50,00 Euro / Ladies - aha-Magazin
50,00 Euro / Ladies - aha-Magazin
50,00 Euro / Ladies - aha-Magazin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Julian Möller zurück aus Argentinien<br />
Von Einem der auszog, um Gutes zu tun<br />
// Rheda-Wiedenbrück (wl). Der 20-jährige Julian Möller aus<br />
Rheda-Wiedenbrück war ein Jahr lang über ein Projekt der Evangelischen<br />
Kirche im argentinischen Buenos Aires. In diesem freiwilligen<br />
Friedensdienstjahr hat der Abiturient nicht nur viel über<br />
das Land und die Menschen dort gelernt, sondern auch Elend und<br />
Gewalt gesehen.<br />
<strong>aha</strong>: Worin bestanden Ihre Aufgaben dort?<br />
Möller: Ich habe im Jugendzentrum »Casa San Pablo« im Armenviertel<br />
von San Ambrosio gearbeitet. Dort konnte ich verschiedene<br />
Projekte wie Spielangebote, Musik, Sport, Nachhilfe<br />
und ein Zeltlager anbieten und organisieren. Ich habe<br />
auch bei der Mittagsspeisung von <strong>50</strong> Familien mitgeholfen.<br />
Das war sehr interessant und dabei habe ich viel über das<br />
Leben und die Probleme dort von den Köchinnen erfahren.<br />
<strong>aha</strong>: Wie sind Sie dort als Deutscher aufgenommen worden?<br />
Möller: Von den Erwachsenen sehr gut. Bei den Jugendlichen war<br />
es zunächst schwierig, akzeptiert zu werden. Doch nach einiger<br />
Zeit brach das Eis, viele von ihnen wurden Freunde<br />
und ich konnte ihnen oft helfen, wenn sie mal wieder auf<br />
der Kippe zwischen ihrer beruflichen Zukunft und illegalen<br />
Geschäften standen.<br />
<strong>aha</strong>: Was hat sie besonders schockiert in Argentinien?<br />
Möller: Der krasse Unterschied zwischen Arm und Reich. In dem Armenviertel,<br />
wo ich arbeitete, gab es sehr viel Armut, Elend<br />
und Gewalt. Ich selbst hatte mit vier weiteren Freiwilligen<br />
eine Wohnung in dem sehr gepflegten Stadtteil Palermo,<br />
wo ich mich auch sicher fühlte. Dort war alles recht sauber<br />
aber auf der eineinhalb Stunden dauernden Fahrt mit Bahn<br />
und Bus sah es dann schon anders aus. Das Bild veränderte<br />
sich Kilometer für Kilometer. Da habe ich immer versucht,<br />
möglichst nicht aufzufallen, um nicht in Auseinandersetzungen<br />
zu geraten. Geschockt haben mich auch die<br />
hygienischen Verhältnisse. Toiletten, Duschen – falls überhaupt<br />
vorhanden – waren in katastrophalem Zustand.<br />
16<br />
Oktober 2<strong>00</strong>9 //<br />
Auch solche Naturgewalten konnte der Rheda-Wiedenbrücker erleben,<br />
als er einige Tage Urlaub hatte.<br />
Emanuel, ein achtjähriger Junge aus Buenos Aires, ist dem Rheda-<br />
Wiedenbrücker Julian Möller in seinem sozialen Jahr besonders ans<br />
Herz gewachsen.<br />
<strong>aha</strong>: Würden Sie solch ein Jahr jungen Menschen empfehlen,<br />
oder sagen Sie auf keinen Fall?<br />
Möller: Ich würde es noch einmal machen und kann es nur jedem<br />
Jugendlichem empfehlen. Es weitet den Blick und man<br />
bekommt Daheim schon fast einen Schock, wie kultiviert<br />
alles zugeht.<br />
<strong>aha</strong>: Haben Sie sich schon wieder so richtig eingelebt?<br />
Möller: Zunächst hat es erst einmal gedauert, weil die Argentinier<br />
einen ganz anderen Lebensrhythmus haben als wir<br />
Ostwestfalen. Die gehen erst abends ganz spät essen und<br />
feiern bis zum frühen Morgen. Außerdem haben alle immer<br />
Zeit, warten ohne murren eine Stunde auf den Bus<br />
und trinken gerne ausgiebig Mate-Tee. Da musste ich<br />
mich in Deutschland ganz schön umstellen.<br />
<strong>aha</strong>: Wie wurde das Projekt finanziert?<br />
Möller: Dank der Unterstützung von heimischen Sponsoren war<br />
dieser Aufenthalt in der mit 15 Millionen Einwohnern<br />
großen Hauptstadt von Argentinien überhaupt möglich.<br />
Ich habe in dieser Zeit kein Geld verdient, sondern einfach<br />
nur geholfen.<br />
<strong>aha</strong>: Haben Sie argentinische Freunde behalten?<br />
Möller: Ja, einige. Wir werden uns bestimmt noch so manches<br />
Mal schreiben. Der achtjährige Emanuel ist mir dieser Zeit<br />
besonders an Herz gewachsen. Von seinen älteren Brüdern<br />
wurde er nur geärgert und unterdrückt, so dass er<br />
gar nicht mehr sprach und völlig scheu war. Ich habe<br />
mich intensiv um ihn gekümmert und unternahm viel mit<br />
ihm. Nach einigen Wochen taute Emanuel auf und<br />
sprach wieder. Er konnte sich in der Gruppe integrieren<br />
und als der Abschied vor der Tür stand, fiel es uns beiden<br />
sehr schwer. Da hatte ich einfach das Gefühl, dass meine<br />
Bemühungen auch geholfen haben.<br />
<strong>aha</strong>: Wie sieht ihr weiteres Leben aus?<br />
Möller: Ich absolviere ein duales Studium in einer Bielefelder Firma<br />
und an der Möbelfachschule Köln.