einigkeit 06/15
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GESCHICHTE<br />
Eigenständig und innovativ – unsere NGG seit 1990<br />
Die 25 Jahre seit Dezember 1990 waren<br />
für NGG nicht einfach. Die zurückgehende<br />
Beschäftigung in Ost und West bedeutete<br />
für NGG Mitgliederverluste; Tariferfolge<br />
mussten immer häufiger durch Arbeitskämpfe<br />
erzwungen werden (s. S. 25), die Arbeitgeber<br />
verweigerten ohnehin immer häufiger<br />
Tarifverträge und aus der Politik führten viele<br />
Reformen zu Sozialabbau z.B. bei Rente und<br />
Arbeitslosenunterstützung.<br />
Foto: NGG<br />
Aufgrund des Mitgliederrückgangs prüfte<br />
NGG 1996, ob sie sich mit der Gewerkschaft<br />
Textil und Bekleidung (GTB) vereinigen sollte,<br />
mit der sie seit 1978 z.B. bei der Produktion<br />
der „<strong>einigkeit</strong>“ kooperierte. Nachdem<br />
die GTB sich – wie auch die Gewerkschaft<br />
Holz und Kunststoff - an die IG Metall<br />
anschloss, entschied sich NGG, eigenständig<br />
zu bleiben und sich auch nicht an der<br />
Großfusion zur Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft<br />
(ver.di) zu beteiligen.<br />
1999 beschloss die NGG als erste Gewerkschaft,<br />
die Einführung eines gesetzlichen<br />
Mindestlohns zu fordern. Hintergrund war<br />
vor allem die schwindende Tarifbindung in<br />
mehreren NGG-Branchen wie Fleischwirtschaft,<br />
Gastgewerbe und Bäckerhandwerk.<br />
Die beharrliche Arbeit in Diskussionen<br />
und Kampagnen – wie die mit ver.di 20<strong>06</strong><br />
gestartete „Initiative Mindestlohn“ und die<br />
späteren Aktionen des DGB – führte bereits<br />
2008 zu einer gesellschaftlichen Mehrheit<br />
für den Mindestlohn. Es dauerte noch<br />
sechs weitere Jahre, bis 2014 der Deutsche<br />
Bundestag die Einführung des Mindestlohns<br />
beschloss – ein Erfolg, der auf eine NGG-<br />
Initiative zurückgeht.<br />
Mit <strong>15</strong>0 Jahren Geschichte „auf dem Buckel“<br />
ist NGG nicht nur die älteste Gewerkschaft in<br />
Deutschland, sondern innerhalb der Gewerkschaften<br />
im Deutschen Gewerkschaftsbund<br />
Im Juni 2014 tourten ver.di und NGG mit der Forderung „Mindestlohn; Ohne Ausnahmen. Ohne Schlupflöcher“ durch Deutschland.<br />
V. l. n. r.: Ver.di-Vorsitznder Frank Bsirkse und Michaela Rosenberger, NGG-Vorsitzende<br />
die einzige, die sowohl für einen Industrieals<br />
auch einen Dienstleistungszweig zuständig<br />
ist. Die Ernährungsindustrie ist mit einer<br />
halben Million Beschäftigten der viertgrößte<br />
Industriezweig. Historisch mittelständisch<br />
organisiert, liegt der Anteil der Unternehmen<br />
mit 5.900 bei 26 Prozent aller industriellen<br />
Unternehmen. Ernährungsindustrie und<br />
Nahrungsmittelhandwerk leisten durch die<br />
Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ<br />
hochwertigen Produkten einen essenziellen<br />
Beitrag zu unserer Volkswirtschaft und<br />
tragen außerdem zu unserem Exportvolumen<br />
bei. NGG hat mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder<br />
im industriellen Bereich organisiert.<br />
Das Gastgewerbe beschäftigt in einer sehr<br />
kleinteiligen Betriebsstruktur annähernd<br />
zwei Millionen Menschen, davon weniger als<br />
die Hälfte in sozialversicherungspflichtigen<br />
Arbeitsverhältnissen. Insbesondere in der<br />
Betriebs- und Sozialverpflegung, der Systemgastronomie<br />
und der Kettenhotellerie hat<br />
NGG gute Organisationsstrukturen aufgebaut.<br />
Die jeweiligen Teilbranchen leisten neben<br />
attraktiven gastronomischen Angeboten<br />
auch bei der Verpflegung u.a. von Berufstätigen<br />
und Pendlern, bei Tagungsmöglichkeiten<br />
und Beherbergung von Geschäftsreisenden<br />
sowie einem für inländische und internationale<br />
Gäste attraktiven Tourismus wesentliche<br />
Beiträge zum Bruttoinlandsprodukt.<br />
NGG weist in der Mitgliederentwicklung seit<br />
20<strong>06</strong> anhaltend positive Zahlen im Bereich<br />
der erwerbstätigen Mitglieder auf. NGG wird<br />
deshalb ihren Weg der Eigenständigkeit als<br />
kleine, aber effiziente und schlagkräftige<br />
Gewerkschaft weitergehen.<br />
Weitere Infos zur NGG-Geschichte:<br />
www.ngg.net/<strong>15</strong>0<br />
Foto: Helge Krückeberg<br />
8Foto: NGG<br />
<strong>einigkeit</strong> 6 /20<strong>15</strong><br />
„1974 hat bei Philip Morris sich so eine Gruppe<br />
zusammengetan und gesagt: Wir gründen jetzt<br />
einen Betriebsrat im Außendienst. Keiner hat<br />
gewusst, wie das eigentlich geht, aber dann haben<br />
wir gesagt: Das machen wir jetzt. Und dann<br />
haben wir einen Betriebsrat gegründet. War<br />
alles verkehrt, aber die Company wusste es ja<br />
auch nicht. Die Amerikaner hatten ja auch keine<br />
Ahnung gehabt. Die haben nur gesagt: Gesetze<br />
werden eingehalten und da haben wir gesagt,<br />
das ist Gesetz.“<br />
Heinz Burger, Jg. 1940, u. a. Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Philip Morris. Komplettes<br />
Interview: http://<strong>15</strong>0.ngg.net/menschen-in-der-ngg/heinz-burger/<br />
Anderthalb Jahrhunderte Überzeugung<br />
Ich wünsche Euch alles Gute für die<br />
Zukunft. Die Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmer Eurer wachsenden<br />
Branchen brauchen Euch. Eure stolze<br />
Geschichte trifft auf eine Zukunft, für die<br />
ich Euch Kraft und Stärke wünsche. So<br />
unterschiedlich die Branchen der NGG<br />
und der IG BCE in vielen Bereichen sind,<br />
wissen wir gemeinsam aus einer langen<br />
Tradition: Verlassen können wir uns nur<br />
auf unsere eigene Kraft und Einheit.<br />
Michael Vassiliadis,<br />
Vorsitzender der IG BCE