rostocker lichtwoche - HRO·LIFE - Das Magazin für die Hansestadt ...
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verkehrsüberwachung in rostock<br />
mit dem „poliscan speed-tower“<br />
Bußgeldbescheide wegen Geschwindigkeitsüberschreitung<br />
beruhen bundesweit<br />
immer häufi ger auf einer Messung mit dem<br />
System PoliScan Speed des Herstellers Vitronic.<br />
Die messenden Behörden schaffen<br />
PoliScan Speed gerne an, denn der Blitzer<br />
ermöglicht eine mehrspurige Fahrbahnüberwachung<br />
und somit höhere Einnahmen.<br />
Auch Rostock sowie der Landkreis Rostock<br />
haben nunmehr einige von <strong>die</strong>sen neuen<br />
„Wunderwaffen“ angeschafft. PoliScan<br />
Speed gibt essowohl als mobiles als auch als<br />
stationäres System. Letztgenannte Blitzer<br />
sind vor allem als „PoliScan Speed Tower“<br />
bekannt, wie nunmehr drei in Rostock installiert<br />
wurden. Im Zentrum der Urteile<br />
und Aufsätze zu PoliScan Speed steht dabei<br />
<strong>die</strong> Frage der Zuverlässigkeit der Messung,<br />
speziell <strong>die</strong> Zuverlässigkeit der Messwertbildung.<br />
Die Rechtsprechung geht inzwischen<br />
davon aus, dass PoliScan Speed ein<br />
standardisiertes Messverfahren im Sinne der<br />
BGH-Rechtsprechung ist, d.h., dass bei ordnungsgemäßer<br />
Anwendung von fehlerfreien<br />
Ergebnissen einer Messung mit PoliScan<br />
Speed auszugehen ist. Diese Rechtsfi gur des<br />
standardisierten Messverfahren führt<br />
<strong>für</strong> betroffene Autofahrer praktisch<br />
zu einer einer Umkehr der Beweislast. Der<br />
Betroffene muss muss unter Beweis stellen,<br />
dass PoliScan Speed bei der Messung<br />
nicht gemäß der GebrauchsanweiGebrauchsanweisung<br />
angewendet wurde oder dass<br />
wegen sonstiger konkreter Umstände<br />
ein Fehler im System vorlag, vorlag, aufgrund<br />
dessen eine Falschmessung nicht auszuschließen<br />
war. In Aufsätzen und<br />
Gutachten wird vor vor allem problematisiert,<br />
dass bei PoliScan Speed das<br />
Messfoto erst ca. ca. 50 m hinter der der<br />
Messstelle entsteht und Unklarheiten<br />
bei bei zwischenzeitlichem zwischenzeitlichem Abbremsen Abbremsen<br />
auftreten können. Zudem haben<br />
empirische Untersuchungen gezeigt,<br />
dass es es in bestimmten bestimmten Geschwindigkeitsbereichen<br />
von vorneherein vorneherein Messungenauigkeiten<br />
bzw. bzw. ZuordnungsZuordnungsschwierigkeiten<br />
des Messwertes geben<br />
kann.<br />
Problematik der korrekten<br />
Messwertzuordnung<br />
<strong>Das</strong> Poliscan Speed misst <strong>die</strong> mittlere<br />
Geschwindigkeit eines Fahrzeugs<br />
innerhalb eines bis zu 30 m langen<br />
Bereichs. Dieser Bereich liegt<br />
20 m bis 50 m vor dem Messgerät.<br />
Wo innerhalb des maximal<br />
30 m langen Messbereichs <strong>die</strong><br />
Geschwindigkeitsmessung erfolgt ist dabei<br />
nicht bekannt. Der überwiegende Teil <strong>die</strong>ses<br />
Bereichs ist auf dem Messfoto zudem nicht<br />
abgebildet. Bei der Berechnung der Fotoauslöseverzögerung<br />
geht PoliScan Speed davon<br />
aus, dass das Fahrzeug ab dem Ende der<br />
Geschwindigkeitsmesswertbildung bis zum<br />
Auslösen des Fotos seine Geschwindigkeit<br />
nicht mehr ändert und auch <strong>die</strong> Fahrtrichtung<br />
beibehält. In Höhe des Auswertpunktes<br />
wird ein sogenannter Auswertrahmen in das<br />
Messfoto eingeblendet. Im Idealfall liegt der<br />
Auswertrahmen (bei Frontmessung) auf der<br />
Vorderfront des Fahrzeugs, das gemessen<br />
wurde bzw. bei Heckmessung auf der Rückfront.<br />
Jedoch nur, wenn der Auswertrahmen<br />
korrekt aufl iegt, stellt <strong>die</strong>s ein Indiz <strong>für</strong> eine<br />
zutreffende gemessene Geschwindigkeit des<br />
abgebildeten Fahrzeugs dar.<br />
Die Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers<br />
Vitronic äußert sich zum Auswertrahmen<br />
wie folgt: „Dieser zeigt einen perspektivisch<br />
im Bereich der Fahrzeugfront<br />
eingefügten rechteckigen Bereich mit 1 m<br />
Höhe; seine Breite entspricht dem Bereich<br />
auf der Fahrzeugfront, von welchem Messwerte<br />
übernommen wur-<br />
den. Innerhalb des Rahmens<br />
müssen sich ein<br />
Vorderrad (bei Frontmessung)<br />
bzw. ein Hinterrad<br />
(bei Heckmessung) und/<br />
oder das Kennzeichen<br />
eines Fahrzeugs, zumindest<br />
teilweise befi nden.<br />
Weitere Verkehrsteilnehmer<br />
, <strong>die</strong> sich auf der<br />
gleichen oder einer benachbarten<br />
Fahrspur in<br />
gleicher Fahrtrichtung<br />
bewegen, dürfen innerhalb<br />
des Rahmens nicht<br />
zu sehen sein. Außerdem<br />
muss sich <strong>die</strong> Unterseite<br />
des Rahmens unterhalb<br />
der Räder befi nden.<br />
Andernfalls muss das<br />
Bild als Beweismittel<br />
verworfen werden.“ Bei<br />
Messungen niedriger<br />
Geschwindigkeiten wie<br />
z.B. bei Geschwindig-<br />
keitsüberwachung in 30<br />
HRO •LIVE<br />
km/h-Zonen kann<br />
es aufgrund von<br />
Brems- oder Beschleunigungsvorgängen<br />
oder<br />
wegen eines Fahr-<br />
streifenwechsels zu einer deutlich falschen<br />
Positionierung des Auswertrahmens kommen.<br />
Im August 2010 wurde vom Gutachter<br />
Dr. Löhle bei zwei Messungen mit PoliScan<br />
Speed Geräten jedoch auch festgestellt, dass<br />
es bei Autobahngeschwindigkeiten auf gerader<br />
Strecke mit Einzelfahrzeugen zu einer<br />
gravierend falschen Positionierung des Auswertrahmens<br />
gekommen war, <strong>die</strong> wegen der<br />
bei hoher Geschwindigkeit kurzen Zeitspanne<br />
zwischen dem Ende der Geschwindigkeitsmesswertbildung<br />
und dem Fotoauslösepunkt<br />
nicht mit Bremsen, Beschleunigen<br />
oder Fahrstreifenwechsel erklärt werden<br />
konnte.<br />
Gerätehersteller räumt Fehlerquote ein<br />
Die Herstellerfi rma Vitronic hat angesichts<br />
<strong>die</strong>ser falschen Positionierung daraufhin<br />
eingeräumt, dass es bei den Softwareversionen<br />
1.5.3 und 1.5.4, <strong>die</strong> vor der neu entwickelten,<br />
mit Nachtragszulassung der PTB<br />
Braunschweig am 21.7.2010, zugelassenen<br />
Softwareversion 1.5.5, zum Einsatz kamen,<br />
in 1 – 2 % der Fälle zu Bildauslösungen<br />
mit Verzögerungen von bis zu 0,10 – 0,15<br />
sec kommen kann. Problematisch ist, dass<br />
in solchen Fällen der Auswertrahmen auf<br />
dem ausgelösten Messfoto auf der Vorderfront<br />
eines Fahrzeugs auf dem benachbarten<br />
Fahrstreifen liegen kann. Die Herstellerfi rma<br />
Vitronic verweist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
gerne auf <strong>die</strong> Möglichkeit der Plausibilitätskontrolle<br />
über <strong>die</strong> näherungsweise<br />
Bestimmung der Fahrzeuggeschwindigkeit<br />
aus dem Bild einer CCD-Kamera auf der<br />
Basis des Smeareffekts. Löhle erteilt <strong>die</strong>ser<br />
Möglichkeit jedoch eine Absage indem er<br />
auf Untersuchungen verweist, wonach <strong>die</strong><br />
Berechnung von Geschwindigkeiten eines<br />
Fahrzeugs auf der Basis des Smear-Effekts<br />
erheblichen Toleranzen unterliegen könne.<br />
Unverwertbarkeit von Bildern mit mehreren<br />
Fahrzeugen gefordert<br />
Der Gutachter Löhle fordert daher Messfotos<br />
mit PoliScan Speed, Softwareversionen<br />
1.5.3 und 1.5.4. vorsorglich immer dann<br />
nicht auszuwerten, wenn zwei oder mehrere<br />
Fahrzeuge derselben Fahrtrichtung darauf<br />
zu sehen sind – auch wenn der Auswerterahmen<br />
nur auf Teilen eines der Fahrzeuge<br />
aufl iegt und eine korrekte perspektivische<br />
Höhe aufweist.<br />
Rathjens, Reichel, Penneke und Keubke<br />
Rechtsanwälte in Bürogemeinschaft<br />
www.<strong>rostocker</strong>anwaelte.de