Jugendliche Gewalttäter zwischen Jugendhilfe- und krimineller Karriere
AST_Abschlussbericht_Gewalttaeter
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Kapitel 4<br />
Ergebnisse<br />
Maßnahmen. Aber Maßnahmen, die gegen den Willen der Eltern <strong>und</strong> ohne<br />
Partizipation der <strong>Jugendliche</strong>n durchgeführt werden, haben kaum Chancen,<br />
eine nachhaltige Veränderung herbeizuführen. Der fehlende beziehungsweise<br />
scheiternde Zugang zu den <strong>Jugendliche</strong>n <strong>und</strong> deren Familien führt bei den<br />
Fachkräften schließlich häufig zu Überforderung <strong>und</strong> Resignation.<br />
Die Hauptproblematik der <strong>Jugendliche</strong>n muss in der Arbeit der Fachkräfte<br />
Berücksichtigung finden<br />
Viele der untersuchten Fälle zeigen, dass die <strong>Jugendhilfe</strong> häufig nicht die gesamte<br />
Problemlage der <strong>Jugendliche</strong>n <strong>und</strong> ihrer Familien im Blick hatte: Alkohol-<br />
<strong>und</strong> Drogenprobleme, psychische Auffälligkeiten oder massive familiäre<br />
Probleme wurden in der Arbeit mit den <strong>Jugendliche</strong>n nicht ausreichend beachtet<br />
<strong>und</strong> nicht in die Maßnahmen einbezogen. Teilweise wurden die Probleme<br />
scheinbar ignoriert, um handlungsfähig zu bleiben, teilweise wurden sie nicht<br />
gesehen oder sind aufgr<strong>und</strong> einer Vielzahl von beteiligten Institutionen <strong>und</strong><br />
Fachkräften aus dem Blick geraten. Dies ist häufig ein strukturelles Problem,<br />
weil die Fachkräfte aufgr<strong>und</strong> einer hohen Arbeitsbelastung nicht die Möglichkeit<br />
haben, auf alle Problemlagen einzugehen. In der aktuellen Arbeit können<br />
die Probleme nicht immer so gesehen werden, wie es im Nachhinein in der<br />
Analyse möglich war. Um alle Probleme im Blick zu behalten <strong>und</strong> nicht aufgr<strong>und</strong><br />
von Überforderung mit der Gesamtproblematik zu resignieren, ist vor<br />
allem eine gut funktionierende Kooperation mit allen beteiligten Institutionen<br />
<strong>und</strong> Fachkräften notwendig.<br />
Frühzeitige Kooperation mit der Schule kann Problemeskalationen verhindern<br />
Alle <strong>Jugendliche</strong>n berichten von schulischen Problemen, bei vielen hat das<br />
delinquente Verhalten sogar in der Schule begonnen. Vor allem beim Übergang<br />
in die weiterführenden Schulen gab es häufig Leistungsprobleme <strong>und</strong><br />
Schwierigkeiten im Sozialverhalten. Fast alle Befragten mussten die Schule<br />
mindestens einmal aus disziplinarischen Gründen verlassen, die Mehrheit hat<br />
die Schule zumindest zeitweise massiv geschwänzt <strong>und</strong> ein Viertel der <strong>Jugendliche</strong>n<br />
besuchte mehr als sechs Schulen.<br />
Obwohl die Probleme oft zuerst in der Schule sichtbar werden, scheint die<br />
Verantwortung für die Bearbeitung abweichenden Verhaltens nicht bei den<br />
Schulen zu liegen. Die Schulen reagierten auf die Auffälligkeiten entweder gar<br />
nicht, was häufig beim Schulabsentismus der Fall war, oder mit Disziplinarmaßnahmen<br />
wie Ausschluss vom Unterricht oder Verweisen der Schulen im<br />
Falle von Verhaltensauffälligkeiten <strong>und</strong> Gewalt. Anstatt die Schulpflicht<br />
durchzusetzen, scheinen einige Schulen besonders schwierige Schüler eher zu<br />
suspendieren, um ihren Lehrauftrag ungestört ausüben zu können. Auch eine<br />
Kooperation mit dem Jugendamt oder gezielte Elternarbeit erfolgt nur in den<br />
seltensten Fällen.<br />
Es ist auffällig, dass vor allem die Regelschulen wenig mit dem Jugendamt<br />
oder den Eltern zusammenarbeiten. Die meisten Befragten besuchten daher<br />
früher oder später Schulen mit besonderen Förderschwerpunkten zum Beispiel<br />
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