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P.b.b., Verlagspostamt 1070, Vetragsnummer 09Z038106 M
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PRÖLL IN
ZAHLEN
+
90IES FASHION
+
BRIEF AN
DIE MÄNNER
www.dasbiber.at
ica
MÄRZ
2016
BRAUCHEN
FRAUEN
BESCHÜTZER?
/ MIT SCHARF / 1
* Gültig bis 13. März 2016 in allen teilnehmenden McDonald’s Restaurants in Österreich.
MO-SA bis 10.30, SO bis 11.00. Cappuccino in der Größe classico; kann auch gegen Kakao,
Tee oder Kaltgetränk 0,25l getauscht werden. Unverbindliche Preisempfehlung.
GÜLTIG VON
29. Februar – 13. März
3
minuten
mit
DEM
SYRISCHEN
KENDRICK
LAMAR
Nasser Shorbaji a.k.a Chyno
hat syrisch-philippinische
Wurzeln und lebt derzeit in
Beirut. Sein Sound erinnert
an Kendrick Lamar, seine
Texte handeln von Bombern,
Bürgerkrieg und Flucht.
Von Jelena Pantić
Foto : Zoe Opratko
BIBER: Dein Debütalbum heißt “Making Music
To Feel At Home” – Wo ist dein Zuhause?
NASSER: Ich habe mich lange nirgends zugehörig
gefühlt, doch aufgrund der aktuellen
Situation habe ich mich viel mit dem Schicksal
der Syrer beschäftigt und fühle stark mit
ihnen. Generell empfinde ich eine starke
Verbindung zum Nahen Osten. Dennoch ist
Heimat für mich ein Gefühl, das ich an einigen
Orten der Welt empfinde.
Was drückst du durch deine Musik aus?
Viele meinen, Hip-Hop sei stets negativ. Aber
die meisten Menschen, die Hip-Hop machen,
sind eben in so einem Umfeld aufgewachsen.
Ich möchte aber nicht über Probleme rappen,
ich erzähle lieber Geschichten von Menschen,
die Teil dieses Problems sind.
Wie in “O.P.P”, wo du dich in einen Selbstmordattentäter
hineinversetzt.
Genau. Manche Menschen fühlen sich einfach
zu Gewalt hingezogen und es fehlt ihnen
an Empathie. Viele von ihnen sind wütend
und im Nahen Osten gibt es genug Gründe
dafür, aber zu töten ist immer falsch. Es kann
niemals richtig sein.
Du bist gerade für einen Gig in Wien, manche
deiner Landsleute warten an unseren Grenzen.
Wie denkst du darüber?
Europa stellt sich stets als gütig und helfend
dar – also solltet ihr auch danach handeln.
Und zur Angst vorm Kulturschock – der Libanon
ist in der Region auch eher liberal und
hat 1,2 Millionen Flüchtlinge aufgenommen.
Du hast Syrien verlassen, kurz bevor der
Krieg begonnen hat und reist mit einem
syrischen Pass, während andere Schlepper
bezahlen müssen.
Ich habe auch studiert und spreche fließend
Englisch. Ich bin mir meines Privilegs absolut
bewusst und nutze es auch. Unter anderen
um auf die Missstände in meiner Heimat aufmerksam
zu machen und zu zeigen, wie diese
Welt ist, in der wir leben.
Wer ist er: Nasser Shorbaji aka Chyno
Alter: 31
Hat gelebt in: Syrien, Beirut, Saudi Arabien, Spanien, …
Rhyme: Tanks and guns right at your door, enough little
boys to win your war
Religion: ist vertraut mit islamischen und hinduistischen
Traditionen, ist aber atheistisch/agnostisch
/ 3 MINUTEN / 3
3 3 MINUTEN MIT CHYNO
6 PLACE OF THE MONTH
Wer hätte das gedacht: Der beste Döner Wiens
kommt aus Berlin!
10 IVANAS WELT
Ivana über Frauen und Selbstverteidigung.
LIEBE MÄNNER
Vier Redakteurinnen berichten in einem Brief
an die Männer von sexuellen Belästigungen im
Alltag und deren ständiger Verharmlosung.
12
POLITIKA
12 BRIEF AN DIE MÄNNER
Vier biber-Redakteurinnen schreiben einen
Brief an die Männer mit dem Appell, die
Grenzen der Frau zu akzeptieren.
17 FRAUENFRAGEN:
Stadträtin für Frauenfragen und Integration
Sandra Frauenberger im Interview über
sexuelle Gewalt an Frauen.
18 INTERVIEW IN ZAHLEN:
Landeshauptmann Erwin Pröll ist nur einmal
im Jahr richtig wütend.
20 MONTENEGRO:
Eine montenegrinische Journalistin packt aus:
Kollegen, die vom Erdboden verschwinden
und Politiker, die zu den reichsten der Welt
gehören.
IN
24 DIENSTREISE:
biber-Stipendiatin Suzana war mit
Außenminister Sebastian Kurz auf Westbalkan-
Dienstreise – von Karaoke-Abenden und
lebensgefährlichen Busfahrten.
26 SEPP'S 5 REGELN:
Hotelier Sepp Schellhorn über die Spielregeln
in seiner Flüchtlingsunterkunft.
RAMBAZAMBA
28 FREUND UND HELFER
„Gibt es ihn noch, den Beschützer?“ –
Redakteurin Delna erforscht das neue
Männerbild.
36 SUPERGIRLS
Fünf Fragen an fünf unterschiedliche Heldinnen
des Alltags
IM BOXCLUB
Box-Weltmeister Marcos
Nader im Interview über
seinen Erzrivalen Knezevic
und warum er seine Frau
nicht beschützen muss.
66
4 / MIT SCHARF /
KARRIERE
40 KARRIERE & KOHLE:
Redakteurin Alex über den Zusammenhalt
unter Frauen.
41 KARRIERE-NEWS
28
HALT MÄRZ
2016
SUPERMANN?
Will Frau in Zeiten
des Feminismus
überhaupt noch von
Männern beschützt
werden? Wir haben
das neue Männerbild
unter die Lupe
genommen
TECHNIK
46 NEWS
Adam über FBI gegen Apple und
30 Jahre Zelda.
LIFE & STYLE
48 LIFESTYLE-TIPPS:
Über alte, reiche Arschlöscher und
den Man Bun.
50 90IES:
Sie sind wieder zurück, die 90ies! Tattoo-
Armbänder und Buffalos feiern ein Revival.
KULINARIK
57 KOCHEN MIT NATALIJA
Natalija kocht ungarisch, isst Burger und sucht
nach einem Hipster Jugo-Lokal.
50
90IES
Freundschaftsbändchen, Bauchfrei
und Buffalos – die 90ies sind
zurück und wir widmen ihnen eine
knallige Modestrecke
Julie Brass, Sophie Kirchner, Susanne Einzenberger
KULTUR
60 KULTUR MIT SCHARF:
Moral-Contouring und Instagram-Poesie.
64 JUGO-KOMIKER:
Mario Lucic im Interview.
SPORT
66 UPPERCUT IN OTK:
Box-Weltmeister Marcos Nader führt uns durch
sein Boxstudio in Ottakring.
70 DIE LEIDEN DES JUNGEN TODOR
/ MIT SCHARF / 5
PLACE
OF THE MONTH
BERLINER
DÖNER
Von Onur Kas, Foto: Sophie Kirchner
Es war eine schicksalhafte Begegnung.
Redakteur Onur bekam ein Zeichen
von oben und fand sich schnell vor der
besten KebabBude der Stadt wieder. .
Eines Abends fuhr ich mit der 49er Straßenbahn
Richtung Hütteldorf. Plötzlich juckte es an meinem
rechten Ohr. Intuitiv drehte ich mich nach links
und kratze mich daran. Da fiel mir im Vorbeifahren
ein Imbissstand in der Zieglergasse/Ecke Westbahnstraße
auf. Stand da gerade Berliner Döner?
Eine Woche später spürte ich wieder dieses
Jucken. Das ist ein Wink des Schicksals, sagt
mir meine innere Stimme, deswegen begebe ich
mich zurück zu diesem magischen Ort.
Kebab-Himmel
Neben Hähnchen wird auch Lamm angeboten. „Ein
Lamm-Döner mit allem und Joghurtsoße bitte“,
sage ich, zahle 3,30€ und komme mit den Verkäufern
ins Gespräch. Sie haben bemerkt, dass ich aus
Deutschland bin. Sie sind es nicht, versichern aber
„das Fleisch kommt aus Berlin“.
Mit all diesen Heimatgefühlen beiße ich rein und
bin im Kebab-Himmel mit Ayran-Fontänen und
Hügeln aus Kraut und Zwiebeln. Zum Abschied gibt
es einen türkischen Tee. Gratis! Eine Sünde, dass
ich den Berliner Döner nicht schon eher
entdeckt habe. Ich sollte öfters
auf mein juckendes Ohr
hören.
6 / MIT SCHARF /
MIT SCHARF / 7
Liebe Leserinnen und Leser,
IMPRESSUM
MEDIENINHABER:
Biber Verlagsgesellschaft mbH, Quartier 21,
Museumsplatz 1, E1.4, 1070 Wien
HERAUSGEBER & CHEFREDAKTEUR:
Simon Kravagna
„Ich bin froh, wenn das Frauenheft endlich gedruckt ist“, sagt unser
stv. Chefredakteur Amar. Ja, wir geben zu, diese Ausgabe war
eine schwere Geburt. Redaktionssitzungen arten in feministische
Brandreden aus, Redakteure werden beschuldigt, Machos zu sein,
Redakteurinnen fühlen sich nicht verstanden – ein Wellenbad der
Emotionen. Die Lebenswelt der Frauen ist eben komplex, aber das
scheint noch nicht jeder begriffen zu haben – deswegen wollen wir
mit diesem Heft Aufklärung schaffen.
Anlässlich des internationalen Frauentags haben wir uns in der
März-Ausgabe mit dem Thema befasst, an dem zurzeit keiner
vorbeikommt: sexuelle Gewalt an Frauen. Das Schwierige dabei,
wir wollten es nicht als Frauenthema abtun, wir wollten, dass sich
die Männer angesprochen fühlen, es geht ja schließlich auch um
sie. Also haben vier biber-Redakteurinnen einen Brief an die
Männer verfasst, in dem sie von ihren Erfahrungen mit sexueller
Belästigung berichten. S. 12
Bei der Recherche dazu haben uns manche Männer geraten,
nachts nur mit männlicher Begleitung rauszugehen. Mal abgesehen
davon, dass das weitab von Emanzipation ist, stellt sich dabei die
Frage: Wenn wir einen männlichen Begleiter haben, heißt das
automatisch, dass er uns beschützt? Wo waren all die Beschützer
in der Silvesternacht in Köln? Braucht Frau überhaupt noch einen
Superman? Dieser Frage gehen wir ab S. 28 nach.
Etwas weniger aufgeladene Themen gibt’s auch: 90ies Shooting,
ein Mann, der die große Liebe sucht und Boxmeister Marcos Nader,
der uns durch sein Studio in Ottakring führt. S. 66
Hm, alles in allem ganz schön viele Männer in einem Frauenheft. Tja,
wir können zwar ohne euch, wir wollen aber nicht, ha!
Viel Spaß beim Lesen und vergesst nie: „We cannot all succeed
when half of us are held back." (Malala Yousafzai)
STV. CHEFREDAKTEUR:
Amar Rajković
STV. CHEFREDAKTEURIN:
Delna Antia
CHEFIN VOM DIENST:
Melisa Erkurt
ONLINE:
Alexandra Stanić
KOLUMNIST/INNEN:
Ivana Martinović, Todor Ovtcharov
FOTOCHEF:
Marko Mestrović
REDAKTION & FOTOGRAFIE:
Delna Antia, Sarah AlHashimi, Natalija
Stojanovic, Muhamed Beganović,
Adam Bezeczky, Milena Borovska,
Ayper Cetin, Amélie Chapalain, Maida
Dedagić, Amra Ducić, Ali Cem Deniz,
Nana Egger, Susanne Einzenberger,
Menerva Hammad, Tina Herzl, Markus
Hollo, Mahir Jamal, Lyudmila Gyurova,
Sophie Kirchner, Maria Matthies, Marko
Mestrović, Ivana Martinović, Marie
Noel Ntwa,Anastasia Osipova, Todor
Ovtcharov, Jelena Pantic, Michele
Pauty, Marian Smetana, Vanessa
Spanbauer, Daniel Spreitzer, Alexandra
Stanić, Teoman Tiftik, Aleksandra Tulej,
Artur Zolkiewicz
ART DIRECTOR: Dieter Auracher
LAYOUT: Dieter Auracher, Viktoria Platzer
LEKTORAT: Christina Gaal
MARKETING: Adam Bezeczky, Jelena
Pantic
BUSINESS DEVELOPMENT:
Andreas Wiesmüller
GESCHÄFTSFÜHRUNG:
Wilfried Wiesinger, Simon Kravagna
KONTAKT: biber Verlagsgesellschaft mbH
Quartier 21, Museumsplatz 1,
E1.4, 1070 Wien
Tel: +43/1/ 9577528
redaktion@dasbiber.at
marketing@dasbiber.at
abo@dasbiber.at
INTERNET: www.dasbiber.at
Bussis
Die Redaktion
ÖAK GEPRÜFT 1. HJ 2015:
Druckauflage 69.000 Stück
verbreitete Auflage 68.760 Stück
DRUCK: mediaprint
8 / MIT SCHARF /
MIT SCHARF / 9
In Ivanas WELT berichtet biber-Redakteurin
Ivana Martinović über ihr daily life.
IVANAS WELT
Foto: Igor Minić
GUTE UND SCHLECHTE GEWALT
Mit körperlicher Gewalt
hatte ich nie was am Hut.
Nur passiv, als Zuschauer,
zufällig. Schlägereien unter
Männern, bei denen ihre Fäuste
Konflikte „lösten“. Diese Momente
waren wie ein Sog in eine andere
Welt. Ich war schockiert und fasziniert
zugleich. Schockiert über die
skrupellose Gewalt und die hemmungslose
Bereitschaft auf einen
anderen Menschen einzuschlagen,
hinzutreten, zu verletzen. Fasziniert,
was in diesem Augenblick
in deren Hirnen vorgeht, was sie
dabei fühlen, was die Aggression
aus einem macht und die Frage, wie
sich so eine Wut anfühlen muss.
Ein Gedanke war stets dabei. Oh
Gott! Wie können die nur? Mensch
gegen Mensch. Bereit zu verletzen,
vernichten. Aber so sind sie eben,
manche von uns. Vor allem ein
Schlagwort schwirrte stets im Kopf
herum: Konsequenzen. Machen die
sich keine Gedanken über Konsequenzen?
Denken sie überhaupt in
diesem Moment?
martinovic@dasbiber.at
IN KNAST LANDEN ODER
VERUNSTALTET DURCHS
LEBEN GEHEN
Nicht nur, dass meine Gewaltbereitschaft
am niedrigsten Level
ist - so gegen Null. Irgendwem
etwas anzutun, lässt mich an das
Danach denken. Für mich und für
mein Gegenüber. Man stelle sich
einen vor, der ständig Schlägereien
anzettelt, bei jeder Auseinandersetzung
aus der Haut fährt und dann
zuschlägt. Dann trifft er einen, der
noch schräger drauf ist, vielleicht
ein Messer hat. Und in diesem
kurzen Augenblick, wo deren Gehirn
vor lauter Aggression aussetzt, passiert
es. Der eine sticht zu, verletzt
die Lunge, sticht das Auge aus.
Und dieser kleine Moment kann das
Leben in andere Bahnen lenken.
Knast für den einen, Folgeschäden
für den anderen oder sogar der Tod.
Leben kaputt. Durch paar Minuten
Gewalt alles im Arsch, Zukunft
ruiniert. Um einen herum unzählige
Menschen, Freunde, Familie, die
mitleiden. Und das wegen dieses
einen Augenblicks. Warum macht
man sich den Stress?
GEWALT LERNEN, UM
GEWALT ZU BEGEGNEN
Es gibt sie. Leute, die einem schaden
wollen. Leute, die denken, dass
das Leben unfair zu ihnen ist und
sie sich Gerechtigkeit erhoffen,
indem sie denken einen kleinen
Ausgleich schaffen zu müssen.
Krumme Dinger drehen. Kriminelle,
Idioten, die einem begegnen, weil
man zur falschen Zeit am falschen
Ort ist. Oder zur falschen Zeit am
richtigen Ort – am Nachhauseweg.
Und da hilft kein Gott oder
die Gerechtigkeit. Man muss sich
schützen. Es zumindest versuchen!
Sich Tipps von Experten holen, wie
man das Beste aus der Situation
macht. Ich tat es bei einem Selbstverteidigungskurs.
Eine Kampfmaschine
bin ich jetzt auch nicht, weil
meine Kraft eher zum Anrempeln
reicht als irgendeinen Angreifer zu
Boden zu schlagen. Aber man lernt
zumindest paar Tricks, wie man
die Kraft des Gegners zu seinen
Gunsten einsetzen kann. Und es
stärkt das Bewusstsein, dass man
Gewalt begegnen kann und in
dieser Situation diesen humanen
Gedanken ausblenden muss „Oh
Gott, hoffentlich tu ich dem nicht
weh!“ Weil! Er will mir wehtun! Man
lernt, dass Sekunden entscheidend
sein können, um den Gegner aus
der Fassung zu bringen, weglaufen
zu können, weil man als zartes
Persönchen nicht unbedingt darauf
hoffen sollte, als Rocky Balboa den
Kampf zu gewinnen. Es hilft, wachsam
zu sein, in dunklen Gegenden
nicht in Schockstarre zu verfallen,
zu wissen, dass es passieren kann.
Wenn er die Tasche will, dann gib
ihm die Tasche. Will er mehr, dann
Schreien, Kratzen (am besten im
Gesicht). Täter markieren und sich
einen Kubotan (kurzer Stock, der
als Schlüsselanhänger konzipiert
ist) zulegen. Zumindest eine legale
Waffe, wofür man selbst nicht in
den Knast wandern muss und bisschen
herumstochern darf.
Mehr Infos über Selbstverteidigung
unter www.vingtsunaustria.at und
ein Dankeschön an das Team von
Branko Micic.
10 / MIT SCHARF /
POLITIKA
„Hier oben sind meine Augen!“
Foto von Julie Brass
„Selber Schuld“
„Rock zu kurz“
„Ist ja nichts passiert“
12 / POLITIKA /
Liebe Männer,
Wir wissen, ihr habt die „Frauen themen“
satt. Überall geht es um Gleichberechtigung
und die Frau als Opfer männlicher
Triebe. Ihr habt Recht. Ihr kommt dabei viel
zu kurz. Vier biber-Redakteurinnen wenden
sich deshalb mit einem offenen Brief
persönlich an euch. Lasst uns die Sexismus
Debatte zum Männerthema machen.
Von Melisa Erkurt, Veronika Lukashevich, Aleksandra Tulej und Jelena Pantić
Fotos: Sophie Kirchner
Wieso tun seit den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln alle so,
als wären diese ein neues Phänomen, als wären nur Flüchtlinge die
Täter? Sexuelle Belästigung gehört zu unserem Alltag, seit wir Teenager
sind, und wir sind in Österreich aufgewachsen. Deshalb möchten
wir euch vier Geschichten erzählen, vier Geschichten darüber, wie
es ist eine Frau zu sein. Bevor ihr jetzt weiterblättert, weil ihr dieses
„leidige Frauenthema“ schon satt habt und ihr sowieso jede Frau gut
behandelt, denkt an die eine Nacht nach dem Fortgehen, als ihr ein
hübsches Mädchen in der Nightline gesehen habt.
Ihr habt sie betrachtet, wie man das eben macht, wenn einem jemand
gefällt. Könnt ihr euch noch an ihren Gesichtsausdruck erinnern?
Daran, wie schnell sie ihr Handy gezückt hat, um jemanden anzurufen
– um drei Uhr früh? Als ihr beide zufällig bei derselben Station
ausgestiegen seid, hat sie sich immer wieder zu euch umgedreht, ihren
Schritt beschleunigt und die Straßenseite gewechselt. „Die hat es aber
eilig,” habt ihr euch nur gedacht. Die junge Frau hatte es tatsächlich
eilig, sie hatte Herzrasen, sie hatte Angst. Angst davor, dass ihr sie bis
nach Hause verfolgt, ihr im Hauseingang auf den Hintern fasst, ihr den
Rock hochzieht, sie vergewaltigt. Als ihr sie nur harmlos abgecheckt
habt, hatte sie die ganze Zeit dieses Szenario im Kopf.
Das soll keine Geschichte von uns Frauen als Opfer und euch Männern
als Täter werden. Das ist einfach nur eine Geschichte von dem Alltag
der Frauen in einer Großstadt. Alltag, der leider sexuelle Nötigung allzu
gut kennt.
→
/ POLITIKA / 13
Ich war erst 14
Nimm doch ein Taxi
„Ich
war so
schockiert,
ich konnte
nichts
tun“
Ich war 14, als ich in einer Straßenbahn
sexuell belästigt wurde. Ich war auf
dem Heimweg und stand im hinteren Teil
des Waggons. Ein Mann sprang im letzten
Moment noch hinein. Er stellte sich direkt hinter
mich. Ich habe ihn nicht beachtet, weil die Straßenbahn
voll war. Doch als sich der Waggon allmählich
leerte und der Mann immer noch direkt hinter mir stand,
kam es mir merkwürdig vor. Plötzlich spürte ich, wie er
sich mit seinem Ständer an mich presste. Ich war so
schockiert, dass ich nicht reagieren konnte. Nach mehreren
Stationen konnte ich es nicht mehr ertragen. Ich bin
hinaus gerannt und habe losgeheult. Mit 14 begriff ich,
was es heißt, eine Frau zu sein.
„Dann fahr’ halt nicht mit den Öffis“, sagte ein Bekannter
damals zu mir. Ich bin aber nicht das Problem. Ob in
den öffentlichen Verkehrsmitteln, am Arbeitsplatz oder auf
der Straße, bei Tag oder Nacht, egal was wir anhaben – es
gibt scheinbar keinen Ort, keine Uhrzeit an dem eine Frau
noch nicht belästigt wurde. Wenn ihr genauer hinhört und
nachfragt, merkt ihr schnell, dass sexuelle Belästigung in
welcher Form auch immer zum Leben einer jeden Frau
gehört. Für uns ist es normal und das ist erschreckend.
Natürlich versuchen wir auf uns aufzupassen, weil es
notwendig ist. Wir sollten uns aber nicht vor dieser Welt
fürchten müssen, denn sie gehört uns genauso.
Jelena Pantic
Ich bin neulich Nacht alleine nachhause gegangen. Ein
Mann um die dreißig hat mich angesprochen, verfolgt,
festgehalten und versucht, mich zu küssen. Er hat mich
nicht mehr losgelassen. Mir ist ein Schauer über den
Rücken gelaufen, ich dachte, dass es jetzt für mich
vorbei ist. Zum Glück hat mir dann eine fremde
Frau geholfen und ich bin komplett aufgelöst
und fertig nachhause gekommen. Ich habe
noch nächtelang Alpträume von diesem Erlebnis
gehabt. Als ich einem männlichen Freund davon
erzählte, meinte dieser nüchtern, ich solle doch
nächstes Mal einfach ein Taxi nehmen. Dabei ist die
Strecke, die ich gegangen bin, ein Fußweg von zehn
Minuten und wer sagt, dass ich im Taxi sicher bin? Ein
Taxi-Fahrer bot mir einmal an, ihn statt mit Geld mit Sex
zu bezahlen. Wieso sollen Frauen erneut nach „Ausweichmöglichkeiten“
suchen? Wieso werden sexuelle Übergriffe
von Männern so verharmlost, dass es so weit gekommen
ist, dass Frauen schon an ihrer Wahrnehmung zweifeln.
Wenn dir dann noch dein Arbeitskollege erzählt, dass er
sich freuen würde, wenn Frauen ihn anmachen würden,
dann fängst du an, an dir zu zweifeln: Vielleicht bin ich ja
einfach nur zu empfindlich, vielleicht meinen es die Männer
ja nur nett. Zu oft entscheiden sich Frauen deshalb
zu schweigen. Die Angst vor Übertreibungen ist zu groß.
Warum? Man fühlt sich schuldig, denn: Schlussendlich
ist ja nicht wirklich etwas passiert - im Vergleich zu den
vielen Frauen, die tatsächlich vergewaltigt worden sind.
Aber sexuelle Belästigung hat viele Erscheinungsformen.
Verharmlost man sie, akzeptiert man sie und
schafft das Gefühl, es wäre normal, dass manche Männer
die Grenzen der Frauen überschreiten. Liebe Männer,
an dieser Stelle ist es wichtig, Frauen zum Sprechen zu
ermutigen, statt ihre Erzählungen zu verharmlosen.
Aleksandra Tulej
14 / POLITIKA /
Raubtier und Beute
Respekt von klein auf
Mitten am Tag spaziere ich durch die Innenstadt. Ich
lasse meinen Gedanken freien Lauf, als ich plötzlich
imitierte Tiergeräusche höre, die von meiner rechten
Seite kommen. Ich schaue mich um und sehe
zwei Männer, die mich mit ihrem Gezuzel scheinbar zu
locken versuchen, als wäre ich Beute für sie.
Einer schleckt sich die Lippen ab, während der andere
mich von oben bis unten mustert. Ich fühle mich unwohl,
senke den Blick und beschleunige den Schritt. Was ist
passiert? Warum fühle ich mich plötzlich so beschämt?
Ich bin nicht die einzige Frau, die Scham dabei empfindet,
wenn sie sexuell belästigt wird. Vieler meiner Freundinnen
und Bekannten suchen in solchen Situationen die
Schuld bei sich: „War der Ausschnitt vielleicht doch etwas
zu gewagt?“, „War mein Gang vielleicht doch etwas zu
provokant?“ Woher kommt es, dass Frauen die Schuld bei
sexueller Belästigung bei sich suchen? Vielleicht weil uns
Mama im Kindergarten gesagt hat, wir sollen aufpassen,
wie wir sitzen, wenn sie uns einen Rock angezogen hat,
damit die Jungs nicht gucken? Oder dass sich manche
Männer öffentlich darüber aufregen, dass es strafbar ist,
einer Frau auf den Hintern zu fassen. Viele Frauen trauen
sich nicht von ihren Erlebnissen zu erzählen, weil sie
sich schämen oder weil sie es schon normal, nicht mehr
erwähnenswert finden, wenn sie belästigt werden. Wir
erzählen weiter, für alle Frauen, die geschwiegen haben.
Veronika Lukashevich
„Ich
möchte
nicht, dass
ein Mann so
mit mir
redet“
Oft wird Frauen geraten, sich nicht
freizügig anzuziehen, wenn sie nicht
blöd angemacht werden wollen. Es
ist scheinbar ein klares Zeichen, dass
eine Frau Aufmerksamkeit sucht, wenn
sie Haut zeigt. Aber mir wurde schon
„Du bist so scharf, komm her zu mir!“, hinterhergerufen
als ich eine Daunenjacke, Mütze
und Schal trug, welche „Präventionsmaßnahmen“ hätte
ich denn hier bitte noch setzen können?
Viel wichtiger als Mädchen zu sagen, wie sie sich
kleiden sollen, ist es Buben von klein auf Respekt und
Anerkennung für die Autonomie von Frauen und Mädchen
beizubringen. Dass das aber noch immer nicht passiert,
zeigt sich daran, dass ich als Lehrerin mit 25 Jahren
von 14-jährigen Schülern angemacht werde: „Du bist so
geil, du solltest Model sein“, ruft mir einer hinterher und
kommt mir unangenehm nahe, als ich aufgrund eines Projekts
an seiner Schule unterrichte. Auch wenn es eigentlich
keine Relevanz haben sollte, erwähne ich es dennoch:
Ich hatte ein hochgeschlossenes, eher weites schwarzes
Langarmshirt an, das fast bis zu meinen Knien ging und
eine Jeans, außerdem war ich ungeschminkt. Was daran
geil ist, weiß ich nicht. Darum geht es auch nicht, ich
möchte einfach nicht, dass ein Mann, in dem Fall ein Junge,
so mit mir redet, als wäre es selbstverständlich, als
sollte ich mich auch noch geschmeichelt fühlen.
Melisa Erkurt
/ POLITIKA / 15
MEIN KÖRPER, MEINE GRENZEN
Liebe Männer, wahrscheinlich fragt ihr euch jetzt: „Darf
man den Frauen denn gar keine Komplimente machen?“
Auch unsere männlichen biber-Kollegen sagen, dass die
Männer uns doch nur ein Kompliment machen wollten. Sie
verunsichern uns das ein oder andere Mal damit, wir zweifeln
daran, ob wir diese Zeilen überhaupt schreiben sollen.
Und genau das ist es! Männer wollen uns einreden, dass
es okay ist, wenn wir unpassend angemacht werden. Sie
wollen uns die negativen Gefühle, die wir in diesen Situati-
onen empfunden haben, absprechen: Aber wir haben uns
geschämt und uns ist es unangenehm, wenn Männer so mit
uns umgehen. Denn „geil“ ist kein Kompliment und jeder
muss die Grenzen des anderen erkennen. Wenn die Frau
nicht zurücklächelt, wenn sie einen Schritt von euch weg
macht, wenn sie eure Lehrerin ist, möchte sie diese Art
von Nähe und Komplimenten nicht. Achtet auf die Signale,
die Grenzen, die die Frau setzt: Und ein Nein ist immer ein
Nein! ●
Liebe Männer, bitte nehmt euch diese Worte zu Herzen. Ihr
müsst wissen, die Realität von uns Frauen ist anders als eure.
Uns taugt es nicht, wenn man uns hinterherpfeift - selbst,
wenn es angeblich nett gemeint ist. Es verleiht uns auch keinen
Egoschub, wenn ihr uns mit „Wow, siehst du geil aus!“ auf der
Straße begegnet. Hört auf unsere Erlebnisse zu verharmlosen,
Sexismus als Frauenthema abzutun – sexuelle Gewalt an Frauen
ist nicht unser Problem, es betrifft euch genauso!
16 / POLITIKA /
BIBER: Seit den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln
und anderen Städten beherrscht das Thema der sexualisierten
Gewalt die Öffentlichkeit. Wie finden Sie es, dass dieses
Thema derzeit dominiert?
SANDRA FRAUENBERGER: Ich habe dazu einen ambivalenten
Zugang, denn als wir für den Paragraphen zur sexuellen
Belästigung gekämpft haben, kam ein Shitstorm von
denen, die das Thema Gewalt an Frauen jetzt plötzlich für
ihre populistischen Zwecke missbrauchen. Auf der anderen
Seite ist es aber auch gut, dass öffentlich über sexuelle
Gewalt diskutiert wird, das schafft eine Enttabuisierung des
Themas.
Spielt der Kulturkreis der Täter bei sexuellen Vergehen eine
Rolle?
Gewalt hat keine Herkunft. Die Frauenrechte werden von
den Populisten für Rassismus missbraucht. Ich war lange
Jahre im Vorstand der Wiener Frauenhäuser und habe miterlebt,
dass Frauen von ihren Männern, egal welcher Herkunft,
missbraucht werden. In Wien wird jede fünfte Frau
Opfer von Gewalt, zum Großteil nicht im öffentlichen Raum,
sondern innerhalb der Familie oder der Partnerschaft.
Aber in der jüngsten Geschichte ist es im deutschsprachigen
Raum noch nie zu so vielen Anzeigen wegen
sexueller Gewalt gekommen, wie seit den Übergriffen in der
Silvesternacht. Die Mehrzahl der Täter hat Migrationshintergrund.
Wenn sich vor Weihnachten die Kampagnen gegen Gewalt
an Frauen vermehren, steigen auch die Anzeigen gegen
sexuelle Gewalt. Denn wenn etwas zum Thema gemacht
wird, wird es enttabuisiert. Das heißt nicht, dass die Zahl
der Vergewaltigungen steigt, sondern nur, dass die Zahl der
Anzeigen wegen sexueller Gewalt steigt.
„Gewalt hat
keine Herkunft“
„Frauen sind keine Ware“, sagt
Sandra Frauenberger, Wiener
Stadträtin für Integration und
Frauen fragen (SPÖ) im Interview.
Von Melisa Erkurt, Foto: Marko Mestrović
Fühlen Sie sich sicher, wenn Sie nachts alleine in Wien
unterwegs sind?
Ja, Wien ist eine sehr sichere Stadt.
Während unseres biber-Schulprojekts „Newcomer“ ist mir
ein sexistisches Frauenbild der Schüler aufgefallen. Wie
kann man das ändern?
Wir müssen die Sexualpädagogik an die Schulen bringen
und mit Selbstverteidigung und Selbstbewusstseinsstärkung
arbeiten. Auch im außerschulischen Bereich,
also in den Jugendzentren, werden sexuelle Gewalt und
Geschlechterrollen thematisiert.
Wenn ich in der Straßenbahn belästigt werde und meinen
männlichen Freunden davon berichte, fragen sie mich oft:
„Hattest du einen kurzen Rock an?“ Frauen wird damit
suggeriert, dass sie Mitschuld tragen, wenn sie belästigt
werden. Woher kommt das?
Frauen werden oft als Ware gesehen. Das ist eine vollkommen
sexistische Sicht der Dinge. Ganz gleich, was eine Frau
trägt – es ist niemals eine Einladung zum Hingreifen. ●
/ POLITIKA / 17
Herr Pröll,
wie viele Hände
schütteln Sie
täglich?
Wie viele
Hände
schütteln Sie
täglich, wenn
Sie draußen
unterwegs
sind?
Wie viele
namhafte
Politiker in
Österreich
gehen Ihnen auf
die Nerven?
Was war Ihre
schlechteste
Note im
Maturazeugnis?
Interview in Zahlen: In der Politik
wird schon genug geredet. biber
fragt in Worten, Niederösterreichs
Landeshauptmann Erwin Pröll
(ÖVP) antwortet in Zahlen.
900
1
4
Von Simon Kravagna
Fotos: Tina Herzl
Da muss Erwin Pröll lächeln: Er hat noch nie Journalisten das
Fürchten gelehrt.
Das ist nicht lustig: Drei mal bekam Niederösterreichs Landeschef
eine ernste Morddrohung.
Welche
Note geben
Sie Angela
Merkel´s
Flüchtlingspolitik?
Wie oft haben
Sie eine ernstzunehmende
Morddrohung
erhalten?
Mit wie vielen
Künstlern sind
Sie regelmäßig
in Kontakt?
Wie viele
Prozent an
Muslimen
sollte es in
NÖ maximal
geben?
Wie viele
Euro sollte
die Mindestsicherung
pro
Monat maximal
ausmachen?
3
3
150
5–10
800
18 / POLITIKA /
Wie viele
Weine haben
Sie in Ihrem
Weinkeller?
Wie oft im Jahr
werden Sie so
richtig wütend?
Wie vielen
Journalisten
haben Sie
bereits das
Fürchten
gelehrt?
Wie viele Jahre
wird die ÖVP
in NÖ noch als
stärkste Partei
regieren?
Welche Note
geben Sie der
Regierung in
der Flüchtlingspolitik?
30
1
0
30
2
Liebe Schüler, auch Pröll hatte einen Vierer im Maturazeugnis…
…und wurde trotzdem acht Mal offiziell gefragt, ob er nicht für das
Amt des Bundespräsidenten kandidieren will.
Wie viele
Euro sollte
die Mindestsicherung
für
eine Familie pro
Monat maximal
ausmachen?
Wie viele
Prozent
Flüchtlinge
sollte es
maximal in NÖ
geben?
Wie oft wurden
Sie von ÖVP-
Politikern
offiziell gefragt,
ob Sie Bundespräsident
werden wollen?
Welche
Schulnote
geben Sie
Ihrem Friseur?
In wie vielen
Jahren wird
Sebastian Kurz
spätestens
Bundeskanzler
sein?
1500
1
8
Römisch
EINS
12
/ POLITIKA / 19
Zwei Anhänger des montenegrinischen Langzeit-Herrschers, Milo Dukanovic.
MONTENEGROS
MAKEL
Ausgerechnet in Montenegro – dem Liebling des
Westens – blühen Korruption, Zensur und mafiöse
Machenschaften. Der Mann an der Regierungsspitze:
Ministerpräsident Milo Đukanović.
Gastkommentar von Milka Tadić-Mijovic
bereitgestellt, MILOS JELESIJEVIC / EPA / picturedesk.com, Srdjan Suki / EPA / picturedesk.com, DRAGAN TATIC / APA / picturedesk.com
20 / KOMMENTAR /
Auf seiner einwöchigen Westbalkanreise
lobte Österreichs
Außenminister Sebastian Kurz
den Fortschritt des kleinen Balkanlandes.
Montenegro steckt derzeit in
intensiven Verhandlungen über den
EU-Beitritt, zum Ende des vergangenen
Jahres trat es der NATO bei. Die
Nachbarstaaten Mazedonien, Bosnien
und Kosovo können davon nur träumen.
Doch, soll man tatsächlich diesem
Beispiel folgen?
ZUERST RUSSLAND, DANN EU
Durch einen Putsch im Jahr 1989 kam
der heutige Ministerpräsident, damals
ein junger kommunistischer Leader,
Milo Đukanović, an die Macht. Nach
Straßendemonstrationen, welche
mit Hilfe von Slobodan Milosevic und
anderen serbischen Nationalisten
organisiert wurden, regiert er souverän
das Land. Im Dezember 2012 wurde
er vom Parlament zum Ministerpräsidenten
bestellt.
Đukanović wechselte auf außenpolitischer
Ebene seine Verbündeten,
aber auch sämtliche Ideologien. In den
letzten Jahren wandte er sich vollkommen
von Russland ab, nachdem er
zuvor große Geschäfte mit russischen
Oligarchen gemacht hatte. Die Russen
befinden sich im Besitz von 30 Prozent
aller Immobilien auf der montenegrinischen
Küste. Sie machen etwa 30
Prozent ausländischer Touristen aus.
Zudem waren die Russen bis zuletzt
im Besitz des Aluminiumwerkes, eines
strategisch wichtigen Unternehmens,
seines Zeichens größtes Exportunternehmen
im Lande. Die Idylle mit den
Russen endete mit der Krise in der
Ukraine, als Montenegro den Sanktionen
der EU gegenüber Moskau
zustimmte. Die Beziehungen kühlten
endgültig ab, als die NATO dem kleinen
Adriastaat die offizielle Beitrittseinladung
schickte.
Bereits zuvor hatte Đukanović seine
westlichen Freunde frohgestimmt. Der
einstige Kriegsverbündete Miloševićs,
der die Konflikte in Kroatien und Bosnien
tatkräftig unterstützte, erkannte
vor einigen Jahren Kosovo offiziell
an. Heute pflegt Đukanović friedliche
Beziehungen zu den Nachbarstaaten
Dukanovic empfing Außenminister Kurz während seiner Westbalkan-Reise im Februar
WIEN
PODGORICA
und unterstützt die Bemühungen des
Westens, die Schlüsselkonflikte der
Weltpolitik zu lösen. So sind montenegrinische
Truppen etwa in Afghanistan
stationiert.
Die amerikanische Zeitschrift
Foreign Policy reihte Montenegro
wegen der Beziehungen zwischen der
Mafia und der Führungsspitze in die
sogenannten Mafia-Staaten ein. Selbst
Ministerpräsident Đukanović fand sich
wegen des Verdachts des Zigarettenschmuggels
in den 90er Jahren auf
internationalen Fahndungslisten wieder.
In Italien etwa schloss man den
Fall wieder, nachdem sich Đukanović
auf seine diplomatische Immunität
berufen hatte.
Der britischen Tageszeitung
Independent zufolge zählt Đukanović,
obwohl er eines der kleinsten Länder
Europas (650.000 Einwohner) regiert,
zu den 20 reichsten Politikern auf der
Welt – mit einem Vermögen, das auf
über zehn Millionen Pfund geschätzt
wird.
MONTENEGRO
Hauptstadt: PODGORICA
Die ehemalige Teilrepublik von Jugoslawien
ist seit 6. Juni 2006 unabhängig.
Montenegro hat nur knapp 600.000 Einwohner,
der wichtigste Wirtschaftszweig
ist der Tourismus an der montenegrinischen
Küste. Seit 2015 ist Montenegro
NATO-Mitglied, was Verstimmungen mit
Serbien und Russland zufolge hatte. Der
derzeitige Ministerpräsident Milo Djukanovic
war seit 1992 sowohl Staatspräsident
als auch mehrfach Premierminister
des Landes.
/ KOMMENTAR / 21
Journalisten als gefräßige Seeungeheuer, Zigarettenschmuggler oder schlichtweg medialer Abfall.
JOURNALISTEN ALS FREIWILD
Diese Ziffer könnte viel größer sein
– rechnet man das Vermögen der
Familie Đukanović hinzu. Schwester
Ana wurde von der amerikanischen
Justiz verdächtigt, die Hauptrolle beim
umstrittenen Verkauf der staatlichen
Telekom gespielt zu haben. Bruder
Aleksandar machte mit dubiosen
Geldsummen aus dem Staatsbudget
Schlagzeilen.
Der montenegrinische Ministerpräsident
hat vor einigen Jahren offen zur
Festnahme von Prof. Miodrag Perović,
dem Gründer des unabhängigen
Magazins Monitor, der Zeitung sowie
des gleichnamigen TV-Senders Vijesti,
aufgerufen. Seit den 90ern berichten
diese Medien über den Amtsmissbrauch,
die Kriegsverbrechen und Korruption
im kleinen Land an der Adria.
Vor der Redaktion der unabhängigen
Tageszeitung Vijesti ging kurz
vor Weihnachten 2013 eine Bombe
hoch. Unmittelbar vor dem Angriff
war die Redaktion mehrmals mit
Steinen beworfen worden, die Autos
der Journalisten in die Luft gejagt.
Der Geschäftsführer von Vijesti wurde
brutal verprügelt. Der ehemalige
Bürgermeister von Podgorica griff
gemeinsam mit seinem Sohn, einem
Diplomaten, den Vijesti-Chefredakteur
und einen Fotografen körperlich an,
als diese eine Aufnahme vom falsch
geparkten Auto des Bürgermeisters
machen wollten.
Heuer jährt sich zum zwölften
Zuerst Nationalist, dann Sozialist und nun Kapitalist? Milo Dukanovic (r.)
Mal die Ermordung des Inhabers und
Chefredakteurs des Blattes Dan, einer
anderen regierungskritischen Zeitung.
Dieser, sowie etliche weitere Anschläge
auf unabhängige Journalisten und
ihre Redaktionen, wurden niemals
aufgeklärt. Die Arbeit der Kommission,
die mit dem Ziel der Aufklärung
dieser Übergriffe gegründet worden
war, schaffte es bislang nicht, Licht ins
Dunkel zu bringen.
„HALBFREIER“ STAAT
Systematisch sind auch die Bemühungen
die unabhängigen Medien in
den Ruin zu treiben. Auf Firmen wird
Druck ausgeübt, sie sollen nicht in
regierungskritischen Medien inserieren,
während in regierungsnahe
Medien staatliche Fördermittel und
Werbegelder gepumpt werden. Dies
zerstört den Medienmarkt und spaltet
ihn in Privilegierte und Diskriminierte.
Nach Angaben der angesehenen NGO
„Centre for Civic Education“ (CCE),
die in den vergangenen Jahren den
Weg der Werbegelder von staatlichen
Institutionen untersucht hat, landet
lediglich ein kleiner Teil in den Händen
der regierungskritischen Medien.
Ein gutes Mittel, um ungehorsame
Medien finanziell zu schwächen, ist
der Justizweg. Allein in den vergangenen
Jahren zahlten die Blätter Vijesti
und Dan sowie das Magazin Monitor
über 300.000 Euro für Gerichtsstra-
22 / KOMMENTAR /
fen, die wegen angeblicher Verleumdung
ausgesprochen wurden. Unter
den Klägern finden sich häufig hohe
Staatsfunktionäre, wie zuletzt auch
Ana Đukanović, die Schwester des
Premiers.
BALKAN ABSURDUM
Montenegro liegt in der Rangliste der
Pressefreiheit der „Reporter ohne
Grenzen“ auf dem katastrophalen
114. Rang, gleichauf mit Nigeria. Die
Sorge um die Pressefreiheit wegen
zahlreicher Attacken auf die Journalisten
wird regelmäßig in den Berichten
der EU, des State Departments
und etlichen weiteren internationalen
Organisationen ausgedrückt. Laut dem
letzten Bericht des Freedom House
(FH) ist Montenegro eines von drei
Ländern weltweit, die heuer in der FH-
Skala den Status des „freien“ Staates
verloren haben und nun als „halbfreier“
Staat klassifiziert wurden.
Ein Absurdum auf dem Balkan ist
die Tatsache, dass es in den Kriegsjahren
Anfang der 90er mehr freie
Medien gab als heute. Am schlimmsten
ist es in Mazedonien, wo einige
Medien auf gewaltsame Art und Weise
geschlossen und einige Journalisten
verhaftet wurden. In Serbien schaffte
es Ministerpräsident Aleksandar Vučić
nach seiner Machtübernahme, einen
Krieg mit beinahe allen regierungskritischen
Medien zu starten - wobei die
populärste Talkshow „Utisak nedjelje“
brutal abgesetzt wurde. Die Zensur ist
in diesem Land inzwischen zu einem
ernsthaften Problem geworden.
Damals wurden die Medien, die
sich dem Krieg widersetzten und
demokratische Systeme forderten,
von Europa und den USA unterstützt.
Heute unterstützt die EU autokratische
Herrscher aus den blutigen 90er
Jahren, die sich verbal dem EU-Weg
versprochen und zu nötigen Reformen
verpflichtet haben. Sie wollen Kritiker,
die über regelmäßigen Amtsmissbrauch
berichten, zum Schweigen
bringen. Soll man diesem Beispiel
folgen?●
MILKA TADIĆ-MIJOVIĆ
ist Chefredakteurin der unabhängigen
Wochenzeitung „Monitor“ und
Redakteurin bei „Vjesti“. Schon vor
dem Zerfall Jugoslawiens äußerte
sie sich gegen die vorherrschende,
nationalistische Politik Milosevics.
In ihren Texten setzt sich Tadic-
Mijovic gegen Korruption und für
die Anerkennung ethnischer Minderheiten
ein. Damit sieht sie sich
gleichermaßen mit internationaler
Anerkennung, als auch mit physischen
Drohungen und finanzieller
Erpressung konfrontiert. Tadic-
Mijovic wurde in die Liste der „100
Information Heroes“ der Organisation
„Reporter Ohne Grenzen“
aufgenommen.
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/ MIT SCHARF / 23
2 Fast
2 Furious
in Belgrad
Seit Jahresbeginn hat Sebastian Kurz (ÖVP)
bereits eine Distanz von 36.986,55 km
zurückgelegt. Egal, ob Indien, Äthiopien oder
Serbien: Seine Aufenthalte sind vollgestopft
mit Ministertreffen, Pressegesprächen und
Wirtschaftsempfängen. Doch was passiert
zwischen all den offiziellen Terminen? Biber
hat ihn auf seiner Balkan-Tour begleitet.
Von Suzana Knežević
Außenminister unter sich: Sebastian Kurz (Österreich)
und Ivica Dacic (Serbien)
Bosnien, Serbien, Montenegro, Albanien, Kosovo und
Mazedonien. Außenminister Sebastian Kurz bereiste
im Februar sechs Länder in sechs Tagen. Die
erste Erkenntnis, die man als Journalistin schnell erlangt,
ist jene über die zumindest öffentlich zur Schau getragene
grenzenlose Zuneigung zwischen Amtskollegen. Es gehört
zum guten Ton, zu Beginn jeder Rede ausführlich für alles,
was der andere je getan hat, Danke zu sagen. Einem wird
ganz warm ums Herz angesichts der Freundlichkeit, mit
der man unseren Außenminister am Balkan empfängt.
„My friend Sebastian…thank you very much Sebastian...“
Distanzierte Sachlichkeit sieht anders aus. Letztere wirft
spätestens den serbischen Außenminister Ivica Dacic beim
Abendessen über Bord: Kurz bekommt neben Cevapcici
auch einen Karaoke-Song vom Amtskollegen serviert – da
sag‘ nochmal jemand, Politik sei langweilig.
Erkenntnis Nummer zwei aus sechs Tagen Balkan: Kondition
ist wichtig. Während die mitreisenden Journalistinnen und
Journalisten morgens schlaftrunken beim Frühstück sitzen,
sie mittags schon das zweite Tief ereilt und sie spätestens
beim abendlichen Wirtschaftsempfang nur noch von ihren
Hotelbetten träumen, erscheint Kurz selbst immer topfit und
gut gelaunt bei der Sache. Ein verspäteter Flug „zwingt“
die Delegation zu einer einstündigen Pause am Flughafen
– während umgehend auf den Sofas Platz genommen
und wie hypnotisiert aufs Telefon gestarrt wird, geht der
Außenminister von Person zu Person, bietet Informationen
und Süßes an und fragt: „Soll ich jemandem ein Weckerl
holen?“
NÜSSE STATT LUXUSMENÜS
Apropos Weckerl – hier die Erkenntnis Nummer drei: Ein
Außenminister lebt ungesund. Eine solche Reise lehrt einen,
nie auch nur ein Häppchen auszuschlagen. Das erstbeste
Essensangebot ist das beste und sollte dankend angenommen
werden. Andernfalls läuft man Gefahr die nächsten
neun Stunden ohne Nahrung zu verbleiben. Die Nahrungsaufnahme
erfolgt spät abends – dann jedoch in großem Stil.
Sechsgängige Menüs mit allem, was das Land kulinarisch
zu bieten hat. Problematisch wird es, wenn man, wie im
Fall Kurz, keine Meereskost mag und in Albanien landet. In
diesem Fall empfiehlt es sich stets einige Nüsse parat zu
haben.
Abendbuffet made in Beograd
2 FAST 2 FURIOUS
Erkenntnis Nummer vier: Terminstress kann Leben gefährden.
Ein straffer Zeitplan und ein bisschen zu viel Geplauder
mit dem mazedonischen Außenminister erfordern rasches
Handeln, um den Rückflug nach Wien nicht zu versäumen.
Kurzerhand fährt der Minister im Journalistenbus mit –
etwas, womit der Fahrer nicht umgehen kann. Man fühlt
sich an Szenen aus 2 Fast 2 Furious erinnert, während man
- umringt von Polizeiautos und Sirenengeheul - durch die
Stadt rast und nur knapp einer Karambolage entkommt. Der
unkontrollierte Fahrstil bessert sich erst, als der Außenminister
reagiert: „Ich fürcht‘ mich so!“. ●
Dragan Tatić, Redaktion
24 / POLITIKA /
Grenzenlos realistisch
Österreich und eine Koalition der willigen Staaten
machen die Balkanroute dicht. Außenminister
Sebastian Kurz (ÖVP) über die neue Rolle Wiens
in Europa, Hilfe für Griechenland und warum
ihn die Lage in Syrien „total“ deprimiert.
Sieht sich als politischer Realist -
Außenminister Sebastian Kurz
BIBER: Durch die österreichische
Initiative kommen
immer weniger Flüchtlinge über
die Balkanroute. Wird Europas
Flüchtlingspolitik jetzt in Wien
gemacht?
SEBASTIAN KURZ: Unser Ziel
bleibt eine europäische Lösung
und wir tun insbesondere bei
den EU-Sitzungen in Brüssel
alles dafür, dass sie auch
kommt. Aber solange sie nicht
da ist, müssen wir nationale
und regionale Maßnahmen setzen.
Wir haben ein klares Signal
gesendet, dass der Zustrom
reduziert werden muss. Die
Staaten des Westbalkans helfen
uns dabei.
In Griechenland werden bald
zehntausende Flüchtlinge sein,
die nicht weiter ziehen können.
Was sollen die Griechen mit
diesen Menschen machen?
Griechenland hat bisher das
schnelle Weiterwinken nach
Mitteleuropa perfektioniert und
europäische Hilfe nur zögerlich
angenommen. Nun steigt
der europäische Druck auf die
Griechen. Griechenland kann
die Flüchtlingskrise natürlich
nicht alleine bewältigen. Europa
wird daher Hilfe leisten müssen
- beim Schutz der Grenze und
bei der Versorgung der Flüchtlinge.
Die furchtbare Lage in Syrien
beherrscht die Medien. Deprimiert
Sie das?
Ja total. Ich bin froh, dass
Österreich die humanitäre
Hilfe vor allem in Syrien, Irak,
Libanon und Jordanien vervierfachen
konnte. Es ist effizienter,
den Menschen vor Ort zu
helfen. Um einen Flüchtling ein
Jahr in Österreich zu versorgen,
können wir mit den gleichen
Mitteln 19 Flüchtlinge in der
Türkei helfen.
Es gibt Leute, die stellen Sie
aufgrund ihrer restriktiven
Flüchtlingspolitik und Obergrenzen
für Asylwerber auf eine
Stufe mit FPÖ-Chef Strache,
andere wiederum hätten viel
früher Taten erwartet. Was ist
Ihre Sicht?
Ich bin in dieser Frage weder
rechts noch links, sondern
einfach realistisch. Ich schätze
Österreichs Vielfalt und ich
kämpfe für Integration. Aber ein
Staat darf sich nicht aufgeben,
wenn er überfordert wird.
„Der Weg Bosniens in die EU
wird ein langer sein,“ haben Sie
in Sarajevo gemeint.
Aufgrund der schwierigen
politischen Struktur ist es in
Bosnien schwieriger, Reformen
durchzusetzen. Das Tempo ist
bei anderen Staaten schneller.
Zum Beispiel in Serbien. Dort ist
die Reformgeschwindigkeit im
Moment höher. Deshalb wurden
auch – auf österreichisches
Drängen hin – die ersten Kapitel
zu den EU-Beitrittsverhandlungen
eröffnet. ●
/ POLITIKA / 25
Gastkommentar von
Sepp Schellhorn
Der Hotelier und Neos-
Politiker Sepp Schellhorn
hat Flüchtlinge in
einem leerstehenden
Mitarbeiterquartier in Bad
Gastein aufgenommen.
Dort besuchen sie Deutsch-
Kurse, feiern das Fastenfest
und gehen mit dem
Alpenverein wandern. Wer
sich nicht an die Regeln
hält, fliegt.
Sepp
und seine Regeln
Anfang Juni stiegen
vor meinem Mitarbeiterhaus
in Bad
Gastein 32 Flüchtlinge aus
einem Bus. Der Busfahrer
ließ mich eine Bestätigung
unterschreiben, so als hätte
ich gerade eine Lieferung
Bier bestellt. Das Gepäck
der Flüchtlinge bestand
aus einem Plastiksackerl
mit Orangen und kaputten
Flip-Flops an den Füßen. In
sechs Monaten wurden wir
zu einer Gemeinschaft. Das
war nicht immer leicht, aber
eine lohnende Erfahrung für
uns alle.
32 Männer zwischen 17
und 47 Jahren aus Syrien,
dem Irak, Afghanistan,
Pakistan und Somalia lebten
in unserem Mitarbeiterhaus.
Keiner der Flüchtlinge
sprach Deutsch, nur wenige
Englisch. Die Bevölkerung
war skeptisch, der Bürgermeister
protestierte gegen
die Flüchtlinge in seinem
Ort. Wie haben wir es also
geschafft, das Zusammenleben
erfolgreich zu meistern?
OFFENE TÜREN
Zwei Mitarbeiter, Pauli
Hallander und Anni
Gahschitter, betreuten
die Flüchtlinge von
Beginn an und waren
rund um die Uhr vor
Ort und für Fragen und
Anliegen erreichbar.
DEMOKRATIE
UND SELBST
BESTIMMUNG
Jede Nation wählte
einen Sprecher, die
Sprecher wählten
einen „Bürgermeister“.
So wurde der syrische
Arzt Amjad zum Sprecher
der Bewohner.
Erfolgreiches Miteinander
lebt von Eigenverantwortung
und
Mitbestimmung– aber
nach unseren Regeln
der Demokratie.
KLARE, FÜR ALLE
GELTENDE REGELN
Wir haben eine Hausordnung
aufgestellt und dazu mit Piktogrammen
gearbeitet, etwa bei
der Mülltrennung. Wir haben
einen Putzplan erstellt und von
Beginn an eine Besucherregelung
festgelegt. Übernachten
durfte der Besuch nur in Absprache
mit Pauli und Anni.
KONSEQUENZEN BEI
REGELVERSTÖSSEN,
denn sonst hätten wir uns
die Regeln ja sparen können.
Wurde der Putzplan
nicht eingehalten, wurde das
wöchentliche Verpflegungsgeld
erst dann ausbezahlt, sobald
der Betreffende sein Zimmer
wieder in Ordnung gebracht
hatte. Bei Verstößen gegen die
Besucherregelung gab es eine
Abmahnung und bei wiederholten
Verstößen den Verweis
aus dem Haus – auch das
kam einmal vor.
BESCHÄFTIGUNG
UND STRUKTUR
Wir haben von Beginn
an den Tagesablauf
strukturiert. Es gab täglich
Deutschkurse und
wöchentliche Fixpunkte
wie den Koch- und Servicekurs
oder die laufenden
Treffen mit den
freiwilligen Helfern. Wir
haben nach den Ideen der
Flüchtlinge Events organisiert,
etwa das Fastenbrechenfest
und Wandertage
mit dem Alpenverein.
Wir haben uns auf die
Flüchtlinge gefreut und
gleichzeitig war uns
bewusst, dass das jetzt kein
Spaziergang wird. Ich glaube,
diese Haltung hilft und
macht Integration zu einer
Erfahrung, die alle Beteiligten
bewegt und für ihr
weiteres Leben prägt. ●
Ingo Pertramer
26 / MIT / POLITIKA SCHARF / /
RAMBAZAMBA
SUCHE: neuen Beschützer
Foto von Sebastian Freiler
/ MIT SCHARF / 27
BRAUCHEN FRAUEN
BESCHÜTZER?
28 / RAMBAZAMBA /
A
Der moderne Mann ist soft und überlegt sich zwei Mal,
ob er für seine Freundin Kopf und Kragen riskiert. Die
moderne Frau ist stark und will trotzdem beschützt
werden. Über die Sehnsucht nach dem Helden-Mann.
Von Delna Antia, Foto: Julie Brass
Männer, die Frauen beschützen, finden wir
ein wenig peinlich. Unser Swag ist soft!“,
kommentierte ein junger, gutaussehender
„Facebook-Freund“ aus Deutschland meinen Beitrag.
Ich hatte einen Zeit-Artikel auf meiner Seite geteilt
und möchte ihn auch hier empfehlen: „O Mann!“ von
Adam Soboczynski. Beim Kommentar des Freundes
dachte ich das Gleiche: O Mann?!?
Da es keine Berichte über Schlägereien in Köln
gegeben hat – zwischen den Angreifern und deutschen
Männern – geht der Zeit-Journalist, übrigens
Pole, der Sache auf den Grund. Sein Artikel
handelt von Köln, von gleichberechtigten Frauen
und neuen süßen Männern, die anscheinend nicht
gekämpft haben. Die ihre Frauen an der Hand
hielten und erstarrten, weil gar nicht süße Männer
das Händchenhalten nicht die Bohne interessierte.
Diese fremden Männer grapschten und belästigten
trotzdem! Einer der Schlusssätze von Soboczynski
erschüttert mich besonders: „Die meisten Männer
(nicht alle!) sind zwar aufgrund ihrer biologischen
Ausstattung schlagkräftiger als Frauen, aber unwillig
(und womöglich auch unfähig) zuzuschlagen.“
DER BESCHÜTZER IST TOT.
Stimmt das? Wollt ihr – nein schlimmer – könnt ihr
nicht mehr zuschlagen? Ich zitierte den Satz auf
Facebook und fragte: Wirklich??? Und der ehrliche
softe Swagger antwortete: „Wirklich. Meine Frau
musste mir erst beibringen, sie zu beschützen.
Sie ist damit übrigens noch nicht fertig. Meine
Freunde sind auch (fast) alle total verweichlicht.“
Na bum. Unsere Männer sind Weicheier. Ein Schlamassel.
Das Schlimmste, wir sollen selbst Schuld
daran sein. Der Zeit-Journalist postuliert: „Es gibt
den Beschützer in Deutschland nicht mehr. Natürlich
nicht. Der Beschützer ist aus weiblicher Sicht
doch eine lächerliche Figur (zumindest sagen das
die Frauen).“
Mir wird ganz anders. In Österreich wird das
nicht anders sein. Hier muss ein Missverständnis
vorliegen. Ist das die Konsequenz, nein, die
Nebenwirkung der Gleichberechtigung? Haben
wir euch zu stark klar gemacht, dass wir nicht
schwach sind? Haben wir euch zu oft angefaucht,
dass wir niemanden brauchen, der uns ernährt
und uns die Tür aufhält? Dass wir alleine Kinder
groß ziehen und alleine Geld verdienen können?
Dass wir einfach alles alleine können?
Anscheinend habt ihr uns ernst genommen.
Ihr habt euch in emanzipierte Männer verwandelt
– süß, verständnisvoll, weich. Ihr macht Zivildienst
und Papa-Monat, ihr tragt Skinny-Jeans und
zupft eure Augenbrauen. Wie wir, findet ihr laute
/ RAMBAZAMBA / 29
Macker-Machos peinlich. Ihr lasst uns endlich alleine
durch die Tür gehen. Und so selbstverständlich wie
wir Frauen die Restaurantrechnung übernehmen, so
selbstständig haben wir nun auch die Rechnung zu
tragen, die mit dem Frausein einherkommt. Wir müssen
uns selbst verteidigen. Gleiche Rechte, gleiche
Pflichten.
KEIN RECHT AUF
EINEN HELDEN
Während ich darüber nachdenke, werde ich blass
um die Nase. Soboczynski schreibt, dass Männer im
Patriachart noch bereit waren zu sterben. Sie hätten
für Frauen ihr Leben riskiert, wenn es darauf ankam.
Mich erinnert das an die Löwen-Doku, die
mich neulich feministisch
empört hatte. So wie das
königliche Löwenmännchen,
das den ganzen Tag
faulenzt und dann seinen
Jägerinnen eins mit
der Pranke überbrät,
falls sie gar
vor ihm etwas von der
Beute abhaben wollten, so
habt ihr uns einst unterdrückt.
Aber bei Angriff
eines Feindes wart ihr zur
Stelle – ihr habt eure Mähne
aufgestellt, gebrüllt und todesmutig
gekämpft. Damals im
Duell gab es keinen Rollenkonflikt. Ihr habt
beschützt. Kein Mann erwartete, dass Frau
das selbst erledigt. Wie auch? Sie war ja schwach.
Heute ist das alles nicht mehr so eindeutig. Weil
es keine Feinde gibt? Oder weil sich die Feinde
im deutschsprachigen Raum bisher stets kultiviert
genug verhielten, die Codes des Händchenhaltens
respektierten? Oder aber weil Frauen nun stark sind
– nämlich gesellschaftlich erstarkt. Hat nur die unterdrückte
Frau das Recht auf einen Helden? Ist für die
emanzipierte Frau der emanzipierte Mann nicht mehr
bereit zu sterben?
„Dieses männliche Imponiergehabe, das man
als Beschützer an den Tag legen muss, wurde uns
irgendwie abtrainiert. Wir sind eine Generation,
die gerne schlichtet, deeskalierend einwirkt oder
weitergeht, um Situationen zu entschärfen. Diesen
gefährlichen Typus Raubtier-Mann, der plump
und aggressiv fremde (auch vergebene) Frauen
anmacht, kennen wir aus dem Alltag kaum, also
„Hat nur die
unter drückte
Frau das Recht
auf einen
Helden?“
sind wir auch von ihm überfordert,“ erklärt mir der
softe Swagger, der übrigens ein großer, schlanker,
tätowierter Metal-Fan ist.
VERWEICHLICHT UND
VERWEIBLICHT
Stichwort „abtrainiert“. Mich erinnert das an die
öffentliche Debatte darüber, dass es unseren Jungs
an männlichen Vorbildern fehle. Im Kindergarten nur
Kindergärtnerinnen, in der Schule nur Lehrerinnen
und zu Hause – oft auch nur Mama. Denn in einer
emanzipierten Gesellschaft lässt man sich auch
scheiden, falls es überhaupt zur Ehe gekommen
ist. Unsere Nachwuchsmänner in Deutschland
und Österreich werden seit
geraumer Zeit also nicht nur verweichlicht,
sondern verweiblicht.
Gewalt und
Brutalität leben sie allemal
mit ihrem Daumen
aus, wenn sie Computerspiele
zocken. Soboczynski
beschreibt es so:
„Spätestens seitdem
die Wehrpflicht abgeschafft
worden ist, wüsste
ich von niemandem mehr,
der sich berufen fühlte,
ihn (den deutschen Mann)
zu stählen. Ein Junge, der auf dem
Schulhof einen Rivalen verdrischt, ist
eher ein Fall für die Psychologin und für
eine gute Dosis Ritalin, als dass Papi ihn für seine
Selbstbehauptung loben würde.“ Klar, ein Mann hat
heutzutage durch die Soft-Power seiner Worte zu
beeindrucken, nicht durch die Härte seiner Fäuste.
Gott sei Dank gibt es in Österreich die Wehrpflicht
noch, denke ich mir. Für die deutschen
Männer scheint sich immerhin meine Mutter berufen
zu fühlen, sie zu stählen. Sie postet in die Facebook-
Unterhaltung, in die sich inzwischen auch andere
Softies eingeklinkt haben, ein Youtube-Video des
legendären Kopfstoßes von Fußballgott Zinedine
Zidane. Als eine Art Tutorial schreibt sie dazu:
„Solche Typen find ich super - als Frau fühl ich mich
total wohl damit.“ Im Anblick von Zidanes Bereitschaft
seine eigene Schwester vor einem dreisten
Italiener zu verteidigen, schmelze ich natürlich sofort
dahin. Damals, nach der WM 2006, hatte ich ziemlich
lange darüber nachgedacht, Zidane zu heiraten.
Sein Stoß ging mir tief ins Herz. Was für ein Mann!
30 / RAMBAZAMBA /
Ohh!
er rettet
mich...
...Obwohl Sie
mehr Kohle
verdient.
/ RAMBAZAMBA / 31
Ein echter Beschützer.
Einer, der seinen Kopf,
nicht nur zum Reden einsetzt. (Was
jetzt bitte nicht heißt, dass er das
gar nicht tun soll. Er soll doch bitte
beides! – Ich weiß, Soboczynski schüttelt den
Kopf: Beides geht nicht.)
Mein Freund findet meine Zidane-Schwärmerei
auch etwas befremdlich. Wie Soboczynski, besitzt
er die Auffassung, dass Frauen sowas peinlich
finden. Ehrlich, wie kommen die zwei darauf? Hier
muss wahrhaftig ein Missverständnis vorliegen.
Am Montagmorgen in der Biber-Redaktion herrscht
nämlich traute Einigkeit unter den anwesenden
Frauen: Zidane ist unser Held. Männer, die Frauen
beschützen, sind fern von lächerlich, im Gegenteil.
Sie sind begehrt. Die jüngste biber-Redakteurin
„Ist für die
emanzipierte
Frau der
emanzipierte Mann
nicht mehr bereit
zu sterben?“
kichert: „Ehrlich gesagt, wenn sich ein Mann für
mich schlägt, fände ich das sexy.“ Da haben wir es.
Wie auch sonst könnte ein Raubein wie der griechische
Ex-Finanzminister zum weiblichen Sexobjekt
in Deutschland verkommen? Ganz einfach, weil sein
Rebellengehabe auf Männlichkeit schließen lässt.
Aber Rockys wie Zidane sind heute rar. Männer
sehen nicht mehr männlich, sondern zart aus – wie
Justin Bieber. Auch Vollbart und Tätowierungen helfen
da nichts. Wer seine Hosenbeine hochkrempelt,
um seine Knöchel zu präsentieren, wer sich im Bad
aufhübscht und im Studio aufpumpt, wer einfach
„schön“ sein will – der bewegt sich in weibliches
Terrain. Und da wir Frauen uns in Männerdomänen
behaupten, passt das ja auf verkehrte Weise
irgendwie zusammen. Bis die Raubtiermänner in
Köln angriffen.
MÄNNER SIND KÖRPERLICH
STÄRKER
„Männer, beschützt uns!“ Wir sind fünf
Frauen im Redaktionsmeeting, jede von uns
hat auf irgendeine Weise schon
sexuelle Übergriffe erfahren,
und alle wollen beschützt
werden. Angesichts der
Vorfälle von Köln umso
mehr. Ja Jungs, ihr werdet
gewollt und gebraucht!
Warum? Ganz
einfach, körperlich
seid ihr stärker.
Von Mann zu Mann
verteidigt es sich besser.
Natürlich, in einer Situation
wie am Kölner Bahnhof,
wo es um große Gruppen
von Angreifern geht, wo
nicht klar ist, ob Waffen wie Messer mit
von der Partie sind, ist das einfacher gewünscht als
getan. Aber hier geht es um den Gedanken, um das
Gefühl, um das Selbstverständnis. Insgeheim wollen
wir gar nicht so stark sein, wie wir tun. Wir wollen
uns sicher fühlen. Harte Schale, weicher Kern. Das
sind wir Frauen heute.
Vielleicht sind wir scheinheilig. Vielleicht fordern
wir Frauen das eine und wünschen uns das andere.
Vielleicht ist es so, dass wir uns früher umgeben
von Patriarchen und Unterdrückern stets einen
sensiblen, verständnisvollen und feinsinnigen Mann
wünschten. Einen, der ein bisschen mehr ist wie
32 / RAMBAZAMBA /
Wir stellen Ihre Welt auf den Kopf
young
urban
jewish
www.wina-magazin.at
/ MIT SCHARF / 33
wir. Aber heute, wo in
Deutschland und Österreich
die Gleichberechtigung auf so
hohem Niveau verläuft, da sehnen
wir uns wieder nach dem Mann. Mit
einer Single-Freundin unterhielt ich mich letztens
über einen Bekannten. Der sei Psychologe beim
Bundesheer. Eine tolle Kombination, analysierten
wir – als Psychologe sicher einfühlsam, als Soldat
mit Nahkampfausbildung extrem männlich. Einer, der
beides vereint.
Aber nicht nur Männer sind kampfbereit. Meine
bosnische Kollegin besteht darauf, zu erwähnen,
dass auch sie für ihren Mann sterben würde. Wehe
dem, der ihn angreift, denke ich mir beeindruckt von
ihrer Vehemenz. Sind nun sogar Frauen die besseren
Beschützer? Zivilcourage, sagt sie, sei laut Studien
„Dieses
männliche
Imponiergehabe
wurde uns
irgendwie
abtrainiert.“
gerade bei Frauen sehr ausgeprägt. Das Stichwort
– ein weiterer deutscher Mann kommentiert meinen
Facebook-Beitrag: „Beschützen ist top, nennt sich
Zivilcourage. Das darf aber jeder tun, ob männlich
oder weiblich, mit dem Opfer liiert oder unbekannt,
einfach jeder, der den Mut aufbringt. Peinlich wird‘s
erst, wenn man meint, das wäre Männeraufgabe.“
Hm, denke ich mir. Recht hat er, klar, jeder kann
beschützen. Ich weiß selbst um meinen Beschützerinstinkt
–bei jungen biber-Stipendiatinnen führe
ich mich öfters auf wie die Henne vor der Brut. Aber
gegen Männer kämpfen? Mein Bizeps wird immer
schwächer sein als ihre.
DER BESCHÜTZER
IST AUSLÄNDER.
Ich forsche noch ein bisschen weiter. Wie verhalten
sich die Bizepse in der biber-Redaktion? Hier sind
deutsche und österreichische Männer bekanntlich
unterrepräsentiert. Und Zidane war ja auch
Ausländer. „Haut ihr zu?“, will ich wissen.
Nachdenkliches, dann bestimmtes „Ja!“ Ob
Ungar, Bosnier, Pole oder Türke,
ihre Antworten ähneln sich.
Den Konflikt suchen sie nicht,
aber wenn es sein muss,
dann hat ein Mann zu
tun, was ein Mann zu tun
hat: beschützen. „Österreichische
Männer sind
Pussys. Natürlich will
ich auch nicht 24
Stunden den Beschützer
geben, aber wenn es drauf
ankommt, dann gibt’s eine,“
so einer meiner Kollegen.
Sind Ausländer die echten
Männer? Dann wird Integration
zum zweischneidigen Schwert.
Immerhin gibt es Berichte darüber, dass eine Gruppe
von syrischen Männern den Frauen in Köln geholfen
habe.
Dann meldet sich der softe Swagger wieder auf
Facebook. Ich hatte ihn gefragt, was angesichts von
Köln zu tun ist. Wie Männer – und auch Frauen – nun
reagieren sollen? „Pfefferspray. Und Mund aufmachen.
Vor allem, gilt für Männer: Einsehen, dass
man in bestimmten Situationen eingreifen muss.“ Na
bitte. Es steckt also doch ein Beschützer im weichen
Mann?!
Hoffentlich. Nur gut, dass mein Freund Jugo ist. ●
34 / RAMBAZAMBA /
Der Anker-Doppler
zum Teilen.
/ MIT SCHARF / 35
Die Heldin in
DIR!
Frauen brauchen
keine Beschützer,
sondern Respekt.
Wir ziehen unseren
Hut vor den
Superheldinnen
des Alltags.
Caroline,
die Rastlose
Physiotherapeutin und
Softball-Spielerin, 30
Als Obfrau der Vienna
Wanderers, des
größten Baseballund
Softballvereins
Österreichs, weiß sie
sich in Männerdomänen
durchzusetzen.
Benachteiligung –
kennt sie nicht.
Von Doina Boev,
Suzana Knezevic,
Veronika Lukashevich
BIBER: Was gilt für dich als weiblich?
CAROLINE: Ich glaube wir denken oft viel
zu sehr in Stereotypen. Attribute wie Stärke
oder Schönheit sind nicht ausschließlich
Männern oder Frauen zuzuordnen.
Kann man eine gute Mutter sein, wenn man
beruflich erfolgreich ist?
Klar. Das habe ich so vorgelebt bekommen.
Voraussetzung ist wohl ein gutes Zeitmanagement
und eine gewisse Konstanz und
Willenskraft.
Verdienst du genauso viel wie deine männlichen
Kollegen?
Ja. Wir haben in meinem Beruf als Physiotherapeuten
im Angestelltenbereich denselben
Verdienst und in der Freiberuflichkeit kann
jeder sein Honorar frei wählen.
Wann hast du dich als Frau das erste Mal
benachteiligt gefühlt?
Kann mich an keine Situation erinnern, in der
ich bewusst eine Benachteiligung gegenüber
Männern erfahren musste. Ich habe mich
schon immer auf die Hinterbeine gestellt und
gewusst, wie ich mich behaupten kann.
Wie wichtig ist dir dein Aussehen?
Es ist mir wichtig fit zu sein und dafür tu ich
dann auch gerne was. Mein Beruf hält mich fit
und das Mehr, das für meinen Sport notwendig
ist, erledige ich am Sportplatz und mit Workouts.
Tobias Schenk, Nuša Košar, Stephan Doleschal, Zoe Opratko
36 / RAMBAZAMBA /
Janet, die Meisterin
der Balance
Tänzerin & Kaufmännische
Angestellte, 21
Wichtiger als das Aussehen ist ihr die
Ausgewogenheit zwischen Körper und
Geist – der Tanz dient dabei als das
verbindende Element.
BIBER: Was gilt für dich als
weiblich?
JANET: Das Weibliche wird wohl
eher als fühlend, dass Männliche
eher als das Logische angesehen.
Wenn Männer gesagt
bekommen, sie dürfen nicht
weinen, weil Männlichkeit gleich
Stärke ist und Frauen schwach
und hilfsbedürftig sein sollen –
dann ist beides falsch. Jeder soll
entscheiden, welche Attribute er
annimmt.
Kann man eine gute Mutter sein,
wenn man beruflich erfolgreich
ist?
Ja. Ich denke, es geht darum,
ob du glücklich bist – mit deinem
erfolgreichen Karriereleben oder
deinem Dasein als Hausfrau. Erst
dann kannst du eine gute Mutter
sein. Die Balance ist wichtig.
Verdienst du genauso viel wie
deine männlichen Kollegen?
Im Moment gibt es in meinem
Beruf nur einen Mann – das ist
der Manager. Der verdient natürlich
mehr. Im Tanz verdienen
ausnahmslos alle gleich viel, ja.
Wann hast du dich als Frau das
erste Mal benachteiligt gefühlt?
In sehr jungen Jahren habe ich
schon gemerkt, dass Jungs das
machen, was sie wollen und
dafür nicht verurteilt werden.
Wenn sie sich schlecht benehmen,
ist das lustig. Als Frau ist
man nicht so frei. Ob es nun um
Manieren geht oder um Sexualität.
Wie wichtig ist dir dein Aussehen?
Ich finde es wichtig, mich äußerlich
gut zu fühlen. Wichtiger ist
mir jedoch mein Inneres – zu
reflektieren, mich sehr viel mit
allgemeiner Psychologie auseinanderzusetzen.
Ich versuche
immer die beste Version meiner
selbst zu sein – dazu gehört
Sport, Ernährung, Schminke,
Style und das Innere.
/ RAMBAZAMBA / 37
Sabine, der Silberstreif
am Horizont
Psychotherapeutin und ehemalige Pilotin, 58
Als Pilotin und Inhaberin einer Flugcharterfirma
weiß Sabine, wie man abhebt, ohne den Boden
unter den Füßen zu verlieren.
BIBER: Was gilt für dich als weiblich?
IULIA: Dies ist in der Biologie der unterschiedlichen Geschlechtsmerkmale
begründet, Männer befruchten mit ihrem Samen die
weiblichen Follikeln, Frauen tragen die daraus entstehenden
Kinder aus und gebären sie. Der Rest ist eine Übereinkunft von
Geschlechterrollen.
Kann man eine gute Mutter sein, wenn man beruflich erfolgreich
ist?
Selbstverständlich. Beruflich erfolgreich zu sein heißt, dass Mütter
und Väter über ausreichend finanzielle Ressourcen verfügen, um
professionelle Unterstützung beim Heranwachsen der Kinder zu
lukrieren und um die Freizeit als qualitätsvolle Familienzeit auszufüllen.
Verdienst du genau so viel wie deine männlichen Kollegen?
Wahrscheinlich nicht, da ich aber selbständig berufstätig bin,
kann ich das nicht genau evaluieren. Das „Wahrscheinlich“ liegt
darin begründet, dass ich auf Grund meiner töchterlichen Rolle in
meiner Familie nicht angehalten wurde, mögliche Karrierechancen
zu erkennen und diese auch konsequent zu verfolgen.
Wann hast du dich als Frau zum ersten Mal benachteiligt gefühlt?
Ich entstamme einer Unternehmensfamilie, in der es seit Generationen
selbstverständlich war, dass der 1. Sohn dieses übernehmen
wird, die ältere Schwester für die Rolle der Angestellten als
Unterstützerin des Bruders vorgesehen ist. In der jetzigen Generation
ist dies kein Dogma mehr.
Wie wichtig ist dir dein Aussehen?
Leider sehr, ich würde mein Aussehen gerne entspannter sehen.
Iulia,
die Vagabundin
Straßenmusikerin, 31
Als Iulia erfuhr, dass es den weiblichen Aborigines
verboten war auf dem Didgeridoo zu spielen, dachte
sie sich: Jetzt erst recht!
BIBER: Was gilt für dich als weiblich?
IULIA: Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Weiblichkeit
und Männlichkeit sich ineinander vermischen. Grundsätzlich
assoziiere ich die Weiblichkeit mit dem mütterlichen
Gefühl und die Männlichkeit mit der Jagd.
Kann man eine gute Mutter sein, wenn man beruflich
erfolgreich ist?
Vielleicht kann eine Frau eine gute Mutter sein, während
sie beruflich erfolgreich ist, aber nicht ich. Ich habe zurzeit
keine Kinder, aber kenne eine Japanerin, die Künstlerin ist,
vier Kinder hat und eine super Mutter ist.
Verdienst du genauso viel wie deine männlichen Kollegen?
Wenn man als Straßen-Musiker arbeitet, dann verdient man
grundsätzlich das Geld draußen, auf der Straße, da gibt´s
keine Unterschiede.
Wann hast du dich als Frau das erste Mal benachteiligt
gefühlt?
Ich bin sehr viel alleine gereist. Mehrmals wurde mir Sex
angeboten, den ich selbstverständlich absagte. Das würde
einem Mann nicht passieren.
Wie wichtig ist dir dein Aussehen?
Die Gesellschaft hat die Vorstellung konstruiert, dass eine
Frau gepflegter als ein Mann sein muss. Als Straßenmusikantin
ist es sehr wichtig, gepflegt auszusehen. Wenn
man zerfetzte Klamotten trägt, da könnten die Menschen
denken, dass man eine Bettlerin ist.
38 / RAMBAZAMBA /
Nathalie, die
modebewusste Athletin
Modedesignerin und CrossFit Athletin, 24
In einem Kraftsport wird man als Frau oft
belächelt, doch Nathalie lacht sich ins
Fäustchen, denn: „Ich weiß ja, was ich kann!“
BIBER: Was gilt für dich als weiblich?
NATHALIE: Weiblichkeit ist für mich Einfühlungsvermögen, sensibel
sein, Anmut, eine besondere Ästhetik, ein runder Po, unlogisch denken,
lange Wimpern. Ich glaube Stärke und Taff-sein sind Eigenschaften,
die dem weiblichen Geschlecht mindestens genauso wie dem
männlichen zuzuschreiben sind.
Kann man eine gute Mutter sein, wenn man beruflich erfolgreich ist?
Ich denke, man kann dann eine wirklich gute Mutter sein, wenn man
glücklich (in der Situation) ist und dazu gehört auch die Möglichkeit
sich selbst zu entfalten.
Verdienst du genauso viel wie deine männlichen Kollegen?
Ach, ja ich denke ich verdiene als (studierende) Selbstständige kurz
nach meinem ersten Gründungsjahr gleich wenig wie meine männlichen
selbstständigen Kollegen. Die Möglichkeit das beruflich auszuleben,
was schon seit vielen Jahren tief in einem brennt, ist mit Geld
nicht aufzuwiegen.
Wann hast du dich als Frau das erste Mal benachteiligt gefühlt?
Ich hatte immer starke Frauen als Vorbilder in meiner Familie und
konnte mich und meine Ideen immer verwirklichen. Obwohl man
als Frau in einem Kraftsport auch oft nicht ernst genommen, unterschätzt
oder belächelt wird, stört mich das nicht.
Wie wichtig ist dir dein Aussehen?
Ich habe ein Faible für Ästhetik, Farben und Mode. In meinem Sport
geht es zwar viel um Leistungserfolge, aber natürlich auch um den
Wohlfühl-Faktor, den Körper fit und straff zu halten und sich in der
eigenen Haut wohl zu fühlen.
Wir halten zusammen.
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/ MIT SCHARF / 39
Ganz schön
erfolgreich
Das Bademode-Label
Margaret and Hermione
recycelt Fischernetze
und macht daraus fair
produzierte Schwimmmode
mit handgezeichneten
Prints. Die zwei Wienerinnen
Barbara Gölles und
Andrea Köller gründeten
die Marke 2015. www.
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Studieren statt
saunieren.
Von Alexandra Stanic
Karriere
& Kohle
Meinung:
Frauen,
unterstützt euch!
„Wenn eine Frau einen Raum betritt, checkt sie
zuerst alle anderen Frauen ab: Wer ist jünger,
sieht besser aus oder wirkt erfolgreicher?“, hat
mir mal eine Psychologin erklärt. Natürlich ist
das total pauschalisiert, aber steckt nicht doch
ein Funken Wahrheit drinnen? Manchmal habe
ich nämlich das Gefühl, das Konkurrenzdenken
wäre bei Frauen ausgeprägter als bei Männern.
Als müssten manche ihren Kolleginnen
mehr beweisen als sich selbst oder ihrem
Chef. Dann wäre da ja noch der Neid und die
damit einhergehenden Lästereien. „Die hat
sich sicher hoch geschlafen“ hat doch jeder
schon mal gehört. Ich habe mich selbst auch
dabei erwischt, wie ich sage: „Die hat den Job
sicher nur wegen ihrer Beziehungen.“ Vielleicht
kennt ihr Vater wirklich jemanden, das
muss nicht zwangsläufig heißen, dass sie ihre
Arbeit nicht gut macht. Wir Frauen verdienen
heutzutage noch immer weniger als Männer,
von Gleichberechtigung keine Rede.
Wir sollten uns unterstützen und einander
glänzen lassen. stanic@dasbiber.at
Flop
des Monats
Passend zum Weltfrauentag
am 8.3. und zum Equal Pay
Day am 31.3.: Laut Statistik
Austria verdienen Frauen in
Österreich um 24 Prozent
weniger als Männer.
Tipp:
Die Initiative „Österreich
sucht die Technikqueens“
der OMV
richtet sich vor allem an
Mädchen zwischen 14
und 16, die bis dato kein
besonderes Interesse
an Technik hatten. Wer
mitmachen möchte, hat
noch bis 8. April Zeit sich
auf www.technikqueen.
at anzumelden.
3 Fragen an
Kerstin Brüller
Illustratorin und Grafikerin
Wann hast du das erste Mal Geld
mit Zeichnen verdient?
Das war 2008. Mit einem
gerahmten Namensschild hab ich
damals stolze 20 Euro verdient
und war überglücklich. (lacht)
Mit welchen Problemen hast du
in deinem Job zu kämpfen?
Das größte Problem ist, als
professionelle Illustratorin
wahrgenommen zu werden.
Oft bekomme ich Anfragen,
Illustrationen gratis anzufertigen.
Der Beruf wird mehr als
Freizeitbeschäftigung gesehen.
Was machst du, wenn du eine
Zeichenblockade hast?
Ich weine dann. Das ist eine
ziemliche Belastung und nach
dem Weinen habe ich meinen
Kopf wieder frei und finde zu mir
selbst zurück.
Fotos : Ines Futterknecht, pixabay, bereitgestellt
40 / KARRIERE /
KARRIERE NEWS
Muskeln und Maurer
Ende Februar fand im Lehrbauhof Ost
in Guntramsdorf das österreichweite
Baulehrlingscasting statt. Wir waren dabei
und haben mit dem Gewinner gesprochen.
www.bernhardwolf.at
junge Lehrlingsanwärter
zwi-
60
schen 14 und 18 Jahren
stellten in verschiedenen
Disziplinen ihr Können
unter Beweis. Dabei
erforderte der Wettkampf
nicht nur Muskelkraft und
körperliche Fitness, auch
in den Fächern Mathematik,
Deutsch und Allgemeinbildung
konnten die
Teilnehmer Punkte sammeln. Der Hauptpreis ist eine fixe Lehrstelle
bei einem Bauunternehmer nach Wahl des Gewinners. Bei dem
Casting waren Chefs verschiedener Bauunternehmen anwesend, um
die angehenden Lehrlinge unter die Lupe zu nehmen und dem einen
oder anderen der jungen Männer Visitenkarten zuzustecken.
ANSTRENGEND ABER AUCH COOL
Einige haben direkt einen Lehrlingsplatz ergattert. Übrigens werden
die Jungs einmal nicht schlecht verdienen: Im ersten Lehrjahr
bekommen sie schon 912 € im Monat, im vierten sind es schon
2.053 € im Monat.
Gewonnen hat das
Baulehrlingscasting
2016 der 15-jährige Ben
Krotscheck. „Es macht
einfach Spaß, etwas mit
den eigenen Händen zu
schaffen. Es ist einfach
ein geiles Gefühl, wenn
man etwas vor sich hat,
Bau-Chefs waren auch anwesend, um
den angehenden Lehrlingen über die
Schulter zu schauen.
Die Jungs konnten ihr Können direkt
unter Beweis stellen.
das man alleine erschaffen
hat. Das mag ich an
diesem Beruf. Sicher ist
es anstrengend, aber
eben auch sehr cool“, erzählt der Gewinner über seine Berufswahl.
Bist auch du an einer Lehre am Bau interessiert?
Auf www.baudeinezukunft.at findest du alle wichtigen Infos.
CareerFAiR 2016
Focus on
Central
&
Eastern Europe
26. April 2016
9.00–19.00
FH Campus Wien
1100 Wien
FREE ENTRY
Interaktiver Networking-Event
mit
Workshops
ExpertTALKS
CareerLOUNGE
Recruiting & Networking AREA
(mit vor-Ort-Rekrutierung)
und
International Multilingual LOUNGE.
For more information:
www.nyc.co.at
/ KARRIERE / 41
Helfen will
gelernt sein
Die „Akademie der Zivilgesellschaft“
ist ein neuer Gründungsservice für
Freiwilligenprojekte, initiiert von
der VHS Wien. Wir haben mit der
Direktorin, Brigitte Pabst, über
den Lehrgang gesprochen.
Fellows gesucht!
„Teach for Austria“ ist ein Netzwerk, das Hochschul-
Absolventinnen aus verschiedenen Fachrichtungen für
zwei Jahre an sogenannten „Bennpunktschulen“ unterrichten
lässt. Die Initiative wendet sich ganz bewusst
an selektierte Top-Performer und nicht an Akademiker,
die sonst keinen Job finden. Die sogenannten „Fellows“
sollen Jugendlichen ein gutes Beispiel sein und so
Bildungsmängel verringern. Sie kommen oft in Problemschulen
zum Einsatz und wirken so gleichzeitig an einer
Aufwertung des Lehrerbilds mit. Im Jahr 2016 stehen
maximal 50 Plätze zur Verfügung, bis zum 20. März
kann man sich bewerben! Mehr Infos unter
www.teachforaustria.at
COPA CAGRANA:
Bald besser als in Rio!
Direktorin Brigitte Pabst erzählt von der neuen
Initiative der VHS Wien
Die „Akademie der Zivilgesellschaft“ ist ein
Angebot für engagierte Wiener und Wienerinnen,
die ein eigenes Projekt entwickeln
möchten und dabei Starthilfe benötigen.
Voraussetzungen für die Teilnahme gibt es
keine. Wichtig ist die Bereitschaft, einen
Beitrag für ein friedliches und nachhaltiges
Zusammenleben in Wien leisten zu wollen.
Zweimal im Jahr werden zwei parallel laufende,
dreimonatige Zertifikatslehrgänge (Wochentags-
und Wochenendlehrgang) angeboten. Sie
gewähren den Ehrenamtlichen eine Plattform,
um Kompetenzen und Fertigkeiten in den
Bereichen des Projektstarts, Managements,
der Öffentlichkeitsarbeit und der Teamleitung
zu erlangen bzw. zu stärken und dabei Erfahrungen
zu sammeln. Im Zuge des Lehrgangs
bietet sich die Gelegenheit, Kontakt zu Institutionen
aufzunehmen, um eine mögliche Kooperation
zu initiieren. Zusätzlich zu den Modulen
wird ein Workshop für Unternehmen und NGOs
zur Verfügung gestellt. Mehr Infos gibt es
unter: www.zivilgesellschaft.wien
Ulli Sima:„Die Copa war jahrelang ein Schandfleck!“
Jedem Wiener sollte die Copa Cagrana in Wien ein Begriff
sein. Sie war lange der Inbegriff einer verpassten Chance,
eine attraktive Sommerlocation zu errichten. Nach langem
Rechtsstreit mit dem Pächter ist nun der Weg für einen
Neustart geebnet. Für die zuständige Umweltstadträtin Ulli
Sima war der Abriss der letzten Hütten eine Freude: „Unsere
Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt: Die Copa war jahrelang ein
Schandfleck – und nun können wir die Flächen endlich neu
gestalten.“ Ein Realisierungswettbewerb wurde bereits ausgeschrieben,
wir dürfen uns also auf einen neuen Ort für schöne
Sommerabende freuen.
Christoph Schlessmann, Christian JOBST
42 / KARRIERE /
WAS FRAU BEWEGT
Ready for Take Off
Von Delna Antia und Tina Herzl (Fotos)
Jetset oder Zen? Ruhm oder Reichtum? Romantik oder
Samenbank? – 1 Tag, 1 Auto, 1 Flugzeug, 1 Thema – und 4
Frauen, die losfahren, den Kopf frei kriegen, ordentlich PS
genießen und sich austauschen; darüber: Was Frau bewegt.
Diesmal: Karriere machen.
/ LIFESTYLE / 43
Treffen sich zwei Karriere-Ladies auf einen Kaffee. #highfly
Wer mit Karrierefrauen über Karriere redet, landet
früher oder später an diesem Punkt: Männer. So
easy der Höhenflug auch dahingleiten mag, bei
diesem Thema rüttelt es im Getriebe. Kind und Karriere –
kein Panikanflug. Das kriegen wir navigiert. Aber Romantik
und Karriere? Roger, bitte kommen.
„Ich hatte bis dato noch keine Beziehung, in der sich
der Partner durch meinen Erfolg früher oder später nicht
eingeschüchtert gefühlt hat,“ erzählt Laura. Dabei könne
ihr Co-Pilot auch ein barfüßiger Bio-Gärtner sein. Hauptsache,
er habe ein gutes Herz statt Komplexe in der Brust
pochen. Denn Laura ist erfolgreich. Ihre Altitude sorgt für
Bewunderung sowie für Höhenangst. Mann hat es schwer,
mitzuhalten.
Die Überfliegerin mit blondem Haar und grünen Augen
ist 25 Jahre jung, seit 10 Jahren im Geschäft, seit 5 Jahren
selbstständige Unternehmerin und seit letztem Jahr
„Woman of the Year“-Preisträgerin. Diese Erfolgsrechnung
geht auf ihr Atelier für Gestaltung. Das Business floriert –
wie ihr Kleid. Angefangen hat alles, als sie 15 war und die
Flyer für den Volksgarten-Club zeichnete. Heute ist sie 25
und total „zen“. Wir staunen. Statt nach immer mehr Sternen
greifen zu wollen, ist sie zufrieden. „Ich habe keinen
Mangel, ich habe alles, was ich brauche.“ Sie will nicht
höher, schneller, weiter, sondern schlicht den Kurs halten.
„Es soll so bleiben. Denn mein Beruf ist wie jeden Tag
Weihnachten, ich beschenke die Leute mit Design.“
Für uns ist heute auch Weihnachten. Wir dirigieren
ein Wunschkonzert auf dem Rollfeld des Flughafengeländes
von Diamond Aircraft in Wiener Neustadt. Unsere
Geschenke sind ein Mercedes C220 dC, ein Diamond
Flugzeug DA62 und eine Landebahn, wo wir die Abkürzung
nicht kennen. Wir lassen die Propeller rotieren, die Motoren
röhren und posieren auf Tragflächen und Heckklappen.
Herrlich. Fritz, der Pilot, besorgt sich sicherheitshalber ein
Packerl Marlboro.
ERFAHRUNGSGEIL
„Ich habe immer das Bild einer Jet-Setterin vor
meinen Augen.“ Irina, gerade in Bondgirl-Pose
zwischen Silberpfeil und Silberblitz, erklärt uns
ihre Karrierephilosophie. Die 28-jährige Marketingmanagerin
sieht ihre berufliche Laufbahn als
Persönlichkeitsentwicklung. „Ich bin ‚erfahrungsgeil‘,“
lächelt sie. Sie möchte so viel wie möglich
erleben, international herumkommen. „Ich will
reicher werden am Leben!“ Dafür ist sie auch
bereit, sich selbst zu disziplinieren. Zeitmanagement,
für sie das A und O. „Ich habe mich mit
Ayurveda beschäftigt, seither stehe ich um 5.30
Uhr morgens auf, um 3-4 Stunden Zeit in der Früh
für mich zu haben.“ In dieser Zeit räumt Irina die
Wohnung auf, begleicht ihre Rechnungen oder
kommt einfach zu sich. Zeit einzuplanen, wo sie
nicht plant; sie weiß, dass sie das braucht.
Laura nickt. „Um kreativ zu sein, brauchst du
2 Frauen, 2 Kleider, 2 Karrieren = Viele Wege nach oben #9gangautomatik Zeit zu beobachten!“ Sie zieht sich daher einmal
44 / LIFESTYLE /
Der Überflieger
Unser Testwagen: Der Mercedes C220dC
Wunderschöner Coupé in elegantem
Design und mit Sinn für Service an
Bord: Gurtbringer, Spurhalteassistent,
Rückfahrkamera samt AMG-Line-Interieur. Das
großzügige Panoramaschiebedach lässt den
Himmel ins Cockpit
9-Gang Automatik-Getriebe,
-Hinterrad-Antrieb, Diesel
2.143 ccm / 4-Zylinder / 125 KW / 170 PS
Dieses Auto wurde im Rahmen
einer Kooperation mit Mercedes zur
Verfügung gestellt.
Jet-Setterin entsteigt Coupé. Sieht aus wie einem Bond-Film entsprungen,
ist aber natürliche Eleganz #wirkönnennichtanders
im Jahr für 4 Wochen alleine in eine Waldhütte zurück: Kein
Telefon, kein Internet, kein Make-Up. Laura pflegt so ihr
Inspirationsvermögen. Zurück in der Welt, vergräbt sie sich
allerdings nicht. „Zeigen“ sei für sie ein wichtiges Erfolgs-
Instrument – gerade im Social Media. Wobei ihr wichtig ist,
dass nicht sie im „Pseudo-Celebrity“-Blitzlichtgewitter im
Fokus steht, sondern ihre Arbeit.
Bei uns herrscht gewolltes Blitzlichtgewitter. Denn wie
setzt Frau ein edles Teil gekonnt in Szene? Genau, mit dem
richtigen Accessoire. Und es scheint kein Besseres für
einen silbernen Mercedes Coupé zu geben als eine silberne
Propeller-Maschine. Was für eine Kombo! Der Wagen ist
aber nicht nur von Außen ein Hingucker. Das Cockpit ist für
Bodenpilotinnen wie gemacht. Die Gurte werden automatisch
nach vorne gefahren, das Glasdach lässt den Himmel
herein und die Lederausstattung ist so edel wie komfortabel.
Entspannen Sie sich und lehnen Sie sich zurück. Das
Fahrgefühl entpuppt sich so aerodynamisch wie das Design
und wir sind uns sicher, sobald wir die Türen öffnen, heben
wir ab.
Allerdings, viel Platz ist nicht. Der „4-Sitzer“ ist
keine Familienkutsche, hier hat wahrlich allemal
ein Barfüßiger auf der Rückbank Platz. Wobei wir
wieder bei Männern sind. Roger, bitte kommen.
MÄNNER BRAUCHEN
WIR NICHT.
„Ehrlich gesagt, verstehe ich die Diskussion
nicht.“ Irina sieht ihre Karriere nicht als rotes
Tuch für männliche Ego-Gefühle. Im Gegenteil.
„Ich habe immer Männer gehabt, die mich sehr
unterstützt haben. Mein jetziger Partner fordert
mich eher heraus.“ Irina hat mit 23 Jahren ihren
ersten fixen Job im Marketing erlangt, heute ist
sie 28 und erfahrene Marketingmanagerin. Sie
hat in ihren Führungspositionen gelernt, dass sie
das, was sie von sich fordert, nicht von anderen
fordern kann. Auch nicht von Partnern.
Allerdings stimmt Irina zu: Von „brauchen“ kann keine
Rede mehr sein. „Meine Mutter hat mir in Bulgarien vorgelebt,
wie Karriere und Muttersein zusammen funktionieren.
Bevor ich also in einer unglücklichen Beziehung lebe, ziehe
ich mein Kind alleine groß.“ Wow. Hier sitzen zwei Frauen
vom Angela-Merkel-Kaliber am Steuerknüppel. Die Vorstellung
der allein erziehenden Mutter wird nicht nur selbstverständlich
diskutiert, sie wird auch entdramatisiert. „Auch
das schaffen wir.“ Es gäbe ja Samenbanken, zwinkern sie.
Männer werden nicht mehr gebraucht. Roger, es wird ernst!
Doch Irina hat immerhin nichts dagegen einen aus Liebe
zu heiraten.
Die Romantik ist nicht tot. Wir kuscheln uns in das Karrieremobil
und fahren nach Hause in den Sonnenuntergang.
Ready for landing, Ladies. Over and out. ●
PS: Wer ist Roger?
Die Pilotin und ihr Cockpit. Für Laura zählen innere Werte.
#abhebenstattabgehoben
/ LIFESTYLE / 45
Technik
Alt+F4 und der
& Mobil
Tag gehört dir.
Von Adam Bezeczky
Meinung:
Leben bleibt
gefährlich
In den USA tobt ein Streit zwischen
Apple und dem FBI. Apple soll sein
eigenes Betriebssystem hacken, damit
das FBI an die verschlüsselten Daten
der San-Bernardino-Attentäter rankommt.
Apple weigert sich und befürchtet,
fortan ständig Sicherheitsfeatures
der eigenen Handys wegen staatlicher
Anfragen umgehen oder mit Hintertüren
versehen zu müssen. Totaler
Zugriff würde totale Kontrolle bedeuten.
Kryptografie zieht eine rote Linie gegen
den Datenhunger - vielleicht ist das gut
so. Denn wie wir seit den Enthüllungen
von Snowden wissen, bedeutet die
totale Überwachung noch lang keine
Garantie gegen den Terror oder gegen
Verbrechen. Wir – die Öffentlichkeit,
die ständig nach mehr Sicherheit und
Überwachung schreit - werden uns also
damit abfinden müssen, dass das Leben
ein Risiko bleibt. bezeczky@dasbiber.at
Mit Handys gegen Erdbeben
Forscher der Berkeley-Uni haben,
gemeinsam mit den „Innovation Labs“
der Deutschen Telekom, eine App
entwickelt, die Erdbeben vorhersagbar
machen könnte. Die App nutzt die
Beschleunigungssenoren in Handys,
Erdstöße zu registrieren. Verschiebungen
in der Erdplatte werden durch
kleine Erschütterungen vorangekündigt,
die das Handy aufzeichnet und
an eine zentrale Weiterleitet - eine
Echtzeitwarnung soll in Zukunft so
möglich werden. Die MyShake-App ist
gratis im Google Play Store erhältlich.
Sauberes Wasser mit Sonnenlicht
Sauberes Wasser ist in vielen Gegenden der Welt
immer noch Mangelware. Das österreichische Startup
Helioz hat mit WADI ein Gerät entwickelt, mit
dem in einfachen PET-Flaschen – mit Hilfe der Sonnenstrahlung
- das Wasser gesäubert wird. WADI
misst die Strahlungsdauer der Sonne und zeigt an,
ab wann das Wasser trinkbar ist. Die Weltgesundheitsbehörde
WHO ist jedenfalls begeistert!
Weitere Infos unter www.helioz.org
Keine Chance für
Langschläfer
Auf dem Schwarmfinanzierungsportal
Kickstarter sorgt „Ruggie“
für Aufstehen Aufsehen. Ruggie
ist ein Teppich mit eingebauter
Uhr. Damit der eingestellte Wecker
mit dem Klingeln aufhört, muss
man sich mindestens 3 Sekunden
draufstellen. Keine Chance für
„Schlummerer“.
Blast from
the Past:
Happy Birthday Zelda!
Zelda wurde heuer 30 Jahre alt.
Damit ist nicht die Tochter des (viel
zu früh) verstorbenen Comedians
Robin Williams gemeint, sondern
die fantastische Spielereihe von
Nintendo. In mehr als 17 Ablegern
retten wir als Held Link die
Prinzessin Zelda vor dem bösen
Zauberer Ganondorf und schnappen
ihm auch noch die Triforce, ein
göttliches Relikt von ungeheurer
Macht, weg. Wir freuen uns auf die
nächsten Jahrzehnte!
Fotos: Ruggie, MyShake, Wadi, Zelda
46 / Karriere-Special /
Du willst in Zukunft mehr bewegen? Eine Karriere starten, die dich
wirklich weiter bringt? Wir unterstützen dich dabei! Checke jetzt
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Auf die besten Mädchen warten Tablets sowie Bildungsschecks im
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Talent!
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Magdalena I., eine der Top 50 Technikqueens von 2015.
Bis 21. März anmelden auf
technikqueens.at
/technikqueens
In Kooperation mit
Unterstützt durch
/ MIT SCHARF / 47
TRenD
Wilde kerle
In Hollywood hatten ihn
schon alle: Leo, Jared,
Orlando, Chris und Colin.
Jetzt kehrt er in die österreichischen
Haushalte ein:
Der „Man Bun“. Jungs
tragen Dutt, am besten
mit Vollbart. Sieht wild,
aber gezähmt aus.
life
& style
Mache mir die Welt,
wie sie mir gefällt.
Von Delna Antia
Meinung
arsch mit geld
Seit Mittwoch bin ich froh darüber, nicht stinkreich
zu sein. Weil dann würde ich vielleicht im 1. Bezirk
wohnen. Ich würde dort in die Lokale gehen. Und
ich würde öfters solchen Männern begegnen, wie
diesem. Um ihn kurz zu beschreiben: Sexistischer
Blender. Noch kürzer: Arsch mit Geld. In einem
Business-Treffen prahlte er nicht nur peinlichst, er
ließ auch keine Gelegenheit aus über die „Alten“ zu
reden. Damit meinte er nicht Pensionisten sondern
Ehefrauen, die ständig betrogen werden. Und zwar
nicht nur mit der Sekretärin, nein, sein Bekannter
sei „aufgestiegen“: Er betrüge immerhin mit der
Buchhalterin. Hahaha. Er lachte. Ich kotzte, innerlich.
Natürlich betrügen Männer auch in Favoriten.
Und Frauen tun es, alle, bezirksübergreifend. Aber
diese Kombination aus: 60, verheiratet, großkotzig
und geil ist doch speziell bei Männern an der Spitze
zu beobachten. Sie halten sich für Gott, kaufen
sich die Welt und Frauen. Der Arsch redet weiter,
über die Tipse, die Nanny, die Fotze. Ich nenne ihn
Sexist, gehe ihn an, frage, wo die Liebe im Luxus
sei? Er antwortet mit seinem Business-Konzept:
Normalerweise würde er mich erst vögeln und dann
den Auftrag geben. Wir kommen nicht ins Geschäft.
Armer reicher Arsch. antia@dasbiber.at
aYuRVeDa-TiPP
FRÜHJaHRSWuT
Aggressiv, hitzig, unrund?
Das macht das Frühjahr.
Alles treibt aus. Auch wir
Frauen. Zusätzliche Heißmacher
sind rotes Fleisch,
scharfes Essen und Alkohol.
Für Harmonie sorgen
grünes Gemüse und warme
Süßspeisen. Hmmm.
4 Fragen
an
Helga Traxler
österreichische
Fotografin in New York.
Von Veronika Lukashevich
Wie unterscheiden
sich New Yorker von Wiener
Laufstegen?
Anna Wintour sitzt Front Row.
Nein Scherz: Man lässt sich
hier immer extravagantere
Locations einfallen. Chanel
lässt etwa ein eigenes Flughafen-Set-up
kreieren,
Givenchy überzeugt auf einer
Dachterrasse mit Sonnenuntergangsblick
auf das One
World Trade Center und
Coach baut einen Spiegekubus,
der kurze Zeit später
wieder abgerissen wird.
Fashion-Tipp
Wildes Leder
Der Hippie-Trend
will nicht enden,
welch Segen. Nicht
nur Schlaghosen,
bestickte Blusen
und Fransen – nein,
jetzt gibt es sogar
Wildleder-Trench-
Coats zu ergattern.
Danke ans Mode-
Universum. Love
& Peace.
Mantel von Mango,
gesehen bei Asos
Was sind die
Modelooks für den
Sommer?
Kurze Haare und
ein Mustermix
verbunden mit
Retroschick.
Welcher Look stirbt
für dich nie aus?
Jeans sind zeitlos kombinierbar
und Jeansjacke und
Jogginghose sollten in
keinem Kleiderschrank
fehlen.
Was kann sich Wien von
New York in Sachen Mode
abschauen?
Sich mehr trauen – und nicht
so sehr drauf bedacht sein,
was die anderen denken
könnten.
www.photosalonhelga.com
Fotos: instagram.com/manbun, Kill Bill, asos, Joachim Hackl
48 / lifeStyle /
Rockstar (24)
WWW.KHM.AT
#kunsthistorischesmuseum
Plateauschuhe, Tattoo-Choker und
bauchfreie Tops. - Die Modesünden
der Neunziger sind die Trends
von heute. Der weibliche Teil der
biber-Redaktion begibt sich auf
eine Zeitreise – die einen schämen
sich, die anderen sind begeistert.
Kommt mit! Es darf euch aber
nicht peinlich sein – denn wenn ihr
ehrlich seid, habt ihr die Trennung
der Spice Girls immer noch nicht
ganz verkraftet.
von Jelena Pantić und Aleksandra Tulej
(Produktion & Styling) / Julie Brass (Fotos)
Back
2 THe
90ies
50 / Lifestyle /
Lydia (links)
Netzhemd: H&M 29,99€
Schnürschuhe: shoe4you 29,99€
Nirvana Shirt: Primark 10€
Leo-Shorts: Bershka 5,99€
Strumpfhosen: Primark 4€
Kette: Model’s Own
Ramona (rechts)
Kleid: Forever 21, 16€
Karohemd: Forever 21, 24€
Strumpfhose: Primark 4€
Schuhe: H&M 34,99€
Armband & Brille: Stylist’s Own
Gameboys: Stylist’s Own
/ Lifestyle / 51
Jacke: Benetton Vintage,
Stylist’s Own
weißes Top: Forever 21, 8€
gestreiftes Top: Primark 8€
Trägerrock: H&M 39,99€
kniehohe Socken: H&M
Stylist’s Own
Schuhe: Zalando, Stylist’s Own
Gummiringerl: Primark 3€
Rucksack: Primark 12€
Bommel: Primark 3€
Kuschel-Einhorn: Stylist’s Own
52 / Lifestyle /
Jacke: Nike Vintage,
Stylist’s Own
Top: Brandy Melville 15€
Jeans: Tally Weijl 35,99€
Sneakers: H&M 29,99€
/ Lifestyle / 53
54 / Lifestyle /
90er Starterpaket
Clueless
Kassette
Meinung.
Von Delna.
Das ist hässlich!
Unsere „alte“ Lifestylerin Delna versteht
die Begeisterung ihrer jungen Kolleginnen
nicht: Das 90er Revival – für sie ein
Mode-Desaster.
Eastpak Bauchtascherl
Buffalo
Discman
Lydia
Jacke: New Yorker 19,99€
Top: Primark 7€
Leggings: American Apparel 42€
Ramona
bunte Choker: Stylist’s Own
Armband rechte Hand: Stylist’s Own
Freundschaftsbänder: Claire’s 4,99€
Weste: New Yorker 19,99€
Shorts: Bershka
Samstag 28. 1. 1995
14:44 14 – Was nun?
15:27 Garfield und seine Freunde
15:51 Die Dinos
„Immer bloß Jungs“
16:15 BEVERLY HILLS 90210
„Eine heiße Nacht“
16:59 Mini-ZIB
17:11 X-Large
18:10 Dr.Quinn –
„Ärztin aus Leidenschaft“
19:01 Golden Girls
„Affen im Sturm“
19:30 Zeit im Bild
Bravo Hits CD
Credits:
Produktion & Styling:
Jelena Pantić &
Aleksandra Tulej
Fotos: Julie Brass
H&M: Kerstin Szinovatz
Models: Ramona &
Lydia K. / Stella Models
Location: Fluc
Ich verstehe das nicht. Seht ihr das denn
nicht? Diese Schuhe – sie sind schwarz
und riesig. Sie sind mehr als riesig. Sie
sind klobig, sie haben Zähne. Im Ernst,
wer kann ehrlichen Geschmackgewissens
behaupten, dass Zähne an den Fußsohlen
gut aussehen? Aber ihr scheint das nicht
zu bemerken. Schlimmer, ihr findet das
cool. So wie ich damals. In den 90ern.
1996 war ich 13. Ich war sehr dünn,
sehr groß und hatte sehr große Füße für
mein Alter. Könnt ihr euch vorstellen wie
Buffalos, Fila-Stiefel und Panama-Jacks
an mir ausgesehen haben? Eben. Aber
ich habe das durchgezogen, denn ich
war ein 90er Spice-Girl. In meine Skaterschuhe
habe ich mir Socken unter die
Schuhzunge gestopft, damit sie cooler
– sprich klobiger – aussehen. Ich habe
Carhart-Hosen und Dickies getragen.
Dazu bauchfreies Top oder Fruit-of-the-
Loom-Kapuzenpulli. An meinem Hals und
an meinen Schnürsenkeln hingen Plastikschnuller.
Meine Levis-Jeansjacke war so
groß, dass sie heute bei Hipster-Männern
auch als Large durchgehen würde. Während
ich mir giftgrüne Fingernägel malte,
habe ich auf meinem Discman Backstreet
Boys, die Kelly Family oder Kuschelrock
gehört. Die 90er waren meine Teenie-
Zeit. Ich war also unmündig, ich konnte
nicht beurteilen, wie schlimm meine
Vergehen waren. Einzig als unsere Jungs
anfingen vom Skateboard auf Rave-Floors
zu wechseln, als auch sie ihre Vans
gegen turmhohe Buffalos eintauschten,
da wusste ich sogar mit 14: Hier läuft
was schief. Und heute, sollte die Welt
2016 nicht aus ihren Sünden gelernt
haben? Anscheinend nicht. Auch die 90er
muss wohl jeder einmal am eigenen Leib
erfahren. Also wünsche ich euch viel Vergnügen
und lege RUN-DMC auf: „It’s like
that … and that’s the way it is.“
/ Lifestyle / 55
Du bist,
was du isst.
Von Artur Zolkiewicz
Tipp
kohlenhydrate
Um Gewicht zu verlieren, solltest
du 1-3g kcal/Kg. deines Körpergewichts
verzehren. Willst du
deine Kilos halten, sind 3-5g/kg
die richtige Menge.
Mann
& Body
fun fact
Man verbrennt mehr Kalorien
während 23 Stunden, in denen
man nicht trainiert, als in
der einen Stunde, in der
man trainiert.
Meinung:
Diäten
Paleo, Low-Carb, Low-Fat, Low-Sugar, Veganismus,
Vegetarismus, Intermittent Fasting, Stoffwechseldiät,
South Beach-Diät - manche nennen es Diät,
für andere ist das ihr Lebensstil. Viele dieser Diäten
sorgen oft für Schlagzeilen: Vegetarismus ist zu reich
an Kohlenhydraten, zu viel Fleisch essen kann Krebs
verursachen, zu viel Eiweiß verursacht Nierenprobleme,
Zucker und Fett sind böse. Das Einzige worin
sich alle Ernährungswissenschaftler einig sind, ist,
dass man Gemüse essen soll. Mein Rat: Das Richtige
für sich selbst finden. Wie machst du das? Auf deinen
Körper hören und folgende Fragen beantworten: Wie
fühle ich mich nachdem ich gegessen habe? Wie ist
meine Laune? Werde ich nach einer Mahlzeit schlapp?
Es ist zwar sehr allgemein, es wird dir aber helfen, die
richtige Ernährungsweise für dich zu finden.
zahl deS
MonatS:
100
Kcal –1 Kilo Muskeln
verbraucht im Ruhezustand
ca. 100 Kalorien
innerhalb 24 Stunden.
Fotos: bereitgestellt
wgkk.at
www.wgkk.at
WGKK-Ratgeber 2016
Der Gewalt
keine Chance!
Alle Leistungen der WGKK auf
einen Blick
Der Ratgeber der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK)
informiert auf mehr als 100 Seiten über die wichtigsten
Angebote und Leistungen Hilfseinrichtungen von A wie und „Arbeitsunfähigkeit“
Anlaufstellen
bis Z wie „Zahnbehandlung“. in akuten Gewaltsituationen
Frauenhelpline gegen Gewalt
0800 222 555
Kostenlos, österreichweit, rund um die Uhr.
Erhältlich ist der Ratgeber:
Broschüre »Frauen haben Rechte«
• in allen Außenstellen Rechtliche der WGKK Informationen, praktische
• im Internet unter www.wgkk.at/broschuerenservice
Hinweise, Unterstützungsangebote.
www.bmbf.gv.at/frauenhabenrechte
• telefonisch unter +43 1 601 22-2119
• per E-Mail unter office.oea@wgkk.at
fem:HELP-App
Kostenlos und mehrsprachig verfügbar.
www.bmbf.gv.at/femhelp_app
www.bmbf.gv.at/hilfseinrichtungen
NEIN zu Gewalt! Mit der Strafgesetzbuchnovelle (seit 1.1.2016 in Kraft) ist es gelungen, wichtige Verbesserungen
zum Schutz von Frauen vor sexueller Belästigung und vor sexualisierter Gewalt durchzusetzen. Sexuelle
Belästigung ist kein Kavaliersdelikt. Auch bei sexuellen Übergriffen gilt: Ein »Nein« genügt.
Details 56 unter: www.bmbf.gv.at/gewaltschutz
/ MIT SCHARF /
Gewalt gegen Frauen tritt in unterschiedlichen
Formen auf. Das Bundesministerium für
Bildung und Frauen ermöglicht Schutz und
Unterstützung.
#Gewaltschutz
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG
Tipp:
Wenn auch du nicht weißt, was man aus
einer Zucchini, Dosenravioli und Joghurt
kochen kann, schau dir Resteverwertungs-Kochseiten
an. Meine Lieblingsseite
ist www.gutekueche.at, hier gibt’s
die simpelsten Rezepte!
Fotos: bereitgestellt
„kein kuchen ist
auch keine lösung.“
Von Natalija Stojanovic
Burek &
Baklava
Meinung MiT geScHMack:
Pljeskavica
mit Potato Wedges
Kennt ihr das? Ihr wollt Jugo-Essen gehen und
denkt euch: Fad, irgendwie sind alle Balkanlokale
eh gleich. Pita, Grill oder Sarma, kennen wir
schon alles. Deshalb habe ich nicht geglaubt, dass
ich ein Balkan-Restaurant entdecke, das mich
geschmacklich an die Küche meiner Oma erinnert.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass das „Café
Mozaik“ kein typischer Jugoschuppen ist. Angefangen
bei der hippen Einrichtung, über das sehr
durchgemischte Publikum –hier treffen sich alle
Nationalitäten – bis hin zu den köstlichen Speisen.
Bei meinem ersten Besuch im „Mozaik“ - glaubt
mir, es wird nicht mein letzter sein - probiere ich
die gefüllte Hühnerbrust im Speckmantel. Dazu
gibt es leckere Potato Wedges, die mich ins
Esskoma versetzen. Das Fleisch zergeht im Mund,
der Speck ist knackig und die Kartoffeln himmlisch,
WOW! Es gibt einfach alles, was du essen
willst, im Mozaik. Pizza, Pljeskavica, Pasta, Suppen
und und und. Ahja: Serviert wird alles fancy auf
Schneidebrettern – so wie es die hippe Umgebung
im 2. Bezirk verlangt.
Café Mozaik, Stuwertstraße 22, 1020 Wien –
5 Minuten zu Fuß von der U2 Messe Prater
Donau stojanovic@dasbiber.at
Mein etSan
Echte Wien-Eingesessene
kennen ihn schon, viele
schätzen ihn, manche
haben schon die tiefgefrorenen
Köfte oder das
Sultan-Cola dort gekauft.
Richtig, es geht um die
türkische Supermarktkette
Etsan. Die Sensation
des Jahres: Etsan
übernimmt acht Filialen
von Zielpunkt, und macht
Ketten wie Billa und Spar
Konkurrenz. Vielleicht
kriege ich auch einen
Etsan in meiner Nähe?
Teşekkür ederim!
Qual der Wahl:
WO GIBT ES DEN BESTEN
BURGER IN WIEN?
Andy’s and Mike’s
Neubaugürtel 27, 1150 Wien
+ große, preisgünstige und
unglaubliche Burger! Geheimtipp:
Camembert Burger.
– auf den Burger wartet man
länger, da immer gut besucht
Burger Bros
Hauptbahnhof Wien im
Untergeschoss der BahnhofCity
+ frische Burger, nette Einrichtung
– die bessere Alternative zu
McDonalds!
– wenig Sitzmöglichkeiten, man
steht an mehreren Tresen
Fly’s
Heiligenstädterstraße 29-31,
Stadtbahnbogen 218, 1190 Wien
+ amerikanisches Flair mit
Milkshakes, Waffeln und Burgern
– alles sehr fettig zubereitet
Omnom Burger
Wiedner Hauptstraße 125/3,
1050 Wien
+ wurde zu Recht bei der
Burgermeisterwahl 2015 zum
besten Burger der Stadt gewählt
– rustikal eingerichtet, lädt nicht
zum lange Verweilen ein
Zsam Zsam
Vivenotgasse 8, 1120 Wien
+ bester Halal-Burger in Town
– keine große Auswahl an Burgern
/ kulinarik / 57
iber kocht mit SPAR: Ungarisch
Gulyás
die ungarische Gulaschsuppe
Mehr Ungarn geht nicht: Deftig, herzhaft und scharf ist die
Nationalküche unserer Nachbarn und die Gulaschsuppe ist ihre
Spezialität. Über die Zubereitung und die Zutaten kann man sich schnell
uneinig werden, aber wir stellen euch die beste Gulaschsuppe vor:
á la biber, versteht sich! Keine Sorge, ist auch was für Amateur-Köche.
von Natalija Stojanovic
Produktion: Natalija Stojanovic
Kochen: Vojislav Vuckovic
Foto: Christoph Liebentritt
58 / kulinarik /
zutaten
für 4 personen // dauer: 2-3 Stunden
2 Tomaten
3 Zwiebeln 250g Kartoffeln
CHILI
VON
1 Esslöffel Mehl
600g Rindfleisch
für Gulasch
Bio-Qualität
1 Suppenwürfel
2 rote und 2
grüne Paprika
1 tlf Majoran
1 el Paprika
gemahlen
1 el Vegetar
Lorbeerblätter
scharf
2 Esslöffel Öl
Pfeffer (nach
Geschmack)
2 Knoblauchzehen
Salz (nach Geschmack)
30 g
• Als erstes schneidet man die Zwiebeln und den Knoblauch klein.
Das Rindfleisch wird unter laufendem Wasser gebadet und mit
einem Küchentuch trocken getupft.
• Das Öl in einem tiefen Topf erhitzen. Das Fleisch stückweise hinzufügen
und bei hoher Temperatur braten (Tipp: Kleinere Mengen
Fleisch braten, herausnehmen und neues Fleisch in den Topf
geben, damit sich nicht zu viel Wasser im Topf sammelt). Mit der
letzten Portion des Fleisches die Zwiebeln und den Knoblauch hinzufügen
und alles fünf Minuten braten. Nun komplettes Gulaschfleisch
(das ihr vorher angebraten habt) zu dem Rest in den Topf
geben, das Mehl und alle Gewürze hinzufügen. Das alles gießt ihr
mit Wasser auf und lasst es kurz aufkochen. Danach bei niedriger
Hitze 40 Minuten vor sich hinköcheln lassen.
nur 1.99
• In der Zwischenzeit die Kartoffeln schälen und in kleine Würfel
schneiden. Paprika kleinhacken und die Tomaten in große Stücke
vierteln. Nach 40 Minuten Kochzeit Kartoffeln, Paprika und Tomaten
in den Topf geben und gegebenenfalls nachwürzen (Abschmecken
ist erlaubt!). Nun alles zusammen nochmal 20-30 Minuten
köcheln lassen.
Fotos: bereitgestellt
tipp: probiert an der Bissfestigkeit
der kartoffel aus,
ob euer Gulasch schon fertig
ist! Wem die Gulaschsuppe zu
scharf ist, kann sie mit
Joghurt, rahm oder frischkäse
verfeinern. Gut zum
Gulasch passt auch kartoffelpüree,
nudeln oder ein
Weckerl. Mahlzeit und Jó
étvágyat!
/ kulinarik/ 59
KulturaNews
Verstaubte Museen sind Schnee von gestern.
von Jelena Pantić
Der kleine Ika in Guča
In Michael Beisteiners Buch „Die kreisrunde Reise des
Ika Wendou“ begibt sich ein kleiner Bub auf die Reise zum
Ursprung der Musik – zum serbischen Trompetenfestival
nach Guča.
biber: Warum hast du dieses Buch geschrieben?
Michael Beisteiner: Ich wollte meinem Sohn etwas
über die Gesellschaft, in der er aufwächst, mitteilen. Und
wenn ich es für ein Kind schreibe, kann ich es gleich
für alle schreiben. Kinder sollten nicht in Fantasiewelten
flüchten müssen, es gibt hier Unmengen zu entdecken.
Realität und Fantasie muss man unterscheiden können,
aber sie sollten einander umspielen.
Wie kamst du auf Guča?
Ich war zum 50. Jubiläum auf dem Festival und mir war
klar: Hier muss die Geschichte beginnen. Es konnte gar
nicht anders sein. Die Straßen sind voller Menschen, überall
sind Tubas und Trompeten. Tag und Nacht ist andauernd
Musik, ich habe nur gestaunt über diese unglaubliche
Stimmung.
Welche Rolle spielt Musik in deinem Leben?
Wenn ich längere Zeit keine Musik höre, habe ich das
Gefühl zu ersticken. Wenn wir Musik hören, nehmen wir
die Welt wahr, als würde sie verzaubert sein. Aber das ist
sie eben nicht, sie ist wirklich so und die Musik enthüllt das
eben.
Deine Pläne und Wünsche für die Zukunft?
Dass möglichst viele Kinder dieses Buch lesen und damit
Spaß haben. Das nächste Buch ist schon in Planung und
ich hoffe es gelingt mir gut. Das Meer und die Farbe Blau
spielen die Hauptrolle und es kann gut sein, dass Ika nach
Kroatien reist.
Lesungen: 5. März, 15 Uhr, Atelier15, Dankwartgasse 1,
1150 und 2.4. um 16 Uhr Libreria Utopia, Preysinggasse
26-28/1, 1150 Wien
Gusch, du Frau!
“Du gehörst vergewaltigt.”, “Warte nur bis ich dich in
einer dunklen Ecke erwische.”, “Du dreckige Hure, ich
bring dich um.” Sätze, die meine Kolleginnen und ich uns
haben anhören dürfen, wenn wir mal unsere Meinung
geäußert haben und es einem “Mann” nicht gepasst hat.
Mit Männlichkeit hat das nichts zu tun, denn nur Luschen
fühlen sich von starken Frauen bedroht. Natürlich bekommen
auch meine Kollegen nicht immer nur Lobeshymnen,
aber Vergewaltigung und Mord wurde ihnen aufgrund
eines simplen Blogs noch nie angedroht. Doch Frauen
haben sich unauffällig zu verhalten und schon gar nicht
auf ein rückständiges Frauenbild aufmerksam zu machen,
sonst wird frau ganz schnell zum “Feminazi”. Gusch und
hübsch sein lautet die Devise. Aber das wird’s nicht
spielen, denn die Meinung eines Mannes hat nicht mehr
Gewicht, als die einer Frau. Manche Weicheier fühlen
sich nur in ihrer Männlichkeit beschnitten und sehen
nicht ein, dass die Welt am besten funktioniert, wenn
Frauen und Männer am selben Strang ziehen. Die
Geschichte lehrt uns, dass Unterdrückung nie ewig hält
und jede Vorherrschaft ein Ende hat. In dem Sinne:
Get with the winning team. pantic@dasbiber.at
Fotos: Christoph Schlessmann, Tarek Rahoma, Marko Mestrovic, bereitgestellt
60 / Kultura /
Meinung.
Von Nour.
rock à lA
SrB/eG
Tarek und Aleks, besser bekannt
als “AjdeYallah” (Gemma,
gemma) sind ein serbischägyptisches
Rock-Duo, deren
“Gitarrenriffs & Melodien direkt
aus der Balkanwüste über die
Ohren in die Magengrube fetzen”.
Ihr macht seit 15 Jahren
gemeinsam Musik - Was sind
eure Einflüsse?
Rock der 60er bis heute und vor
allem Grunge und Alternative -
ehrlicher spürbarer direkter Rock
ohne Schnörksel und authentisch.
Unsere Herkunft beeinflusst zwar
nicht zwingend unsere Musik,
aber bei genauerem Lauschen
wird man fündig.
Wie sieht die Zukunft aus?
Derzeit arbeiten wir an
unserem zweiten Album und
an diversen TV-Projekten,
wo wir eigens komponierte
Filmmusik beisteuern, in etwa
für Dokus für ORF, Servus TV
und 3Sat. Ansonsten planen wir
europaweite Gigs, aber dazu
müsste einer von uns seine
Flugangst überwinden.
Ihr Debütalbum Album „AJDE
YALLAH“ ist auf iTunes, Amazon
& Bandcamp als Download
erhältlich.
Moral-contouring
für chabos!
Ich schreibe das jetzt nicht nur, weil
ich das Produkt gratis bekommen
habe. Ich bin wirklich super-duper von
dieser Creme überzeugt und liebe sie
einfach!“ Wer kennt sie nicht, diese
Standardsätze von Pseudo-Fashionbloggern.
Camel-farbener Trenchcoat,
zerfetze Hose wie aus dem Kriegsgebiet,
dunkelroter Lippenstift und Clean
Eating. Chabos, please. Ihr seid nicht
öko und cool, nur weil ihr euren Hunden
selbstgekochtes Veggie-Futter vorsetzt.
Info am Rande: Der Haushund stammt
vom Wolf ab. Ich glaube nicht, dass
der Wolf Erdbeeren und Pilze im Wald
sammelt. Ihr seid nicht umweltbewusst,
nur weil ihr einmal im Monat beim
Markt euer Gemüse und Obst einkauft,
das ihr dann vor einem weißen Hintergrund
abfotografiert, #healthy, wohl
eher #haltdeinefresse. Schaut euch mal
auf dem Viktor-Adler-Markt um. Unsere
Eltern haben beim Markt eingekauft
und sich vintage eingekleidet, bevor
ihr überhaupt geboren wurdet. Um
sich euren absurden Lifestyle leisten
zu können, müsste man Leber und
beide Nieren verkaufen. Wem wollt ihr
etwas vormachen? Das Leben besteht
nicht nur aus Green Smoothies und
Michael Kors-Taschen. Lest mal wieder
ein Buch, anstatt uns eure Contouring-
Tutorials anzudrehen.
khelifi@dasbiber.at
/ kultura / 61
eine Herausforderung dar. Doch
mit den folgenden Tipps kommt
man im Winterlauf gut über die
Runden: Nicht zu viele Schichten
anziehen, wenig Haut zeigen,
immer mit Gegenwind starten, gut
sichtbare Kleidung tragen, zehn
Minuten zum Auslaufen nehmen
und nie in den verschwitzten
Sachen bleiben. Heißer Locationtipp
zum Laufen: Kurpark Oberlaa.
Also ran an den Speck, denn
bekanntlich wird der Sommerbody
im Winter geformt.
Wer keine Lust auf Laufen
hat, kann sich durch die vielfältigen
Kursangebote des Sportamtes
fit halten. Eine ganze
Sparte an Kursen ist speziell auf
Frauen ausgerichtet. Für Abenteuerlustige
gibt es Sport- und
Fun-Hallen, in denen das ganze
Jahr über Beachvolleyball, Fußfrühling
in wien
Winterschlaf?
Nicht in Wien. Für
Sport- und/oder
KulturliebhaberInnen
ist
der frühling in
der Hauptstadt
mindestens
genauso spannend
wie der Sommer.
In den Sommermonaten hat
man regelrecht Freizeitstress
vor lauter Aktivitäten. Doch im
Frühling ist nicht ganz klar, was
man eigentlich machen soll, denn
das Wetter spielt nicht immer mit.
Natürlich könntest du dich in eine
Decke kuscheln und nur Fernsehen,
aber wirklich monatelang?
Eben. Zum Glück hält unsere schöne
Hauptstadt aber nie Winterschlaf
und bietet eine Vielzahl an
Möglichkeiten unsere Abenteuerund
Bewegungslust auch in der
kühleren Jahreszeit zufrieden zu
stellen.
Fit wie ein
Turnschuh
Vor allem den sportlichen Wienerinnen
und Wienern macht
das kalte Wetter zu schaffen,
denn Outdoor-Aktivitäten stellen
Bezahlte Anzeige
Werde zum
Wien-Insider
Mit der Wien.at Live
App hast du ganz Wien
in deiner Hand. Sehr
praktisch ist der Stadtplan,
der nicht nur eine Karte
der Stadt ist, sondern
alles Mögliche von öffentlichen
Badestellen über
Kurzparkzonen bis hin zu
WLAN-Standorten anzeigt.
Die wichtigsten Funktionen
gibt es auch offline,
du musst nur den
Stadtplan downloaden.
Über die Karteninhalte
„Sportstätten in Wien“
und „Kulturgut“ brauchst
du nur wenige Sekunden,
um herauszufinden, wie
du deine Freizeit spannend
gestalten kannst. Rund
um die Uhr bietet die App
Echtzeitinformationen an
und der eingebaute Reader
scannt QR-Codes.
Download unter
www.wien.at/live/app
Fotos: Rudi, Michael Wolschlager, MA51, www.stefanjoham.com
ball, Streetsoccer oder Streetbasketball
gespielt werden kann. In
der Halle Donaustadt befindet sich
sogar eine 1200m² große Kletterhalle.
Auch auf keinen Fall zu versäumen
ist der Wiener Eistraum
am Rathausplatz, um den uns viele
Länder beneiden.
Futter für den
Intellekt
Das Gehirn sowie unsere Kreativität
müssen auch regelmäßig
trainiert werden und was eignet
sich dazu besser als das dichte
Kulturangebot Wiens? Beispielsweise
im MUSA, wo eine riesige
Sammlung an zeitgenössischer
Kunst bestaunt und in der Artothek
sogar Kunstwerke ausge-
liehen werden können. Um das
Kunst- und Kulturangebot für
möglichst viele Menschen zugänglich
zu machen, ist der Eintritt
ohne Altersbeschränkung kostenlos.
Auch im Wien Museum ist
der Eintritt für Erwachsene jeden
ersten Sonntag im Monat frei. Für
alle unter 19 Jahren ist der Museumsbesuch
in den Museen der
Stadt Wien, also im Wien Museum
und seinen Sammlungen sowieso
gratis. Somit ist ganz klar: Ob bei
Sonnenschein oder Eiseskälte –
Wien ist die lebenswerteste Stadt
der Welt.
Alle Infos gibt es unter
www.sport.wien.at
sowie www.freizeit.wien.at
Vom
AMS
auf die
Bühne
Der gebürtige Kroate
Mario Lučić bringt mit
seinem Kabarett straight
outta Gemeindebau die
Geschichten jener Gruppen
auf die Bühnen Wiens,
die von der Gesellschaft
ausgeschlossen wurden.
Von Jelena Pantić und Christoph Schlessmann (Foto)
64 / KULTURA /
BIBER: Mario, warum machst du
Comedy?
MARIO: Vor drei Jahren bin ich arbeitslos
geworden, wurde gekündigt, weil
ich zu faul war. Und da dachte ich mir:
Ich muss doch irgendwas im Leben
können. Und ich bin halt nicht unbedingt
witzig, aber komisch. Dinge,
die ich mache, sind eben komisch zu
erzählen. Also habe ich begonnen
Sketches zu schreiben, nach vier
Monaten stand ich auf der Bühne und
ein Jahr später habe ich den Neulingsnagel
(Anm. Red.: Kabarett-Newcomer-Preis)
gewonnen.
Dann warst du aber lange weg.
Genau, ich habe den Preis erhalten
und wurde direkt danach schwer
krank. Ich hatte Achalasie, der Magenmuskel
war ganz zu, konnte nicht
essen, nicht trinken, nicht atmen.
Habe in fünf Monaten 30kg verloren.
Musste mich acht Eingriffen unterziehen
und war praktisch ein halbes Jahr
nur im Spital. Jetzt ist zum Glück alles
ok.
Aufgeben ist offensichtlich nicht dein
Ding. Woher nimmst du eigentlich
deine Inspiration?
Der Gemeindebau am Rennbahnweg
ist der Grundstein meines Programms.
Es geht auch um Erfahrungen beim
AMS und die ganzen Amtswege, dieses
Tschuschending ist so mein roter
Faden. Es geht um dieses Untensein.
Ich mache mir immer Notizen und
mein Programm hat sich quasi von
selbst geschrieben, ich war in fünf
Tagen fertig. Alles 100% ehrlich und
straight.
Wie bist du aufgewachsen?
Meine Eltern waren ganz klischeehaft
Hausbesorger, bin aber auch
mit Austropop aufgewachsen, meine
Mutter redet im Dialekt. Ich war in drei
Schulen, in einer waren nur Ausländer,
in der anderen nur Österreicher. Am
Rennbahnweg waren dann die Leute
halb Nazi, ua org, und halb Tschuxl, ua
org – von einem Extrem ins andere. Ich
kann das alles machen, weil ich beide
Perspektiven kenne und immer in der
Mitte war. Ich hatte jedenfalls als Ausländer
in Wien nie solche Probleme,
dass ich jetzt geknickt wäre. Ansonsten
bin ich mit 16 von der Schule
gegangen, habe eine Lehre gemacht
und nur gekifft. Ich war schon ein
Mongo: Rauchen und Park.
Du bist also die Problemschicht aus
den Nachrichten. Deine Zielgruppe
auch?
Meine Hauptzielgruppe sind schon
Austro-Tschuschen. Bühne und Internet
sind aber nicht dieselben Leute, es
ist gemischt von 15-jährigen Mädchen
bis zu 50-jährigen Österreichern. Es
sind aber auf jeden Fall Leute, die
sonst nicht ins Theater gehen würden.
Was fühlst du auf der Bühne? Hast du
Angst, dass niemand lacht?
Energie, geil. Davor bin ich kribbelig
und wenn ich dann das erste Lachen
höre, geht’s ua ab. Zurückweisung
habe ich schon gespürt, also habe ich
keine Angst davor. Vor zwei Jahren
hatte ich einen Auftritt und mein Material
war ua scheiße und ich wusste
das. Ich musste aber auf die Bühne
und mich meier machen lassen, damit
ich weiß wie das ist. Man muss auch
mal auf die Goschn fliegen.
Lebst du gerade deinen Traum?
Ich bewege mich in die richtige Richtung.
Mein Traum ist es der beste
Comedian aller Zeiten zu werden,
im deutschsprachigen Raum. Ich
orientiere mich dabei nicht am österreichischen
Kabarett, eher an den USamerikanischen
Stand-Up-Comedians
und dem King Dave Chapelle. Mein
konkreter Traum ist es, die Stadthalle
auszuverkaufen. Ich bilde mir ein, dass
es klappen wird, es gibt für mich kein
Nein. Ich suche mir auch keine Arbeit,
denn entweder ich gehe mit diesem
Ding unter oder ich steige auf. Wenn
es klappen soll, darf es keinen Plan B
geben, so denke ich mir das.
Du hast auf deiner Seite auch Motivationssprüche
– bist du sehr gläubig?
Ja, extrem. Früher wollten meine
Eltern immer, dass ich in die Kirche
gehe und ich konnte das nicht akzeptieren,
weil es mir so aufgezwungen
wurde. Als ich krank wurde, habe ich
meinen Glauben aber gefunden. Es
ist natürlich schlecht, nur zu glauben,
wenn man krank ist, aber besser spät
als nie. Ich war kurz vorm Sterben und
mein Glaube hat mich gehalten.
Wie ist das, wenn man kurz vorm Tod
steht?
Ich wollte mich umbringen, darüber
spreche ich auch im Programm. Ich
wollte aus dem Fenster springen,
denn für mich gab es nichts mehr. Ich
konnte nicht essen, trinken, sprechen.
Dann dachte ich mir aber: Ich sterbe
jetzt sicher nicht, bevor ich nicht nochmal
auf die Bühne gehe. Jetzt muss
ich auf meine Ernährung und meinen
Lebensstil achten und führe eigentlich
ein besseres Leben als davor.
Die Krankheit hat mir ‘ne Watsch‘n
gegeben.
Wie geht ein Österreicher, der sich
damit nicht wirklich identifizieren kann,
aus deinem Programm raus?
Ich glaube, er findet es geil. Wir kennen
es alle, weil wir es erleben und die
denken sich einfach „geil“. Ich male
quasi Bilder und bin detailverliebt in
diesen Dingen – zum Beispiel knacksende
Sessel beim AMS. ●
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/ KULTURA / 65
MARCOS NADER
Babyface Nader gegen Badboy Knežević. Der
geplante Showdown im Boxring spaltet die Balkan-
Community. Nader sieht die Sache locker und
führt uns durch sein Boxstudio in Ottakring.
Von Amar Rajkovic und Susanne Einzenberger (Fotos)
Sie werden keine Freunde mehr in diesem Leben.
Marcos Nader und Gogi „Lionheart“ Knežević
könnten kaum unterschiedlicher sein. Der Eine
wurde in eine Boxfamilie hineingeboren, wuchs
auf der Sonneninsel Ibiza auf und hat schon für das
Leben nach der Karriere im Ring gesorgt. Eigene
Fischzucht, Boxstudio – könnte schlimmer laufen
für den 25-jährigen Nader, der obendrein mit der
ehemaligen Miss Vienna, Sandra Soknić, verheiratet
ist. Glamour-Leben wie aus einem Kardashian-
Spin-Off.
Wenn Nader der Internatsschüler ist, dann ist Gogi
der Hauptschüler, der ihm die Jause wegnimmt
oder ihn zum Diebstahl von PS4-Spielen beim
Saturn überredet. Knežević zockte Basketball in
Wiens Käfigen, bevor er in den Ring stieg. Er inszeniert
sich als den Jungen, der von ganz unten kam
und mittlerweile mit seinem Porsche zu Interviewterminen
vorfährt. Straight outta Alsergrund, wo
Knezevic ein Boxstudio eröffnet hat. Das ist aber
auch die einzige Gemeinsamkeit, die die beiden
Boxer verbindet – perfekte Voraussetzung für
einen Showdown!
Zurück in Ottakring, führt uns Nader durch die
verwinkelten Gänge des „Bounce.“ Ob das Blut
auf dem Ringboden ist, wollen wir wissen. Nader
lächelt.
BIBER: Marcos, Gogi Knežević meinte
kürzlich in einem Interview, du hättest
keine Eier, stimmt das?
MARCOS NADER: Ich hab sie heute am
Klo noch gesehen (lacht).
Wir befinden uns im „Bounce“, ein Boxstudio
mitten in Ottakring. Bei unserem
ersten Interview 2009 sagtest du - angesprochen
auf deine Karrierepläne - „im
schlimmsten Fall werde ich Fitnesstrainer.“
Ist dieser Worst-Case eingetreten?
Meine Pläne haben sich geändert. Ich
bin nicht nur Leistungssportler, sondern
auch Unternehmer. Ich betreibe nebenbei
eine Süßwasser-Fischzucht. Wir verkaufen
dabei biologisch gezüchtete Lachse,
Forellen, Saiblinge an Restaurants und
Händler. Ich kann mich nicht über Langeweile
beschweren. Der Boss des Studios
ist mein Bruder. Da ich aber von Anfang
an involviert war, kann ich mich schwer
raushalten.
Also rein unternehmerisch kein Boxen
mehr?
Doch. Ich gebe noch immer Boxstunden,
66 / SPORT /
„Alabas
Rechte ist
besonders
hart.“
Hat gut lachen: Sonnyboy und
ehemaliger Europameister im
Boxen Marcos Nader
/ SPORT / 67
da auch viele Boxinteressierte extra
meinetwegen zu uns kommen. Ich
kann nicht im Sessel sitzen und faul
sein.
Wir haben uns lange nicht gesehen,
boxt du noch?
Ich habe seit Nov. 2014 keinen Kampf
mehr gemacht. Der Grund ist die Knochenabsplitterung
im Ellbogengelenk,
die ich mir während eines Kampfes
zuzog. Wenn gute Angebote kommen,
komme ich gerne
aus dem vorübergehenden
Boxruhestand
zurück.
Wirst du gegen Gogi
Knežević dieses Jahr
antreten?
Wenn alles passt,
wieso nicht? Ob es
sportlich wirklich
ein Reiz für mich ist,
das bezweifle ich,
aber viele Menschen
wollen den Kampf
sehen. Die will ich
nicht enttäuschen.
Knežević war genauso
Weltmeister wie
du.
Es gibt vier große
Boxverbände weltweit.
Gogi gehört keinem an. Wenn
du, ich und deine Kollegin (zeigt auf
die anwesende Fotografin) Lust haben,
einen Boxverband zu gründen, können
wir das problemlos tun. Dann nennen
wir unseren Titel „Weltmeistertitel“
und schon kann es los gehen. Gogi
war 150-200 Plätze hinter mir in der
Weltrangliste platziert. Wäre er offizieller
Weltmeister, würde ihn nicht nur
die Balkan-Community kennen.
Dieses branchenübliche Pfeileschießen
im Vorfeld des Kampfes ist doch nur
„Ich habe meine Eier
heute am Klo noch
gesehen.“
Show, versteht ihr euch persönlich?
Ich möchte mit Knežević nicht Kirschen
essen gehen. Ich werde auch
hier nicht behaupten, er habe keine
Eier, aber nach unserem Kampf wird er
sich wohl neue suchen müssen.
Knežević behauptet, dir wurde – auch
aufgrund der Funktion deines Vaters
– alles auf dem roten Tablett präsentiert,
während er die harte Schule der
Straße durchgehen musste und sogar
Möchte mit Boxer Knezevic ungern Kirschen essen – Marcos Nader
kurz im Gefängnis war. Stimmt das?
Knežević hat das alles medial aufgebauscht.
Ich bin angeblich der liebe
Kerl, er der „Bad Boy“. Wie er meint,
die Antwort gibt es im Ring.
Und die Kritik an deinem Vater?
Die ist absolut unberechtigt. Mein
Vater ist heute Präsident des Österreichischen
Boxverbandes. Als ich
damals als Amateur boxte, war das
nicht der Fall. Mein Glück war es – da
muss ich Knežević recht geben – dass
mein Vater viel in meine Boxkarriere
investiert hat und mir die Reisen zu
Turnieren ermöglicht hat.
Knežević ließ sich sowohl von HC Strache
als auch später von der SPÖ sponsern.
Bist du ein politischer Mensch?
Ich bin ein politisch interessierter
Mensch, habe viele Freunde, die in der
„Wien ist nicht
die Bronx.“
Politik sind. Ich bräuchte nur den Finger
rühren und sie würden mich sofort
unterstützen. Wen ich persönlich wähle
ist mein Geheimnis, das weiß nicht
mal meine Frau. Und das soll auch so
bleiben.
Wenn wir schon bei
deiner Frau sind.
Beschützt du sie?
Wenn es hart auf
hart kommt, ja. Aber
wir leben nicht im
Wilden Westen.
Meine Frau ist stark
und wiff genug, um
sich selber verbal zu
wehren.
Du hast also nie
Gewalt angewendet?
Gewalt ist immer das
allerletzte Mittel und
eines möchte ich
noch einmal betonen:
Wien ist nicht die
Bronx. Die Realität ist
nicht so, wie sie uns
medial dargestellt
wird. Nicht jeder, der dunkle Haare hat,
quatscht Frauen auf der Straße an.
Du sprichst die Ereignisse in Köln und
deren mediale Verarbeitung an. Gibt
es eine steigende Anzahl an Anmeldungen
in deinem Boxklub seit den
Zwischenfällen zu Silvester?
Ich habe keinen sprunghaften Anstieg
erkennen können. Jeder Mensch trägt
Aggressionen in sich. Das Boxen kann
helfen, diese negative Energie aus
dem Körper zu verbannen. Das hat
nichts mit Flüchtlingen zu tun.
Wie weiblich ist dein Boxklub?
Von den knapp 850 Mitgliedern sind
ca. 200 Damen, also rund ein Viertel.
Sie werden von einer ehemaligen
Weltmeisterin aus Ungarn trainiert. Da
können die Damen alles raus lassen,
ohne auf die Reaktionen der Männer
68 / SPORT /
„Beim Boxen ist
Alabas rechte Faust
richtig hart.“
Marcos Nader mit Idol Muhammad Ali im Hintergrund
Rücksicht nehmen zu müssen.
David Alaba trainiert in deinem Club.
Kennst du ihn persönlich?
David trainiert seit Jahren in meinem
Boxklub. In der Sommer- und Winterpause
arbeitet er hier an seiner
Ausdauer. Dadurch hebt er sich von
den anderen ab, weil er nicht auf der
faulen Haut liegt, sondern neben Fußball
auch Boxen mehrere Male in der
Woche trainiert.
Beim Fußball ist sein linker Fuß besser,
wie ist es beim Boxen?
Beim Boxen ist seine rechte Faust
richtig hart.
Wie gehst du mit Niederlagen und
Rückschlägen im Leben um?
Niederlagen kommen, ob man will
oder nicht. Wichtig ist es, immer
wieder aufzustehen. Egal, was die
anderen Leute sagen.
Braucht man Niederlagen, um besser
zu werden?
Niederlagen sind nie förderlich. Mir
bringt ein Sieg, bei dem ich nicht
100% gezeigt habe, mehr als eine
knappe Niederlage, in der ich mit meiner
Leistung zufrieden bin.
Mit der Olympiaquali für Rio hat es
nicht geklappt. Fliegst du trotzdem
hin?
Wir haben drei Jungs aus unserem
Studio, die noch die Chance haben,
sich für das olympische Boxturnier im
Sommer zu qualifizieren. Ich hoffe,
einer von ihnen schafft es, dann sehe
ich mir die Wettkämpfe in Rio aus
einer ungewohnten Perspektive an. ●
WER IST ER
Name: Marcos Nader
Alter: 25
Beruf: Boxer, Unternehmer,
Fischzüchter
Besonderes: Nader ist mit der
ehemaligen Miss Vienna Sandra
Soknic verheiratet.
/ SPORT / 69
„Die Leiden des jungen Todors“
Von Todor Ovtcharov
Trifon „Fußballgott“ Ivanov
Jörg und ich sind vereint in unserem Leid.
Wir trinken traurig Bier und erinnern uns an
den gerade verstorbenen Trifon Ivanov. Der
legendäre Verteidiger von Rapid Wien und
der bulgarischen Fußballnationalmannschaft mit dem
Aussehen eines aus dem Knast entlaufenen Kannibalen
ist ein Liebling von uns beiden. Jörg erinnert sich mit
Nostalgie an die große Mannschaft Rapids aus der Mitte
der 90er Jahre und an die (gefühlten) Europacupsiege
und ich an die „goldene Generation“ des bulgarischen
Fußballs aus der Fußballweltmeisterschaft 1994 in den
USA. Damals erreichte die bulgarische Mannschaft das
Halbfinale, indem es als krasser Außenseiter gegen den
amtierenden Weltmeister Deutschland mit Toren der
Barcelona-Stars Hristo Stoichkov und Yordan „goldene
Glatze“ Letschkov im Viertelfinale gewann. Man sagt,
dass der nicht nur durch sein angsteinflößendes Aussehen,
sondern auch durch sein harten Blutgrätschen
bekannte Trifon Ivanov vor dem Spiel zum Nationaltrainer
Dimitar Penev sagte: „Hab keine Angst vor diesem
Rudi Völler, wenn ich ihm nur ins Gesicht hauche, wird
er tot umfallen!“
Trifon Ivanovs Rapid-Mitspieler und jetziger FC-
Köln-Trainer Peter Stöger soll auch gesagt haben, dass
Trifon der einzige Fußballspieler sei, der rasiert zur
ersten Halbzeit hinauslaufe und zur Pause wieder einen
Vollbart habe. Ivanovs Vokuhila wird auch als popkulturelle
Referenz angegeben: vor einiger Zeit sah ich in
Wien einen mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Wear
your hair like Trifon“. 1994 war Bulgarien im totalen
Chaos versunken, nur das Verbrechen war organisiert.
Trotzdem haben viele meiner Landsleute diese
Jahre aufgrund der Fußballsiege als die besten ihres
Lebens in Erinnerung. „Die Vierten der Welt“ waren
sehr gute Fußballer, erwiesen sich aber als schlechte
Funktionäre. Nachdem sie das Ruder des bulgarischen
Fußballs übernommen haben, stürzte er immer tiefer in
die Mittelmäßigkeit. Zum letzten Mal qualifizierte sich
Bulgarien für eine Fußball-WM 1998, wo die „goldene
Generation“ von der großen Fußballbühne niederstieg.
Das Siegestor in der allesentscheidenden Qualifikation
gegen Russland erzielte Trifon Ivanov.
DER GETROFFENE PANZER
In Wien erinnern sich auch alle nur mit guten Gefühlen
an Trifon Ivanov. Jörg hat auch ein paar nette Erinnerungen
an ihn. Ich erzähle ihm, wie ich ihn am Busbahnhof
in Wien getroffen habe, wo er ein Päckchen
nach Bulgarien schicken wollte. Jörg sah ihn auf einer
Tankstelle, wo er aus seinem Ferrari ausstieg. In meiner
Erinnerung fuhr Trifon Ivanov einen Mercedes, aber das
ist heute sowieso egal.
Ivanov starb in Folge eines massiven Herzinfarkts.
Laut den Leuten, die ihn gekannt haben, war er ein
Bohemien, der gerne viel aß und noch mehr trank.
Er rauchte Zigaretten schon seit der Schulzeit und
während seiner gesamten Karriere als Profifußballer.
Ich habe irgendwo gelesen, dass Trifon Ivanov sich
während des Höhepunkts seines Ruhms einen Panzer
gekauft hat, den er auf den Feldern rund um seine
Geburtsstadt Veliko Tarnovo gefahren ist. Später hatte
er keinen Spaß mehr daran und verkaufte den Panzer.
Trifon Ivanov lebte wie ein Panzer und starb getroffen
von einer Panzerfaust.
Jörg und ich sind uns einig, dass es heutzutage keine
solchen Fußballspieler mehr gibt. Hart, hässlich und
authentisch. Mit dem Aussehen eines Auftragskillers
und mit einem Herzen aus Gold.
RIP Trifon Ivanov! ●
70 / MIT SCHARF /
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