe der Jahre wurden die Zuschüsse gekürzt. Dadurch und durch Preiserhöhungen<br />
wurde der Aufenthalt teurer. Dazu kam der Wandel in den Urlaubsgewohnheiten.<br />
Durch günstige Flug- und Pauschalreisen konnten Menschen, die bisher für einen<br />
Aufenthalt in Mauloff dankbar waren, andere Reiseziele, wie z.B. Italien buchen.<br />
Und wer schon mehrfach in Mauloff war, wollte auch mal was anderes sehen. Zum<br />
Schluss war das Landheim nur noch spärlich belegt, hauptsächlich über Feiertage von<br />
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Senioren- oder Behindertengruppen. Eine Rentabilität war dadurch nicht mehr gegeben.<br />
Eine Anlage in dieser Größe muss über das Jahr verteilt mindestens 220 bis 230 Tage<br />
voll ausgelastet sein, sonst ist das ein Geschäft zum „Drauflegen“. Immer wieder waren<br />
ganz interessante Gruppen in Mauloff, alle Hautfarben waren vertreten, von weiß, gelb,<br />
kaffeebraun bis schwarz. Besonders erinnere ich mich an eine Gruppe aus Südamerika<br />
mit dunkelbrauner Haut, die Frauen mit langen schwarzen Zöpfen und recht bunten Gewändern<br />
und einer schwarzen Melone (Hut) auf dem Kopf.<br />
Der Träger der Anlage war zunächst die Epiphanias Gemeinde aus Frankfurt, die ging<br />
in den Evangelischen Regionalverband Frankfurt über. Das Ganze war zuletzt mehrere<br />
Jahre unter dem Dach des Evangelischen Regionalverbandes untergebracht. Nicht nur<br />
evangelische Christen zählten zu den Gästen. Voraussetzung für den Aufenthalt war in<br />
den letzten Jahren ausschließlich die Zugehörigkeit zu einer christlichen Religion.<br />
Das Landheim war in Mauloff immer umstritten. Die Gäste benahmen sich zum Teil<br />
immer wieder mal daneben. Besonders junge Leute und Heranwachsende, aber bald<br />
stellte sich heraus, dass es in Mauloff aber auch Trittbrettfahrer gab. Alles, aber auch<br />
wirklich alles Negative, welches in Mauloff passierte, wurde grundsätzlich den „Landheimern“<br />
in die Schuhe geschoben. Dabei haben manche Mauloffer Eltern zum Schutz<br />
ihrer Kinder fleißig mitgeholfen.<br />
Die Anlage wurde durch den Gästeschwund immer unrentabler und sie wurde dann geschlossen.<br />
Eine Zeit später stand sie zum Verkauf und das rief in Mauloff allerhöchste<br />
Empörung hervor. „Die Kirche“ könne mit Geld nicht umgehen und „der Laden sei mit<br />
Vorsatz heruntergewirtschaftet“ worden. Eine Mauloffer Familie wollte sogar noch<br />
Geld haben für das Land, das den Eltern –die schon seit Jahrzehnten unter der Erde<br />
liegen- 50 Jahre vorher durch die „Enteignung“ verlorengegangen sei. Irgendwie hatte<br />
ich das Gefühl, einige Mauloffer hätten eine Klatsche mit dem nassen Handtuch bekommen.<br />
Heute ist das gesamte Areal verkauft und neu aufgeteilt und Mauloff hat einige neue<br />
Einwohner mehr.<br />
Für mich steht unumstößlich fest, dass Mauloff durch das Landheim weltweit - zumindest<br />
bis nach Südamerika - bekannt geworden ist.<br />
Irene Schlösser am 04.03.2012<br />
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Das Mauloffer Dorfgemeinschaftshaus –DGH<br />
Durch verschiedene Unterhaltungen über teilweise nicht sehr schöne Begebenheiten in<br />
Mauloff bin ich zu dem Schluss gekommen, dass man Dinge, die man sich vorgenommen<br />
hat, am besten gleich anpackt. Keiner von uns weiß, ob und wieviel Zeit dafür<br />
bleibt oder ob man eines Tages die Kraft dafür noch hat.<br />
So will ich heute ein weiteres Kapitel aus meinen Mauloffer Erinnerungen beginnen:<br />
Angefangen hat das Ganze mit einem sehr starken Windwurf im Winter 1954. Der<br />
ganze fast schlagreife Fichtenbestand in der Gemarkung „Zwölf Morgen“ war einem<br />
Sturm zum Opfer gefallen. Was von diesem Vermögen der Gemeinde Mauloff übriggeblieben<br />
war, könnten z.B. Erwin Reuter, Werner Feger oder mein Bruder näher beschreiben.<br />
Man machte sich an die Arbeit und Holz wurde aufgearbeitet und verkauft.<br />
Das brachte trotz allem einen nicht unerheblichen Geldbetrag in die Gemeindekasse.<br />
Dann tauchte die Frage auf, was machen wir mit dem Geld? Aus Erzählungen weiß ich,<br />
dass man in der damaligen Gemeindevertretung sehr unterschiedlicher Meinung war.<br />
Es gab die Meinung, das Geld auf ein Sperrkonto zu legen oder es 99 Jahre festzulegen.<br />
Einig wurde man sich doch wohl nicht. Inzwischen war durch das Land Hessen eine<br />
Aktion „Hessen vorn“ angelaufen und es wurden Fördermittel ausgeschüttet, unter anderem<br />
auch für den Bau von sogenannten Dorfgemeinschaftshäusern, durch die besonders<br />
kleine Dörfer die oft fehlenden Mittelpunkte erhalten sollten. Darüber hinaus wurden<br />
auch gesellschaftliche und soziale Einrichtungen geschaffen. Unser recht cleverer<br />
Bürgermeister Willi Seel hatte wohl auch Kenntnis davon, und er überzeugte die Gemeindevertreter<br />
in seiner manchmal sehr nachdrücklichen Art davon, dass Mauloff auch<br />
ein Dorfgemeinschaftshaus brauchte. Man hatte ja das Geld aus dem Windbruch und<br />
Fördermittel gab es auch. Die Höhe ist mir allerdings nicht bekannt. So war das Projekt<br />
DGH geboren. Ein geeigneter Platz war auch schnell gefunden. Wie die Planungen dann<br />
im Einzelnen weitergingen, weiß ich nicht. Als Architekt wurde Ernst Kutt aus Usingen<br />
ausgewählt. Die Rohbauarbeiten wurden an die Firma Konrad Ohly aus Grävenwiesbach<br />
vergeben. Das hatte auch den Nebeneffekt, dass einige Mauloffer Bauarbeiter, die<br />
bei der Firma Ohly beschäftigt waren, ihren Arbeitsplatz einmal direkt vor der Haustür<br />
hatten. Wer die anderen Gewerke wie z.B. Zimmermann, Schreiner, Elektroarbeiten<br />
ausgeführt hat, weiß ich nicht. Es entstand für Mauloffer Verhältnisse ein recht ansehnlicher<br />
Bau, um den uns später schon die eine oder andere Nachbargemeinde beneidet<br />
hat.<br />
Untergebracht waren im Erdgeschoss die Wäscherei, eine Gemeinschaftsgefrieranlage<br />
mit 24 Gefriertruhen und eine Bäderabteilung, getrennt nach Männlein und Weiblein,<br />
mit Badewannen und je einer Dusche und Toilette. Nebenan in einem völlig separaten<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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„Vinze-Schnarerrsch“ Paula Vollberg<br />
Raum war und ist die Feuerwehr untergebracht. Im 1. Obergeschoss befindet sich noch<br />
heute ein großer Gemeinschaftsraum, der durch eine Schiebetür abzutrennen ist, in dem<br />
man bei entsprechender Einteilung mit Tischen und Stühlen versehen locker 80 Personen<br />
unterbringen kann. Daneben befand sich sie Küche (für damalige Verhältnisse sehr<br />
komfortabel ausgestattet) mit Geschirr, Besteck, Warmwasser über der Spüle (5 Liter<br />
Behälter) usw. ausgestattet für 100 Personen. Neben der Küche befand sich der Waschraum<br />
für den Kindergarten. Dort war und ist auch heute noch der Notausgang Dazu gab<br />
und gibt es heute noch die Toilettenanlage.<br />
Im 2. Obergeschoss befinden sich bis heute die Hausmeisterwohnung und daneben ein<br />
Jugendraum, in dem auch eine kleine Bibliothek untergebracht war, sowie ein Sanitätsraum<br />
für medizinische Notfälle. Warum man diesen unter dem Dach, 2 Treppen hoch,<br />
untergebracht hat, kann ich nicht sagen.<br />
Oberhalb der Feuerwehr war die Wohnung der Gemeindeschwester mit separatem Eingang.<br />
Diese Schwesterstation war über Jahre besetzt. Sie hat auch den Kindergarten<br />
betreut, der sich in dem hinteren durch die Schiebetür abgetrennten Teil des großen<br />
Saals befand.<br />
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An einem Sonntag im Sommer 1956 war auch in Mauloff die Neuzeit angebrochen. Die<br />
Einweihung wurde ganz groß gefeiert. Alle Mauloffer waren anwesend und viele geladene<br />
Gäste, der Landtagspräsident Heinrich Zinnkann, der Landrat und einige Bürgermeister<br />
aus den Nachbargemeinden (so z.B. Otto Rohrbach aus Finsternthal, Albert<br />
Bachon aus Reichenbach und Gustav Ott aus Steinfischbach).<br />
Zur Zeit der Einweihung war ich 19 Jahre alt und kann mich noch ganz gut erinnern.<br />
Alle Mauloffer waren sehr stolz. Es wurde gesungen, und wir jungen Leute hatten<br />
Volkstänze einstudiert. Wer uns diese beigebracht hat, weiß ich nicht mehr. Es wurde<br />
reichlich gegessen und getrunken, selbstverständlich war alles auf Kosten der Gemeinde.<br />
Wann und wie die Festteilnehmer den Heimweg angetreten haben, weiß ich<br />
nicht.<br />
Das DGH wurde in allen Bereichen in Betrieb genommen. Es gab zu dieser Zeit in den<br />
Mauloffer Häusern nur in seltenen Fällen ein Bad - und Gefriertruhen überhaupt nicht.<br />
Vielleicht hier und da ein Kühlschrank und die Wäscherei brachte mancher Hausfrau<br />
große Erleichterung. Die Benutzung dieser Einrichtungen kostete nur ganz wenig Geld.<br />
Ein Wannenbad z.B. 40 Pfennige, ein Duschbad 20 Pfennig. Die Wäsche wurde nach<br />
Kilogramm abgerechnet und war sehr preiswert. Die Miete für die Gefriertruhe war<br />
äußerst günstig.<br />
Allein die Hausmeisterwohnung blieb leer. Man hatte keinen Hausmeister gefunden<br />
(vielleicht hat man den aber auch nicht wirklich gesucht). Die Wohnung wurde an die<br />
Familie Peter Heinemann aus Frankfurt-Heddernheim (ein pensionierter Pfarrer) mit<br />
Ehefrau Mia (Maria) und den Kindern Jost und Margret vermietet. Die Hausmeisterstelle<br />
übernahm Paula Vollberg (Vinze-Schnarerrsch Paula). Sie hatte diese Stelle bis<br />
ins hohe Alter inne. Dazu aber an anderer Stelle mehr. Die Wäscherei war viele Jahre<br />
ebenfalls an Paula Vollberg übertragen. Mitgearbeitet haben u.a. Irma Hedwig, Gertrud<br />
Ott und Heidel (Adelheid) Seel. Geöffnet war die Wäscherei an festgesetzten Tagen.<br />
Bei Abgabe der Wäsche erfuhr man auch den Abholtermin.<br />
Recht bald wurde auch der Evangelischen Kirchengemeinde Steinfischbach-Reichenbach<br />
der Saal für den einmal im Monat stattfindenden Gottesdienst überlassen, wohl<br />
auf Veranlassung von Willi Seel, der zu dieser Zeit Kirchenvorsteher war. Als Küsterin<br />
wurde einfachheitshalber Paula Vollberg bestimmt, das war die einfachste Lösung. Sie<br />
hatte die komplette Schlüsselgewalt für das Haus (außer den beiden Wohnungen und<br />
dem Bereich der Feuerwehr).<br />
Die Öffnungszeiten für das Haus waren genau geregelt, wer z.B. an die Gefriertruhen<br />
wollte, musste die Zeiten einhalten. Im anderen Fall musste man bei Paula Vollberg zu<br />
Hause vorbeigehen und um die Schlüssel bitten, die sie oft nur sehr widerwillig hergab.<br />
Bekommen haben ihn sicherlich alle, damit konnte der Sonntagsbraten manchmal in<br />
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letzter Minute gerettet werden. Die Bäder waren samstags ab 18 Uhr geöffnet und wurden<br />
rege genutzt. Manche Mauloffer (auch ich) gingen jeden Samstag dorthin, einige<br />
hat man nie gesehen, warum auch immer, geschlossen wurde erst, wenn alle Interessenten<br />
gewaschen waren. Das war oft bis 1 Uhr in der Nacht. Wenn der Andrang es zuließ,<br />
blieb man schon mal nach dem Baden sitzen, wo ab und zu jede Menge Informationen<br />
zu erhalten waren, besonders von Karl Klapper und anderen. Ich selbst habe oftmals<br />
zuschließen helfen – ich hätte ja sonst was verpassen können!!<br />
Der Saal samt Küche wurde sehr häufig genutzt für Hochzeiten, Kindtaufen, Geburtstage,<br />
Konfirmationen usw. – aber auch für Beerdigungen. Da brauchte man zu Hause<br />
das Wohnzimmer nicht aus- und einräumen. Die Saalmiete richtete sich nach der Benutzungsdauer,<br />
1 oder 2 Tage je nach Bedarf. Vorbereitungen und Nacharbeiten (Putzen)<br />
waren inklusive. Bei Beerdigungen war der Saal mietfrei. Willi Seel war der Auffassung,<br />
da käme schließlich jeder mal dran. Nur die Tisch- und Küchenwäsche musste<br />
man bezahlen.<br />
Angemietet werden konnte der Saal auch von „Auswärtigen“, was sehr häufig vorkam.<br />
So ist z.B. die Hochzeit meines Vetters Heinz Dienstbach aus Usingen hier gefeiert<br />
worden. Aus dem noch vorhandenen Gästebuch sind viele Einzelheiten zu entnehmen.<br />
Ganz wichtig war in dem Saal auch das erste Fernsehgerät im Dorf. Natürlich nur<br />
schwarz/weiß und zwei Programme (ARD und ZDF). Die Programmauswahl traf in<br />
aller Regel Peter Heinemann, Einsprüche oder Sonderwünsche waren zwecklos. So waren<br />
auch wir mit der großen Welt verbunden. Wer einigermaßen konnte, ging abends<br />
zu den 20 Uhr Nachrichten dorthin, vielleicht kam auch schon mal ein Spielfilm – sitzen<br />
blieb man in der Regel immer. So konnten die Mauloffer über viele Jahre die Segnungen<br />
der Neuzeit genießen.<br />
Mit der Zeit nahm der Badebetrieb ab. In vielen Mauloffer Häusern wurden im Zuge<br />
von Umbauten und Renovierungen Bäder eingebaut, bis das Baden im DGH schließlich<br />
ganz eingestellt wurde. Wer wollte, konnte noch Mittwoch oder Donnerstag abends hingehen.<br />
Da war von der Wäscherei warmes Wasser zur Verfügung. Johann Schlösser<br />
und ich haben diesen Komfort lange genutzt, denn als wir in „Feye“ zogen (Januar 1971)<br />
hatten wir über eine ganze Zeit kein Bad. Umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten<br />
waren bei uns erforderlich.<br />
Bis hierher meine Erinnerungen, die sicher einigermaßen authentisch sind.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Und nun beginnt im Jahre 1988 das 2. Kapitel der Geschichte- und wer hat wieder die<br />
Finger im Spiel? – Ich! Inzwischen war Paula Vollberg im Ruhestand und unsere Heidel<br />
war Hausmeisterin. Sie war natürlich auch bei allen Veranstaltungen mit von der Partie.<br />
Adelheid „Heidel“ und Hartmut Seel (ca. 2005)<br />
Sie half bei den Vorbereitungen, bei den Nacharbeiten usw. Nach 28 Jahren ständigen<br />
Gebrauchs waren viele Teile der Innenausstattung (besonders Wäsche und Geschirr) so<br />
abgewirtschaftet, dass man nur mit größtem Geschick für 30 Personen eindecken<br />
konnte, unter Zuhilfenahme der weißen Tischwäsche, die noch aus wenigen Einzelteilen<br />
bestand und so abgewaschen war, dass man durchsehen konnte. Das Eindecken erfolgte<br />
nach dem Motto: Stelle das Geschirr so drauf, dass man möglichst die Löcher<br />
nicht sieht und das Geschirr bitte mit der angeschlagenen Seite nach hinten.<br />
Das machte Heidel jedes Mal schwer zu schaffen! Als wir beide wieder einmal zugange<br />
waren, sagte sie wörtlich zu mir: „Man müsste einmal durch das Dorf gehen. In einzelnen<br />
Häusern steht in den Schränken sicher eine Menge Geschirr herum, das nicht mehr<br />
gebraucht wird und in manchen Wäscheschränken sitzt sicher auch weiße Tischwäsche,<br />
die genauso übrig ist, vielleicht spendet man ja etwas“. Ich sagte zu ihr: „Heidel, was<br />
soll das dann geben? Wie sollen die Dinge nur halbwegs zusammenpassen? Wie soll<br />
das dann aussehen“? Über meinen Kommentar war sie gar nicht begeistert und wir gingen<br />
an diesem Tag ziemlich bedröppelt heim. Allerdings konnte Heidel keinesfalls ahnen,<br />
was sie bei mir mit ihren Gedanken angerichtet hatte. Sie hatte mich mit der Idee<br />
vom Sammeln angesteckt. Bei mir fing wieder großes Nachdenken an: Wie, was, wann,<br />
womit und wer?? Mein Entschluss natürlich – ICH, wer sonst? Selbst anpacken wurde<br />
auch in diesem Fall meine Devise.<br />
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An einem Sommerabend gingen wir (Reinhard Seel der Ortsvorsteher, Wilhelm Bausch,<br />
Karl Klapper und ich (Schriftführerin) aus einer Ortsbeiratssitzung heim und blieben im<br />
Heideweg stehen. Ungefähr dort, wo der Wirtschaftsweg beim Haus Piecha herauskommt,<br />
um noch – was weiß ich –auszudiskutieren. Dabei fiel mein Blick auf das DGH<br />
und ich hatte plötzlich Heidel mit ihren Plänen im Kopf. Ich sprach besonders Reinhard<br />
darauf an und machte ihm den Vorschlag, ich wollte wieder mal eine Spendenaktion<br />
beginnen – aber wegen Geld! Denn das vom Rathaus in Rod an der Weil nichts zu<br />
erwarten sei, war mir klar. Reinhard und die beiden anderen waren in höchstem Maße<br />
skeptisch. Reinhard sagte: „Du kannst es probieren, meinetwegen, bekommen wirst Du<br />
nichts“. Denkste, dachte ich bei mir, ich werde es auf jeden Fall versuchen.<br />
Also wieder nach Rod an der Weil fahren und wegen Spendenquittungen fragen und<br />
den Segen der Gemeinde abholen. Das hatte geklappt. Auf dem Heimweg dachte ich:<br />
Jetzt hast du dein Maul vollgenommen, jetzt hängst du irgendwie in der Nummer drin.<br />
Zurück geht nicht mehr, sonst wirst du unglaubwürdig.<br />
In meiner „Kriegskasse“ hatte ich zu dieser Zeit einen Bestand von 1.094,34 DM für<br />
Tischwäsche - mochte das nach meinen Überlegungen schon mal reichen – aber Geld<br />
dafür ausgeben? So ging ich am nächsten Morgen (wie täglich für meine Barmer Ersatzkasse)<br />
zur Usinger Volksbank und bat um Audienz bei der Geschäftsführung, dem<br />
„Dreigestirn“, drei gleichberechtigte Vorstandsmitglieder. Denen trug ich meine Sorgen<br />
besonders wegen der Tischwäsche vor (mehr wollte ich am Anfang der Aktion überhaupt<br />
nicht). Mir wurde für den nächsten Morgen Bescheid versprochen. Das war auch<br />
der Fall. Ich solle zum Textilhaus Hatzmann gehen und dort sagen, was und wieviel ich<br />
brauchte. Die Firma Hatzmann hätte Order zu liefern, und die Volksbank würde bezahlen!<br />
Ein Limit war mir nicht gesetzt! Also ich auf dem Rückweg zur Firma Hatzmann,<br />
anfragen was und wieviel usw. Einige Tage später konnte ich in der Volksbank ein respektables<br />
Wäschepaket in Empfang nehmen mit einer Kopie der Rechnung in Höhe von<br />
750 DM. Ich sagte ganz höflich danke und dachte, die Sache läuft gut an. Also weitermachen!<br />
Meine Begehrlichkeit wuchs, jetzt wollte ich neues Geschirr und Besteck samt Zubehör<br />
für 120 Personen. Plötzlich auch eine neue Küche, die alte war wirklich nicht mehr<br />
zeitgemäß. Ein Elektroherd, eine ganz normale Haushaltsspüle und ein Warmwassergerät<br />
von 5 Liter über dem Wasserhahn waren zwar vorhanden, aber veraltet. Zum Spülen<br />
musste man anständig heißes Wasser auf dem Herd machen und auch das Holz war<br />
noch die Erstausstattung, der Kühlschrank inzwischen ein rechter Stromfresser usw.<br />
Da wusste ich: Irene, jetzt brauchst du Geld, viel Geld und vor allem die Zustimmung<br />
der Gemeinde, sie war schließlich der Eigentümer unseres DGH.<br />
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Also, ich wieder zum Rathaus zu unserem damaligen Bürgermeister Horak, der nach<br />
meiner ganzen Erzählung zunächst einmal den guten Antonius Hirschberg herbeiholte.<br />
Nachdem der von meinem Vorhaben erfahren hatte, sagte er: „Mädchen, weißt du was<br />
das bedeutet? Da müssen die ganzen Versorgungsleitungen geändert bzw. neu verlegt<br />
werden. Wasserzu- und -ablauf, der ganze Stromkreis muss verstärkt werden, das gibt<br />
eine große Baustelle“.<br />
Ich war zunächst erschrocken, daran hatte ich überhaupt nicht gedacht. Na ja, sagte ich,<br />
dann kann ich mir die ganze Sache wohl in die Haare schmieren. „Ganz langsam“, sagten<br />
die beiden dann zu mir. Wir wollen die Sache erst einmal überdenken und beraten.<br />
– und der Bürgermeister sagte: „Herr Hirschberg wird Sie informieren.“. Zwischenbemerkung:<br />
Von dieser Stunde an war Herr Hirschberg mein ständiger Begleiter und Berater<br />
in dieser Sache bis zum endgültigen Schluss am 08.04.1993 Ohne ihn wäre vieles<br />
oder alles nicht gelaufen!!<br />
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Irgendwann kam er auf mich zu mit der Bemerkung: Kümmern Sie sich einmal um eine<br />
neue Küche, mal sehen was daraus wird. Ich hatte einen guten Kücheneinrichter (über<br />
meine BEK) an der Hand. Mit ihm verabredeten wir uns zur Besichtigung einer<br />
Musterküche in der Mehrzweckhalle in Obernhain, die er geliefert hatte. Die gefiel uns,<br />
das Grundkonzept war wandelbar für Mauloffer Bedürfnisse. Nächste Verabredung im<br />
DGH Mauloff: Kücheneinrichter, Herr Hirschberg und ich. Inzwischen war der Kindergarten<br />
aufgelöst worden und somit der Waschraum frei und der stand leer. Nun wollte<br />
ich eine zweigeteilte Küche. Eine Kochküche und eine Spülküche, beide verbunden mit<br />
der vorhandenen Durchreiche zwischen Saal und Kochküche und Kochküche und Spülküche.<br />
Fragen: Was wollen wir, was brauchen wir usw. Vor allem eine Warmwasserzufuhr<br />
direkt aus der Heizung damit das Gepansche mit der Warmwasserzubereitung<br />
wegfiel. Anschlüsse für zwei Herde und zwei Kühlschränke, entsprechend Abläufe für<br />
Spülwasser usw. Das war wohl im Rathaus beschlossene Sache. Also die Küche planen<br />
bis ins kleinste Detail, u.a. in der Spülküche mit zwei tieferen Spülbecken. Alles wurde<br />
bis ins Detail besprochen und nun der Kostenvoranschlag für die Küche: Wir wussten,<br />
die kostet richtig Geld, aber mit halben Sachen wollte ich mich auch nicht mehr abgeben.<br />
Der Kostenvoranschlag kam: 18.750 DM! Prost, dachte ich. Inzwischen hatte ich<br />
seit dem 21.07.1988 fleißig Spenden gesammelt, wieder einmal war ich in Mauloff unterwegs<br />
und auf meinen Außendienstterminen für die Barmer suchte ich alle Firmen<br />
heim, die mir unterwegs begegneten. Auch welche, über deren Schwelle ich bisher keinen<br />
Fuß gesetzt hatte. Den Winter 1988/1989 verbrachte ich fast allabendlich mit dem<br />
Schreiben von Bettelbriefen an Leute, die ich bis dahin nicht kannte und die ich z.T. nie<br />
in meinem Leben gesehen habe. Von Berlin, Kiel, Düsseldorf bis München, jeden Brief<br />
einzeln im Original und auf jeden Empfänger persönlich zugeschnitten.<br />
Passend kam mir im Sommer 1989 auch der Landtagswahlkampf. Die Kandidaten auszumachen<br />
war anhand der Wahlplakate eine der leichtesten Übungen. Nix wie ran,<br />
dachte ich. Der Erfolg war durchschlagend. Insgesamt hatte ich allein daraus eine recht<br />
ansehnliche Summe zusammen. Ich konnte der Gemeinde doch schon einen großen Betrag<br />
anbieten. Herr Hirschberg war immer mehr oder weniger auf dem Laufenden. Er<br />
hat wohl im Rathaus meine Zwischenstände nie herausgegeben. Ich wusste, für die Küche<br />
brauchte ich noch einen ordentlichen Brocken, denn inzwischen brauchte ich auch<br />
neue Stühle und vor allem neue Tische, die alten Teile waren fast alle nur noch zu entsorgen.<br />
Die Tische und Stühle entstanden zunächst aber nur in meinem Kopf.<br />
Zurück zur Küche. Eines Samstagnachmittag im Vorsommer 1989 ging ich ganz gezielt<br />
auf Tour - wegen der Küche- 10.000 DM mussten jetzt her. Spruch aufgesagt, von weniger<br />
habe ich erst gar nicht angefangen. Man wolle das überdenken wurde mir gesagt.<br />
Am Montag bekäme ich telefonisch Bescheid. Und am Montagabend der Anruf. Die<br />
10.000 DM wurden mir verbindlich zugesagt! Die Küche war gerettet! Den Auftrag<br />
dafür erteilte ohne Verzug die Gemeinde, nachdem ich die entsprechenden Mittel jetzt<br />
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zusagen konnte. Der Einbau erfolgte recht zügig, jetzt ging es ans Einkaufen von Geschirr<br />
und Besteck, Kochtöpfe, Pfannen usw.- Davon kann Wolfgang Haub ein Lied<br />
singen! Wolfgang, Elsbeth Ritzmann und ich fahren zum Einkaufen in den Großmarkt.<br />
Der arme Wolfgang war davon ausgegangen, dass der Vorgang in 2 Stunden abgeschlossen<br />
sei. – Denkste!<br />
Ich hatte mir eine fast endlose Liste gemacht, wieviel ich von jedem Teil brauchte.<br />
Wolfgang durfte die Liste tragen und jede Position abhaken. Ich ließ mir jedes Teil<br />
bringen und begutachtete es zusammen mit Elsbeth. Es war auch immer die Frage,<br />
konnte man jeweils 120 Stück möglichst aus einer Serie kurzfristig liefern. Einen ganzen<br />
Samstagnachmittag (gefühlte 5 bis 6 Stunden) haben wir im Großmarkt zugebracht,<br />
auch bis das ganze Vorhaben aufgerechnet war. Ich musste ja wissen, mit wieviel Verbindlichkeiten<br />
ich aus dem Großmarkt herausging. Es waren 7.923,56 DM. Den Kaufvertrag<br />
musste ich unterschreiben und damit war ich haftbar für den ganzen Betrag, was<br />
mir aber keine Bauchschmerzen bereitete. Die Summe war ja vorhanden. Meine Bedingung<br />
war: Frachtfrei ausliefern ins DGH nach Mauloff. Das wurde mir schriftlich bestätigt.<br />
Nun ging es an die Stühle. 96 Stück wollte ich haben. Irma Seel hat mich auf 84 Stühle<br />
gebracht. Sie hat, im Gegensatz zu mir, die Eckbänke mit eingerechnet. Aber woher<br />
bekommen? Sie sollten zur Innenausstattung des Saales passen. Ich ging auf die Suche,<br />
gebrauchte Stühle wollte ich keinesfalls, die hatten wir selbst. Durch mehreres Herumfahren<br />
und Fragen kam ich schließlich auf die Königsteiner Stuhlfabrik, von der ich<br />
vorher nie etwas gehört hatte. In Königstein müsste die ja wohl sein, verriet mir das<br />
Telefonbuch. An einem Freitag bin ich früher von der Arbeit fort und nach Königstein<br />
gefahren, um herauszufinden, wo die Firma überhaupt war. Sie war irgendwo außerhalb<br />
und recht gut versteckt, bis ich dort eintraf war gleich Feierabend. Viel ausrichten<br />
konnte ich an diesem Tag nicht – ich wusste, der nächste Freitag kommt. Ich wieder<br />
nach Königstein, diesmal 2 Stunden früher. Dann fingen die Verhandlungen an. Zuerst<br />
die Suche nach einem geeigneten Modell, gepolstert natürlich. Bezüge gab es mehr oder<br />
weniger zur Auswahl. Dann ging das Gefeilsche ums liebe Geld los. Der Mindestpreis<br />
pro Stück stand bald fest. Ich erklärte dem Sachbearbeiter, dass ich für 84 Stühle kein<br />
Geld habe. Man möge mir doch bitte 84 Stühle liefern zum Preis von 78 Stück, soviel<br />
Geld hätte ich - und auf jeden Fall aber frachtfrei bis DGH Mauloff. Der gute Mann hat<br />
ordentlich geschluckt. Ich erklärte ihm nach einer Denkpause seinerseits, jetzt entweder<br />
hopp oder topp – noch einmal käme ich nicht nach Königstein. Es gäbe ja wohl auch<br />
noch andere Hersteller. Als ich die Fabrik verließ, hatte ich was ich wollte –schriftlich-<br />
. Vorher hatte ich mit dem Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Steinfischbach-Reichenbach<br />
sehr nachdrückliche Verhandlungen wegen eines entsprechend<br />
hohen Zuschusses für die Stühle gehabt. Dafür erntete ich zunächst wenig Beifall. Erich<br />
Wolf, der Kirchenrechner, erklärte mir, wir Mauloffer hätten eigentlich gar nichts zu<br />
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bekommen, aber aus purer Gutmütigkeit wolle man mir 200 DM überweisen. Das hat<br />
mich wahnsinnig geärgert – aber ich dachte, ganz ruhig, und erst einmal die 200 DM<br />
mitnehmen. Nach Hause, dann sehen wir weiter, du kennst mich noch lange nicht. Kurz<br />
danach starb Erich Wolf. Wir hatten auch einen neuen Pfarrer und ich einen neuen Plan.<br />
Ich wurde auf meine Bitte hin zu einer Sitzung des Kirchenvorstandes eingeladen (damals<br />
wusste ich noch nicht, dass ich einmal in diesem Gremium sitzen werde). Ich erklärte<br />
den Damen und Herren, dass man mir bitte einen angemessenen Zuschuss zukommen<br />
lassen solle. Wenn das nicht so sein würde, so würde ich die paar restlichen<br />
brauchbaren Stühle im DGH auf den Speicher schaffen und dort die Tür zuschließen.<br />
Der Gottesdienst in Mauloff müsse dann als Stehkonvent stattfinden – und man möge<br />
bedenken, dass ich bisher alle meine Versprechungen (gleich welcher Art) eingehalten<br />
hätte. Alle Anwesenden samt Pfarrer waren einigermaßen verdutzt, ich ließ die Versammlung<br />
mit einem Dankeschön für die Einladung sitzen und war weg. Auf Diskussionen<br />
wollte ich mich keinesfalls einlassen. Das sollten die ruhig ohne mich ausmachen.<br />
Und siehe da: Meine Drohungen hatten Erfolg. Nach einiger Zeit bekam ich vom Dekanat<br />
zu Idstein einen durchaus angemessenen Betrag für die Stühle überwiesen. Mit<br />
dem verbleibenden Rest konnte ich gut leben.<br />
Der Rest waren die Tische, 12 Stück. Das war eine der leichtesten Übungen. Mit Fritz<br />
und Elsbeth Ritzmann fuhr ich wieder zum Großmarkt. Die Tische waren bald gefunden<br />
und der Preis verhandelt. Diesmal aber mussten die Tische abgeholt werden, anders<br />
wäre der Preis nicht zu halten. Ich unterschrieb den Kaufvertrag und konnte mir Gedanken<br />
machen, wer die Tische holen sollte. Dafür schickte ich Fredy Steinmetz in den<br />
Großmarkt, gab ihm die Auftragsbestätigung und eine Vollmacht für die Abholung mit.<br />
Wie und mit welchem Fahrzeug er die Tische nach Mauloff bringen würde, war seine<br />
Sache. Das klappte und an dem Abend kam Fredy um 23 Uhr zurück. Er hatte, wie<br />
auch immer, die Tische in einen ganz normalen VW-Bus untergebracht. Ohne jeden<br />
Kratzer. Um Mitternacht war dann die Aktion beendet.<br />
Der Rest ist sehr schnell erzählt. Die Gemeinde Weilrod hat zusätzlich zu den erforderlichen<br />
Versorgungsleitungen neue Fenster einbauen lassen und das Haus außen komplett<br />
runderneuert. Die Schwestern aus Sachsenhausen stifteten die neuen Vorhänge,<br />
komplett genäht und fertig aufgehängt. Die Einweihung konnte stattfinden!<br />
Von 1988 bis 1993 habe ich an diesem Vorhaben gearbeitet. Während dieser Zeit habe<br />
ich eine längere Zeit pausieren müssen. 1991 waren innerhalb von fünf Wochen meine<br />
Mutter und mein Mann verstorben. Meine ganze Kraft und mein Mut hatten mich total<br />
verlassen. Ich musste weiter vollschichtig arbeiten, das ganze Haus- und Hofwesen und<br />
die noch existierende Fremdenpension jetzt ohne meinen Mann stemmen. Bis ich halbwegs<br />
meinen Weg wieder gefunden hatte, das dauerte.<br />
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Das Projekt DGH sollte damals von mir aus jemand anderes zu Ende bringen – zu der<br />
Zeit war mir das völlig egal.<br />
Nach einer Zeit standen irgendwann Wolfgang Haub und Antonius Hirschberg vor mir<br />
mit der Bitte und Aufforderung, das Ganze jetzt zu Ende zu bringen. So rappelte ich<br />
mich auf und wir konnten am 4. April 1993 wieder eine Einweihung feiern, im Beisein<br />
vieler geladener Gäste.<br />
Der Tag war für mich voller Freude, aber mit unsäglichem Kraftaufwand verbunden.<br />
Ich hatte mir natürlich eine Dankesrede aufgeschrieben, im Verlauf der Rede war ich<br />
einem totalen Kollaps nahe. Hätte Wolfgang Haub mich nicht aufgefangen und die Rede<br />
für mich zu Ende gebracht, wäre der Tag in diesem Moment für mich gelaufen gewesen.<br />
Die ganzen Anstrengungen dieser Zeit körperlich und mental und der Verlust meines<br />
Mannes, der auch dieses Vorhaben bis zu seinem Tod unterstützt hat, zogen wie ein<br />
Film an mir vorbei – ich war völlig am Ende. Mit der Sache und der Welt. Ein schöner<br />
Tag wurde es trotz allem noch.<br />
Nachsatz:<br />
Ca. 150 Einzelspender und Sach- sowie Zuwendungen konnte ich verbuchen und damit<br />
einen Betrag von knapp 40.000 DM (in Worten: Vierzigtausend) erzielen. Das waren<br />
Beträge von 10 DM bis 10.000 DM! Das alles ist belegbar und ich habe alle Unterlagen,<br />
auch das kleinste Fitzelchen bis heute aufbewahrt. Davon konnte sich Wolfgang Haub<br />
vor kurzem wieder einmal überzeugen.<br />
Fast fünf Jahre meines Lebens habe ich, mit der geschilderten Unterbrechung, an diesem<br />
Projekt gearbeitet. Und eines ist sicher: Unter ganz gleichen Bedingungen würde<br />
ich dasselbe noch einmal machen – mit derselben Leidenschaft und Freude an der Sache.<br />
Nun mögen sich andere, jüngere Leute um das Dorfgemeinschaftshaus bemühen. Einige<br />
Dinge sind bereits wieder in trockenen Tüchern. Neue Vorhaben sind wohl in Planung<br />
Ich werde in Ruhe und mit aller Gelassenheit meines Alters (ich bin inzwischen 75 Jahre<br />
alt) den Lauf der Dinge beobachten.<br />
Irene Schlösser am 25.02.2012<br />
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Ergänzungen durch Wolfgang Haub:<br />
Im September 2009 wurde auf Initiative und Drängen von mir (damaliger Ortsvorsteher)<br />
die Toilettenanlage im DGH vollständig erneuert. Der Grund war, dass die Abflussleitungen<br />
fast vollständig verstopft waren und auch aus den Wasserhähnen fast<br />
kein Wasser mehr kam. Im Übrigen waren auch die Toiletten veraltet und nicht mehr<br />
zeitgemäß. Es gab, wie immer natürlich, eine über mehrere Monate dauernde Diskussion<br />
mit der Gemeinde, die wie immer, kein Geld hatte. Manfred Pauly, Gerd Faulhaber<br />
und ich haben uns dann bereit erklärt, die alten Wand- und Bodenfliesen rauszureißen.<br />
Die neuen Fliesen wollte die Gemeinde anbringen. Bei dem Entfernen der Fliesen haben<br />
wir schnell festgestellt, dass darunter auch die Toilettenabtrennungen in Mitleidenschaft<br />
gezogen werden mussten. Wir haben dann einfach alles rausgerissen und nach<br />
längerem Disput mit der Gemeinde hat diese sich dann einsichtig gezeigt und alles<br />
wurde erneuert. Die Toilettenanlage mit neuer Abtrennung wurde von der Firma Steinmetz<br />
& Reichel geliefert und aufgebaut. Die Räume wurden neu gefliest und die Wände<br />
neu gestrichen. In diesem Zusammenhang wurden auch die Fliesen im Eingangsbereich<br />
des DGH erneuert. Frank Anschütz hat hierbei auch mitgeholfen.<br />
Umfangreiche Erneuerungs- und Renovierungsarbeiten fanden dann auf Veranlassung<br />
der neuen Ortsvorsteherin Barbara Geyer vom September bis November 2012 statt.<br />
Unter ihrer sehr engagierten Federführung wurden der gesamte große Saal und der<br />
Flur umgestaltet. Unterstützung fand sie bei Silke Haub, aber andere Mauloffer wie z.B.<br />
Kerstin Zimmermann, Regina Volkmar, Lydia Haub, Volker Götz, Gerd Faulhaber,…<br />
Es wurde nicht nur der große Saal komplett umgestaltet sondern auch der Flurbereich.<br />
Alle Stühle wurden neu bezogen, die Tische abgeschliffen und neu lackiert. Neue Lampen<br />
und Bilder beschafft und aufgehängt, ebenso neue Gardinen. Der Balkon wurde<br />
renoviert, das Geländer neu gestrichen und der Boden erneuert. Ein neues von der<br />
Jagdgenossenschaft finanziertes Klavier wurde gekauft. Neue Kleinmöbel für den Raum<br />
aber auch für die Toilettenräume wurden gekauft und aufgestellt. Die gesamte Aktion<br />
wurde finanziert durch die Jagdgenossenschaft (Klavier), die Kirchengemeinde Steinfischbach-Reichenbach,<br />
private Spenden und Mittel des Ortsbeirates.<br />
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Vorbemerkung:<br />
Finsternthal von 1945 – heute<br />
von Herbert Wischmann<br />
Die nachfolgenden Niederschriften basieren auf zwei Vorträgen des Geschichtsvereines<br />
Weilrod, gehalten im Januar 2012 und im Januar 2013 im Dorfgemeinschaftshaus<br />
zu Finsternthal.<br />
Die Geschichte Finsternthals ist in 2 Epochen beschrieben. Zum einen die Zeit, als unser<br />
Dorf noch eigenständig war (1945 – 1970) und die dann folgende Zeit (1970 –<br />
heute) als einer der 13 Ortsteile Weilrods.<br />
Finsternthal<br />
von 1945 – 1970<br />
Am 30. März 1945, das war der Karfreitag des Jahres, ging in Finsternthal der 2. Weltkrieg<br />
zu Ende. Am 8. Mai, also knapp 1 1/2 Wochen später, erfolgte dann die Unterzeichnung<br />
der Kapitulationsurkunde mit den so genannten Siegermächten und der unselige<br />
2. Weltkrieg war somit endgültig vorbei.<br />
Obwohl ich damals erst knapp 4 Jahre alt war, ist mir dieser 30. März 1945 noch sehr<br />
gut in Erinnerung. Es war übrigens meines Wissens das einzige Mal, dass unser Dorf in<br />
militärische Auseinandersetzungen im 2. Weltkrieg verwickelt war. Ansonsten flogen<br />
die alliierten Bomber nachts über das perfekt verdunkelte Finsternthal in Richtung<br />
Frankfurt oder weiter nach Schweinfurt, wo sich das Zentrum der kriegswichtigen deutschen<br />
Kugellager Industrie befand, um dort ihre Bomben abzuwerfen.<br />
An besagtem 30. März 1945 wurden nach starkem Beschuss unseres Ortes von Riedelbach<br />
her, alle Bürger aus den Kellern ihrer Häuser auf die Wiese unterhalb unseres Trafohäuschens<br />
getrieben. Auch aus dem im Mauloffer Berg befindlichen Wasserleitungsstollen,<br />
in den sich ein Teil der Finsternthaler geflüchtet hatte, wurden die Bürger zu<br />
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der besagten Wiese gebracht. – Das hölzerne Jagdhaus des damaligen Jagdpächters Dr.<br />
Jendwed, das auf dem gleichen Platz wie das heutige Anwesen der Familie Melcher<br />
stand, brannte lichterloh und man hörte das laute Krachen der berstenden Balken. Über<br />
dem ganzen Ort hing ein intensiver Rauchgeruch, denn auch noch diverse andere Häuser<br />
des Dorfes brannten.<br />
Bei dem Kampf um Finsternthal gab es 3 deutsche Tote und 6 Verletzte. Eine schwer<br />
verletzte Finsternthaler Mitbürgerin aus dem Oberdorf verstarb später.<br />
Die Amerikaner sammelten ihre zahlreichen Toten und Verletzten, so wurde mir berichtet,<br />
auf der Wiese, auf der sich jetzt das Anwesen Kammer befindet.<br />
Das also war die Stunde 0 für unser Dorf. Die Infrastruktur war weitestgehend defekt,<br />
es gab keine Arbeit, ein Teil der jungen Finsternthaler Männer war gefallen, vermisst<br />
oder noch in Kriegsgefangenschaft und man wusste nicht, wann oder ob der Ehemann,<br />
Vater, Sohn oder Bruder jemals wieder nach Hause kommen wird.<br />
Hinzu kam, dass nahezu alle Häuser des Dorfes hoffnungslos überbelegt waren. Im<br />
„Deutschen Hof“, wo ich aufgewachsen bin, waren das gleich nach dem Kriege sieben<br />
Familienmitglieder, 3 Ausgebombte aus Frankfurt und 3 Flüchtlinge. Zusammen waren<br />
Panzer im Graben, in der Nähe von Rod an der Weil<br />
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das also 13 Personen. Im Hause meines Freundes Norbert Wick z. B. waren es 4 Familienmitglieder<br />
und 2 Flüchtlinge. So ging es quer durch das ganze Dorf.<br />
In dieser Zeit hatte unser Dorf alles in allem 186 Einwohner: 111 Finsternthaler, 45<br />
Flüchtlinge und 30 Evakuierte. – Natürlich konnten nicht alle 45 Flüchtlinge in den<br />
Häusern des Ortes untergebracht werden. Bürgermeister Otto Rohrbach hatte mit der<br />
damaligen Gemeindevertretung beschlossen, deshalb schnell und unkompliziert eine<br />
kurzzeitige Unterkunft zu bauen. Es war das lange flache Haus an der Höhenstrasse vor<br />
dem Anwesen Melcher. Das Haus war seinerzeit im Dorf bekannt als das „Holzhaus“.<br />
Es war ein vorgefertigtes Haus, das die Fa. Sorg aus Gemünden aufschlug. Bis in die<br />
80 er Jahre des letzten Jahrhunderts war es noch bewohnt. Jetzt gehört es zum Anwesen<br />
Melcher und wurde erst im Frühsommer 2013 abgerissen. An gleicher Stelle wird derzeit<br />
ein Wohnhaus errichtet.<br />
Die Begriffe Individualität und Intimsphäre waren zu jener Zeit absolut ausgeblendet!<br />
Z. B. erfolgte das tägliche Waschen in aller Öffentlichkeit.<br />
Mein wöchentliches Baden am Samstag zu jener Zeit war immer mit großer Lautstärke<br />
verbunden, da ich mich partout nicht in der Küche nackt in aller Öffentlichkeit in die<br />
Zinkwanne, Bränksche genannt, setzen wollte.<br />
Somit wären wir auch schon bei dem Thema Reinlichkeit. Zu dieser Zeit gab es im<br />
ganzen Dorfe max. 3 Badewannen. Gleiches gilt für die Anzahl der WCs. Auch da war<br />
die Anzahl sicherlich unter 10. Dafür gab es dann die schon zuvor erwähnte Zinkwanne<br />
für das Samstagsbaden sowie die auf fast jedem Hof existenten und ziemlich geruchsintensiven<br />
Plumpsklos. Auch wir hatten so einen, der von allen Beteiligten nur äußerst<br />
ungern benutzt wurde. Zum Glück waren die WCs dann relativ schnell wieder in Ordnung<br />
und konnten benutzt werden.<br />
Aber das Leben musste weiter gehen. Und es ging auch weiter! Die Grundnahrungsmittel<br />
wie Mehl, Kartoffeln, Butter, Eier, Schmalz, Milch, Salat, Gemüse, Hülsenfrüchte<br />
und ab und an auch einmal Fleisch und Wurst waren ja durch das Vieh, die Gärten und<br />
die Felder weitestgehend vorhanden. Zu jener Zeit gab es Gerichte wie:<br />
Gehitschel, Milchsuppe, Kartoffelbrühe, Wurstsuppe, Biersuppe, Grießsuppe, Arme<br />
Ritter, Quellkartoffeln mit Schmierkäse (= Quark), Krüstchen, (kross gebackene Bratkartoffeln)<br />
Solwerfleisch, Kochkäse, Speck mit Eier, Kartoffelpfannenkuchen mit Apfelbrei,<br />
Blätterkraut, Sauerkraut, Fassbohnen, Rote Rüben warm oder kalt, Griebe mit<br />
Zwiebeln, Grüne Soße, etc., etc. – Sonntags gab es gelegentlich Fleischwurst, Rippchen<br />
mit Kraut oder gelegentlich auch schon einmal Schweinebraten. Einen Teil dieser vorgenannten<br />
Gerichte gibt es heute noch. Sie werden dann unter dem Begriff „Typisch<br />
hessisch“ in den Gaststätten angeboten.<br />
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Ich entsinne mich in diesem Zusammenhang speziell an 2 Suppen: die immer etwas<br />
schleimige Graupensuppe und die oft etwas angebrannte Milchsuppe. Beide Gerichte<br />
habe ich mit Sicherheit die letzten 60 Jahre nicht mehr angerührt. Auch um kalte Rote<br />
Rüben (= Rote Beete) und Gehitschel (Kartoffelbrei mit Sauerkraut gemischt) mache<br />
ich, wenn möglich, einen großen Bogen!<br />
Wie schon zuvor erwähnt, gab es Roggen- und Weizenmehl. Je nach Bedarf wurde an<br />
4 - 5 Tagen die Woche in unserem Backhaus, das sich in dem Erdgeschoss unseres<br />
Rathauses befand, gebacken.<br />
Um 11:00 wurde von Hand die Glocke im Rathaus geläutet. Diese Aufgabe hatte zu<br />
jener Zeit Philipp Müller inne. Danach kam er die steile Rathaustreppe herunter. Je nach<br />
Anzahl der am Backen des nächsten Tages Interessierten tat er die entsprechende Anzahl<br />
handgeschnitzter Nummerntäfelchen in seine blaue Schürze. Der Reihe nach zogen<br />
dann die Anwesenden ihre Nummer. Keiner wollte so richtig gerne der Erste sein. Der<br />
musste ja dann morgens den kalten Ofen anheizen, was eine größere Menge Backwellen<br />
bedeutet hat. Meines Wissens konnte pro Tag so 2 – 3 x gebacken werden.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt war, dass bis zur Währungsreform am Sonntag, 20. Juni<br />
1948, das Geld – es war die Reichsmark – quasi nichts mehr wert war. Für dieses Geld<br />
gab es eigentlich nichts zu kaufen. Trotzdem war eine minimale Grundversorgung der<br />
Familien mittels so genannter Lebensmittelkarten sichergestellt.<br />
Als es dann aber an dem besagten 20. Juni 1948 für jeden Bürger 40. - DM gab, war<br />
das wie eine Zeitenwende. Die Schaufenster waren wieder über Nacht gefüllt und es<br />
gab nahezu alles zu kaufen. Nur mit den 40.- DM konnte man keine großen Sprünge<br />
machen. Man musste also sehen, dass man Geld verdiente. Finsternthaler sind fleißig!<br />
Wenn man jetzt z. B. einmal auf die Jahre 1948 – 1970 zurückblickt, ergab sich folgende<br />
Situation: Fast jedes Haus hatte Vieh in Form von Kühen, Schweinen, Schafen, Ziegen,<br />
Gänsen, Enten, Truthähnen und Hühner. Das sicherte schon einmal die Grundbedürfnisse<br />
des täglichen Lebens. Des Weiteren gab es diverse Finsternthaler, die zu ihrer<br />
Landwirtschaft auch ihr eigenes Geschäft hatten bzw. betrieben:<br />
- - Es gab 2 Schmiede (Rühls Alfred und Konrads Otto = Otto Wick)<br />
- - Es gab 3 Gaststätten („Haus Pfitzer am Bach“, den „Deutschen Hof“ und die<br />
Gaststätte „Zum Taunus“ von Otto Klingelhöfer)<br />
- Otto Klingelhöfer hatte außerdem auch einen gut sortierten Lebensmittelladen,<br />
den man eigentlich jeden Tag besuchen konnte.<br />
- Schneiders Thedor (Theodor Rühl) war Wagner und fertigte in seiner Werkstatt<br />
alles aus Holz, was man in der Landwirtschaft so brauchte.<br />
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Wagnerwerkstatt von Theodor Rühl (heute Anwesen E. Roth)<br />
- Sein Nachbar, der zuvor genannte Schmied Konrads Otto, ergänzte dann alles mit<br />
den entsprechenden Eisenbeschlägen. Zudem gab es bei Konrads Otto auch Benzin,<br />
Glühbirnchen für die Fahrräder, Feuerzeugbenzin, Flickzeug für die Fahrradschläuche<br />
usw.<br />
- Otto Wick hatte auch zu jener Zeit das Amt des Gemeinderechners inne. Bis 1970<br />
folgten ihm in diesem für unser Dorf so wichtigen Amt: Adolf Schlicht und Karlheinz<br />
Könnemann.<br />
- Flathe August (jetzt Anwesen Jung) hatte eine Rechenmacherwerkstatt.<br />
- Auch im Hause von Otto Rohrbach war zu dieser Zeit noch eine ähnliche, voll<br />
ausgestattete Rechenmacherwerkstatt vorhanden, die aber, soweit ich mich erinnere,<br />
nach dem 2. Weltkrieg nur noch gelegentlich für den Eigenbedarf in Betrieb<br />
war. Man sagte, Finsternthal sei „zwischen den Kriegen“ das „Zentrum der Rechenmacher“<br />
im Altkreis Usingen gewesen.<br />
- Im Anwesen Ziemer, jetzt Familie Engers, war da, wo sich jetzt die Garage befindet,<br />
noch eine Schmiedewerkstatt, die aber nicht mehr in Betrieb war. Ebenso bei<br />
Seels Friedrich, jetzt Anwesen Kahl, war eine voll eingerichtete Wagnerwerkstatt,<br />
die auch nicht mehr benutzt wurde.<br />
- Als weiteres Handwerk war die Korbmacherei vertreten durch Emil Vollberg. Er<br />
wohnte mit seiner Familie im heutigen Anwesen von Heinz Laubner. Sein Handwerk<br />
lernte Emil Vollberg in der seinerzeit bekannten Korbmacherschule in Grävenwiesbach.<br />
- Ein weiteres Finsternthaler Unternehmen war das Malergeschäft von Otto Löw in<br />
der damaligen Schulgasse (jetzt Borngasse). Es war ein Einmann-Unternehmen,<br />
das aber, je nach Umfang der durchzuführenden Arbeiten, durch Hinzuziehung<br />
weiterer Fachkräfte wie Gindersch Lui (Ludwig Wick), August Rühl, Otto Jung<br />
aus Altweilnau und Edwin Marx aus Treisberg verstärkt werden konnte.<br />
- In der vorgenannten Schulgasse gab es auch noch einen Schuhmacher namens Karl<br />
Scherf. Sein Haus stand gegenüber der Schule.<br />
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- Außerdem gab es auch noch drei Friseure. - Das war zum einen Lotte Jung, die<br />
damals mit ihrem Sohn Adi in dem Hause in der Schmitterstraße wohnte, in dem<br />
heute Fam. Bot wohnt. Des Weiteren Richard Weil und Josef Henkel, der mit<br />
Schwester, Schwager und Neffe in der alten Schule in einem Teil der Lehrerwohnung<br />
lebte.<br />
- Otto Rohrbach und Karl Jung waren bei Bedarf auch in ihren Ausbildungsberufen<br />
als Metzger tätig.<br />
- Hinzu kam, dass sich zahlreiche Häuser noch ein Zubrot verdienten mit dem Vermieten<br />
von 1 – oder 2 Zimmern, zumeist am Wochenende. Das waren zumeist<br />
langjährige Verhältnisse. Diese Personen waren fast alle voll in unser Ortsgeschehen<br />
integriert und man kannte sich recht gut.<br />
Noch ein netter Vorfall aus jener Zeit, den man heute wohl als verbotene Preisabsprache<br />
bezeichnen würde:<br />
Mein Opa, Gustav Lehr, Wirt des „Deutschen Hofes“ und Otto Klingelhöfer, Wirt der<br />
Gaststätte „Zum Taunus“ hatten, soweit ich mich erinnern kann, ein etwas distanziertes<br />
Verhältnis. Warum das so war, weiß ich nicht. Aber eines schönen Tages nahm mich<br />
mein Opa mit den Worten an die Hand: „Wir müssen jetzt `mal zu Klingelhöfers Otto!“<br />
Also marschierten wir beide ins Oberdorf und gingen in den Laden. Otto Klingelhöfer<br />
stand, eine Zigarette rauchend, hinter seiner Theke. Mein Opa mit mir davor. Auch er<br />
rauchte seine Zigarre. Ich kürze das jetzt ab. Im Kern ging es darum, den Preis der<br />
Vollpension ihrer vermieteten Fremdenzimmer neu zu kalkulieren. Als Ergebnis dieser<br />
Besprechung kam eine saftige 10%ige Preiserhöhung heraus, nämlich von 5.- DM / Tag<br />
auf 5,50 DM. – Vollpension hieß damals: Frühstück, 3 Gänge Mittagsessen (Suppe,<br />
Hauptgericht + Dessert), nachmittags Kuchen und Kaffee und abends Aufschnitt mit<br />
Wurst und Käse. Auch die Schuhe der Gäste wurden geputzt, was zumeist mein Job<br />
morgens vor der Schule war.<br />
Das waren, soweit ich mich erinnern kann, die „Selbständigen“ in unserem Dorf. Natürlich<br />
hatte auch fast jeder der Vorgenannten noch eine mehr oder weniger große Landwirtschaft<br />
bzw. einen Gemüsegarten, den es zu bewirtschaften galt.<br />
Ein weiterer Teil der damaligen Finsternthäler Männer ging arbeiten. Deutschland<br />
brauchte seinerzeit für den Wiederaufbau Handwerker aller Art. Maurer, Weißbinder,<br />
Verputzer, Stuckateure, Fliesenleger, Elektriker, Schreiner, Zimmerleute und Bagger- /<br />
Raupenfahrer waren die gängigen Berufe. Zudem wurden ständig kräftige Hilfsarbeiter<br />
gesucht.<br />
Aus jener Zeit hätte auch das Sprichwort stammen können: „HANDWERK HAT GOL-<br />
DENEN BODEN!“ Einen Handwerker zu jener Zeit termingerecht zu bekommen, das<br />
war einfach Glückssache.<br />
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Wenn man seinem ursprünglichen Beruf nicht mehr nachgehen konnte oder wollte, fuhr<br />
man schon nach Frankfurt, Bad Homburg, Schmitten, Oberursel oder Usingen. Die<br />
MOHA in Sossenheim, MERCEDES in Ffm oder die HECO in Schmitten, das waren<br />
seinerzeit gängige Arbeitgeber. Ein Teil der jungen Frauen aus Finsternthal und dem<br />
Altkreis Usingen war tätig in der seinerzeit sehr bekannten Textilfirma KIMODE, die<br />
ihren Sitz in der Bahnhofsstraße in Usingen hatte.<br />
Gerne gingen auch die hiesigen Frauen in die „Kultur“. Darunter verstand man das Setzen<br />
von jungen Bäumchen im Wald auf den Flächen, die wieder aufzuforsten waren.<br />
Diese Arbeit geschah in Absprache mit dem jeweiligen Förster (Herr Schiebel / Herr<br />
Otto) unter der fachkundigen Anleitung von z. B. Konrads Adolf (= Adolf Merling)<br />
oder Kaspers Gustav (= Gustav Wick).<br />
Im Winter wurde auch in den Holzwald gegangen. Die anfallende Arbeit in der Landwirtschaft<br />
war im Winter ohnehin beschränkt, so dass man durch die Waldarbeit noch<br />
ein gutes Zubrot hatte.<br />
Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang auch die Milchsammelstelle, die in<br />
dem Erdgeschoss des alten Rathauses untergebracht war. Diese wurde, so lange sie bestand,<br />
von der Familie Rohrbach betrieben. Der durch die MOHA an die hiesigen Landwirte<br />
gezahlte Preis richtete sich nach dem Fettgehalt der Milch. Besagter Fettgehalt<br />
wurde wöchentlich geprüft. Auch das war für viele Finsternthaler Familien, speziell in<br />
der Sommerzeit, wenn die Kühe viel Milch gaben, ein guter Zusatzverdienst.<br />
Die Milch wurde des Nachts von Tankwagen der Fa. Lückel aus Schmitten abgefahren.<br />
Aus Finsternthal fuhren über viele Jahre im Sommer und im Winter zuverlässig Helmut<br />
Rohrbach und Emil Wick dieses Auto.<br />
Finsternthal war von seinen Finanzen her durch den großen Waldbesitz und dem daraus<br />
resultierenden Holzverkauf recht gut positioniert! Also befasste sich die damalige Gemeindevertretung<br />
unter Leitung von Bürgermeister Otto Rohrbach mit dem Thema<br />
„Bau eines Dorfgemeinschaftshauses“. Ich kürze das jetzt ab. 1956, also vor jetzt 57<br />
Jahren, wurde unser DGH in Anwesenheit der ganzen Dorfbevölkerung und zahlreicher<br />
Offizieller eingeweiht. Die Finsternthaler Bevölkerung hatte jetzt die Gelegenheit jeden<br />
Samstag zu baden bzw. zu duschen. Es gab auch ein Schlachthaus, in dem man unter<br />
hygienischen Umständen das Schlachtvieh verarbeiten konnte. Von den früheren Hausschlachtungen<br />
kam man völlig ab! Es gab einen Gefrierraum, in dem fast jede Familie<br />
des Ortes ein eigenes Gefrierfach hatte. Der große Saal im 1. Obergeschoss wurde jedes<br />
Wochenende zum Fernsehen benutzt. Auch Maskenbälle, Tanzabende, Weihnachtsfeiern<br />
der Freiwilligen Feuerwehr, Theateraufführungen der Schule und Familienfeiern<br />
wurden dort abgehalten. – Eine ziemlich reichhaltige Bibliothek gab es auch, in der man<br />
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sich samstagnachmittags ein- oder zwei Bücher ausleihen konnte. Im Erdgeschoss befand<br />
sich zusätzlich noch eine gut ausgestattete Wäscherei mit 2 Waschmaschinen,<br />
Schleudern und einer großen Heißmangel für die Bettwäsche.<br />
Ein generelles Problem seinerzeit war der schon zuvor erwähnte zur Verfügung stehende<br />
Wohnraum. Die existenten Häuser waren auch nach dem Auszug der Flüchtlinge<br />
und Ausgebombten zumeist nicht übermäßig geräumig. Auch wollte die damalige Jugend<br />
dann auf eigenen Beinen stehen und nicht mehr mit 2- oder 3 Generationen zusammen<br />
wohnen, was gelegentlich schon zu Reibereien und Diskussionen führte. Es<br />
wurde also an- und umgebaut bzw. gleich neu gebaut. Außerdem gab es einen großen<br />
Nachholbedarf am Einbau moderner sanitärer Einrichtungen, denn auf den Plumpsklo<br />
gehen bzw. im „Bränksche“ sich samstags zu waschen, das war nicht mehr zeitgemäß!<br />
Das Wannenbad und die 3 Duschkabinen in dem neuen DGH waren, wie zuvor schon<br />
gesagt, nur am Samstag jeweils von 15:00 – 20:00 Uhr geöffnet.<br />
Zum Thema Schule: Hier war der Besuch der hiesigen Volksschule mit einem einzigen<br />
Klassenraum der Normalfall. Man ging 8 Jahre zur Schule und das reichte. Interessanterweise<br />
wurde den Kindern in diesen 8 Jahren von zwar älteren, aber erfahrenen Pädagogen<br />
wie Herrn Gronau, Herrn Wengenroth, Herrn Euler oder zum Schluss Herrn Ditthard<br />
in den Fächern Rechnen, Raumlehre, Deutsch, Naturkunde, Sozial – und Erdkunde<br />
so vieles beigebracht, dass man ohne Zweifel den Vergleich mit einem heutigen<br />
guten mittleren Schulabschluss anstellen kann. Das war dann die Grundlage für eine<br />
gediegene Facharbeiterausbildung.<br />
Noch eine nette Anmerkung: Zu jener Zeit gab es einen etwas übergewichtigen Schulrat<br />
namens Otto Köth, der damals schon einen großen „Opel Kapitän“ fuhr. Vor diesem<br />
großen, immer lautstark polternden Menschen hatten Schüler und Lehrer gleichermaßen<br />
einen Heidenrespekt. Ich entsinne mich an einen Besuch des besagten Herrn bei uns.<br />
Wie immer kam er unangemeldet in unsere Schule. Er stand dann vor der Klasse. Unser<br />
damaliger Lehrer, Herr Wengenroth, stand ziemlich hilflos hinter ihm und soufflierte<br />
uns lautlos die Antworten auf die gestellten Fragen.<br />
Im Zusammenhang mit diesem Herrn erhielt ich den nachstehenden Vierzeiler, dem<br />
nichts mehr hinzuzufügen ist:<br />
Wenn morgens früh die Tür `aufgeht,<br />
ein Riese ohne Schlips da steht,<br />
die Haare wild vom Winde verweht,<br />
dann ist es unser Schulrat Köth!<br />
Man konnte auch hauswirtschaftliche Schulen, z. B. im Vordertaunus, besuchen. Vor –<br />
bzw. während des 2. Weltkrieges wurde auch noch gerne die „Landwirtschaftliche<br />
Schule“ in Usingen im Winterhalbjahr besucht.<br />
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Meines Wissens war der erste Finsternthaler, der die Christian Wirth Schule (damals<br />
„Aufbauschule“) in Usingen besucht hat, unser Mitbürger Reinhold Müller. Aus dieser<br />
Zeit stammt auch die Aussage von Lehrer Emil Ditthard: „Aus allen ist etwas Anständiges<br />
geworden!“ - Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!<br />
Vergnügungen<br />
Durch die entbehrungsreichen Kriegsjahre und die ersten Nachkriegsjahre kam das<br />
Thema Vergnügungen zu kurz. Wem hat es damals schon aufgelegen zu tanzen, wenn<br />
der Mann, Sohn, Vater oder Bruder im Feld war und man nicht wusste, wie es ihm ging.<br />
Unsere Gedenkstätte am Friedhof zeigt, welch` hohen Blutzoll unser kleines Dorf im 2.<br />
Weltkrieg zu zahlen hatte. Aber in den 50ern begann es dann.<br />
Im „Deutschen Hof“ gab es regelmäßig Tanzveranstaltungen und Maskenbälle, die ich<br />
als 6 – 10 Jähriger aufmerksam verfolgte. Dabei spielte dann immer die Kapelle Alwin<br />
Müller auf. Die Besetzung besagter Kapelle war lange Jahre immer die gleiche:<br />
Kapellmeister und Trompeter war Alwin Müller. Die Klarinette spielte ein Robert aus<br />
Rod a. d. Weil, Otto aus Winden saß am Schlagzeug und von Fall zu Fall kam Heinrich<br />
Marx aus Treisberg hinzu mit seiner großen Basstuba. – Auch Reinhold Müller, der<br />
Sohn von Alwin Müller, spielte gelegentlich schon mit. Noch viele Jahre später, wenn<br />
ich irgendwo unterwegs war und mein Gegenüber erfuhr, dass ich aus Finsternthal<br />
komme, war die obligatorische Frage: „Was macht denn der Alwin? – Geht’s ihm gut?“<br />
Also, einen besseren Botschafter für Finsternthal gab es in den ersten 30 Nachkriegsjahren<br />
sicherlich nicht!<br />
Ein weiteres Highlight waren die in jedem Sommer stattfindenden Schützenfeste! 1954<br />
fand das erste statt. Auf der Straße vor den Anwesen Roth / Schlicht war ein mit Zeltplane<br />
überdachter Tanzboden aufgebaut. Die Kapelle saß erhöht über dem Vorgärtchen<br />
des Anwesens Schlicht. Unser erster Schützenkönig war damals Norbert Babioch. Ich<br />
entsinne mich, dass es damals z. T. heftig regnete, was aber dem Vergnügen keinen<br />
Abbruch tat.<br />
Diese Schützenfeste begannen zumeist schon freitagabends und endeten am Montag.<br />
Die Mitglieder des Schützenvereines nahmen sich damals immer eine ganze Woche<br />
frei, um bei den Auf – und Abbauarbeiten alles perfekt zu erledigen. Ab 1955 fanden<br />
dann die Schützenfeste auf dem „Alten Hof“ und dem damaligen „Sportplatz“ vor den<br />
„Ochsenwiesen“ statt.<br />
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Zu unseren Straßen<br />
Die waren bis 1952 ungepflastert. Der Belag war eine Art fest gewalzter Splitt. Im Frühjahr<br />
gab es dann immer ziemlich große Schlaglöcher, die ausgefüllt werden mussten.<br />
Ein richtiges Kanalsystem gab es auch noch nicht. Alles, was heute normalerweise in<br />
den Kanal fließt, wurde damals in die Puddelkaut (= Jauchegrube) geleitet, die in jedem<br />
Hause vorhanden war. War diese voll, so wurde die Jauche auf das Feld gefahren. Im<br />
Winter war dieses Verfahren wegen des Schnees und Regens zumeist nicht praktikabel.<br />
Also liefen die hauseigenen Jauchegruben über. Diesen flüssigen Überlauf leitete man<br />
dann durch den Hof hinaus auf die Straße, wo er dank des in Finsternthal fast überall<br />
vorhandenen Gefälles über die an den beiden Seiten der Dorfstraße vorhanden Flesschen<br />
(Ablaufrinnen) in einen unserer beiden Bäche geleitet wurde.<br />
Dorfstraße Finsternthal, ca. 1938<br />
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Unnötig zu sagen, dass gerade in dieser Zeit tags und nachts eine ziemlich übelriechende<br />
Dunstglocke über dem ganzen Dorf stand.<br />
Diese beiden Übel (kein Kanal und schlechter Straßenbelag) galt es abzuschaffen!<br />
Otto Rohrbach war zu dieser Zeit, wie schon zuvor erwähnt, unser Bürgermeister. Er<br />
hatte übrigens sein Amt von 1948 – 1960 inne. Er beriet sich also mit seiner Gemeindevertretung,<br />
wie man da am Besten vorgehen könne.<br />
Das Kanalproblem wurde als Erstes angegangen. Per Hand wurden mit Hacke und<br />
Schaufel in allen 4 damaligen Dorfstraßen tiefe Gräben zur Aufnahme von den jeweils<br />
1 Meter langen Kanalrohren ausgehoben. Anschließend wurden die besagten Rohre verlegt.<br />
Dies` alles erfolgte zumeist in Eigenleistung, d. h. durch die jungen Männer des<br />
Dorfes und hatte somit den Vorteil, dass das so verdiente Geld im Dorf blieb und man<br />
zudem teure Unternehmerkosten sparte.<br />
Resultat: die ansonsten in den Flesschen oberirdisch ablaufende Jauche wurde nun unterirdisch<br />
abgeleitet. Natürlich noch in keine Klärgrube, sondern wie auch zuvor in einen<br />
der beiden Bäche. Das Geruchsproblem war aber somit weitestgehend gelöst!<br />
Somit war die Voraussetzung geschaffen, sich an einen neuen Straßenbelag zu machen.<br />
Das Pflastergeschäft JOST aus Weilmünster, das es übrigens heute noch gibt, erhielt<br />
den Generalauftrag, alle Dorfstraßen zu pflastern. Begonnen wurde mit dem Friedhofsweg,<br />
der in der feuchten, kalten Jahreszeit eine ziemlich furchige Oberfläche hatte,<br />
milde ausgedrückt.<br />
Wir Schüler hatten dabei die seltene Gelegenheit zu beobachten, wie professionell das<br />
Pflasterhandwerk ausgeführt wurde. Jeder Pflasterer hatte sich ein rundes Schemelchen<br />
mit einem Bein an seine Rückseite geschnallt. Mit geübtem Blick wurden die passenden<br />
Steine ausgewählt und in das vorbereitete Sandbett geklopft. Aus jener Zeit stammt<br />
auch der Spruch „Unpassende Steine gibt’s nicht. Was kommt wird genommen!“<br />
So wurden dann nach und nach der Friedhofsweg, die Hintergasse (= Schmitterstraße),<br />
die Hauptstraße (= Landsteiner Straße) und der Neuweiler Weg (= Borngartenstraße)<br />
gepflastert. Der Schmittener Weg wurde zu einem späteren Zeitpunkt mit anderen, gröberen<br />
Pflastersteinen versehen. – Was war das dann für ein Unterschied, als wir mit<br />
unseren Fahrrädern über die nun ebenen glatten Flächen fahren konnten.<br />
Noch eine Anmerkung: In der 12 – jährigen Amtszeit von Bürgermeister Otto Rohrbach<br />
wurden die größten Investitionen aller Zeiten in Finsternthal, nämlich der Bau des DGH,<br />
das neue Kanalsystem, das Pflastern der Dorfstraßen und der Bau des Holzhauses,<br />
durchgeführt. Wie schon gesagt, unser Dorf hatte durch den guten Holzverkauf die nötigen<br />
Mittel parat.<br />
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Die finanzielle Lage des Dorfes war seinerzeit so gut, dass bis in die 60 er / 70 er Jahre<br />
in Finsternthal kein Wasser – oder Kanalgeld zu zahlen war.<br />
Wie kamen nun die Finsternthäler zu ihren auswärtigen Arbeitsplätzen bzw. zum Einkaufen<br />
nach Usingen, Camberg, Weilburg oder Frankfurt?<br />
Da gab es verschiedene Möglichkeiten:<br />
- Zum einen das „Pöstchen“. Das war ein 6 – sitziges gelbes Postauto, mit dem man<br />
mittags nach Usingen fahren konnte. Das Auto brachte von Usingen her die tägliche<br />
Post in die Dörfer des Altkreises USI. War das Pöstchen, das von Mauloff herunter<br />
kam, schon besetzt, so hatte man Pech.<br />
- Des Weiteren gab es vom Landstein aus auch diverse Busverbindungen, wo wir<br />
Finsternthaler zusteigen konnten:<br />
- Bad Nauheim – Wiesbaden - zurück<br />
- Weilburg – Ffm – zurück<br />
- Rod a . d. Weil nach USI - zurück<br />
Man musste dabei halt jedes Mal die 2 km Fußmarsch zum – bzw. vom Landstein<br />
in Kauf nehmen.<br />
- Außerdem gab es einen sehr frühen „Arbeiterbus“ (Abfahrt am Landstein um 5:30)<br />
der von Haintchen / Hasselbach aus nach Ffm fuhr.<br />
Pfad von Finsternthal nach Treisberg („Totepfädche“, ca. 1940))<br />
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Diesen Bus benutzte ich 1 Jahr lang als Azubi. Dann reichte mir das und ich kaufte<br />
mir einen Uralt Brezelkäfer mit 24 PS und unsynchronisiertem Getriebe.<br />
Die Fahrpreise zu jener Zeit, das weiß ich noch sehr genau, betrugen z. B.:<br />
- Landstein – USI (Marktplatz) = 0,55 DM<br />
- Landstein – Ffm (Hbf.) = 2,50 DM<br />
Im Allgemeinen fuhren in den ersten 5 Nachkriegsjahren die Finsternthaler Männer<br />
Motorräder. Da gab es eine 250 ccm Viktoria, eine 125 ccm DKW, eine 98 ccm NSU<br />
Fox, eine 250 ccm DKW, eine schöne 350 ccm Horex „Regina“ und noch eine „Regina“<br />
mit Seitenwagen und auch schon eine 500er BMW mit Seitenwagen.<br />
Ich fuhr eine 50 ccm Kreidler „Florett“. Mein Freund Norbert hatte ein NSU „Quickly“<br />
und später eine NSU „Cavallino“.<br />
So ging es durch das ganze Dorf.<br />
Mit den Motorrädern kam es der schlechten Straßen und des schlechten Wetters wegen<br />
auch zu Stürzen, die leider auch gelegentlich tödlich endeten. Innerhalb von nur 20<br />
Jahren verstarben 5 junge Finsternthaler Männer im Alter von 18 – 39 Jahren durch<br />
Motorradunfälle:<br />
- 1939 Fritz Schäfer<br />
- 1952 Willi Vollberg<br />
- 1954 Richard Melcher<br />
- 1956 Ernst Klingelhöfer und<br />
- 1960 Karl Jung<br />
Fast schlagartig hörte dann die Ära „Motorradfahren“ auf. Die Leute hatten alle Arbeit<br />
und somit etwas Geld zur Verfügung. Somit war es eigentlich nur eine Frage der Zeit,<br />
bis die außerhalb des Dorfes Berufstätigen das erste Auto hatten. Dies` waren u. a.<br />
- Albert Löw mit seinem schwarzen 2 Zylinder DKW, der aber bald durch einen<br />
schönen dunkelroten DKW 3 = 6 abgelöst wurde.<br />
- Fred Fels hatte das gleiche Modell.<br />
- Hubert Vogt fuhr nach der „Regina“ einen Lloyd „Alexander“, der dann von einem<br />
Lloyd „Arabella“ abgelöst wurde.<br />
- Norbert Wick fuhr einen himmelblauen VW „Export“, der auch unser Hochzeitsauto<br />
war.<br />
- Reinhold Müller hatte einen „Buckelford“ und danach ein schönes „Goliath Coupe“<br />
mit immerhin 40 PS.<br />
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- Ich fuhr den schon zuvor erwähnten VW „Standard“ Bj. 1952 mit unsynchronisiertem<br />
Getriebe. Leider war diesem Auto mangels meiner Fahrkenntnisse bzw. wegen<br />
zu schnellen Fahrens nur eine kurze Zeit bei mir beschieden.<br />
Dabei belasse ich es jetzt, denn diese Reihe könnte man noch beliebig fortsetzen.<br />
Das war die Situation, die sich so bis zum Jahre 1970 hin fortsetzte. 15 – 20 Jahre nach<br />
Kriegsende hatten sich die Finsternthäler im Allgemeinen wirtschaftlich wieder etabliert<br />
und alle hatten Arbeit!<br />
Schon zur Mitte der 60 er Jahre begann dann die Diskussion bezüglich einer Gebietsreform.<br />
Dazu nur so viel: Über Weilnau wurde das bis dato unabhängige und schuldenfreie<br />
Finsternthal 1972 dann einer der 13 Ortsteile der Großgemeinde Weilrod.<br />
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Finsternthal<br />
von 1970 – heute<br />
Das immer wieder heiß diskutierte Thema Ende der 60er – und Anfang der 70er Jahre<br />
des letzten Jahrhunderts war die schon zuvor erwähnte<br />
Gebietsreform.<br />
Finsternthal hatte damit aber zunächst gar nichts am Hut. Unser Dorf war, wie gesagt,<br />
schuldenfrei, hatte über 100.000.- DM Guthaben auf der Bank und kam mit der seinerzeit<br />
praktizierten Art von Verwaltung ganz gut zurecht.<br />
Dorfmitte mit dem alten Rat-/Backhaus, der ehemaligen Gaststätte „Deutscher<br />
Hof“ und dem Anwesen Schlieske<br />
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Wollte man z. B. den Bürgermeister besuchen – das war damals Otto Kingelhöfer – so<br />
ging man einfach zu ihm. Sprechstunden, wie heute üblich, gab es nicht. Gleiches galt<br />
auch für den Gemeinderechner (der letzte war Karl Heinz Könnemann). Auch ihn<br />
konnte man jederzeit besuchen.<br />
Somit war es für die übergeordneten Gremien wie Kreis – und Landtag nicht ganz einfach,<br />
die Finsternthaler Bürger von den Vorteilen einer Großgemeinde mit einem<br />
hauptamtlichen Bürgermeister und einer zentralen Verwaltung zu überzeugen.<br />
Im Vorfeld der Gebietsreform kam es dann auch noch Finsternthal intern zu einem Vorfall,<br />
der für unseren Ort nicht gerade schmeichelhaft war. Die Finsternthaler hatten nämlich<br />
einfach die Bürgermeisterwahl verschlafen. Ich war seinerzeit kommunalpolitisch<br />
noch ein Laie und hatte andere Interessen. Der Einfachheit halber zitiere ich jetzt einfach<br />
einmal auszugsweise einen Pressebericht vom Januar 1969 zu diesem Thema mit<br />
dem prinzipiellen Inhalt:<br />
„Mit dem Bürgermeister hatte die Gemeinde Finsternthal einfach die Kommunalwahl<br />
1969 verpasst. … Damit war dann der Weg frei für ein Triumvirat, bestehend aus<br />
- dem Bürgermeister Otto Klingelhöfer<br />
- dem 1. Beigeordneten August Rühl und<br />
- Alfred Rühl als einzigem Gemeindevertreter.<br />
So weit so gut! Sogar der hessische Rundfunk war mit einem Kamerateam im Frühjahr<br />
1969 bei uns hier im Dorfgemeinschaftshaus, um dieses Dorf im Hintertaunus zu filmen.<br />
Zeitnah dazu hatte die hessische Landesregierung mit Stichtag vom 1.8.1972 noch beschlossen,<br />
den Altkreis Usingen mit dem damaligen polizeilichen Kennzeichen „USI“<br />
in den Hochtaunuskreis mit dem pol. Kennzeichen „HG“ zu integrieren. So viele Neuerungen<br />
auf einmal waren den damaligen Finsternthalern schon suspekt.<br />
Aber der Reihe nach. Zunächst die neue Großgemeinde. Da kam es im Dezember 1970<br />
zur Gründung der Vorgängergemeinde Weilrods, nämlich zu WEILNAU. Diese Gemeinde<br />
mit den fünf Ortsteilen Altweilnau, Neuweilnau, Riedelbach, Finsternthal und<br />
Mauloff bestand aus einer homogenen Bevölkerung. Man hatte weitestgehend die gleichen<br />
bäuerlichen Wurzeln und man kannte fast jeden in diesem Umfeld. Im Juni 1971<br />
wurde durch die damalige Gemeindevertretung der erste hauptamtliche Bürgermeister<br />
Kurt Böhmer aus Hausen gewählt.<br />
Zeitnah dazu erfolgte im Dezember 1971 der freiwillige Zusammenschluss der bis dato<br />
unabhängigen vier Dörfer Cratzenbach, Rod a. d. Weil, Gemünden und Winden zur<br />
Großgemeinde Rod an der Weil.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Aber auch das war alles nur von kurzer Dauer. - Schon im Juli 1972 beschloss der Hessische<br />
Landtag die Bildung der Großgemeinde WEILROD zum 1. August 1972 in der<br />
heutigen Form mit den 13 Ortsteilen Altweilnau, Cratzenbach, Finsternthal, Emmershausen,<br />
Gemünden, Hasselbach, Mauloff, Neuweilnau, Niederlauken, Oberlauken, Riedelbach,<br />
Rod a. d. Weil und Winden.<br />
Das war nun auch nicht gerade die Lösung, die uns Finsternthalern so vorschwebte.<br />
Wir waren jetzt mit Ortsteilen vereint, die man zuvor vielleicht nur 1 – oder 2 mal besucht<br />
hatte oder z. T. sogar nur vom Hörensagen her kannte. Wenn man die damaligen<br />
Berichte in der Presse jetzt so liest, ging das aber fast in allen Ortsteilen ähnlich zu. –<br />
Das bis dato seit 783 Jahren weitestgehend selbständige Dorf Finsternthal (es wurde<br />
erstmals urkundlich 1230 erwähnt) war somit Teil der neuen Großgemeinde Weilrod!<br />
In diesem Zusammenhang kam es noch zu einem weiteren für unser Dorf unerfreulichen<br />
Vorfall. Finsternthal war, wie schon zuvor mehrfach erwähnt, finanziell in einem Zustand,<br />
den heute nahezu alle Kommunen anstreben: das Dorf war schuldenfrei! Im Gegenteil,<br />
wir hatten sogar noch ein Guthaben in Höhe von etwas mehr als 100.000.-DM,<br />
heute wären das noch etwa 50.000.- Euro. Dies` war unsere Mitgift, die wir in die neue<br />
Scheune von N. Wick; eines der ältesten Gebäude in Finsternthal<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Großgemeinde mit einbrachten! Heute lässt sich das nicht mehr so genau recherchieren,<br />
aber ich denke wir waren einer der wenigen Ortsteile generell, die Bargeld als Guthaben<br />
mitbrachten. Es wurde sogar behauptet, davon sei in einem benachbarten Ortsteil die<br />
Straßenbeleuchtung im Neubaugebiet bezahlt worden; wie gesagt, ein Gerücht.<br />
Ab August 1973, also seit 40 Jahren, bestand Weilrod dann offiziell. Wir in Finsternthal<br />
hatten unseren ersten Ortsbeirat. Unser Ortsvorsteher war damals Adolf Merling, ein<br />
erfahrener Kommunalpolitiker, der auch zeitweise im Kreistag zu Usingen saß und von<br />
dem ich sehr viel lernen konnte. Seine Stellvertreterin war Irma Bausch. Ich war der<br />
Jüngste in der Runde.<br />
Die Aufgaben des Ortsbeirates waren uns allen nicht so ganz geläufig. Es gab zwar die<br />
HGO (Hessische Gemeinde Ordnung), in der das Aufgabenspektrum des Ortsbeirates<br />
im Wesentlichen beschrieben war. Aber das war die Theorie. Die Gemeindeverwaltung<br />
in Weilrod hatte diesbezüglich ebenfalls keine Erfahrung. Hinzu kam, dass in der neu<br />
gebildeten Gemeindeverwaltung in Weilrod zumeist auch noch ortsfremde Beamte saßen,<br />
die im Gegensatz zu heute fast keinen der hiesigen Bewohner persönlich kannten.<br />
Außerdem gab es damals dorfintern schon eine Scheu, überhaupt in das neue Rathaus<br />
zu gehen.<br />
Damit kommen wir zu einem anderen Thema, das aus der damaligen Situation resultierte,<br />
den Bürgermeistern. Über lange 21 Jahre, nämlich von 1972 – 1993, hatten wir<br />
Bürgermeister, die alle außerhalb Weilrods ihren Wohnsitz hatten. Dies waren der<br />
schon zuvor erwähnte Hans - Joachim Galuschka, Alwin Grauwinkel und schließlich<br />
Rudolf Horak. Es schien seinerzeit, als ob es in den Reihen unserer <strong>Weilroder</strong> Mitbürger<br />
einfach niemanden gäbe, der die notwendige Qualifikation für solch ein Amt erfüllt<br />
hätte. - Dabei war der Grund ziemlich einfach: die sich jeweils an der Macht befindliche<br />
politische Partei oder Koalition im <strong>Weilroder</strong> Gemeindeparlament schlug den entsprechenden<br />
Kandidaten von außerhalb vor. - Das war wahrlich kein Meisterstück unserer<br />
damaligen Kommunalpolitiker!<br />
Erst 1993 durfte der mündige <strong>Weilroder</strong> Bürger direkt seinen Bürgermeister wählen.<br />
Und siehe da, von 1993 – 2005, also 12 Jahre lang, bekleidete der uns allen gut bekannte<br />
Hartmut Haibach dieses Amt. Seit 2005 bis heute ist der ebenso überall bekannte Axel<br />
Bangert in diesem Amt. Beide Personen, der eine aus Rod a. d. Weil, der andere aus<br />
Gemünden, sind tief verwurzelt in dem <strong>Weilroder</strong> Kultur – und Vereinsleben und sind<br />
m. E. die richtigen Personen für dieses für uns so wichtige Amt!<br />
Doch zurück nach Finsternthal. Wie schon zuvor erwähnt, war eine der ersten Amtshandlungen<br />
der neuen <strong>Weilroder</strong> Verwaltung das Versenden von Anliegerbescheiden<br />
für den neu erbauten Kanal in der Schmitterstraße mit ziemlich rigiden Zahlungsbedingungen<br />
und das Ganze auch noch ohne jede Vorankündigung! Da ging ein ziemliches<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Rauschen durch den lokalen Blätterwald. Anwälte wurden konsultiert, Interessengemeinschaften<br />
wurden gegründet. - Die sich damals in der Opposition befindliche Partei<br />
nutzte die Gunst der Stunde und warf der Gemeindeverwaltung Bürgerferne und Unsensibilität<br />
vor. - H.J. Galuschka antworte darauf im UA vom 30.9.1974 mit Begriffen<br />
wie „Vorwürfe entbehren jeder Grundlage“ oder „heuchlerischen Kampagnen“.<br />
Kurzum, das war schon eine sehr lebendige Zeit. Alles wurde dann nach einiger Zeit<br />
gelöst in der Form, dass man den Bürgern Ratenzahlungen zubilligte. Heute werden<br />
solche Aktionen im Vorfeld besprochen und man versucht, für alle Beteiligten akzeptable<br />
Lösungen zu finden.<br />
Aber das war noch nicht alles! Bis zum Zeitpunkt unserer Eingemeindung gab es bei<br />
uns im Dorf der relativ guten finanziellen Lage wegen keine Gebühren für Wasser, Kanal<br />
und Müll. Wasser gab es umsonst. Der Kanal war die fast überall vorhandene Jauche-<br />
bzw. Klärgrube und Müll fiel nicht oder nur in geringen Mengen an. Sogar die<br />
Grundsteuer konnte man vor 1970, sofern man das wollte, abarbeiten z. B. bei der<br />
jährlich stattfindenden Feldwegeinstandsetzung. Das war jetzt nicht mehr möglich! Die<br />
Der Ortseingang vom Landstein her, 2012<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Haushaltskassen der Finsternthaler Bürger wurden ab 1972 in ungewohnter Weise strapaziert.<br />
In diesen Kontext passt der Bericht, der am 23. Juli 2004, also vor 9 Jahren, im UA<br />
erschien unter dem Titel „Unsere Ortsbeiräte“; dieses Mal FINSTERNTHAL. Hier äußern<br />
sich ehemalige Ortsvorsteher und Mitglieder der Ortsbeiräte kritisch – wohlwollend<br />
zum Thema Ortsbeirat. - D. Recknagel war damals unser Ortsvorsteher und fasste<br />
es so zusammen: „Kleine Brötchen backen, aber die die gebacken werden, sollen gut<br />
sein!“ – Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.<br />
Soweit dieser Bericht, der die damalige Situation gut beschreibt. Er beschreibt aber<br />
auch, dass sich mittlerweile fast alles zum Guten gewendet hat.<br />
Unser derzeitiger Ortsbeirat, bestehend aus Diana Schöneich, Anja Wischmann und<br />
Bärbel Kammer mit Berit Hahn als Schriftführerinnen, haben in den 2 Jahren ihrer bisherigen<br />
Arbeit schon einiges bewegt. Die Verwaltung in Weilrod, das weiß man mittlerweile,<br />
tut zumeist fast alles in ihrer Möglichkeit stehende, um den Ortsbeiräten zu<br />
helfen. Bei Sanierungen z.B. stellt die Gemeindeverwaltung das Material. Die durchzuführenden<br />
Bauarbeiten werden von ortsansässigen Handwerkern durchgeführt. Jagdgenossenschaft,<br />
Freiwillige Feuerwehr, Backesverein und auch viele Bürger sind fast<br />
immer bereit, bei Bedarf ihren freiwilligen Beitrag dazu zu leisten.<br />
In diesem Zusammenhang ist es sicherlich interessant, einmal die größeren Projekte,<br />
die seit der Gebietsreform 1972 bei uns in Finsternthal durchgeführt wurden, zu benennen:<br />
- Trauerhalle auf dem Friedhof<br />
- Ortsmittelpunkt im Straßenverlauf neu gestaltet<br />
- Brunnenplatz neu erstellt<br />
- Back- / Rathaus wurde 2x renoviert<br />
- Feuerwehrhaus wurde 2x renoviert sowie 1x erweitert<br />
- DGH wurde von Grund auf renoviert (danach war ein<br />
- größerer Wasserschaden, der unternehmerseitig repariert wurde.<br />
- Bezahlt wurde das Ganze durch die Versicherung des Verursachers).<br />
- Wiegehäuschen wurde komplett renoviert und umgebaut zu einer<br />
- öffentlichen Toilette, die bei Veranstaltungen der FFW und<br />
- des Backesvereines benutzt werden kann.<br />
- 10 Bänke, gestiftet von Finsternthaler Bürgern, den<br />
- örtlichen Vereinen und Unternehmen.<br />
- Neuer Schaukasten für öffentliche Mitteilungen und<br />
- Mitteilungen der Vereine und der Jagdgenossenschaft.<br />
- die lfd. Instandhaltung der öffentlichen Einrichtungen<br />
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- eine neue Wasserleitung aus dem Mauloffer Berg bis zum Ortseingang.<br />
Dies` dürften die Hauptprojekte der letzten 40 Jahre gewesen sein, die sich, denke ich,<br />
für ein 180 Seelendorf sehen lassen können.<br />
Arbeit bei uns im Dorf<br />
Der größte Unterschied im Vergleich zu der Zeit von 1945 – 1970 ist der, dass in den<br />
vergangenen 40 Jahren die Landwirtschaft, die früher fast immer das Haupteinkommen<br />
der hiesigen Bevölkerung stellte, vollkommen zum Erliegen gekommen ist. Die letzten<br />
aktiven Landwirte - das waren meines Wissens die Familien Wissig, Schlicht und Uhrig<br />
- haben ihre diesbezüglichen Aktivitäten schon seit Jahren eingestellt.<br />
Wie kommen die Finsternthaler heutzutage nun zu ihrem Einkommen? Da gibt es, wie<br />
auch schon früher, die selbstständig Tätigen, die jedoch zumeist ihren Sitz außerhalb<br />
des Dorfes haben. Es sind für ein Dorf unserer Größe ungewöhnlich viele; nämlich 15<br />
Unternehmen der unterschiedlichsten Art, die ihre Firmensitze in Usingen, Bad Camberg,<br />
Hunoldstal, Bad Homburg, Altweilnau, Würges, Neu Anspach, Idar-Oberstein, dem E-<br />
gertshammer und natürlich hier in Finsternthal haben.<br />
Die Arbeitnehmer des Dorfes haben, im Gegensatz zu früher, zumeist Berufe, die sie z.<br />
B. in den Vordertaunus bis hin nach Frankfurt führen. Es sind fast keine der früher üblichen<br />
Berufe mehr dabei, sondern fast ausschließlich solche, die den Bedürfnissen der<br />
heutigen modernen Industriegesellschaft angepasst sind.<br />
Fast alle Finsternthaler sind mittlerweile mit dem Computer gut vertraut und benutzen<br />
ihn gerne und häufig, auch neben dem Beruf. Google, Facebook, Twitter und Skype<br />
haben die Grenzen Stadt – Land wegfallen lassen.<br />
Dass man seinen Beruf zeitweise auch im Ausland ausübt, ist zwar immer noch nicht<br />
alltäglich, aber auch nicht mehr so exotisch wie zu der Zeit, als Günter Sittig und ich<br />
jahrelang dieser Art Tätigkeit in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika nachgegangen<br />
sind.<br />
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Die Finsternthaler Handwerker N. Wick und H. Laubner bei dem Renovieren des Dorfbrunnens<br />
Damit komme ich zu einem anderen Thema:<br />
Unentgeltliche Hilfe der hiesigen Bürger bei der Renovierung öffentlicher Einrichtungen.<br />
Da sind zuallererst zu nennen:<br />
- unsere Feuerwehr<br />
- der Backesverein und<br />
- die Jagdgenossenschaft<br />
Fast alle Bürger des Dorfes sind Mitglieder in einem oder mehreren der vorgenannten<br />
Vereinigungen.<br />
Fast jeder ist im Rahmen seiner Möglichkeiten auch bereit, für das Dorf auf die eine<br />
oder andere Art ehrenamtlich tätig zu sein.<br />
Besteht zudem Bedarf an zusätzlichen finanziellen Mitteln, so genügt im Idealfall ein<br />
Telefonat, um den benötigten Betrag als Spende zu erhalten. Ich denke, das ist schon<br />
vorbildlich!<br />
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Das „auswärts tätig sein“ hat aber auch seine Negativseiten. Bei knapp 200 Einwohnern<br />
hat unser Dorf ca. 125 Autos. Tagsüber fällt das nicht so auf. Abends und am Wochenende<br />
jedoch, ist speziell in der Dorfmitte sowie in einigen Seitenstraßen fast kein Durchkommen<br />
mehr. Da macht sich schon die Tatsache bemerkbar, dass Finsternthal ursprünglich<br />
ein Dorf bäuerlichen Ursprungs war. Die Dorfstraßen waren seinerzeit völlig<br />
ausreichend für die Kuh – und Pferdefuhrwerke; für den heutigen Verkehr leider nur<br />
noch begrenzt.<br />
Autos gab es bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts nur sehr wenige. Derzeit<br />
gibt es fast in jedem Haus ein – oder mehrere Autos, die auch benötigt werden, um zur<br />
Arbeit zu kommen, zum Einkaufen zu fahren oder zum Transport der Kinder in die<br />
Schule. Es gibt zwar auch Busverbindungen, aber die sind zumeist nur für die reguläre<br />
Schulzeit passend.<br />
Wie gesagt, das Parkproblem ist, trotz ständigen Monierens, noch nicht gelöst.<br />
Feuerwehr<br />
Die Freiwillige Feuerwehr Finsternthal wurde 1932 gegründet. Es war damals eigentlich<br />
Ehrensache, dass man mit 14 Jahren eintrat, mit 16- bzw. 18 Jahren aktives Mitglied<br />
wurde und mit 65 Jahren in die so genannte „Alters – und Ehrenabteilung“ überwechselte.<br />
Veranstaltungen der FFW wie Ausflüge, Weihnachtsfeiern, Grillabende, Teilnahme<br />
an Feuerwehrwettkämpfen, Vatertagsausflüge oder Festbesuche in den Nachbardörfern,<br />
das waren Events, an denen dann fast immer das ganze Dorf mit großer Begeisterung<br />
teilnahm.<br />
Das hat sich heute teilweise geändert. Ausflüge, Grillabende und vergnügte Abende im<br />
DGH gibt es zwar immer noch, aber die Menschen, auch die Finsternthaler, haben ihre<br />
Lebensgewohnheiten der heutigen Zeit angepasst. Viele unserer Mitbewohner fahren<br />
1x pro Jahr – oder auch häufiger - in Urlaub. Dazwischen gibt es Kurzurlaube zum<br />
Wochenende mit dem Flugzeug innerhalb Europas oder auch nach Übersee. Man sieht<br />
fern, chattet und skypt im Internet oder den diversen sozialen Foren.<br />
Aber zurück zur FFW. Uns im Dorf geht es bezüglich der Anzahl der „aktiven Mitglieder“<br />
eigentlich gut. Fast alle Bürger und Neubürger sind Mitglied – aktiv oder passiv.<br />
Das hat neben einem effektiven Brandschutz zudem den Vorteil, dass sich diese Neu –<br />
Finsternthäler schnell in das hiesige Ortsleben integrieren, was in einigen unserer Nachbargemeinden<br />
schon ein Thema ist.<br />
Der letzte Einsatz unserer Wehr im Jahre 2012 war am 13.11.2012. Da hatte sich bei<br />
der ersten Straßenglätte ein Auto von Mauloff kommend überschlagen. Unsere Wehr<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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rückte morgens um 7:35, nur 5 Minuten nach dem Sirenenalarm, nahezu voll besetzt<br />
aus. - Das ist schon vorbildlich!<br />
Aber wie gesagt, die Freiwilligen Feuerwehren generell leiden schon unter Mitgliedermangel.<br />
Ich erinnere diesbezüglich nur an Winden oder Westerfeld, wo man zwischenzeitlich<br />
die Mindeststärke einer Einsatzabteilung unterschritten hat und das Szenario<br />
„Stützpunktfeuerwehr“ automatisch zum Thema wird.<br />
Dorfgemeinschaftshaus<br />
Dieses wurde 1955 / 56 in Eigenleistung erbaut. Es war eine frühere Scheune, die der<br />
Familie Hermann gehörte.<br />
Dieses DGH beinhaltete damals alles, was unser Dorf dringend benötigte. Es gab einen<br />
großen – und einen kleinen Saal mit Küche, in dem die Finsternthäler ihre Hochzeiten,<br />
Taufen, Trauerkaffees und runde Geburtstage feierten. Feuerwehr und Schützenverein<br />
veranstalteten dort ihre Festlichkeiten und Sendungen wie „So weit die Füße tragen“<br />
etc. sah man sich dort gemeinsam an. Es gab eine moderne Wäscherei mit allem was<br />
man benötigte. Weiterhin gab es 3 Duschen und ein Wannenbad; es gab das Schlachthaus<br />
und eine moderne Tiefkühlanlage, in der die Frauen des Dorfes ihre Lebensmittel<br />
einlagern konnten. Alle diese genannten Aktivitäten sind im Laufe der Jahre bis auf ein<br />
Minimum zurückgegangen bzw. es gibt sie gar nicht mehr.<br />
Auch hier stellt sich mittlerweile die Frage der Wirtschaftlichkeit. In der Presse konnte<br />
man die Diskussionen bez. der 10.- Euro Nutzungsgebühr schon häufiger lesen. In einigen<br />
Nachbargemeinden denkt man sogar schon über Schließungen nach. So unangenehm<br />
dieses Thema auch ist, es wird in Zeiten der hochverschuldeten Kommunen sicherlich<br />
noch häufiger auf der Tagesordnung stehen.<br />
Gaststätten im Dorf<br />
Daran war unser Dorf reich. In Hochzeiten, so zwischen 1950 und 1980, gab es 4 Gaststätten:<br />
den „Deutschen Hof“, die Gaststätte „Zum Taunus“, das „Haus Pfitzer am<br />
Bach“ und die „Alte Schule“.<br />
Zuerst Schloss die Gaststätte „Zum Taunus“ Ende der 60er / Anfang der 70er Jahre des<br />
letzten Jahrhunderts, dann das „Haus Pfitzer am Bach“ und zu guter Letzt 1993 der<br />
„Deutsche Hof“.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Die „Alte Schule“ wurde durch Heinz und Ursula Queisser am 5. September 1977 eröffnet<br />
und war dann 28 Jahre lang bis zum 30. Juni 2005 für die örtlichen Vereine und<br />
den TUS Weilnau das Lokal, in dem man sich traf. Auch zu Familienfesten ging man<br />
des guten Essens und der günstigen Preise wegen gern zu Ursula und Heinz. Das waren<br />
gute Wirtsleute!<br />
Derzeit ist unser Dorf ohne ein Gasthaus. Wenn man gut und günstig deutsch essen<br />
gehen möchte, dann kann man das auf dem Treisberg, in Hunoldstal, in Mauloff und in<br />
Reichenbach.<br />
Schulen<br />
Bis 1967 konnten die Kinder unseres Dorfes hier in unsere einklassige Schule gehen.<br />
Wer weiterführende Schulen besuchen wollte, musste dazu nach Usingen fahren zur so<br />
genannten Mittelschule bzw. zur Christian-Wirth-Schule. Dazu mussten die Kinder<br />
dann erst einmal bei Wind und Wetter zu Fuß oder mit dem Rad die 2 km zum Landstein<br />
bewältigen und dann ging es weiter mit dem Bus.<br />
Ab 1967 änderte sich das dann. Die Mittelpunktschule in Riedelbach am Sommerberg<br />
wurde eröffnet. Unser damaliger Lehrer Emil Ditthard musste noch seine letzten Dienstjahre<br />
in Riedelbach unterrichten. – Einen Vorteil hatte es aber: die Finsternthaler Kinder<br />
wurden morgens mit dem Schulbus abgeholt und mittags auch wieder nach Finsternthal<br />
gebracht. Aber auch dann mussten die Kinder, sofern sie weiterführende Schulen besuchen<br />
wollten, nach Usingen, Neu Anspach oder Königstein, um ihr Abitur zu machen.<br />
Obwohl das fahrtechnisch immer mit ziemlich viel Aufwand verbunden war und ist,<br />
steht jetzt jedem Kind der Weg zu allen Schultypen offen! Auch Auslandsschuljahre<br />
sind mittlerweile für Finsternthäler Kinder Usus. Zuletzt war unsere junge Mitbürgerin<br />
Luca Grünauer für 1 Jahr in Guadalajara, Mexiko und fühlte sich dort sehr wohl.<br />
Häuser im Dorf<br />
Zu diesem Thema hatte ich im 1. Teil dieses Berichtes u. a. geschrieben: „Nach Kriegsende<br />
waren die Wohnverhältnisse bei uns im Dorf schon sehr beengt. Bis zu 4 Generationen<br />
lebten damals zeitweise zusammen, was gelegentlich schon zu Schwierigkeiten<br />
führte. Es wurde also an – um – oder gleich neu gebaut, um diese beengten Verhältnisse<br />
schnellstmöglich zu beenden. Man baute geräumige Häuser und fühlte sich dann darin<br />
auch wohl.“<br />
Jetzt, 50 oder 60 Jahre später, stellt sich die hiesige Wohnsituation allerdings so dar:<br />
Einige Häuser stehen leer, andere geräumige Gebäude sind nur mit 2 bzw. 3 Personen<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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bewohnt und das wird sich in der nahen Zukunft sicherlich nicht wesentlich ändern. –<br />
Zum Glück werden diese leerstehenden Häuser aber zumeist relativ rasch verkauft und<br />
unsere Neubürger fühlen sich hierin wohl. Gleichwohl gibt es Häuser, die schon länger<br />
leer stehen. Was einmal mit ihnen geschehen wird, ist derzeit unklar.<br />
Resümee:<br />
Finsternthal ist ein Dorf mit einem schönen Umfeld und einem weitestgehend intaktem<br />
sozialen Leben, in dem es sich angenehm leben lässt!<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Genealogie der Schultheißenfamilie LEHR in<br />
Finsternthal und Umgebung<br />
Zusammengestellt von Erwin Buhlmann auf der Basis der Daten aus dem Buch "Die<br />
Familien des Kirchspiels Altweilnau" von Fritz Dienstbach mit Ergänzungen aus den<br />
umfangreichen Datensammlungen der Eheleute Rudi H. und Martha Kaethner.<br />
Nummer Name Kind Enkel Urenkel siehe bei<br />
Johann Wilhelm Lehr<br />
* um 1634 in Weilburg (?) ab 1638 in Butzbach<br />
Rotgerbermeister<br />
oo<br />
Anna Margarethe Weber<br />
* um 1639 in Butzbach (?)<br />
Kind:<br />
Johannes 1.<br />
* 15.03.1640 in Butzbach<br />
1. Generation<br />
1. Johannes Lehr<br />
* 15.03.1640 in Butzbach + <strong>17</strong>.05.<strong>17</strong>15<br />
Schultheiß ab 1667 bis <strong>17</strong>14<br />
oo 08.11.1659<br />
Anna Maria _______<br />
* um 1640 + 21.01.<strong>17</strong>02<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Anna Katharina Virginia<br />
* 02.07.1660 + 11.08.<strong>17</strong>04 in Riedelbach<br />
oo 23.01.1683<br />
Johannes Guckes, Schultheis in Riedelbach ab 1677 bis <strong>17</strong>13<br />
* 16.11.1641 in Riedelbach +13.05.<strong>17</strong>13 in Riedelbach<br />
Kind:<br />
Johann Philipp<br />
* 09.02.1686 in Riedelbach + 05.08.<strong>17</strong>46 in Finsternthal<br />
Schultheiß ab <strong>17</strong>32 bis <strong>17</strong>38<br />
I. oo 15.01.<strong>17</strong>11<br />
Anna Catharina Rühl<br />
* 18.10.1683 in Riedelbach + vor <strong>17</strong>15<br />
T.d. Johann Marsilus oo Anna Margaretha Rhod<br />
II. oo __.__.<strong>17</strong><strong>17</strong><br />
Marie Polyxena ______<br />
* um 1686 in Edelsberg + 05.06.<strong>17</strong>37 in Finsternthal<br />
Kinder: erstes geboren in Reichenbach alle anderen geboren in Finsternthal:<br />
1. Elisabetha Catharina<br />
* 13.10.<strong>17</strong>15 in Reichenbach<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
2. Marie Katharine<br />
* 24.09.<strong>17</strong><strong>17</strong> + 21.03.<strong>17</strong>80<br />
3. Johann Wilhelm<br />
*12.03.<strong>17</strong>19 + 16.03.<strong>17</strong>74<br />
Küfermeister<br />
I. oo 04.01.<strong>17</strong>52<br />
Maria Katharina Schmidt<br />
* 28.11.<strong>17</strong><strong>17</strong> in Reichenbach + 28.08.<strong>17</strong>65<br />
T.d. Adam Peter oo Anna Maria Riegel<br />
II. oo 24.06.<strong>17</strong>66<br />
Anna Katharina Born<br />
* 22.09.<strong>17</strong>36 in Grävenwiesbach + 24.02.<strong>17</strong>95 in Neuweilnau<br />
T.d. Wenzel Born, Schmiedemeister in Grävenwiesbach<br />
4. Katharina Elisabeth<br />
* 21.10.<strong>17</strong>21 + 12.03.<strong>17</strong>79<br />
5. Maria Margarethe<br />
* 21.08.<strong>17</strong>23<br />
6. Sybilla Margaretha<br />
* 23.11.<strong>17</strong>25<br />
2. Jörg Philipps 1.2.<br />
* 12.10.1662<br />
3. Anna Margarethe<br />
* <strong>17</strong>.07.1664 + 07.05.<strong>17</strong>35<br />
I. oo __.11.1690<br />
Konrad Rühl<br />
S.d. Hans Philipps aus Brombach<br />
* um 1660 in Brombach + 29.01.1693<br />
Bendergesell<br />
Kind geboren in Finsternthal:<br />
1. Johann Philipp<br />
* 01.07.1691<br />
Waffenschmied zu Walsdorf<br />
oo __.11.<strong>17</strong><strong>17</strong><br />
Anna Katharina Sauer<br />
II. oo 15.02.1698<br />
Johannes Günther<br />
* um 1664 in Elmershausen (Gericht Schaumburg Cassel) + 05.01.<strong>17</strong>46<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Anna Katharina<br />
* 02.11.1698<br />
oo 10.01.<strong>17</strong>26<br />
Johann Henrich Bragel<br />
* um 1693<br />
Schulmeister in Elkerhausen<br />
Kind geboren in Finsternthal (?):<br />
Johannes<br />
* 07.03.<strong>17</strong>31<br />
92
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
2. Konrad Henrich<br />
* 10.08.<strong>17</strong>01 + 10.12.<strong>17</strong>54<br />
Schultheiß ab <strong>17</strong>44 bis <strong>17</strong>54<br />
oo 14.06.<strong>17</strong>40<br />
Elisabeththe Katharine Becker<br />
* 14.03.<strong>17</strong><strong>17</strong><br />
T.d.Johannes oo Sybilla Hatzmann, Müller<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Johann Henrich<br />
* 30.12.<strong>17</strong>41 + 15.03.<strong>17</strong>42<br />
2. Marie Katharine<br />
* 20.02.<strong>17</strong>43 + 13.12.1813 ledig<br />
3. Johann Philippus<br />
*09.06.<strong>17</strong>46 + 14.09.1828<br />
Schultheiß ab 1802 bis 1813<br />
oo 08.05.<strong>17</strong>81<br />
Anna Marie Haubt<br />
* um <strong>17</strong>46 in Emmershausen + 09.01.1814<br />
(Eine Enkelin heiratet Philipps Heinrich Lehr) 1.2.7.7.1.1<br />
4. Katharina Margarethe (Magdalena)<br />
* 01.01.<strong>17</strong>50 + __.__.18<strong>17</strong> in Hundstadt<br />
oo <strong>17</strong>.06.<strong>17</strong>88<br />
Johann Henrich Wissig, Witwer<br />
* __.__.<strong>17</strong>44 in Hundstadt + __.__.1818 in Hundstadt<br />
5. Anna Margarethe<br />
* 16.07.<strong>17</strong>54 + 07.05.1855<br />
3. Johann Philipps<br />
* 01.01.<strong>17</strong>05<br />
Schuhmacher<br />
oo 27.10.<strong>17</strong>33<br />
Magdalena Ernst<br />
* um <strong>17</strong>13 in Usingen<br />
T.d. Johann Georg Ernst zu Usingen<br />
4. Anna Maria<br />
*16.10.<strong>17</strong>08<br />
4. Johann Jakob<br />
* 10.11.1669<br />
5. Konrad Heinrich<br />
2. Generation<br />
1.2. Jörg Philipps Lehr<br />
* 12.10.1662 + 20.06.<strong>17</strong>29<br />
Bendergesell und Schultheiß ab <strong>17</strong>14 bis <strong>17</strong>29<br />
oo 09.06.1692<br />
Marie Katharine Wendisch<br />
T.d. Hans Michael oo Anna Katharine Ott, Landeshauptmann<br />
* 28.08.1671 in Altweilnau + 19.06.<strong>17</strong>49<br />
93
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Anna Katharina<br />
* 16.09.1693 + 26.04.1694<br />
2. Sohn<br />
* und + 25.02.1695<br />
3. Marie Katharine<br />
* 10.05.1696 + 28.02.<strong>17</strong>00<br />
4. Sohn<br />
*+ 11.04.1698<br />
5. Anna Maria<br />
* 24.05.1699 + 01.10.1699<br />
6. Elisabeth Katharina<br />
* 08.10.<strong>17</strong>00<br />
oo 21.06.<strong>17</strong>18<br />
Johann Philipp Born<br />
* 13.05.1696 in Usingen + 14.01.<strong>17</strong>46 in Usingen<br />
Kind:<br />
Johann Christian<br />
* ? + 15.04.<strong>17</strong>25<br />
7. Johann Philipp 1.2.7.<br />
* 08.02.<strong>17</strong>03<br />
3. Generation<br />
1.2.7. Johann Philipp Lehr<br />
* 08.02.<strong>17</strong>03 + 23.02.<strong>17</strong>67<br />
Schultheiß ab <strong>17</strong>41 bis <strong>17</strong>44<br />
oo 12.06.<strong>17</strong>31<br />
Anna Katharina Oswald<br />
T.d.Nicolai zu Westerfeld<br />
* um <strong>17</strong>06 in Westerfeld + 01.02.<strong>17</strong>52<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Johann Jacob<br />
* 10.08.<strong>17</strong>32<br />
2. Johann Henrich<br />
* 11.09.<strong>17</strong>34<br />
3. Philipps Henrich<br />
* 16.09.<strong>17</strong>36 + 08.09.<strong>17</strong>60<br />
4. Anna Elisabethe<br />
* 14.02.<strong>17</strong>39<br />
5. Anna Maria<br />
* 02.02.<strong>17</strong>41 + 06.09.<strong>17</strong>60<br />
6. Anna Margarethe<br />
* 20.03.<strong>17</strong>43 + 01.09.<strong>17</strong>43<br />
7. Johann Philipp 1.2.7.7.<br />
94
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
* 10.09.<strong>17</strong>44<br />
8. Christina Margarethe<br />
* 25.11.<strong>17</strong>46<br />
9. Katharina Margarethe<br />
* 25.03.<strong>17</strong>49 + 10.10.<strong>17</strong>50<br />
10. Johann Wilhelm<br />
* 25.03.<strong>17</strong>49<br />
11. Marie Margarethe Charlotte<br />
* 20.09.<strong>17</strong>52 + 06.09.<strong>17</strong>60<br />
4. Generation<br />
1.2.7.7. Johann Philipps Lehr<br />
* 10.09.<strong>17</strong>44 + 15.09.1809<br />
Schultheiß ab <strong>17</strong>89 bis 1802<br />
oo 26.12.<strong>17</strong>71<br />
Anna Katharina Jäger<br />
* um <strong>17</strong>51 in Arnsbach + 19.12.<strong>17</strong>89<br />
T.d. Johann Christian Jäger zu Arnsbach<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Johann Philipp 1.2.7.7.1<br />
* 11.10.<strong>17</strong>72<br />
2. Anna Katharina Margarethe<br />
* 27.12.<strong>17</strong>75 + __.12.1836<br />
oo 23.04.<strong>17</strong>99<br />
Friedrich Sorg<br />
* um <strong>17</strong>74 in Westerfeld<br />
3. Philipp Gottfried Wilhelm 1.2.7.7.3<br />
* 04.10.<strong>17</strong>78<br />
4. Christine Margarethe<br />
* 06.04.<strong>17</strong>86 + 14.10.<strong>17</strong>97<br />
5. Anna Elisabethe<br />
* 11.12.<strong>17</strong>89 + 12.10.<strong>17</strong>97<br />
5. Generation<br />
1.2.7.7.1 Johann Philipp<br />
* 11.10.<strong>17</strong>72 + 06.02.1847<br />
Gemeinderechner<br />
oo 25.02.1800<br />
Maria Christiane Steinmetz<br />
* 19.06.<strong>17</strong>79 + 11.07.1833<br />
T.d. Philipp Heinrich Steinmetz, Schultheiß ab <strong>17</strong>80 bis <strong>17</strong>89<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Philipp Heinrich 1.2.7.7.1.1<br />
* 01.09.1801<br />
2. Marie Christine Friederike<br />
* 15.10.1803 + 05.02.1868<br />
95
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
oo 31.12.1826<br />
Johann Konrad Bangerth<br />
* 02.11.1804 in Emmershausen + 26.01.1856<br />
S.d. Johann Philipp oo Marie Dorothee Wolf<br />
Kinder:<br />
1. Johannette Wilhelmine Katharina<br />
* 18.09.1827 in Emmershausen<br />
oo __.__.1848<br />
Conrad Christian Müller<br />
* 07.08.1824 in Eschbach/Hessenmühle<br />
S.d. Philipp Jakob oo Anna Elisabeth Schwarz<br />
Kind geboren in Finsternthal:<br />
1. Rosa Elisabethe Christiane<br />
* 22.06.1857<br />
2. Philipp Henrich<br />
* 22.09.1831 in Emmershausen + <strong>17</strong>.08.19<strong>17</strong><br />
Wirt und Bürgermeister ab 1869 bis 1894<br />
oo 12.12.1858<br />
Lisette Katharine Philippine Busch<br />
* 25.03.1836 in Altweilnau/Landsteiner Mühle + 13.12.1872<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Johanette Elisabethe<br />
* 13.08.1869 + 09.09.1859<br />
2. Christian Friedrich<br />
* 28.10.1860<br />
3. Auguste<br />
* 18.07.1865 + 12.01.1937<br />
oo 22.04.1888<br />
August Friedrich Wilhelm Uhrig<br />
* 06.08.1864 in Westerfeld<br />
S.d.Wilhelm Friedrich oo Johannette Elisabethe Bender<br />
4. Lisette Katharine Philippine<br />
* 06.12.1872 + 10.02.1880<br />
3. Johann Gottfried<br />
* 15.05.1834 in Finsternthal + 07.01.1836<br />
4. Sohn<br />
*+ 10.01.1842 in Finsternthal<br />
3. Katharine Johanette Elisabethe<br />
* 10.12.1805<br />
oo 20.05.1832<br />
Philipp Walter Steinmetz<br />
* 19.04.1805<br />
S.d.Konrad Wilhelm oo Elisabethe Katharine Steinmetz<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Philipp Christof<br />
* 20.03.1833<br />
2. Johannette Katharine<br />
96
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
* 28.09.1834 + 07.10.1834<br />
3. Henriette Katharine Elisabethe<br />
* 23.03.1836<br />
4. Philipp Friedrich<br />
* 31.01.1842 + 03.09.1842<br />
4. Katharina Rufina<br />
* 02.11.1807 + 15.02.1895<br />
oo 13.06.1830<br />
Johann Philipp Bietz<br />
* 27.03.1809 + 31.01.1900<br />
S.d. Philipp Henrich oo Maria Margarete Bachon<br />
Schmied und Schultheiß ab 1846 bis 1847<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Katharine Lisette<br />
* 01.09.1831<br />
oo 21.10.1855<br />
Karl Philipp Löw<br />
* 16.11.1829 in Dorfweil<br />
S.d. Philipp Peter oo Anna Elisabeth Rühl<br />
Lehrvikar in Buch<br />
2. Philipp Karl<br />
* 19.06.1864 + 01.12.1835<br />
3. Friedrich August<br />
* 12.01.1837<br />
oo 21.05.1865<br />
Philippine Luise Fei<br />
* 29.05.1846 in Riedelbach<br />
T.d. Johann Philipp oo Christine Saltenberger<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Berta Lisette<br />
* 19.08.1867<br />
oo 27.03.1887<br />
Christian Theodor Philipp Friedrich Ruß<br />
* 24.12.1861 in Riedelbach<br />
S.d. Friedrich oo Marie Karoline Lohnstein<br />
2. Elise Katharine<br />
* 16.07.1871<br />
oo 01.05.1892<br />
Adolf Wilhelm Löw<br />
* 09.03.1863 in Altweilnau + 08.01.1809 in Altweilnau<br />
S.d. Johann Philipp oo Marie Karoline Jung<br />
3. Anna Luise<br />
* 12.04.1873<br />
oo 11.05.1895<br />
Wilhelm Theodor Löber<br />
* 11.03.1868 in Oberems<br />
S.d. Philipp Christian oo Henriette Wilhelmine Barbehenn<br />
4. Elisabeth Katharina<br />
97
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
* <strong>17</strong>.10.1839 + 03.04.1841<br />
5. Justine Katharine<br />
* 22.01.1843<br />
oo 30.03.1862<br />
Philipp Christian Volkmar<br />
* <strong>17</strong>.04.1838 in Wüstems<br />
S.d. Johann Philipp oo Friedericke Christiane Friedrich<br />
6. Johannette Katharine<br />
* 19.08.1845 + 18.02.1847<br />
7. Philipp Friedrich<br />
* 19.08.1845 + 02.09.1845<br />
5. Johann Philipp<br />
* 18.12.1809<br />
6. Johann Friedrich<br />
* 05.07.1814<br />
7. Johann Gottfried 1.2.7.7.1.7.<br />
* 23.02.1818<br />
1.2.7.7.3 Philipp Gottfried Wilhelm Lehr<br />
* 04.10.<strong>17</strong>78 + 04.07.1847<br />
Schultheiß ab 1814 bis 1845<br />
oo __.__.1801<br />
Elisabethe Margarethe Becker<br />
* 16.12.<strong>17</strong>82 in Usingen + 05.12.1849<br />
T.d. Philipp Heinrich Becker, Walkmüller zu Usingen<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Johann Friedrich 1.2.7.7.3.1<br />
* 28.02.1801<br />
2. Marie Christina<br />
* 05.09.1802<br />
oo 29.05.1824<br />
Philipp Peter Maurer<br />
* 12.09.<strong>17</strong>98 in Oberrod<br />
S.d. Philipp Christoph oo Marie Philippine Dauber<br />
3. Marie Katharine Philippine<br />
* 16.02.1805 +<br />
oo <strong>17</strong>.12.1826<br />
Philipp Peter Guckes<br />
Schultheiß in Riedelbach ab 1840 bis 1866<br />
* 09.01.1804 in Riedelbach + 02.12.1867<br />
S.d.Philipp Peter oo Marie Elisabethe Diehl, Förster<br />
4. Philipps Jakob 1.2.7.7.3.4<br />
* 27.09.1807<br />
oo __.__.1832<br />
Marie Katharine Becker<br />
* 27.03.1808 in Oberems<br />
T.d. Georg Friedrich oo Chritiane Elisabeth Guckes zu Oberems<br />
98
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
5. Margarethe Elisabethe<br />
* 15.02.1812 + 20.08.1818<br />
6. Luise Magdalena<br />
* 09.06.1814<br />
oo 28.07.1839 Johann Friedrich Bücher<br />
* 24.08.1806 in Brombach<br />
Schultheiß in Brombach<br />
7. Philipp Gottfried 1.2.7.7.3.7<br />
* 22.01.18<strong>17</strong><br />
8. Johann Georg 1.2.7.7.3.8<br />
* 02.03.1823<br />
6. Generation<br />
1.2.7.7.3.1 Johann Friedrich Lehr<br />
* 28.02.1801 + 08.03.1869 in Oberlauken<br />
oo 09.05.1830<br />
Marie Katharine Wolf<br />
* 21.04.1809 in Oberlauken + 06.04.1880 in Oberlauken<br />
T.d.Johann Konrad Wolf oo Marie Elisabethe<br />
Buhlmann, Schultheiß in Oberlauken<br />
Kinder alle geboren in Oberlauken:<br />
1. Philipp Jacob 1.2.7.7.3.1.1<br />
* 21.03.1831<br />
2. Katharina Elisabetha<br />
* 21.10.1835 + 24.06.1837 in Oberlauken<br />
3. Dorothea Luise<br />
* 22.12.1838 + 14.11.1865 in Oberlauken, ledig<br />
1.2.7.7.3.4 Philipps Jakob Lehr<br />
* 27.09.1807 + __.__.____ in Oberems<br />
oo __.__.1832<br />
Marie Katharine Becker<br />
* 27.03.1808 in Oberems<br />
T.d.Georg Frierich oo Christiane Elisabeth Guckes<br />
1.2.7.7.1.1 Philipps Heinrich Lehr<br />
* 01.09.1801 + 16.06.1872<br />
Schuhmacher<br />
oo 26.10.1834<br />
Marie Margarethe Wick<br />
* 22.08.1808 + 18.04.1881<br />
T.d.Philipp Peter oo Katharine Elisabethe<br />
Maria Günther (aus 1.3.2.3.)<br />
Kind geboren in Finsternthal<br />
1. Marie Katharine Elisabeth<br />
* 24.10.1843 + 05.10.1877<br />
oo 08.03.1868<br />
Philipp Christian Wissig<br />
* 08.04.1841 + 29.03.1897<br />
S.d. Johann Heinrich oo Marie Elisabethe Jung<br />
99
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Kind geboren in Finsternthal<br />
1. Wilhelmine Lisette Johannette Karoline<br />
* 07.11.1869 + 07.08.1931<br />
oo 21.01.1893<br />
Christian Philipp Haibach<br />
* 08.06.1869 Ernsthausen + 19.01,1934<br />
S.d. Johann Adam oo Johanette Henriette Wagenknecht<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Augusta Lina<br />
* 29.01.1894<br />
2. Luise<br />
* 30.05.1895<br />
oo 09.04.1921<br />
Adolf Schlicht<br />
* 25.8.1895 in Hasselbach/Weilburg<br />
3. Adolf Friedrich<br />
* 01.12.1897 gef. 04.12.19<strong>17</strong><br />
1.2.7.7.3.7 Philipp Gottfried Lehr<br />
* 22.01.18<strong>17</strong> + 07.07.1895<br />
Schreiner und Wirt<br />
oo 21.05.1843<br />
Katharine Elisabeth Weihrich<br />
* 14.12.1820 + 19.08.1907<br />
T.d.Johann Gerhard oo Elisabethe Katharine Mehl<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Georg Philipp Friedrich<br />
* 07.10.1850 + 26.11.1857<br />
2. Jakob Gustav Adolf<br />
* 13.04.1853<br />
3. Pauline Christine<br />
* 10.09.1856 + 06.10.1856<br />
4. Friedrich Gottlieb 1.2.7.7.3.7.4.<br />
* 10.07.1858<br />
5. Emma Philippine Charlotte Christine<br />
* 31.07.1860<br />
oo um 1890<br />
Emil Louis Markloff<br />
*<br />
Müller zu Köppern später Frankfurt<br />
Kind:<br />
1. Margarethe Luise Karoline<br />
* 31.10.1891 in Köppern<br />
oo 06.01.1918<br />
Wilhelm Adolf Wick<br />
* 14.03.1889<br />
S.d. Georg Philipp Friedrich oo Karoline Katharine Luise Bachon<br />
Bäcker<br />
100
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
6. Bertha<br />
* <strong>17</strong>.10.1864<br />
oo __.11.1886<br />
Friedrich Wilhelm Fritzel<br />
* in Obereschbach<br />
Gastwirt<br />
1.2.7.7.1.7. Johann Gottfried Lehr<br />
* 23.02.1818<br />
Küfer in Idstein<br />
oo __.__.1844<br />
Karoline Friedericke Merz<br />
* 28.04.1823 Hanau<br />
T.d. Christian oo Katharine Philippine Heinzinger,<br />
Küfer in Hanau<br />
1.2.7.7.1.5. Johann Friedrich Lehr<br />
* 05.07.1814<br />
Küfer und Bierbrauer in Neuhof<br />
oo __.__.1846<br />
Johannette Marie Margarethe Grimm<br />
* 12.07.1821 in Neuhof<br />
T.d.Johann Gottfried oo Marie Katharine Schwindt<br />
1.2.7.7.3.8 Johann Georg Lehr<br />
* 02.03.1823<br />
Bürgermeister ab 1848 bis 1869<br />
oo __.06.1849<br />
Christiane Katharine Sachs<br />
* 19.08.1828 in Treisberg<br />
T.d.Johann Peter oo Anna Christina Guckes, Er: Schultheis in Treisberg,<br />
Sie T.d. Johann Philipp Guckes, Schultheiß in Oberems<br />
7. Generation<br />
Kind geboren in Finsternthal:<br />
1. Karolina Katharina Justine<br />
* 02.12.1850<br />
1.2.7.7.3.1.1 Philipp Jacob Lehr<br />
* 22.03.1831 in Oberlauken<br />
oo __.__.1854<br />
Anna Katharina Friederika Schütz<br />
* 15.06.1832 in Arnsbach<br />
T.d. Johannes oo Maria Elisabetha Wolf<br />
Kind:<br />
1. Georg Friedrich 1.2.7.7.3.1.1.1<br />
* 29.01.1855 in Arnsbach<br />
1.2.7.7.3.7.4. Friedrich Gottlieb Lehr<br />
* 10.07.1858<br />
Küfer<br />
oo 27.05.1883<br />
Karoline Katharine Jung<br />
* 02.07.1864 in Riedelbach + 27.02.1939<br />
T.d. Philipp Peter oo Philippine Blum<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Emma Bertha Pauline<br />
* <strong>17</strong>.04.1884<br />
101
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
oo 16.04.1903<br />
Friedrich Berthold August Ebel<br />
* 25.07.1877 in Potsdam<br />
S.d. Christian Friedrich oo Berta Gossow, Bahnassistent in Wiesbaden<br />
Lehrer in Altweilnau?<br />
Kind geboren in Altweilnau:<br />
1. Ernst Friedrich<br />
* 28.02.1904<br />
2. Bertha<br />
* 07.02.1887<br />
oo 25.02.1906<br />
August Wilhelm Nicolai<br />
* 04.05.1879 in Usingen + 16.12.1938 in Usingen<br />
S.d. Louis oo Luise Himberger<br />
3. Gustav Adolf 1.2.7.7.3.7.4.3<br />
* 18.11.1890<br />
8. Generation<br />
1.2.7.7.3.1.1.1 Georg Friedrich Lehr<br />
* 29.01.1855 in Arnsbach + 07.01.1892 in Oberlauken<br />
oo Katharina Elisabetha Wilhelmine Bangert<br />
* 26.02.1860 in Cratzenbach + <strong>17</strong>.01.1940 in Oberlauken<br />
T. Philipp Conrad oo Dorothea Christiane Haak<br />
Kinder alle geboren in Oberlauken:<br />
1. Philipp Gustav 1.2.7.7.3.1.1.1.1<br />
* 08.11.1879<br />
2. Luise Lina<br />
* 15.06.1888<br />
oo 20.09.1908<br />
Gustav August Bach<br />
* 20.02.1885 in Oberlauken<br />
S.d. Konrad Philipp oo Elisabetha Dorothea Erle<br />
Kinder alle geboren in Oberlauken:<br />
1. Otto<br />
* 19.08.1910<br />
oo 13.05.1934<br />
Erna Bangert<br />
* 21.09.1909 in Niederlauken<br />
T.d. Wilhelm Heinrich oo Luise Wilhelmine Bautz<br />
2 Kinder<br />
2. Richard<br />
* 26.10.1911 + 29.05.1986<br />
oo __.__.1936<br />
Hilda Bangert<br />
* 16.10.1913 in Niederlauken + 16.02.2003 in Oberlauken<br />
T.d. Wilhelm Heinrich oo Luise Wilhelmine Bautz<br />
2 Kinder<br />
3. Willi<br />
102
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
* 05.06.1920 + 30.06.1920<br />
1.2.7.7.3.7.4.3 Gustav Adolf Lehr<br />
* 18.11.1890<br />
oo 30.08.1914<br />
Berta Lisette Jung<br />
* 16.03.1894 in Riedelbach<br />
T.d. Philipp Konrad oo Pauline Rus<br />
Kinder alle geboren in Finsternthal:<br />
1. Elfriede<br />
* 29.04.1915<br />
2. Fredegunde Erika<br />
* 14.05.19<strong>17</strong><br />
3. Hildegard<br />
* 28.08.1919<br />
9. Generation<br />
1.2.7.7.3.1.1.1.1 Philipp Gustav Lehr<br />
* 08.11.1879 in Oberlauken gef <strong>17</strong>.03.19<strong>17</strong> in Frankreich<br />
oo Katharina Lisette Jung<br />
* 10.07.1881 in Oberlauken + <strong>17</strong>.12.1918 in Oberlauken<br />
T.d. Johann Peter Ludwig oo Katharina Elisabetha Schnorr<br />
Kinder alle geboren in Oberlauken:<br />
1. Richard<br />
* 19.07.1903<br />
2. Frieda<br />
* 09.04.1905 + 24.01.1906 in Oberlauken<br />
3. Gustav<br />
* 08.03.1907 + 10.01.1936 in Oberlauken, ledig<br />
4. Albert 1.2.7.7.3.1.1.1.1.4<br />
* <strong>17</strong>.12.1910<br />
10. Generation<br />
1.2.7.7.3.1.1.1.1.4 Albert Lehr<br />
* <strong>17</strong>.12.1910 gef 16.06.1944 in Rußland<br />
oo Anna Emma Jung<br />
04.10.1909 in Oberlauken<br />
T.d. Friedrich Wilhelm oo Wihelmine Karoline Nöll<br />
1 Kind<br />
103
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Einige Geschehnisse, hier Begräbnisse, zu Mauloff<br />
Zusammengestellt im August 2015 durch Wolfgang Haub, Mauloff. Entnommen dem<br />
Kirchenbuch Steinfischbach; hier aus der 1972 von Martha Kaethner gefertigten Abschrift.<br />
07.11.1695 O t t Johann Jacob, 38 Jahre<br />
„In dem Teich bey der Landsteiner Mühl Tod gefunden, ob Er hineingefallen durch ein<br />
Fehltritt wegen des schmalen Fußpfad oder hineingeschlagen werden von bösen Leuten<br />
dieweil es finster gewesen ist Gott bekannt“<br />
28.01.<strong>17</strong>30 S t e i n m e t z Anna Juliana, 40 Jahre<br />
oo Johann Jacob<br />
„Diesen Todt hat verursacht der unglück. Fall, da diese Frau den 18. dito in d. Scheuer<br />
Heu rupfen wöllen, der Heurupfer ausgefahren, sie rückwärts aufs Scheunen Denn gefallen<br />
u. den Rück ganz verfallen:“<br />
21.07.<strong>17</strong>35 Ott Margarethe Ursula, 40 Jahre, 2 Monate und etliche Tage T.d.+<br />
Johann Leonhard<br />
„ist mit dem Vieh an die Weide gefahren, und eines plötzl. und unvermuteten im Wald<br />
an dem sogenannten Loch am Wehrholtz gestorben“<br />
<strong>17</strong>.11.<strong>17</strong>46 Anna Christina ????????<br />
„ein frembdtlin undt zwar ein Weibspersohn, so, taub als stumm gewesen“, ein Schein<br />
hat über ihren Vornamen Auskunft gegeben<br />
<strong>17</strong>.08.<strong>17</strong>40 N ö l l Philipp Wilhelm, 3 Jahre, 6 Wochen, 1 Tag<br />
S. d. Philipp Henrich<br />
„in der gemeine Wehdte im Dorf ertrunken“<br />
25.03.<strong>17</strong>53 M ü l l e r Johann Wilhelm, 15 Jahre, 1 Monat<br />
S.d.+ Andreas von Oberems<br />
„ein vatter undt mutterloßes Waisen Kindt welches der freundt von ihm, Joh. Peter Deusinger<br />
erzogen<br />
21.10.<strong>17</strong>90 O t t Maria Catharina, 3 Jahre, 14 Tage T.d. Philipp Peter<br />
“Da die Haußleute im Feld waren, so ist es in eine Backmuhl voll Teig gefallen und<br />
drin ersticket“<br />
104
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
hoc Anno 1666 Philipps O t t von Ma hat in seiner Schwachheit woran er den 10ten<br />
7bris gestorben in die Kirche Re 5 fl. ieden zu 30 alb. löblich zu einem Altar tuch gestiftet,<br />
welche 5 fl. von dessen Erben den Baumeistern Paul D e u e r und Adam M a<br />
ü r e r n wohl sind geliefert, und zu einem schwarzen wüllenen und weisen von Leinwand<br />
Altartuch angewendet worden. dz schwarze Altar- Tuch, so hiervon gezeuget haben<br />
die Kayserlich fouragirer, mense octobri ao 73 aus der Kirchen geraubet.<br />
105
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Adolf Becker / Lina Fischer / Erna Palmer<br />
Aufgeschrieben von Wolfgang Haub im August 2015<br />
Was hat Adolf Becker mit Mauloff zu tun?? NICHTS, gar nichts. Er war mit Sicherheit<br />
nie in seinem Leben in Mauloff. Vielleicht hat er den Namen des Dorfes einmal gehört,<br />
mehr aber bestimmt nicht. Und doch ist sein „Heldentod“ am 20. April 1916 abends um<br />
9 Uhr auf einem Schlachtfeld in Frankreich für Mauloff, die Familie Bachon und somit<br />
auch für mich von größerer Bedeutung. Doch der Reihe nach.<br />
Die untenstehende Traueranzeige habe ich vor ca. 20 Jahren beim Durchblättern des<br />
Kreisblattes für den Kreis Usingen, im Jahrgang 1916 gefunden.<br />
Traueranzeige Adolf Becker<br />
Ich habe sie kopiert und dann in meine Mauloffer Unterlagen einfach abgelegt. Dazu<br />
muss man wissen, dass ich seit vielen Jahren dabei bin, möglichst alle Jahrgänge dieses<br />
Kreisblattes (später dann Usinger Anzeiger) zu durchforsten, um Dinge von Mauloff zu<br />
erfahren. Das ist eine sehr zeitraubende Arbeit und ich bin immer noch nicht am Ende.<br />
Seit diesem Jahr werde ich von meiner Frau Lily unterstützt, so geht es etwas schneller.<br />
Im Rahmen meiner Bemühungen, alles was mit Mauloff zu tun hat zu sammeln und zu<br />
archivieren, komme ich zwangsläufig auch zu meiner Großmutter, besser Oma, die hier<br />
in Mauloff unter dem Namen „Ernste Lina“ bekannt war. Ich habe mich dann entschlossen,<br />
die Unterlagen, die ich zunächst nur zur Verfügung hatte einmal genauer anzusehen.<br />
Geholfen haben mir dabei die Erinnerung und der Kontakt zur „Tante Erna“, die<br />
in Frankfurt am Main, zuletzt in der Adalbertstraße 64, gewohnt hat. Dieser Kontakt ist<br />
in den Jahren so ab 1985 insofern enger geworden, da ich im Katasteramt Frankfurt in<br />
der Hamburger Allee 22-24 gearbeitet habe. Das hatte zur Folge, dass ich im Westbahn-<br />
106
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
hof die S-Bahn verlassen habe und an dem Haus Adalbertstraße 64 vorbei in das Katasteramt<br />
gegangen bin. Es hat sich dann so entwickelt, dass Tante Erna morgens und<br />
auch abends auf dem Balkon ihrer Wohnung stand und wir dann kurz miteinander gesprochen<br />
haben. Da sie zu diesem Zeitpunkt schon lange Witwe war, gab es auch hin<br />
und wieder kleinere Probleme, die ich dann mit ihr in ihrer Wohnung besprochen habe,<br />
bzw. ich konnte ihr helfen. Dann hat sie jedoch eine Angewohnheit entwickelt, die auch<br />
etwas lästig wurde. Sie hat mich in immer kürzeren Abständen in meinem Büro im Katasteramt<br />
besucht und - ja- mich auch von der Arbeit abgehalten. Das war manchmal<br />
nicht sehr angenehm, da ich im Amt der Personal- und Finanzchef war, und wenn jeder<br />
Beschäftige immer wieder Besuch seiner Verwandtschaft bekommen hätte, dass hätte<br />
ich auch nicht einfach so hinnehmen können. Also, es war nicht immer einfach. Zumal<br />
ich dann jeden Monat mit ihr auf die Bank gegangen bin, um dort Geld abzuholen und<br />
auch sonstige finanzielle Dinge zu regeln. Ich habe ihr aber immer geholfen und dabei<br />
das eine oder andere aus ihrem Leben erfahren. Dinge, die mich bis dahin nicht interessiert<br />
hatten.<br />
Erna Becker, verh. Palmer<br />
Als sie später in ein Seniorenheim ging, wurde ich ihr vom Gericht bestellter Betreuer.<br />
Dort starb sie am 18. April 2002. Ihr Mann Karl Palmer, der schon am 10. August 1974<br />
verstarb, war auf dem Westfriedhof in Frankfurt beigesetzt. Es war Tante Ernas Wunsch<br />
zusammen mit ihrem Mann Karl in Mauloff beerdigt zu werden. Ich habe das auch alles<br />
107
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
in ihrem Sinne erledigt. Beide liegen jetzt in einem Urnengrab auf dem Mauloffer Friedhof.<br />
Aber – ich musste ja auch noch die Wohnung in der Adalbertstraße ausräumen, wie<br />
heißt das so schön? Besenrein hinterlassen. So ganz einfach war das jedoch auch nicht.<br />
Aber ich habe dabei ein altes Album und eine kleine Kiste mit Bildern aus ihrem Leben<br />
gefunden. Bei den Unterlagen habe ich auch ein großes Plakat mit einer Traueranzeige<br />
entdeckt und mit heimgenommen. Da lagen diese Dinge jetzt fast 15 Jahre. In den letzten<br />
Tagen habe ich mir das Album und die Bilder angesehen.<br />
Dabei ist mir dann der Gedanke gekommen, einmal nachzuforschen, wer war Erna Gothe<br />
und wer war eigentlich ihr Vater? Ihre Mutter, meine Oma, also Ernste Lina, die<br />
habe ich ja noch sehr gut und lange gekannt. Aber auch sie hat nie etwas aus ihrer ersten<br />
Ehe erzählt.<br />
Tante Erna, von uns jedoch immer Erna Gothe genannt, war eine geborene Becker aus<br />
Eschbach. Sie hat am 23. Mai 1942 in Frankfurt am Main den Mechaniker Karl Friedrich<br />
Palmer geheiratet. Die Information, dass Erna Gothe schon einmal verheiratet war,<br />
habe ich nur aus der Heiratsurkunde. Dort steht: Erna Münch, geborene Becker. Das sie<br />
schon einmal verheiratet war, das war mir völlig unbekannt. Diese Ehe war nie Thema<br />
in unserer Familie. Aber – ich habe dann in den Bildern, die ich mitgenommen habe,<br />
ein Bild von ihr mit ihrem ersten Ehemann gefunden.<br />
Erna mit ihrem Ehemann Karl Palmer<br />
108
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Die zweite Ehe von Erna Becker, dann mit Karl Palmer, wurde am 23. Mai 1942 in<br />
Frankfurt am Main geschlossen. Sie wohnten in Frankfurt in der Jordanstraße 20. Karl<br />
arbeitete zunächst in einer Fabrik unmittelbar neben ihrem Wohnhaus. Dort haben die<br />
beiden sich kennengelernt. Karl war wehrdienstunfähig geschrieben und hat Wehrersatzdienst<br />
geleistet, ebenso wie Erna Gothe. Die Ehe blieb kinderlos.<br />
Irgendwann, den genauen Zeitpunkt konnte ich nicht mehr finden, hatten sich die beiden<br />
selbständig gemacht. Sie kauften einen Mercedes PKW und einen Anhänger. Damit<br />
fuhren sie jeden Morgen um 5 Uhr in die Großmarkthalle in Frankfurt und kauften dort<br />
Obst, Gemüse, Kartoffeln usw. Dann ging es in die Dörfer rund um Idstein. Mit einer<br />
Schelle wurden die Anwohner auf die Ankunft des Gemüseautos aufmerksam gemacht.<br />
Onkel Karls Ruf begleitet mit der Schelle war: Obst, Gemüse, Südfrüchte – Kommt und<br />
kauft! Wenn der Anhänger leer war, ging es zurück nach Frankfurt. Ich selbst war als<br />
12-13-jähriger ein paar Wochen mit auf Einkaufstour in der Großmarkthalle und dann<br />
auch bei der Verkaufstour. Die Großmarkthalle war eine faszinierende Angelegenheit,<br />
die ich nie vergessen habe. Das Gewusel, die vielen Verkaufsstände, der Geruch, das<br />
Geschrei, die Transport-Eidechsen, einfach beeindruckend. Seine Schelle und den Lederbeutel,<br />
in den Tante Erna das Geld getan hat, das habe ich noch heute, denn es befand<br />
sich bei den Unterlagen in ihrer Wohnung. Hier die Abbildung seines Gewerbescheines:<br />
Gewerbeschein von Karl Palmer<br />
109
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Karl hat später sehr unter Asthma gelitten und konnte die Obststeigen nicht mehr heben<br />
und aufladen. Sie haben notgedrungen ihren Obstverkauf aufgeben müssen. Erna Gothe<br />
hat dann noch viele Jahre bei der Dresdner Bank gearbeitet.<br />
Wer war aber nun Erna Palmer, geborene Becker, verheiratete Münch, wiederverheiratete<br />
Palmer? Sie war das Kind von der aus Usingen aus der Dreihäusergasse 4 stammenden<br />
Lina Fischer und wurde am 8. Juli 1914 in Eschbach geboren.<br />
Lina Fischer war eines von 12 Kindern des Landbriefträgers August Fischer und dessen<br />
Ehefrau Pauline geb. Saltenberger. Lina wurde am 07.05.1891 in Usingen geboren.<br />
Sie war in ihrer Jugend bei einem Pfarrer Braun in Usingen in „Stellung“, so wurde das<br />
damals genannt. Sie hat wohl im Haushalt mitgearbeitet. Diese Informationen habe ich<br />
aus zahlreichen Postkarten, die ihr ein / der Adolf Becker, Weißbinder aus Eschbach<br />
geschrieben hat. Hier hatte wohl eine Liebe begonnen. Adolf Becker (unten abgebildet)<br />
wurde dann auch zum Militärdienst eingezogen.<br />
Adolf Becker<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Er war Ersatz-Reservist im Infanterie-Leibregiment Nr. 1<strong>17</strong> in der 12. Kompanie. Während<br />
seiner Militärzeit hat Adolf immer wieder Postkarten (die ich alle habe) an seine<br />
Braut und spätere Frau Lina geschrieben. Eine frühe Postkarte mit Bildern von Eschbach<br />
(wahrscheinlich von 1912, das genaue Datum ist nicht mehr lesbar) lautete an:<br />
Fräulein Lina Fischer bei Pfarrer Braun Usingen, Rathausstraße: Liebe Lina! Ich bin<br />
eben zu Hause und arbeite hier. Am Montag war ich zum letzten Mal in Usingen und<br />
habe dich nicht gesehen. Hoffentlich bist du noch gesund und munter. Gruß Adolf Becker<br />
(und am Rand steht noch: Bald Antwort) Adolf und Lina haben am 13. April 1914<br />
im Standesamt Eschbach geheiratet.<br />
Ihre Tochter, also Tante Erna bzw. Erna Gothe, kam am 8. Juli 1914 in Eschbach auf<br />
die Welt. Hier auf dem Bild sieht man Lina mit der Tochter Erna.<br />
Lina Becker geb. Fischer mit Tochter Erna<br />
Erna Gothe hat mir später erzählt, ihr Vater Adolf habe sie nur ein einziges Mal gesehen.<br />
Adolf Becker fiel am Gründonnerstagabend um 9 Uhr am 20. April 1916 in Frankreich.<br />
Er war zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre alt.<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Ich habe in den Unterlagen von Tante Erna zwei DIN A2 Plakate gefunden, die meine<br />
Oma Lina anlässlich der Trauerfeier erhalten hat. Es ist zum einen auf der folgenden<br />
Seite der Redetext bei der Trauerfeier in Eschbach, und zum anderen ein Erinnerungsplakat<br />
von Kaiser Wilhelm II. Ich füge einmal beide hier ein, denn auch ich hatte bis<br />
dahin so etwas auch noch nicht gesehen.<br />
Redetext bei der Trauerfeier in Eschbach<br />
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Erinnerungsplakat von Kaiser Wilhelm II.<br />
Lina Becker ging dann irgendwann zusammen mit ihrer Tochter Erna zurück in ihr Elternhaus<br />
nach Usingen in die Dreihäusergasse 4. Ich wurde erst 1947 geboren. Meine<br />
Familie und ich, wir wohnten damals in Usingen in der Bahnhofstraße. Gelegentlich<br />
besuchte uns Oma Lina und ich erinnere mich sehr genau, dass ich mit ihr (mehrfach?)<br />
nach Eschbach gelaufen bin. Dort hat sie Bekannte von Beckers besucht. Dabei war<br />
auch eine Schusterwerkstatt, die ich heute noch genau beschreiben und auch zeichnen<br />
könnte. Auch der Geruch des Leders ist mir in Erinnerung. Bei dem Durchsehen der<br />
jetzt von mir gesichteten Unterlagen, habe ich auch die Heiratsurkunde von Adolf und<br />
Lina Becker gefunden. Dort ist als einer der Trauzeugen ein Schuhmacher Heinrich<br />
Becker, 23 Jahre alt, aufgeführt.<br />
113
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Erna Gothe hat mir bei einem ihrer vielen Besuchen im Katasteramt einmal erzählt, wie<br />
schlimm für sie der Umzug aus der Stadt (Usingen) aufs Dorf (Mauloff) gefallen ist.<br />
Sie war damals 7 Jahre alt und hat den Umzug auf einem Wagen sitzend mit dem Gepäck<br />
ihrer Mutter erlebt. Sie habe tagelang nur geweint. Sie kam mit der Mutter in<br />
Mauloff in ein Haus, in dem mein Opa Gustav mit seinen beiden Söhnen Otto und Adolf<br />
gelebt hat. Von der Familie Ernst, in die mein Opa am 08.05.1904 eingeheiratet hatte,<br />
lebte niemand mehr. Das Verhältnis zu ihrem Stiefvater Gustav und seinen Söhnen Otto<br />
und Adolf war später ein sehr herzliches, ebenso mit den folgenden Stiefgeschwistern<br />
aus der dann folgenden Ehe zwischen Gustav und Lina. Aber es mussten wohl ein paar<br />
Jahre vergehen.<br />
Wie die Ehe zwischen Gustav Bachon und Lina Becker, geb. Fischer zustande kam,<br />
kann ich nur vermuten. Aber ich bin sicher, die Bekanntschaft kam wie folgt zustande:<br />
Gustav Bachon hatte schon vor seiner Zeit als Mauloffer Bürgermeister, also vor 1925,<br />
die Poststelle in Mauloff gehabt. Er war 1913 Witwer geworden.<br />
Der Vater meiner Oma Lina, August Fischer, war Usinger Briefträger und Postschaffner.<br />
Mit dem Postauto wurde damals die Post auf die Poststellen der umliegenden Dörfer<br />
gebracht. August Fischers Tochter Lina war Witwe, mein Großvater Gustav Bachon<br />
war Witwer, beide hatten Kinder und so hat wahrscheinlich August für eine Bekanntschaft<br />
der beiden gesorgt. Die Eheschließung zwischen meinem Großvater Gustav<br />
Bachon und Lina, verwitwete Becker, geborene Fischer fand am 22.04.1922 statt. Aus<br />
dieser Ehe stammten die Kinder Ewald Bachon, Paula verheiratete Biegel und meine<br />
Mutter Dorothea verheiratete Haub. Das nebenstehende Bild zeigt die Familie im Jahre<br />
1928. Paula ist wohl nicht mit dem fotografieren einverstanden, sie weint, auf dem Arm<br />
von Lina meine Mutter Dorothea und stehend der Sohn Ewald.<br />
Mein Großvater Gustav Bachon kam von Treisberg und hat die in Mauloff im elterlichen<br />
Hof lebende Pauline Emilie Ernst geheiratet. Pauline war das einzige Kind der<br />
Eheleute Ernst. Diese, seine 1. Ehefrau, ist nach der Geburt von Zwillingen im Jahre<br />
1913 in der Klinik in Gießen gestorben.<br />
Für Lina und Gustav war es jeweils die zweite Ehe. Sie gingen in ihrer gemeinsamen<br />
Zeit durch dick und dünn. Gustav Bachon wurde 1925 zum Mauloffer Bürgermeister<br />
gewählt und war das auch über die Zeit des 2. Weltkrieges. Im Herbst 1945 wurde er<br />
von der amerikanischen Militärregierung abgesetzt.<br />
114
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Familie Bachon im Jahre 1928<br />
115
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Gustav und somit dann auch Lina hatten die Mauloffer Poststelle bis in die 1980er Jahre.<br />
Gustav hatte die Post schon von seinem Bürgermeistervorgänger Heinrich Scherer gehabt,<br />
da dieser sie nicht haben wollte. Gustavs Haus in der Brunnenstraße 4 (heute steht<br />
es nicht mehr) war für Jahrzehnte der Mittelpunkt von Mauloff. Das Bürgermeisteramt<br />
und die Poststelle (viele Jahre das einzige Telefon in Mauloff) waren wichtige Anlaufstellen<br />
für die Mauloffer. Die Bank vor dem Haus war ein besonderer Treffpunkt und<br />
hier wurden alle Neuigkeiten des Dorfes ausgetauscht.<br />
Hier noch ein Bild von Lina Bachon, verwitwete Becker, geborene Fischer. So habe ich<br />
sie immer gekannt. Sie steht hier im Hof ihres Nachbargrundstückes Brunnenstraße 2,<br />
also bei Dickersch (Familienname Scholl, vorher Frankenbach).<br />
Lina Bachon im Hof ihres Nachbargrundstückes Brunnenstraße 2<br />
Ich habe mir beim Schreiben dieses Artikels wiederholt überlegt, was wohl aus mir und<br />
meiner Familie geworden wäre? Ganz einfach, wenn Adolf Becker nicht gefallen wäre,<br />
dann gäbe es mich, meine Familie, die Familie Bachon, den Bürgermeister Bachon alle<br />
nicht.<br />
Adolf Becker wäre aus dem 1. Weltkrieg nach Eschbach zurückgekehrt, hätte seinen<br />
Beruf als Weißbinder wiederaufgenommen. Er hätte mit seiner Lina sicher noch ein<br />
paar Kinder bekommen – und mich gäbe es nicht. So stellt das Leben seine Weichen.<br />
116
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Hier jetzt eine tabellarische Übersicht der Lebensdaten der vorgenannten Personen:<br />
13.05.1880 Gustav Bachon wird in Treisberg geboren<br />
27.03.1890 Adolf Becker wird in Eschbach geboren<br />
07.05.1891 Lina Fischer wird in Usingen geboren<br />
08.05.1904 Gustav Bachon heiratet nach Mauloff die Pauline Ernst<br />
12.08.1906 Karl Palmer wird in Frankfurt geboren<br />
13.04.1914 Adolf Becker heiratet Lina Fischer in Eschbach<br />
08.07.1914 Tochter Erna wird in Eschbach geboren<br />
20.04.1916 Adolf Becker fällt in Frankreich<br />
22.04.1922 Gustav Bachon und Lina Becker, geb. Fischer heiraten in Reichenbach,<br />
wohnen in Mauloff<br />
09.09.1923 Tochter Paula wird geboren<br />
03.12.1924 Sohn Ewald wird geboren<br />
14.09.1925 Gustav Bachon wird Bürgermeister in Mauloff<br />
16.09.1926 Tochter Dorothea wird geboren<br />
16.11.1960 Gustav Bachon stirbt in Mauloff<br />
19.07.1972 Lina Bachon, geb. Fischer, verwitwete Becker stirbt in Mauloff<br />
10.08.1974 Karl Palmer stirbt in Frankfurt<br />
03.10.1990 Ewald Bachon stirbt in Mauloff<br />
02.03.1996 Paula Bachon, verheiratete Biegel stirbt in Mauloff<br />
18.04.2002 Erna Palmer, geb. Becker stirbt in Frankfurt<br />
15.07.2010 Dorothea Bachon, verheiratete Haub, stirbt in Weilmünster (Krankenhaus)<br />
Wen weitere Einzelheiten interessieren sollten, der kann das im Band „Mauloffer Häuser<br />
bzw. Gehöfte“ unter der Brunnenstraße 4 nachlesen.<br />
Es gibt von Adolf Becker zahlreiche Postkarten, die er seiner Freundin und späteren<br />
Frau Lina aus dem Krieg geschickt hat. Bis dann keine mehr kam. Sie sind lückenlos<br />
bei mir vorhanden.<br />
Ich werde sie, vielleicht in den Wintermonaten, zeitlich ordnen und dann „übersetzen“<br />
(von Sütterlin in unser modernes Deutsch).<br />
1<strong>17</strong>
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Hier habe ich noch zwei Bilder aus der Mauloffer Zeit: Das folgende Bild wurde 1932<br />
aufgenommen. Es zeigt von rechts nach links Lina Bachon, Gustav Bachon, vor ihm<br />
stehend die Tochter Paula, meine Mutter Dorothea und davor sitzend der Sohn Ewald,<br />
der große Mann mit Hut ist Waanersch Karl (Karl Ott II), der im Anwesen Brunnenstraße<br />
1 gelebt hat. Die anderen Personen sind mir nicht bekannt.<br />
Familie Bachon mit Bekannten, 1932<br />
118
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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Das nächste Bild wurde 1950 aufgenommen und es zeigt die von mir schon angesprochene<br />
Bank vor dem Haus Brunnenstraße 4.<br />
Bank vor dem Haus Brunnenstraße 4, 1950<br />
Diese Bank war für Jahrzehnte der Treffpunkt der Mauloffer. Hier wurde zum Beispiel<br />
auch auf Telefonanrufe und die Post gewartet. Das erste und einzige Telefon war hier.<br />
Wenn jemand von auswärts angerufen hat, dann hat sich Ernste Lina mit den Worten<br />
gemeldet: „Hier Öffentliche Mauloff“. Wenn jemand vom Dorf angerufen wurde, dann<br />
ist Adolf Bachon zu dem Haus gelaufen und hat den gewünschten Teilnehmer geholt.<br />
Der hat z.B. hier gewartet bis der zweite Anruf kam.<br />
Wolfgang Haub, im August 2015<br />
119
<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
Bilderrätsel Auflösung: Das sind die Mauloffer Charaktere!<br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
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121