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KF_Retrospektive_v24_ebook

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Klaus Fessmann<br />

<strong>Retrospektive</strong>


Klaus Fessmann<br />

<strong>Retrospektive</strong><br />

für Andrea


Beobachten und Zuhören,<br />

absichtsloses Tun der Augen und der Ohren<br />

… das sind die ersten beiden Leben<br />

Verstehen und Lernen,<br />

absichtsvolles Tun des Geistes<br />

… das ist das nächste Leben<br />

Üben, üben um sich zu erkennen<br />

Konzertieren, nach Außen gehen,<br />

… das ist das vierte Leben<br />

Der Weg zu Gott und den Göttern<br />

… das ist das fünfte Leben


Inhalt<br />

Contents<br />

Satori 4<br />

AeLaLeA 6<br />

Galaxien 8<br />

Kreise I 12<br />

Kreise II 14<br />

Die Transformation von Musik in Architektur 16<br />

Drei Wege für einen Gitarristen 22<br />

Minimalgraphiken 28<br />

Thomas Bernhard Texte I 32<br />

Mahler Texte 34<br />

Metamorphosen 36<br />

Metamorphosen für acht Frauenstimmen 38<br />

Orient Meets Occident 42<br />

Mozart in Art: Tre Balli 46<br />

Segantini 48<br />

Ingeborg Bachmann Zyklus 52<br />

Werner Dürrson Zyklus „Höhlensprache“ 56<br />

Dürrson 1 58<br />

Dürrson 2 62<br />

Dürrson 3 64<br />

Gertrude Stein Zyklus 66<br />

Thomas Bernhard Zyklus – Alte Meister 72<br />

Eduard Mörike / Hugo Wolf Zyklus 78<br />

Gustav Mahler Zyklus 84<br />

Laetare – Da Pacem Domine 90<br />

Laetare – Benedicat 94<br />

Vorträge 100<br />

Klaus Fessmann 104<br />

Satori 4<br />

AeLaLeA 6<br />

Galaxia 8<br />

Circles I 12<br />

Circles II 14<br />

The Transformation of Music into Architecture 16<br />

Three Paths for a Guitarist 22<br />

Minimal Graphics 28<br />

Thomas Bernhard Texts I 32<br />

Mahler Texts 34<br />

Metamorphoses 36<br />

Metamorphoses for Eight Female Voices 38<br />

Orient Meets Occident 42<br />

Mozart in Art: Tre Balli 46<br />

Segantini 48<br />

Ingeborg Bachmann Cycle 52<br />

Werner Dürrson Cycle “Höhlensprache” (“Cave Language”) 56<br />

Dürrson 1 58<br />

Dürrson 2 62<br />

Dürrson 3 64<br />

Gertrude Stein Cycle 66<br />

Thomas Bernhard Cycle – Old Masters 72<br />

Eduard Mörike / Hugo Wolf Cycle 78<br />

Gustav Mahler Cycle 84<br />

Laetare – Da Pacem Domine 90<br />

Laetare – Benedicat 94<br />

Lectures 100<br />

Klaus Fessmann 104<br />

Die in diesem Katalog ausgewählten Werke und Inhalte stellen einen<br />

Teil des Schaffens von Klaus Fessmann dar. Seine Arbeit ist ein dauernder<br />

spannender Prozess. Weitere, sich immer wieder erneuernde<br />

Zusatzinformationen, Hintergründe, sowie verschiedene Medien wie<br />

Grafiken, Videos, Musik finden Sie unter:<br />

www.klaus-fessmann.de/retrospektive<br />

The artworks contained in this catalogue represent only a facet<br />

of Klaus Fessmann‘s Œuvre. His work is an ongoing and exciting<br />

creative process. More information and background insights<br />

including videos, mixed media and graphics are available under:<br />

www.klaus-fessmann.de/retrospektive


Satori<br />

Satori<br />

Der aus dem Zen-Buddhismus stammende Begriff SATORI war in<br />

den Jahren meines Musikstudiums eines meiner bedeutungs vollsten<br />

Ziele. Er kristallisierte sich aus einer scheinbar sehr widersprüchlichen<br />

Mischung heraus: der Beschäftigung mit Zen, indischer Musik,<br />

den Sufis, Psycho analyse, Marxismus, Theosophie, Mozart, den<br />

Doors, Freejazz und noch vielen anderen Dingen.<br />

Die musikalische Graphik SATORI fasst all das in drei Kreise zusammen.<br />

Im Zentrum der Zeichnung stehen die Verschiedenheiten der<br />

Musiken, die jeweils durch Kreise umgeben und durch sie festgehalten<br />

werden. So gab mir dieses Fassen die Kraft, alle mir wichtigen<br />

Diversitäten leben zu können.<br />

SATORI war eine der ersten visuellen Aufzeichnungen der Musik, die<br />

ich in mir hörte.<br />

SATORI, a term originating in Zen Buddhism, was one of the most<br />

meaningful goals I had during my years as a music student. It<br />

developed out of a seemingly highly contradictory mixture: involvement<br />

with Zen, Indian music, Sufis, psychoanalysis, Marxism, theosophy,<br />

Mozart, The Doors, free jazz, and many other things.<br />

The musical drawing SATORI combines all that in three large circles.<br />

The center of the drawing shows the disparities in the various kinds<br />

of music, disparities that are encompassed and contained by separate<br />

circles. Through embracing this I was given the strength to live<br />

out all the disparities that were important to me.<br />

SATORI was one of the first visual recordings of music that I heard<br />

within myself.<br />

4


Tusche auf Papier, 60 x 60 cm, 1976<br />

India ink on paper, 60 x 60 cm, 1976<br />

5


AeLaLeA<br />

AeLaLeA<br />

AeLaLeA ist eine aus drei Schichten bestehende Einzelgraphik,<br />

welche sich aus der Beschäftigung mit Zeichen anderer Kulturen<br />

entwickelte. Dem Symbol liegen drei Kreise unterschiedlicher Größe<br />

zu Grunde. Zwei Kreise sind vollständig notiert, die anderen Kreisausschnitte<br />

sind jeweils gedrittelt und an ihren Endpunkten zusammengeführt.<br />

Die Kreise werden mit einer Verschachtelung eckiger,<br />

kantiger graphischer Formen, die Musikausschnitte unterschiedlicher<br />

Stile enthalten, schattenhaft kontrapunktiert.<br />

Die einzelnen Blätter können auch ausgetauscht und im Winkel verschoben<br />

werden. Eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten ist<br />

somit denkbar und in der Idee angelegt.<br />

AeLaLeA, a single drawing made up of three different layers, evolved<br />

through the study of signs from other cultures. Circles of different<br />

sizes form the basis of the symbol. Two circles are drawn full circle,<br />

the other sectors are each one-third of a circle and are joined at<br />

their endpoints. The circles are set in counterpoint to the shadowy<br />

interlocking of angular, polygonal, graphic forms containing musical<br />

notations in various styles.<br />

The different layers can also be interchanged and the angles shifted.<br />

A multitude of combinatory possibilities is conceivable and inherent<br />

to the idea.<br />

6


Tusche auf Transparent, 3 Blätter, 50 x 80 cm, 1979<br />

India ink on transparent paper, 3 sheets, 50 x 80 cm, 1979<br />

7


Galaxia<br />

Galaxia<br />

GALAXIA entstand ebenfalls aus der Beschäftigung mit symbolischen,<br />

oft archaischen Zeichen und Symbolen. Drei sich nicht berührende<br />

Kreise, jeweils im dritten Drittel geöffnet, werden von einem<br />

nicht gezeichneten hypothetischen Kreis erfasst, während in einem<br />

Sechstel der drei weiteren umfassenden Kreise die Musik notiert ist.<br />

Dieses Symbol wird in vier verschiedenen Größen variiert auf Transparentpapier<br />

notiert und auf einer Mittelachse übereinandergelegt.<br />

Die Wahrnehmung der Symbole wird immer unschärfer, je weiter die<br />

Schicht nach hinten rückt.<br />

In einem Spezialverfahren wurden die Blätter auf Plexiglas aufgezogen<br />

und hintereinanderliegend in ein Fenster eingebaut. Die<br />

aufgehende Sonne erwärmt gleichmäßig die Scheiben und daraus<br />

entsteht der Eindruck, als ob sich die Kreise zu drehen beginnen.<br />

GALAXIA also evolved through the study of symbolic, often archaic<br />

signs and symbols. Three non-touching circles, each with its third<br />

part opened, is encompassed by an undrawn, hypothetical circle,<br />

with the music being notated in the sixth part of three other encompassing<br />

circles. This symbol is repeated, each in a different size, on<br />

four sheets of transparent paper which are then placed one on top<br />

of the other on a central axis. The symbol appears more and more<br />

blurred to the eye the farther back the sheet is located.<br />

In a special procedure the sheets were mounted on Plexiglas panels<br />

and installed, one behind the other, into a window. The rising sun<br />

heats the panels evenly, creating the impression that the circles<br />

begin to rotate.<br />

8


Tusche auf Plexiglas, 80 x 80 cm, 1981, als Druck: Tusche auf Transparentpapier, 4 Blätter, 1983<br />

India ink on Plexiglas, 80 x 80 cm, 1981, as print: India ink on transparent paper, 4 sheets, 1983<br />

9


10


11


Kreise I<br />

Circles I<br />

Diese Komposition war der Beginn meiner künstlerischen Arbeit mit<br />

dem Ziel, Text in die musikalisch-graphischen Zeichen und Strukturen<br />

einzubauen, um somit den Klang der Sprache mit dem Klang der<br />

Musik mittels Zeichen in Verbindung zu bringen.<br />

This composition was the beginning of my artistic work having the<br />

goal of incorporating text into the musical graphical signs and structures<br />

in order to link the sound of speech to the sound of music by<br />

means of signs.<br />

12


Bleistift auf Papier, 50 x 70 cm, 1977<br />

Pencil on paper, 50 x 70 cm, 1977<br />

13


Kreise II<br />

Circles II<br />

Die zweite Kreis-Graphik kontrapunktiert die Kreise auf der hinteren<br />

Ebene mit den Fünfecken auf der vorderen Ebene. Es wurden<br />

Buchstaben aus den Worten aufgegriffen, Zahlen, Pfeile und andere<br />

graphische Zeichen, die sich im Schreiben entwickelten, wurden<br />

festgehalten, so dass verschiedene Verdichtungen entstanden, die<br />

sich zu Landschaften gruppierten und der Öffnung in den Hintergrund<br />

gleichzeitig Platz machten. So entstand im visuell-klanglichen<br />

Tun das Werk erst durch seine Mehrschichtigkeit, die Unschärfe<br />

entwickelte die Qualitäten.<br />

In the second circle drawing, the circles on the deeper level form<br />

a counterpoint to the pentagons on the front surface. Letters were<br />

gleaned from the words; numbers, arrows and other graphic elements<br />

that took shape during writing were retained, forming different<br />

consolidations and grouping themselves into landscapes while at<br />

the same time leaving room for an opening to the background. Thus<br />

this work, in the visual-tonal doing of it, emerged primarily through its<br />

multi-layerdness; the blurriness developed the qualities.<br />

14


Tusche auf Transparentpapier, 2 Blätter, 110 x 80 cm, 1983<br />

India ink on transparent paper, 2 sheets, 110 x 80 cm, 1983<br />

15


Die Transformation von<br />

Musik in Architektur<br />

The Transformation of Music<br />

into Architecture<br />

Die beiden bedeutendsten menschlichen Sinne, das Sehen und<br />

das Hören sind die wichtigsten Bereiche bei der Entstehung von<br />

Musik, von Klang. Das Hörend-Klingende und das Sehend-Tönende<br />

wird schon von Anbeginn der Menschheit zu einem Raum, einem<br />

Gebäude, einer Landschaft, die aus dem Klang, aus dem Gehalt des<br />

Klangs kommt. Leben im Klang heißt eins zu sein mit sich selbst im<br />

Tönen, heißt, das griechische Ideal der Musica Humana, der inneren<br />

Musik des Menschen im Außen gefunden, entwickelt und gebaut zu<br />

haben.<br />

Im Jahr 2000 entstand für mich die Möglichkeit, diese Vorstellungen<br />

in einem konkreten Bauprojekt umzusetzen. Ich transformierte Verdis<br />

RIGOLETTO-, TRAVIATA- und AIDA-Ouvertüre in den Garten bau,<br />

MOZARTsche Divertimenti in drei unterschiedliche Ein- und Mehrfamilienhäuser,<br />

ein HÄNDELsches Concerto Grosso in das auf Seite<br />

17 zu sehende Baufeld zwischen der historischen Wand und auf das<br />

Gebäude mit den tanzenden Balkonen auf der gegenüberliegenden<br />

Seite, dazwischen Mehrfamilienhäuser und der aus dem 5. Satz entwickelte,<br />

dem Italienischen verpflichtete Garten mit dem Wasserlauf.<br />

Dazu kamen Sonaten von SCARLATTI, MENDELSSOHN und ein<br />

eigener Zyklus für ein Reihenhausbaufeld, welches aus einem<br />

Thema 20 Variationen entstehen ließ.<br />

Abgeleitet wurde dies alles aus graphischen Skizzen, wie sie als<br />

Beispiele auf Seite 21 abgebildet sind. Neben der Vorlage für die<br />

Architektur und die öffentlichen Plätze wurden sie u. a. auch in Beton<br />

gegossen und als Bodenplatten verwendet, wie auf Seite 20 ersichtlich.<br />

Die angefügten Photos vermitteln Impressionen dieser aus der<br />

Musik, aus dem Hören heraus entwickelten Architektur, ihre ganz<br />

spezielle Schönheit, die von ihr vermittelte Behaglichkeit, das<br />

Wohl-Fühlen im Klang, in der Musik.<br />

Der auf Seite 19 abgebildete Plan zeigt einen verkürzten Überblick<br />

über die Umsetzung des RIGOLETTO-Vorspiels in einen Gartenplan.<br />

Tonhöhen, Harmonik, Klangfarbe, Struktur werden in Zeichen verwandelt,<br />

die wiederum der Gartenarchitekt in seine Gartenarchitektur<br />

umsetzen kann. Klangfarbe zu Pflanzenfarbe, Tonhöhenverlauf zu<br />

Breite und Höhe der Pflanze, Harmonik zu Verbindung vom Einzelphänomen<br />

zum Ganzen. Heute wohnen hier über 2.500 Menschen.<br />

Mit dem Projekt wurden mehrere bedeutende Preise gewonnen.<br />

The two most important human senses, seeing and hearing, are the<br />

decisive areas for the development of music, of musical sound. Since<br />

the beginning of humankind the experience of both hearing and<br />

seeing sound evolves into a room, a building, a landscape, all flowing<br />

from the essence of sound itself. Living in sound means being<br />

one with oneself in sound, it means having developed and established<br />

the Greek ideal of “musica humana,” the inner music of human<br />

beings found in the external world.<br />

In the year 2000 a possibility arose for me to implement these<br />

ideas in a concrete building project. I transformed Verdi’s overtures<br />

to RIGOLETTO, LA TRAVIATA and AIDA into horticulture, Mozart’s<br />

divertimenti into three different kinds of single- and multiple-family<br />

dwellings, and one of Händel’s concerti grossi into the housing area<br />

pictured on page 17 and situated between the historical wall and<br />

the building with the dancing balconies on the opposite side. In<br />

between there are apartment houses and an Italian-inspired garden<br />

area, including a watercourse, that was developed out of the fifth<br />

movement.<br />

In addition, sonatas by SCARLTTI and MENDELSSOHN were used,<br />

as well as a series of my own that was transformed for a site for row<br />

houses, giving rise to twenty variations based on one theme.<br />

All this was derived from graphic sketches such as the ones pictured<br />

on page 21. These sketches not only served as drafts for the architecture<br />

and the public spaces, but were also poured in concrete and<br />

used as paving slabs as shown on page 20.<br />

The accompanying photographs give impressions of this architecture<br />

that was developed from music, from hearing, architecture of<br />

a special beauty, conveying the comfort and sense of well-being in<br />

sound and music.<br />

The diagram on page 19 shows an abbreviated overview of the<br />

implementation of the overture to RIGOLETTO into plans for the<br />

garden. Pitch, harmony, timbre, and structure are all converted into<br />

signs and symbols that the garden architect can use for his garden<br />

architecture. Timbre translates into plant color, pitch progression into<br />

the width and height of plants, harmony into the relationship of isolated<br />

phenomena to the whole. Today over 2,500 people live here.<br />

Several major prizes have been awarded to this project.<br />

16


Ein Ausschnitt aus dem Bauprojekt „Quartier am Turm“ – Architektur aus Musik · Gesamtbild HÄNDEL Concerto Grosso op. 6 Nr. 5<br />

A detail of the construction project “Quatier am Turm” – architecture from music · General view of HÄNDEL Concerto Grosso op. 6 Nr. 5<br />

17


Impressionen<br />

Impressions<br />

18


Bepflanzungsplan, Transformationen aus der Oper RIGOLETTO von VERDI<br />

Planting scheme, transformations from the opera RIGOLETTO by VERDI<br />

19


Graphiken wurden in Beton gegossen und liegen als Bodenplatte vor jedem Haus. Je Platte, 80 x 80 cm, 2005<br />

Graphics were poured in concrete and used as paving slabs in front of each house. Each slab 80 x 80 cm, 2005<br />

20


Die ersten Skizzen ... hieraus entwickelte sich das Gesamtprojekt „Quartier am Turm“<br />

The first sketches… From these evolved the whole project “Quartier am Turm”<br />

21


Drei Wege für einen Gitarristen<br />

Three Paths for a Guitarist<br />

Diese drei Kompositionen entstanden in den 70er Jahren des<br />

20. Jhds. und wurden für meinen Freund HUCKE EICHELMANN<br />

geschrieben. Es sind einzelne Blätter, welche in einer Mappe zusammengefasst<br />

drei unterschiedliche Denk- und Notationsweisen musikalisch-visuell<br />

realisieren.<br />

These three compositions were written during the 1970s for my<br />

friend HUCKE EICHELMANN. The single sheets are collected in a<br />

portfolio and capture musically and visually three different modes of<br />

thought and notation.<br />

22


Tusche auf Papier, 1977–1979<br />

India ink on paper, 1977–1979<br />

23


Der erste Weg stellt ein permanentes Continuum dar, in einer Linie durchgeschrieben, mit Wiederholungs möglichkeiten versehen.<br />

Der Hintergrund ist die Zeit in ihrer Unentrinnbarkeit.<br />

The first path represents a permanent continuum, written straight through in one line with and provided with the possibility for repetition.<br />

The background is time in its inescapability.<br />

24


Der zweite Weg ist nach dem Prinzip des sogenannten Mobiles gebaut. In einer graphisch angelegten Form werden einzelne musikalische<br />

Motive unterschiedlicher Länge notiert. Die Reihenfolge der zu spielenden Kästchen ist mit Einschränkungen frei wählbar (siehe Legende).<br />

Der Interpret bestimmt den formalen Ablauf des Stücks. Das mittlere sechseckige Kästchen wird am Ende gespielt.<br />

The second path is built upon the principle of a so-called mobile. Individual musical motifs of differing length are written down in a graphically arranged form.<br />

The order of sequence in which the motifs in the boxes should be played can, with certain restrictions (see legend), be selected freely. It is the performer who<br />

determines the formal course of the piece. The hexagonal box in the middle is to be played at the end.<br />

25


Der dritte Weg basiert auf dem indischen Ragadenken. Das Chakra-Zeichen für den Atem suggeriert die Leichtigkeit des notierten Akkords, der wiederholt<br />

wird in einer genau vorgeschriebenen Folge. Die tiefe E-Saite wird auf D heruntergestimmt und läuft als Bordun in unterschiedlichen Tempi durch. Im mittleren<br />

Block kommt das Klopfen auf der Gitarre dazu und der dritte Teil ganz rechts isoliert in virtuoser Manier die beiden letztgenannten Spieltechniken.<br />

The third path is based on Indian Raga thought. The chakra symbol for breath is suggested by the lightness of the written chord that is to be repeated in a<br />

precisely prescribed sequence. The low E-string is tuned down to D and played as a persistent bass note (drone-bass) in different tempi throughout the piece<br />

and the third section on the extreme right isolates in a virtuoso manner both of the lastly named techniques.<br />

26


„… und wenn es die Sterne sind“, Tusche auf Transparentpapier, 3 Blätter, 110 x 80 cm, 1978<br />

Die Anordnung sowohl der Musik als auch der Texte basiert auf dem gebräuchlichen Notenliniensystem, welches teilweise zu einer Vielzahl von<br />

Linien erweitert wurde. Die Gesamtheit des Werkes ist das Bild einer im Traum gehörten Musik. Ich notierte dieses Bild im Aufwachen und habe es<br />

danach nur noch verfeinert und teilweise erweitert.<br />

“…and if it is the stars.” India ink on transparent paper, 3 sheets, 110 x 80 cm, 1978<br />

The organization of both the music and the texts is based on the conventional staff system which was then partially expanded to include a multiplicity of lines.<br />

The work in its entirety is the picture of music heard in a dream. I sketched this picture upon waking and since then have only refined it and partially<br />

expanded it.<br />

27


Minimalgraphiken<br />

Minimal Graphics<br />

Die Minimalkunst entstand in den 70er Jahren des vorhergehenden<br />

Jahrhunderts und bedeutet in den einzelnen Künsten Unterschiedliches.<br />

In der Musik versteht man unter dem Begriff eine<br />

Kompositionstechnik, welche primär mit Wiederholungen arbeitet.<br />

Wiederholungen sind durchaus typisch für die Arbeit mit Klängen. In<br />

der Geschichte nennt man solche Techniken Ostinato, Bordun, später<br />

Pattern. Die Wirkung dieser Techniken ist vergleichbar mit dem<br />

Beten des Rosenkranzes, dem Mantra-Singen, dem In-Trance-Geraten,<br />

dem Meditieren. In der Bildenden Kunst wird der Begriff Minimalkunst<br />

zur Kennzeichnung minimaler Veränderungen verwendet. Aus<br />

diesen Ideen heraus und dem täglichen stundenlangen Üben von<br />

Wiederholungen entstanden eine Reihe von graphischen Arbeiten,<br />

die mit diesen Techniken im Visuellen und Klanglichen umgehen.<br />

Minimal art hat its beginnings during the 1970s and means different<br />

things to the different art genres. In music the term refers to<br />

a technique of composition that deals primarily with repetition.<br />

Repetitions are quite typical for work with sounds. In the history of<br />

music such techniques have been called ostinato, drone, and, later<br />

on, pattern. The effect of these techniques is similar to the effect of<br />

praying the rosary, of mantra singing, of entering a state of trance, of<br />

meditation. In the visual arts the term minimal art is used for designating<br />

minimal changes. From this idea and from daily hours of practicing<br />

repetitions, a series of graphic works was developed that deals<br />

with such techniques both visually and musically.<br />

28


Bleistift auf Millimeterpapier, 50 x 40 cm, 1983<br />

Pencil on millimeter paper, 50 x 40 cm, 1983<br />

29


Bleistift auf Millimeterpapier, 50 x 40 cm, 1983<br />

Pencil on millimeter paper, 50 x 40 cm, 1983<br />

30


Bleistift auf Millimeterpapier, 50 x 40 cm, 1983<br />

Pencil on millimeter paper, 50 x 40 cm, 1983<br />

31


Thomas Bernhard Texte I<br />

Thomas Bernhard Texts I<br />

Die Sprache des österreichischen Schriftstellers Thomas Bernhard<br />

besitzt auf verschiedenen Ebenen einen sehr hohen Grad von musikalischen<br />

Parametern. Eine meiner ersten Auseinandersetzungen mit<br />

seinem Werk war der Roman „Korrektur“. Ich verwendete zur Transformation<br />

in Musik das Material Plexiglas und beschriftete dasselbe<br />

auf der Vorderseite mit handgeschriebenem Text mit weißer Tusche<br />

und die Rückseite mit musikalischen Bewegungslinien mit schwarzer<br />

Tusche.<br />

Die Scheiben können unterschiedlich miteinander verbunden und<br />

kombiniert werden, so dass Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund<br />

permanent wechseln.<br />

The language of the Austrian writer Thomas Bernhard is distinguished<br />

by a very high degree of musicality on different levels. One of<br />

my first encounters with his work was the novel “Correction.” For its<br />

musical transformation I chose the material Plexiglas and inscribed<br />

the front surface of the panels with hand-written text in white ink and<br />

the back surface of the panels with musically moving lines in black<br />

ink.<br />

The panels can be combined in different ways so that foreground,<br />

middle ground and background are always changing.<br />

32


Tusche weiß und schwarz auf Plexiglas, 120 x 20 cm, ca. 2002<br />

India ink white and black on Plexiglas, 120 x 120 cm, ca. 2002<br />

33


Mahler Texte<br />

Mahler Texts<br />

Die Musik Gustav Mahlers fasziniert mich von jeher. Neben dem symphonischen<br />

Werk sind es speziell die Orchesterlieder, die Beziehung<br />

von Text und Musik, die mich beeinflussten. Eine der ersten Annäherungen<br />

an diese Kunst war immer, aus den Texten heraus sich der<br />

Musik zu nähern und die Texte aus der Musik heraus zu denken.<br />

The music of Gustav Mahler has always fascinated me. Besides the<br />

symphonic works it is the orchestral songs - the relationship between<br />

text and music - that have especially influenced me. When first<br />

approaching these artworks I always tried to get closer to the music<br />

through the text and to grasp the text through the music.<br />

34


Tinte, Tusche mehrfarbig auf Transparentnotenpapier, 30 x 55 cm, ca. 2008<br />

Ink, India ink multi-colored on transparent music paper, 30 x 55 cm, ca 2008<br />

35


Metamorphosen<br />

Metamorphoses<br />

Aus einem von mir graphisch dargestellten Gedicht, beeinflusst<br />

durch FRIEDRICH HÖLDERLINS DIOTOMA-Figur, WOLFGANG BOR-<br />

CHERTS BECKMANN sowie expressionistischer Lyrik, entstanden<br />

Klänge, aus welchen ich eine Reihe von musikalischen Graphiken<br />

und eine Komposition in drei Sätzen für acht Frauenstimmen schrieb.<br />

Under the influence of FRIEDRICH HÖLDERLINS figure DIOTOMA,<br />

WOLFGANG BORCHERTS BECKMANN as well as expressionist lyric<br />

poetry, I created a graphic representation of a poem, and from the<br />

tones that emanated from this poem, I made a series of musical drawings<br />

and wrote a composition in three movements for eight female<br />

voices.<br />

36


Tusche auf Papier, Vorgefertigte Buchstaben auf Transparentpapier, 110 x 70 cm, 1979<br />

India ink on paper, ready-made letters on transparent paper, 110 x 70 cm, 1979<br />

37


Metamorphosen<br />

für acht Frauenstimmen<br />

Metamorphoses<br />

for Eight Female Voices<br />

Die Komposition Metamorphosen für acht Frauenstimmen ist eine<br />

meiner frühen Auseinandersetzungen mit graphischer Notation.<br />

Töne, Klänge, ganze musikalische Formverläufe nahmen seit jeher in<br />

meinem Denken zumindest eine Gestalt an, die sowohl real sichtbar<br />

in Zeichen als auch (scheinbar) unsichtbar in ihrer ausschließlichen<br />

Klanglichkeit erscheinen konnte. Beide Erscheinungsformen ergänzen<br />

sich, beeinflussen sich gegenseitig, entwickeln ein eigenes<br />

Ganzes. Dieses Denken zieht sich durch das Mehrdimensionale von<br />

Raum und Zeit meines künstlerischen Tuns. In einer ersten Vielfalt<br />

konkretisierte sich dies in der vorliegenden Komposition.<br />

The composition “Metamorphoses for Eight Female Voices” was<br />

one of my early experiments with graphic notation. Tones, sounds,<br />

whole sequences of musical forms have always taken on shape in<br />

my thought at least, shape that could either appear real and visible<br />

in signs or remain (apparently) invisible in its sound alone. Both manifestations<br />

complement each other, influence each other, and create<br />

a special kind of wholeness. This line of thought flows through the<br />

multidimensional aspect of space and time in my artistic activity. With<br />

an onset of diversity this was concretized in the composition at hand.<br />

38


Tusche auf Transparentpapier, 42 x 30 cm, 1979/1980<br />

India ink on transparent paper, 42 x 30 cm, 1979/1980<br />

39


Tusche auf Transparentpapier, 50 x 40 cm, 1979<br />

India ink on transparent paper, 50 x 40 cm, 1979<br />

40


Tusche auf Transparentpapier & Transparentnotenpapier, 50 x 40 cm, 1979<br />

India ink on transparent paper and transparent music paper, 50 x 40 cm, 1979<br />

41


Orient Meets Occident<br />

Orient Meets Occident<br />

ORIENT MEETS OCCIDENT war der Titel einer Ausstellung, die<br />

anlässlich einer Neuinszenierung der Oper ENTFÜHRUNG AUS<br />

DEM SERAIL von WOLFGANG AMADEUS MOZART in Ludwigsburg<br />

veranstaltet wurde. Hierzu schuf ich das abgebildete Objekt,<br />

bestehend aus 12 Plexiglasscheiben, die, wellenförmig überlappend<br />

angeordnet, in einem Abstand von 20–30 cm zur Wand, in einem frei<br />

hängenden Metallrahmen befestigt sind. Hinter dem Rahmen sind 16<br />

Spiegelkästen mit unterschiedlichen Neigungswinkeln montiert.<br />

Auf den Plexiglasscheiben sind eine ganze Reihe verschiedener<br />

ineinander verflochtener Kompositionen notiert, deren Hauptmerkmal<br />

die Verbindung und Auseinandersetzung von aus dem Orient<br />

kommenden Zeichen (die sichtbaren Bögen und die fein ziselierten<br />

Flächen) mit denjenigen aus meiner eigenen musikalisch-graphischen<br />

Sprache des Occidents sind. Im Gegenspiel zu den freien<br />

und raumgreifenden Bögen sind meine graphischen Kompositionen<br />

zumeist in Kästen geordnet, klar, komplex und hoch virtuos. Im<br />

mittleren Querkasten verbinde ich beides und zitiere ein Kapitel aus<br />

einem Märchen aus TAUSEND UND EINE NACHT.<br />

Das Objekt klingt, nach Erwärmung der Scheiben durch das Sonnenlicht,<br />

aus sich selbst heraus. Die Zeichen, speziell die orientalischen<br />

Schriftzeichen, kommen wie bei einem Vexierbild aus den Spiegeln<br />

hervor und beginnen zu tanzen. So kann die Musik in einem selbst<br />

klingen, kann aber auch, durch Bewegung der Zeichen hervorgerufen,<br />

zu einem tatsächlich klingenden Ereignis gebracht werden.<br />

Aufgrund der Dimension dieses Werkes habe ich die beiden weiteren<br />

geplanten Teile noch nicht realisiert. Sie sind in den Plänen und<br />

Skizzen fertiggestellt.<br />

ORIENT MEETS OCCIDENT was the title of an exhibition that<br />

was organized in connection with a new production of the opera<br />

THE ABDUCTION FROM THE SERAIL by WOLFGANG AMADEUS<br />

MOZART in Ludwigsburg. It was for this occasion that I created<br />

the artwork pictured here. It is made up of twelve Plexiglas panels<br />

arranged in a wave-like, overlapping manner in a free-hanging metal<br />

frame that is situated about 20-30 cm from the wall. Installed behind<br />

the frame there are 16 boxes containing mirrors set at different<br />

angles of inclination.<br />

A whole range of different interwoven compositions is written on the<br />

Plexiglas panels, their main feature being the connectedness and<br />

simultaneous conflict of the signs and symbols from the Orient (the<br />

visible arcs and the finely engraved surfaces) with those of my own<br />

musical-graphic language of the Occident. In contrast to the free and<br />

expanding arcs, my graphic compositions are mostly arranged in<br />

compartments: clear, complex and highly virtuoso. In the oblong box<br />

in the middle I combine both Occident and Orient and quote a chapter<br />

from a fairy tale from THE THOUSAND AND ONE NIGHTS.<br />

The object begins to sound when the panes are heated by sunlight.<br />

The signs and symbols, especially the oriental ones, emerge<br />

from the mirrors in the manner of an optical illusion and begin to<br />

dance. Music can begin to sound within oneself, or, induced by the<br />

movement of the signs and symbols, it can be developed into an<br />

actual sounding occurrence.<br />

Owing to the dimension of this work, I have not yet completed the<br />

two other parts that are planned to follow. Plans and sketches are<br />

already in place.<br />

42


Tusche auf 12 Plexigläser, jeweils 150 x 150 cm, ca. 1992<br />

India ink on 12 Plexiglas panels, each 150 x 150 cm, ca. 1992<br />

43


Detailaufnahme der Zeichen des Objekts „Orient meets Occident“. Der mittlere Block zitiert das Märchen „Tausend und eine Nacht“.<br />

Detail of the signs and symbols of the object “Orient meets Occident.” The middle block quotes the fairy tale “The Thousand and One Nights.”<br />

44


Gesamtbetrachtung des Objekts „Orient meets Occident“, bevor es auf die Plexiglasscheiben übertragen wurde.<br />

Overall view of the object “Orient meets Occident” before it was transferred to the Plexiglas panels.<br />

45


Mozart in Art: Tre Balli<br />

Mozart in Art: Tre Balli<br />

Mit dem Objekt TRE BALLI, Hommage à D.G. begann meine künstlerische<br />

Beschäftigung mit Werken anderer Komponisten (später<br />

HUGO WOLF, GUSTAV MAHLER u.a.). Der Titel bezieht sich auf die<br />

berühmte Tanzszene aus der Oper DON GIOVANNI von MOZART. In<br />

dieser Szene am Ende des 1. Aktes werden drei progressiv geordnete<br />

Tänze einander überlagert, einer im 3 Vierteltakt (Menuett),<br />

einer im 2 Vierteltakt (Kontertanz) und einer im 3 Achteltakt (der<br />

Deutsche). Sie ist, soweit mir bekannt, die komplexeste Stelle in der<br />

klassischen Musik. Ich experimentierte mit diesem Terzett, hörte es<br />

ununterbrochen tagelang, reduzierte den Schlaf um in einen Zustand<br />

zu geraten, in welchem ich die Komplexität in der Summe aller Teile<br />

verstehen konnte. In diesem Erkenntniszustand entstand diese<br />

Objekt, gebaut aus acht niemals gleichen Plexiglasscheiben, gehalten<br />

von einem Rahmen, der das Mozartsche M auseinander biegt, so<br />

dass es nur noch auf zwei Spitzen steht, wie ein Hauch. …. und auf<br />

der hintersten Ebene schaut Mozart versonnen dem Treiben zu …<br />

Nach über 2-jähriger Reise durch Galerien der Welt steht das Objekt<br />

wieder im Atelier.<br />

With the object MOZART IN ART: TRE BALLI, Hommage à D.G., my<br />

artistic preoccupation with the works of other composers began<br />

(later HOGO WOLF, GUSTAV MAHLER, et al.). The title refers to the<br />

famous dance scene from the opera DON GIOVANNI von MOZART.<br />

In this scene at the end of Act 1 three separate, progressively arranged<br />

dances are performed simultaneously and superimposed on<br />

each other, one in three-quarter time (minuet), one in two-quarter<br />

time (country dance), and one in three-eight time (allemande). This<br />

is, according to my understanding, the most complex passage in<br />

classical music. I began to experiment with this trio, listened to it continuously<br />

all day long, reduced my sleep in order to reach a state in<br />

which I would be able to understand the complexity in the sum of all<br />

the parts. In this state of awareness this artwork evolved, built out of<br />

eight never identical Plexiglas panels and held by a frame that stretches<br />

the M of Mozart apart so that it stands on only two points, like a<br />

breath… and on the farthest removed plane Mozart, lost in thought,<br />

observes the ongoing bustle…<br />

After a two-year journey to galleries throughout the world, the object<br />

is now back in my studio.<br />

46


Tusche auf 8 Plexigläser unterschiedlicher Größe und Form, 1989<br />

India ink on 8 Plexiglas panels of varying size and form, 1989<br />

47


Segantini<br />

Segantini<br />

GIOVANNI SEGANTINI, Maler aus dem Oberengadin, war für mich<br />

ein bedeutender Lehrmeister, insbesondere im Umgang mit dem<br />

Licht. Die Verbindung von Heliozentrik und Klang ist für mein Denken<br />

sehr bedeutungsvoll. Vor seinem großen Triptychon im Sankt<br />

Moritzer Museum brachte ich Tage zu, beobachtete die durch die<br />

Änderung der Lichtverhältnisse hervorgerufenen Veränderungen<br />

der Farben in diesem monumentalen Werk. Sie räsonierten in meiner<br />

Innerlichkeit und verwandelten sich in Klang und musikalische<br />

Erkenntnis. Im Fluss im Bergell fand ich einen Stein, dessen Adern<br />

diesen Zustand symbolisierten. Diesen öffnete ich und baute eine<br />

Partitur ein, notiert auf Plexiglas vor zwei winkelverschobenen<br />

Spiegelkästen, auf welche ich mit weißer Tusche Text geschrieben<br />

hatte. Beim Versuch den Text zu lesen gerät man durch die zigfache<br />

Spiegelung immer mehr zu sich selbst, denn der Inhalt transformiert<br />

sich in Klang.<br />

GIOVANNI SEGANTINI, a painter from the Upper Engadine, was an<br />

important master teacher for me, especially in regard to the treatment<br />

of light. The connection between heliocentrism and sound is<br />

for my thinking very meaningful. In the museum in St. Moritz I spent<br />

days in front of his monumental triptych, observing the changing of<br />

the colors brought about by the changing of the light conditions.<br />

They resonated in my inner being and became transformed into<br />

sound and musical awareness. In a river in the Val Bregaglia I found<br />

a stone with veins that symbolized this state of mind. I opened the<br />

stone and inserted a musical score written on Plexiglas. This I placed<br />

in front of two boxes containing mirrors set at different angles, mirrors<br />

on which I had written a text in white India ink. When attempting<br />

to read the text, the myriad reflections have the effect of letting one<br />

come ever closer to one’s own inner being, because the content is<br />

transformed into sound.<br />

48


Mit Tusche beschriftete Spiegelgläser, Tusche auf 2 Plexigläser, 2 Klangsteine auf Holzkästen, ca. 1994<br />

Mirrors lettered in white India ink, India ink on 2 Plexiglas panels, 2 Soundstones on wooden pedestals, ca. 1994<br />

49


50


51


Reklame<br />

Wohin aber gehen wir<br />

ohne sorge sei ohne sorge<br />

wenn es dunkel und wenn es kalt wird<br />

sei ohne sorge<br />

aber<br />

mit musik<br />

was sollen wir tun<br />

heiter und mit musik<br />

und denken<br />

heiter<br />

angesichts eines Endes<br />

mit musik<br />

und wohin tragen wir<br />

am besten<br />

unsre Fragen und den Schauer aller Jahre<br />

in die Traumwäscherei ohne sorge sei ohne sorge<br />

was aber geschieht<br />

am besten<br />

wenn Totenstille<br />

eintritt<br />

Ingeborg Bachmann Zyklus<br />

Ingeborg Bachmann Cycle<br />

Anlässlich einer Radiosendung hörte ich die Schriftstellerin<br />

INGEBORG BACHMANN aus Österreich ihr Gedicht ERKLÄR MIR<br />

LIEBE sprechen. Der Klang dieser Sprache traf mich unmittelbar.<br />

Ich sammelte alle erhältlichen akustischen Dokumente und hörte,<br />

so oft ich konnte, dieser Sprache zu. Erst Monate später begann<br />

ich Ihre Gedichte zu lesen. Aus dieser mich unterschiedlich berührenden<br />

Fülle wählte ich 18 Gedichte aus und begann sie, ihrem<br />

Klang folgend, zu ordnen. Es geschah etwas Faszinierendes, die<br />

Form der Musik dieser 18 Texte begann sich in ihrer klanglich-visuellen<br />

Gesamt-Gestalt zu verwandeln. Nach und nach entstand eine<br />

musikalisch gedachte Gesamtform, die sich, vereinfacht gesprochen,<br />

aus dem Horizontalen ins Vertikale entwickelte, diverse Prozesse<br />

durchlief, um am Ende in einer 16-eckigen Graphik zu enden, welche<br />

ich bis heute nicht komponiert habe.<br />

In seiner gesamten Darstellung benötigt der Zyklus eine Länge von<br />

ca. 40 Metern. Auf Seite 53 ist die erste Graphik, auf 4 Plexiglasscheiben<br />

notiert abgebildet. Auf den Seiten 54 und 55 sind zwei weitere<br />

Beispiele, notiert auf Transparentpapier und Folie abgebildet.<br />

Once while listening to a radio program I heard the Austrian writer<br />

INGEBORG BACHMANN recite her poem “EKLÄR MIR, LIEBE” (“Explain<br />

to me, love”). I was immediately struck by the sound of this language.<br />

I collected every available acoustical document and listened<br />

to this language as often as I could. It was only months later that I<br />

began to read her poems. From this wealth of poems, each touching<br />

me in a different manner, I chose 18 poems and began order them<br />

according to their sound. Then something fascinating happened: the<br />

musical form of these 18 texts began to transmute in its tonal-visual<br />

entirety. Little by little a musically motivated overall shape emerged<br />

that, to put it quite simply, grew from the horizontal into the vertical,<br />

underwent various processes, and finally ended as a 16-cornered<br />

drawing that to this day I have yet to compose.<br />

To present the cycle in its entirety, a length of ca. 40 meters is necessary.<br />

The first section, comprising 4 Plexiglas panels, is pictured on<br />

Page 53. On Page 54 and 55 there are two further examples, these<br />

using transparent paper and transparency sheets for the notations.<br />

52


Tusche, 4 Plexigläser, 100 x 155 cm, ca. 1983, der Zyklus umfasst 16 Graphiken<br />

India ink, 4 Plexiglas panels, 100 x 155 cm, ca. 1983, the cycle includes 16 sectons altogether<br />

53


Tusche auf Transparentpapier, zerteiltes Photo Ingeborg Bachmann, Komposition nach dem Gedicht „Einem Feldherrn“<br />

India ink on transparent paper, dissected photograph of Ingeborg Bachmann, Composition based on the poem “Einem Feldherrn” (“To a General”)<br />

54


Tusche auf Transparentpapier und Folien, 4 Schichten, Komposition nach dem Gedicht „Lieder auf der Flucht IV“<br />

India ink on transparent paper and transparency sheets, 4 layers, Composition based on the poem “Lieder auf der Flucht IV” (“Songs in Flight IV”)<br />

55


Werner Dürrson Zyklus<br />

„Höhlensprache“<br />

Höhlen übten auf mich lange eine große Faszination aus. Die<br />

räumliche Abgeschlossenheit, die Dunkelheit, der Rückzugsort,<br />

die Klausur, all das waren Synonyme für einen Ort, der mich betraf.<br />

Eines Tages hielt ich ein Büchlein des bedeutenden Sprachkünstlers<br />

WERNER DÜRRSON in Händen, welches die Sprache der Höhle zum<br />

Thema hatte. Der Zyklus HÖHLENSPRACHE umfasst 13 Gedichte<br />

/ Texte / sprachliche Brocken / graphische Treppen / Blöcke. Es<br />

war die sprachliche Findung und Aufzeichnung von räsonierenden<br />

Sprachklängen, die als Resultat des Versuchs, einige Zeit in einer<br />

Höhle zu leben, entstand. Als Dürrson dem Klang auf die Spur<br />

gekommen war, brach er den Eigenversuch ab. Ich hatte ihn, den<br />

Klang, die Musik unmittelbar im Text lesend gehört und begann die<br />

30 Graphiken auf Papier zu bringen, wie sie auf Seite 57 sichtbar<br />

werden.<br />

Werner Dürrson Cycle<br />

“Höhlensprache”<br />

(“Cave Language“)<br />

For a long time caves exerted great fascination for me. Spatial<br />

seclusion, darkness, place of retreat, enclosure, all of these were<br />

synonyms for a place that had something to do with me. One day I<br />

came across a small book by the eminent language artist WERNER<br />

DÜRRSON which had as its subject matter the language of the cave.<br />

Dürrson’s HÖHLENSPRACHE comprises 13 poems, texts, fragments<br />

of speech, graphic stairs, blocks. Its genesis involved detecting and<br />

recording the resonating speech sounds which came about as the<br />

result of his experiment of living for a period of time in a cave. Once<br />

Dürrson had succeeded in tracking down this sound, he ended his<br />

self-imposed experiment. I had heard it, the sound, the music, directly<br />

upon reading the text and began to put down on paper the 30<br />

drawings as they appear on Page 57.<br />

56


Alle Graphiken: Tusche auf Transparentpapier und Folien, verschiedene Formen und Größen, 1989<br />

All drawings India ink on transparent paper and transparency sheets, various forms and sizes, 1989<br />

57


Gedichte III / VIII / X aus „Höhlensprache“<br />

Poems III / VIII / X from “Höhlensprache” (“Cave Language”)<br />

58


Tusche auf Transparentpapier und Folien, 7 Schichten, 110 x 80 cm, 1989<br />

Die drei Gedichte werden in der Verbindung zwischen Stimme und ​Kontrabass komponiert. Die Silben der Texte gehen in graphische ​Zeichen über.<br />

Diese Beziehung funktioniert in beide Richtungen.<br />

India ink on transparent paper and transparency sheets, 7 layers, 110 x 80 cm, 1989<br />

The three poems are composed in the combination between voice and contrabass. The syllables of the text transmute into graphic markings.<br />

This connection functions in both directions.<br />

59


Kleine Wetterkunde<br />

Viel reden hörte ich über<br />

des Wetters Schlechtigkeit.<br />

Wer den Regen lobte<br />

oder Gewitter<br />

war sofort verdächtig.<br />

Zu schweigen von künftigem<br />

Schnee.<br />

Nur lähmende Schwüle blieb<br />

unangefochten.<br />

Dann Nebel, Blätterfall.<br />

Frost.<br />

Hinter Gittern<br />

das Licht sieht<br />

seinem Urteil entgegen.<br />

Dürrson 1<br />

60


Tusche auf Plexiglas, 5 Schichten, 100 x 100 cm, 1986<br />

Die fertige Grafik entsteht durch Übereinanderschichtung der auf Transparentpapier gezeichneten Einzelblätter auf der linken Seite.<br />

India ink on Plexiglas, 5 layers, 100 x 100 cm, 1986<br />

The drawing is completed by placing the separate sheets of transparent paper with the drawings (see page on the left) one on top of the other.<br />

61


Volkstümlich<br />

Wir wollen ihn<br />

nicht hängen lassen<br />

wir wollen den Kopf<br />

nicht hängen lassen<br />

habt ihr gehört<br />

davon hätten wir nichts<br />

ja nichts<br />

wir wollen den Kopf<br />

nicht ihn<br />

nicht hängen lassen<br />

den Kopf ja Kopf<br />

den wollen wir<br />

her damit<br />

her damit<br />

Dürrson 2<br />

Dürrson 2<br />

Dieser Komposition liegt der oben zitierte lyrische Text zugrunde.<br />

Aus ihm werden Lautgruppen herausgenommen und graphisch neu<br />

geordnet. Die Musik legt sich wie ein Netz über diese Laute. Die<br />

verschiedenen Kompositionsteile überlagern sich gegenseitig in progressiver<br />

Art und Weise. Eine dreischichtige Zeitordnung strukturiert<br />

den Ablauf aus dem Nichts herauskommend hin zu immer höherer<br />

Dichte und Komplexität. Das Ende des Textes wird ausgelassen, die<br />

Graphik bricht ab.<br />

This composition is based on the lyric text quoted above. Phonetic<br />

groups are isolated and arranged graphically in a new order. The<br />

music spreads itself like a net over the sounds. The different parts<br />

of the composition overlay each other in a progressive manner. A<br />

three-layered time arrangement structures the process that, coming<br />

from nothing, progresses toward ever higher density and complexity.<br />

The end of the text is omitted, the drawing is cut short.<br />

62


Tusche auf Transparentpapier, 120 x 35 cm, 1987<br />

India ink on transparent paper, 120 x 35 cm, 1987<br />

63


Ins Freie<br />

Eingeklemmt in das System<br />

verkaufter Landschaft bleibt mir<br />

der See noch, geh ich auf vorgeschriebenem<br />

Weg von<br />

Schildern belauert hangabwärts<br />

Mauern Zäunen entlang am<br />

Schloß vorbei komme ich zum<br />

gefängnistorbreiten Uferstück<br />

der Besitzlosen:<br />

Raum der sich<br />

auftut, befremdliche Weite<br />

schattenlos Licht frischen<br />

Wind um die Hüften kann ich<br />

durch Faulschlamm durch Schlick<br />

ins soziale Klärwasser waten<br />

ferne Strände vor Augen hinausschwimmen<br />

bis zur Erschöpfung<br />

Dürrson 3<br />

Dürrson 3<br />

In dieser Komposition werden verschiedene musikalisch-graphische<br />

Elemente kombiniert, die sich aus der musikalischen Inhaltlichkeit<br />

des Gedichts von Werner Dürrson ergeben. Diese Teile wie die im<br />

Vordergrund sichtbaren Blöcke und graphischen Figuren werden<br />

rein musikalisch ausgeführt und zeigen unterschiedlich blockhafte<br />

und filigrane Elemente. Ganz im Hintergrund wird eine Fläche gestaltet,<br />

die hauchdünne Linien ausbreitet und einen Klangteppich imaginiert.<br />

Der Text wird den im hinteren Mittelgrund sichtbaren Blöcken<br />

in unterschiedlichen Schrifttypen zugeordnet, die Höhe der Blöcke<br />

ist über eine nach oben und nach dem Erreichen des Höhepunkts<br />

nach unten führende Linie geordnet.<br />

In this composition different musical graphical elements are combined<br />

that arise from the musical substance contained in the poem<br />

by Werner Dürrson. The elements, both blocky and filigree, that are<br />

visible in the foreground, are executed in a purely musical manner. In<br />

the far background a surface is designed with thin, spreading lines<br />

and imagined as a carpet of sound. The text, written in various typefaces,<br />

is assigned to the blocks appearing towards the back of the<br />

middle ground. The bottom of these blocks is determined by a line<br />

leading upwards to its highest point and then continuing downwards.<br />

64


Tusche auf Transparentpapier, 80 x 40 cm, 1987<br />

India ink on transparent paper, 80 x 40 cm, 1987<br />

65


Gertrude Stein Zyklus<br />

Gertrude Stein Cycle<br />

Die amerikanische Schriftstellerin GERTRUDE STEIN wurde berühmt<br />

durch ihre Radikalität, ihre experimentelle Sprache, die sich über<br />

jegliche Konvention hinwegsetzte. Ihr berühmtester Satz war das<br />

minimalistische Wiederholungs-Wortspiel „Rose is a rose is a rose is<br />

a rose“. Ich zitierte ihn anlässlich eines Gertrude Stein Kongresses<br />

in Frankreich und machte ihn zum Titel meines Zyklusses, welcher<br />

verschiedene musikalisch- und sprachlich-graphische Minimaltechniken<br />

verwendet. Der Zyklus ist ein work in progress, er ist endlos,<br />

wird immer wieder neu aufgerollt, es kommt ein neues Bild hinzu,<br />

das eine oder andere Bild verschwindet, wird verkauft, so bleibt alles<br />

in Bewegung.<br />

The American writer GERTRUDE STEIN became famous for her<br />

radicalness, her experiments with language that flouted every kind<br />

of convention. Her most famous sentence was the minimalist and<br />

repetitious play on words “Rose is a rose is a rose is a rose.” I quoted<br />

this line at a Gertrude Stein congress held in France and adopted it<br />

as the title of my cycle that uses different minimalist techniques for<br />

the musical and linguistic graphical elements. The cycle is a work in<br />

progress, it is an endless undertaking, work on it is resumed from<br />

time to time, a new picture is added, one or the other disappears or<br />

is sold, in this way everything stays in motion.<br />

66


Tusche auf Transparentpapier, Photographien, Negative, acht verschiedene Rahmengrößen, work in progress, ca. 1993–1994<br />

Ausstellung Gertrude Stein-Zyklus im Schloß Haigerloch in der Nähe von Hechingen 1995<br />

India ink on transparent paper, photographs, negatives, eight different frame sizes, work in progress, ca. 1993-1994<br />

Exhibition of Gertrude Stein Cycle in Haigerloch Castle located near Hechingen 1995<br />

67


Der Zyklus umfasst 8 Rahmengrößen, die formal im Weiterschreiben des Zyklusses bestehen bleiben.<br />

Eight stipulated sizes of frames remain a constant formal element of the cycle in its ongoing development.<br />

68


Tusche auf Transparentpapier, 4 Schichten, 52 x 72 cm, 1993–1994<br />

India ink on transparent paper, 4 layers, 52 x 72 cm, 1993-1994<br />

69


Tusche auf Transparentpapier, 4 Schichten, 52 x 72 cm, 1993–1994<br />

India ink on transparent paper, 4 layers, 52 x 72 cm, 1993-1994<br />

70


Tusche auf Transparentpapier, 4 Schichten, 52 x 72 cm, 1993–1994<br />

India ink on transparent paper, 4 layers, 52 x 72 cm, 1993-1994<br />

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Thomas Bernhard Zyklus –<br />

Alte Meister<br />

Thomas Bernhard Cycle –<br />

Old Masters<br />

Der Roman ALTE MEISTER des Schriftstellers THOMAS BERNHARD<br />

ist ein hochgradig musikalisches Sprachwerk. Rhythmische Ordnungen,<br />

Motivtechniken, Variationsprinzipien zeigen einen virtuosen<br />

Künstler. Beim stets Lauten-Lesen hörte ich die verschiedenen Melodien<br />

in den Konsonanz-Folgen, je nachdem wem diese Motive zugeordnet<br />

waren, entweder REGER oder IRRSIGLER oder dem Autor<br />

selbst. Vier Materialien ordnete ich einzelnen Personen, Szenen und<br />

Ereignissen zu: freie Linien mit schwarzer, blauer und roter Tusche<br />

auf weißem Papier, zerschlagene mit weißer Tusche beschriftete<br />

Spiegel, Folien des Fotos des weißbärtigen Mannes von TINTO-<br />

RETTO, und hauchdünne feine filigrane Linien auf Transparentpapier.<br />

Diese Materialien werden analog zu einer Auswahl von Szenen des<br />

Romans immer wieder neu variiert.<br />

The novel “ALTE MEISTER” (“Old Masters”) by the Austrian writer<br />

THOMAS BERNHARD is an extremely musical literary work. Rhythmic<br />

arrangements, motif techniques, variation principles are indications<br />

of a virtuoso artist. When reading it, always aloud, I heard the various<br />

melodies in the sequences of consonants, depending on which<br />

figure the motif was associated with, either REGER or IRRSIGLER or<br />

perhaps with the author himself. I used four different kinds of materials<br />

for designating individual persons, scenes, and incidents: free-flowing<br />

lines in black, blue, and red India ink on white paper; broken<br />

mirrors with lettering in white India ink; transparency sheets with the<br />

photograph of the man with the white beard by TINTORETTO; and<br />

thin filigree lines on transparent paper. These materials are combined<br />

in ever new variations analogous to a selection of scenes from<br />

the novel.<br />

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Tusche mehrfarbig auf Papier, Text mit weißer Tusche auf Spiegelfragmenten, Negativ-Photo auf Folie, Tusche auf Transparentpapier<br />

Insgesamt 500 Stück à 22 x 22 cm, (o.R.) 1999<br />

India ink multicolored on paper, text in white India ink on mirror fragments, negative photo on transparency sheet, India ink on transparent paper<br />

Altogether 500 pieces, each 22 x 22 cm (without frame), 1999<br />

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Du bist Orplid, mein Land!<br />

Das ferne leuchtet;<br />

Vom Meere dampfet dein besonnter Strand<br />

Den Nebel, so der Götter Wange feuchtet.<br />

Uralte Wasser steigen<br />

Verjüngt um deine Hüften, Kind!<br />

Vor deiner Gottheit beugen<br />

Sich Könige, die deine Wärter sind.<br />

Eduard Mörike / Hugo Wolf<br />

Zyklus<br />

Eduard Mörike / Hugo Wolf<br />

Cycle<br />

ORPLID war das Fantasieland, der ideale Lebensplatz des schwäbischen<br />

Dichters und Pfarrers EDUARD MÖRIKE. Ein Land, das ferne<br />

leuchtet. Sein Land, das innere Land Mörikes, ein besonnter Strand,<br />

der vom Meer her dampft. Die sprachlichen Fantasiebilder retteten<br />

ihn oft vor der Unbill des Alltags. Zu finden sind derartige Plätze im<br />

Schwäbischen nicht. Durch die Vertonung des Österreichers HUGO<br />

WOLF bekam dieser Text noch weitere, ganz andere Dimensionen,<br />

steinverwoben, im ARPEGGIO angesiedelt, um die Leichtigkeit der<br />

mächtigen Akkorde zu bauen. Ich brachte beide, den Lyriker und<br />

den Komponisten zueinander und zu sich selbst. Zwölf Mal entstand<br />

eine Fantasie-Verbindung, geprägt von den Farben des Steins und<br />

dem eigenen Tönen.<br />

ORPLID was the fantasy land, the ideal place to live for the Swabian<br />

poet and pastor EDUARD MÖRIKE. A land that gleams in the distance.<br />

His land, Mörike’s inner land, a sunny shore, misty from the<br />

ocean spray. These literary fantasies rescued him oftentimes from<br />

the hardships of daily life. Such places are not to be found in Swabia.<br />

When HUGO WOLF put this poem to music, the text received<br />

other, wholly different dimensions, intertwined with stone, residing<br />

in the ARPEGGIO, in order to bring lightness to the powerful chords.<br />

I brought them, the poet and the composer, both together and to<br />

themselves. Twelve times a fantasy-connection was created, defined<br />

by the colors of the stone and my own tones.<br />

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Montagen aus Photofolien, Transparentpapier. Photographiert, bearbeitet, 100 x 100 cm, 2008–2009<br />

Montages of photographic transparencies, transparent paper. Photographed and reworked, 100 x 100 cm, 2008-2009<br />

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Gustav Mahler Zyklus<br />

Gustav Mahler Cycle<br />

Bei der Beschäftigung mit der Musik GUSTAV MALERs verblieb für<br />

mich, als visuelles Pendant zum Klang, immer das Foto, auf welchem<br />

der Komponist, sitzend mit Fliege, Anzug und Jacke, den linken Fuß<br />

über den rechten gekreuzt, die linke Hand halboffen auf dem linken<br />

Oberschenkel liegend, die rechte geöffnet den Knauf des Sessels<br />

umfassend, hinter der runden Nickelbrille in meine Richtung blickend,<br />

sich selbst schauend nicht den Adressaten, in der Melancholie<br />

des Moments verharrend, in sich hörend eventuell die Klangfäden<br />

spinnend, festgehalten ist. Dazu kam später der Film, als, auf dem<br />

ADAGIETTO der Fünften Symphonie schwimmend, dieses Bild auf<br />

die Lagune hinausfuhr und eins wurde mit all dem jenseits dieser<br />

Welt Seienden. Das blieb immer miteinander verbunden bis ich, weiterhin<br />

solche Bilder suchend, in diesen Ton eintauchte, um ihn mit<br />

seiner Musik, seinem eigenen Ich, den Farben seiner Klänge wieder<br />

zu finden. So entstand, nach Fibonacci geordnet, Mein MAHLER, um<br />

am Schluss, im letzten Bild, mit den Dutzenden von kleinen Spiegeln<br />

mich in ihn zurückziehen zu dürfen.<br />

During my involvement with the music of Gustav Mahler there was<br />

a certain photograph that stayed in my mind as a visual counterpart<br />

to the sound of the music. In this photograph the composer is sitting<br />

with bow tie, suit, and vest, the left foot crossing the right, the left<br />

hand half open resting on the left thigh, the right hand clasping the<br />

chair’s armrest, looking in my direction from behind round nickel<br />

eyeglasses, but looking within himself, not at some addressee,<br />

pausing in the melancholy of the moment, listening within himself,<br />

perhaps spinning threads of tone. Later on a film provided another<br />

image: the image of moving out onto the waters of the Venice<br />

Lagoon, floating on the ADAGIETTO of the Fifth Symphony, and<br />

becoming one with everything existing beyond the bounds of this<br />

world. This all remained interconnected until, still in search of such<br />

images, I immersed myself in this tone in order to find it again with<br />

his music, with Mahler’s own self, with the timbre of his sounds.<br />

Finally, my MAHLER emerged, organized according to Fibonacci, and<br />

culminating in the final picture that is sprinkled with dozens of tiny<br />

mirrors so that I myself may retreat into him.<br />

84


Die Teile 2–4 des Zyklusses auf Tableaus montiert, dazwischen das auseinandergenommene Photo von Mahler.<br />

Montagen aus Photographien, Photofolien, Transparentpapier<br />

8 Stück 8 x 8 cm, 5 Stück 13 x 13 cm, 3 Stück 21 x 13 cm, 2 Stück 34 x 21 cm, 1 Stück 55 x 34 cm, 1 Stück 89 x 55 cm, 1 Stück 144 x 89 cm, 1 Stück 233 x 144 cm<br />

Parts 2-4 of the cycle, mounted on panels, with the divided photograph of Mahler in between<br />

Montages of photographs, photographic transparencies, transparent paper<br />

8 pieces 8 x 8 cm, 5 pieces 13 x 13 cm, 3 pieces, 21 x 13 cm, 2 pieces 34 x 21 cm, 1 piece 55 x 34 cm, 1 piece 89 x 55 cm, 1 piece 144 x 89 cm, 1 piece 233 x 144 cm<br />

85


Das obere Bild des 4. Teils des Zyklusses<br />

The upper picture of Part 4 of the cycle<br />

86


Das untere Bild des 4. Teils des Zyklusses<br />

The lower picture of Part 4 of the cycle<br />

87


Das Bild des 5. Teils des Zyklusses<br />

The picture of Part 5 of the cycle<br />

88


Das Bild des 7. Teils des Zyklusses<br />

The picture of Part 7 of the cycle<br />

89


Laetare – Da Pacem domine<br />

Laetare – Da Pacem domine<br />

LAETARE ist der Name eines Ensembles mit Andrea Letzing-Fessmann,<br />

Stimme, Georg Baum, keltische Harfe und ich selbst mit<br />

Klangsteinen. Die Musik knüpft an altes Wissen an, altes Können, an<br />

die alten, uralten Klänge, die die Welt bewegen, die von der Welt,<br />

dem Innen und Außen bewegt werden.<br />

Hörbar wird dies in einem Tönen, welches eine spezielle, einmalige<br />

Balance zwischen verschiedenen Welten fühlbar werden lässt. Sichtbar<br />

wird dies in Partituren, deren Geist aus der Gregorianik schöpft,<br />

sich die mönchische Zeit zu nehmen scheint, um den Geist dieser<br />

Kultur sehend zum Hören und hörend zum Sehen zu bringen.<br />

Die erste Partitur war das DA PACEM DOMINE, ein zentrales Werk<br />

der Musik dieses Ensembles.<br />

Die ersten beiden Seiten hauchen den Geist dieser Musik in die<br />

Filigranzeichen, die dritte Seite verbindet notwendige Pragmatik mit<br />

dieser Schönheit.<br />

LAETARE is the name of an ensemble with Andrea Letzing-Fessmann,<br />

voice, Georg Baum, Celtic harp, and myself on Soundstones.<br />

The music builds on old knowledge, old skills, on the old, age-old<br />

sounds that move the world and that are moved by the world, by that<br />

which is internal and that which is external.<br />

This becomes audible in tones that make palpable a special, unique<br />

balance between different worlds. It becomes visible in the musical<br />

scores that draw spiritual inspiration from the Gregorian chant and<br />

evoke the age of the monks in order to make the spirit of this culture<br />

visibly audible and audibly visible.<br />

The first score was the DA PACEM DOMINE, a pivotal work in the<br />

music of this ensemble. The first two pages breathe the spirit of this<br />

music into the filigree figures, the third page combines the necessary<br />

pragmatics with the beauty.<br />

90


Da Pacem Domine notiert aus dem Denken der Gregorianik heraus, Tusche in 7 verschiedenen Stricharten auf Transparentpapier, DIN A3, 2010<br />

De Pacem Domine notation, inspired by Gregorian chant, India ink in 7 different types of lines on transparent paper, DIN A3, 2010<br />

91


92


Die Stimme ist in Strichen notiert, um die Linearität des Singens zu verdeutlichen, die Harfe benutzt die traditionelle Notenschrift, der Klangstein ist auf<br />

3 Ebenen notiert. Auf der ersten Ebene wird eine Art Tabulator verwendet, die zeigt, wann und wo gespielt wird. Die zweite Ebene zeigt die Basstöne, die mit<br />

den Ballen an bestimmten Stellen erzeugt werden, auf der dritten Ebene wird der Rhythmus und die Anzahl der Lamellen, die gespielt werden, notiert.<br />

The vocal part is notated in lines in order to accentuate the linearity of the singing, the harp uses the traditional musical notation, the Soundstone is notated<br />

on three levels. On the first level a kind of tabulator is used to indicate when and where it should be played. The second level shows the bass tones which are<br />

produced by the ball of the hand and to be played at certain places. On the third level the rhythm and the number of blades to be played are notated.<br />

93


Laetare – Benedicat<br />

Laetare – Benedicat<br />

Das BENEDICAT ist ein aus den gregorianischen Gesängen entnommenes<br />

Segnungs- und Weihungsgebet. Seine Aufgabe besteht<br />

im Rühmen und Preisen Gottes. Diese Komposition des Ensembles<br />

LAETARE erinnert in den solistischen Teilen der Harfenstimme visuell,<br />

durch die im Hintergrund montierten Notationsformen aus alten<br />

Partituren, an mittelalterliche Musik, wenn die Stimme hinzukommt,<br />

bleibt die Geschichte unsichtbar im Hintergrund, übernimmt die<br />

Stimme diese Aufgabe. Die graphische Schreibweise bleibt in ihrem<br />

Charakter der Feinheit und dem Intimen dieser Musik verpflichtet.<br />

The BENEDICAT, a prayer of benediction and consecration, is taken<br />

from Gregorian chants. Its function is to exalt and praise God. This<br />

composition of the ensemble LAETARE recalls medieval music by<br />

visual means as well, by inserting notations from old musical scores<br />

into the background of the soloistic passages for the harp. When<br />

the vocal part is added, the historical references in the background<br />

become invisible. The audible voice takes over the function of historical<br />

reference. The graphic form of notation remains committed in its<br />

character to the delicacy and intimacy of this music.<br />

94


Montage von Tusche auf Transparentnotenblätter, Photofolien, mehrere Schichten, Steinfarben auf Papier, DIN A2, 2014<br />

Auf dieser und den beiden folgenden Seiten sieht man die Harfenstimme auf 3 Systemen notiert, die Stimme wird auf der ersten Seite durch den gelben Hintergrund<br />

angezeigt, auf Seite 96 und 97 sieht man die Notation mit blauem Strich sich eigens abheben. Jedes Mal wenn die Stimme aufhört, werden aus der<br />

Musikgeschichte Folien eingebaut, die die Schönheit der damaligen Schreibweise zeigen und diese Musik in der Erinnerung belassen sollen.<br />

Montage of India ink on transpartent music paper, photographic transparencies, several layers, stone-based pigments on paper, DIN A2, 2014<br />

On this page and on the next two pages the part for harp can be seen, notated in three systems. The vocal part is indicated by the yellow background, on<br />

pages 96 and 97 one can see how the notation with the blue line stands out. Each time the singing stops, reproductions from the history of music are inserted<br />

that show the beauty of the old forms of notation and that should keep this music in remembrance.<br />

95


96


97


Während der Arbeit an der Partitur Benedicat entstanden in Silber und Gold gehaltene Klangflächenskizzen.<br />

Tusche Silber und Gold, auf Transparentpapier, DIN A2, 2014<br />

98


99<br />

During work on the score of Benedicat, sketches of sound surfaces were made in silver and gold.<br />

India ink silver and gold, on transparent paper, DIN A2, 2014


Vorträge<br />

Lectures<br />

Die von mir verfassten und gehaltenen Vorträge sind immer Arbeiten,<br />

die sich auch in der visuellen Darstellung mit dem Thema Sehen<br />

und Hören beschäftigen. Ausschließlich einen sprachlichen Text<br />

ohne weitere Informationen zu erstellen, erachtete ich zunehmend<br />

als unzureichend. So begann ich Vorträge zu schreiben, in welche<br />

ich musikalische Zeichen und Graphiken einbaute, vorproduzierte<br />

Musik über beiliegende CDs zur Verfügung stellte und die an<br />

bestimmten Stellen gehört werden mussten. In dieser Arbeitsweise<br />

entwickelte ich visuelle und auditive künstlerische Subebenen. Im<br />

Laufe der Zeit wurden aus Vorträgen eigene ganzheitliche Kunstwerke,<br />

auf speziellen Papieren gedruckt oder mit Tusche gezeichnet.<br />

Hier als Beispiel drei Seiten aus den Frühformen dieser Arbeit.<br />

All the lectures that I have written and held are works that deal<br />

with the theme of seeing and hearing and always include visual<br />

representations. It was my growing conviction that a purely literary<br />

text without further information was insufficient. Because of this, I<br />

began to write lectures which included musical signs, graphics, and<br />

pre-produced music that was provided on accompanying CDs to be<br />

listened to at certain points. Working in this way I developed visual<br />

and auditory artistic sub-levels. The lectures grew, over the course<br />

of time, into distinctive holistic artworks, printed on special sorts of<br />

paper or drawn with India ink. As an example, here are three pages<br />

taken from the early forms of this work.<br />

100


Klaus Feßmann Vortrag IFG ULM<br />

Über<br />

die<br />

<br />

Erkenntnisfähigkeit<br />

visuellen<br />

Denkens<br />

in<br />

musikalisch<br />

Gefügtem<br />

<br />

oder<br />

I moved<br />

from<br />

ideas<br />

of order<br />

to<br />

no ideas<br />

of<br />

order<br />

<br />

Vortrag IFG ULM Symposium mit Konzert im Ulmer Münster<br />

Montagen, Text Schreibmaschine Papier, Text auf Folie, Graphiken auf Folie, DIN A4, 1989–1995<br />

Lecture IFG Ulm Symposium with a concert in the Ulm Münster<br />

Montages, typewriter text on paper, text on transparencies, graphics on transparencies, DIN A4, 1989-1995<br />

<br />

<br />

1<br />

101


Vortrag Tonkünstlerfest Baden-Württemberg 1989<br />

Montagen, Text Schreibmaschine Papier, Text auf Folie, Graphiken auf Folie, DIN A4, 1989–1995<br />

Lecture Tonkünstlerfest Baden-Württemberg 1989<br />

Montages, typewriter text on paper, text on transparencies, graphics on transparencies, DIN A4, 1989-1995<br />

102


Vortrag Tonkünstlerfest Baden-Württemberg 1989<br />

Montagen, Text Schreibmaschine Papier, Text auf Folie, Graphiken auf Folie, DIN A4, 1989–1995<br />

Lecture Tonkünstlerfest Baden-Württemberg 1989<br />

Montages, text typewriter paper, text on transparencies, graphics on transparencies, DIN A4, 1989-1995<br />

103


Klaus Fessmann<br />

Klaus Fessmann<br />

Klaus Fessmann (*03.07.1951 in Nürtingen) ist Pianist, Komponist,<br />

KlangKünstler, Autor und Pädagoge. In seiner Existenz als Musiker<br />

spielt er Instrumente, erforscht Materie, um an den Klang zu kommen,<br />

schreibt Zeichen, die oft nicht mehr als Noten bezeichnet<br />

werden, in denen er seine inneren Klänge sehend hört, baut Skulpturen<br />

und Objekte aus der derselben Motivation und Aufgabe heraus,<br />

schreibt Bücher, Texte und Gedichte in diesem Denken – zusammen<br />

bedeutet dies, dass er in diesen Klängen, in dieser Musik lebt.<br />

Er studierte an der Musikhochschule Stuttgart zunächst Schulmusik<br />

(Klavier/Komposition) und anschließend Komposition sowie Musikwissenschaft.<br />

Nach dem Studium wurde er Dozent für Musiktheorie<br />

im gleichen Haus und erhielt 1997 einen Ruf als O. Univ. Prof. an die<br />

renommierte Musikuniversität Mozarteum Salzburg.<br />

Klaus Fessmanns künstlerische Entwicklung ist geprägt von einer<br />

Begabung, die in den Grenzbereichen zwischen Musik, Bildender<br />

Kunst, Literatur, Bildhauerei, multimedialem Denken und Architektur<br />

angesiedelt ist. Neben der Vorliebe für klassische Musik konzertiert<br />

und komponiert Fessmann in den Bereichen experimenteller Musik,<br />

indischer Musik, Avantgarde, Folkmusic, Jazz, Weltmusik.<br />

Der erste Schwerpunkt seines künstlerischen Arbeitens liegt in der<br />

Entwicklung neuer musikalischer Notationsformen. Seine Kompositionen<br />

notierte und notiert er nicht mehr ausschließlich im traditionellen<br />

Notensystem, sondern er arbeitete mit mehreren Schichten über<br />

Spezialpapier und Folien. In der Weiterentwicklung dieser Technik<br />

nahm er Glas, Spiegel und Plexiglas hinzu, entwickelte neue Zeichen,<br />

baute Objekte, die zum Teil als kybernetische Modelle funktionieren.<br />

Er schuf bisher fast 800 Musikalische Graphiken, die in erster<br />

Linie mit lyrischen Texten arbeiten.<br />

Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts komponierte Klaus<br />

Fessmann den Zyklus „Höhlensprache“ von Werner Dürrson, über<br />

den er auf das Material Stein als Klangmaterial stieß. Er begann<br />

Musik aus den Steinen zu erforschen. Diese wurde nach und nach<br />

der künstlerische Mittelpunkt seines Arbeitens. Er erforschte an<br />

verschiedenen Steinarten die Klangtypen, stellte mit verschiedenen<br />

Verfahren Messungen an, um die Entwicklung der Steinklänge<br />

begründen zu können. Er gründete mehrere Ensembles, um diese<br />

Musik zu verbreiten, schrieb das erste Buch über Klangsteine und<br />

nahm bis 2014 zehn CDs auf.<br />

Aus der Arbeit mit den Steinen entstanden weitere von Klaus Fessmann<br />

entwickelte Projekte. Zunächst ist das pädagogisch-künstlerische<br />

Konzept „Kieselschule“ zu nennen, die gegenwärtig einzige<br />

elementare Musik- und Kompositionsschule. Sie arbeitet mit Kiesel-<br />

Klaus Fessmann, born on July 3, 1951, is pianist, composer, sound<br />

artist, author and educator. In his life as a musician he plays instruments,<br />

investigates matter in order to track down the sound, writes<br />

signs that can often no longer be designated as notes, signs in which<br />

he visually hears his inner sounds, and, driven by the same motivation<br />

and mission, builds sculptures and objects, writes books, texts,<br />

and poetry within this sphere of thought. Altogether this means that<br />

he lives in these sounds, in this music.<br />

He studied at the State University of Music and the Performing Arts<br />

Stuttgart, first school music (piano/composition) and then composition<br />

as well as musicology. After completing his studies he became<br />

an instructor for music theory at that same institution, and in 1997 he<br />

was offered a full professorship at the renowned University Mozarteum<br />

Salzburg.<br />

Klaus Fessmann’s artistic development is characterized by a talent<br />

that encompasses music, visual arts, literature, sculpture, multimedia<br />

thought, and architecture. In addition to his passion for classical<br />

music, Fessmann gives concerts and composes music in the areas of<br />

experimental music, Indian music, avant-garde, folk music, jazz, and<br />

world music.<br />

In his artistic endeavors, his first focus lay on the development of<br />

new forms of music notation. For his compositions he used, and<br />

continues to use, not only the traditional method of notation, but also<br />

a method using several layers of special paper and transparencies.<br />

In the further development of this technique, he added glass, mirrors,<br />

and Plexiglas, designed new signs, and built objects that partly function<br />

as cybernetic models. Fessmann has created nearly 800 works<br />

of musical graphic art that incorporate primarily lyrical texts.<br />

During the beginning of the 1990s, while composing the cycle “Höhlensprache”<br />

(“Cave Language”) by Werner Dürrson, Klaus Fessmann<br />

came across stone as a sounding material. He began to do research<br />

on music produced by stones, and this eventually became the artistic<br />

center of his work. He investigated different types of stones for their<br />

sound qualities and did measurements using various methods in<br />

order to be able to explain the development of stone sounds. He<br />

founded several ensembles in order to propagate this music, wrote<br />

his first book on Soundstones, and recorded ten CDs.<br />

Arising from his work with stones, further projects were developed<br />

by Klaus Fessmann. First of all, there was the educational-artistic<br />

concept of the “Kieselschule” (“Pebble School”), currently the only<br />

existing elemental school of music and composition. This school<br />

works with pebbles; its methods are used in elementary education<br />

104


steinen und wird in der Elementarpädagogik sowie der Gewaltprävention<br />

eingesetzt.<br />

Als nächstes erfolgte die Erforschung der therapeutischen Wirkungsweise<br />

der Klangsteine, die seit 2008 an verschiedenen Kliniken des<br />

deutschsprachigen Raumes sehr erfolgreich durchgeführt wird.<br />

Im Jahr 2004/05 entwickelte Klaus Fessmann das Projekt „ReSonanz&AkzepTanz“,<br />

welches bislang das einzige erfolgreiche, wissenschaftlich<br />

begleitete pädagogische Projekt für Schulen mit einem<br />

hohen Migrationshintergrund ist. Von Beginn an gelang es, u. a. den<br />

Sprach- und Rechenkompetenzerwerb der Schüler um über 40%<br />

zu steigern. Das Projekt wurde 2009 mit dem ECHO-Klassik ausgezeichnet.<br />

and in the prevention of violence.<br />

The next project was devoted to research on the therapeutic effectiveness<br />

of Soundstones. Since 2008 research has been successfully<br />

implemented in various clinics located in German-speaking countries.<br />

In 2004/05 Klaus Fessmann developed the project “ReSonanz&AkzepTanz”<br />

(“ReSonance&AcceptDance”). This is as yet the only successful<br />

scientifically supported educational project for schools with a<br />

high percentage of pupils coming from a migrant background. From<br />

the outset it was possible to improve the language and numbers<br />

skills of the pupils by over 40%. In 2009 the project was awarded the<br />

“ECHO-Klassik” prize.<br />

Ausstellungen<br />

Exhibitions<br />

Nürtingen<br />

Echterdingen<br />

Bath, England<br />

Salzburg<br />

Stuttgart<br />

Köln<br />

Fellbach<br />

London<br />

Yokohama<br />

Hildesheim<br />

Riedlingen<br />

Stuttgart<br />

Ludwigsburg<br />

Iffeldorf<br />

Haigerloch<br />

Stuttgart<br />

Schorndorf<br />

Culos, Frankreich<br />

Stuttgart<br />

Mannheim<br />

Tutzing<br />

Meiningen<br />

Stuttgart<br />

Reudern<br />

Hamburg<br />

Göppingen<br />

Reutlingen<br />

Darmstadt<br />

Galerie Hexenhaus<br />

Galerie der Stadt Echterdingen<br />

Galerie der Universität<br />

Mozarts Geburtshaus<br />

Staatsgalerie<br />

Philharmonie<br />

Galerie der Neckarwerke<br />

Center of Modern Arts<br />

Galerie der Stadt<br />

Galerie der Stadt Hildesheim<br />

Galerie der Kreissparkasse<br />

Wilhelmspalais<br />

Schloss<br />

Gemeindezentrum<br />

Galerie Schwenk des Schlosses Haigerloch<br />

Galerie des Kunsthauses Schaller (2x)<br />

Galerie der Stadt Schorndorf<br />

Galerie der Stadt Culos (Gertrude Stein-Festival)<br />

Wilhelmatheater<br />

Galerie der Stadt Mannheim<br />

Evangelische Akademie<br />

Städtische Galerie<br />

Musikhochschule<br />

Galerie die Treppe<br />

Amerikahaus<br />

Galerie der Neckarwerke<br />

Ausstellung der Stadt<br />

Institut für Neue Musik<br />

Nürtingen<br />

Echterdingen<br />

Bath, England<br />

Salzburg<br />

Stuttgart<br />

Köln<br />

Fellbach<br />

London<br />

Yokohama<br />

Hildesheim<br />

Riedlingen<br />

Stuttgart<br />

Ludwigsburg<br />

Iffeldorf<br />

Haigerloch<br />

Stuttgart<br />

Schorndorf<br />

Culos, Frankreich<br />

Stuttgart<br />

Mannheim<br />

Tutzing<br />

Meiningen<br />

Stuttgart<br />

Reudern<br />

Hamburg<br />

Göppingen<br />

Reutlingen<br />

Darmstadt<br />

Galerie Hexenhaus<br />

Galerie der Stadt Echterdingen<br />

Galerie der Universität<br />

Mozarts Geburtshaus<br />

Staatsgalerie<br />

Philharmonie<br />

Galerie der Neckarwerke<br />

Center of Modern Arts<br />

Galerie der Stadt<br />

Galerie der Stadt Hildesheim<br />

Galerie der Kreissparkasse<br />

Wilhelmspalais<br />

Schloss<br />

Gemeindezentrum<br />

Galerie Schwenk des Schlosses Haigerloch<br />

Galerie des Kunsthauses Schaller (2x)<br />

Galerie der Stadt Schorndorf<br />

Galerie der Stadt Culos (Gertrude Stein-Festival)<br />

Wilhelmatheater<br />

Galerie der Stadt Mannheim<br />

Evangelische Akademie<br />

Städtische Galerie<br />

Musikhochschule<br />

Galerie die Treppe<br />

Amerikahaus<br />

Galerie der Neckarwerke<br />

Ausstellung der Stadt<br />

Institut für Neue Musik<br />

105


IMPRINT<br />

<strong>Retrospektive</strong><br />

Klaus Fessmann<br />

published by: Emanomedia GmbH, Zürich<br />

Copyright: © 2015, Emanomedia GmbH, Zürich<br />

All rights reserved<br />

ISBN 978-3-03836-009-4<br />

www.emanomedia.com<br />

Klaus Fessmann<br />

Auf der Trat 4<br />

D-82393 Iffeldorf<br />

www.klaus-fessmann.de<br />

Zusammenarbeit mit:<br />

Forum Kunst&Dialog UG<br />

Dr. Evamaria Brehm, Geschäftsführerin<br />

Groote Kamp 37<br />

D-25474 Hasloh<br />

www.forumkunstunddialog.de<br />

Übersetzung:<br />

Sylvia Heckmann<br />

Fotos der Werke:<br />

Wolfgang Horny, Stuttgart; Labor Grieger, Stuttgart;<br />

Guntram Gerst, Stuttgart; Rüdiger Köhler, München;<br />

Wolfgang Steche, Heidelberg; Klaus Fleckenstein, Habach;<br />

Raphael Fleckenstein, Habach.<br />

Gesamtgestaltung:<br />

Atelier Fleckenstein, Habach<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

Copyrighthinweis:<br />

Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, so<br />

auch elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung<br />

und öffentliche Zugänglichmachung, ist nur mit ausdrücklicher,<br />

schriftlicher Genehmigung des Verlages erlaubt.<br />

Die Weiterverbreitung sollte aus Achtung vor der Leistung und aus<br />

Respekt vor den Urhebern nur durch gekaufte Exemplare erfolgen.


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