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McDonald's<br />

kritisch betrachtet -<br />

N G G berichtet aus der Praxis<br />

sozialen Mar<br />

GEWERKSCHAFT NAHRUNG-GENUSS-GASTSTÄTTEN<br />

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HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite2<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung ........ .. ... . ....... ......... ...... .. .......... ..... ..... ..... ....... ... ................................... ....... .. .. .. ........... .......... .. ... ............... 3<br />

Wie McDonald's Betriebsräte und Gewerkschaften behindert<br />

Dokumentation ..... .. .. ..... ... .. ... . .. ...... ........... ..... ........ ........ ............ ...... ... ... ... . ...... .. .. .. .. .. .................... ... . .. .. ............ .... .. 5<br />

Arbeiten bei McDonald's<br />

McJobs in der Wirklichkeit .................................................................................................................................... 17<br />

McDonald's spielt uns das Lied vom künftigen Arbeitsmarkt<br />

Bilanz der McDonald's-Woche 1998 ...................................................................................................................... 27<br />

McDonald's in der Presse ........................................................................................................................................ 39<br />

Warum es sich trotzdem lohnt<br />

Was Betriebsräte und NGG erreicht haben ............................................................................................................ 41<br />

McDonald's in Zahlen ............................................................................................................................................. 45<br />

Herausgeberin:<br />

Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Hauptvorstand<br />

Abteilung II, August 1999<br />

Postfach 50 11 80, 22711 Harnburg<br />

Telefon: 040 /380 13 116. Fax: 040 /38 36 98<br />

Internet: Http://www.gewerkschaft-ngg.de<br />

Redaktion: Anja Weber, Fritz Fiehler<br />

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GEWERKSCHAFT NAHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST Ä TTEN<br />

Seite 3<br />

Sie verlassen den demokratischen Sektor<br />

oder<br />

McDonald's und Arbeitnehmerrechte<br />

Seit 1971 ist McDonald's, inzwischen das größte gastronomische Unternehmen<br />

in Deutschland, in unserer Republik tätig.<br />

Seit vielen Jahren gibt es auf den verschiedensten Ebenen Auseinandersetzungen<br />

und Konflikte zwischen einzelnen Arbeitnehmern, Betriebsräten und der<br />

zuständigen DGB-Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der<br />

Unternehmensleitung bzw. ihren Beauftragten. 1993 hat NGG ihre Erfahrungen<br />

zusammengefaßt in der vielbeachteten Broschüre "McDonald's- kritisch<br />

betrachtet", die erstmals für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht hat, mit welchen<br />

Methoden der Gastromulti arbeitet - und die vor allem deutlich gemacht<br />

hat, wer den Erfolg des Unternehmens bezahlt: die Beschäftigten.<br />

McDonald's hat sich offensichtlich mühsam an Minimalvoraussetzungen der<br />

deutschen Gesetze gewöhnt, z.B. daran, daß üblicherweise Tarifverträge die<br />

Arbeitsbedingungen regeln - nicht die Willkür des Arbeitgebers. Deshalb<br />

wurde vom Unternehmen ein eigener Arbeitgeberverband, der Bundesverband<br />

der Systemgastronomie (BdS) mit Sitz in Wiesbaden, gegründet. Dieser Verband<br />

schloß 1989 erstmals mit der Gewerkschaft NGG einen Tarifvertrag.<br />

Trotz dieses Schrittes macht die Darstellung der Behinderung von Betriebsräten<br />

und Gewerkschaften durch McDonald's deutlich, daß dies keinesfalls bedeutet,<br />

die Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

selbstverständlich anzuerkennen- so wie dies in Deutschland üblich ist.<br />

Die aus der amerikanischen Sozialpolitik bekannte Strategie des "Union­<br />

Busting" soll auch in Deutschland salonfähig werden - daran läßt der Artikel<br />

von Anja Weber "Arbeiten bei McDonald's" keinen Zweifel.<br />

Der Hintergrund ist 'immer klar: McDonald's hat in 25 Jahren mit nahezu<br />

1.000 Restaurants einen Verdrängungswettbewerb ohnegleichen in der deutschen<br />

Gastronomie gestartet - für mehr Marktanteile wurden verschiedene<br />

Konkurrenten zurück oder an die Wand gedrängt. Dies hat rüde Umgangsformen<br />

zur Folge, und die Beschäftigten sind die ersten, die dies zu spüren bekommen<br />

haben. Auch wenn nach außen das Image des arbeitsplatzschaffenden<br />

Powerunternehmens hochgehalten wird, so gilt doch bei McDonald's:<br />

Schwere Arbeit, gute Leistung, wenig Geld.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 4<br />

Dies sind die Grundlagen des Unternehmenserfolges. Zugegeben: Arbeit im Gastgewerbe<br />

war noch nie Zuckerschlecken, aber die Arbeit bei McDonald's hat industriemäßige<br />

Methoden zum Standard der Arbeit in den Stores gemacht: Kurze Taktzeiten,<br />

zerhackte Arbeitsprozesse und erhöhter ArbeitsstreB sind die Folgen.<br />

Deshalb: McDonald's- kritisch betrachtet zum zweiten Mal.<br />

Die Gewerkschaft NGG will der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, sich selbst<br />

ein Urteil über diese in der Tendenz arbeitnehmerfeindlichen Vorgehensweisen des<br />

größten Gastronomieunternehmens Deutschlands zu bilden.<br />

Sehen Sie sich die Arbeitsbedingungen bei McDonald's an; lesen Sie, was das Unternehmen<br />

in den letzten sechs Jahren konkret mit Betriebsräten gemacht hat, und<br />

hoffentlich teilen Sie mit uns die Meinung:<br />

Dies darf in unserem Lande nicht Platz greifen - das insgesamt erfolgreiche Modell<br />

des Wiederaufbaus in Deutschland respektiert Arbeitnehmerinteressen und Arbeitnehmerrechte<br />

- bitte unterstützen Sie uns bei unserer Arbeit, um den Arbeitnehmerrechten<br />

bei McDonald's zum Durchbruch zu verhelfen!<br />

Und bitte denken Sie daran: Das, was wir hier aufgeschrieben haben, ist nur die<br />

Spitze des Eisbergs! Hier sind die besonders krassen Fälle der Diskriminierung und<br />

der Beschneidung von Arbeitnehmerrechten genannt, die alltäglichen Schikanen<br />

und Benachteiligungen, die Ignoranz gegenüber den Interessen der Beschäftigten -<br />

all dies findet häufig statt und würde Bände füllen, wenn jeder Einzelfall beschrieben<br />

werden würde! Üblicherweise erfahren auch wiralldies kaum: die Angst vor<br />

Schikane, die Angst vor Arbeitsplatzverlust ist bei den häufig benachteiligten Arbeitnehmergruppen<br />

größer als ihre Bereitschaft, sich gegen diese unzumutbaren Bedingungen<br />

gemeinsam zu wehren.<br />

Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert; bitte lassen Sie uns Ihre Haltung wissen.<br />

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen unter<br />

Gewerkschaft Nahrung -Genuss-Gaststätten<br />

Hautpverwaltung- Haubachstr. 76, 22765 Harnburg<br />

zur Verfügung oder auch im Internet: Http://www.Gewerkschaft-NGG.de.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

0J=.:fJ<br />

2. Vorsitzender


GEWERKSCHAFTNAHRUNG-GENUSS-GASTSTÄTTEN<br />

Seite 5<br />

Dokumentation<br />

McDonald's behindert<br />

deutschlandweit<br />

Betriebsräte und Gewerkschaft<br />

Wie ein Weltkonzern Koalitionsrechte hintertreibt,<br />

Betriebsrats- und Gewerkschaftsrechte mißachtet<br />

und Mitarbeiter persönlich unter Druck setzt.<br />

20. Februar 1995 · Köln. Bildung des ersten Gesamtbetriebsrats<br />

bei McDonald's. Das Unternehmen verweigert<br />

jegliche Zusammenarbeit. Das Bemühen<br />

des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden um einen<br />

Gesprächstermin mit dem Vorstand bleibt<br />

ebenso erfolglos wie die mehrfache Aufforderung,<br />

einen Termin fur die nächste Sitzung<br />

abzustimmen bzw. die organisatorischen Voraussetzungen<br />

(Sitzungsraum, Übernachtung,<br />

Fahrtkostenerstattung) zu gewährleisten.<br />

23. November 1995 Köln. Die Arbeit des erstmals im Februar<br />

1995 gebildeten Gesamtbetriebsrats kommt<br />

zum Erliegen, weil acht Betriebsratsgremien<br />

mit rund 45 Betriebsratsmitgliedern nach<br />

Zahlung von Abfindungen in unterschiedlicher<br />

Höhe aus dem Unternehmen ausscheiden.<br />

McDonald's soll zwischen 5.000 DM<br />

und 100.000 DM pro Abfindung gezahlt haben.<br />

März 1996 bis<br />

Dezember 1997<br />

Dortmund. McDonald's kündigt Murat Üsküplü,<br />

Mitarbeiter im Restaurant am Hauptbahnhof.<br />

Mitarbeiter ftihlten sich vom Betriebsrat<br />

nicht gut vertreten. Ü sküplü hat sich<br />

deshalb dafur ausgesprochen, daß der Betriebsrat<br />

durch Rücktritt den Weg .zu Neuwahlen<br />

freimacht. Auf Nachfrage, was die<br />

Gründe fiir die Kündigung seien, heißt es: Er<br />

habe Unterschriften gegen den Betriebsrat gesammelt.<br />

Vor dem Arbeitsgericht erklärt<br />

McDonald's dann, Herr Üsküplü habe dabei


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 6<br />

Dokumentation<br />

McDonald's behindert<br />

Betriebsräte und<br />

Gewerkschaft<br />

2. Juli 1996<br />

21. Mai 1996<br />

Dezember 1996 I<br />

Januar 1999<br />

Mitarbeiterinnen bedroht. Im Dezember werden<br />

die -von McDonald's benannten- Zeugen<br />

vor dem Arbeitsgericht angehört. Sie bestätigen<br />

diesen Vorwurf nicht. Seit Januar<br />

1998 kann Herr Üsküplü wieder bei McDonald's<br />

arbeiten. Zwischenzeitlich wurde das<br />

Restaurant von einem Franchisenehmer übernommen,<br />

der vor dem Hintergrund des hohen<br />

Prozeßkostenrisikos zu einer gütlichen Einigung<br />

bereit war.<br />

München. Die Neukonstituierung des Gesamtbetriebsrats<br />

kann erst im Juli 1996 erfolgen.<br />

Fast drei Monate hatte McDonald's die<br />

N eukonstituierung verzögert. McDonald' s<br />

weigert sich, die Kosten fur die Sitzung zu<br />

tragen und erkennt den Gesamtbetriebsrat<br />

und Seinen Vorsitzenden Taesung Kim nicht<br />

an.<br />

Dortmund. Wahlvorstandssitzung im Restaurant<br />

Werkmeisterstraße. McDonald's erteilt<br />

dem Gewerkschaftssekretär Manfred<br />

Sträter Hausverbot; es wird wenige Tage<br />

darauf vom Arbeitsgericht per einstweiliger<br />

Verfügung aufgehoben.<br />

Frankfurt. Behinderung der Einleitung von<br />

Betriebsratswahlen im Restaurant im Flughafen<br />

Terminal 2. Die Einladung zur Betriebsversammlung<br />

wird gesetzeswidrig nicht<br />

im Restaurant zum Aushang gebracht. Ein Initiator<br />

der Betriebsratswahlen wird vor die<br />

Alternative gestellt, gegen Zahlung von<br />

25.000 DM aus dem Unternehmen auszuscheiden<br />

oder die Kündigung zu erhalten.<br />

Nachdem der Kollege auf den Vorschlag,<br />

freiwillig auszuscheiden, nicht eingeht, erhält<br />

er die Kündigung. Anschließend scheiden<br />

zwei weitere Initiatoren durch Aufhebungsvertrag<br />

bzw. Kündigung aus. NGG erstattet<br />

Strafanzeige.<br />

Im Januar 1999 erläßt die Staatsanwaltschaft<br />

beim Landgericht Frankfurt die Auflage<br />

gegen McDonald's, insgesamt 40.000 DM<br />

an gemeinnützige Einrichtungen zu zahlen,<br />

damit das Ermittlungsverfahren vorläufig ein-


GEWERKSCHAFT N AHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST ÄTTEN<br />

Seite 7<br />

gestellt wird. Betrof~~n ist ein Teil der Führungsriege<br />

aus der Hauptverwaltung McDonald's<br />

in München, der Operations-Manager,<br />

Herr Harscher, der Personaldirektor, Herr<br />

Kiermaier, der damalige Bezirksleiter und der<br />

damalige Personalverantwortliche der Region,<br />

Herr Lange-Drljaca, Namen, die immer<br />

wieder auftauchen. "Bei der vorläufigen Einstellung<br />

ist davon ausgegangen worden, daß<br />

es sich um einen einmaligen Fall handelt. Im<br />

Wiederholungsfalle kann der Beschuldigte<br />

nicht mit weiterer Nachsicht rechnen", heißt<br />

es in den Entscheidungsgründen.<br />

Anfang 1997<br />

Dortmund. Der Betriebsrat versucht, mit der<br />

Geschäftsleitung zu einer Einigung über die<br />

Einführung eines EDV -Systems und über die<br />

Ableistung von Überstunden zu konimen. Die<br />

Geschäftsleitung blockiert das Mitbestimmungsrecht<br />

des Betriebsrates und verweigert<br />

die notwendigen und dem Betriebsrat gesetzlich<br />

zustehenden Informationen.<br />

Die daraufhin einberufene Einigungsstelle<br />

wird behindert, indem McDonald's zu vier<br />

Sitzungen gar nicht erscheint. Erst 1999 kann<br />

eine Betriebsvereinbarung zur Nutzung eines<br />

EDV-Systems und zum Schutz der Mitarbeiter<br />

vor Überwachung abgeschlossen werden.<br />

Um die Einigung über das Thema Mehrarbeit<br />

wird derzeit gerichtlich gestritten.<br />

Februar 1997<br />

Mülheim. Nachdem sich erneut ein Gesamtbetriebsrat<br />

konstituiert hat und rund zwei<br />

Drittel der Betriebsräte im Unternehmen aktiv<br />

an der Gesamtbetriebsratsarbeit teilnehmen,<br />

werden kurzerhand vier Mühlheimer<br />

Stores an Lizenznehmer übergeben.<br />

Die aktiven Betriebsräte können nicht mehr<br />

an der Arbeit des Gesamtbetriebsrats teilnehmen.<br />

NGG wertet dies als Vorbereitung zur<br />

Abwahl des GER-Vorsitzenden Taesung<br />

Kim. Durch die Ausgliederung von Restaurants<br />

mit aktiven Betriebsräten wurde die<br />

Mehrheit im Gesamtbetriebsrat für Kim gekippt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 8<br />

06. Februar 1997<br />

Dokumentation<br />

McDonald's behindert<br />

Betriebsräte und<br />

Gewerkschaft<br />

Juni 1997<br />

08. Juli 1997<br />

Juli 1997<br />

22. Juli 1997<br />

München. Das Arbeitsgericht München bestätigt<br />

die Legitimation des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden<br />

Taesung Kim. McDonald's<br />

hatte seit seiner Wahl am 02. Juli 1996 versucht,<br />

die Arbeit des Gesamtbetriebsrats zu<br />

unterbinden und die organisatorischen Voraussetzungen<br />

für die Sitzungen verweigert;<br />

einzelnen Gesamtbetriebsratsmitgliedern werden<br />

Konsequenzen angedroht für den Fall,<br />

daß sie an der Gesamtbetriebsratssitzung teilnehmen.<br />

Würzburg. McDonald's versucht ein Betriebsratsmitglied<br />

zu kündigen, weil er einem<br />

Kollegen angeblich eine Tasse Kaffee<br />

kostenlos gegeben hatte. Das Arbeitsgericht<br />

verweigerte die Zustimmung zur Kündigung,<br />

der Kollege kann weiterarbeiten.<br />

Wiesbaden. Der Arbeitgeberverband von<br />

McDonald's, Bundesverband der Systemgastronomie<br />

(BdS), versucht, eine von NGG geplante<br />

Demonstration von McDonald's Beschäftigten<br />

gegen Sozialdumping und Niedriglöhne<br />

unterbinden zu lassen. NGG hat zu<br />

einer Protestdemonstration vor dem Gebäude<br />

des BdS aufgerufen. Der BdS wendet sich an<br />

das Ordnungsamt der Stadt Wiesbaden, weil<br />

er darin "einen Aufruf zum Hausfriedensbruch"<br />

sieht und fordert eine "Überprüfung,<br />

ob unter diesen Umständen die geplante Versammlung<br />

noch rechtmäßig ist". Das Ordnungsamt<br />

lehnt ab, die Demo findet statt.<br />

Leverkusen. NGG sieht sich gezwungen, die<br />

Betriebsratswahl in der Kölner Straße in Leverkusen-Opladen<br />

anzufechten, weil eine<br />

Vorschlagsliste von NGG-Mitgliedern aus fadenscheinigen<br />

Gründen nicht zur Wahl zugelassen<br />

wurde. Damit wurde verhindert, daß<br />

NGG-Mitglieder zur Betriebsratswahl kandidieren.<br />

München. Erste Wirtschaftsausschußsitzung<br />

des Gesamtbetriebsrats. Der GBR hat<br />

der Unternehmensleitung zuvor einen Fragenkatalog<br />

übermittelt und die Anwesenheit ei-


GEWERKSCHAFT N AHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST ÄTTEN<br />

Seite 9<br />

ner Gewerkscha:ftsselqetärin als Sachverständige<br />

zu dieser Sitzung beschlossen.<br />

Unmittelbar zu Beginn der Sitzung wird dem<br />

Wirtschaftsausschuß und der anwesenden<br />

NGG-Gewerkschaftssekretärin ein Schreiben<br />

von Herrn Heyll, Geschäftsfl.ihrer des Arbeitgeberverbandes<br />

BdS, überreicht, mit dem das<br />

Teilnahmerecht der Gewerkschaftsvertreterin<br />

rechtswidrig bestritten wird. Der Wirtschaftsausschuß<br />

steht vor der Alternative, erneut<br />

eine Blockade seiner Arbeit in Kauf zu<br />

nehmen, oder aber ohne den Sachverstand der<br />

Gewerkschaftssekretärin die Wirtschaftsausschußsitzung<br />

durchzuführen. Wörtlich heißt<br />

es in dem Schreiben: "Wir empfehlen der<br />

NGG-Vertreterin eine Kopie unseres Schreibens<br />

unmittelbar vor der Sitzung auszuhändigen."<br />

Die dem Wirtschaftsausschuß dann vorgelegten<br />

Daten enthalten weniger Informationen<br />

als der Presse im Rahmen der Jahrespressekonferenz<br />

mitgeteilt wurden.<br />

23. Juli 1997<br />

München. Erneut gelingt es McDonald's, die<br />

Arbeit des Gesamtbetriebsrats lahmzulegen.<br />

Der unternehmensunabhängige GBR­<br />

Vorsitzende Taesung Kim wird rechtswidrig<br />

abgewählt. Ali Korkmaz, Betriebsratsvorsitzender<br />

und Assistent im Restaurant Frankfurt<br />

am Main Hauptbahnhof, war zuvor dadurch<br />

aufgefallen, daß Mitarbeiter sich bei NGG<br />

massiv über ihn beschwerten. Eine Mitarbeiterin<br />

berichtete, sie sei von ihm "geschubst,<br />

gestoßen und am Kragen gepackt" worden.<br />

Jetzt läßt er sich, unter Mißachtung des Betriebsverfassungsgesetzes<br />

im Handstreich,<br />

zum Gesamtbetriebsratsvorsitzenden wählen.<br />

Das Arbeitsgericht München würdigt den<br />

Vorfall in der Urteilsbegründung: "Der Beteiligte<br />

zu 4) (Ali Korkmaz, d.V.) hat derartige<br />

Verstöße begangen und erhält hierbei offensichtlich<br />

die Unterstützung der Beteiligten zu<br />

3) (McDonald's, d.V.). Ausschließlich durch<br />

diese Verstöße wurde eine ungeklärte, die<br />

Funktionsfähigkeit des Gesamtbetriebsrats<br />

beeinträchtigende Situation geschaffen."


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 10<br />

~<br />

Dokumentation<br />

McDonald's behindert<br />

Betriebsräte und<br />

Gewerkschaft<br />

06. August 1997<br />

Essen. Betriebsversammlung zur Wahl eines<br />

Wahlvorstands im Restaurant Porscheplatz.<br />

40 Kolleginnen und Kollegen sind anwesend.<br />

Bernd Heyer und Yvonne Sachtje<br />

von der Gewerkschaft NGG werden durch<br />

Trillerpfeifengetöse und Wasserpistoten­<br />

Beschuß daran gehindert, die Versammlung<br />

durchzufiihren. Auch der Protest von Beschäftigten,<br />

sie möchten hören, was die NGG<br />

zu sagen hat, bringt die Störer nicht zur Ruhe.<br />

Nachdem Yvonne Sachtje gezielt mit Eiern<br />

beworfen wird, wird die Versammlung abgebrochen.<br />

Die Geschäftsführung hat diesen<br />

Aufruhr zumindest geduldet. NGG leitet eine<br />

einstweilige Verfügung zur Einsetzung des<br />

Wahlvorstands ein.<br />

August 1995 I<br />

August 1997<br />

August 1997<br />

Würzburg. Strafanzeige gegen die Restaurantmanagerio<br />

von McDonald's Faulenbergstr.<br />

wegen Behinderung einer Betriebsversammlung.<br />

Die Restaurantleiterin hatte<br />

versucht, die Teilnahme von Mitarbeitern an<br />

Betriebsversammlungen durch die Androhung<br />

von disziplinarischen Maßnahmen zu<br />

verhindern. Die in Würzburg erscheinende<br />

"Main Post" schreibt am 01.08.1997: "Für<br />

den Staatsanwalt stand "außer Frage, daß das<br />

ein immenser Eingriff in die Rechte des Betriebsrates<br />

war." Der Richter vermutete die<br />

Hauptschuld für den Vorfall "in München",<br />

bezweifelte aber die Unschuld der Angeklagten.<br />

Weil aber die exakte Klärung der Vorgänge<br />

äußerst aufwendig gewesen wäre, bot<br />

der Richter gegen Zahlung von 1 000 Mark an<br />

die Staatskasse die Einstellung des Verfahrens<br />

an. Die Angeklagte akzeptierte."<br />

Würzburg. Strafanzeige gegen den Bezirksleiter<br />

von McDonald's Würzburg: Das Amtsgericht<br />

erläßt gegen ihn wegen U rkundenfälschung<br />

eine Geldbuße in Höhe von 40 Tagessätzen<br />

a 100 DM. Mit dem Ziel, anstehende<br />

Höhergruppierungen zu verzögern, wurde<br />

eine Vereinbarung mit Mitarbeitern nachträglich<br />

geändert.


GEWERKSCHAFT NAHRUNG-ÜENUSS-ÜASTSTÄTTEN<br />

Seite Il<br />

September 1997<br />

September 1997<br />

Kirchain. McDonald's Restaurant Kirchain-<br />

0 ',<br />

Teck: Einer der Initiatoren der Betriebsratswahl<br />

wird kurz vor der Betriebsversammlung<br />

zur Wahl eines Wahlvorstands fristlos gekündigt.<br />

NGG reicht Kündigungsschutzklage<br />

em.<br />

Dortmund. McDonald' s verkauft seine fünf<br />

Dortmunder Restaurants an einen Franchisenehmer,<br />

nachdem die "Anti-Betriebsrats­<br />

Politik" des Unternehmens offenkundig<br />

scheiterte und dem Unternehmen laufend negative<br />

Schlagzeilen einbrachte.<br />

Der neue Lizenznehmer, Herr Hahne, macht<br />

sich gleich unbeliebt. Auf einem Zettel, den<br />

er achtlos rumliegen läßt, beleidigt, verletzt<br />

und diffamiert er Beschäftigte ("Sie mag<br />

Männer", "Nutte", "Versuche ihn loszuwerden")<br />

und Gewerkschaftsverteter ("Arschloch<br />

von der NGG").<br />

Dezember 1997<br />

Januar 1998<br />

Köln. McDonald's kündigt mit fadenscheinigen<br />

Begründungen die letzten zwei verbliebenen<br />

NGG-Mitglieder des Betriebsrats. Auch<br />

hier muß das Arbeitsgericht angerufen werden.<br />

Wiesbaden. Durch Ahmahnungen gegen<br />

Belegschaftsmitglieder wird versucht, die<br />

Arbeit des neugebildeten Betriebsrats in<br />

Wiesbaden, Mainzer Straße, zu unterbinden.<br />

Der Arbeitgeber hat eigenmächtig die Einsatzzeiten<br />

der Mitarbeiter verändert. Der Betriebsrat<br />

fordert sein gesetzliches Mitbestimmungsrecht<br />

ein und informiert die Mitarbeiter,<br />

daß die Dienstplanveränderung nicht<br />

rechtswirksam sei. Mitarbeiter, die entsprechend<br />

ihrer üblichen Einsatzzeiten den Dienst<br />

wahrnehmen, erhalten eine Abmahnung.<br />

Die Belegschaft läßt sich nicht einschüchtern<br />

und reicht mit Unterstützung der NGG Gegendarstellungen<br />

zur Personalakte ein. Der<br />

Streit wird erst nach Einschaltung des Arbeitsgerichts<br />

und einem fur den Betriebsrat<br />

positiven Spruch der Einigungsstelle beigelegt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 12<br />

I<br />

Dokumentation<br />

November 1997 I<br />

05. Februar 1998<br />

McDonald's behindert<br />

Betriebsräte und<br />

Gewerkschaft<br />

Februar/März 1998<br />

Mai/Juni 1998<br />

Hannover. Wiederum Kündigung eines<br />

Betriebsratsmitglieds. Vor dem Arbeitsgericht<br />

Hannover stimmt McDonald's im Januar<br />

einem Vergleich zu, daß die Kündigung<br />

zurückgenommen wird. Einen Tag vor<br />

einer Betriebsratssitzung am 05. Februar<br />

1998 wird dieser Vergleich widerrufen;<br />

McDonald's verweigert dem Kollegen<br />

rechtswidrig den Zutritt zur Betriebsratssitzung<br />

und erteilt ihm Hausverbot.<br />

Mit den so manipulierten Mehrheiten wird<br />

die aktive Betriebsratsvorsitzende Heide<br />

Sehnare abgewählt. Erst nach Einleitung eines<br />

Strafverfahrens und arbeitsgerichtlicher<br />

Schritte muß McDonald's einen Monat später<br />

die Betriebsratsvorsitzende Sehnare anerkennen.<br />

·<br />

In der Zwischenzeit wurde McDonald's außerdem<br />

per einstweiliger V erftigung gezwungen,<br />

dem oben genannten Betriebsratsmitglied<br />

den Zugang zu weiteren Sitzungen<br />

des Betriebsrats nicht mehr zu verweigern.<br />

Der Betriebsrat ist wieder handlungsfahig.<br />

Hannover. McDonald's will einen ausländischen<br />

Kollegen, der Ersatzmitglied im Betriebsrat<br />

ist, kündigen. Der Grund: seine Arbeitserlaubnis<br />

sei nicht verlängert worden.<br />

Der Betriebsrat hat Grund zu der Annahme,<br />

daß die Nichtverlängerung der Arbeitserlaubnis<br />

auf Betreiben des Managers, Herr<br />

Kiwith, erfolgt ist und verweigert die notwendige<br />

Zustimmung zur Kündigung. Auf<br />

dringendes Anraten des Arbeitsgerichts muß<br />

Herr Kiwith im Beisein des Betriebsrats<br />

beim Arbeitsamt vorsprechen. Ergebnis: die<br />

Arbeitserlaubnis wird verlängert, der Kollege<br />

bleibt im Betrieb.<br />

Bremen, Bochum u.a. Anläßlich der turnusmäßigen<br />

Neuwahl berichten Betriebsräte,<br />

über erheblichen Druck der Restaurantleitung<br />

werde versucht, unternehmensnahe<br />

Kandidatinnen und Kandidaten in die Betriebsräte<br />

wählen zu lassen. Die Einflußnah-


::<br />

GEWERKSCHAFT N AHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST Ä TTEN<br />

Seite 13<br />

me bleibt ohne .. Erfolg. Darauf versucht<br />

McDonald's erfolglos, in zahlreichen Restaurants<br />

die Wahlen anzufechten, so z.B. in<br />

Bremen, wo McDonald's am 03.06.1998<br />

Klage beim Arbeitsgericht einreicht.<br />

Juni 1998<br />

23. Juli 1998<br />

September 1998<br />

Oktober 1998<br />

,<br />

Dortmund. Herr Kent Hahne, Franchisenehmer<br />

von McDonald' s, macht erneut<br />

Schlagzeilen mit dem Versuch, einen Informationsstand<br />

der Gewerkschaft NGG vor<br />

dem McDonald's-Restaurant gerichtlich<br />

verbieten zu lassen. Vor Gericht erscheint<br />

er dann allerdings nicht. Der Info-Stand findet<br />

statt.<br />

Frankfurt. Neuwahl des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden.<br />

Der vom Unternehmen unterstützte<br />

Kandidat Ali Korkmaz kann sich<br />

gegen den unternehmenskritischen Taesung<br />

Kim durchsetzen, der zuvor rechtswidrig abgesetzt<br />

worden war. Kurz vor der Wahl<br />

rückt McDonald' s in einem Schreiben an alle<br />

Wahlberechtigten Korkmaz in ein positives<br />

Licht gegenüber Kim und wirbt mit ihm<br />

und dem Slogan "Ich bin McDonald's" auf<br />

ganzseitigen Zeitungsanzeigen. Drei Restaurants,<br />

deren Betriebsräte Kim unterstützten,<br />

werden zudem unmittelbar vor der<br />

Sitzung an ein Tochterunternehmen ausgegliedert,<br />

so daß die Betriebsräte nicht mehr<br />

wahlberechtigt sind.<br />

Bremen. Drei Betriebsratsmitglieder erhalten<br />

eine Abmahnung, weil sie während der<br />

Betriebsratssitzungen keine Dienstkleidung<br />

getragen haben. Der Arbeitgeber hat nicht<br />

das Recht, darüber zu entscheiden, wie Betriebsratsmitglieder<br />

sich zur Sitzung kleiden.<br />

Die gleichen Betriebsratsmitglieder<br />

hatten zuvor die Fälschung von Arbeitsverträgen<br />

aufgedeckt. Nach Einleitung arbeitsgerichtlicher<br />

Schritte müssen die Ahmahnungen<br />

zurückgenommen werden.<br />

Dortmund. Betriebsratswahl im Restaurant<br />

Werkmeisterstraße. Der Restaurantleiter,<br />

Bernd Nölle, versucht durch massive Wahl-


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 14<br />

Dokumentation<br />

McDonald's behindert<br />

Betriebsräte und<br />

Gewerkschaft<br />

12.-16. Oktober<br />

1998<br />

23. Oktober 1998<br />

beeinflussung einen offensichtlich unternehmensnahen<br />

Mitarbeiter in den Betriebsrat<br />

wählen zu lassen. Über Einzelgespräche<br />

mit Mitarbeitern, Versprechungen wie z.B.<br />

Beförderungen und gute Dienstpläne, wenn<br />

das nicht hilft, Drohungen, sollen Mitarbeiter<br />

veranlaßt werden, seinen Kandidaten zu<br />

wählen. Sogar kranke Mitarbeiter werden zu<br />

Hause angerufen und aufgefordert, im Sinne<br />

der Restaurantleitung zu wählen. Viele Mitarbeiter<br />

sagen das zwar zu, in der Wahlkabine<br />

treffen sie ihre eigene Entscheidung, so<br />

daß die NGG-Liste einen deutlichen Sieg<br />

davonträgt.<br />

Mül'lchen/Wiesbaden. Anläßlich der von<br />

der Gewerkschaft NGG durchgeführten<br />

bundesweiten Aktionswoche versucht<br />

McDonald's durch Hausverbote die Information<br />

der Beschäftigten zu unterbinden.<br />

Gewerkschaftsvertretern wird mit Strafanzeigen<br />

gedroht.<br />

München. McDonald's manipuliert die<br />

Wahlen zur Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaft<br />

Nahrungsmittel und Gaststätten.<br />

Nur durch eine im Geheimen vom<br />

Top-Management organisierte U nterschriftensammlung<br />

zugunsten einer Konkurrenzorganisation<br />

zur Gewerkschaft NGG<br />

kann diese eigene Kandidaten für die Arbeitnehmervertreter<br />

in der Selbstverwaltung<br />

präsentieren. Durch den Abteilungsleiter<br />

Personal in der Hauptverwaltung von<br />

McDonald's, Michael Bösl, erfolgte eine<br />

Anweisung zur Unterschriftensammlung an<br />

die regionalen Personalabteilungen.<br />

Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der<br />

Gewerkschaft NGG: "Ein einmaliger Vorgang<br />

in der Geschichte der deutschen Sozialversicherung.<br />

McDonald's beschafft sich<br />

einen Sitz auf der Seite der Arbeitnehmer<br />

und zerstört damit die gesetzlich vorgeschriebene<br />

Parität in der Selbstverwaltung<br />

zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern."<br />

Der Spitzenkandidat dieser Konkurrenzorganisation<br />

ist Ali Korkmaz.


GEWERKSCHAFT N AHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST Ä TTEN<br />

Seite 15<br />

September 1998<br />

bis Juni 1999<br />

'<br />

Wiesbaden. McDonald's erklärt gegenüber<br />

dem Betriebsrat, man wolle zehn Vollzeitmitarbeitern<br />

gegen Zahlung einer Abfindung<br />

kündigen, obwohl eine Woche zuvor<br />

neue Mitarbeiter eingestellt wurden. Nachdem<br />

der Betriebsrat dieses Vorhaben ablehnt,<br />

werden zahlreichen Mitarbeitern Abfindungsangebote<br />

unterbreitet, verbunden<br />

mit der Drohung, ansonsten werde eine<br />

Kündigung erfolgen.<br />

Im Dezember 1998 scheidet ein Mitglied<br />

des Betriebsrats gegen Zahlung einer Abfindung<br />

aus, im Februar 1999 ein weiteres.<br />

Antonio Bareiro, Betriebsratsvorsitzender,<br />

bewertet die Vorgänge im Juni 1999: "Erst<br />

haben sie versucht, die Betriebsratswahl zu<br />

verhindern, dann die Belegschaft zu verunsichern<br />

und gegen den Betriebsrat auszuspielen,<br />

zum Beispiel mit Ahmahnungen<br />

und eben diesen Kündigungsdrohungen.<br />

Nachdem das auch nicht geklappt hat, haben<br />

sie uns ausgegliedert. Jetzt versuchen sie,<br />

den Mitarbeitern als disziplinarische Maßnahme<br />

die Nachtzuschläge zu kürzen."


HINTERGRUNDINFORMATIONEN Seite 16<br />

McDonald's in den Niederlanden<br />

Daß es auch anders geht, zeigen Erfahrungen unserer Schwestergewerkschaft in den Niederlanden.<br />

Dort mußte McDonald's akzeptieren, daß auch ein US-amerikanisches Unternehmen Mitbestimmungs- und Gewerkschaftsrechte<br />

einhalten muß. Die niederländische Gewerkschaft, Horecabond FNV, kann regelmäßig in den Restaurants<br />

an alle Beschäftigten gewerkschaftliche Informationen verteilen.<br />

Warum geht das nicht auch in Deutschland?


GEWERKSCHAFTNAHRUNG-GENUSS-GASTSTÄTTEN<br />

Seite 17<br />

Anja Weber<br />

Arbeiten bei<br />

-McDonald's­<br />

McJobs<br />

in der Wirklichkeit<br />

Foto: Jan U. Hempler<br />

In seinen rund 1. 000 Restaurants beschäftigt<br />

McDonald's in Deutschland mittlerweile rund<br />

50.000 Arbeitnehmerlnnen. Alljährlich zur<br />

Jahrespressekonferenz rühmt sich das Unternehmen<br />

der Schaffung von Arbeitsplätzen,<br />

die Medien greifen dies in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit<br />

häufig kritiklos auf. So wird<br />

selbst die vielleicht problematischste Seite der<br />

Fast-Food-Gastronomie, die Schaffung und<br />

Ausweitung von ,McJobs' noch zu positiver<br />

Publicity genutzt.<br />

Die Arbeitsbedingungen bei McDonald's sind<br />

nicht nur deshalb kritisch unter die Lupe zu<br />

nehmen, weil hier belastende Arbeit schlecht<br />

bezahlt wird. Hinzu kommt ein demokratiefeindlicher<br />

und autoritärer Führungsstil des<br />

Unternehmens, dem es so gelingt, sich der<br />

Mitbestimmung durch Betriebsräte weitgehend<br />

zu entziehen.<br />

McDonald's wurde zum Namensgeber ftir<br />

die ,McJobs', als Synonym für Arbeitsplätze<br />

im Dienstleistungsbereich, die sich durch<br />

fachlich geringe Qualifikationsforderungen,<br />

niedrige Bezahlung und weitgehende Entrechtung<br />

der Beschäftigten auszeichnen. Eine nä-<br />

· here Betrachtung der Arbeitsbedingungen bei<br />

McDonald's lohnt auch deshalb, weil das Unternehmen<br />

eine Vorreiterrolle bei der Gestaltung<br />

zukünftiger Arbeitsmarktstrukturen einnimmt.<br />

(1)<br />

Arbeiten bei McDonald's<br />

In einem Restaurant arbeiten zwischen 50<br />

und 100 Beschäftigte, davon ca. ein Drittel<br />

als Vollzeitkraft. Von den Teilzeitbeschäftigten<br />

ist ein hoher Anteil als 630-Mark-Kraft<br />

geringfügig beschäftigt. Unter Einbeziehung<br />

der sozialversicherungsfrei beschäftigten Studentinnen<br />

betraf dies vor der gesetzlichen<br />

Neuregelung der geringfügigen Beschäftigung<br />

nach unserer Schätzung über 15.000 Arbeitnehmerlnnen<br />

bei McDonald's.<br />

Ca. 90% des Personals übt ungelernte Tätigkeiten<br />

aus, die Anlernzeit beträgt nach Angaben<br />

von McDonald's zwei Tage. Diese Beschäftigten<br />

arbeiten überwiegend im sogenannten<br />

,Rotationssystem', d.h., sie arbeiten<br />

im Wechsel in allen Bereichen des Restaurants,<br />

z.B. an der Kasse, im Gastraum<br />

(Tablettabräumen, Tische säubern), am Grill,<br />

an der Friteuse, sie garnieren, toasten und<br />

packen die Produkte; auch die Toilettenreini-<br />

Eine nähere Betrachtung der Ar-<br />

. ·'<br />

beitsbedingungen bei. McDonald' s<br />

lohnt auch deshalb, weil das Unternehmen<br />

eine Vorreiterrolle bei der<br />

Gestaltung zukünftiger Arbeitsmarktstrukturen<br />

einnimmt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 18<br />

gung gehört in vielen Restaurants zu ihrer<br />

Aufgabe. Die Arbeitsabläufe zeichnen sich<br />

durch einen hohen Normierungsgrad aus und<br />

sind exakt durchkalkuliert, bis hin zur genauen<br />

Menge des Wareneinsatzes und der erforderlichen<br />

Zeit. So wird auch die kleinste Einheit<br />

des Arbeitsprozesses umfassend kontrolliert.<br />

Selbst die Kommunikationsprozesse<br />

zwischen den Mitarbeiterinnen und dem Gast<br />

sind vorgegeben und unterliegen der Kontrolle:<br />

"Früher einmal wurde ihrer Fähigkeit mißtraut,<br />

das Richtige zu tun, die Arbeitnehmer<br />

finden sich nun in der Situation, daß ihnen<br />

nicht mehr zugetraut wird, das Richtige zu sagen."<br />

(2)<br />

Der Stundenlohn liegt im Juni 1999 zwischen<br />

11,04 DM und 13,48 DM brutto in den alten<br />

und 10,54 DM und 10,84 DM in den fünf<br />

neuen Bundesländern. Bei einer 40-Stunden­<br />

Woche erhält ein Beschäftigter in den alten<br />

Bundesländern also zwischen 1.910 DM und<br />

2.332 DM brutto im Monat.<br />

Nur ca. 10 % des Personals sind Angestellte.<br />

Sie werden zum sogenannten ,Management'<br />

gezählt, obwohl auch sie den Anweisungen<br />

der Unternehmenszentrale vollständig unter-<br />

"Früher einmal wurde ihrer Fähigkeit<br />

mißtraut, das Richtige zu tun,<br />

die Arbeitnehmer finden sich nun<br />

in der Situation, daß ihnen nicht<br />

mehr zugetraut wird, das Richtige<br />

zu sagen."<br />

- .,_<br />

stellt sind. Ein großer Teil ihrer alltäglichen<br />

Arbeiten unterscheidet sich nicht von denen<br />

der Rotationsmitarbeiterlnnen, da sie häufig<br />

einspringen müssen, wenn Personal fehlt.<br />

Durch krasse Hierarchie (es gibt angestellte<br />

Restaurantleiterlnnen, erste, zweite, dritte Assistentlnnen<br />

und Vorabeiterlnnen) und die<br />

deutlich höheren Verdienste (zwischen 2.933<br />

DM und 4.690 DM in den alten Bundesländern)<br />

wird jedoch eine scharfe Trennung zwischen<br />

der ,Crew' (den gewerblichen Mitarbeiterlnnen)<br />

und den Angestellten geschaffen.<br />

Spezielle Veranstaltungen fiir Angestellte<br />

fiihren dazu, daß viele sich selbst als Arbeitgeber<br />

ansehen, obwohl sowohl die Gehaltshöhe<br />

als auch die Einbindung in die straffe Hierarchie<br />

deutlich machen, daß es sich hier nicht<br />

um ,leitende Angestellte' handelt. Es ist das<br />

Prinzip ,teile und herrsche', das hier in spezieller<br />

Form durchgesetzt wurde.<br />

Armuttrotz Arbeit(, Working poor')<br />

Die Nettoeinkommen der Beschäftigten liegen<br />

häufig unterhalb der Sozialhilfegrenze.<br />

So werden die Erträge dieses Weltunterneh-<br />

Regionale Abschlußaktion in Dusseldorf


GEWERKSCHAFT NAHRUNG-GENUSS-GASTSTÄTTEN<br />

Seite 19<br />

Berlin- BahnhofZoo<br />

mens teilweise indirekt staatlich subventioniert,<br />

wenn die Beschäftigten zusätzlich Sozialhilfe<br />

in Anspruch nehmen müssen, \.l.ffi ihren<br />

Lebensunterhalt zu bestreiten. Bis zur gesetzlichen<br />

Neuregelung fiihrte die hohe Anzahl an<br />

sozialversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnissen<br />

dazu, daß viele Arbeitnehmerinnen<br />

keinen Zugang zu den Sozialversicherungssystemen<br />

hatten. Bei längerer Krankheit, Arbeitslosigkeit<br />

oder im Rentenfall drohte auch<br />

hier das Angewiesensein auf Sozialhilfe. (3)<br />

Ein großer Teil der Beschäftigten muß seinen<br />

Lebensunterhalt durch einen Zweit-Job finanzieren,<br />

denn selbst eine Vollzeitbeschäftigung<br />

reicht kaum aus, sich selbst, geschweige denn<br />

eine Familie, zu finanzieren.<br />

.. in den nächsten Jahren, einen stärkeren Druck<br />

auf diese DM-Beträge in Richtung 1.800<br />

Mark." (4)<br />

Seit 1989 existiert, infolge längerer Auseinandersetzungen<br />

zwischen der Gewerkschaft<br />

Nahrung -Genuss-Gaststätten (N GG) und<br />

McDonald's, ein Tarifvertrag mit dem BdSauf<br />

sehr niedrigem Niveau. Selbst dieses Tarifniveau<br />

wird bei McDonald's häufig ni~ht<br />

eingehalten. Nach unserer Schätzung werden<br />

ca. 30 % der Beschäftigten in den Restaurants<br />

ohne Betriebsrat zu gering bezahlt. Durch den<br />

Tarifvertrag konnte durchgesetzt werden, daß<br />

die Beschäftigten im Krankheitsfall weiterhin<br />

den vollen Lohn bekommen müssen; in zahlreichen<br />

Restaurants wird gegen diese Regelung<br />

verstoßen. Der Tarifvertrag sieht vor,<br />

daß Mitarbeiter automatisch nach zwölf Monaten<br />

mehr Geld bekommen. Auch dies wird<br />

in vielen Restaurants nicht umgesetzt. Die<br />

Einsparung ftir McDonald's beträgt pro Vollzeit-Mitarbeiter<br />

über 800 DM im Jahr. Erst<br />

1995 wurde erreicht, daß die Rotationsmitarbeiterinnen<br />

nach einer bestimmten Zeit die<br />

Tarifgruppe 3 mit 13,48 DM brutto in der<br />

Stunde erhalten. (5)<br />

McDonald's ist bestrebt, diese Löhne noch<br />

weiter abzusenken. Der Geschäftsfiihrer des<br />

zuständigen Arbeitgeberverbandes, des Bundesverbandes<br />

der Systemgastronomie (BdS),<br />

Thomas Heyll, erklärte in einem Fernsehinterview<br />

im April 1997: "Es ist heute sogar ein<br />

harter Kampf auf dem Arbeitsmarkt zu beobachten,<br />

im großstädtischen Bereich, um diese<br />

Jobs. Die Kündigungsraten gehen gegen Null<br />

in diesem Sektor, und ich erwarte sogar noch,<br />

"Es ist heute sogar ein harter<br />

Kampf auf dem Arbeitsmarkt zu<br />

beobachten ... um diese Jobs. Die<br />

Kündigungsraten gehen gegen Null<br />

in diesem Sektor, und ich erwarte<br />

sogar noch, in den nächsten Jahren,<br />

einen stärkeren Druck auf diese<br />

DM-Beträge in Richtung 1.800<br />

Mark."<br />

'


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 20<br />

Selbst in den Restaurants mit Betriebsräten<br />

war die Umsetzung dieser Vereinbarung nur<br />

durch Arbeitsgerichtsprozesse möglich. In<br />

vielen Restaurants ist die Tarifgruppe 3 für<br />

die Beschäftigten weiterhin ein Fremdwort.<br />

Mythos<br />

Nummer eins:<br />

Vom Tellerwäscher<br />

zum Millionär?<br />

res Restaurant': Während in anderen Restaurants<br />

der Systemgastronomie hier der Einstiegslohn<br />

beginnt und weitere Aufstiegsmöglichkeiten<br />

folgen, endet der ,Aufstieg' des/der<br />

McDonald's-Beschäftigten da, wo andere anfangen.<br />

Und auch das mußte fast überall erst<br />

gerichtlich erstritten werden. In Dortmund<br />

sorgte McDonald' s für eine gute Auslastung<br />

der Arbeitsgerichte: Bei insgesamt 335 Beschäftigten<br />

in den fünf Dortmunder Restaurants<br />

mußten über 200 Klagen vor dem Arbeitsgericht<br />

geführt werden. (7)<br />

Dieser Mythos wird gepflegt.<br />

Foto: photo oikumene<br />

Erst kürzlich wurde vom Aufstieg des ersten<br />

Europäers in die McDonald's-Zentrale in den<br />

USA berichtet. Er habe als einfacher Rotationsmitarbeiter<br />

in einem Österreichischen Restautrant<br />

angefangen. McDonald's brüstet<br />

sich seines Schulungscenters in München und<br />

der Möglichkeiten für die einfachen Mitarbeiterinnen,<br />

ins ,Management' aufzusteigen oder<br />

als Franchisenehmerinnen ein Restaurant zu<br />

übernehmen.<br />

Die meisten Mitarbeiterinnen werden allerdings<br />

nicht Millionärinnen, sondern bleiben<br />

potentielle Sozialhilfeempfängerinnen. Die<br />

Besonderheit der Entlohnung bei McDonald's<br />

ist, daß es kaum finanzielle Aufstiegsmöglichkeiten<br />

für die Masse der Beschäftigten<br />

gibt. Auch nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit<br />

kommt der/die qualifizierteste Mitarbeiterin<br />

im Rotationssystem als Vollzeitkraft<br />

nicht über 2.332 DM brutto im Monat hinaus.<br />

(6) McDonald's ist in der Tat ein ,etwas ande-<br />

McDonald's als Chance für<br />

ausländische Mitarbeiterinnen?<br />

Zwei weitere Aspekte führt McDonald's in<br />

seine Marketingstrategie ein: McDonald' s sei<br />

multikulturell und biete auch ausländischen<br />

Arbeitnehmerinnen eine Chance. Die Arbeit<br />

bei McDonald's sei für viele ein erster, positiver<br />

Einstieg in den Arbeitsmarkt. (8) Was<br />

hier für positives Marketing genutzt wird, ist<br />

Resultat einer scharf kalkulierten Personalpolitik:<br />

Sie spricht bevorzugt- neben Schülerinnen,<br />

Studentinnen und Hausfrauen - gesellschaftliche<br />

Randgruppen und solche Men-<br />

McDonald's ist in der Tat ein ,etwas<br />

anderes Restaurant': Während in<br />

anderen Restaurants hier der Einstiegslohn<br />

beginnt und weitere Aufstiegsmöglichkeiten<br />

folgen, endet<br />

der "Aufstieg" bei McDonald's da,<br />

wo andere anfangen.


GEWERKSCHAFTNAHRUNG-GENUSS-GASTSTÄTTEN<br />

Seite 2\<br />

Mythos Nummer zwei:<br />

Die große McDonald's-Familie<br />

Foto: Hans-Gerd Öfinger - Wiesbaden<br />

sehen an, die kaum andere berufliche Alternativen<br />

haben. Resultat: Für diese Beschäftigten<br />

ist es weitaus schwieriger, ihre Interessen<br />

wahrzunehmen, da der Verlust des Jobs die<br />

schlichte Existenzbedrohung bedeuten würde.<br />

Verschärft wird dieses Problem bei ausländischen<br />

Beschäftigten. Immer wieder wird uns<br />

berichtet, daß der Status als ,ausländischer<br />

Arbeitnehmer' genutzt werde, um Druck auszuüben<br />

und betriebliches Wohlverhalten zu<br />

erreichen.<br />

Die Arbeitserlaubnis fiir Nicht-EG-Bürgerlnnen<br />

z.B . hängt daran, daß das Unternehmen<br />

rechtzeitig die Verlängerung der Arbeitserlaubnis<br />

beantragt. Erfolgt diese Beantragung<br />

zu spät, erlischt die Arbeits- und damit<br />

auch die Aufenthaltserlaubnis.<br />

McDonald's bezeichnet sich gern als familienfreundliches<br />

Restaurant. Auch seine Beschäftigten<br />

sollen sich als Teil einer Familie<br />

fiihlen. Dazu dienen z.B. regelmäßige Betriebsfeste,<br />

fiir die beträchtliche Summen ausgegeben<br />

werden. Es gibt einen Katalog von<br />

Sozialleistungen, zusätzliches Weihnachtsgeld,<br />

Altersversorgung, ein Vermögensbildungsprograrnm,<br />

Ferienwohnungen etc .. In<br />

den Genuß dieser zusätzlichen Leistungen gelangen<br />

überwiegend jedoch nur die Angestellten;<br />

die große Mehrheit der gewerblichen<br />

Rotationsmitarbeiterinnen ist davon ausgeschlossen<br />

- es sei denn, die Beschäftigten<br />

oder die Betriebsräte haben mit gewerkschaftlicher<br />

Unterstützung anderes durchgesetzt.<br />

Trotz geringer Bezahlung, belastender Arbeitsbedingungen<br />

und häufiger Klagen über<br />

schlechten und autoritären Führungsstil arbeiten<br />

viele Kolleginnen und Kollegen gern bei<br />

McDonald' s und betonen den Spaß, den sie<br />

auch bei der Arbeit haben. Also tatsächlich<br />

eine fröhliche und fleißige Familie? Eine Un-<br />

Natürlich gibt es Aufstiegsmöglichkeiten bei<br />

McDonald's:<br />

Etwa ein Drittel der Angestellten hat sich<br />

vom Rotationsmitarbeiter in die Position des<br />

Angestellten hochgearbeitet. Das ist natürlich,<br />

insbesondere fiir Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt<br />

wenig Chancen haben, eine Perspektive,<br />

die allerdings leicht vom Unternehmen<br />

ausgenutzt werden kann.<br />

Was hier iür positives Marketing<br />

genutzt wird, ist Resultat einer<br />

scharf kalkulierten Personalpolitik:<br />

Sie spricht bevorzugt gesellschaftliche<br />

Randgruppen und solche Menschen<br />

an, die kaum andere berufliche<br />

Alternativen haben.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 22<br />

tersuchung der Fachhochschule Harnburg zur<br />

Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten kam<br />

zu folgender, zutreffender Einschätzung: "Die<br />

in die Unternehmenskonzepte integrierten<br />

Formenleitbilder zielen nicht nur auf eine organisatorische,<br />

sondern auch auf eine motivationale<br />

Einbindung der Mitarbeiter. Individuelle<br />

Einflußmöglichkeiten bei der (zeitlichen)<br />

Gestaltung des Arbeitseinsatzes lassen die<br />

Berücksichtigung privater Belange zu. Enge<br />

Interaktionsbeziehungen zu Kolleginnen und<br />

Vorgesetzten ermöglichen die Befriedigung<br />

sozialer Bedürfnisse am Arbeitsplatz. Die<br />

Austauschbarkeit fachlich gering qualifizierter<br />

Arbeitnehmer fordert die Fügsamkeit. Die<br />

spezifische Personalstruktur (hoher Anteil<br />

Ungelernter, hoher Frauenanteil, hoher Ausländeranteil)<br />

schränkt anderweitige Arbeitsmarktchancen<br />

der Arbeitnehmer der Systemgastronomie<br />

ein und trägt zu einer resignativen<br />

Zufriedenheit mit den Gegebenheiten<br />

bei." (9)<br />

Behinderung von Betriebsrats- und<br />

Gewerkschaftsarbeit<br />

McDonald's versucht, sein Unternehmen<br />

von ,störenden Einflüssen' wie Betriebsräten<br />

und Gewerkschaften freizuhalten und eine<br />

In keinem anderen Unternehmen<br />

der vielfältigen Branchen, die die<br />

Gewerkschaft NGG vertritt, gibt es<br />

derartig viele Beispiele für die<br />

systematische Behinderung<br />

von Betriebsratswahlen.<br />

,corporate identity', d.h. ein einheitliches Unternehmensleitbild,<br />

das dem Mythos einer ge·<br />

meinsamen Familie folgt, zu verankern. Eir<br />

wesentliches Mittel ist dabei die scharfe Geg·<br />

nerschaft zu Gewerkschaften und die Behinderung<br />

von - eigenständig und unabhängif<br />

agierenden - Betriebsräten.<br />

In keinem anderen Unternehmen der vieWilti·<br />

gen Branchen, die die Gewerkschaft NGC<br />

vertritt, gibt es derartig viele Beispiele für dit<br />

systematische Behinderung von Betriebsrats·<br />

wahlen. Gewerkschaftssekretäre erhalter<br />

Hausverbote, die dann häufig durch einstwei·<br />

lige Verfiigungen der Arbeitsgerichte wiede1<br />

aufgehoben werden, das Zustandekommer<br />

von Betriebsversammlungen wird verzögert<br />

Führungskräfte sammeln Unterschriften ir<br />

der Belegschaft gegen Betriebsratswahlen, et·<br />

waige Kandidatinnen und Kandidaten werder<br />

zu Gesprächen zitiert und gekündigt. Zahlreiche<br />

Beispiele sind in unserer Dokumentation<br />

in dieser Broschüre genannt.<br />

Vor dem Arbeitsgericht in München<br />

Immer wieder geben engagierte Betriebsräte<br />

nach langen Auseinandersetzungen auf.<br />

McDonald's läßt es sich etwas kosten, solche


GEWERKSCHAFT NAHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST Ä TTEN<br />

Seite 23<br />

·· Ausblick: ,McDonald's ist einfach<br />

gut' ? -<br />

Besser mit Betriebsräten<br />

Vor dem Arbeitsgericht in München<br />

Kolleginnen und Kollegen loszuwerden: In<br />

Köln wurde das Unternehmen mit einem<br />

Schlag 46 ,störrische' Betriebsräte los, indem<br />

es Abfmdungen bis zu 90.000 DM zahlte und<br />

erreichte damit gleichzeitig das Ende des ersten,<br />

1995 gebildeten Gesamtbetriebsrats. Als<br />

in einem Frankfurter Restaurant erstmals ein<br />

Betriebsrat gewählt werden sollte, bekam ein<br />

Wahlvorstandsmitglied Besuch aus der<br />

Münchner Unternehmenszentrale in seiner<br />

Wohnung. Man habe ihm 25.000 DM für sein<br />

Ausscheiden angeboten. (12) Auch der 1996<br />

neu konstituierte Gesamtbetriebsrat wurde<br />

lahmgelegt Für die Gewerkschaft NGG war<br />

das aktive Betreiben der Unternehmszentrale .<br />

so offenkundig, daß sie sich gezwungen sah,<br />

Strafantrag gegen McDonald's Deutschland<br />

wegen der Behinderung und Störung der Gesamtbetriebsratsarbeit<br />

zu stellen.<br />

Es zeigt sich allerdings, daß den Machenschaften<br />

des Unternehmens mit juristischen<br />

Mitteln schwer beizukommen ist. Nur selten<br />

kommt es nach einer Strafanzeige auch ~u einem<br />

entsprechenden Verfahren. Die Angst<br />

der Kolleginnen und Kollegen, eine Aussage<br />

zu machen, wenn Druck auf sie ausgeübt wurde;<br />

die Problematik, daß vielen Vorgängen<br />

Vier-Augen-Gespräche zugrundeliegen und<br />

sie schwer beweisbar sind, und eine unzureichende<br />

Sensibilisierung der Staatsanwälte für<br />

die Problematik ftihren· überwiegend zur Einstellung<br />

solcher Verfahren. (13)<br />

Je nachdem wie man es betrachtet, ist das<br />

Glas halb voll oder halb leer. Das gilt auch<br />

für die Bilanz der bisherigen Bemühungen<br />

von Beschäftigten, Betriebsräten und Gewerkschaften,<br />

die Arbeitsbedingungen bei<br />

McDonald' s zu verbessern.<br />

Auf der einen Seite: Ständige Rückschläge<br />

bei der Bildung von Betriebsräten und der<br />

Durchsetzung unternehmensweiter Mitbestimmung<br />

durch den Gesamtbetriebsrat Auf<br />

der anderen Seite: Anfang der 80er Jahre<br />

wurde der erste Betriebsrat bei McDonald' s<br />

gewählt. Heute bestehen rund 50 Betriebsräte<br />

bei McDonald's. Einerseits: Der gewerkschaftliche<br />

Organisationsgrad im Unternehmen<br />

ist immer noch sehr niedrig - andererseits:<br />

die Mitgliederzahlen steigen in diesem<br />

Bereich kontinuierlich.<br />

Auch tarifpolitisch mußten Rückschläge hingenommen<br />

werden; dennoch sichern die Tarifverträge<br />

ein Minimum an Rechten und Leistungen<br />

für die Beschäftigten, die oft sogar<br />

noch unterschritten werden. Erfolgreiche Tarifpolitik<br />

in diesem Bereich wird in dem Ma-<br />

In Köln wurde das Unternehmen<br />

mit einem Schlag 46 ,störrische' Betriebsräte<br />

los, indem es Abfindungen<br />

bis zu 90.000 DM zahlte und erreichte<br />

damit gleichzeitig das Ende<br />

des ersten, 1995 gebildeten Gesamtbetriebsrats.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 24<br />

ße möglich, in dem es gelingt, gewerkschaftliches<br />

Handeln bei den Beschäftigten weiter<br />

zu verankern. Dies erfordert einen gegenseitigen<br />

Lernprozeß. Die Beschäftigten von<br />

McDonald's sind nicht geprägt von ,gewerkschaftlicher<br />

Kultur', und auch für die<br />

Gewerkschaft ist die Arbeit in diesem Bereich<br />

ein ständiger Lernprozeß. Das betrifft<br />

sowohl das Verständnis der spezifischen Probleme<br />

und Herangehensweisen der Beschäftigten<br />

als auch die Entwicklung einer angemessenen<br />

Strategie. Solidarität als Grundlage<br />

gewerkschaftlichen Handeins wird lebendig,<br />

wenn sich Gewerkschaften nicht auf die Organisierung<br />

von Großbetrieben beschränken,<br />

sondern gemeinsam mit den betroffenen Kolleginnen<br />

und Kollegen an der Durchsetzung<br />

verbesserter Arbeitsbedingungen arbeiten.<br />

Ansätze hierzu gibt es: Betriebsräte haben erhebliche<br />

Verbesserungen in ihren Restaurants,<br />

und manchmal auch unternehmensweit,<br />

durchgesetzt.<br />

Stichwort Menschenwürde:<br />

Ein Frankfurter Betriebsrat griff die Beschwerde<br />

von Mitarbeiterinnen auf, die es als<br />

Anfang der 80er Jahre wurde der<br />

erste Betriebsrat bei McDonald's<br />

gewählt. Heute bestehen rund 50<br />

Betriebsräte bei McDonald's.<br />

entwürdigend empfanden, die lächerliche Papiermütze,<br />

die aus lebensmittelhygienischen<br />

Gründen in der Küche vorgeschrieben ist,<br />

auch an der Kasse zu tragen. Diese Mütze<br />

zählt weltweit zur standardmäßig vorgeschriebenen<br />

Uniform. Die Initiative des Betriebsrats<br />

hatte Erfolg: Die Papiermütze muß an der<br />

Kasse nicht mehr getragen werden.<br />

Stichwort: Kontrolle und Führungsstil:<br />

Das Eingreifen der Betriebsräte fiihrte dazu,<br />

daß sogenannte Qualitätssicherungskampagnen<br />

mit geheimen Testkäufern überarbeitet<br />

wurden und nicht mehr vorrangig das individuelle<br />

Verhalten der Mitarbeiterinnen überprüft<br />

wird.<br />

Stichwort Entlohnung:<br />

Durch die Zusammenarbeit von Betriebsräten<br />

und Gewerkschaft wurden Musterprozesse<br />

geführt, die für die Beschäftigten bessere Entlohnung<br />

durch veränderte Eingruppierung ermöglichen.<br />

Dortmund<br />

Das sind drei Beispiele von vielen, die deutlich<br />

machen, daß Veränderungen bei McDonald's<br />

möglich sind. Auch der mit großem internationalen<br />

Echo geführte ,McLibel-Prozeß'<br />

in Großbritannien ( 14) hat gezeigt, daß die oft<br />

als Kampf ,Davids gegen Goliath' empfunde-


GEWERKSCHAFT N AHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST Ä TTEN<br />

Seite 25<br />

führen, und der Öffentlichkeitsarbeit, z.B.<br />

wenn McDonald's versucht, in seinem Unternehmen<br />

demokratiefreie Räume zu schaffen.<br />

McDonald's Schulungszentrum Monehen<br />

ne Auseinandersetzung mit diesem Weltunternehmen<br />

nicht aussichtslos ist. Über das Internet<br />

entwickelte sich eine Woge weltweiter<br />

Solidarität und eine international geführte<br />

Diskussion auch von McDonald's Beschäftigten.<br />

Dabei wäre eine ,Dämonisierung' des Unternehmens<br />

der falsche Ansatz! Der ,Mythos<br />

McDonald's' basiert auf einer Mischung aus<br />

Bewunderung (eines mächtigen und effektiven<br />

Unternehmens), geschickter Werbung<br />

(die den Besuch bei McDonald's als moderne<br />

(Eß)-Kultur und das Unternehmen als sozial<br />

und kinderfreundlich darstellt), dem Gefühl<br />

des Verführtwerdens und der Dämonisierung.<br />

Ein solcher Mythos führt kaum zu selbstbewußtem<br />

Handeln der Betroffenen.<br />

Unsere Strategie ist die der Aufklärung, indem<br />

wir die Beschäftigten informieren und zu<br />

eigenem Handeln ermutigen, indem wir versuchen,<br />

Solidarität zu entwickeln und die oft<br />

noch vereinzelten Ansätze von Gestaltung des<br />

Arbeitslebens bei McDonald's zusammenzu-<br />

Grundlegende Veränderungen bei McDonald's<br />

sind nicht von heute aufmorgen zu erreichen,<br />

aber wie drückte es der ehemalige<br />

Gesamtbetriebsratsvorsitzende von McDonald's,<br />

Taesung Kim aus Würzburg, aus: "So<br />

wie ein Saatkorn möchte ich mit meiner Arbeit<br />

dazu beitragen, daß Betriebsräte bei<br />

McDonald' s irgendwann ein starker Baum<br />

werden."<br />

NGG gibt den betrieblichen Akteuren Rückhalt<br />

und ermöglicht den Erfahrungsaustausch<br />

sowie die Entwicklung von gemeinsamen<br />

Strategien und Handlungsweisen. So schafft<br />

NGG trotz der starken Fluktuation auch bei<br />

den Betriebsräten Kontinuität und wirkt als<br />

stabiler Kern der in den Betrieben Aktiven.<br />

Anmerkungen<br />

(1) Vgl. hierzu Ritzer 1998: 60 ff; Ritzer argumentiert,<br />

daß die ökonomische Erfolgsstory der Fast­<br />

Food-Industrie und ihre starke Expansion dazu<br />

führe, daß auch andere Branchen versuchen, Elemente<br />

dieser Unternehmenskonzepte zu übernehmen.<br />

Ergebnis sei, daß zunehmend auch eine große<br />

Anzahl von mittel-qualifizierten Jobs dequalifiziert<br />

und in ,McJobs' umgewandelt werden.<br />

(2) Ritzer 1998: 64. Übersetzung von der Verfasserin<br />

(3) Vgl. zu diesem Thema Pohl & Schäfer 1996<br />

(4) Thomas Heyll, Geschäftsfiihrer des Bundesverbandes<br />

der Systemgastronomie in der Fernsehsendung<br />

Panorama am 7. 4. 1997<br />

(5) Leider konnte diese Regelung bisher nur für den<br />

Tarifbereich der alten Bundesländer durchgesetzt<br />

werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN Seite 26<br />

(6) In den neuen Bundesländern endet die Eingruppierung<br />

bei derzeit 1.835 DM (s.o.)<br />

(7) V gl. Spiegel Nr. 45 I 97<br />

(8) Diese Argumentation ist beispielhaft nachzulesen<br />

in den verschiedenen Geschäftsberichten von<br />

McDonald's.<br />

(9) Bischoff-Ktimmel, Gudrun u. a. 1994<br />

(10)Vgl. Spiegel Nr. 45197<br />

(11 )Main Post, 1. 8. 1998<br />

(12)Vgl. Spiegel Nr. 45197<br />

( 13)So geschehen auch bei dem Strafantrag wegen der<br />

Behinderung der Gesamtbetriebsratsarbeit<br />

(14)S. hierzu Buko Agrar Koordination I Forum filr Internationale<br />

Agrarpolitik, FastFood, Buko Agrar Dossier 21, Harnburg<br />

1998, Schmetterling-Verlag<br />

Anja Weber ist Ref~:;ratsleiterin beim Hauptvorstand der Gewerkschaft<br />

Nahrung-G~nuss-paststätten<br />

und zuständig filr M~Donald's.<br />

Der Artikel wurde aktualisiert und übernommen aus: Fast Food<br />

(BUKO Agrar Dossier 21), Hrsg.: BUKO Agrarkoordination I<br />

Forum für Internationale Agrarpolitik<br />

Hierarchiestufen und Bruttoverdienste im Betrieb<br />

Restaurant­<br />

Leitung<br />

3.979-5.077 DM<br />

Assistentinnen<br />

(Stellv. Leitung)<br />

VorarbeiterlnneniSchichtflihrerlnnen<br />

2.567- 3.273 DM<br />

CrewTrainerinnen<br />

2.332- 2.567 DM<br />

Rotationskräfte<br />

1.910-2.332 DM


GEWERKSCHAFT NAHRUNG-ÜENUSS-ÜASTSTÄTTEN Seite 27<br />

Fritz Fiehler<br />

•.<br />

McDonald's spielt uns das Lied<br />

vom künftigen Arbeitsmarkt.<br />

Bilanz der 1998 bundesweit geführten<br />

NGG-Aktionswoche gegen McJobs<br />

Der Artikel basiert im wesentlichen auf Aussagen, die während der<br />

Aktionswoche in der Presse, von NGG und McDonald's bzw. dem<br />

Arbeitgeberverband BdS geäußert wurden und dokumentiert damit<br />

auch die starke Resonanz, die die Aktionswoche fand. Die Zahlen<br />

geben daher den Stand 1998 wieder.<br />

Dortmund<br />

Ziele der Aktionswoche<br />

~ Öffentlichkeit:<br />

Information über ,McJobs'<br />

~ Beschäftigte:<br />

Information über ihre Rechte<br />

und Möglichkeiten<br />

~ McDonald's:<br />

Forderung nach angemessener<br />

Behandlung der Beschäftigten-<br />

Schluß mit der Behinderung<br />

von Betriebsräten<br />

Vom 12. bis zum 16. Oktober 1998 hat die Gewerkschaft NGG<br />

McDonald' s zum Thema gemacht. In einer bundesweit gefiihrten<br />

Aktionswoche wurde der Blick auf Bezahlung und Umgang von<br />

Beschäftigten in diesem Fast-food-Konzern gelenkt. Reagiert haben<br />

Beschäftigte, Medien und auch der Multi selbst. Eine Erfolgsgeschichte?<br />

Die NGG hat gute Gründe, davon auszugehen. In ihrer<br />

Mitgliederzeitschrift "einigkeit" heißt es: Das Motto sei "Zukunft<br />

für McJobs- NGG bei McDonald's" gewesen. In über 50 Städten<br />

hätten Informationsveranstaltungen für die Beschäftigten von<br />

McDonald's, Restaurant-Besuche und Flugblattaktionen stattgefunden.<br />

Erstmals seien viele Beschäftigte darüber informiert worden,<br />

wie sie mit der Wahl von Betriebsräten Arbeitsbedingungen verbessern<br />

könnten. Überregionale und regionale Medien hätten über über<br />

die Aktion berichtet. In der Öffentlichkeit sei die Problematik der<br />

,McJobs' bekannt gemacht worden. Bei der allergischen Reaktion<br />

McDonald's müßte man sich fragen, warum das Unternehmen solche<br />

Angst vor Information und Aufklärung habe.<br />

Die Aktionswoche '98 ist den Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft<br />

nicht in den Schoß gefallen. Schließlich stehen die arbeitsmarktpolitischen<br />

Zeichen auf weniger Lohn und weniger Rechte.<br />

Diese Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen sollen angeblich<br />

durch ein Mehr an Beschäftigung aufgewogen werden. Gerade davon<br />

können die Beschäftigten bei McDonald' s ein Lied singen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

. Seite 28<br />

McDonald's ·<br />

in Deutschland<br />

• Rund 850 • Ca. 50<br />

Restaurants Betriebsräte<br />

• Zwei Drittel • Rund 2.000<br />

bei Lizenmeh- NGG-Mitglieder<br />

mem<br />

• Rund 47.500<br />

Beschäftigte<br />

~<br />

Über zwei Drittel der Arbeitsplätze sind prekäre Beschäftigungen,<br />

d.h., 'belastend, schlecht bezahlt und ohne Perspektive. Die Aufstiegsmöglichkeiten<br />

sind auf wenige Angestellte begrenzt, flir gewerbliche<br />

Arbeitnehmer enden die Aussichten bei 2.332 DM.<br />

McDonald's nutzt die Situation von ausländischen Kollegen aus,<br />

die über die Hälfte der Beschäftigten stellen (vgl. NGG, Aufruf zur<br />

Aktionswoche ). Also ein gewerkschaftspolitischer Erfolg gegen den<br />

Lauf der Zeit. Insofern lohnt-gewerkschafts-wie gesellschaftspolitisch<br />

- Stärken und Schwächen zu bilanzieren. Ziel war es, die Öffentlichkeit<br />

über ,McJobs' aufzuklären, die Beschäftigten über ihre<br />

Rechte und die Möglichkeiten von Betriebsräten zu informieren<br />

und eine angemessene Behandlung sowie das Ende der Behinderung<br />

von Betriebsratsarbeit zu fordern (vgl. NGG, Aufruf zur Aktionswoche).<br />

Worin bestanden die Bedingungen für diesen Erfolg?<br />

Erste Bedingung: ,McJobs' traf den Nerv der Zeit!<br />

Dortmund<br />

"Größe, Ausbreitung und Erfolg des Unternehmens deuten darauf<br />

hin," befürchtet Reiner Wittorf, NGG-Vize, "daß McDonald's eine<br />

Vorreiterrolle für künftige Arbeitsmarktstrukturen übernehmen<br />

könnte." (Süddeutsche Zeitung vom 5. Oktober 1998). Wie gesagt<br />

stehen die Zeichen auf Lohndruck, Dienstleistungen und Niedriglohnsektor.<br />

Niedriglohnsektor<br />

Für Jugendliche, Frauen<br />

und Ausländern könne der<br />

Niedriglohnsektor zur<br />

Chance werden.<br />

McDonald's als der Beginn<br />

einer großen Karriere?<br />

Jede Arbeit sei besser als<br />

keine!<br />

Wer hier beginnt, wenden<br />

die Kritiker ein, endet auch<br />

hier.<br />

Niedriglohnsektor? Das Kalkül lautet: Früher war die nicht ausgebildete<br />

Arbeitskraft in den Fabriken zu finden. Diese Tätigkeiten<br />

hat das verarbeitende Gewerbe reduziert. Daraus ist ein Beschäftigungsproblem<br />

geworden. Wenn die Industrie mit weniger Arbeitskräften<br />

auskommt und Dienstleistungen expandieren, überlegen die<br />

Arbeitsmarktpolitiker, dann muß im Dienstleistungswesen Platz für<br />

die nicht ausgebildeten Arbeitskräfte geschaffen werden. Das ist die<br />

politische Absicht.<br />

Ihr Haken: In den Fabriken stand die nicht ausgebildete Arbeitskraft<br />

unter dem Schutz der gewerkschaftlich organisierten Facharbeiterschaft.<br />

Ein solcher Schutz kann im Dienstleistungswesen nicht gewährleistet<br />

werden.' Halb so schlimm, sagen Politiker. Der Einzelne<br />

müsse den Niedriglohnsektor als Zwischenlösung begreifen. Für Ju-


GEWERKSCHAFT N AHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST Ä TTEN<br />

Seite 29<br />

gendliche, Frauen und Ausländer könne er zur Chance .werden.<br />

McDonald's als der Beginn einer großen Karriere? Jede Arbeit sei<br />

besser als keine!<br />

Wer hier beginnt, wenden die Kritiker ein, endet auch hier. Und die<br />

Betroffenen schreiben sich dieses Los noch selbst zu. Dazu heißt es<br />

in einer Reportage: "Es ist leicht, heutzutage Gesprächspartner zu<br />

finden, die in Talkshows über ausgefallenste Sex-Praktiken berichten.<br />

Es ist schwer, Menschen zu finden, die erzählen, warum sie einen<br />

zweiten Job annehmen mußten. ,Armut in der Arbeit', auch<br />

,prekärer Wohlstand' genannt, liegt in der gesellschaftlichen Tabuzone.<br />

Nicht, daß es sie nicht gäbe. Da ist der junge Polizist, der nebenbei<br />

Regale im Supermarkt einräumt, die Angestellte im Öffentlichen<br />

Dienst, die die Miete in München ohne Nebenjob nicht mehr<br />

zahlen kann. Da ist der Drucker in Wiesbaden, dem netto 1.800<br />

Mark bleiben und der deshalb nebenbei Burger verkauft. Sie eint<br />

die Angst, den Job zu verlieren, sollte der Hauptarbeitgeber etwas<br />

davon wissen." (Süddeutsche Zeitung 05.10.1998)<br />

Aktionswoche<br />

..__<br />

CW..._pt...._..........,,<br />

.......... "......._ ............ d .. _...._,<br />

..... - .................. llt,. ...<br />

.....<br />

...<br />

Diese Politik spielt sich nicht irgendwo ab, sondern in der Mitte unserer<br />

,sozialen Marktwirtschaft'. So heißt es in der SZ-Reportage:<br />

"Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt fordert einen neuen Niedriglohnbereich<br />

von 1.300 bis 2.300 Mark brutto, der um 30 % unter<br />

den untersten Tariflöhnen läge. Horst Siebert vom Institut für Weltwirtschaft<br />

plädiert für eine stärkere Lohnspreizung, , weil ich keinen<br />

anderen Ausweg sehe, das Problem des Arbeitsmarkts zu lösen.'<br />

Daß Einkommensschwache dann einen zweiten Job annehmen<br />

müßten, findet er akzeptabel. Doch viele Experten äußern sich zurückhaltend.<br />

Wie Claus Schäfer warnt Meinhard Miegel, Mitglied<br />

der bayerisch-sächsischen Zukunftskommission, vor den Folgen einer<br />

solchen Entwicklung: ,Möglicherweise zahlt man für diese Art<br />

der Beschäftigung einen hohen sozialen Preis.'"<br />

Dafür steht McDonald's. Das Unternehmen ist erfolgreich, es praktiziert<br />

eine ausgetüftelte Betriebswirtschaft und operiert mit multikulturellen<br />

Crews. Das sind die Trümpfe, die der Multi fiir sein<br />

Image braucht. Für dieses Bild in der Öffentlichkeit sind professionelle<br />

Werbung, Wohltätigkeitsaktionen und blendende Quartalser-<br />

JOB-Quiz 1<br />

Wann treffen die Leistangen<br />

aus dem Tarifvertrag auch für<br />

Sie uneingeschränkt zu?<br />

r:J Wenn ich meinem Arbeitgeber<br />

genügend vertraue.<br />

D Wenn ich Mitglied der Gewerkschaft<br />

NGG bin.<br />

. D Wenn ich regelmäßig Überstunden<br />

mache.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 30<br />

gebnisse notwendig. Dafiir werden alle Register gezogen. Und das<br />

heißt: McDonald's drückt Löhne, betrügt Mitarbeiter und hintertreibt<br />

gewerkschaftliche Arbeit. Der wunde Punkt besteht in der Öffentlichkeit.<br />

Stuttgart<br />

Das Unternehmen stellt sich im Lichte des 21. Jahrhunderts dar, arbeitet<br />

aber mit den Methoden des 19. Jahrhunderts. "Ist's Wahnsinn,<br />

hat's doch Methode!" Mit ,McJobs' sind "geringe Qualifizierungsanforderungen,<br />

miserable Bezahlung und oft auch Entrechtung"<br />

(Lübecker Stadtzeitung 13. Oktober 1998) auf den Punkt<br />

gebracht worden.<br />

Zweite Bedingung: Fälle belebten Fakten!<br />

JOB-Quiz 2<br />

Was wissen Sie über die Arbeitszeitregelungen?<br />

0 Ich muß meinem Arbeitgeber<br />

jederzeit zur VerfUgung<br />

stehen.<br />

0 Meine Arbeitszeit ist im<br />

Manteltarifvertrag und im<br />

Arbeitsvertrag geregelt.<br />

0 Wenn der Arbeitgeber es<br />

verlangt, arbeite ich auch<br />

mall2-14 Stunden.<br />

Der methodische Wahnsinn lautet sachlich: "Die mehr als 47.000<br />

Arbeitnehmer bei McDonald's erhalten nach Angaben der Gewerkschaften<br />

für eine 40-Stunden-Woche ein Bruttogehalt zwischen<br />

1.880 und 2.295 DM in den alten und zwischen 1.813 und 1.864<br />

DM in den neuen Ländern. "Solche Jobs bieten keine berufliche<br />

Perspektive, um eine Existenz zu sichern", erklärte Wittorf. So seien<br />

90 % der Beschäftigten un- und angelernt und zwei Drittel der<br />

Arbeitsplätze Teilzeitjobs. Die Aufstiegsmöglichkeiten begrenzten<br />

sich auf wenige Angestellte." (dpa vom 5.10.98) Um welche Geschichten<br />

es sich dabei handelt, hat Kent Hahne, Franchisenehmer<br />

der fünf Dortmunder McDonald' s Filialen, unter Beweis gestellt.<br />

"Einer im sechsten Monat mit Drillingen Schwangeren in der Filiale<br />

Werkmeisterstraße habe Hahne die Kündigung angedroht, nachdem<br />

sie an einem Tag darum gebeten hatte, nicht an der Kasse eingesetzt<br />

zu werden. Die Ahmahnung fiir diese Mitarbeiterin entfernte<br />

der Chef auf Druck der NGG aus der Personalakte, schilderte<br />

NGG-Sekretär Manfred Sträter ,einen Fall in einer Serie von unglaublichen<br />

Einzelfällen'. Die Schikanen hielten an." (Westfälische<br />

Allgemeine Zeitung vom 13.10.1998)<br />

Essen<br />

Up.d immer wieder kehrt der Konzern seine Haltung heraus: ,Das<br />

,.-,,_.,<br />

Gesetz bin ich!' In Bremen zogen seine Manager den Verdacht auf<br />

. sich, Verträge gefälscht zu haben: "Drei Mitarbeiter hatten im Mai<br />

ihre zwei Ausgleichstage nehmen wollen und dies auch eingetra-


GEWERKSCHAFT N AHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST ÄTTEN<br />

Seite 31<br />

gen. Als der Dienstplan dann hing, war die Überraschung g~oß: Die<br />

Wünsche waren nicht berücksichtigt worden. Der Betriebsratsvorsitzende<br />

Kemal D. fragte beim Filialleiter nach und bekam mehrere<br />

Arbeitsverträge gezeigt, die zu seiner Überraschung mit einem gestempelten<br />

Zusatz versehen waren: "Des Weiteren dient das übertarifliche<br />

Entgelt zur Abgeltung der Arbeitszeitausgleichstage."<br />

In anderen Worten: Keine freien Tage, kein Geld. In den Vertragskopien<br />

der Mitarbeiter steht dieser Passus nicht. Und übertariflich<br />

bezahlt werden sie im übrigen auch nicht. "Das wurde offenbar<br />

nachträglich in die Verträge gestempelt", meint Kemal D. Auf seine<br />

Nachfrage habe ihm der Restaurantleiter einen Tarifvertrag von<br />

1996 gezeigt. Darin steht tatsächlich: Keine Ausgleichstage für<br />

jüngst eingestellte Mitarbeiter. Nur: Dieses Papier ist nie ein Tarifvertrag<br />

geworden. "Das ist ein Entwurf, den der Bundesverband damals<br />

zu den Verhandlungen vorgelegt hat", weiß Matthias Brummer<br />

von der Gewerkschaft NGG, "der ist nie wirksam geworden."<br />

(Weser Kurier Bremen vom 30.04.98)<br />

Wo Druck und Gegendruck das Sagen haben, ist auch Platz für<br />

Zwischengeschäfte. Das trifft für Kontraktarbeiter zu, deren Geschichten<br />

schon immer Erinnerungen an die Sklaverei wach hielten.<br />

Das Wiesbadener Tageblatt berichtet: "In einem Fall, so die Betriebsräte,<br />

seien Polen mit befristeten Verträgen angeworben worden,<br />

denen man auch eine Unterkunft versprochen habe. Die polnischen<br />

Mitarbeiter fanden sich schließlich in einem Haus in Nordenstadt<br />

wieder, wo sie für winzige Zimmer horrende Mieten zahlen<br />

mußten. Auf 14 Quadratmetern im Keller seien zwei Personen untergebracht<br />

worden. Mietpreis: 450 Mark pro Nase. Das besagte<br />

Haus in Nordenstadt gehöre einem leitenden Angestellten von<br />

McDonald's, sagen die Betriebsräte. Nur gegen Zahlung von 200<br />

Mark seien die Polen aus den unwürdigen Mietverträgen entlassen<br />

worden."<br />

Bochum<br />

Aktionsformen I<br />

Dresden<br />

)> Schwerpunkt:<br />

Restaurantbesuche<br />

)> Mit öffentlicher Begleitung<br />

)> Verteilung von<br />

* Gästeflugblatt<br />

* Crew Report<br />

* Aktuellen Flugblättern<br />

zu konkreten Konflikten<br />

I<br />

Schließlich machte auch eine Kollegin aus Dortmund auf den entbrannten<br />

Verdängungswettbewerb aufmerksam: "Petra Block aus<br />

Dortmund ärgert sich besonders darüber, daß McDonald's immer<br />

öfter mit ,Sparmenüs' wirbt. Sie arbeitet seit acht Jahren bei McDo-


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

· Seite 32<br />

Berlin<br />

nald's, engagiert sich seit fiinf Jahren im Betriebsrat, seit drei Jahren<br />

als Vorsitzende. Durch die Sonderangebote ließen immer mehr<br />

Kunden immer weniger Geld in den Filialen. Die Stores dürften<br />

aber nur einen bestimmten Prozentsatz ihres Umsatzes für Personalkosten<br />

ausgeben. Die Folge seien Personalabbau und mehr Druck<br />

auf die Mitarbeiter, erklärt Petra Block. "Hinzu·komme, daß schon<br />

bei kleinsten Verstößen gegen die McDonald's-Standards, zum Beispiel<br />

einen falsch auf den Grill gelegten Fleischbratling<br />

,Abmahnungen' geschrieben würden." (Rheinische Post vom<br />

17.10.1998)<br />

Aktionsformen II<br />

}> Infostände an zentralen<br />

Plätzen- z.B. Riesenburger<br />

}> Anzeigen in der Presse<br />

}> Sketche vor Stores mit"<br />

gekauften" Betriebsräten -<br />

z.B. Marionettentheater<br />

}> Pressekonferenz<br />

mit Betroffenen<br />

}> Klagemauer in DUsseldorf<br />

Gleich einem unerbittlichen Mechanismus greifen Nachfrageschwäche,<br />

Preiskriege und betriebswirtschaftliche Anpassungen. Dabei<br />

bleibt natürlich auch ein Knirschen zwischen FranchisenehrneiD<br />

und Münchner Zentrale nicht aus. In Chemnitz hat Udo Hübner seinen<br />

Lizenzgeber wegen Mietwucher verklagt.<br />

Der Streit geht um das Immobiliengeschäft. In aller Regel kauft<br />

McDonald's das Land für die Restaurants, baut und verpachtet die<br />

komplette Anlage zu Pachtzinsen zwischen 12 und 22 % des Umsatzes.<br />

Kernfrage: Ist dieser Zinssatz Pachtwucher? Dabei steht außer<br />

Zweifel, daß der durchschnittliche Prozentwert bis Anfang der<br />

90er Jahre niedriger lag, während es sich mit den Gewinnen der<br />

Partner vor Ort umgekehrt verhält (vgl. food service 03 I 99).<br />

Bochum<br />

Von der wirtschaftlichen Kehrtwende schreibt der SPIEGEL:<br />

"Doch ausgerechnet zu einer Zeit, in der sich ideologischer Protest<br />

langsam verflüchtigt, in der unter Gewerkschaftern das Wüten gegeJ;l<br />

neue McJobs ermattet, geraten die Steuermänner der Fast-food- ·<br />

., ' ,.<br />

K~e:, }n Schwierigkeiten. Die Umsätze stagnieren, in den USA<br />

wenqen sich viele Kunden ab, schlimmer noch: Sie schlingen ihre<br />


GEWERKSCHAFT N AHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST ÄTIEN<br />

Seite 33<br />

ein ,falsches Spiel' vor. Die NGG verliere an Mitgliedern, unter den<br />

•.<br />

McDonald's-Beschäftigten seien nur zwei bis drei Prozent organisiert<br />

und die gwählten Betriebsräte würden zu 80 Prozent die Politik<br />

der NGG ablehnen (vgl. Schreiben des BdS vom 12.10. 1998).<br />

"In dieser Situation versucht die Gewerkschaft NGG mit ,Gewalt'<br />

Organisationserfolge zu erzielen." (ebenda)<br />

Gegenüber dem Vorwurf der ,McJobs' erklärt der BdS: "Daß in der<br />

Gastronomie, einem der personalintensivsten Wirtschaftszweige<br />

überhaupt, viele un- und angelernte Arbeitskräfte tätig sind, ist allgemein<br />

bekannt. Des Weiteren ist bekannt, daß die niedrigwertigen<br />

Tätigkeiten entsprechend entlohnt werden. Das Gastgewerbe ist im<br />

Sektor der ungelernten Tätigkeiten em Niedriglohnbereich."<br />

(ebenda) ,<br />

Die Logik des BdS heißt: Das Gastgewerbe braucht ungelernte Arbeitskräfte.<br />

Diese verdienen nur niedrige Löhne. Und da im Gastgewerbe<br />

,niedrigwertige Tätigkeiten' und ,entsprechende Entlohnung'<br />

üblich sind, haben Gewerkschaften hier nichts verloren.<br />

Das leuchtet der NGG nicht ein. In einem Schreiben an ihre Verwaltungsstellen<br />

stellt die Gewerkschaft NGG McDonald's als bedeutendsten<br />

Arbeitgeber der Gastronomie heraus. Die Werbung<br />

würden zufriedene Mitarbeiter darstellen. Überdies stelle der Konzern<br />

Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten heraus. Das stünde<br />

im Widerspruch zur Realität:<br />

"Die Unternehmenskultur im Umgang mit den Mitarbeitern ist<br />

durch einen autoritären Führungsstil gekennzeichnet, es gibt bis<br />

heute keine funktionierende Arbeit des Gesamtbetriebsrats, in kaum<br />

einem anderen Unternehmen stößt die Einleitung von Betriebsratswahlen<br />

auf derartigen Widerstand. Die Mitarbeiter werden schlecht<br />

bezahlt und sind höchstgradig abhängig vom Wohlwollen der Geschäftsleitung"<br />

(vgl. NGG an die Verwaltungsstellen vom<br />

12.10.1998).<br />

Aktionen der<br />

NGG-1<br />

• Aachen<br />

• Aalen-<br />

Göppingen<br />

• Augsburg<br />

• Berlin<br />

• Bochum<br />

• Braunschweig<br />

• Bremen<br />

• Chemnitz<br />

• Dortmund<br />

• Dresden<br />

• Erfurt<br />

• Essen<br />

• Gera<br />

• Goslar<br />

• Göttingen<br />

• Hagen<br />

• Halle<br />

·'-"'<br />

Die gewerkschaftlichen Argumente wenden sich gegen eine ,Politik<br />

der Niedriglöhne', die von McDonald's systematisch verfolgt werde.<br />

Bei McDonald's würden rund 90% Arbeitnehmer an- und un-


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 34<br />

gelernte Tätigkeit ausüben. Damit würden die Personalkosten gedrückt.<br />

Mit der Einfiihrung neuer Arbeitsverträge mache sich der<br />

Konzern zum Vorreiter noch ungesicherterer Arbeitsverhältnisse.<br />

"Es wird vorrangig nur noch befristet eingestellt, obwohl die hohe<br />

Unternehmensfluktuation das nicht rechtfertigt; die Mitarbeiter erhalten<br />

keine feste Mindestarbeitszeit mehr zugesichert, müssen aber<br />

rund um die Uhr zur Arbeit zur Verfügung stehen." (ebenda)<br />

Aktionen der<br />

NGG -11<br />

• Harnburg<br />

• Heilbronn<br />

• Kassel<br />

• Köln<br />

• Krefeld<br />

• Magdeburg<br />

• München<br />

• Münster<br />

• Osnabrück<br />

• Ostbrandenburg<br />

• Potsdam<br />

• Rosteck<br />

• Stuttgart<br />

• Suhl<br />

• Trier<br />

• Uim<br />

• Wiesbaden<br />

• Würzburg<br />

Damit liegt der Widerspruch auf der Hand: Die Systemgastronomie<br />

macht niedrige Löhne zur Grundlage ihres Geschäfts. Das bringt<br />

Ausfälle, Fluktuation und Kontrollaufwand mit sich. Andererseits<br />

zielt ihre ausgetüftelte Betriebswirtschaft auf überdurchschnittliche<br />

Produktivität. Das macht ein Mindestmaß an Motivation, Ausbildung<br />

und Lohnanreize erforderlich. Daraus folgt: Alles kommt auf<br />

das Management an und der hohe Kontrollaufwand muß durch die<br />

,corporate identity' kaschiert werden. Das lädt zu vielen Konflikten<br />

em.<br />

Entsprechend kritisiert die NGG das Unterlaufen von Arbeits- und<br />

Tarifverträgen, autoritären Führungsstil und eine ausgesprochene<br />

Gewerkschaftsfeindlichkeit "Bis heute kommt McDonald's seiner<br />

Informations- und Zusammenarbeitspflicht mit dem Gesamtbetriebsrat<br />

nicht nach; auch auf der letzten GBA-Sitzung wurden Informationsrechte<br />

des GBR bestritten." (ebenda)<br />

Daraus wird ersichtlich, daß die ,Politik der Niedriglöhne' entweder<br />

auf gewerkschaftsfreie Bereiche angewiesen ist oder sich<br />

,Hausgewerkschaften' aufziehen muß. Kurz: McDonald's will sich<br />

nicht in die Karten betriebswirtschaftlicher Realitäten schauen lassen.<br />

Schizophrenes Verhalten wirft der Bundesverband der Systemgastronomie<br />

(BdS) der NGG vor: "Erst schließt sie Tarifverträge mit<br />

dem BdS ab, dann ,feiert' sie diese bei den Arbeitnehmern mit<br />

Flugblättern und Aufnahmescheinen als Erfolg, anschließend kritisiert<br />

sie das größte Unternehmen in unserem Verbandsbereich, daß<br />

dieses die ·NGG-Tarife anwendet·'lnsoweit treibt die NGG ein falsches<br />

Spiel." (BdS vom 12.10.1998)


GEWERKSCHAFT NAHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST Ä TTEN<br />

Seite 35<br />

Dagegen hält die NGG: "Tarifverträge sind immer ein Kon;promiß.<br />

Wir stellen fest, daß selbst dieses niedrige Tarifniveau immer wieder<br />

unterschritten wird und die Beschäftigten nicht das erhalten,<br />

was ihnen zusteht. Somit sichern die Tarifverträge einen Mindestanspruch.<br />

Wir machen aber kein Hehl daraus, daß diese durch Tarifverträge<br />

gesicherten Mindestansprüche nicht befriedigen." (NGG<br />

vom 12.10.1998)<br />

Natürlich schickt McDonald's seine Restaurantleiter, Franchisnehmer<br />

und seinen Verband vor. Dazu gehört auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende<br />

Ali Korkmaz. Korkmaz hält die Aktionswoche für<br />

eine ,Schmutzkampagne'. In einer Erklärung vom 6. Oktober 1998<br />

widerspricht er den Behauptungen von der 'miserablen Bezahlung'<br />

und der ,Entrechtung'. ,<br />

Essen<br />

"Tatsächlich sind seit vielen Jahren alle wesentlichen Arbeitsbedingungen<br />

bei McDonald's und den anderen systemgastronomischen<br />

Großunternehmen mit der Gewerkschaft NGG tarifiert worden,"<br />

stellt das ,NGG-Mitglied'* zufrieden fest. Gewerkschaftliche Arbeit<br />

werde nicht behindert. Überhaupt ist Korkmaz vom Gegenteil überzeugt:<br />

Tatsächlich habe die NGG Betriebsräte gegängelt. Dem sei<br />

mit seiner Wahl ein Ende gemacht worden. Aus diesem Grunde sei<br />

die Aktionswoche in den Augen von Ali Korkmaz ,ein reiner Racheakt."'<br />

(Pressemitteilung vom 6. Oktober 1998)<br />

Petra Block ist Betriebsratsvorsitzende eines McDonald's Restaurants<br />

in Dortmund. Die Pressemitteilung des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden<br />

bewertet sie als eine persönliche Stellungnahme, die<br />

als solche hätte deutlich gemacht werden müssen. Block bedauert,<br />

daß nicht von konkreten Fällen die Rede gewesen wäre.<br />

Petra Block sieht McDonald's in einem gänzlich anderen Licht. So<br />

seien Kollegen entlassen worden, die sich bei Betriebsratswahlen<br />

engagiert hätten. Jahressonderzuwendung seien ausschließlich Angestellten<br />

vorbehalten. Gewerkschaftssekretäre würden als<br />

,Arschlöcher' bezeichnet. Einsichten in Bruttolohn- und Gehaltslisten<br />

müßten eingeklagt werden. Arbeitsverträge seien gefälscht<br />

worden. "Dies sind nur einige Situationen, in denen Beschäftigte<br />

Umgehung des<br />

Kündigungsschutzes<br />

"Es wird vorrangig nur<br />

noch befristet eingestellt,<br />

obwohl die hohe Unternehmensfluktuation<br />

das<br />

nicht rechtfertigt, die<br />

Mitarbeiter erhalten keine<br />

feste Mindestarbeitszeit<br />

mehr zugesichert,<br />

müssen aber rund um die<br />

Uhr zur Arbeit zur Verfugung<br />

stehen."


BINTERGRUNDINFORMA TIONEN<br />

Seite 36<br />

und die Betriebsräte bei McDonald's auch ihre Unterstützung nötig<br />

gebraucht hätten." (vgl. Schreiben der Betriebsräte von ANVER<br />

Restaurant GmbH Süd-West an Ali Korkmaz vom 25 .11.1998)<br />

Vierte Bedingung: Öffentliches Interesse wog betrieblichen<br />

Druck auf<br />

.- Dortmund<br />

Die gewerkschaftliche Aktionswoche erzwang Reaktionen. Auf die<br />

Vorwürfe mußten Unternehmen und Verband antworten. Dabei<br />

machte der Austausch von Erklärungen und Gegenerklärungen jedermann<br />

und-frauden Konfliktstoff klar. Das brachte McDonald's<br />

in die unangenehme Lage, sich öffentlich auf Kontroversen einlassen<br />

zu müssen, die betrieblich keine Themen sein durften. Dabei<br />

kann die Münchner Zentrale nicht wenig Druck auf sein Management<br />

und seine Crews ausüben. Allein schon der Kunden wegen<br />

werden betriebsinterne Auseinandersetzungen unter dem Deckel gehalten.<br />

Kunden wollen ihren Hamburger, Beschäftigte ihren Job<br />

und Restaurantleitungen Ruhe. Wer soll hier schon aufmucken wollen?<br />

~<br />

'!<br />

Reaktion McDonald's I<br />

Arbeitgeberverband<br />

(BdS)<br />

};> Pressemitteilung -<br />

GBR-Vorsitzender als<br />

Kronzeuge<br />

};> Rundschreiben an<br />

Restaurants: "Gewerkschaft<br />

treibt ein falsches Spiel"<br />

};> Presseanfragen wurden nur<br />

über BdS beantwortet<br />

};> Hausverbote I Drohung mit<br />

Strafanzeigen<br />

Für die Öffentlichkeit ist das etwas anderes. Zwar können sich<br />

Markt und Geld einer positiveren Bewertung in den Medien erfreuen,<br />

dennoch sind diese traditionell gegen Kommerz und Massenkonsum<br />

eingestellt. Allem betriebswirtschaftliehen Glanz zum<br />

Trotz muß McDonald's mit Vorbehalten rechnen. Die Notwendigkeit,<br />

mit der Werbung ständig präsent zu sein, intensiviert diese<br />

Spannungen.<br />

Dazu kommt der Verdacht, die technisch anspruchsvolle Fast-Food­<br />

Industrie würde es mit der Ökologie nicht so genau nehmen. Wenn<br />

ein solcher Konzern sich auch noch mit unbestreitbarem Erfolg um<br />

die Gunst der ,Kids' bemüht, sind Mißtrauen und Kontrolle angesagt.<br />

Und der durch McDonald's verkörperte ,american way of life' hat<br />

nicht nur seine ,Fans'. Natürlich stehen Disco, Hamburger und Rap<br />

statt Wandern, Würstchen und Rasenmähen zwischen den Genera-


GEWERKSCHAFT NAHRUNG-GENUSS-GASTST Ä TIEN<br />

Seite 37<br />

tionen. McDonald's muß diese kulturellen Ressentiments, Up1Weltpolitischen<br />

Vorbehalte und Spannungen der Generationen aushalten.<br />

Neben familiärer Anspielung muß alles ganz ,witzig' bei der<br />

Arbeit oder ,cool' im Stil sein.<br />

Für das jüngere Publikum steht McDonald's eben auch als Job­<br />

Chance. "Wer Arbeit sucht, findet bei den acht McDonald's-Filialen<br />

in Hannover fast immer einen Job - allerdings einen, bei dem man<br />

im ersten Jahr bei einer 40-Stunden-Woche mit Wechselschicht auf<br />

ganze 1.855 Mark brutto kommt. ,Ohne Tarifvertrag wäre es noch<br />

schlimmer', sagt Christian Römich von der Gewerkschaft Nahrung­<br />

Genuss-Gaststätten (NGG) in Hannover. Die Fast-Food-Industrie<br />

ist eine Branche, die besonders viele Arbeitskräfte braucht, und der<br />

Konkurrenzkampf zwischen den großen Burger-Ketten ist hart.<br />

Deshalb müssen die Personalkosten so niedrig wie möglich sein.<br />

Sparen kann ein guter Restaurantleiter zum Beispiel, wenn er seine<br />

Mitarbeiter so klug einsetzt, daß zu Stoßzeiten viele und, wenn<br />

nichts los ist, nur wenige arbeiten." (Schädelspalter 7/98)<br />

Konfliktstoff wird<br />

öffentlich<br />

Die gewerkschaftliche<br />

Aktionswoche erzwang<br />

Reaktionen. Das brachte<br />

McDonald's in die unangenehme<br />

Lage, sich öffentlich<br />

auf Kontroversen<br />

einlassen zu müssen, die<br />

betrieblich keine Themen<br />

sein durften.<br />

Wirtschaftliche Erwartungen sind nicht zu unterschätzen. Deutlich<br />

ist dies in Ostdeutschland zu erfahren. In Görlitz liegt die Arbeitslosigkeit<br />

bei über zwanzig Prozent. "Wie bei McDonald's üblich," berichtet<br />

die Sächsische Zeitung, "sind nach Gewerkschaftsinformationen<br />

auch in Görlitz zwei Drittel der Belegschaft sogenannte<br />

Pauschal- oder Teilzeitkräfte. Aber die klagen nicht, sondern<br />

sind mit dem zufrieden, was ihnen der Arbeitsvertrag ...<br />

bringt." (Süddeutsche Zeitung vom 14. Oktober 1998) Auch geringfügige<br />

Verbesserungen in der Bezahlung würden dankbar entgegengenommen,<br />

weil man von einen Übergang ausginge. Entsprechend<br />

komme der flexiblen Arbeitszeitgestaltung Bedeutung zu.<br />

"Die Festangestellten füllen das Vakuum und kommen um Nachtschichten<br />

nicht herum, denn auch dem Jugendschutzgesetz muß der<br />

Arbeitgeber Tribut zollen." (ebenda)<br />

DUsseldorf<br />

Aus Rostock berichtet das Büro der NGG von der Aktionswoche:<br />

"Es kamen Reaktionen der Gäste wie: ,Ich verdiene auch wenig, in<br />

Mecklenburg-Vorpommern verdienen alle nicht mehr. Amerikanische<br />

Verhältnisse sind unausweichlich.' Aber auch Bemerkungen


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 38<br />

·-·-<br />

~ Große Presseresonanz:<br />

ZDF, Heute, ARD, Tagesschau,<br />

regionale Fernseh-<br />

und Rundfunksender,<br />

regionale und über-<br />

regionale Presse<br />

w<br />

Ergebnisse<br />

~ Gute Beschäftigtenresonanz<br />

bei Verteilaktionen<br />

und telefonische Anfragen<br />

auf Crew Report<br />

~ Gewerkschaftseintritte<br />

~ Positive öffentliche Reaktion<br />

nicht nur bei Medien,<br />

auch bei Gästeaktionen<br />

~ Interesse aus dem politisehen<br />

Raum<br />

wie: ,Haben wir schon in der Zeitung gelesen.' Oder ,Meine Tante<br />

arbeitet auch da und läuft immer mit riesen Augenringen<br />

,rum'." (NGG Rostock vom 16.10.1998)<br />

Die öffentliche Aufmerksamkeit wird beispielsweise von der NGG<br />

aus Ostsachsen bestätigt: "Positiv ist das starke Medieninteresse zu<br />

bewerten. Es wurden von uns Interviews durch den Mitteldeutschen<br />

Rundfunk und Radio Lausitz ausgestrahlt. In der Sächsischen Zeitung<br />

gab es mehrere Veröffentlichungen." (NGG Dresden, Außenstelle<br />

Ostsachsen, vom 15.10.1998)<br />

Bilanz: Öffentlicher Erfolg gleich betriebliches Gegengewicht<br />

Mit ihrer Aktionswoche ist der NGG im vergangenen Jahr dreierlei<br />

gelungen:<br />

Erstens konnte sie die betriebliche und gewerkschaftspolitische Behinderung<br />

in den Restaurants McDonald's zu einem öffentlichen<br />

Thema machen.<br />

Zweitens wird die Aktion den Beschäftigten zu mehr Selbstbewußtsein<br />

verholfen haben, ihre Interessen geltend zu machen.<br />

Und drittens hat die Aktionswoche dazu beigetragen, die Politik der<br />

niedrigen Löhne zu problematisieren.<br />

Dresden<br />

Entweder kann weiterhin als Selbstverständlichkeit gelten: Weil das<br />

Gastgewerbe billige Arbeitskräfte braucht, haben Gewerkschaften<br />

hier nichts verloren! Oder es muß über die Alternative nachgedacht<br />

werden: Auch das Gastgewerbe ist auf Innovationen angewiesen, zu<br />

denen organisierte Beschäftigte beitragen können.<br />

*Zwischenzeitlich wurde Ali Korkmazaus der Gewerkschaft NGG ausgeschlossen.


GEWERKSCHAFT NAHRUNG-GENUSS-GASTSTÄTTEN<br />

Seite 39<br />

'::/" 'J·'"<br />

Die Aktion~}YO"d\ .e McDon<br />

f<br />

\<br />

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Fra<br />

Gastgewerbe, 24.10.98 lfiiß. · : · .<br />

· ellh~- ·.. . ·<br />

Hessische Allgemeine Kassel, I 2~fH':1.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 40<br />

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·...<br />

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GEWERKSCHAFT NAHRUNG-ÜENUSS-GASTST Ä TTEN Seite 41<br />

Warum es sich lohnt:<br />

Was Betriebsräte und N GG erreicht haben<br />

Betriebsräte und aktive Gewerkschafterinnen bei McDonald's haben es nicht leicht. Trotzdem kommen viele<br />

neue hinzu und bleiben dabei. Denn Betriebsräte und NGG erreichen- trotzHindernisseund Rückschläge<br />

- einiges. Für viele ist klar: Zu einem guten Tarifvertrag oder einer wirkungsvollen bundesweiten Interessenvertretung<br />

der Betriebsräte ist es noch ein weiter Weg. Die besten Ergebnisse werden vor Ort erzielt,<br />

wenn Betriebsräte eingreifen und Beschäftigten helfen können, Ungerechtigkeiten beseitigt werden oder<br />

selbst die unbefriedigenden tariflichen Regelungen erst durch Arbeitsgerichtsprozesse durchgesetzt werden.<br />

Nachfolgend berichten Kolleginnen und Kollegen aus den Restaurants, warum es sich trotzdem lohnt:<br />

Mario Müller, ehemaliges Betriebsratsmitglied<br />

Würzburg, Faulenbergstraß'e, klagte<br />

erfolgreich gegen die Diskriminierung von<br />

sozialversicherungsfreien Mitarbeitern, die<br />

von bestimmten Leistungen des Tarifvertrages<br />

ausgeschlossen werden:<br />

"Im Betriebsrat haben wir uns regelmäßig mit<br />

Arbeitsgerichtsurteilen beschäftigt, die wir für<br />

unsere Arbeit nutzen können. Dabei bin ich auf<br />

ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aufmerksam<br />

geworden, wo ein Student gegen die Ungleichbehandlung<br />

gegenüber anderen Mitarbeitern<br />

geklagt hatte. Im Betriebsrat haben wir gesagt,<br />

wir werden gegen den Manteltarifvertrag<br />

klagen, der auch gegen Artikel 3 des Grundgesetzes<br />

verstößt. Wobei ich hier auch die Gewerkschaft<br />

nicht verstehe, die das eigentlich<br />

bei Abschluß des Tarifvertrags auch wissen<br />

mußte.<br />

Das Verfahren hat zweieinhalb Jahre gedauert<br />

und das Gericht hat uns in allen drei Punkten<br />

Recht gegeben:<br />

• den Arbeitszeitverkürzungstagen,<br />

• den vermögenswirksamen Leistungen, die<br />

McDonald's den Studenten nicht zahlt<br />

• und die Betriebsrente, wo McDonald's auch<br />

auch sozialversicherungsfreie Mitarbeiter<br />

ausnimmt.<br />

Das Urteil ist rechtskräftig Das Problem ist,<br />

daß McDonald's bis dato meinen Anspruch<br />

noch nicht erfüllt hat.<br />

In so einem Fall geht gar nichts ohne die Gewerkschaft,<br />

denn das Verfahren hat zweieinhalb<br />

Jahre gedauert. Die Kosten laufen einem<br />

dann davon. Hier hat mich die Gewerkschaft<br />

unterstützt. Jetzt habe ich zwar einen Rechtstitel<br />

gegen McDonald's, aber McDonald's trotz<br />

alledem nicht bereit ist, den anderen Studenten<br />

diese AZA-Tage zu gewähren. Da sieht man<br />

natürlich, daß man einen Betriebsrat braucht,<br />

ganz einfach, weil McDonald' s von sich aus<br />

die Arbeitnehmerrechte nicht gewährt."<br />

Kemal Diskaya, Betriebsratsvorsitzender<br />

Bremen, Obernstraße:<br />

"Betriebsratsarbeit mache ich zunächst einmal,<br />

weil ich ein starkes Gerechtigkeitsempfinden<br />

habe. Bei McDonald's wird es immer sehr


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 42<br />

schnell persönlich, daß Druck auf die Mitarbeiter<br />

und auf Betriebsräte ausgeübt wird, das haben<br />

wir auch erlebt.<br />

Die Expansion von McDonald's wird auf dem<br />

Rücken der Mitarbeiter finanziert; in Bremen<br />

wurden Arbeitsverträge im Nachhinein gefalscht,<br />

damit die Mitarbeiter keine AZV-Tage<br />

mehr bekommen. Wir konnten das aufdecken<br />

und haben Strafanzeige gestellt.<br />

Auch eine ganze Reihe von Beschlußverfahren<br />

haben wir gewonnen.<br />

Dann merkt man, daß die Mitarbeiter hinter einem<br />

stehen und wir etwas erreichen.<br />

Mitten in Deutschland muß auch McDonald's<br />

als US-amerikanisches Unternehmen merken,<br />

daß es Gesetze gibt, und der Mitarbeiter Rechte<br />

hat."<br />

• Mitarbeiter kriegen nicht ihre vertraglich<br />

zugesicherten Stunden,<br />

• es gibt Ungerechtigkeiten bei der Dienstplangestaltung,<br />

• die können ihren tariflichen Anspruch auf<br />

Höhergruppierung nicht durchsetzen.<br />

Denn wenn einer alleine eine Klage gegen solche<br />

Ungerechtigkeit einreicht, dann ist er weg<br />

vom Fenster, aber in den Stores, wo Betriebsräte<br />

sind, da ist es mir noch nicht zu Ohren gekommen,<br />

daß da Leute gehen mußten, nur weil<br />

sie eine Höhergruppierung eingeklagt haben. "<br />

Heide Schnare, Betriebsratsvorsitzende<br />

Hannover, Hildesheimerstraße:<br />

"Wichtig fiir uns als Betriebsrat war zunächst<br />

einmal, die richtige Eingruppierung und die Erhöhung<br />

der vertraglichen Stundenzahl der Mitarbeiter<br />

durchzusetzen.<br />

Ein NGG-Mitglied in einem Restaurant ohne<br />

Betriebsrat:<br />

"Seitdem ich NGG-Mitglied bin, habe ich keine<br />

Angst mehr. Was soll mir denn passieren.<br />

Ich bin schon einige Jahre im Betrieb, kündigen<br />

können sie mich nicht. Und der Restaurantleiter<br />

weiß, daß NGG hinter mir steht. Seitdem<br />

kann ich mich besser ftir meine Kolleginnen<br />

und Kollegen einsetzen."<br />

Petra Block, Betriebsratsvorsitzende Dortmund,<br />

Ostenhellweg:<br />

"Wenn ich so höre, wie es bei McDonald' s<br />

oder Burger King ohne Betriebrat aussieht,<br />

dann weiß ich, warum ich das mache:<br />

• die schicken die Mitarbeiter nach Hause,<br />

wenn nichts zu tun ist,<br />

Von den Alt-Beschäftigten haben rnitlerweile<br />

alle Arbeitsverträge mit mindestens 154 Stunden<br />

im Monat oder Vollzeitverträge mit 173<br />

Stunden. Als wir angefangen haben, waren<br />

Vollzeitverträge die Ausnahme. Es gab fast nur<br />

Verträge über 100 Stunden.<br />

Was ich wichtig finde, daß du halt gerade den<br />

Menschen hilfst, die sonst völlig im rechtsfreien<br />

Raum stehen, z.B. weil sie Angst um die<br />

Verlängerung ihrer Arbeitserlaubnis haben, an<br />

der dann ja auch noch die Aufenthaltserlaubnis<br />

hängt.<br />

Daß du denen das Gefühl gibst, sie sind etwas<br />

wert, sie haben auch Rechte, die sie durchsetzim<br />

können. Deren Lebensbedingungen wurden<br />

durch den Betriebsrat ganz real verbessert.


GEWERKSCHAFT NAHRUNG-ÜENUSS-ÜASTST Ä ITEN<br />

Seite 43<br />

Allgemein finde ich es wichtig, der Willkür<br />

von McDonald's entgegenzuwirken, z.B. daß<br />

Mitarbeiter nicht mehr eingesetzt werden, wie<br />

McDonald's es will, sondern daß sie so eingesetzt<br />

werden, daß sie ihren Zweit-<br />

oder<br />

Drittjob - bei uns hat fast jeder einen - auch<br />

noch nachgehen können. Das war früher bei<br />

uns nicht möglich.<br />

Seit Bestehen des Betriebsrats konnte McDonald's<br />

keine Kündigung mehr durchsetzen. Ein<br />

grundlegendes Ziel in unserem Betriebsrat ist<br />

es, die Spaltung zwischen Angestellten und Arbeitern<br />

aufzuheben, weil wir alle Arbeitnehmer<br />

,<br />

sind. Ein Stück ist es uns immerhin schon gelungen,<br />

daß man besser miteinander umgeht<br />

und dadurch das<br />

geworden ist."<br />

Betriebsklima auch besser<br />

Belinda Boese, Betriebsratsvorsitzende bei<br />

einem Lizenznehmer von McDonald's in<br />

Münster, Herda GmbH, Saalstraße:<br />

"Die ausländischen Mitarbeiter, die ja überwiegend<br />

Arbeitnehmer bei McDonald's sind, brauchen<br />

jemanden, der ihre Interessen artikuliert,<br />

weil sie überwiegend dazu nicht in der Lage<br />

sind. Da geht es dann vor allen Dingen nicht<br />

nur um rechtliche Probleme, sondern die haben<br />

auch noch eine Sprachbarriere zu überwinden.<br />

Was manfeststellen kann im Laufe der Zeit ist,<br />

daß die Mitarbeiter selbstbewußter werden.<br />

Das finde ich sehr positiv und das motiviert<br />

auch, weiterzumachen. Und wenn man ein<br />

Stück weit durch eine Betriebsvereinbarung die<br />

internen Abläufe verbessern kann, dann finde<br />

ich das ein nettes Erfolgserelebnis."<br />

Antonio Bareiro, Betriebsratsvorsitzender<br />

•.<br />

bei McDonald's in Wiesbaden, Mainzer<br />

Straße:<br />

"Ich habe am eigenen Leib die Ungerechtigkeiten,<br />

die bei McDonald's existieren, erlebt und<br />

die sehr schlechten Arbeitsbedingungen. Deshalb<br />

wollte ich dazu beitragen, diese Arbeitsbedingungen<br />

zu verbessern.<br />

Dazu braucht man aktive Personen, die au_ch<br />

die Interessen der Mitarbeiter artikulieren können.<br />

Wir haben eine bessere Personalplanung durch<br />

den Arbeitgeber erreicht, eine bessere Gestaltung<br />

der Arbeitszeiten, die vor allem für die<br />

Mitarbeiter die Möglichkeit schafft, daß sie<br />

nicht nur rund um die Uhr für McDonald's zur<br />

Verfügung zu stehen haben, sondern auch die<br />

Möglichkeit haben, ihre Freizeit wieder selbst<br />

gestalten zu können.<br />

Weiterhin die Möglichkeit, eine richtige Eingruppierung<br />

der Kolleginnen und Kollegen zu<br />

schaffen.<br />

Ein Vorarbeiter hat die Möglichkeit bekommen,<br />

auch die Assistentenlaufbahn einzuschlagen.<br />

McDonald's hat zu ihm gesagt, er sei Ausländer,<br />

deshalb würde er keine Chance haben.<br />

Das haben wir öffentlich gemacht. Daraufhin<br />

sind die Gebiets- und Bezirksleiter zu uns gekommen,<br />

haben mit der Person gesprochen, ob<br />

er Probleme hätte. Er solle nicht nur mit dem<br />

Betriebsrat reden, sondern auch mit ihnen. Natürlich<br />

könne er auch als Assistent weitermachen,<br />

und es wäre nicht so, daß er als Ausländer<br />

das nicht machen könne.<br />

Zur Zeit versuchen wir, die Kürzung von<br />

Nachtzuschlägen rückgängig zu machen."


HINTERGRUNDINFORMATIONEN Seite 44<br />

Stichwort: Ein- und Höhergruppierung der gewerbliche Mitarbeiter<br />

90% der Mitarbeiter bei McDonald's sind sogenannte "Crew-Mitarbeiter". Sie arbeiten rotierend an<br />

der Kasse, am Grill, im Gastraum etc ..<br />

Für diese Mitarbeiter gab es nur die zwei ersten Tarifgruppen, auch nach langjähriger Beschäftigung<br />

keine weitere Perspektive.<br />

1995 konnte in den Tarifverhandlungen erreicht werden, daß gewerbliche Mitarbeiter unter bestimmten<br />

Bedingungen auch in die Tarifgruppe 3 eingestuft werden können, mit einer Lohnerhöhung von<br />

immerhin 80 Pfennig pro Stunde, für Vollzeitbeschäftigte 140 DM mehr im Monat.<br />

Trotz der Veränderung des Tarifvertrags weigerte sich McDonald's, Mitarbeiter, die diese Bedingung<br />

erfüllten, in die Tarifgruppe 3 einzustufen. Mit Unterstützung von Betriebsräten und NGG klagten<br />

zahlreiche Mitarbeiter, z.B. in Bochum, Dortmund und Würzburg. Ergebnis: Tarifgruppe 3 steht nicht<br />

mehr nur auf dem Papier!<br />

Mittlerweile konnte an zahlreichen weiteren Orten auch ohne gerichtliche Auseinandersetzung eine<br />

Höhergruppierung erreicht werden.<br />

Auch für eine Reihe von Vorarbeitern ("Crew-Trainer") konnte NGG nach gerichtlicher Auseinandersetzung<br />

eine Lohnerhöhung durchzusetzen, von 13,48 DM auf 14,84 DM, monatlich bei Vollzeittätigkeit<br />

235 DM mehr.<br />

Stichwort: Bessere Arbeitszeiten<br />

Nach Angaben von McDonald's sind rund 20% der Beschäftigten geringfügig beschäftigt, obwohl<br />

viele Mitarbeiter gern mehr Stunden arbeiten würden und nur sehr wenige - begehrte - Vollzeitarbeitsplätze<br />

angeboten werden.<br />

In vielen Restaurants mit Betriebsräten ist die Beschäftigtenstruktur deutlich vorteilhafter:<br />

Es gibt mehr Vollzeitarbeitsplätze und nur wenige geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, die nur<br />

für ungünstige Arbeitszeit~n oder zur Abdeckung von Umsatzspitzenzeiten eingesetzt werden.


GEWERKSCHAFT NAHRUNG-GENUSS-GASTSTÄTTEN<br />

Seite 45<br />

McDonald's in Zahl~n<br />

Branche, international und national<br />

Gastgewerbe insgesamt<br />

Hotels, Gasthöfe, Pensionen, Garnis<br />

Sonst. Seherbergungsgewerbe<br />

Seherbergungsgewerbe insgesamt<br />

Restaurants, Cafes, Eisdielen, lmbißhallen<br />

Sonst. Gaststättengewerbe<br />

Gaststättengewerbe insgesamt<br />

Kantinen, Caterer ,<br />

71,7 70,9<br />

5,8 6,2<br />

0% 31,4<br />

0% 2,5<br />

-1% 33,9<br />

-1% 48,5<br />

-1%<br />

-1%<br />

6%<br />

Deutscher Hotel- und Gastättenverband<br />

Tabelle 2: Systemgastronomie<br />

Umsätze in Millionen DM<br />

Burger King<br />

Pizza Hut<br />

Nordsee<br />

Dinea<br />

Le Buffet<br />

62,3<br />

281,0<br />

221,5<br />

168,9<br />

214,2<br />

289,1<br />

637,0 579,0 -27%<br />

2.981,0 3.784,0 195%<br />

286,0 410,0 34%<br />

201,4 250,0 301%<br />

372,2 429,0 53%<br />

473,0 456,0 106%<br />

179,7 115,9 -31%<br />

186,1 192,5 -10%<br />

336,1 304,6


HINTERGRUNDINFORMATIONEN<br />

Seite 46<br />

Tabelle 3: McDonald's Corporation<br />

Tabelle 4: McDonald's Corporation<br />

Kennzahlen in Millionen US-Dollar<br />

davon<br />

USA<br />

Europa<br />

Asien I Pazifikraum<br />

Lateinamerika<br />

Andere<br />

Eigenkapital<br />

Beschäftigte<br />

Nettoe<br />

Beschäftigtenstand jeweils zum 31.12.<br />

4.473,9<br />

3.223,1<br />

1.010,8<br />

506,9<br />

579,8<br />

7.861,3<br />

212.000<br />

1.427,3<br />

4.590,3<br />

3.613,8<br />

1.272,8<br />

595,7<br />

613,9<br />

8.718,2<br />

237.000<br />

1.57<br />

4.602,7<br />

3.931,5<br />

1.522,8<br />

709,2<br />

642,6<br />

8.851,6<br />

267.000<br />

1.642,5<br />

3%<br />

22%<br />

51%<br />

40%<br />

11%<br />

13%<br />

26%<br />

15%<br />

Tabelle 5: McDonald's Deutschland<br />

Gesamtumsatz in Mil<br />

Beschäftigte insgesamt<br />

Restaurantbetriebe<br />

Lizensnehmer<br />

Gesamtinvestitionen in Millionen DM<br />

145<br />

250<br />

185<br />

375<br />

51.000<br />

931<br />

234<br />

355<br />

96%<br />

166%<br />

61%<br />

42%


'·.<br />

Sehr geehrter Herr Raupeter,<br />

was ich Ihnen immer schon einmal<br />

schreiben wollte:<br />

Und noch etwas, Herr Ranpeter:<br />

Ich fordere Sie auf, für vernönftige<br />

Arbeitsbedingungen bei McDonald's<br />

zu sorgen!<br />

VieleGröße<br />

.;.·<br />

GEWERKSCHAFT NAHRUNG-GENUSS-GASTSTÄTTEN


Stell Dir mal<br />

vor, es gäbe keine.<br />

Gewerkschaft<br />

e es gäbe keine Tarifverträge<br />

e es gäbe keine Überstunden-Zuschläge<br />

e es gäbe keine Arbeitszeitverkürzung<br />

e es gäbe kein Urlaubsgeld<br />

e es gäbe·kein Weihnachtsgeld<br />

e es gäbe keine Kündigungsfristen<br />

e es gäbe keinen Betriebsrat<br />

e es gäbe keine Lohnfortzahlung<br />

e es gäbe keine Solidarität<br />

e es gäbe ke;n Miteinander<br />

e es gäbe keinen Fortschritt<br />

Wie gut, daß es<br />

uns gibt!<br />

GEWERKSCHAFT NAHRUNG-GENUSS-GASTSTÄTIEN

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