Winfried Mogge
„Wir hingegen in
gedachten städtlein
gebohren und gezogen seyn ...“
Auf den Spuren der Juden von Rothenfels am Main
Königshausen & Neumann
Winfried Mogge
———
„Wir hingegen in gedachten städtlein
gebohren und gezogen seyn ...“
Beiträge zur Geschichte von Rothenfels am Main
1
Winfried Mogge
„Wir hingegen in gedachten städtlein
gebohren und gezogen seyn ...“
Auf den Spuren der Juden von Rothenfels am Main
Königshausen & Neumann
Umschlagbild:
Blick von der Burgtreppe auf die Stadt Rothenfels
mit Rathaus (1598/99), Juliusspital (1597/99) und Kirche (1610/11, Turm 1750),
an der Treppe Kreuzwegstation (1753) und „Judenbildstock“ (1752)
Innentitel:
Rothenfelser Grabstein vom Jüdischen Friedhof Laudenbach
(5579/1818)
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2., verbesserte Auflage 2016 (online-Ausgabe)
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Umschlag: skh-softics / coverart
Umschlagabbildung: Günter Giessler, Rothenfels
Layout: Winfried Mogge, Berlin
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ISBN 978-3-8260-5870-7
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Inhalt
Prolog 7
1. Erinnerungen und Quellen 7
2. Anfänge der Siedlung Rothenfels 9
3. Nathan von Rothenfels und seine Zeit 11
4. Spuren der ersten jüdischen Gemeinde 13
5. Sprünge der Würzburger Judenpolitik 17
6. Neubeginn und erste Namen 19
7. Konflikte und Ausweisungen 21
8. Ausgrenzungen und Anpassungen 27
9. Schritte zur Emanzipation 31
10. Leben und Arbeiten in Rothenfels 35
11. Leben und Arbeiten in Bergrothenfels 37
12. Häuser der Juden 42
13. Streit um die Synagoge 48
14. Unterricht und Kultus 50
15. Das Ende der Kehillah Rothenfels 57
16. Verstreut, verschollen, ermordet 59
Epilog 59
Anhang
1 Schutzjuden im Amt Rothenfels (17. bis 18. Jh.) 61
2 Juden im Herrschaftsgericht Rothenfels (19. bis 20. Jh.) 62
3 Juden im Herrschaftsgericht Rothenfels (1833) 63
4 Seelen-Register 1743 64
5 Jüdische Familien in Rothenfels (17. bis 19. Jh.) 66
6 Jüdische Familien in Bergrothenfels (18. und 19. Jh.) 67
7 Stammtafel Männlein / Freudenberger 68
8 Stammtafel Isack / Heil 69
9 Stammtafel Kahn / Völker 70
10 Personenstandsregister 1829-1875 71
11 Jüdische Wohnstätten in Rothenfels und Bergrothenfels 74
Literatur und Quellen 75
Abbildungsnachweis 80
Dank 80
Abkürzungen 81
Personenregister 81
Ortsregister 84
Nachwort und Nachträge 85
Rothenfels
Stahlstich nach einer Zeichnung von Fritz Bamberger (1814-1873), 1847
Juden von Rothenfels 7
Prolog
Im März 1749 schreiben Nathan Hirsch und Moyses
Berl aus Rothenfels am Main der Hochstiftischen Regierung
zu Würzburg einen flehentlichen Brief. Der
kurz zuvor verstorbene Fürstbischof Anselm Franz
von Ingelheim hatte auf Antrag von Bürgermeister und
Rat der Stadt Rothenfels ihre sofortige Ausweisung
aus diesem Ort verfügt. Die beiden würzburgischen
Schutzjuden haben sich nichts zuschulden kommen
lassen; ihr einziges Vergehen besteht darin, dass sie
Juden sind und mit landesherrlicher Genehmigung in
dem Ort wohnen und in dem umliegenden Landamt
ihre Handelsgeschäfte betreiben. Allerdings hat sich
mit ihnen die Zahl der traditionell in der Stadt zugelassenen
jüdischen Familien von zwei auf vier verdoppelt.
Aus Sicht der Ratsherren ist das nun eine
unerträgliche Konkurrenz für die alteingesessenen
Kaufleute, gar die existenzielle Gefährdung von Handel
und Wandel in dem armen Städtlein. Die betroffenen
Juden hingegen kämpfen mit Bittschriften um ihr
verbrieftes Aufenthaltsrecht. Sie beklagen die ihnen
drohende Eliminierung als Vertreibung aus ihrem Lebens-
und Arbeitsbereich, und das meint nicht nur den
wirtschaftlichen Ruin, sondern auch den Verlust der
Heimat: [...] wir hingegen in gedachten städtlein gebohren
und gezogen seyn. 1
1. Erinnerungen und Quellen
Der Vorgang von 1749 ist beispielhaft. Er wiederholt
sich mehrmals in Rothenfels und unzählige Male in
anderen Orten. Das Beispiel steht für die allzeit gefährdete
Existenz einer religiösen Minderheit als ein
schrilles Leitmotiv der deutschen Geschichte.
Für zahlreiche Orte und Regionen sind die Schicksale
der jüdischen Gemeinden inzwischen dokumentiert
und Bestandteil der „Erinnerungskultur“, so auch
in Unterfranken und Bayern. 2 Für die Kleinststadt Rothenfels
am Main und das seit Jahrhunderten zugehörige
Dorf Bergrothenfels wollen die folgenden Seiten
ein erster Versuch sein, dieses fast unbekannte und
erstmals 1992 auf wenigen Seiten thematisierte Kapitel
ihrer Geschichte darzustellen. 3
Es gab hier eine jüdische Gemeinde bereits im
1 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (darin Korrespondenzen und Resolutionen
von 1749, unpaginiert, teils undatiert). Ausführlich dazu
unten S. 24 f. – Zitate aus Quellen werden in der vorliegenden
Arbeit in Kursivschrift ohne Anführungszeichen wiedergegeben.
2 Vgl. D. Rosenstock, Literatur zur jüdischen Geschichte Unterfrankens
(2003); F. Wiesemann, Judaica bavarica (2007). Laufend
aktualisierte Literaturlisten finden sich auf der Homepage
des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur
in Unterfranken (www.johanna-stahl-zentrum.de) und in der
Datenbank Alemannia Judaica (www.alemannia-judaica.de).
3 Vgl. P. Kolb, Chronik (1992), S. 105-107, 158, 371 f Anm. 381
und 383; ders., Bergrothenfels (1997), S. 35 f.
Mittelalter, die in unbekannter Zeit unterging – vertrieben
oder umgebracht wurde. Seit der Mitte des 17.
Jahrhunderts sind dann Juden in der Stadt und dem
würzburgischen Amt Rothenfels wieder nachweisbar.
Es gab hier wie anderenorts Phasen friedlichen Zusammenlebens
von Christen und Juden, überwiegend
jedoch Zeiten der misstrauischen Beobachtung und
rücksichtslosen Vertreibung der Minderheit durch
Nachbarn und Obrigkeiten; die Ausgrenzung der stets
nur geduldeten Andersgläubigen war auch nach endlich
errungener bürgerlicher Emanzipation im 19.
Jahrhundert nicht überwunden.
Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Rothenfels
und Bergrothenfels endet bereits vor 1900
durch Überalterung und Abwanderung. Die letzte katastrophale
Phase im Nationalsozialismus fehlt dank
dieser historischen Zufälle an diesem Ort; es besteht
kein Grund zu der Annahme, sie hätte hier anders verlaufen
können als fast überall. Einige noch in dem
Mainstädtchen geborene Jüdinnen und Juden sind in
Frankfurt am Main nachweisbar; sie wurden 1940 und
1942 deportiert und in Vernichtungslagern umgebracht.
In Rothenfels und Bergrothenfels sind die Spuren
des jahrhundertelangen jüdischen Lebens verweht. Es
gibt unter den heutigen Bewohnern der Stadt und des
Dorfes kaum noch Erinnerungen an diese Minderheit.
Ein schmales Gässchen in der Stadt mit der inoffiziellen
Bezeichnung Judenwinkel ist den Ältesten noch
geläufig. Die Existenz von Synagogen und die Lage
einiger Wohnungen ist nach mühsamer Suche aus urkundlichen
Nachrichten zu erschließen. Ein ehemaliges
Judenbad wurde vor fast 40 Jahren beim Umbau
eines Privathauses in Bergrothenfels für kurze Zeit
sichtbar. Über den versunkenen Judenkirchhof der
mittelalterlichen Gemeinde nördlich der Altstadt von
Rothenfels geben spätere Steuerakten und Katasterkarten
Auskunft; im Gelände ist nichts mehr davon zu sehen.
Einige neuzeitliche Grabsteine für Rothenfelser
Juden stehen auf dem jüdischen Verbandsfriedhof
Laudenbach bei Karlstadt. Kultgegenstände aus den
Betstuben oder aus Wohnhäusern sind derzeit nicht
nachweisbar, familiäre Traditionen nicht gewärtig.
In der veröffentlichten Dokumentation der Rothenfelser
Stadt- und Dorfgeschichte finden sich einige
Textseiten und Quellennachweise über jüdische Familien,
ergeben aber kein zusammenhängendes Bild. 4 In
der inzwischen reichen Literatur zur Geschichte der
Juden in Bayern und Unterfranken und im heutigen
Main-Spessart-Kreis ist Rothenfels kaum bekannt und
wird meist nur der Mangel an schriftlichen Quellen
und realen Zeugnissen festgestellt. 5
4 P. Kolb (wie Anm. 3).
5 Auf eine Anhäufung von Literaturstellen, die sich meist aufeinander
und auf dieselben Quellen beziehen, wird in dieser Arbeit
verzichtet. – Als Hintergrund für die gesamte Arbeit dienten die
Standardwerke von J. F. Battenberg (1990, 2001) zur jüdischen
Geschichte. Als Übersichtsdarstellungen und zur Einführung
8 Winfried Mogge
Leider sind die als Geschichtsquelle so wichtigen
Amtsprotokolle der in der Burg Rothenfels residierenden
fürstbischöflichen Verwaltung bis auf einige Extracte
verloren gegangen. Die alten Ratsprotokolle der
Stadtverwaltung bieten nur vereinzelte Mitteilungen
über die jüdischen Bewohner. Recherchen vor allem in
den Staatsarchiven Würzburg und Wertheim und im
Stadtarchiv Rothenfels förderten jedoch umfangreiches,
bisher nur zum geringen Teil oder überhaupt
nicht beachtetes Material zutage. Es sind viele verstreute
Informationen vor allem aus amtlichen Korrespondenzen
und Protokollen, Gemeinderechnungen
und Grundsteuerakten, die sich schließlich zu einem
Bild fügen. Die jüdische Gemeinde von Rothenfels
und Bergrothenfels bekommt damit Namen und Daten,
bekommt ein Gesicht und eine wenn auch bruchstückhaft
bleibende Geschichte.
Es ist keine große Gemeinde und keine spektakuläre
Geschichte. Während in einigen Dörfern des Landamtes
Rothenfels zahlenmäßig beachtliche Gruppen
von Juden wohnten, waren es in dem stättlein nur wenige:
meist zwei bis vier, selten mehr Familien, ebenso
im zugehörigen Dorf auf dem berg, dazu eine wechselnde
Zahl von Einzelpersonen. Das bisherige Bild
umstürzende neue Aspekte zur Entwicklung der fränkischen
Judenschaft sind von Rothenfels nicht zu erwarten,
wohl aber einige regionale Differenzierungen
und Korrekturen.
So lässt sich beispielhaft zeigen, wie sich die fürstbischöflich-würzburgische,
dann königlich-bayerische
Religions- und Judenpolitik in einer solchen Randlage
in der Provinz umsetzte. Und es tritt die durchaus charakteristische
Existenz einiger jüdischer Generationen
in einer unterfränkischen Kleinststadt hervor, zu betrachten
und zu verstehen vor dem Hintergrund der jeweiligen
Zeit und Politik – eine Geschichte, die es vor
wurden benutzt: Die Ortschafts- und Einleitungsartikel in Germania
Judaica Bde. I-III (1963-2003); L. Scherg / M. Harth,
Marktheidenfeld (1993); R. Flade, Würzburger Juden (²1996);
L. Scherg, Jüdisches Leben (2000); G. Christ, Lohr (2007). Die
Einleitung von K. Müller zu dem monumentalen Werk über die
Grabsteine vom jüdischen Friedhof in Würzburg (2011) wird
hier nicht zitiert, sondern die ausführlichere Darstellung: K.
Müller, Würzburger Judengemeinde (2004). Außerdem die Beiträge
von K. Arnold und L. Scherg in der von P. Kolb und E. G.
Krenig herausgegebenen Unterfränkischen Geschichte (1992,
1999, 2002) und von H. P. Baum, U. Gehring-Münzel und K.
Müller in der von U. Wagner herausgegebenen Geschichte der
Stadt Würzburg (2001, 2004, 2007); dort finden sich jeweils
umfangreiche Literaturhinweise. Als neuere Spezialuntersuchungen
wurden vor allem genutzt: J. F. Harris, The People
Speak! (1994); I. König, Judenverordnungen (1999); D. Rosenstock,
Judenmatrikeln (2008); B. Rösch, Judenweg (2009); R.
Mehler, Matrikelbestimmungen (2011). Kurzfassungen zu einzelnen
Orten mit weiterführenden Hinweisen bietet die Online-
Dokumentation www.alemannia-judaica.de. Im Aufbau befindlich
(und derzeit noch ohne Hinweise zu Rothenfels) ist die
„Biographische Datenbank jüdisches Unterfranken“ bei wwwlandjudentum-unterfranken.de.
Einen kurzen, reich bebilderten
Überblick bietet das Begleitheft zur Wanderausstellung „Mitten
unter uns. Landjuden in Unterfranken vom Mittelalter bis ins
20. Jahrhundert“ (2013).
Ort zu erspüren, aus den Schatzkammern der Archive
zu heben, zu rekonstruieren und zu erinnern gilt.
An der Stelle sei ein Exkurs über die Namensgebungen
der Juden eingebracht. Die jüdischen Namen
machen es oft nicht leicht, familiäre Zusammenhänge
zu erkennen. Üblich ist zunächst die Verwendung nur
eines Namens, wobei die direkten Herleitungen von
biblischen Personen besonders beliebt sind: in Rothenfels
Abraham, David, Isaak, Joseph, Moses, Nathan.
Auch allegorische Tiernamen sind gebräuchlich: Bär
für Isaschar, Hirsch für Naphtali, Wolf für Benjamin,
ebenso Eindeutschungen wie Meier oder Mayer für
Meïr, Hermann für Chaim. Häufig begegnen Verkleinerungen
wie Hirschlein oder Hirschle; sehr fränkisch
klingen Verniedlichungen wie Berla oder Perla für
Berlein oder Perlein. 6 Die Schreibweise ist – wie allgemein
üblich – willkürlich, auch kommen alle denkbaren
Varianten vor, zum Beispiel Moyses, Moises,
Moizes, Mossel, Moschel für Moses. 7
In der Mitte des 18. Jahrhunderts gehen auch in
Rothenfels die Juden zu der hebräischen Tradition
über, den Namen mit dem Vaternamen zu kombinieren.
So schreibt sich ein bisheriger Moyses nun Moyses
Lazarus, sein Sohn Mayer nun Mayer Moyses.
Amts- und Ratsschreiber bereiten den späteren Leserinnen
und Lesern Verwirrung, indem sie gelegentlich
beide Namensteile einzeln verwenden. Bei den ersten
Schritten zur bürgerlichen Emanzipation wird die Annahme
unveränderlicher, vererbbarer Familiennamen
zur Pflicht – im ehemaligen Hochstift Würzburg nach
dem Übergang an Bayern ab 1816. Die Rothenfelser
Juden kommen dazu schon 1811 anlässlich der kurzen
Zugehörigkeit von Teilen des alten Landamtes zum
Großherzogtum Frankfurt. 8 Sie wählen Familiennamen
wie Heil und Freudenberger, die auch bei Glaubensgenossen
in Nachbarorten gängig sind.
Überhaupt begegnet eine Anzahl gleicher Namen –
zum Beispiel Nathan Freudenberger – auch in anderen
Orten. Nur in wenigen, genau zu prüfenden Fällen
darf dabei auf identische Personen oder Verwandtschaften
geschlossen werden.
Auch bei der Zuordnung von Namen zu den Konfessionen
ist genaues Hinsehen geboten. Heil, Herrmann
und Hirschlein können hier christliche und
jüdische Familien heißen. Eine traditionsreiche Rothenfelser
Familie Jud ist christlich; dasselbe gilt für
die „typisch jüdischen“ Familiennamen Bernstein und
Salomon. Ein Vorname wie David lässt ebenfalls noch
keine Rückschlüsse auf die Religionszugehörigkeit
seines Trägers zu.
6 Ausführlich zur Geschichte der jüdischen Namen: E. H. und H.
W. Guggenheimer, Etymologisches Lexikon.
7 In der vorliegenden Arbeit werden die Namen bei Zitaten aus
Quellen buchstabengetreu, ansonsten in der häufigsten Variante
oder der von den Trägern selbst bevorzugten Schreibweise wiedergegeben.
8 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 fol. 258; vgl. D.
Rosenstock, Judenmatrikeln, S. 34, 191.
Juden von Rothenfels 9
2. Anfänge der Siedlung Rothenfels
Der erste namentlich bekannte Einwohner von Rothenfels
am Main ist ein Jude. Er nennt sich Nathan
de Rotenvels und taucht 1222 und 1234 als Zeuge in
zwei Würzburger Urkunden auf. 9
Solche Zufälle der schriftlichen Überlieferung sind
Glücksfälle für die historische Forschung. Es gibt keine
urkundlichen, baulichen oder archäologischen
Zeugnisse für die Anfänge von Rothenfels. Jäger und
Fischer werden die ersten gewesen sein, die hier den
Wald und den Fluss und die Bäche nach Nahrung absuchten.
Zweifellos waren sie im Namen und Auftrag
der nahegelegenen Benediktinerabtei Neustadt unterwegs.
Denn der umliegende Grund vom Main bis weit
in den Spessart hinein gehörte seit karolingischer Zeit
diesem als adelige Familienstiftung entstandenen
Kloster. Für eine Siedlung an der Stelle der späteren
Stadt Rothenfels unten im Tal und des Dorfes Bergrothenfels
oben auf der Anhöhe gibt es jedoch keine
Nachweise und auch keine Wahrscheinlichkeit, bevor
überhaupt auf dem roten Felsen über dem Main die
Burg entstand. 10
Der fränkische Adelige Marquard II. von Grumbach
(um 1113/1125-1171), Vogt des Klosters Neustadt
und enger Mitarbeiter der ersten staufischen
Könige, baute seine Burg ab 1150 als einen von meh-
9 Vgl. Anm. 28 und 29.
10 Ausführlich dazu W. Mogge, Anfänge von Rothenfels; ders.,
Stadt Rothenfels.
reren Familiensitzen und künftiges Herrschaftszentrum
der Region. In einem ausführlichen Vertrag vom
8. Juli 1150 zwischen dem Abt und dem Aristokraten
wurden die Konditionen für das aufwändige Projekt
genau geregelt. Der mächtige Herr von Grumbach
nahm die starcke veste burgk mit zugehörigem Land
vom Kloster zu Lehen. Dabei ist noch keine Rede von
bereits vorhandenen Höfen oder Häusern, geschweige
denn einer Ansiedlung. Die wird erst zeitgleich mit der
Burg aus Versorgungshöfen der neuen Befestigung
entstanden sein. 11
Aus wenigen Mosaiksteinen urkundlicher Überlieferungen
ergibt sich eine ungefähre Vorstellung der
Anfänge von Rothenfels. Die ersten Vorkommen des
Ortsnamens, zum Beispiel von 1159, betreffen stets
nur die Burg, nicht die Siedlung. 12 Im Jahr 1282 – inzwischen
haben die Grafen von Rieneck die Herren
von Grumbach beerbt – ist in einem Friedensvertrag
zwischen dem Grafenhaus und dem Hochstift Würzburg
zum ersten Mal von einem Amt zu Rotenvels die
Rede. 13 Zu der Zeit haben die Fürstbischöfe das ehemals
reichsfreie Kloster Neustadt längst unter ihre
weltliche und geistliche Herrschaft gezwungen und
verfügen auch über dessen Lehen. In einer Beschrei-
11 Ausführlich dazu W. Mogge, Dies uralt Haus, S. 10-12, 36-42,
107-112; ders., Burg Rothenfels im Hochmittelalter (dort S. 6
farbige Abbildung der Urkunde vom 8. 7. 1150).
12 W. Mogge, Dies uralt Haus, S. 29, 40, 272 f.
13 StAWü WU 8620 (Urkunde vom 17. 1. 1282). Vgl. Th. Ruf,
Grafen von Rieneck, Teil I, S. 149, 381; W. Mogge, Dies uralt
Haus, S. 46, 51.
10 Winfried Mogge
bung des Rothenfelser Lehens (feodum) aus dem Jahr
1317 werden die Klostervogtei (advocacia) und zugehörige
Güter (bona), die Burg (castrum) und das Gericht
(cent) im Zusammenhang genannt. 14 Somit wird
hier eine bereits ausgebildete Herrschafts- und Verwaltungsstruktur
sichtbar.
Dank einiger weniger Hinweise scheinen nun Beamte
nicht nur in der Burg, sondern auch im Ort auf:
ein Schultheizz als Vertreter des Landesherrn (1319) 15 ,
ein Priester als Rector der Kirche (1341) 16 . Ein sicheres
Datum ist dann das Jahr 1342: Rothenfels wird
zum ersten Mal in Urkunden stat (Stadt) genannt, und
zwar in einem Vertragswerk vom 12. November zwischen
Kaiser Ludwig IV. dem Bayern (1314-1347)
und seinen Söhnen und dem Würzburger Fürstbischof
Otto II. von Wolfskeel (1333-1345) über die Verteilung
des Erbes der Grafen von Rieneck-Rothenfels,
die kurz zuvor ausgestorben waren (1333). 17
In jenem Jahr 1342 bestand hier also schon ein
verfasstes Gemeinwesen im Schutz der Burg, und das
konnte kaum innerhalb kurzer Zeit aus dem Boden gestampft
werden, sondern musste schon länger gewachsen
sein. Ein Gründungsdatum oder eine formelle
Erhebung zur Stadt ist, wie so oft im Mittelalter, für
Rothenfels nicht bekannt. Auch über die Zusammensetzung
und die Tätigkeiten der Bewohner erfährt man
zu der Zeit noch nichts. Indirekt wird jedoch mitgeteilt
und darf man schließen: Es gab an diesem Ort eine arbeitsteilige
Bürgerschaft mit Selbstverwaltung und
Gerichtsbarkeit, mit Befreiung von der Leibeigenschaft,
Steuererleichterungen und der Pflicht, eine
Mauer zu bauen und zu erhalten. Denn das sind einige
Merkmale des Rechtsgebildes Stadt, und die werden
durch die zeitlich folgenden Nachrichten für Rothenfels
bestätigt. 18
Die ersten schriftlichen Unterlagen über Umfang
und Verwaltung, Einnahmen und Ausgaben, Menschen
und Berufsgruppen der hochmittelalterlichen Stadt lassen
noch länger auf sich warten, was wiederum den
Zufällen der Überlieferung geschuldet ist. Sie setzen
ein mit zwei von der Forschung bisher nicht ausge-
14 H. Hoffmann, Ältestes Lehenbuch, Teilband 1, S. 113 (Nr.
1090).
15 C. H. v. Lang / M. v. Freyberg, Regesta, Bd. V, S. 418 (Urkunde
vom 26. 11. 1319). Die Interpretation erfolgt mit Vorbehalt:
Möglicherweise ist der in der gräflichen Urkunde genannte
Gottfrid Schultheizz dicto Rotenvels als ein Beamter vor Ort
und der Name als Amtsbezeichnung zu verstehen. Vgl. P. Kolb,
Chronik, S. 25 und 57.
16 StAWt-R US 1341 Juni 8. In der Privaturkunde über eine Stiftung
handelt Henricus de windauwe (Windau, Windheim) sacerdos
Rector Ecclesie in Rotenfels (Rektor der Kirche in
Rothenfels), die es also schon vorher gegeben haben muss. Vgl.
P. Kolb, Chronik, S. 238.
17 Bayerische Akademie der Wissenschaften, Monumenta Boica,
Bd. 40, S. 429-438 (Nr. 195/1-3); teils nachgedruckt bei P.
Kolb, Chronik, S. 335-337. Weitere Quellen zu dem Vorgang
bei W. Mogge, Dies uralt Haus, S. 374 Anm. 203-208.
18 Vgl. Th. Ruf, Quellen und Erläuterungen, S. 35 f; P. Kolb,
Chronik, S. 24 ff, 56 ff, 139 f und oft; W. Mogge, Dies uralt
Haus, S. 90 ff.
werteten Zins- und Gültbüchern des Ritters Eitel Voit
von Rieneck aus dem Jahr 1450. 19 Dessen in Mainfranken
verbreitete und erfolgreich wirtschaftende Familie
– nicht zu verwechseln mit den Grafen von
Rieneck – hatte eine Menge Eigen- und Pfandbesitz
auch um Rothenfels gesammelt und in solchen Büchern
ihre Einkünfte daraus verzeichnet. Es folgt eine
erste Bestandsaufnahme der Zinß und gulte zu Rotenfels
(1474), überliefert im ältesten Würzburger Salund
Lagerbuch, das Fürstbischof Rudolf II. von Scherenberg
(1466-1495) gleichermaßen für alle damaligen
Landämter des Hochstifts in Auftrag gegeben hatte. 20
Wiederum einige Jahre später ließ der fürstbischöfliche
Amtmann die Weistümer des Amtes Rothenfels
aufzeichnen, also die bislang nur mündlich überlieferten
Rechte und Pflichten und Abgaben der Bürger verschriftlichen
(1494). 21
Aus all diesen Aufzeichnungen lassen sich Informationen
zu den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
der Stadt und der Amtsdörfer ziehen. Doch
erst im folgenden Jahrhundert setzen die wirklich ergiebigen
städtischen Schriftquellen ein: Protokollbücher
(Rats- und Stadtgerichtsprotokolle ab 1531 22 ) und
Steuerlisten (Bede-Register von 1531 23 ). Eine Fülle
von Namen und Daten eröffnet nun Einblicke in die
Verwaltung, die soziale Schichtung und das Alltagsleben
des Ortes, der vom Ackerbürgerstädtchen aufsteigt
zu einem bescheidenen Handels- und Gewerbezentrum
der Region. 24
Dicht verschleiert sind für heutige Betrachter die
Anfänge des Dorfes Bergrothenfels. Es liegt nahe, auf
der weiten Hochfläche hinter der Burg und nicht im
engen Flusstal die ersten Versorgungshöfe der Grumbacher
und Rienecker Burgherren und dann einen
großen Bauhof als Eigenbetrieb des Hochstifts Würzburg
anzulegen. 25 Die Heuser hinter dem Schlos Rottenfels
uff dem Berg oder auff dem Berg tzu Rotenuels
oder einfach nur uff dem berg heißt diese Ansiedlung
in den ersten erhaltenen Schriftquellen aus dem 15.
19 StAWt-G Rep. 102 Nr. 2433 (unpaginiert); Rep. 54 Nr. 101 fol.
2-7. Einige Daten aus letzterem bei P. Kolb, Chronik, S. 57, 366
Anm. 182.
20 StAWü Salbuch Nr. 1 fol. 281-314. Vgl. D. Rödel, Erstes Salbuch,
S. 38-41. Eine „Ortsstatistik“ bietet G. Christ, Lohr, S.
314-328.
21 StadtAR II 1/1 (Stadtbuch B, bezeichnet Anno 1413, tatsächlich
eine Sammlung von Urkundenkopien des 15. bis 17. Jhs.,
nach dem ersten Text fälschlich auf 1413 datiert), S. 1-8; StA-
Wü Salbuch Nr. 136 (zusammengestellt 1540), Nr. 137 (zusammengestellt
etwa 1596), Nr. 138 (Zusammenfassung mehrerer
älterer Salbücher und Konzepte, 1683); StAWt-R S 2 Nr. 474
(1683-1724); S 2 Nr. 522 (1732/33). Ausführliche Beschreibung
der Quellen bei W. Mogge, Dies uralt Haus, S. 91 ff, 386 Anm.
387-391.
22 StadtAR II 2/1 (Ratsprotokolle 1531-1553), II 2/2 (Ratsprotokolle
1590-1594), II 2/3 (Ratsprotokolle 1592-1616), II 2/4
(Ratsprotokolle 1594-1595).
23 StadtAR II 7/1 (Beth-Register 1531).
24 Ausführlich dazu P. Kolb, Chronik, S. 91-110, 164-183 und oft.
25 Ausführlich dazu W. Mogge, Dies uralt Haus, S. 36-44, 107-
112.
Juden von Rothenfels 11
Würzburger
Urkunde,
März 1222
In der Zeugenreihe,
vorletzte Zeile:
natan de rotenuelse
Jahrhundert. 26 Seit dem Beginn der Aufzeichnungen
erscheint Bergrothenfels als ein Teil der Stadt, und die
Bewohner des Dorfes genießen die Bürgerrechte; nur
für 150 Jahre, von 1822 bis 1972, gehen die Kommunen
getrennte Wege. 27 Die jüdische Gemeinde, um ein
Ergebnis der Untersuchung vorwegzunehmen, wird im
Lauf der Zeit aus dem ummauerten Bereich der Stadt
in das offene Dorf verdrängt.
Angesichts der relativ späten Nachrichten über die
Anfänge von Rothenfels erscheint es geradezu sensationell,
dass wir über den Juden Nathan bereits aus der
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts Kunde von der
Existenz des Ortes haben und auch den Namen eines
Bewohners kennen. Galten bisher die Grafen von
Rieneck-Rothenfels (1243-1333) zu Recht als planmäßige
Förderer der Siedlung und des Amtes, so rücken
nun schon die Herren von Grumbach (1150-1243) als
mögliche und wahrscheinliche Gründer eines Dorfes
oder Marktes ins Blickfeld. Mehr lässt sich dazu aus
den Dokumenten von 1222 und 1234 aber nicht herauslesen,
ohne in Spekulationen zu verfallen.
26 StAWt-R Rep. 54 Nr. 101 fol. 5‘; StAWü Salbuch Nr. 136 fol.
5‘, 10-18‘, 31‘; Salbuch Nr. 137 fol. 10-16, 228-233.
27 Zum 1. 10. 1822 lösten sich Bergrothenfels und Windheim aus
dem Gemeindeverband Rothenfels; mit dem 1. 1. 1972 wurde
Bergrothenfels in die Stadt Rothenfels wieder eingegliedert.
Ausführlich dazu P. Kolb, Bergrothenfels, passim.
3. Nathan von Rothenfels und seine Zeit
Worum geht es in diesen für die Rothenfelser Geschichte
so willkommenen Würzburger Urkunden? Es
handelt sich um Privatgeschäfte, wie sie in allen Städten
alltäglich abgeschlossen und „mit Brief und Siegel“
rechtskräftig werden. Beim ersten verpfändet der
Ritter (und Würzburger Bürger) Billung der Jüngere
von Pleichfeld dem Juden joseph de wertheim einen
Weinberg in Unterdürrbach, einem heutigen Vorort der
Stadt. Die Urkunde ist ausgestellt vom Schottenkloster
St. Jakob, in der stattlichen Zeugenreihe findet sich
natan de rotenuelse. 28 Beim zweiten Dokument geht
es um Vererbung und Verkauf eines Hauses in Würzburg
und der Einkünfte daraus zwischen jüdischen Familien.
Hier sind Verwandte des Zeugen Joseph de
Wertheim direkt beteiligt. Aussteller ist das Domkapitel,
das Geschäft bezeugen mehrere Kanoniker und
Laien und eine Reihe von Juden, darunter wieder Nathan
de Rotenuels. 29
28 StAWü WU 6507 (Urkunde ohne Tagesangabe, März 1222).
Regest: C. H. v. Lang, Regesta, Bd. II, S. 127. Ohne Quellenangabe
genannt bei F. Hundsnurscher / G. Taddey, Jüdische Gemeinden,
S. 294.
29 StAWü WU 7746 (Urkunde ohne Tagesangabe, März 1234).
Regest: W. Engel, Urkundenregesten zur Geschichte der Stadt
Würzburg, S. 30 f (Nr. 19). Druck: Bayerische Akademie der
12 Winfried Mogge
Bemerkenswert an diesen Vorgängen ist, dass
christiani ac iudei selbstverständlich neben- und miteinander
handeln und hochrangige Kleriker und auch
christliche Adelige und Bürger die Geschäfte der Juden
bezeugen. 30 Die beiden Urkunden, zwölf Jahre
auseinander liegend, dürften zufällig erhaltene Stücke
einer ganzen Serie sein. Joseph und Nathan haben offensichtlich
als angesehene Männer Kontakte zu führenden
Kreisen in Würzburg. Sie bewegen sich frei
und fern von ihren Heimatorten, leben vielleicht schon
länger in der Hauptstadt, wo sie ihren Herkunftsnamen
bekommen haben. 31 Wir erfahren nichts über ihre beruflichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse; wahrscheinlich
sind sie vermögende Kaufleute, die sich
Immobilienbesitz leisten können und flüssiges Geld zu
verleihen haben. Einige Juden aus Wertheim, vielleicht
aus der Familie des Joseph, wurden auf dem
Friedhof der mittelalterlichen Würzburger Gemeinde
beerdigt. 32 Möglicherweise hat auch Nathan von Rothenfels
seinen Lebensmittelpunkt und sein Ende in
der Bischofsstadt gefunden; aber das darf nicht mehr
als eine Vermutung sein.
Die Metropole am Main ist zu der Zeit der Mittelpunkt
des fränkischen Judentums. 33 Es ist das „goldene
Zeitalter“ in der Geschichte der Würzburger Juden,
eine Zeit des Friedens für mehrere Generationen zwischen
Wellen von Vertreibung und Vernichtung: „Nie
wieder erleben sie später eine so lange Periode relativer
Sicherheit, wirtschaftlicher und kultureller Blüte
und religiöser Intensität.“ 34 Eine organisierte Gemeinde
von etwa 700 Personen mit differenzierter Berufsstruktur
lebt in einem offenen Stadtviertel um den jetzigen
Marktplatz, baut ihre Hauptsynagoge an der
Stelle der heutigen Marienkapelle, unterhält eigene soziale
und kulturelle Einrichtungen. Ihre Kaufleute und
Unternehmer sind wohlmögende Nachbarn der Christen
und auch am fürstbischöflichen Hof angesehen. In
Würzburg leben und arbeiten in jener Zeit bedeutende
Wissenschaften, Monumenta Boica, Bd. 45, S. 77 f (Nr. 46).
Die Urkunde trägt auf der Rückseite mehrere Signaturen und
eine hebräische Schriftzeile: Schulden bei Raw [Herrn] Joseph.
30 Zitat aus der Urkunde von 1234 (wie Anm. 29).
31 Mehrere Autoren werten die Urkunde von 1234 als Beweis für
den Zuzug von Juden nach Würzburg im 13. Jh. u. a. aus Rothenfels
und Wertheim (K. Müller, Würzburger Judengemeinde,
S. 44; H.-P. Baum, R. Leng und R. Meier, Kehillot Keddoschot,
S. 7). Weitere Spuren des Nathan von Rothenfels außer den Urkunden
von 1222 und 1234 sind in Würzburg nicht nachweisbar
(freundliche Mitteilung des Stadtarchivs Würzburg).
32 K. Müller, S. Schwarzfuchs und A. Reiner, Grabsteine, Bd. 2
Teil 1, S. 319 f (Stein Nr. 192) und 954 f (Stein Nr. 647). Die
Angabe bei K. Müller, Würzburger Judengemeinde, S. 44 Anm.
9 (Grabsteine Nr. 519 und 1212) ist zu korrigieren (freundliche
Mitteilung von Prof. Dr. Dr. Karlheinz Müller, Würzburg). –
Der Würzburger Grabstein Nr. 647 (datiert zwischen 1241 und
1260) ist der eines Knaben Schim'on, des Sohnes des Herrn
[…] aus Wertheim. Raw (Herr) wird auch Joseph von Wertheim
auf der Rückseite der Urkunde von 1234 tituliert (vgl. Anm.
29).
33 Vgl. K. Müller, Würzburger Judengemeinde, S. 43.
34 R. Flade, Würzburger Juden, S. 6.
Rabbiner und jüdische Gelehrte, deren theologische
und juristische Werke und Entscheidungen im gesamten
Reich gelesen und gefragt werden. 35
Der Sonderstatus der deutschen Juden als religiöse
Minderheit mit eigenem Recht und besonderem
Schutz ist scheinbar gesichert durch reichsweit geltende
Garantien der Könige und die Landfriedensgesetzgebung
seit Beginn des 12. Jahrhunderts. Der
Königsschutz, teuer bezahlt durch regelmäßige und außerordentliche
Abgaben an die Kammer des Herrschers,
wird allerdings im Lauf des 13. Jahrhunderts
an Landesherren, Adelige und Städte verkauft oder
verpfändet. Und so geraten die königlichen Kammerknechte,
wie die Juden seit 1236 allgemein genannt
werden, auch in der Stadt und im Hochstift Würzburg
ab 1247 in die Abhängigkeit von Fürstbischöfen, dann
auch Domkapiteln, Klöstern, Grafen und sogar
Reichsrittern. Der Judenschutz wird zum finanziell
einträglichen und politisch interessanten Regal territorialer
Mächte. 36
Der Rechtsschutz der Minderheit ist brüchig in
Zeiten sozialer Unruhen in den Städten; er versagt
meist dann, wenn hysterische religiöse Massenbewegungen
das Land heimsuchen. Die erste große Katastrophe
dieser Art wirkte sich in Würzburg zunächst
nur indirekt aus. In der Vorbereitungsphase des ersten
Kreuzzuges (1096-1099) zur „Befreiung“ Jerusalems
und des Heiligen Landes von den „Ungläubigen“ waren
ungeordnete, fanatisierte Kolonnen durch das
Rheinland gezogen, hatten tausende nun als „Gottesmörder“
stigmatisierte Juden getötet und ihre alten
Zentren zerstört. Überlebende Flüchtlinge konnten
sich nach Franken retten und um das Jahr 1100 in
Würzburg eine neue Gemeinde gründen.
Zu Beginn des zweiten Kreuzzuges (1147-1149)
gelang es dem judenfreundlichen Würzburger Bischof
Siegfried von Truhendingen (1146-1150) nicht, seine
Schutzbefohlenen vor dem verbrecherischen Tatendrang
der in seiner Stadt lagernden Kreuzfahrer zu bewahren;
unter dem Vorwand, die Juden hätten einen
jungen Christen umgebracht, war es am 24. Februar
1147 zu einem Pogrom gekommen.
Danach aber gab es, trotz zahlreicher Übergriffe an
vielen Orten auch in Franken, in Würzburg die zitierte
Friedens- und Blütezeit für die jüdische Gemeinde.
Die Wende kam schlagartig mit dem Jahr 1298, dem
Beginn der großen Judenverfolgungen des Hochmittelalters.
Die nun einsetzenden Ereignisse betrafen
nicht nur die Residenzstadt, sondern auch die ländlichen
Orte des Hochstifts. 37
35 Ausführlich dazu K. Müller, Würzburger Judengemeinde, S.
29-62, 85-95.
36 Ausführlich dazu I. König, Judenverordnungen, S. 11-29, 45 f;
K. Müller, Würzburger Judengemeinde, S. 63-84.
37 Ausführlich dazu Germania Judaica, Bd. I S. 475-496; Bd. II/1,
S. 928-936; K. Müller, Würzburger Judengemeinde, S. 17-29,
96-111. Dort jeweils weiterführende Literaturlisten und Quellennachweise.
Juden von Rothenfels 13
Würzburger Urkunde,
März 1234,
und anhängendes Siegel
des Domkapitels
In der Zeugenreihe,
vierte Zeile von unten:
Nathan de Rotenuels
4. Spuren der ersten jüdischen Gemeinde
Die guten Jahrzehnte der Würzburger Juden dürften
auch die Blütezeit der mittelalterlichen Siedlung in
Rothenfels gewesen sein. Das entspräche jedenfalls
der allgemeinen Entwicklung in der Region. Jüdisches
Leben ist in Orten des heutigen bayerischen Regierungsbezirks
Unterfranken teils schon im 12., dann
vielfach im 13. Jahrhundert nachweisbar, im näheren
Umkreis um unsere künftige Stadt namentlich in Arnstein,
Gemünden, Homburg, Karlstadt, Lohr und
Rieneck. 38 Rothenfels zählt mit seinen Nachrichten
von 1222 und 1234 zu den frühesten Belegen.
Wir wissen nicht, wie es den Rothenfelser Juden
während der Pogrome des Mittelalters erging. Es gibt
für diese Zeit keine urkundlichen Nachrichten oder
zeitgenössischen Berichte aus unserem Ort. In den damaligen
Memorbüchern – Totengedenkbüchern für die
Opfer der Verfolgungen ab 1298 – ist Rothenfels nicht
vertreten. 39 Das kann ein Hinweis auf die Unvollständigkeit
dieser besonderen Art von Quellen sein. Es ist
38 Vgl. L. Scherg, Jüdisches Leben; Germania Judaica, Bd. II/1, S.
23, 275 f, 387 f, 429 f; Bd. II/2, S. 701. Dazu auch A. Haverkamp,
Geschichte der Juden, Teil 2 (Ortsartikel), Teil 3
(Karten). Fortlaufend ergänzte Ortsartikel in der Online-Dokumentation
www.alemannia-judaica.de.
39 Vgl. S. Salfeld, Martyrologium; A. Pomerance, Memorbücher.
unwahrscheinlich, dass der würzburgische Grenzort
von dem „neue(n) Phänomen der sich epidemieartig
ausbreitenden Judenverfolgungen“ 40 verschont blieb.
Das erste in Frage kommende Ereignis dieser Art
wäre die Rintfleisch-Verfolgung von 1298 gewesen.
Die inzwischen in Deutschland und Europa grassierende,
religiös begründete Judenfeindschaft entzündete
sich zu der Zeit meist an dem Vorwurf des
„Hostienfrevels“. Eine solche angebliche Schändung
einer gestohlenen konsekrierten Hostie führte zunächst
in Röttingen im Taubertal zu einem Massenmord an
Juden; von hier aus setzte sich ein König Rintfleisch
genannter Anführer an die Spitze fanatisierter Massen
und zerstörte vor allem in Franken zahlreiche jüdische
Gemeinden. Allein in der Stadt Würzburg, wohin sich
auch Juden aus der Umgebung geflüchtet hatten, wurden
etwa 900 Menschen ermordet. 41
Ähnliche Vorgänge wiederholten sich 1336/37, als
ein Ritter Arnold von Uissigheim genannt Armleder
Bauern und städtisches Proletariat zum Vernichtungsfeldzug
gegen Juden in und um Franken anführte; in
diesem Fall konnten Bürger und Rat von Würzburg
40 K. Müller, Würzburger Judengemeinde, S. 96.
41 Zusammenfassende neuere Literatur: R. Flade, Würzburger Juden,
S. 19-36; K. Arnold, Abweichung im Glauben, S. 337-346;
K. Müller, Jüdische Gemeinde, S. 515-534;
14 Winfried Mogge
wenigstens die Einwohner der Stadt schützen. Die
Hauptforderung der Armleder-Erhebung war die
„Schuldentilgung“ durch gewaltsam erzwungene Herausgabe
aller Schuldscheine jüdischer Gläubiger; dies
zeigt überdeutlich die Verquickung religiös verbrämter
und amtskirchlich geförderter antijüdischer Massenbewegungen
mit wirtschaftlichen Interessen. 42
Die ultimative Katastrophe für das mittelalterliche
Judentum in Deutschland kam dann in der Folge der
sprunghaften Ausbreitung des Schwarzen Todes, der
Beulenpest, in den Jahren 1347 bis 1352. Die Schuld
an der damals unerklärlichen und unentrinnbaren Seuche
wurde kollektiv den „Brunnenvergiftungen“ durch
Juden zugeschoben. Wo es in Franken noch jüdische
Gemeinden gab, wurden diese ausgerottet. Die meisten
Würzburger Juden kamen in der Nacht vom 20.
zum 21. April 1349 ums Leben, ermordet von ihren
Nachbarn. 43
Jedes dieser Ereignisse hätte das Ende der jüdischen
Gemeinde auch im Städtchen Rothenfels bedeuten
können, das sich vor den Heimsuchungen der
nahegelegenen Hauptstadt und umliegender Orte nicht
verstecken, geschweige denn gegen einen etwaigen
Ansturm rache- und beutehungriger Massen verteidigen
konnte oder wollte. Die schriftlichen Quellen geben
keine Auskunft, ob und wann hier die Juden
vertrieben oder umgebracht wurden oder vielleicht
fliehen konnten.
Allen Katastrophen zum Trotz hat es im Spätmittelalter
wieder jüdische Bewohner in Rothenfels gegeben.
Dafür finden sich nur wenige verstreute, indirekte
Nachweise – Informationen aus Rechtsgeschäften an
anderen Orten, deren Inhalt hier nicht weiter interessiert,
die jedoch einige Namen und Daten für unseren
Zusammenhang bieten:
– 1329 gewinnt ein Jude Jacob von Rotenfels vor
dem Landgericht Würzburg einen Streit um den Kauf
eines Gutes gegen die Adelsfamilie von Dettelbach. 44
Der Herkunftsname lässt aufhorchen – da ist zu jener
Zeit ein jüdisches Umfeld in Rothenfels zu vermuten.
– In dem bereits zitierten Vertrag von 1342 zwischen
Kaiser Ludwig IV. und Fürstbischof Otto II.
wird das Eigentum an den vormals rieneckischen Burgen
und Städten Rothenfels und Gemünden geteilt,
einschließlich der Rechte an neu hinzukommenden
Bürgern, ez wern kristen oder juden. 45 Das mag eine
42 Wie Anm. 41.
43 Die schriftlichen Quellen dazu sind ediert: H. P. Baum, Quellen
zu Judenverfolgungen. Kritisch zur bisherigen Literatur K.
Müller, Würzburger Judengemeinde, S. 96-137. Letzterer widerspricht
der Theorie vom kollektiven Freitod der Würzburger
Juden in ihren brennenden Häusern beim Pogrom von 1349, der
in der Literatur, älteren Chronisten und zeitgenössischer Propaganda
folgend, stereotyp behauptet wird.
44 M. Schäfer, Würzburger Landgericht, Teil II Nr. 529 (17. 10.
1329), dazu auch Nr. 474 (14. 9. 1327); B. Kreutz, Quellen,
Bm. Würzburg Nr. 294 (27. 6. 1329).
45 Bayerische Akademie der Wissenschaften, Monumenta Boica,
Bd. 40, S. 431 (vgl. Anm. 17).
formelhafte Bestimmung sein, kann aber auch zeigen,
dass man damals Juden in dem würzburgischen Amtsort
auf der Rechnung hatte.
– Aus dem Jahr 1486, also mit einem großen zeitlichen
Sprung, stammt die nächste (und nach derzeitigem
Wissensstand letzte) Nachricht für Rothenfels aus
dem Spätmittelalter. Die gemeine Judenschaft der
Reichsstadt Frankfurt am Main distanziert sich hier
von einer verurteilten und geächteten Jüdin namens
Bestian. Wir erfahren nicht, worum es in diesem
Rechtsstreit ging, erhalten aber die Information, die
Frau sei „wohnhaft zu Rothenfels unter dem Bischof
von Würzburg“. 46 Das tat sie zweifellos nicht allein,
sondern mindestens mit einer familiären Einbettung.
Selbstverständlich reichen die wenigen Daten und
Namen nicht aus, die Existenz einer kontinuierlichen
jüdischen Gemeinde im mittelalterlichen Rothenfels
am Main zu behaupten. Man kann allenfalls vermuten,
dass jener Nathan von 1222 und 1234 nicht allein in
dem aufstrebenden kleinen Ort am westlichen Rand
des Hochstifts lebte, dass er dort eine Familie und ein
jüdisches Umfeld hatte, bevor er möglicherweise ganz
nach Würzburg ging. Den Sprüngen der landesherrlichen
Politik im Wechsel von Vertreibung und Duldung
unterworfen, haben sich Juden wohl mehrmals neu in
Rothenfels niederlassen können – so eine mögliche
und einleuchtende Interpretation der höchst lückenhaften
Überlieferung.
Über das Ende der älteren Gemeinde schweigen
sich die Archive aus. Wo die Daten fehlen, blühen die
Vermutungen, und so gibt es in der Literatur unterschiedliche
Angebote vom 13. bis 16. Jahrhundert. 47
Beweise dazu werden in keinem Fall genannt. Spätestens
im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts, so viel darf
man nach der Aktenlage feststellen, leben in Rothenfels
keine Juden mehr: 1531 setzen die hiesigen
Ratsprotokolle und Grundsteuerregister ein, und die
enthalten noch lange keine Mitteilungen über jüdische
Bewohner. 48 Ein weiteres Indiz: Die Quellen berichten
in jenem Jahr über eine Begräbnisstätte der ehemaligen
Gemeinde nur noch in der Vergangenheitsform.
Es gab im mittelalterlichen Rothenfels einen eigenen
jüdischen Kirchhof – ein gewichtiges Argument
für die Existenz einer Gemeinde. Auch dieser Nachweis
gelingt nur indirekt. Das „Haus der Ewigkeit“,
das jeder jüdische Friedhof sein soll, ist hier schon mit
dem Ausgang des Mittelalters aufgelassen worden und
verschwunden, vielleicht im Rahmen einer Vertreibung.
Aber der eindeutige Flurname Judenkirchhof
lebt in den Akten und im alltäglichen Sprachgebrauch
fort.
46 D. Andernacht, Regesten, Teil 2 Nr. 2303 (18. 10. 1486).
47 B. Z. Ophir, Pinkas Hakehillot, Karte bei S. 376 (mit vagen, unbelegten
Datierungen zu Bergrothenfels und Rothenfels); I.
Schwierz, Steinerne Zeugnisse, S. 118 (Untergang der jüdischen
Gemeinde „am Ende des 13. oder am Anfang des 14.
Jahrhunderts“).
48 Vgl. S. 10.
Juden von Rothenfels 15
Seite aus dem Rothenfelser Bede-Register von 1531
Vorletzte Zeile: … garten genant der Jüden Kirchoff
Die frühesten feststellbaren Hinweise finden sich
im ältesten erhaltenen Grundsteuerregister von Rothenfels
von 1531. Dort sprechen zwei Einträge über
jährliche Zahlungen für sich: III d von eÿnem garten
genant der Jüden Kirchoff und XV d vom rod, und Juden
Kirchoff ober der stadt. 49 Das deckt sich mit der
Notiz in einer späteren Würzburger Zusammenstellung
der Zinsen und Güldt zu Statt- und Berg Rottenfels;
dort heißt es: 3 d Zins von ungefehr 4/4 morgen
Wiesgartten am Juden Kirchhoff genandt. 50 Der Name
hält sich in den Grundsteuerlisten bis ins 19. Jahrhundert.
51 Der Verfasser des 1882 begonnenen Rothenfelser
Pfarrbuches wusste noch Bescheid: Der Garten
genannt Judenkirchhof [...] lag rechts von der Wiebelsteige
am Anfang des Mittelweges. 52
49 StadtAR II 7/1 S. 22 und 44. Die Abkürzung d bedeutet denar
(Pfennig). Rod ist ein durch Rodung gewonnenes Landstück, in
der Quelle von 1531 häufig in verschiedenen Fluren genannt.
Die beiden Steuerzahler des Zitats sind Hanß Weber Schiffman
und Heintz Mynner.
50 StAWü Salbuch Nr. 138 S. 196.
51 StadtAR II 7/2 S. 57, 60, 80, 96 f, 101, 123, 131, 134, 141, 146,
155 f, 165, 181, 187 f. Gelegentlich taucht die Bezeichnung Judenkirchhoff
bei Grundstücksverkäufen und -versteigerungen
auf, z. B. StadtAR II 2/11 S. 598 f (13. 9. 1774). Oft befinden
sich die Parzellen über mehrere Generationen in Familienbesitz.
52 PfarrAR Pfarrbuch (Chronik II, begonnen 1882 von Pfarrer
Franz Anton Bauer), S. 298. Entsprechend die teils auf der
Ausschnitt aus der Uraufnahme von 1843
Oben Mitte: Flurbezeichnung Iudenkirch-Hof
Mit bestmöglicher Eindeutigkeit gibt die „Uraufnahme“
der Rothenfelser Gemarkung Auskunft über
den gesuchten Ort. Auf dieser Karte, im Jahr 1843 vermessen
und gezeichnet als Unterlage zum bayerischen
„Grundsteuerkataster“, ist nördlich der Stadt ein Flurstück
mit der Bezeichnung Iudenkirch-Hof zu entdecken.
Dazu gehörte auch ein Teil der anschließenden
Flur namens Hasengarten. 53 Das Gelände ist heute
noch genau auszumachen und einzugrenzen: ein ebener,
von Süd nach Nord verlaufender keilförmiger
Streifen zwischen der den Main begleitenden Landstraße
und dem in nördliche Richtung zum Landwehrgraben
führenden Mittleren Weg. Auf der Westseite
steigen die Steilhänge zum Halleberg an, gegen Norden
gibt es Erweiterungsmöglichkeiten. Der Wiebel,
auf der Karte Steig und Oberer Steig genannt, die alte,
Pfarrchronik beruhende Stadtchronik: StadtAR IV 3/3, Chronik
der Stadtgemeinde Rothenfels (begonnen 1925 von Oberlehrer
Georg Max Fuß), Bd. I S. 202. – Pfarrchronik und Stadtchronik
sind immer dann brauchbar, wenn die Verfasser (leider meist
ohne Quellenangaben) auf ältere Protokollbücher zurückgreifen
oder selbst als Zeitzeugen berichten. Die dortigen unkritischen
Sammlungen von Abschriften und Regesten aus Würzburger
Urkunden und Salbüchern bzw. Rothenfelser Protokoll- und
Rechnungsbüchern mit zahlreichen Lesefehlern ersetzen keinesfalls
den Zugriff auf die Originale.
53 Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung
(München), NW.085.62b.
16 Winfried Mogge
Rothenfels:
Das Gelände des mittelalterlichen
jüdischen
Friedhofs heute
(Blick nach Norden)
seit jeher gepflasterte Verbindungsstraße vom Tal hoch
zur Burg und zum Dorf Bergrothenfels, liegt mit einer
scharfen Kehre tatsächlich etwas weiter südlich als in
der Pfarrchronik beschrieben; er beginnt bei dem heute
nicht mehr sichtbaren ehemaligen Hafen und Stapelplatz
der Stadt.
Die Karte von 1843 zeigt das Gelände des Judenkirchhofs
auffällig zerstückelt in 18 Parzellen. Die dort
eingetragenen Ziffern sind keine Flurnummern, sondern
verweisen auf die damaligen Grundstücke und
Häuser in der Stadt, denen sie so zugeordnet werden
können. Dank des 1847 angelegten Grundsteuerkatasters
lassen sich 14 Haus- und Grundbesitzer und die
Kommune selbst als Inhaber identifizieren. Auch die
damalige Nutzung des Geländes geht aus den Bezeichnungen
der Steuerlisten hervor: Judenkirchhofgarten
mit Wiese, Acker, Garten oder Gemüsegarten. 54
Als Rothenfelser Bürger hier ihre Gärtchen bewirtschafteten,
den urkundlichen Nachrichten zufolge bereits
im 16. Jahrhundert, war der Friedhof nur noch
eine Erinnerung. 1880/81 entstand dann auf dem Gelände
der Bahndamm für die Eisenbahnlinie, der wiederum
110 Jahre später nicht mehr gebraucht und im
Bereich der Stadt zu einer Hochwasserschutzanlage
mit Umgehungsstraße umgebaut, ansonsten zu einem
Radwanderweg eingeebnet wurde. Heute befindet sich
das Areal des ehemaligen Judenfriedhofs vollständig
im Besitz der Kommune und präsentiert sich als gepflegte
Wiese mit einem kleinen Feuchtbiotop und ei-
54 StAWü GrStKat Rothenfels, Grund- Saal- und Lagerbuch, Bde.
I-IV, fol. 2, 135, 155, 183, 309, 432, 500, 590, 559, 598, 689,
728, 876, 976 (alte Plannummern 451, 457-468, 475). Vgl. B.
Rösch, Judenweg, S. 100-106, 158 f, 404 f. Die Autorin kennt
das Grundsteuerkataster, nicht aber die zugehörige Karte der
„Uraufnahme“.
nem Pavillon als Rastplatz für Wanderer. 55 Überreste
der historischen Anlage, etwa wiederverwendete
Grabsteine, sind bisher nie aufgetaucht.
Es muss eine vermögende Gemeinschaft gewesen
sein, die sich das Grundstück für einen solchen Friedhof
leisten konnte: wie üblich außerhalb des Ortes,
aber nicht versteckt, sondern gut sichtbar in prominenter
Lage. Weitere Einrichtungen dieser älteren jüdischen
Gemeinde von Rothenfels – etwa eine Synagoge
als eigenes Gebäude oder nur ein Versammlungsraum
oder ein Bad – und Wohnhäuser ihrer Mitglieder lassen
sich mit den neuzeitlichen Akten und Karten nicht
orten.
Zwischen der mittelalterlichen und der neuzeitlichen
Judenschaft von Rothenfels liegen fünfzehn oder
mehr Jahrzehnte, da gibt es keine Kontinuitäten. Jedenfalls
bleibt der Ort ein weißer Fleck auf der reformationszeitlichen
Landkarte, was die Nachweise von
jüdischen Bewohnern betrifft. Anderenorts wehren
sich damals Stadträte gegen die Zuweisung von
Schutzjuden und halten Pfarrer Hasspredigten gegen
die Andersgläubigen, so in Lohr am Main 1559 und
1571, was dort die allmähliche Wiederansiedlung dieser
Minderheit bezeugt. 56 Für Rothenfels gibt es solche
Zeugnisse nicht, und auch die Ratsprotokolle und Jahresrechnungen
schweigen sich hier lange aus, bis sie
ab der Mitte des 17. Jahrhunderts sporadisch über Alltagsangelegenheiten
wie Handelsgeschäfte, Geldzah-
55 Die alten Flurstücke sind integriert in die neuen, größeren Flurnummern
618 und 618/35 (freundliche Auskunft der Stadtverwaltung
Rothenfels).
56 G. Christ, Lohr, S. 74 f; Th. Ruf, Quellen und Erläuterungen, S.
165 f. In Lohr, unter der Herrschaft der Grafen von Rieneck
kirchlich reformiert, handelt es sich um den evangelischen Pfarrer
Matthias Tinctorius, der 1571 suspendiert wurde.
Juden von Rothenfels 17
lungen und Bestrafungen von Juden berichten. 57 Erst
in den neuzeitlichen Schriftquellen – obrigkeitlichen
Statistiken ab der Mitte des 17., umfangreichen Aktenbildungen
seit Beginn des 18. Jahrhunderts – zeichnet
sich ein Bild ab.
Irritierend wirken angesichts dieser Feststellungen
gehäufte Mitteilungen seit der Mitte des 15. Jahrhunderts
über eine Familie mit dem Beinamen Jud oder
Jüde, die um Rothenfels und in den zugehörigen Dörfern
Zimmern und Windheim Gärten, Weingärten,
Wiesen und Äcker besitzt und im Hafenlohrtal eine
Mühle betreibt. 58 In diesem Fall handelt es sich jedoch
nicht um die übliche klarstellende oder diskriminierende
Bezeichnung für jüdische Männer, sondern um
einen alten deutschen, christlichen Beinamen. 59 Der
kommt, abgeleitet von dem mehrfach besetzten biblischen
Namen Judas, in jener Zeit auch in Franken vor
– so im Amt Rothenfels. 60
5. Sprünge der Würzburger Judenpolitik
Dass sich in Rothenfels nur zeitweise jüdische Familien
ansiedeln und halten können, ist zweifellos ein Ergebnis
der Judenpolitik der Würzburger Fürstbischöfe
seit dem späten Mittelalter. Die ist zwar sprunghaft
und für jede Amtszeit sehr differenziert zu betrachten,
aber im Zeitraffer sind doch einige Grundlinien zu erkennen.
61
– Nach dem Pogrom von 1349 lassen sich nur zögerlich
Juden wieder in der Hauptstadt Würzburg nieder,
wo sie zunächst geduldet und mit landesherrlichen
Schutzbriefen (das heißt: Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen)
ausgestattet werden. Zugleich beginnt
ein lang andauernder historischer Prozess, dessen Ur-
57 StadtAR II 2/1 ff (wie Anm. 22).
58 Im Zins- und Gültbuch des Eitel Voit v. Rieneck von 1450
(StAWt-G Rep. 102 Nr. 2433, unpaginiert) ist als Einnahme aus
Windaw verzeichnet: Item die Mülle X. malter korns beeerbt
Hans Jüde. Im ältesten Grundsteuer-Register von Rothenfels
von 1531 (StadtAR II 7/1 fol. 11, 28, 133, 134, 137, 139, 143,
155, 157) versteuert Hans Jüde (Hanns Jud, Hanns Jud Muller)
zahlreiche Besitzungen und die Einnahmen vonn der Muelenn
in Windaw; außer ihm werden Heintz Jud und Paul Jud genannt.
Ein Würzburger Salbuch von 1540 (StAWü Salbuch Nr.
136 fol. 7' und 8) nennt Weingärten in Zimmern benachbart Juden
Hansen. Im Ratsprotokollbuch derselben Zeit (StadtAR II
2/1) wird Hans Jud zwischen 1535 und 1546 laufend genannt
(fol. 9-69), u. a. als Hanns Jud der Muller zu windaw (fol. 28).
– B. Rösch (Judenweg, S. 333) hält Hans Jud irrigerweise für
einen Juden.
59 In der erst ab 1606/07 erhaltenen Rothenfelser Pfarrmatrikel
werden mehrere Mitglieder der Familie Jud aus Zimmern als
verstorben genannt, u. a. 1629 Eva Jüdin, Hans Jüden zu Zimmern
Uxor. PfarrAR ohne Signatur, Pfarrmatrikelkartei (Abschrift
des ältesten Matrikelbuches in Karteiform von Josef
Hepp, 1990).
60 Vgl. E. Nied, Fränkische Familiennamen, S. 80; A. Heintze / P.
Cascorbi, Familiennamen, S. 283 f.
61 Als Hintergrund für das gesamte Kapitel, differenziert nach den
Episkopaten bis zu Julius Echter von Mespelbrunn: K. Müller,
Würzburger Judengemeinde.
sachen in der Forschung noch nicht geklärt sind: die
Ansiedlung von Juden in Kleinstädten und auf dem
Lande. Im Würzburg benachbarten Heidingsfeld und
in den Residenzen und Dörfern der unabhängigen Grafen
und Ritter finden jüdische Migranten geschützte
Lebensmöglichkeiten. 62
– Trotz einer Serie von kollektiven und individuellen
Freibriefen und Verträgen der Fürstbischöfe im 15.
Jahrhundert gibt es noch lange keine Rechtssicherheit
für die Juden. Die Existenz dieser Minderheit ist abhängig
von der religiösen Gesinnung und den wirtschaftlichen
Interessen und vor allem den politischen
Handlungsspielräumen des jeweiligen Landesherrn.
Phasen von Tolerierung und sogar Förderung werden
durch mehr oder weniger konsequent umgesetzte Verweisungen
aus dem Hochstift zunichte gemacht. 63
– Die fürstbischöflichen Regierungen erfinden oder
übernehmen nach Vorbildern aus der Reichsgesetzgebung
stets neue Restriktionen für die Juden, wenn sie
denn im Land geduldet werden: Kleidervorschriften
und das Tragen besonderer Kennzeichen, Berufsverbote
für nahezu alle Erwerbszweige außer Kleinhandel
und Geldleihe, Ausschluss von der Zunftorganisation,
Beschränkungen auf oft ghettoähnliche Wohnverhältnisse,
Verbot von Landerwerb und Erschwerung von
Hausbesitz – und immer neue Sonderbesteuerungen, je
nach Bedarf der Staatskasse auch Enteignungen. 64
– Die Fürstbischöfe des 16. Jahrhunderts erscheinen
als Vollstrecker einer allgemeinen antijüdischen Bewegung.
Die findet ihre Legitimation und Verschärfung
in der Gegenreformation, dem „Ausschluss von
Mehrkonfessionalität im Bistum Würzburg“ 65 , beginnend
in der Amtszeit des Lorenz von Bibra (1495-
1519). Der von religiösem Eifer getriebene Friedrich
von Wirsberg (1558-1573) weist seit dem Jahr 1560
wiederholt die seinen massiven Bekehrungsversuchen
trotzenden Juden aus der Hauptstadt und dem ganzen
Hochstift aus. Sein Versuch, auch die unter adeligem
Schutz stehenden Juden aus dem Land zu vertreiben,
scheitert am Widerstand der fränkischen Ritterschaft
und am Eingreifen des noch immer in letzter Instanz
für den Judenschutz verantwortlichen Kaisers Maximilian
II. (1564-1576). 66
62 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 92-102, 149-154, 157 f; J.
F. Battenberg, Aus der Stadt auf das Land?, bes. S. 14, 32-35.
Letzterer widerspricht der in Literatur vorherrschenden These,
das Landjudentum sei durch Vertreibung aus den Städten entstanden,
und beschreibt die „Verländlichung der Juden“ als vielschichtigen
Vorgang von der Mitte des 14. bis zum Anfang des
17. Jahrhunderts.
63 Vgl. H. P. Baum, Jüdische Geschichte, S. 762-770; K. Müller,
Würzburger Judengemeinde, S. 138-209; I. König, Judenverordnungen,
S. 20-28, 33-37, 96-105; R. Ries, Verfolgung, S. 50
ff.
64 Vgl. R. Flade, Würzburger Juden, S. 36-58; I. König, Judenverordnungen,
S. 61-76, 87-96, 124-140, 154-167, 171-175, 192,
230-235 und oft.
65 K. Müller, Würzburger Judengemeinde, S. 210.
66 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 105-117, 143-148; K.
Müller, Würzburger Judengemeinde, S. 269-277. – B. Rösch
18 Winfried Mogge
– Der Nachfolger auf dem
Fürstbischofsstuhl, der in Würzburg
bis heute als fürsorglicher
Landesvater hagiografisch überhöhte
Julius Echter von Mespelbrunn
(1573-1617), will dem zum
frühabsolutistischen Staat entwickelten
Hochstift endgültig die
konfessionelle Einheit wiedergeben
und verfolgt mit kompromissloser
Härte Lutheraner wie Juden.
Seine radikale Judenpolitik begründet
er allerdings mit wirtschaftlichen
Argumenten. Gleich
zu Beginn seiner Amtszeit erneuert
und verschärft Julius Echter die
Mandate seiner Vorgänger gegen
Aufenthalt und Kontakt, Handel
und Geldleihe der Juden in seinem
Herrschaftsbereich. Das hätte für
lange Zeit das Aus für diese Minderheit
im Würzburger Großraum
bedeutet, hätten nicht Grafen und
Reichsritter ein starkes ökonomisches
Interesse an den steuer- und
schutzgeldzahlenden Juden gehabt
– und zugleich die Gelegenheit
wahrgenommen, dem Landesherrn
durch Aufnahme von Flüchtlingen
ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren.
Der wiederum muss gegen
Ende seiner Amtszeit die zunehmende
Ansiedlung von Adelsjuden
akzeptieren und auch das Handels-, Aufenthalts- und
Durchreiseverbot im Fürstbistum lockern. 67
– Julius Echters Nachfolger stehen vor der Aufgabe,
das im Dreißigjährigen Krieg verwüstete Land zu
reorganisieren. Die Fürstbischöfe wie auch die wechselnden
Besatzer brauchen die Juden und deren Handelsbeziehungen
und bedienen sich hemmungslos
ihrer Kredite und Vermögen. Doch nach wie vor geschehen
Ausweisungen von Juden aus der Stadt oder
dem ganzen Hochstift Würzburg, so 1637, 1642 und
ein letztes Mal 1673. In den ländlichen Orten aber
lässt sich die Entwicklung nicht mehr umkehren, sondern
nur noch steuern – mit einer Vielzahl landesherrlicher
Verordnungen über Leben und Arbeit der
nunmehr geduldeten Minderheit. 68 Allen Hindernissen
(Judenweg, S. 86) meint, die Vertreibung aus Würzburg von
1560 könnte auch Juden in Karlstadt und Rothenfels betroffen
haben, und beruft sich für Rothenfels auf P. Kolb (Chronik, S.
105). Dort sowie in den Rothenfelser Quellen findet sich jedoch
kein Hinweis auf dieses Datum und diesen Zeitraum.
67 Vgl. A. Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 145, 196-204, 222;
K. Müller, Würzburger Judengemeinde, S. 278-344; I. König,
Judenverordnungen, S. 117-124, 173.
68 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 36 f, 171-235 und das
dortige Quellenverzeichnis.
zum Trotz entfaltet sich das fränkische Landjudentum
mit seinen eigenen Organisationsstrukturen und seiner
in steinernen Zeugnissen noch eindrucksvoll sichtbaren
Kultur. 69
– Im 18. Jahrhundert gibt es keine landesweiten
Vertreibungen von Juden aus dem Hochstift Würzburg
mehr. Mehr oder weniger stillschweigend verschwinden
auch manche Belastungen wie das zwangsweise
Tragen eines gelben Ringes an der Kleidung als diskriminierende
Kennzeichnung. Auch mehren sich die regierungsamtlichen
Bestimmungen zum Schutz der
Juden vor Schmähungen und Übergriffen aus der
christlichen Bevölkerung. Die absolutistischen Landesherren
rücken von der Verfolgungs- und Verbotsideologie
ihrer Vorgänger ab und verlegen sich
stattdessen auf eine restriktive Ansiedlungs- und Bevölkerungspolitik.
Ein 1719 gegründetes, der Regierung
zugeordnetes Judenamt und eine Judenordnung
von 1750 sollen die Angelegenheiten der jüdischen
Menschen in geordneten Bahnen regeln und kontrollieren.
Wenn die Fürstbischöfe nach Julius Echter Ju-
69 Vgl. L. Scherg, Epoche des Landjudentums, S. 227-237; L.
Scherg, Jüdisches Leben; I. Schwierz, Steinerne Zeugnisse; H.
P. Baum, R. Leng und R. Meier, Kehillot Keddoschot.
Juden von Rothenfels 19
den im Hochstift weitgehend dulden, dann ist das freilich
keine Toleranz im modernen Sinne. Der Vorgang
ist vielmehr wirtschaftlich kalkuliert, die Anzahl der
zugelassenen Familien reguliert, ihr Aufenthaltsrecht
nach wie vor von willkürlichen landesherrlichen Entscheidungen
abhängig. 70 Erst nach der Säkularisierung
der geistlichen Staaten Ende 1802 und dem Übergang
Unterfrankens an Bayern beginnt der lange Weg zur
bürgerlichen Gleichberechtigung. Erst die Reichsverfasung
von 1871 verwirklicht die Emanzipation der
Juden. 71
Dank seiner territorialen Zersplitterung zählt der
spätere Regierungsbezirk Unterfranken bis in das 20.
Jahrhundert zu den Regionen mit der dichtesten jüdischen
Besiedlung in Deutschland. 72 Im ehemaligen
Untermainkreis gibt es im Stichjahr 1817 insgesamt
217 jüdische Wohnorte. 73 Oder, um die Region um Rothenfels
enger einzugrenzen: Im alten „Waldsassengau“,
speziell der Mainlandschaft zwischen Würzburg,
Gemünden, Lohr und Marktheidenfeld, scheinen in
unterschiedlichen Perioden in 40 bis 60 Ortschaften
historische Kehillot auf. Allein im heutigen Main-
Spessart-Kreis lassen sich bis 1933 in 24 Städten und
Dörfern jüdische Gemeinden nachweisen, von denen
acht bereits vor 1900 eingehen, alle anderen während
der nationalsozialistischen Herrschaft vernichtet werden.
74 Das historische Amt Rothenfels mit seinen bis
zu 19 Orten kennt jüdische Gemeinden in Karbach,
Greußenheim und Rothenfels/Bergrothenfels und einzelne
Familien zeitweise in Birkenfeld und Zimmern.
6. Neubeginn und erste Namen
Vor diesem Hintergrund ist die Geschichte der Juden
in Rothenfels und Bergrothenfels zu sehen und zu verstehen.
Der Neubeginn der hiesigen kleinen Gemeinde
dürfte während des Dreißigjährigen Krieges anzusetzen
sein, was sich mit der allgemeinen Entwicklung in
der Region decken würde. Die ersten amtlichen Datierungen
für Rothenfels stammen zwar aus der Nachkriegszeit;
eine Nennung im Jahr 1646 und einige
Formulierungen in den Akten lassen aber auf einen
schon früheren Zuzug von Juden schließen.
Leider fehlen für Rothenfels die vom Hochstift
ausgegebenen Schutzbriefe, die genaue Auskunft über
Personen und Daten geben würden. Der erste Name
70 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 83 f, 171-178, 220 f, 223-
226, 300 f.
71 Vgl. H. P. Baum, Jüdische Geschichte, S. 770-772; L. Scherg,
Epoche des Landjudentums, S. 237 f; A. Brämer, Der lange
Weg, S. 80 ff.
72 L. Scherg, Jüdische Gemeinden, S. 156 f, 249.
73 Mitten unter uns, Karte S. 2-3 (mit weiteren Karten S. 6 und
14).
74 B. Rösch, Judenwege, S. 82-93 (mit Karten und Auswertung
der bisherigen Literatur); L. Scherg, Jüdisches Leben, S. 3-11
(mit Karte S. 2).
erscheint so eher zufällig in einem Vorgang des Rothenfelser
Julius-Spitals: 1646 vermietet die fürstbischöfliche
Stiftung dem Juden Jöstlein ein ihr
gehörendes Häuschen für drei Jahre. 75 Wir erfahren
sonst nichts über diesen Mann und sein Umfeld, auch
nicht, woher er kommt und wie lange er in dem Ort
gelebt hat; in den bald folgenden Würzburger Statistiken
ist er jedenfalls nicht vertreten.
Die nächsten – und ersten aussagekräftigen – Namen
verdanken wir zwei Bestandsaufnahmen der landesherrlichen
Administration. Die fordert noch in
Kriegszeiten in unregelmäßigen Abständen bei allen
Amtmännern genaue Informationen über die in ihren
Amtsbezirken wohnhaften schutzverwandten Juden
an. Die ersten Statistiken dieser Art sind für 1621 und
1623 erhalten, in den folgenden von 1655 und 1675 ist
Rothenfels dabei. 76
Gefragt wird nach den familiären und wirtschaftlichen
Verhältnissen, und die Aufstellungen dazu sind
so aufschlussreich, dass sie eine nähere Betrachtung
verdienen. Demnach leben 1655 im Amt (und hier in
der Stadt) Rothenfels nur zwei Juden, Joseph und
Mendlein, jeweils mit großen Familien. 77 Joseph ernährt
seinen Anhang mit einem gemengten Kremlein
von Barchet, Weiß unndt Schwartz wüllen Tuch, Bender
und dergleichen, dessen aktuellen Warenwert er
auf 50 Reichstaler veranschlagt. 78 Auch Mendlein handelt
mit Tuchen, außerdem mit Ertz vor die Heffner
unndt etzlicher gemeiner eÿsenwahr, mit einem Bestand
im Wert von 120 Reichstalern, dazu 84 Gulden
Bargeld. 79
Beide Männer kombinieren ihren Handel mit dem
Kleinkreditgeschäft, und das interessiert die Administration
so sehr, dass sie eine genaue Aufstellung mit
Namen, Orten und Beträgen verlangt. Joseph Judt listet
Außenstände von durchschnittlich 2,8 Gulden bei
124 Schuldnern in zwölf Amtsorten sowie in (Markt-)
75 P. Kolb, Juliusspital-Stiftung, S. 147. Das 1597-99 erbaute und
1601 offiziell gestiftete Rothenfelser Julius-Spital verfügte über
umfangreichen Grund- und Hausbesitz, hatte jedoch, im Unterschied
zu der großen Würzburger Spitalstiftung, keine Schutzjuden
(freundliche Mitteilung von Dr. Peter Kolb, Würzburg).
76 StAWü Administrationsakten 8318 (unpaginiert), hier die Vorgänge
1655 und 1675. Die Erhebungen von 1621 und 1623 listen
insgesamt 56 Familien unter hochstiftischem Schutz im
Fürstbistum Würzburg auf.
77 Wie Anm. 76 (5. 7. 1655). Josephs Ehefrau heißt Ester. Das
Paar hat acht Kinder, von denen fünf noch bei den Eltern wohnen,
und drei Stiefkinder, von denen zwei verheiratet sind und
auswärts wohnen. Mendleins Ehefrau heißt Beeß (auch Besse),
sie haben sieben Kinder, die alle noch unverehelicht bei den Eltern
leben. Gemeinsam bezahlen beide Familien einen Lehrer
Habriel.
78 Reichstaler: Der 1566 als reichsweite Währungsmünze eingeführte
silberne Taler, auch im Fürstbistum Würzburg neben dem
weiterhin gebräuchlichen Gulden gängig. Vgl. W. Mogge, Dies
uralt Haus, S. 119 f.
79 Gemengtes Kremlein: Gemischtwarenhandel, hier als reisender
Händler; Barchet: grober Leinenstoff; Ertz: Erz, metallhaltiges
Mineralgemenge; Heffner: Häfner, Töpfer, auch Kachelofenbauer.
20 Winfried Mogge
Heidenfeld und Wertheim auf, insgesamt knapp über
349 Gulden. Mendlein Judt nennt 94 Schuldner im
selben Umkreis, meist mit ähnlich geringen Beträgen,
seine Forderungen addieren sich auf 506 Gulden. Beider
Kunden und Schuldner sind ein repräsentativer
Teil der Bevölkerung, vor allem Handwerker und Bauern,
aber auch der Rothenfelser Centgraf (das ist der
Vorsitzende der Dorfgerichtsorganisation), der Stadtschreiber,
der Schulmeister, der Wildmeister, mehrere
Schultheißen und das Kloster Neustadt. 80 Bei einer jederzeit
möglichen Ausweisung hätte den so gefragten
wie ungeliebten Kreditgebern wohl der Verlust ihrer
Außenstände gedroht.
Zwanzig Jahre nach dem Stichdatum 1655 haben
sich die Verhältnisse derselben Personen erheblich
verändert. Joseph ist soeben verwitwet. Seine Nahrung
bestehet in einem sehr schlechten Crämlein, von
wenigen gewürtz, Wüllen und Leinen Tuch, alles weniger
als 50 Taler wert. Er hat sich mit aussteuern seiner
Kinder so weith verblutet, dass er sich under die armen
einschreiben lassen, wie er dan auch ist. 81 Mendlein
ist verstorben. Seine Witwe hat die erwachsenen
ledigen Söhne Maÿer und Perlein bei sich. Die Familie
führt das Handelsgeschäft fort mit einem Cram von
Gewürtz, Leinen und wullen Tuch, Eißen, Leder, rohen
Heuten, undt andern den Bauern tauglichen wahren.
Der Warenwert wird auf 400 Taler berechnet, hinzu
kommen etwa 600 Taler Außenstände. Und Nehren
sich zimblich wohl, bekennen auch uber diß 300 fl
[Gulden] Paargeldt [Bargeld] zu haben. 82
Die hier genannten Warengruppen sind ein Ausschnitt
aus dem Sortiment, mit dem Juden zu der Zeit
umherziehen dürfen. Die Beispiele zeigen zugleich die
wichtige Rolle der jüdischen Händler bei der Versorgung
der Landbevölkerung mit Kleidung und Gebrauchsgegenständen.
83
In der Meldung von 1675 werden zwei weitere
80 Wie Anm. 76 (5. 7. 1655). Joseph und Mendlein vergeben fast
ausschließlich Kleinkredite, Ausnahmen sind zwei Einzelbeträge
von 34 und 168 fl (Gulden), letzterer an einen Bürger von
(Markt-)Heidenfeld. – Rothenfelser Bürger nehmen Zinsgelt bei
Juden schon lange auf, bevor das vor Ort möglich ist. Gelegentlich,
in strittigen Fällen, erscheint das in den Rats- bzw. Stadtgerichtsprotokollbüchern;
zum Beispiel: 1593 streiten sich der
Flößer Hans Endres und ein Kollege wegen der Rückzahlung
eines Darlehens von 50 fl bei den Franckforder Juden (StadtAR
II 2/2 S. 64). 1594 wird der Wirt und Bierbrauer Hans Lang genannt
Stockstatter von Johel Juden zu Franckfurth zum Birnbaum
und Aaron Juden zum Frölichen Mann in Franckfurth
beim Stadtgericht Rothenfels wegen mangelnder Tilgung von
Darlehen verklagt; es geht um 223 und 426 fl (StadtAR II 2/4
S. 92 f, 144-147).
81 Wie Anm. 76 (20. 7. 1675). Nach dem Tod der Ehefrau vor vier
Wochen wohnen Josephs Sohn Moÿses und dessen Frau Maria
in der Trauerzeit vorübergehend bei ihm in Rothenfels. Moÿses
ist Schutzjude der Herren von Hutten in Steinbach bei Lohr. Bei
Joseph lebt sein vierzehnjähriges Töchterlein Rachel als Dienst
Mägdtlein.
82 Wie Anm. 76 (20. 7 1675). Zum Haushalt gehört auch eine
Dienst Magdt namens Elle.
83 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 56-58, 192-199.
hochstiftische Juden benannt, die offensichtlich neu
im Amt Rothenfels zugelassen sind:
In Karbach lebt Feÿferl mit seiner großen Familie,
der einen Schulmeister seiner Kinder, sonst aber keine
Ehalten noch andere befreunde oder frembte bei sich
hat. Seine Nahrung ist von allerhandt Handelschafft
und Crämereÿ under der Bawerschafft gebreuchig,
von Leinen und schlechtem Wullen Tuch, Eÿsen, Leder,
Wollen, gemeinen Zeugen, gewürtz, zu Zeiten mit
Viehe, und was dergleichen vorkombt. Seinen aktuellen
Warenwert aestimirt er auf etwa 200 Gulden, und
er hat rund 200 Gulden Außenstände bei seinen Debitoren,
dazu 100 Taler Bargeld. Er nehret sich sonsten
wohl, trotz der Beeinträchtigung des Gewerbes in dießenn
unruhigen Zeiten. Seine Abführungen an die organisierte
hochstiftische Judenschaft werden nach
einem Vermögen von 500 Talern berechnet. 84
Dem Kollegen in Greußen (Greußenheim) hingegen
geht es schlecht. Ambsell mit seiner nur kleinen
Familie hat kein gesindt unnd niemandts frembts beÿ
sich; er handelte vor dießem mit Viehe, ist aber anitzo
dergestalt erarmbt, das er Kaum das Brod vor sich
und seine Kinder hat. 85 Es gibt also erhebliche Unterschiede
im wirtschaftlichen Status der hier ansässigen
Juden, die sich allerdings untereinander stützen,
durchreisende Händler beherbergen und beköstigen
und auch wandernde Betteljuden aufnehmen. Die in
der Literatur üblichen pauschalen Aussagen über die
katastrophale Verarmung der fränkischen Landjuden
sind zu relativieren: In Rothenfels (zum Beispiel) und
den zugehörigen Amtsdörfern gibt es zwar Armut,
aber auch einkömmlichen Verdienst und sogar bescheidenen
Wohlstand jüdischer Familien. 86
Ein weiteres für Rothenfels aufschlussreiches Zahlenwerk
stammt aus dem Jahr 1699; es verdankt sich
einer erneuten Anordnung der fürstbischöflichen Hofkammer,
alle im Hochstift ansässigen Juden zu verzeichnen,
was selbstverständlich der Kontrolle der
Abgaben dienen soll. Im Amt Rothenfels sind es 11
Mann, 11 Weiber, 39 Kinder, 5 Dienstbotten, insgesamt
66 Köpfe, dazu in Karbach ein Räba [Rabbiner] oder
Lehrer mit seiner Familie. Davon leben vier Familien
in der Stadt Rothenfels: Moÿses, Behrlein, Maÿer und
Jöstlein, insgesamt 22 Personen. Sie alle außer dem
Rabbiner sind im Besitz würzburgischer Schutzbriefe;
zwei weitere Familien wohnen in Karbach im Stettenberger
Freihof im Schutz der Herren von Sickingen. 87
84 Wie Anm. 76 (20. 7. 1675). Feÿferl und seine Ehefrau Lea haben
drei Söhne (Aaron, Jacob und Menlein) und zwei Töchter
(Judith und Gutradt). Der Schulmeister Davit ist aus Mahren
gebürtig.
85 Wie Anm. 76 (20. 7. 1675). Ambsell und seine Ehefrau Zinia
haben zwei Buben (Liebman und Abraham) und ein Maÿtlein
(Jentlein).
86 Vgl. Anm. 125. Zu Armut und Betteljuden vgl. E. Schubert,
Arme Leute, S. 151-178.
87 StAWü Gebrechenamtsakten VI W 273 (unpaginiert). In dem
zu Rothenfels gehörenden Zimmern lebt Wölfflein mit Weib,
zwei Kindern und einer Dinstmaydt.
Juden von Rothenfels 21
Diese Angaben werden hier so ausführlich referiert,
weil sie guten Aufschluss geben über Umfang,
Familienstand und Erwerbstätigkeit der Landjuden im
Amt Rothenfels. Über die Herkunft dieser ersten Familien
erfahren wir daraus nichts. Es gibt auch keine
Selbstzeugnisse, die Auskunft geben könnten über ihre
vorherigen Schicksale und Wanderungen. Sicher ist
nur, dass sie oder ihre Vorfahren von der fürstbischöflichen
Regierung im Hochstift zugelassen und zur
Niederlassung auf die Orte verteilt wurden.
Die zitierten Daten aus Würzburger Akten aus der
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stimmen überein
mit Rothenfelser Schriftquellen aus derselben Zeit. Zu
nennen sind vor allem die Gotteshausrechnungen der
katholischen Kirchengemeinde. Hier werden in der
Rubrik Kirchennotdurft Lieferungen einheimischer
und auswärtiger jüdischer Händler für die Pfarrkirche
verbucht: Wachs und Dochte für Kerzen, Tuche und
Schnüre für Mess- und Ministrantengewänder, Bretter
und Nägel für das Kirchendach, Blei für Sakristeifenster
und zum neuen Orgelwerk. So ergibt sich eine Reihe
von Daten, die freilich lückenhaft bleibt und auch
nicht erklärt, ob es sich jeweils um einen oder mehrere
Träger eines Namens handelt. Oft fehlen namentliche
Angaben und werden Auszahlungen nur dem Jud oder
underschiedlichen Christen und Juden zugeordnet.
Immerhin, die Belege sind für unsere Geschichte
höchst willkommen.
Als hiesiger Lieferant für Wachs wird 1669 zunächst
der Jude Joseph genannt. Nach einer längeren
Überlieferungslücke sind es ab 1682 für rund zwanzig
Jahre Perlein (Behrlein, Perl, Berl), Moyses, Maÿer
und Samuel, dann ab 1720 Hirschlein. 88 Während Judt
Samuel dahier nur kurzzeitig in Rothenfels auftaucht,
werden die anderen Männer noch häufig begegnen. Es
handelt sich wohl um Söhne und Nachfolger der älteren
Joseph und Mendlein.
Aus wiederum anderen Unterlagen geht hervor,
dass die Rothenfelser Juden während der Sommermonate
auch als Viehhändler mit ihren Herden unterwegs
sind. 89 Außer dem bereits bekannten Joseph treten in
diesem Zusammenhang wiederum die Namen Moyses,
Meyerlein und Perlein hervor. 1680 werden genau diese
drei als Beisassen in Rothenfels verzeichnet, das
heißt als Bewohner mit Aufenthaltsrecht, aber ohne
Bürgerrechte, die Bestandgeld an die Stadt zahlen
88 PfarrAR Gotteshausrechnungen 1563 ff (mit Lücken vor allem
für 1570-1589, 1673-1680, 1623-1665; darin ab 1669 Nachrichten
über jüdische Lieferanten, ausgewertet für die vorliegende
Arbeit bis 1749). Ein Doppel der Jahresrechnung für 1687/88
befindet sich im Stadtarchiv Rothenfels (StadtAR III 7/1). Die
Belege zu den Gotteshausrechnungen sind nicht erhalten. –
Zum Zuge kommen in Rothenfels auch auswärtige jüdische
Händler vor allem aus Karbach. Bei den Materiallieferungen
geht es fast alljährlich um größere Mengen Wachs, dann auch
um Reparaturen an der 1612 errichteten Stadtpfarrkirche, die
1686 eine neue Orgel bekommt; vgl. P. Kolb, Chronik, S. 243 f,
248.
89 StAWü Gebrechenamtsakten VI W 273 (unpaginiert).
müssen. 90 Auch später, im 18. Jahrhundert und darüber
hinaus, lassen sich mithilfe des Beisassengeldes – zuletzt
Judengeld genannt – die nächsten Generationen
in der Stadt und im Dorf namentlich verfolgen. 91
7. Konflikte und Ausweisungen
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ändert sich
die Szene durch Generationenwechsel und kommen
neue Namen hinzu. Die schriftliche Überlieferung
wird dichter, bleibt aber in Bezug auf die Juden bruchstückhaft.
Die aus den Akten – Briefen, Protokollen,
Erlassen – zu ziehenden Informationen werden ergänzt
und bestätigt durch Datenmaterial der Bevölkerungsstatistiken,
die anlässlich der Erbhuldigungen entstehen.
Hinter diesem Begriff steckt die Einschwörung
aller Bürger des Hochstifts auf einen neugewählten
Fürstbischof bei dessen Antrittsreise durch das Land.
Die Amtleute vor Ort organisieren jeweils die Zeremonien
und liefern aktuelle Namenslisten der Einwohner.
Dabei werden die Juden mal gesondert aufgeführt, mal
vernachlässigt; ab 1720 sind Rothenfelser mit jeweils
drei bis vier Familien in der Stadt und ein bis zwei
Haushalten im Dorf dabei.
In der Stadt erscheinen die Männer Nathan, Hirsch
und Moÿses, bald kommt ein Perlein (Behrlein) hinzu.
Die folgenden ein bis zwei Generationen tragen die
Namen Maÿer, Berlein oder Perlein, Männlein und
Hirsch, teils schon in Kombination mit dem Vaternamen,
wobei die verwandtschaftlichen Zusammenhänge
nicht immer eindeutig zu erkennen sind. 92
90 StadtAR II 2/6 S. 347 (23. 1. 1680). Jud Moÿses zahlt jährlich 3
fl, Jud Meÿerlein 3½ fl, Jud Perlein 3½ fl Beisassengeld. Zuvor
waren es je 4 fl pro Familie, bald darauf wird nach Regierungsanordnung
wieder auf den alten Betrag erhöht (S. 421, 25. 1.
1687). Als Meyerlein einmal um Ermäßigung bittet, wird ihm
auf Ratsbeschluss mitgeteilt, er solle in Ermangelung seiner Eigen
Mitteln solches gelt mit schnurren samblen, oder seinen ufenthalt
anderstwo ausser der statt suchen (S. 571, 9. 2. 1706).
Später, nachdem die Juden auf Stadt und Dorf neu verteilt und
die Ratsherren mit der Beschränkung ihrer Zahl wohl zufrieden
sind, ist man nicht mehr so streng: 1755 und 1757 wird Jud
Hirsch die Hälfte des Beisassengeldes ex gratia und in Anbetracht
seiner Armut und Wohlverhaltens erlassen; StadtAR IV
3/5 S. 4, 11.
91 StadtAR III 11/3 (Bürgermeisterrechnung 1734/35) bis III
11/77 (Gemeinderechnung 1832/33), jeweils unter Einnahmen
in der Rubrik Beisassengeld, später in der Rubrik Bürgerrechte
als Judengeld. Ab 1833/34 sind Judengelder nicht mehr im
Plan. Bis dahin zahlt eine Familie jährlich 4 fl, zuletzt 5 fl, eine
Witwe 2 fl. Solange Bergrothenfels als Ortsteil zu Rothenfels
gehört, werden die Beisassengelder aus dem Dorf im Haushalt
der Stadt vereinnahmt.
92 StAWü Standbuch Nr. 933 fol. 519 (1720), Nr. 935 fol. 805
(1725), Nr. 937 fol. 1603 (1731), Nr. 942 S. 248 (1748); StAWt-R
J 2 Nr. 8 (Übersicht über die erbhuldigungspflichtigen Personen
im Amt Rothenfels, darin Verzeichnis der Schutzjuden,
unpaginiert, undatiert [um 1731]. Vgl. die Tabelle S. 64. Der
letzte erhaltene Vorgang dieser Art vor 1720 ist Standbuch Nr.
929 (1623) und enthält noch keine Angaben über Juden im Amt
Rothenfels.
22 Winfried Mogge
Erste Konflikte der jüdischen Minderheit mit der
christlichen Bevölkerung (oder, weil so in den Akten
greifbar: mit Bürgermeister und Rat der Stadt) lassen
nicht lange auf sich warten. Jetzt und in der Folgezeit
laufen sie stets darauf hinaus, die Juden als Konkurrenz
im Handel und auf dem Wohnungsmarkt anzuprangern;
die Stadtoberen suchen stereotyp nach einer
formalistischen Lösung der angeblichen oder tatsächlichen
Probleme durch landesherrlich zu verfügende
Ausweisungen. Dabei berufen sie sich auf Zusagen
gleich mehrerer Fürstbischöfe, nicht mehr als jeweils
zwei Schutzjuden in Rothenfels zuzulassen. Diese
willkürlich festgelegte Zahl wird dank ständiger Wiederholungen
auch bei den Würzburger Regierungen
bald nicht mehr hinterfragt. Tatsächlich decken sich
die Rothenfelser Ereignisse mit einem Grundzug der
landesherrlichen Politik seit dem 17. Jahrhundert, die
jüdische Bevölkerung, wenn sie denn geduldet wird,
möglichst gering zu halten. 93
Ein aktenkundig gewordener Vorgang aus Rothenfels
zeigt beispielhaft, welche grundsätzlichen Konfliktstoffe
hinter den eher kleinlichen alltäglichen
Auseinandersetzungen lauern und jederzeit hervortreten
können. Am 18. Dezember 1675 verhandelt ein
fürstbischöflicher Beamter im Rathaus über Klagen
aus der Bürgerschaft gegen die Judenschaft des Städtchens.
Vordergründig geht es darum, dass an Sonnund
Feiertagen etliche Pfarrkindter und speziell das
Bauersvolckh angeblich den Gottesdienst oder die Predigt
versäumen, um die Judten Häußer im Städlein anzulaufen
und dort Handtel undt Wandtel zu treiben. Im
Verhör räumen der Stadtpfarrer und die Ratsherren
ein, dass diese früher zu beobachtende Unsitte längst
durch Verbote abgeschafft wurde, dass im Gegenteil
die Juden peinlich genau darauf achten, sich besonders
zu christlichen Gottesdienstzeiten unauffällig zu verhalten.
94
Dann aber packen die Ratsverwandten die eigentlichen
Beschwerden aus – es ist das Leitmotiv der Konkurrenzangst
und das Stereotyp des Wuchers. Die
jüdischen Händler, so der Vortrag der Beschwerdeführer,
beeinträchtigen die ohnehin notleidenden einheimischen
Gewerbe und Krämer und nehmen dem
gemeinen Bürgersmann die Nahrungsgrundlage. Besonders
in den Dorfschaften handeln die wucherhafften
Juden erfolgreich. Abhilfe sei nötig und möglich,
wannen die hierzu schädlige Judtenschafft zum theil
odter gäntzlichen auß der Statt amovirt und außgesetzt
würdte. 95
Der Zeitpunkt für diesen Vorstoß ist wohl kein Zufall.
1675 ist ein „Jahr ohne Sommer“: Drei Monate
93 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 41, 235.
94 Zu den Einschränkungen der Bewegungsfreiheit für Juden und
den Verboten von Handel und Wandel an Sonn- und christlichen
Feiertagen, auch allgemein zum „Schutz der christlichen
Religion“ vor nahen Juden vgl. I. König, Judenverordnungen,
S. 175-178, 195 f, 299 f.
95 StAWü Judenschaft Nr. 81.
lang, von Juni bis August, liegt Mitteleuropa unter
kühl-feuchter Atlantikluft, mit schlimmen Folgen in
Form verzögerter oder verdorbener Ernte und anschließender
Teuerung der Lebensmittel. 96 In den Rothenfelser
Schriftquellen werden zwar nicht
ausdrücklich die Juden dafür verantwortlich gemacht,
aber die Schuld an Naturkatastrophen und Missernten
sucht die hilflose Bevölkerung oft bei ungeliebten
Minderheiten. 97
Bald nach der zitierten Grundsatzdiskussion folgt
ein erster Versuch der Stadt Rothenfels, eine jüdische
Familie auszuweisen. Mit Ratsbeschluss vom 10. Juli
1676 wird dem Juden Perlein barsch mitgeteilt, daß
er â dato innerhalb 2 monathen mit seinem weib die
gemeine statd reümen solle, weilen gemeine statd keinen
Juden mehr anzunehmen gedagt ist. 98 Der Vorgang
ist schwer durchschaubar, weil ohne Genehmigung der
Regierung eigentlich nicht denkbar; vielleicht war das
ein versuchter Alleingang der Stadtoberen. Mit seinem
Würzburger Schutzbrief muss Perlein es geschafft haben,
diese Ausweisung zu umgehen; jedenfalls ist er
noch mehr als vier Jahrzehnte lang in Rothenfels ansässig
und aktiv. Wiederholt appelliert der Stadtrat an
den jeweils regierenden Fürstbischof, nach Perleins
künftigem Ableben keinen Nachrücker einzuweisen,
was zwar zugestanden, aber nicht eingehalten wird.
Die Zahl der Schutzjuden für Rothenfels erhöht sich
zeitweise sogar auf fünf, wogegen die Stadt immer
wieder und schließlich mit Erfolg protestiert. 99
Im Lauf des 18. Jahrhunderts bricht der Streit um
die Juden in Rothenfels mehrmals offen aus. Vordergründig
geht es dabei nach wie vor um die Anzahl der
in der Stadt aufzunehmenden jüdischen Menschen.
Die Juden erstreben nicht mehr und nicht weniger als
die Zulassung erwachsen gewordener Söhne und ihrer
Familien; die Stadtoberen wehren sich dagegen mit
ökonomischen Erwägungen. Bei näherem Hinsehen
geht es jedoch prinzipiell um das Existenzrecht der
nach mehreren Generationen noch immer als Bedrohung
für die Christengemeinde betrachteten Andersgläubigen.
In der Rückschau stellt sich der Ablauf dar
wie eine stufenweise Eskalation mit dramatischer Steigerung
der Argumente.
Die erste Stufe wird durch einen Zuzug provoziert.
1702 oder kurz zuvor kommt ein Jude Aaron nach Rothenfels;
seine Herkunft geht aus den Akten nicht hervor,
möglicherweise stammt er aus einer Karbacher
Familie. Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau
gibt einem sofort eingereichten Begehren des Stadtra-
96 Ch. Pfister, Wetternachhersage, S. 156 f.
97 In den Ratsprotokollen der Zeit (StadtAR II 2/6) findet sich
dazu kein Vorgang.
98 StadtAR II 2/6 S. 322 (10. 7. 1676).
99 StAWü Gebrechenamtsakten IV R 153 (unpaginiert; 1719/20,
dazu Kopien von Resolutionen und Dekreten von 1702, 1704,
1719); StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; 1749/51, dazu
Kopien von Resolutionen, Dekreten und Protokollen ab 1702).
Abschriften der Vorgänge auch in: StadtAR II 2/7 S. 161-165.
Juden von Rothenfels 23
Ausschnitt aus dem Rothenfelser Ratsprotokoll 1676
tes mit erstaunlicher Eile nach, erklärt den vorliegenden
Schutzbrief des Aaron für null und nichtig und
verfügt die unverzügliche Emigration des Mannes,
den er doch selbst erst zugelassen hat. Die Stadt bittet
darum, sie künftig und generell nicht mehr mit dergleichen
verderblichen Gesindt, zumahlen Betteljuden,
zubeladen. Weitergehende Beschwerden seiner
treuen Underthanen über die bereits in Rothenfels sitzenden
Schutzjuden verspricht der Landesherr gründlich
untersuchen zu lassen. 100 Das ist der Auftakt einer
ganzen Serie von Vorgängen dieser Art.
Der nächste Akt ist bereits bekannt. 1719, wohl
gleich nach dem ungeduldig erwarteten Tod des Juden
Perlein, beantragen Bürgermeister und Rath zur Statt
Rothenfelß, künftig nicht nur den Kindern ihrer bisherigen
Schutzjuden die Nachfolge zu verweigern, sondern
überhaupt keinen anderen mehr zuzulassen – also
einen nach dem anderen folgents gar außsterben zulassen.
Damit finden sie aber weder bei Johann Philipp
von Greiffenclau (1699-1719) noch bei dessen
Nachfolger Johann Philipp Franz von Schönborn
(1719-1724) gnädiges Gehör. Die Landesherren lassen
sich offensichtlich nicht in ihre Praxis hineinreden,
über das neue, zentrale Judenamt und nach eigener,
letztinstanzlicher Entscheidung Schutzbriefe auszugeben
und deren Inhaber auf die Landorte einzuweisen.
101
100 StAWü Gebrechenamtsakten IV R 153 (unpaginiert; Anlagen
1702/04); StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert, Anlagen
1702/04); dazu auch StadtAR II 2/7 S. 160 (Kopie des Dekrets
vom 7. 12. 1702). Die zitierte weitere Klage gegen Ein- und
andern daselbst in den Schutz sitzenden Juden liegt dem Aktenstück
nicht bei. Zwischen Aaron und dem Amtskeller auf Burg
Rothenfels gibt es noch einen strittigen Vorgang wegen der
Aushändigung des annullierten Schutzbriefes und der Erstattung
des Schutzgeldes.
101 Über das Verfahren vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 39-44,
83 f.
Aufschlussreich ist bei diesem Fall die auch später
stets wiederkehrende ausschweifende Argumentation
der Ratsherren. Das am Fuß des Berges eng eingeschlossene
Städtlein, schreiben sie, verfüge nur über
wenige eigene Feldgüter, so dass die Bürger sich mühsam
mit Gewerben ernähren müssen. Da komme von
den Juden erheblicher Eintrag und Schaden [...] in der
Gewerbschafft sowohl, als mit Ihrer Viehe Handtlung.
Die wenigen Viehweiden würden im Sommer von den
umherziehenden Herden der Juden geschwächt und
beschädigt. Zudem mache sich im Ort ein Mangel an
Wohnraum bemerkbar und wisse man bald nicht mehr,
ob die Kinder hier noch leben und bleiben können –
die Juden helfen, die Wohnungen klemb zu machen.
Nun hoffe man auf endliche Erfüllung der wiederholten
Bitten, von weiteren Schutzjuden verschont zu
bleiben und so der Stadt zu ermöglichen, auch künftig
ihre Schatzung und Steuer an die Landesherrschaft zu
zahlen.
Dieser Supplikation von 1719 ist nur ein Teilerfolg
beschieden: Ein Nachfolger für Perlein, verfügt die
fürstbischöfliche Regierung, soll nicht nach Rothenfels
eingewiesen, das geschwächte arme Städtlein fortan
nur mit zwei jüdischen Haushaltungen beschwert
werden. Die von den Ratsherren erhoffte Ausweisung
aller gegenwärtigen Juden oder die gänzliche Verhinderung
von Zuzügen steht jedoch in Würzburg nicht
zur Diskussion. 102
Die nächsten Betroffenen, nun in der folgenden
Generation, sind die Familien von Nathan und Perlein
(auch Berlein oder Berla, ein weiterer Träger dieses
102 StAWü Gebrechenamtsakten IV R 153 (unpaginiert; 1719/20);
StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; 1749 mit Anlagen
1702/04, 1719). Ein weiterer Beschwerdepunkt in derselben
Bittschrift von 1719 betrifft die Eichelmast im Spessartwald,
die den Bürgern neuerdings vom fürstlichen Hofmetzger streitig
gemacht werde.
24 Winfried Mogge
beliebten Namens). Ersterer wird bereits in den Erbhuldigungsdaten
von 1720 genannt, letzterer ist dessen
Schwager. Im Jahr 1734, in dem die nächste Aktion
spielt, ist Nathan tot und Perlein zum Umzug aus der
Stadt Rothenfels in das zugehörige Dorf Bergrothenfels
gezwungen worden, letzteres ein Erfolg der Ratsherren
und ihrer unablässigen Eingaben an die
Landesherrschaft. Der Ausgewiesene aber kämpft zunächst
weiter für seinen Verbleib in der Stadt und hat
dafür ein neues Argument: Nathans Witwe hat sich
wieder verheiratet und will nach Arnstein ziehen, vier
unmündige Kinder sollen bei Perlein in Rothenfels
aufgezogen werden, der älteste Sohn, ebenfalls Perlein
genannt, das Handelsgeschäft des verstorbenen
Vaters übernehmen. Die Regierung des Fürstbischofs
Friedrich Karl von Schönborn (1729-1746) bleibt hart
– der Schutzbrief für Nathan ist mit dem Tod des Familienoberhauptes
und dem Wegzug der Witwe erloschen
und wird nicht auf die Kinder übertragen, aus
Gnaden verstattet man ihnen den Aufenthalt auf dem
Berg oder bei anderen Verwandten. 103
Rigoros ist zwei Jahre später der Umgang mit dem
noch minderjährigen jungen Perlein und seinem Erbe
in Rothenfels, einem bürgerlichen Haus, das sein Vater
Nathan laut Darstellung der Ratsherren und des
Amtskellers mit geldt Herschießung (Geldverleih) an
sich gebracht und ohne herrschaftlichen consens zeithero
in Besitz gehabt. Unter Berufung auf das juris retractus
– ein Wiederkaufsrecht der Christen für von
Juden erworbene Häuser – wollen einige Einwohner
die damalige Kaufsumme für das Haus erlegen und
das Anwesen übernehmen. Die Bürgerschaft, so die
Begründung, würde damit von sehr vielen Beschwehrnissen
liberiret, auch dem einen oder anderen ohnbewohnten
Bürger seine harte gewerbschafft mit einem
obdach erleichtert.
Erneut argumentieren die Stadtoberen mit der wirtschaftlichen
Not der Bevölkerung und dem Wohnungsmangel
in der Stadt. Weitere Duldungen von
Juden oder gar Neuaufnahmen, schreiben sie, werden
unausweichlich zum gäntzlichen Verderben dero Bürgerschafft
und notgedrungen zu Auswanderungen von
Einheimischen führen. Amtsverwaltung und Regierung
übernehmen diese Begründung, lassen die Einlösung
des Hauses zu und verweisen den jungen Perlein
zu seinen Verwandten nach Bergrothenfels oder an
einen anderen Schutzort. 104
Ähnlich – und nun wohl erstmals mit physischer
Gewaltanwendung – ergeht es zur selben Zeit Männlein,
Abkömmling einer der alten Judenfamilien und
Hauseigentümer in Rothenfels. Hatte Nathan seinen
Hausbesitz bei einem zweifellos legalen, wohl aber
die Verschuldung seiner Gläubiger nützenden und ent-
103 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; Anlagen 1734-36).
Über den tatsächlichen weiteren Verbleib der Kinder Nathans
geben die Akten keine Auskunft.
104 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; Anlagen 1736).
sprechend verhassten Zinskreditgeschäft erlangt, so
war Männleins Wohnhaus schon in dritter Generation
im Familienbesitz. Aus einem Schriftverkehr von 1736
geht hervor: Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn
hatte seinem unterthänigst gehorsambsten
Männlein Jud von Rothenfels, wie dieser selbst unterschreibt,
den Schutzbrief und damit das Aufenthaltsrecht
in der Stadt entziehen lassen. Die Akten nennen
keine Begründung; dahinter dürfte das bekannte Ausweisungsbegehren
von Bürgermeister und Rat stehen.
Die Stadt hatte die Enteignung des Hauses von Männlein
eingeklagt, der Landesherr zur eussersten Bestürtzung
des bisherigen Bewohners zugestimmt. 105 Auch
dieser Willkürakt wird mit dem im Hochstift geltenden
Auslösungsrecht begründet. 106
Nun beklagt sich Männlein in einem bitteren Brief
an den Fürstbischof über die an mir verübten Verfolgungen
durch die Stadtoberen. Die hatten in seiner
Abwesenheit sein Haus gewalthetig erbrochen und die
darinnen befindliche Mobilien und effecten herauswerffen
lassen, ihm auch keine Frist zur ordentlichen
Räumung gelassen. Männlein und seine Geschwister
befürchten den völligen Verlust ihres Haab und Guth
und klagen auf Satisfaction. Sogar das seinerzeit für
den Schutzbrief bei der Fürstlichen Hofkammer eingezahlte
und nun bei der Amtskellerei deponierte Bargeld,
immerhin 300 Gulden, hat der Stadtrat für
Arbeiten am Haus und für mögliche Prozesskosten
sperren lassen. Wenigstens die volle Auszahlung dieses
Geldes gesteht die fürstbischöfliche Administration
dem Ausgewiesenen zu. 107 Er begegnet dann
wieder als Beisasse, Familienvater und Hausbesitzer
in Bergrothenfels. 108
Der Streit um die für Rothenfels zugelassene Zahl
der Juden ist damit nicht beendet, die Stadtoberen
bleiben bei der Landesregierung vorstellig. 1749 soll
die Ausweisung Nathan Hirsch und Moyses Berl treffen.
109 Die beiden sind in dem städtlein gebohren und
105 Wie Anm. 104. In Männleins Beschwerdebrief (undatierte Abschrift,
1736) wird die juristische Argumentation der Stadt als
erga prostationem [richtig: praestationem] praestandorum zitiert.
106 Zum Auslösungs- oder Einstandsrecht vgl. G. Döllinger, Sammlung,
Anhang S. 27; I. König, Judenverordnungen, S. 231-235.
Diese (an vielen Orten zur schleichenden Vertreibung der Juden
genutzte) Praxis wird mit der Würzburger Judenordnung vom
1. 6. 1750 begründet. Tatsächlich besteht das „ewige Auslösungsrecht“
der Christen an jüdischen Besitzungen schon vorher.
Es wird 1750 modifiziert, indem Häuser ausgenommen
werden, die sich vor dem Stichjahr 1709 in jüdischem Besitz
befanden, und 1765 mit einer dreijährigen Auslösungsfrist eingeschränkt.
Diese Frist gilt jedoch nicht für Häuser, die ohne
fürstbischöfliche Genehmigung von Juden erworben wurden.
Mit diesem zweifelhaften Argument arbeiten die Rothenfelser
Stadtoberen bereits bei den Enteignungen von 1736 und 1749.
107 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; Anlagen 1736).
108 StAWt-R Rep. 82l Nr. 473 (unpaginiert).
109 Eine Neuerung bei der jüdischen Namensgebung: Die beiden
zeichnen mit zweiteiligen Namen, werden aber nach bisheriger
Sitte auch als Hirsch oder Hirschlein und Berl oder Berlein geführt.
Juden von Rothenfels 25
Rothenfels: Gastwirtschaft „Zum Rothen Ochsen“
gezogen 110 , stammen also aus den bereits seit längerem
hier lebenden Familien. Sie können hochstiftische
Schutzbriefe vorweisen, der eine ausgestellt von Fürstbischof
Friedrich Karl von Schönborn (1729-1746),
der andere von Anselm Franz von Ingelheim (1746-
1749). 111 Die Stadtverordneten zeigen sich verbittert
über diese relativ frisch ausgegebenen Aufenthaltsgenehmigungen
– sie haben seinerzeit gemäßigte als
wohl gegründete beschwerde gegen diese und alle
Neuzugänge eingelegt und sind deshalb sogar für Rebellen
und wiederspänstige unterthanen angesehen
worden, und sie durften bei Strafandrohung und Verlust
der hochfürstlichen Gnade nichts weiter gegen
jene Juden und deren erschlichenen Schutz unternehmen.
Jetzt aber, so der Vortrag aus Rothenfels, sind die
Folgen unübersehbar und muss zur Rettung der Stadt
gehandelt werden, und zwar nicht nur mit der sofortigen
Eliminierung von Hirsch und Berl, sondern auch,
daß ferner hin kein anderer Judt mehr dahin aufgenomen
werden solle. 112
Bürgermeister und Räte wie auch sambtliche bürgerschaft
zu Rottenfels lassen nun jede Zurückhaltung
fahren. Zwei ausführliche Eingaben, hier in Kurzform
zusammengefasst, lassen in unbeschönigter Deutlich-
110 Wie Anm. 1.
111 Die Schutzbriefe sind nicht erhalten. Für 1743 gibt es in den
Akten einen bruchstückhaften Vorgang wegen Zulassung des
Juden Hirsch (StAWt-R Rep. 65g Nr. 47, Anlagen).
112 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (1749 mit Anlagen 1702, 1704, 1719,
1734, 1736, 1743).
keit und gehässiger Diktion den judenfeindlichen Gehalt
jener Kontroversen erkennen. Die Juden, heißt es
dort, sind das Verderben jeder christlichen Gemeinde,
wo immer sie sich einschleichen und einnisten. Mit ihrer
Handelschaft und ihrem Wucher verdrängen und
ruinieren sie die bürgerlichen Kaufleute und die einheimischen
Gewerbe. Die schadhaffte Vermehrung eines
so wucherischen Volkes kann nicht im Sinne der
hochfürstlichen Regierung sein, weil deren christliche
Untertanen sich gegen die finanzstarken Geschäftspraktiken
der Juden nicht behaupten können
und an den Bettelstab gebracht werden.
Als die haupt- und wahre ursach der Beschwerden
schildern die Rothenfelser einmal mehr die Wohnungsnot
in ihrer Stadt. Hier, so schreiben sie, gibt es
inzwischen so wenig Wohnraum, dass nicht einmal
alle Bürger eigene Häuser erlangen können, sondern
viele sich mit kümmerlichen bestandt quartiren (Mietwohnungen)
behelfen und in Einzelfällen schon nach
Bergrothenfels ausweichen müssen. Umso schädlicher,
so die anders nicht zu erwartende Schlussfolgerung,
ist die Aufnahme mehrerer Juden, die überall,
wo sie zugelassen werden, bekantlich also baldt nach
Häusern streben und andere Interessenten durch Ausnützen
der Notlage verschuldeter Bürger und Bezahlen
überhöhter Preise ausstechen. Auf diese Weise habe
vor wenigen Jahren der Judt Mossel das Haus eines
Bürgers an sich gebracht, so eines von denen besten
und gelegensten Häusern im orth, und zwar ein
schildtberechtigtes wirthshaus gewesen – nämlich das
alte Ochsenwirthshaus gleich gegenüber der Stadtpfarrkirche.
Diese Transaktion erregt die Stadtoberen noch immer
in höchstem Maße. Da sei der bürgerlichen Gewerbschaft
eines der besten Objekte verloren
gegangen, und die Bürgerschaft müsse das täglich mit
wehmüthigsten augen ansehen. Auch bekomme die
Hochfürstliche Hofkammer statt der bisherigen jährlichen
mehr als 50 Gulden aus den Erträgen des Wirtsund
Gasthauses nur noch wenige Gulden Schutzgeld –
mit diesem finanziellen Argument soll wohl die Landesregierung
empört werden. Und als ein besonderer
Scandal der Christenheith wird beklagt, dass die beiden
dort nun wohnenden Judenfamilien von ihren
Fenstern aus den christlichen Gottesdienst mithören
und bei geöffneten Kirchentüren auch mitten in die
Kirch hinein sehen können. Fazit: Der Fürstbischof
kann und darf nicht hinnehmen, seine unterthänigst
treu devotigsten Burgerschaft [...] von diesen denen
Christen ohnehin so gehässig als schädlichen Juden
gesinndel aus ihren besten Häuseren sich verdrengt zu
sehen. 113
Auf geradezu atemberaubende Weise werden mit
dieser Argumentation nicht nur allgemein die antisemitischen
Klischees bedient, sondern konkret auch die
tatsächlichen Abläufe dieses Hauskaufes verdreht –
113 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; undatiert, 1749).
26 Winfried Mogge
fünf Jahre zuvor hatte sich bei einer Versteigerung unter
den Augen der landesherrlichen Amtsleitung kein
anderer Interessent gefunden. 114
Die von der Abschaffung betroffenen Hirsch und
Berl geben trotz des wohl kaum erträglichen öffentlichen
Zornes nicht so schnell auf. Ihre Klage über den
drohenden Verlust der Heimat und der wirtschaftlichen
Existenz wurde einleitend zitiert. Sie berufen
sich auf ihre legale Anwesenheit in Rothenfels – und
sind damit zunächst erfolgreich. Die Beschlusslage ist
verwirrend. Die Ausweisung hatte noch der am 9. Februar
1749 verstorbene Fürstbischof Anselm Franz
von Ingelheim verfügt. In der Vakanzzeit verhandeln
die ungleichen Rothenfelser Streitparteien mit dem regierenden
Domkapitel; das Gremium akzeptiert die
Argumente von Hirsch und Berl und kippt den vorherigen
Befehl. 115 Doch der am 14. April 1749 gewählte
Karl Philipp von Greiffenclau, von den Stadtverordneten
mit neuer Petition und fuesfälligsten Bitten traktiert,
stellt die alte Ordnung wieder her und dekretiert:
Rothenfels muss generell nicht mehr als zwei Judenhaushalte
aufnehmen; die beiden überzähligen Juden
sollen abgeschafft werden, Hirsch soll seine Wohnung
nach Bergrothenfels verlegen, Berl in das nahegelegene
Amtsdorf Karbach. 116
Über den weiteren Verlauf des Verfahrens enthalten
diese Akten nichts außer mehreren Anfragen der
Würzburger Administration bei der Rothenfelser
Amtsleitung nach dem Vollzug der Anordnungen. Tatsächlich
verlassen die beiden Familien im Jahr 1750
die Stadt und gehen nach Bergrothenfels, Berl erst
später nach Karbach. 117
Die von allen Beteiligten als dramatisch erlebte
114 Vgl. unten S. 42.
115 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; undatiert und 6. 3., 7.
3., 5. 4. 1749). Der Amtskeller zu Rothenfels wird umgehend
angewiesen, den Beschluss des Domkapitels umzusetzen.
Hirsch und Berl wiederum beantragen, das Dekret des Domkapitels
und nicht nur den zuvor von der Bürgerschaft erschlichenen
Ausweisungsbeschluss in das Amtsprotokoll einzutragen
und auf dem Rathaus ordentlich zu publizieren. Denn sie befürchten,
es mögten nach einiger zeit die rottenfelser inwohnere
die sach anwiederumb hervorsuchen und unß auf das neue allerhand
tricas verursachen. – Der zitierte Beschluss des (ansonsten
traditionell judenfeindlichen) Domkapitels hat wahrscheinlich
sehr handfeste finanzielle Gründe: Beim Tod eines
Fürstbischofs werden alle Schutzbriefe der hochstiftischen Juden
ungültig und routinemäßig von dem regierenden Gremium
erneuert, das dafür ein besonderes Interregnumsgeld kassiert.
Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 70 f.
116 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; undatiert und 13. 6.
1749); dazu StadtAR II 2/7 S. 371, 384. Die Ausweisung von
Hirsch und Berl wird in einer Bürgerversammlung am 9. 4.
1749 diskutiert und befürwortet. Im Ratsprotokoll vom 24. 6.
1749 ist notiert, dass der fürstbischöfliche Ausweisungsbeschluss
der gesamten Bürgerschaft vorgelesen wurde und eine
Kopie beim Amtsprotokoll verwahrt wird.
117 StAWt-R Rep. 82l Nr. 473 (unpaginiert; Akten 1772/73); Stadt-
AR III 11/3 (Bürgermeisterrechnung 1734/35) S. 8 und III 11/4
(Bürgermeisterrechnung 1753) S. 46. Aus den von der Stadtkasse
vereinnahmten Beisassengeldzahlungen für Bergrothenfels
geht hervor, dass die Ausweisungen vollzogen wurden.
Kontroverse von 1749 hat ein Nachspiel. Zwei Jahre
später sehen sich Bürgermeister und Rat genötigt, ihren
Protest gegen jede Aufstockung der ihnen zugewiesenen
jüdischen Haushalte erneut vorzutragen. Der
Anlass: Der in der Stadt verbliebene Moschel möchte
seinen neunzehnjährigen Sohn Nathan in Rothenfels
ansässig machen. Der junge Mann, bisher schon ausgestattet
mit einem gültigen Schutzbrief, will die Witwe
des in Karbach gesessenen und verstorbenen Jud
Samuel heiraten und dem über 50 Jahre alten gehbehinderten
Vater in Rothenfels beim Handelsgeschäft
helfen. Der Fall wird vor dem Oberamtmann Joseph
Christian Lochner von Hüttenbach (1749-1789) verhandelt
und beschieden: Lässt man nun den Nathan in
Rothenfels zu, dann werden bald weitere Judensöhne
folgen und sich in dem armen Städtlein einnisten. Die
vorgebliche Hülffleistung für den Vater kann Nathan
ebenso gut von Karbach aus erbringen, zumal Moschel
ein Mann beÿ seinen noch geruhsamen Jahren,
wohlbemittelt und ohnehin mit einen Knecht versehen
ist. So wird also Nathan in das benachbarte Amtsdorf
eingewiesen, aus dem seine künftige Frau stammt. Das
Verfahren entspricht, so der Oberamtmann, der bekannten
Intention des Regenten, daß der dem gemeinen
weesen jederzeit mehr schädlich als nützliche
Juden Anwachsen vielmehr vergringeret alß vermehret
werden solle. 118
Nach diesen Aktionen in der Mitte des 18. Jahrhunderts
spielt das Thema Ausweisungen in Rothenfels
keine Rolle mehr. Innerhalb der Stadtmauern
wohnen in eigenen Häusern jetzt nur noch der alt gewordene
Moschel (Moyses Lazarus) und sein Sohn
Mayer (Mayer Moyses), später der aus dem Dorf in
die Stadt umgezogene Nathan Isack (Nathan Heil) und
seine Erben. 119 Mit diesen Familien hat man sich offensichtlich
abgefunden, auch wenn die alte Konkurrenzangst
immer wieder geschürt wird.
118 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; undatiert und 28. 1., 30.
1. und 8. 2. 1751). – Der Vorgang zeigt die Möglichkeit des Erwerbs
eines Schutzbriefes durch Verzicht eines bereits etablierten
Schutzbriefinhabers. In diesem Fall tritt 1749 der relegirte
Jud Löwelein (Löblein) aus Veitshöchheim sein auf Rothenfels
umgeschriebenes Patent an Moschels Sohn Nathan ab. Auf dieselbe
Weise macht 1825 Nathan Heil seinen Sohn Joseph in Rothenfels
ansässig; vgl. S. 38.
119 StadtAR II 7/2 S. 58; dazu auch StAWt-R Rep. 82l Nr. 473 (unpaginiert;
Akten 1772/73). – Moschel wird 1751 als über 50
Jahre alt bezeichnet. 1773 ist er 78 Jahre alt, also 1694/95 geboren.
Von 1753 bis 1795 zahlt er bzw. sein Sohn Bede (Grundsteuer)
für sein Haus (vgl. Anm. 242), von 1753 bis 1781
Beisassengeld (StadtAR III 11/4 bis 11/26). Offensichtlich ist
sein Sohn Mayer als Hausbesitzer, Geschäftsinhaber und Steuerzahler
nachgefolgt, ohne dies im Grundsteuerbuch korrigieren
zu lassen. Mayer wird als Zahler von Beisassengeld von 1769
bis 1793 genannt (StadtAR III 11/18 bis 11/35), 1798 seine Witwe
(StadtAR III 11/37, S. 23). 1799 tritt ein Isack Mayer –
wahrscheinlich ein Sohn – bei einem Rechtsstreit auf (Stadt AR
II 2/14, S. 21-29). Zur Familie Heil vgl. S. 35 f, 43, 45, 58 f. –
Die Angaben in der Stadtchronik über die letzten Juden in Rothenfels
sind unvollständig (StadtAR IV 3/3 S. 202; IV 3/5 S.
18; IV 3/7 Bl. 10).
Juden von Rothenfels 27
Rothenfels um 1800
Anonyme Zeichnung (Bleistift und Feder) aus der Pfarrchronik
Die von den Stadtoberen so oft dramatisierte Wohnungsnot
in Rothenfels muss bei Betrachtung der für
jene Zeit vorliegenden demografischen Daten relativiert
werden. Es trifft zu, dass die Kleinststadt in der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, nach quälend langsamer
Erholung von den wirtschaftlichen Folgen des
Dreißigjährigen Krieges, einen bescheidenen Aufschwung
nimmt. Die Bevölkerung wächst zwischen
etwa 1700 und 1750 allerdings stark von 66 auf 98
Haushalte (Bürger, Mann, Mannschaften oder Hofstätten
genannt). 120 Der Amtskeller zählt für das Jahr 1743
in der Stadt 82 Hofstätten und 472 Einwohner. 121 1748
sind es 98 Haushalte 122 , 1754 als vorläufiger Höhepunkt
125 123 . Der älteste Stadtplan von Rothenfels von
1843 zeigt eine drangvolle Enge mit rund 130 Wohnhäusern,
Ställen und Scheunen innerhalb der Mauern
und etlichen Anwesen darüber hinaus. 124 Hundert Jahre
zuvor war die Bebauung noch nicht so dicht, da gab
120 Vgl. P. Kolb, Chronik, S. 107 f, 183; G. Christ, Lohr, S. 338-
341; W. Mogge, Dies uralt Haus, S. 96 f, 314 f.
121 StAWt-R R 76, Amtsrechnung Jg. 1743/44, S. 280 f; vgl. die
Abbildungen im Anhang S. 62 f. Dazu W. Mogge, Dies uralt
Haus, S. 97, 315.
122 StAWü Standbuch Nr. 942 S. 231-243. Vgl. W. Mogge, Dies uralt
Haus, S. 314.
123 StadtAR II 4/1 (Bürger-Matric 1754). Dort sind die Haushalte
und Witwen für Rothenfels, Bergrothenfels, Windheim und
Zimmern aufgelistet, mit einem Zählfehler 276 (statt richtig
277).
124 Vgl. die Abbildung S. 39.
es sogar Platz für landwirtschaftliche Betriebe in der
Stadt; auch sorgten familiär und beruflich bedingte
Wegzüge sowie Todesfälle stets für Wechsel und neu
verfügbaren Wohnraum.
Angesichts dieser Zahlen und Fakten kann die immer
wieder vorgetragene Bedrohung der Existenz der
Stadtbevölkerung durch einige wenige jüdische Familien
nur als maßlose Übertreibung und Zweckpropaganda
verstanden werden. Jedenfalls gehört sie zum
bewährten Programm der Dämonisierung und Ausgrenzung
dieser Minderheit.
8. Ausgrenzungen und Anpassungen
Am 4. Januar 1750 tagt im Rothenfelser Rathaus der
Stadtrat in großer Besetzung: Bürgermeister und zwölf
Ratsherren in Anwesenheit des fürstbischöflichen
Oberamtmanns, des Amtskellers und eines Vertreters
des Stadtpfarrers. Ein Tagesordnungspunkt mit hoher
Priorität: Es gibt Beobachtungen und Beschwerden,
dass durch die Schloder- oder Bettel Juden gefährliche
und ansteckende Krankheiten in die Bürgerschaft gebracht
worden sind. Also ist solches denen dahiesigen
Juden sowohl als auch der Maynfährung bey unnachlessiger
straff eines guldtens verbotten worden, das
weder gedachte Juden derley bettel gesindel beherbergen,
noch auch ermelte Maynfehrer undter obiger
straff solche uber den Mayn hieher führen [...]. Einzi-
28 Winfried Mogge
ge Ausnahme ist die Überfahrt von Juden, die ein
Cammer Zeichen – einen Passierschein für zugelassene
Händler und Reisende – vorweisen können. 125
Mit diesem Ratsbeschluss wird ein bitterernstes soziales
Problem der Zeit angesprochen. Noch Jahrzehnte
nach dem Dreißigjährigen Krieg, nach Pogromen
vor allem in osteuropäischen und habsburgischen Ländern
leben im 18. Jahrhundert auch in Franken ungezählte
heimatlose und verarmte Juden buchstäblich auf
der Straße, ohne Chance, einen Schutzbrief zu erwerben
oder Arbeit und Obdach zu bekommen. Sie vermehren
das ungeordnete Heer des rechtlosen
fahrenden Volkes. Ihre Stigmatisierung als Überträger
ansteckender Krankheiten – vor allem der gefürchteten
Pest – lässt auch im Hochstift Würzburg die Obrigkeiten
nicht ruhen, alle möglichen Grenz- und
Flusspassagen zu schließen. Nun wird in Rothenfels
wie allerorts den ansässigen Juden sogar die von ihrem
Glauben vorgeschriebene Beherbergung durchziehender
Religionsgenossen verboten. 126
Der Vorgang von 1750 ist kein Rothenfelser Einzelfall.
Mit Grenzüberwachungen und Verboten, verkündet
in einer kaum überschaubaren Menge von
Mandaten, versuchen die fränkischen Landesherrschaften
und Städte mehr oder weniger erfolgreich,
die Betteljuden von ihren Territorien fernzuhalten. Dabei
wissen sie sich übrigens einig mit den Organisationen
der ansässigen Juden, die einerseits mit der
finanziellen Belastung durch die Versorgung der Armen
überfordert sind, andererseits unter der diskriminierenden
Gleichsetzung mit Schloderern und
Schnorrern zu leiden haben. In jener Zeit bleibt es bei
restriktiven Abwehrmaßnahmen; die Ursachen der
massenhaften Verelendung von Juden werden erst von
Autoren und Obrigkeiten der späten Aufklärungszeit
erkannt und thematisiert. 127
Für die Rothenfelser Schutzjuden wird die panische
Angst der christlichen Bevölkerung vor den entwurzelten
Fremden eine weitere Belastung des
Verhältnisses zu den Nachbarn und verschärfte Ausgrenzung
bedeutet haben. Ohnehin ist es schwer nachvollziehbar,
wie sich das alltägliche Zusammenleben
auf so engem Raum einer Kleinststadt erträglich gestalten
ließ – bei so aggressiver Feindseligkeit, wie sie
namentlich von den Bürgermeistern und Ratsherren
als Repräsentanten der Bürgerinnen und Bürger vorgetragen
wurde. Die wenigen jüdischen Familien, so
scheint es, haben dies mit Anpassung und Unauffälligkeit
versucht und mit unerschöpflicher Leidensfähigkeit
geschafft.
125 StadtAR II 2/7 S. 428 f. Mit der von der Würzburger Hofkammer
organisierten Ausgabe von Kammerzeichen wird versucht,
die zugelassenen Händler und Reisenden von den Massen der
Bettler zu trennen. Vgl. dazu Anm. 150.
126 Vgl. E. Schubert, Arme Leute, S. 156-158, 168-173; B. Rösch,
Judenweg, S. 253-261.
127 Vgl. E. Schubert, Arme Leute, S. 171-173; I. König, Judenverordnungen,
S. 45 f, 181-184, 298 f.
Ein Spiegelbild für Ausschnitte aus dem Alltagsleben
sind die (ab 1531 erhaltenen) Ratsprotokolle. Da
die Ratsherrenversammlung zugleich das für ortsinterne
Vergehen und Streitfälle zuständige Stadtgericht
bildet, lässt sich aus diesen Dokumenten auch ablesen,
wie die Menschen miteinander umgehen. Das Bild ist
freilich einseitig, weil diese Quellen nicht über das
friedliche Zusammenleben berichten, sondern über die
justiziablen Zwischenfälle. Und so stellt sich die
kleinstädtische katholische Gesellschaft hier dar als
eine höchst streit- und rauflustige Gruppe untereinander
missgünstiger Nachbarn. An der Tagesordnung
sind vor allem Beleidigungen und Verleumdungen,
Schlägereien und Körperverletzungen, Diebstähle,
Verkaufs- und Erbschaftsstreitigkeiten, Streit um Wasser-
und Weidenutzungen. 128 Von der exzessiven Denunziationslust
zur Zeit der Hexenprozesse unter den
Fürstbischöfen Julius Echter von Mespelbrunn und
Philipp Adolph von Ehrenberg soll hier ganz geschwiegen
werden. 129 Im Vergleich zu ihren christlichen
Nachbarn sind die Juden vor Gericht geradezu
auffallend unauffällig, und das nicht nur wegen ihrer
geringen Zahl.
Man muss lange suchen, bis man ihnen in den Protokollbüchern
als Frevlern begegnet. 1679 werden
Perlein und Meierlein mit Geldstrafen wegen Verwendung
falscher Gewichte belegt. 130 Das ist keine jüdische
Spezialität, sondern eine häufige Übung auch
christlicher Händler und Gegenstand permanenter obrigkeitlicher
Überwachung und Ahndung. 131 Ansonsten
kommen eher kuriose Straftaten vor. 1699 muss Jöstlein
zwei Gulden zahlen, weil er einen Bürger als verlogenen
gesellen gescholten hat, und er geht für zwei
Stunden ins Gefängnis, weil er mit dem Hut auf dem
Kopf die Ratsstube betrat. 132 1764 zahlt Jud Männleins
Sohn vom Berg zwei Gulden Strafe, weil er aus
einem Garten Birnen aufgelesen und die erboste Eigentümerin
auch noch beleidigt hat. 133 Dieses Vergehen
ist zeitlos: 1849 wird Benjamin Freudenberger
angezeigt, nachdem er einen verbotenen Weg begangen
und Äpfel aufgesammelt hat. 134 Männlein und Nathan
machen sich 1771 strafbar, indem sie über einen
Zaun des Pfarrers steigen oder durch die Centwiese
laufen. 135
Eine Ausnahme von der gepflegten Unauffälligkeit
passiert in einer Winternacht des Jahres 1732, als Teil-
128 Ausgewertet wurden die Ratsprotokolle StadtAR II 2/1 (1531-
1553), II 2/6 (1642-1725), II 2/10 (1763-1770). Vgl. P. Kolb,
Chronik, S. 75-79.
129 Vgl. W. Mogge, Dies uralt Haus, S. 73-75.
130 StadtAR IV 3/3 S. 202. Der Autor der Stadtchronik nennt keine
Quellen; im Ratsprotokollbuch der Zeit (StadtAR II 2/6) findet
sich dazu kein Vorgang.
131 StadtAR II 1/1 S. 3-6, 9 f; IV 3/3 S. 173-178), IV 3/4 S. 74 f
(Vorschriften für Maße, Gewichte und Preise).
132 StadtAR II 2/6 S. 539; vgl. IV 3/3 S. 298.
133 StadtAR II 2/10 S. 238-243; vgl. IV 3/5 S. 23.
134 StadtAR II 1/4 (unpaginiert), 3. 9. 1849.
135 StadtAR II 2/11 S. 128, 131.
Juden von Rothenfels 29
nehmer einer wohl allzu temperamentvollen Beschneidungsfeier
vor dem Haus eines Glaubensgenossen im
Städtchen randalieren, Tür und Fenster beschädigen
und die christlichen Nachbarn aus dem Schlaf reißen;
derlei insolenz wird mit Geldbußen geahndet. 136 Andererseits
kann es geschehen, dass das Stadtgericht den
tätlichen Übergriff von Christen auf ein jüdisches
Kind mit einer empfindlichen Geldstrafe ahndet. 137
Untereinander verhalten sich die Glaubensgenossen
nur selten unfriedlich. 1680 werden Moÿses aus
Rothenfels und Feiferlein aus Karbach angeklagt, weil
sie wegen einer Vormundschaft mit schlägen über einander
kommen und der Jud Feiferlein am maul gebluet.
Sie bekommen beide eine Rugstrafe – der eine,
weil er provoziert und in des Gegners Haus tumultuirt,
der andere, weil er allzu heftig zugeschlagen hat. 138
1773 und 1775 stehen zwei streitbare Bergrothenfelser
Juden vor dem Stadtgericht: Männlein gegen Löblein
von Urspringen 139 , dann Nathan gegen Löb von Greußenheim
140 ; in beiden Fällen waren schon länger
schwelende Streitigkeiten und Beleidigungen in blutige
Schlägereien übergegangen, was allen Beteiligten
nun Geldstrafen und Abmahnungen einbringt.
Relativ häufig holen Juden sich Geldbußen ab,
weil sie ihre Kühe und Ochsen auf gemeindeeigenen
Wiesen oder in fremden Baumgärten grasen ließen.
Auch damit stehen sie nicht allein. Wohl jeder christliche
Haushalt in der Stadt, vom Dorf ganz zu schweigen,
hält eine Kuh oder Ziegen und Schweine und
Federvieh, und wohl jede Familie riskiert Grenzüberschreitungen
bei der Freilandfütterung. Einmal im Jahr
tagt ein Ausschuss des Stadtrates als Ruggericht und
verteilt dutzendweise an zahlreiche Einwohner die
Geldstrafen vor allem für die im Lauf der Monate von
Feldhütern, Revierjägern oder Mitbürgern angezeigten
illegalen Viehweiden. 141
Wenn die Juden das Stadtgericht in eigener Sache
in Anspruch nehmen, dann geht es fast ausschließlich
um säumige Schuldner bei Kreditvergaben oder um
ungetreue Handelspartner beim An- und Verkauf von
Vieh. In allen in den Quellen aufgefundenen Fällen
endet das Verfahren zugunsten der klagenden Juden
oder mit einem Vergleich, dem sie zustimmen – ein
Hinweis übrigens auf das allgegenwärtige Risiko bei
136 StadtAR II 2/7 S. 3. Die Feier findet im Haus von Moschel
statt, der tumult vor dem Haus von Perl; Festteilnehmer sind außerdem
die hießigen Hirschle und Schlummell sowie frembde
Juden.
137 StadtAR II 2/7 S. 230-234. Hier ein Urteil vom 25. 8. 1743,
nachdem christliche Geschäftsleute die Tochter des Juden
Hirsch des Diebstahls bezichtigt und geschlagen hatten.
138 StadtAR II 2/6 S. 351 f.
139 StadtAR II 2/11 S. 516-519, 534-540, 544.
140 StadtAR II 2/11 S. 631-636. Es handelt sich wohl um Nathan,
den Sohn Männleins.
141 Ausgewertet wurden StadtAR II 2/6 (Ratsprotokolle 1642-
1725), II 2/8 (Ratsprotokolle 1751-1755), II 2/10 (Ratsprotokolle
1763-1770), II 2/11 (Ratsprotokolle 1770-1776), III 11/10
(Bürgermeisterrechnung 1760), III 11/19 (Bürgermeisterrechnung
1770).
Geld- und Handelsgeschäften. 142 Der Stadtrat, auch
wenn selbst als Kreditnehmer betroffen, achtet auf
korrekte Abwicklung. Sogar auf Kompromisse lässt
man sich ein: Als 1761 der hiesige Schutzjude Moÿßel
der Stadt einen durch sein Versehen verjährten Schuldschein
präsentiert, wird beschlossen, ihm aus Kulanz
noch die Hälfte des Geldbetrages anzuerkennen und
auszuzahlen. 143
Hin und wieder ist auch der in der Burg Rothenfels
residierende Amtmann mit Rechtsangelegenheiten der
Juden befasst. Dabei geht es zum Beispiel um den
Viehtrieb in hochstiftischen Wäldern, einen Dauerkonflikt
nicht nur mit den jüdischen Viehhändlern. 144 Da
die Amtsprotokolle verloren gegangen und nur wenige
Auszüge daraus in anderen Aktenüberlieferungen erhalten
sind, lässt sich nichts über die Häufigkeit solcher
Vorgänge sagen. Gelegentlich werden auch die
Gremien der fürstbischöflichen Regierung in Würzburg
bemüht, wenn es zum Beispiel darum geht, einem
Rothenfelser Juden zu seinem Recht gegen
säumige Schuldner zu verhelfen. 145
Im Hintergrund zahlreicher Stadtgerichtsverfahren
schwelt, ausgesprochen oder unausgesprochen, stets
die auf Konkurrenzangst gegründete pauschale Verdächtigung,
„die Bürger“ würden durch „die Juden“ in
Geld- und Handelsgeschäften beschwehret, betrogen
und dardurch gar verderbt werden. Der Stadtrat lässt
deshalb die Waren der jüdischen Händler nach Herkunft
und Wert streng kontrollieren. 146 Umgekehrt fällt
auf, dass Juden vermehrt als Kläger vor das Stadtgericht
ziehen, was wohl ein Indiz für wachsendes
Selbstbewusstsein und zunehmende Rechtssicherheit
der Minderheit ist. –
Den Aufenthalt im Hochstift Würzburg und in
Rothenfels müssen die Juden mehrfach und teuer bezahlen.
Der Schutzbrief des Fürstbistums, die lebensnotwendige
Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung,
kostet beim Erwerb eine große einmalige Summe und
bringt der Hofkammer zudem Gebühren für die alljährliche
Verlängerung ein. Beim Tod eines Fürstbi-
142 Ausgewertet wurden StadtAR II 2/6 (Ratsprotokolle 1642-
1725) S. 417, 441, 511; II 2/8 (Ratsprotokolle 1751-1755) S.
179 f, 237, 256-258, 270-272, 281, 331, 621 f, 729-731; II 2/10
(Ratsprotokolle 1763-1770) passim; II 2/11 (Ratsprotokolle
1770-1776) S. 38-41, 172-174, 271 f, 611-616; II 2/14
(Ratsprotokolle 1799-1802) S. 21-29, 36 f.
143 StadtAR IV 3/5 S. 20. Es geht um ein Darlehen von 23 Stück
Karolin (eine süddeutsche Goldmünze) für die Gemeinde. Mit
eindeutigem Tonfall kommentiert der Autor der Stadtchronik,
Oberlehrer Georg Max Fuß (1867-1939), später den Vorgang:
den Juden hätte ich mögen die dicken Hände reiben sehen!
(StadtAR IV 3/7 Bl. 10).
144 StAWt-R Rep. 26h Nr. 21 (1752).
145 StAWt-F Rep. 229 Nr. 31 (Inhalt: Klage des Moyses Jud zu
Rottenfels gegen den Schmiedemeister Melchior Albert zu
Trennfeld wegen säumiger Zahlungen für Darlehen, Vieh- und
Weinkauf, 1745/46); StAWt-R Rep. 82l Nr. 473 (Inhalt: Jud
Männlein von Berg, Amts Rothenfels verklagt Andreas Beck aus
Kredenbach auf Ausgleich von Forderungen für Darlehen und
Viehverkäufe, 1764).
146 StadtAR II 2/7 S. 66.
30 Winfried Mogge
schofs muss die zusätzliche Erneuerung mit einem Interregnumsgeld
bezahlt werden. Beim Ableben eines
Schutzbriefinhabers gelten die erworbenen Rechte nur
für die Witwe, nicht aber für die Kinder fort, und müssen
von den Söhnen neu beantragt und gekauft werden.
147 Nach der Säkularisation besteht übrigens die
nunmehr löwensteinische Herrschaft auf der Fortzahlung
der Schutzgelder als eine Domainen Revenue. 148
An die Kommune geht ein jährliches Beisassengeld
von in der Regel vier Gulden pro jüdischer Familie.
Obschon sie keine Bürgerrechte besitzen, müssen
die Juden die ortsüblichen Frohnden leisten. Alle im
Amt wohnenden oder handelnden Glaubensgenossen
zahlen dem Amtmann und dem Keller ein Neujahrsgeld
und etliche Gerichts- und Verwaltungsgebühren –
die Judengulden oder Judenabgaben gehören zu den
zahlreichen Akzidenzien der würzburgischen, dann löwensteinischen
Beamten. Auch der katholische Geistliche
– in Rothenfels der Stadtpfarrer – bekommt
paradoxerweise ein Neujahrsgeld von den Juden, begründet
als Ersatz für entgangene Stolgebühren bei
nicht ausgeübten Amtshandlungen. 149
Besonders erfindungsreich ist die Würzburger Hofkammer
bei der Erhebung von Zöllen. Rothenfels ist
eine von vielen Zollstationen, der hiesige Zollverwalter
arbeitet sich durch einen ständig wachsenden Wust
von Vorschriften und Tarifen. Unterschiedliche Gebühren
zahlt man für alle möglichen über die kleinräumigen
Grenzen hinweg geführten Waren und für Vieh.
Die meisten Juden, für ihren Lebensunterhalt auf Handelsgeschäfte
verwiesen, müssen viel reisen; sie schulden
den Leibzoll, mit dem sie selbst bei der
Überschreitung von Landesgrenzen wie eine Ware
verzollt werden. Auch auswärtige oder ritterschaftli-
147 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 39-44, 62 f, 160 f, 207-
209. Im Hochstift Würzburg kostet das jährliche Schutzgeld für
Familien lange Zeit im Schnitt zehn Gulden in den Dörfern,
zwölf Gulden in den Landstädten, letzteres auch in Bergrothenfels
und Rothenfels (StAWü Judenschaft Nr. 1; StAWt-R Rep.
79h Nr. 19). 1792/93 bis 1800/01 werden in Rothenfels und
Bergrothenfels jährlich zwischen zwei und drei Gulden rheinischer
Währung für Schutz- und Extra Gelder berechnet (StAWü
Rechnung 39.022).
148 StAWt-R Rep. 79h Nr. 19. Die Fürstliche Regierung zu Wertheim
beauftragt am 27. 3. 1803 die Amtskellerei Rothenfels mit
einem Bericht, wie die zahlreichen ordinären und extraordinären
Contributionen der wenigen Schutzjuden im Amt Rothenfels
durch einen einheitlichen mäßigen Schatzungsfuß zu
ersetzen seien. Zu dieser kleinen Reform kommt es nicht, sondern
zur allmählichen und langwierigen Verweigerung und Abschaffung
der zahlreichen Abgaben.
149 StAWü Standbuch Nr. 799, Bestallungen und Accidentia der
Rothenfelser Oberamtmänner, Keller usw. (vgl. W. Mogge,
Dies uralt Haus, S. 103, 310, 312); Statistische Sammlung Nr.
280 fol. 232 f. 1804 werden in Rothenfels die Neujahrsgelder
für den Oberamtmann abgeschafft, weil diese Stelle nicht mehr
besetzt wird (StAWt-R Rep. 12i Nr. 35, Rep. 41e Nr. 2). Die
Neujahrsgelder an den Stadtpfarrer gehören 1833 zu den Beschwerdepunkten
der jüdischen Gemeinde (vgl. unten S. 34).
Sie werden in Bayern generell erst 1881 im Rahmen der entschädigungslosen
Abschaffung aller persönlichen Sonderabgaben
der Juden aufgehoben (vgl. unten S. 35).
che Juden müssen Freizeichen kaufen, wenn sie hochstiftisches
Land passieren oder hier handeln wollen. 150
Bei Verheiratungen wird ein Brautzoll für die Durchreise
der Verlobten kassiert, bei der Überführung Verstorbener
zum Friedhof Totenzoll. Wenn ein Jude
einen Sohn oder eine Tochter außer Land verheiratet,
muss er für das mitgegebene Heiratsgut (die Heimsteuer)
eine Nachsteuer zahlen. 151
Neben solchen individuellen Abgaben wird auch
die sambtliche judenschafft des Hochstifts, die sich
um die Mitte des 17. Jahrhunderts in einer Interessenvertretung
namens Altwürzburger Landjudenschaft organisiert
hat, kollektiv zu besonderen Zahlungen
herangezogen – die wiederum auf die Kultusgemeinden
und deren Mitglieder umzulegen sind. Einen Eindruck
dieser Belastungen vermittelt eine Bittschrift
der Abgeordneten der Judenschaft von 1749 an den
Fürstbischof. Etliche vorangegangene gravamina und
die Ergebnisse einer Audienz beim neu gewählten Regenten
Karl Philipp von Greiffenclau sind in dieses
Papier eingeflossen. Demnach muss zu jener Zeit ein
jährliches korporatives Schutzgeld von 800 Gulden
und zu jedem Jahreswechsel ein Neujahrsgeld von
1.000 Talern an die Hofkammer gezahlt werden. Diese
und andere Forderungen, so die Delegierten, können
viele Juden schon jetzt nicht mehr aufbringen, weshalb
ihnen Verarmung und völliges Verderben droht. 152
Die Kosten für das 1719 von der Regierung als
Mittler- und Kontrollinstanz gegründete Judenamt
werden ebenfalls auf die Kultusgemeinden umgelegt.
Selbstverständlich müssen diese ihre eigenen Einrichtungen
wie Synagoge und Schule, Friedhof und Armenfürsorge,
ihre Ortsrabbiner und Lehrer und
sonstigen Angestellten selbst finanzieren, ebenso das
Gehalt und die Auslagen für den Oberrabbiner, der
nicht nur das gelehrte Oberhaupt der Judenschaft, sondern
auch für die Aufsicht und Rechtsprechung in innerjüdischen
Angelegenheiten zuständig ist. 153
Zur Einordnung solcher Informationen muss man
wissen, dass im Fürstbistum Würzburg – und das
heißt: in den Landämtern – zu jener Zeit nur zwischen
422 und 466 Schutzjuden des Hochstifts, der Stifte
und Klöster leben. 154 (Mit solchen Zahlen sind nicht
150 StAWt-R Rep. 99b Nr. 55 (1803), Nr. 70 (1805-16), Nr. 83
(1808/09). Darin u. a. Verordnungen zum Leibzoll, Muster der
verschiedenen Zollzeichen, Abrechnungen des Rothenfelser
Zollverwalters, Namenslisten der im Amt Rothenfels handelnden
Juden (z. B. 1803: 62 Personen allein aus dem hochstiftischen
Umland). Der 24 Stunden gültige, täglich neu
einzulösende Leibzoll kann durch einen Jahrzoll ersetzt werden.
151 StAWt-R Rep. 41e Nr. 1. Vgl. I. König, Judenverordnungen, S.
63-68, 210-219. Die Nachsteuer sind Juden und Christen generell
bei Vermögenstransfer in andere Staaten schuldig. Die Juden
werden jedoch in der Regel mit höheren Prozentsätzen
abkassiert und bekommen keine Befreiungen.
152 StAWü Gebrechenamtsakten VI W 256. Zu diesen und weiteren
korporativen Abgaben I. König, Judenverordnungen, S. 68-73.
153 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 68-72, 76-78, 82-84, 227-
229.
154 StAWü G 16.727 fol. 5 und 5'. Die Zahlen der dortigen kleinen
Juden von Rothenfels 31
die Personen, sondern die Haushalte gemeint.) Die
von Adeligen und anderen Korporationen Abhängigen
werden von ihren Schutzherren auf ähnliche Weise abgeschöpft.
Die Rothenfelser und Bergrothenfelser Juden haben
ihren Teil der Belastungen wohl stets auf sich genommen
und aufgebracht, um unbehelligt in ihrer
Heimat bleiben zu können. In der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts macht sich ihr Zuwachs an Rechtssicherheit
in einer zunehmenden Anzahl von Klagen
beim Stadtgericht bemerkbar. Nun kommen in Rothenfels
auch keine Vertreibungen oder Ausweisungsanträge
mehr vor. Während aus manchen Orten des
Hochstifts Würzburg pogromähnliche Stimmungen
der Bevölkerung und Ausschreitungen gegen Juden zu
verzeichnen sind 155 , gibt es hier keine Berichte dieser
Art. Schlussendlich scheint es in Rothenfels eine Zeit
friedlicher Koexistenz zwischen Christen und Juden
gegeben zu haben.
9. Schritte zur Emanzipation
Der Beginn des 19. Jahrhunderts bringt für das würzburgische
Unterfranken umwälzende Neuerungen des
politischen und gesellschaftlichen Systems. Auch für
die Juden ergeben sich daraus veränderte Lebensbedingungen.
Zum Verständnis der staatlichen und administrativen
Zuständigkeiten, die in den historischen
Akten begegnen, muss ein Blick auf die Neuordnung
der politischen Landkarte geworfen werden. 156
Am Anfang steht die vom napoleonischen Frankreich
diktierte Säkularisation der deutschen geistlichen
Staaten Ende 1802. Das bisherige Hochstift Würzburg
fällt dem Kurfürstentum Bayern zu. Für wenige Jahre
wird es an die neuen Fürstentümer Würzburg und
Aschaffenburg aufgeteilt – ein Zwischenspiel während
der Verschiebung von Ländermassen unter den großen
deutschen Staaten. Auch die Fürsten von Löwenstein-
Wertheim-Rochefort (später Rosenberg genannt) holen
bei der Säkularisation für sich als Entschädigung für
Verluste auf dem linken Rheinufer einige würzburgische
und mainzische Ämter und Klöster heraus, darunter
das bisherige Amt Rothenfels.
Statistiken sind aus den Judenschutzgeldrechnungen gezogen.
Addiert werden Schutzjuden des Hochstifts: 358 (1719), 351
(1745), 377 (1749), 355 (1754), 388 (1763), der Stifte und
Klöster: 72 (1719), 65 (1745), 72 (1749), 75 (1754), 78 (1763),
insgesamt: 430 (1719), 422 (1745), 449 (1749), 430 (1754),
466 (1763). Die Schutzjuden der Adeligen und anderer Korporationen
sind in der Quelle nicht enthalten. – Weitere statistische
Daten bei L. Scherg, Landjudentum, S. 229-231.
155 Beispiele aus Franken bei E. Schubert, Arme Leute, S. 158-160
und zugehörige Anmerkungen.
156 Zu den Entwicklungen in Deutschland: E. R. Huber, Verfassungsgeschichte,
Bd. I S. 25-85, 314-322. Die verwaltungsrechtlichen
Strukturen u. a. des Amtes Rothenfels und ihre
Veränderungen im 19. Jh. detailliert bei: G. Christ, Lohr, S.
348-394, 396-400, 409-418.
Die löwensteinischen Fürsten werden bald darauf
von der fortschreitenden politischen Flurbereinigung
selbst getroffen – 1806 werden sie mediatisiert, verlieren
die Souveränität über ihre weit verstreuten Länder,
kommen unter die Hoheit der umliegenden, neu konstruierten
Territorien. Für die Region um Rothenfels
heißt das: Die auf der rechten Mainseite gelegenen
Besitzungen der Löwensteiner gehören nun zum Staat
des Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg (1802-
1813), der 1803 sein altes Erzstift Mainz in das Fürstentum
Aschaffenburg, ab 1810 Großherzogtum
Frankfurt retten konnte. Die linksmainischen Teile gehen
an das Großherzogtum Baden, das hier ein kurzlebiges
Amt Steinbach einrichtet.
Dieser Zustand währt nur bis 1814, bis zur Auflösung
und Neuverteilung der Würzburger und Frankfurter
Großherzogtümer. Das ehemalige Hochstift
Würzburg fällt zum zweiten Mal und nun endgültig an
das 1806 zum Königreich erhobene Bayern. Das betrifft
auch Rothenfels: Seit dem 3. Juni 1814 sind die
Burg, die Stadt und die rechtsmainischen Teile des
Amtes staatsrechtlich bayerisch. 1819 kommen nach
einem Gebietstausch auch die alten Amtsteile auf der
linken Mainseite wieder hinzu.
In der Folgezeit sind die Gewinner der Mediatisierung
bestrebt, ihre alten und neuen Herrschaften zu
modernen Flächenstaaten zusammenzufügen. Das
heißt, sie müssen ein Gemenge verschiedenster Territorien,
Rechtssysteme und Verwaltungsformen entwirren
und vereinheitlichen. Der Vorgang wird erschwert
durch die Tatsache, dass die mediatisierten Fürsten
keinesfalls von der politischen Bildfläche verschwinden.
Sie behaupten weiterhin eine Reihe von Herrschaftsrechten,
Einkünften und Privilegien. Die
souveränen Staaten behalten sich die Gesetzgebung,
die oberste Gerichtsbarkeit, die obere Polizeigewalt,
die militärische Konskription und die Besteuerung
vor; den Fürsten hingegen stehen weiterhin alle Besitzungen,
Zehnten und Feudaleinkünfte als Patrimonialoder
Privateigentum zu, außerdem etliche Herrschaftsrechte,
vor allem die Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit
in niederer Instanz.
Mit dieser komplizierten Art einer Unterherrschaft
haben, wie alle Untertanen, auch die Juden ihre Not –
die Gesetzgebung kommt aus Bayern, vertreten durch
die königliche Kreisregierung in Würzburg, die Ausführung
und Überwachung obliegt den fürstlichen Behörden
in Wertheim und Rothenfels, dann Neustadt,
die nach wie vor auch eine Vielzahl von Abgaben beanspruchen;
da sind Zuständigkeitsprobleme vorprogrammiert.
Nach dem staatlichen Übergang an Bayern wird
die löwensteinische Verwaltungs- und Justizbehörde
Rothenfels, die frühere würzburgische Amtskellerei,
zum Herrschaftsgericht. Eine tiefgreifende Veränderung
der rechtlichen Verhältnisse kommt jedoch erst
mit dem Jahr 1848. Als ein Ergebnis der bürgerlichen
Revolution und mit der Politik des reformorientierten
32 Winfried Mogge
Königs Maximilian II. (1848-1864) fällt endlich und
endgültig auch die alte Grundherrschaft in Bayern.
Das bedeutet die Trennung von Justiz und Verwaltung,
die Übertragung der grundherrlichen Gerichtsbarkeit
und Polizei auf den Staat. Die Folgen für Rothenfels
sind die Umwandlung des fürstlichen Herrschaftsgerichts
in ein königliches Landgericht (1853), das heißt
die völlige Lösung des Justizwesens von der Standesherrschaft,
und die Ablösung des mittelalterlichen Systems
der Grundlasten durch eine einheitliche
Besteuerung. 157
Vor diesem zeitgeschichtlichen Hintergrund vollzieht
sich die bayerische Judenpolitik auch in Unterfranken.
Sie führt, um das Ergebnis eines langen
Prozesses vorwegzunehmen, im 19. Jahrhundert zur
bürgerlichen Emanzipation und rechtlichen Gleichstellung
der religiösen Minderheit.
Der in der gesamten Bevölkerung zunehmende Widerstand
gegen das im Zeitalter der Aufklärung diskreditierte
Feudalsystem macht sich im Amt Rothenfels
zunächst bei den Abgaben und Dienstleistungen bemerkbar.
Schon in den letzten Jahren der fürstbischöflichen
Herrschaft mehren sich Verweigerungen von
Bürgern und Bauern. In der Region wird, wie überall,
auch die Judenschaft mutig. Ihr Protest setzt zuerst bei
den Neujahrsgeldern an, die nicht nur die im Amt Rothenfels
lebenden, sondern auch alle dort handelnden
Juden dem würzburgischen Oberamtmann und seinen
Beamten zahlen müssen. 158
Bald werden auch Leibzoll und Viehzoll nicht mehr
widerstandslos entrichtet. Die jüdischen Händler aus
Urspringen und Laudenbach, aus den ritterschaftlichen
Enklaven Steinbach und Wiesenfeld und aus der Grafschaft
Wertheim beschäftigen die nunmehr löwensteinischen
Behörden jahrelang mit Eingaben und
Zahlungsverweigerungen; sie erreichen zunächst Zugeständnisse
von der Ablösung des Leibzolls durch ein
pauschales jährliches Taschengeleit bis zur völligen
Befreiung von diesen Kosten. Die Verhandlungen gestalten
sich schwierig, weil man es jeweils mit Bittstellern
und Gegnern zu tun hat, die unterschiedlichen
und wechselnden souveränen Staaten unterstehen –
Königreich Bayern, Großherzogtum Baden, Großherzogtum
Würzburg und Fürstprimatiat. 159 Fast gleichzeitig
fällt 1807 und 1808 in den genannten Ländern
dieses von den Betroffenen und nun auch von den Regierungen
als menschenunwürdig empfundene System
der Personalbesteuerung. 160 Die schrittweise Abschaffung
weiterer Rezeptions- und Schutzgelder braucht in
Bayern noch einige Jahrzehnte. 161
157 Vgl. W. Mogge, Dies uralt Haus, S. 82-90.
158 StAWt-R Rep. 12i Nr. 35 (1800), Rep. 41e Nr. 2 (1804); vgl.
Anm. 149.
159 StAWt-R Rep. 99b Nr. 37 (1806-09), Nr. 49 (1803), Nr. 55
(1803), Nr. 56 (1803), Nr. 65 (1804), Nr. 83 und 84 (1807-09).
160 G. Döllinger, Sammlung, S. 229-232; I. König, Judenverordnungen,
S. 63-66.
161 G. Döllinger, Sammlung, S. 238-245.
Ein Meilenstein auf dem Weg zur Judenemanzipation
ist das Edikt über die Verhältnisse der jüdischen
Glaubensgenossen im Königreiche Baiern vom 10.
Juni 1813. 162 Es gibt den Juden ansatzweise Bürgerrechte,
erlaubt ihnen die freie Wahl fast aller Berufe
und Gewerbe, ermöglicht den freien Erwerb von Häusern
und Grundstücken zur eigenen Bewohnung und
Bewirtschaftung. Unverkennbar ist in den Hauptbestimmungen
des Judenedikts eine erzieherische Absicht:
Es gilt, die Juden von ihren bisherigen ebenso
unzureichenden als gemeinschädlichen Erwerbsarten
abzuleiten und sie zu allen bürgerlichen Nahrungszweigen,
als Feldbau, Handwerken, Treibung von Fabriken
und Manufakturen und des ordentlichen
Handels zuzulassen. Erlaubt wird bei entsprechender
Qualifikation und Konzession und bei ausreichendem
Vermögen auch die Betätigung im ordentlichen Wechsel-,
Groß- und Detailhandel, gänzlich verboten soll
künftig aller Hausier-, Noth- und Schächerhandel
sein. 163
Weitere in das bisherige Leben eingreifende Bestimmungen
des Gesetzeswerkes sind vor allem: Die
bisherigen eigenen jüdischen Korporationen und Sonderrechtsgemeinden
werden aufgelöst; die Juden sollen
an ihren Wohnorten künftig zur politischen
Kommune zählen und dort dieselben Rechte haben
wie die Christen. Und: Den jüdischen Glaubensgenossen
im Königreiche wird vollkommene Gewissensfreiheit
gesichert; ihre Kultusgemeinden gelten künftig
als Privat-Kirchengesellschaften. Organisation und
Arbeit der Kirchengemeinden und die Ausbildung der
Rabbiner und Lehrer unterliegen nun der staatlichen
Aufsicht und Qualitätskontrolle. 164
So progressiv diese und weitere Bestimmungen
auch sind, so erfreulich für die Juden der relativ gesicherte
rechtliche Status auch ist – die freie Wahl des
Aufenthaltsortes bleibt ihr Wunschtraum. Die neuen
bürgerlichen Rechte und Vorzüge werden nur denjenigen
gewährt, die als Staatsbürger an ihren bisherigen
Wohnorten ausdrücklich zugelassen, das heißt bei den
Polizeibehörden in besondere Matrikeln eingetragen
werden. Dazu muss man frühere Schutzbriefe, Konzessionen
und Aufenthaltsgenehmigungen vorlegen,
die Familienverhältnisse offenlegen und ein Mindestvermögen
nachweisen. Damit verbunden ist die verpflichtende
Annahme gleichbleibender, vererblicher
Familiennamen. Und es gilt die alles entscheidende
Einschränkung: Die Zahl der Juden-Familien an den
162 Benutzte Veröffentlichung des Judenediktes: K. Weber, Neue
Gesetz- und Verordnungen-Sammlung, Bd. 1 (1880), S. 417-
423. Mit zahlreichen anderen die Juden betreffenden bayerischen
Verordnungen auch bei G. Döllinger, Sammlung, Bd. 6
(1838), S. 1-7.
163 Judenedikt (wie Anm. 162), §§ 14 bis 20, Zitate §§ 15, 19, 20.
Zahlreiche weitere Verordnungen zu Gewerbsbetrieb und Handelsbetrieb
bei G. Döllinger, Sammlung, S. 79-140.
164 Judenedikt (wie Anm. 162), §§ 21 bis 31, Zitat § 23. Zahlreiche
weitere Verordnungen zu Religions- und Kirchen-Verhältnisse
bei G. Döllinger, Sammlung, S. 141-198.
Juden von Rothenfels 33
Burg Rothenfels,
Amtskellerei:
Sitz des fürstlichen
Herrschaftsgerichts,
dann königlichen
Landgerichts
Orten, wo sie dermal bestehen, darf in der Regel nicht
vermehrt werden, sie soll vielmehr nach und nach vermindert
werden, wenn sie zu groß ist. 165
Erst 1861, nach vielen vergeblichen publizistischen
und politischen Vorstößen, fallen diese von
Juden und Bürgerrechtlern als diskriminierend empfundenen
Matrikelparagraphen. Auch weitere rechtliche
Beschränkungen und drückende Sonderabgaben
hat der Erlass von 1813 noch nicht beseitigt: Stoff für
die Kämpfe der nächsten Jahrzehnte. 166
Im ehemaligen Hochstift Würzburg, im nachmaligen
Untermainkreis, und so auch im früheren Amt Rothenfels
gilt das Judenedikt erst seit dem staatlichen
Übergang an Bayern. Eine entsprechende Verordnung
vom 5. Dezember 1816 wird im folgenden Jahr zügig
umgesetzt. 167 Vorher schon gibt es ähnliche Gesetzgebungen
über die Bürgerrechte der Israeliten in den
beiden Großherzogtümern Frankfurt und Würzburg,
und so gehen die kurzzeitig zu diesen Staaten gehörenden
neuen bayerischen Untertanen einige formale
Schritte zur Emanzipation gleich doppelt. 168
Für die Juden in Rothenfels und Bergrothenfels bedeutet
die Einführung der Matrikeln nicht nur keinen
Fortschritt in Richtung Freizügigkeit, sondern im Gegenteil
eine Verengung der früheren Zulassungen an
ihren Wohnorten. Die Stadt bekommt nur eine Matri-
kelstelle zugeteilt, das Dorf zwei. Familiengründungen
und Zuzug neuer Familien scheinen so ausgeschlossen
zu sein. Allerdings wird die Schärfe des Judenedikts in
der Praxis der Ansässigmachung unterlaufen: Es gibt
zahlreiche Ausnahmeregelungen für einzelne Personen
und Orte und etliche Immatrikulationen über die
Normzahl hinaus, und es besteht die (auch in unserem
Ort wahrgenommene) Möglichkeit, als Beisasse oder
mit einer außerordentlichen Judenschutzerteilung in
der politischen Gemeinde zum temporären Aufenthalt
zugelassen zu werden, was immerhin eine Wohn- und
Arbeitsgenehmigung bedeutet, wenn auch ohne Bürgerrecht.
169
Bayern ist seit dem Religionsedikt von 1803 der
Vorreiter unter den deutschen Ländern, was die volle
Gleichberechtigung der christlichen Konfessionen betrifft.
170 Die Gleichstellung der Juden hingegen geht
nur langsam voran. Die vom Geist der Aufklärung geprägten
Regierungen hemmen sich dabei selbst durch
den im Judenedikt sichtbaren Generalplan, die Emanzipation
der Israeliten nur schrittweise unter Abarbeitung
eines Erziehungsprogramms zur Assimilation und
Integration in die bürgerliche Gesellschaft zu gewähren.
Sie scheitern aber auch und immer wieder im
bayerischen Landtag mit ihren Regierungsvorlagen,
den umstrittenen Erlass von 1813 ganz oder teilweise
165 Judenedikt (wie Anm. 162), §§ 1 bis 13, Zitat § 12.
166 Vgl. S. 35. – Die restriktive bayerische Ansiedlungs- und Familienpolitik
gilt nicht nur für Juden: Freizügige Ansässigkeit in
Bayern gibt es auch für Christen noch nicht, wenn es ihnen an
Vermögen mangelt. Als Alternative bleibt für Juden und Christen
oft nur Abwanderung und Auswanderung.
167 G. Döllinger, Sammlung, S. 7-13.
168 G. Döllinger, Sammlung, S. 233-238. Die vergleichsweise progressive
Verordnung des Großherzogtums Frankfurt über die
rechtliche Gleichstellung der Juden und die Ablösung aller Lasten
datiert vom 7. 2. 1811.
169 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8511; Statistische
Sammlung Nr. 617 (Ansässigmachungen im Untermainkreis
1817-1834/35, dabei solche über die Normalzahl in Bergrothenfels,
Rothenfels, Greußenheim und Karbach). Allgemein dazu
G. Döllinger, Sammlung, S. 31-76; R. Mehler, Matrikelbestimmungen,
S. 149-155. Letzterer widerspricht der in der Literatur
vorherrschenden Meinung, die Matrikelbestimmungen seien generell
restriktiv gewesen, und verweist auf die oft liberale Praxis
der Vergabe von Matrikelstellen und Ausnahmeregelungen
(S. 163-178).
170 M. Spindler, Handbuch, Bd. IV/1 S. 51.
34 Winfried Mogge
zu revidieren. 171 Diese Versuche werden vorbereitet
und begleitet durch einen zunehmenden politischen
und publizistischen Kampf jüdischer und christlicher
Intellektueller, die von der Gleichheit aller Menschen
träumen und die Ausgrenzungen einer jahrhundertelang
verfolgten Minderheit als Skandal empfinden.
Nach der Julirevolution 1830 in Frankreich und im
„Vormärz“, den Jahren vor der Märzrevolution von
1848, werden die Rufe nach völliger Gleichberechtigung
auch der Juden unüberhörbar. 172
Immerhin räumen die bayerische Verfassung von
1818 und das Gemeindeedikt aus demselben Jahr den
Juden in den Kommunen volle Rechte als Gemeindebürger
ein. 173 Und immerhin starten in Bayern flächendeckende
Aktionen, die Verhältnisse der jüdischen
Glaubensgenossen zu erfassen und zu begutachten
und so die Revision des Judenedikts vorzubereiten.
Für unsere Region heißt das: Die Königliche Regierung
des Untermainkreises in Würzburg fordert zunächst
den unteren Behörden jährliche Berichte über
die demografischen Zahlen und die wirtschaftlichen
und kulturellen Verhältnisse der Juden ab. Die israelitischen
Gemeinden, wie sie jetzt heißen, beantworten
selbst umfangreiche Fragebögen, die 1833 zu einem
Zahlenwerk zusammengefügt werden. Ausdrücklich
vorgesehen und nachgefragt sind dabei auch Beschwerden
und Verbesserungsvorschläge der Betroffenen
zu ihren bürgerlichen Verhältnissen. 174 Diese
Rückmeldungen werden, wenn auch in jahrelanger zäher
Arbeit, sorgfältig registriert und in Reformvorschläge
umgesetzt. 175
Aus Bergrothenfels kommt ein bemerkenswerter
Katalog von konkreten Beschwerdepunkten, der zugleich
ins Grundsätzliche geht. In den Orten, die ehe-
171 Vgl. R. Mehler, Matrikelbestimmungen, S. 7-15. Der Autor,
neuerer Forschungsliteratur folgend, unterscheidet zwei historische
Wege bei der Judenemanzipation: den liberal-revolutionären,
der die rechtliche Gleichstellung vollständig gewährt
und die weitere Integration dem freien Spiel der gesellschaftlichen
und ökonomischen Kräfte überlässt (z. B. Frankreich), und
den aufgeklärt-etatistischen mit schrittweisem Vorgehen und
Erziehungsanspruch der Regierung (z. B. Bayern).
172 Vgl. U. Gehring-Münzel, Emanzipation, S. 61-142.
173 Vgl. G. Döllinger, Sammlung, S. 77 f.
174 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 (Berichte des
Herrschaftsgerichts Rothenfels 1816 ff); Statistische Sammlung
Nr. 279 (Fragebogen mit Beschränkung auf die Familien mit
Matrikeleintrag), Nr. 280 (fol. 221-227: Fragepunkte über die
allgemeinen und bürgerlichen Verhältnisse der Israeliten; fol.
228-237: Erklärungen von Nathan Freudenberger zum Fragebogen
für die israelitische Gemeinde Bergrothenfels und Rothenfels,
7. 1. 1833). Ein hier nicht zu referierender Teil der
Ausführungen Freudenbergers ist eine mehrseitige Darstellung
der Grundsätze des jüdischen Glaubens. Die ebenfalls vorgegebene
Frage nach der Errichtung einer obersten kirchlichen Behörde
der israelitischen Glaubens Angelegenheiten beantwortet
er nicht, während die Karbacher Gemeinde die Einführung einer
solchen Behörde fordert.
175 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8540, 8541 (Anordnungen,
Korrespondenzen, Berichte und Zusammenfassungen
der Verhältnisse und Beschwerden der israelitischen Glaubensgenossen,
1833-36).
mals zum Hochstift Würzburg gehörten, so heißt es in
dem von Nathan Freudenberger unterzeichneten Papier
vom 7. Januar 1833, bestehen noch immer Verordnungen
aus dem Zeitalter der religions Intoleranz
und der Knechtschaft, deren Anwendung im Widerspruch
zur Reichsverfassung steht, indem die Verfassung
des Reichs einem jeden Staatsbürger ohne
Rücksicht auf Religion gleichartige Behandlung in der
Rechtspflege zusichert. Dabei geht es vor allem um die
noch immer bestehende Ungleichbehandlung von Israeliten
und Nicht-Israeliten bei Geld- und Handelsgeschäften.
176
Auch andere Belastungen und Widersinnigkeiten
werden genannt und zur Abschaffung vorgeschlagen:
die Neujahrsgeldzahlungen an den katholischen Stadtpfarrer,
die Fronleistungen und Beisassengelder an die
Kommune und die Schutzgeldforderungen des fürstlich-löwensteinischen
Rentamtes. Das alles, betont der
Verfasser, läuft noch immer weiter, obwohl die Juden
längst ordentliche Gewerbe ausüben und normale
Steuerzahler sind. Die Pflichten lasse man sie erfüllen,
doch von den staatsbürgerlichen Rechten schließe man
sie aus. Besonders unerträglich sind dem Schreiber die
Hindernisse bei der Niederlassung und Familiengründung,
also die Einschränkungen durch die Matrikelbestimmungen:
Wenn schon der Israelit allen Gesetzen vollen Genüge
geleistet, hat er seinen gesetzlichen Militär-
Dienste überstanden, und hat er alle Mitteln und
Fähigkeiten, sich bürgerlich zu ernähren, so kann er
seine Ansäßigmachung doch nicht erlangen, so die
Normal-Zahl überschritten werden soll. Außerdem
wird mit Recht als Beschwerde angeführt, daß alle
Israeliten von Staatsämtern ausgeschlossen sind.
Fazit: Wir tragen gehorsamst darauf an, uns den uebrigen
Staatsbürger[n] des Königreichs so wohl in der
Rechtspflege als wie in der Ansäßigmachung und
zwar in allen Orten wo auch bisher keine Israeliten in
denselben wohnten gleich zustellen und uns die Pforte
zur Zulassung der Staatsämter zu öffnen, und uns gnädigst
ein zulassen. 177
176 Konkret geht es um die 1623 und erneut 1699 verordnete Beurkundungspflicht
von Darlehensgeschäften und Handelsverträgen.
Demnach müssen Verträge von Juden mit Christen
gerichtlich angezeigt und protokolliert werden. Anderenfalls
können Geldforderungen von den Schuldnern bestritten und
vom Gericht abgewiesen werden. Einige Lockerungen wie die
Ausnahme von Beträgen unter 12 bzw. 25 Gulden ändern nichts
an der Belastung durch diese Vorschriften. – Ein anderer Punkt
der Rothenfelser Beschwerden ist das Verbot der (jahrhundertelang
zu beiderseitigem Nutzen praktizierten) Haltung von
Halbvieh. Das heißt: Tiere jüdischer Händler wurden gegen
Preisnachlass oder Nutzungsrecht und abschließende Teilung
des Ertrages zur Fütterung und Aufzucht bei christlichen Bauern
eingestellt. – Beide Verordnungen gelten als Civilrechtliche
Ausnahmegesetze der israelitischen Glaubensgenossen im Königreich
Bayern im Gebiet des ehemaligen Hochstifts Würzburg
zunächst fort. Vgl. G. Döllinger, Sammlung, Anhang S.
11-16, 21-23; I. König, Judenverordnungen, S. 56, 185-191,
199-201.
177 StAWü Statistische Sammlung Nr. 280 fol. 223, 230'-233.
Juden von Rothenfels 35
So fällt aus dem kleinen Rothenfels am Main, verkörpert
in der Person des jüdischen Gemeindesprechers
Nathan Freudenberger in Bergrothenfels, eine
vom Geist des „Vormärz“ geprägte Stimme in den
Chor der Emanzipationsforderungen ein. Dass der so
mühsam erkämpfte Prozess der Integration in die bürgerliche
Gesellschaft auch einschneidende Strukturveränderungen
des Landjudentums bis hin zur
Auflösung zahlreicher Gemeinden mit sich bringen
wird, ist zu dieser Zeit und an diesem Ort kein Thema.
178
1833 also werden in Bayern Daten erhoben und
Reformvorschläge gesammelt. Die aus dem ganzen
Land gebündelten Anträge werden nur langsam umgesetzt:
1849 mit der erstmaligen Wahl von Juden in die
bayerische Abgeordnetenkammer, 1850 mit einer zunächst
zurückgenommenen, im folgenden Jahr erfolgreichen
zivilrechtlichen Gleichstellung, endlich (durch
Landtagsabschied vom 10. November 1861) mit der
Aufhebung der Matrikelbestimmungen über Ansässigmachung
und Gewerbebetrieb. Es bedarf noch einer
ganzen Serie von Landes- und übergeordneten Bundesgesetzen
zur Freizügigkeit der Juden und zur
Gleichberechtigung der Konfessionen, bis mit dem
Beitritt Bayerns zur Verfassung des Deutschen Reiches
am 13. Mai 1871 die Israeliten tatsächlich
Staatsbürger mit vollen Rechten sind. 179
Alle diese Schritte zur Emanzipation gehen nicht
reibungslos vonstatten, sondern werden von heftigen
politischen, publizistischen und populistischen Protestbewegungen
konservativer Gruppierungen und zunehmend
antisemitisch begründeten Ausschreitungen
begleitet. In Bayern treten bürgerliche und kirchliche
Kreise 1849 einen Adressensturm los – organisierte
Proteste gegen die Judenemanzipation. Das Innenministerium
sammelt die Petitionen und wertet sie statistisch
aus, verlangt auch von den örtlichen Obrigkeiten
Berichte über die öffentliche Stimmung betr. Gleichstellung
der Israeliten. So sind wir über den Umfang,
die Urheber und die Motivationen der Bevölkerung in
den meisten Orten informiert. 180
Aus dem ehemaligen Amt Rothenfels berichtet
Joseph Georg Häcker als Leiter der Königlichen Gerichts-
und Polizeibehörde. Demnach wurden aus seinem
(19 Orte umfassenden) Bezirk nur zwei Adressen
gegen die Judenemanzipation abgesandt: aus Karbach,
organisiert vom Vorsteher der Nachbargemeinde
Marktheidenfeld, und aus Pflochsbach, ausgehend
178 Zum Emanzipationsprozess und seinen Folgen für das fränkische
Landjudentum vgl. L. Scherg, Jüdische Gemeinden, S.
149-154.
179 Vgl. U. Gehring-Münzel, Würzburger Juden, S. 499-523. Dazu
Judenedikt (wie Anm. 162), hier die Anmerkungen des Herausgebers
S. 418. Erst durch Gesetz vom 26. 3. 1881 werden in
Bayern die letzten für Juden noch bestehenden persönlichen
Sonderabgaben aufgehoben.
180 Vgl. J. F. Harris, The People Speak!, bes. S. 159-187 (Regierungsbezirk
Unterfranken).
vom dortigen Pfarrer. Man verhält sich in dieser Frage
überwiegend passiv: In keiner Gemeinde giebt sich
eine günstige Stimmung für die Judenemanzipation
kund. […] Doch wird aus diesem Anlaß weder eine
Feindseligkeit gegen die Juden verübt, noch sonst die
Ordnung in irgend einer Art gestört. 181
Die Vorbehalte, soweit sie überhaupt artikuliert
werden: Man befürchtet den Aufstieg von Juden in öffentliche
Ämter. Scharfe antisemitische Töne leistet
sich hier nur der katholische Pflochsbacher Pfarrer Johann
Adolph Kraus: So lange die Kinder Israels noch
auf ihr mosaisches Gesetz, oder ihren Talmud beharren,
kann keine bürgerliche und politische Gleichstellung
derselben von den hiesigen Einwohnern
gewünscht werden; lieber eine gänzliche Entfernung
derselben aus Deutschland nach Palästina, ihrer Herkunft.
182
Es gibt keine Selbstzeugnisse, wie die Juden von
Bergrothenfels und Rothenfels diese Kämpfe empfinden
und kommentieren. Sicher ist jedoch: Sie nehmen
die endlich erlangte Gleichstellung mit allen Rechten
für sich in Anspruch, in der Kommune wie im Staat.
Bei den Gemeindeversammlungen wie bei den Landtagswahlen
sind sie – jedenfalls die volljährigen steuerzahlenden
Männer – dabei. 183
10. Leben und Arbeiten in Rothenfels
Am 10. Oktober 1817 legt Nathan Isack vor dem
Herrschaftsgericht im Amtshaus der Burg Rothenfels
den Unterthans Eid auf den König und das Königreich
Bayern ab und bekommt die begehrte erste und einzige
Matrikelstelle für die Stadt. 184 Seinen neuen Familiennamen
Heil hat er bereits 1811 angenommen, als ein
Teil des alten würzburgischen Amtes Rothenfels für
wenige Jahre zum Großherzogtum Frankfurt gehörte.
Nathan Heil ist nun 64 Jahre alt und kann einen Würzburger
Schutzbrief von 1796 vorweisen. Er ist verheiratet,
hat vier Söhne und vier Töchter, die Großfamilie
181 StAWü Regierung von Unterfranken, Präsidialakten 325 (unpaginiert).
182 Wie Anm. 181 (Rothenfelser Bericht vom 21. 1. 1850, Anlagen
vom 18. und 19. 1. 1850). Die Adresse aus Pflochsbach, heißt es
in dem Bericht, wurde allerdings vom Pfarrer ohne jeden Auftrag
selbst gefertigt und nur von wenigen Einwohnern unterzeichnet.
Johann Adolph Kraus, 1847-1886 Pfarrer in
Pflochsbach am Main, trat auch als Kirchenhistoriker hervor,
u. a. mit einer Darstellung der Benediktinerabtei Neustadt am
Main (1856).
183 StadtAR 41-3, 41-4 (undatiert). Die vorliegenden Bergrothenfelser
Urwahllisten verzeichnen als Nachweis für die Wahlberechtigung
Steuerveranlagungen bis 1865/66, es handelt sich
also um die bayerische Landtagswahl 1866. Wahlberechtigt
sind hier die Bürger israelitischen Glaubens Nathan Freudenberger,
Hille Hamburger, Abraham Heil, David Heil und Benjamin
Herrmann.
184 Den Staatsbürgereid legen Israeliten im Beisein eines Rabbiners
zunächst auf die Bibel ab. Seit 1823 werden sie generell
nach jüdischem Ritus auf die Thora vereidigt. Vgl. G. Döllinger,
Sammlung, S. 24, 286 f.
36 Winfried Mogge
ernährt sich mit Vieh- und Warenhandel. 185 Vier Jahre
zuvor ist Nathan vom Berg ins Tal umgezogen und hat
dort ein Haus erworben. Während seine Söhne David
und Abraham später wieder in das Dorf gehen und als
Landwirte und Viehhändler arbeiten, bleibt Joseph als
Handelsmann in der Stadt. 186
1825 zieht Nathan sich aus dem aktiven Geschäft
zurück; er tritt dem Sohn Joseph zur Ansässigmachung
in Rothenfels seinen Schutzbrief, die mit 600
Gulden bewertete Hälfte seines Wohnhauses und
1.200 Gulden als Heimsteuer ab und stellt weitere 600
Gulden Bargeld in Aussicht. Josephs Einbürgerung
und die Geschäftsübernahme gelingen allerdings erst
im dritten Anlauf – der Stadtrat setzt der Konkurrenz
für die christlichen Krämer hartnäckigen Widerstand
mit immer neuen Verzögerungen entgegen. 187 1831
müssen dann Nathans Erben den umfangreichen
Nachlass des Patriarchen unter sich aufteilen. 188
Die Familie Heil gewinnt dank neuer Gruppen von
Schriftquellen Profil. Das sind zum einen zahlreiche
Einträge in den Grundsteuerkatastern, die die bayerische
Regierung zur Vereinheitlichung des Steuerwesens
landesweit anlegen lässt. 189 Zum anderen ist eine
sehr spezielle Quelle zur Rothenfelser Handelsgeschichte
erhalten – das von der Stadtverwaltung geführte
Vieh-Protokollbuch, zwar nur ein Stück aus
einer ehemals längeren Reihe, aber doch fast 50 Jahre
des 19. Jahrhunderts abdeckend. 190 In solchen Viehkontraktenbüchern
werden die Verkäufe von Nutzund
Schlachttieren genau protokolliert und treten anschauliche
Details zur Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur
eines Ortes oder einer Region hervor. 191
Im Fall Rothenfels sind die in unregelmäßigen Abständen,
oft an zwei Terminen im Monat, abgeschlossenen
Geschäfte verzeichnet, stets mit Ort und Datum,
185 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 fol. 255 ff; vgl.
D. Rosenstock, Judenmatrikeln, S. 191.
186 Vgl. S. 43.
187 StadtAR II 9/2 (Kontraktenbuch 1818-1833, unpaginiert), 20.
10. 1825; II 2/16 (Ratsprotokolle 1818-1823), 13. 6. und 1. 8.
1819; II 2/17 (Ratsprotokolle 1823-1828), 23. 10. und 30. 11.
1823. – Seit 1819 beantragt Nathan Heil die Ansässigmachung,
Schutzerteilung und Verehelichung seines Sohnes Joseph in Rothenfels.
Der Stadtrat häuft die Bedenken: Das Haus der Familie
Heil sei als offener Laden nicht geeignet, die Höhe der
Heimsteuer nicht gewiss, Joseph habe nur bei der Landwehr
und nicht beim Militär gedient, die Zahl der Judenfamilien in
der Stadt dürfe nicht vermehrt werden, es bestehe kein Bedarf
für ein weiteres Handelsunternehmen in der Stadt. Die Genehmigung
wird schließlich auf den Handel mit Ellenwaren (Stoffen,
Tuchen) beschränkt; Joseph Heil hatte auch die Erlaubnis
für rauhe Viehhäute und andere Landesprodukte beantragt. Erst
Jahre später zahlt er in Rothenfels 15 fl Bürgereinzugsgeld;
StadtAR III 11/77 (Gemeinderechnung 1832/33) S. 143.
188 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 (unpaginiert; 19.
4. 1831); StadtAR II 9/2 (25. 10. 1831). Von 1813 bis 1829/30
zahlt Nathan Heil in Rothenfels Beisassengeld bzw. Judengeld,
1830/31 und 1832/33 stehen Nathan Heils Erben dafür ein
(StadtAR III 11/50 bis 11/77).
189 Vgl. S. 40.
190 StadtAR II 9/1 (Vieh-Protokollbuch 1814-1861).
191 Vgl. B. Weinhold, Viehkontraktenbücher, passim.
Ausschnitt aus dem Rothenfelser Kontraktenbuch:
Vertrag der Erben Nathans Heils, 25. 10. 1831.
Unterschriften: Hajum Heß (in hebräischen Schriftzeichen),
Michael Kahn, David Heil für sich und
Joseph Heil, Abraham Heil, Giedel (hebräisch)), Giedel
Heil; zur Beglaubigung: Schleicher, Vorsteher.
Angabe der anwesenden Zeugen (in der Regel des
Stadtvorstehers), Namen des Käufers und des Verkäufers,
Beschreibung des Tieres, Preis, Barkauf oder
Zahlungsziel, Nachlass nach Landes Brauch und sonstigen
Konditionen. Gekauft und verkauft werden hier
keine Herden, sondern jeweils nur einzelne Tiere:
Kühe, Kälber und Ochsen; Pferde spielen in dieser armen
Gegend als Arbeitstiere fast keine Rolle. Käufer
sind Handwerker und Bauern aus Rothenfels und den
umliegenden Orten, Verkäufer meist jüdische, aber
auch christliche Händler aus der Stadt, aus Bergrothenfels,
Karbach, Ansbach, Erlenbach, Greußenheim,
Urspringen und Laudenbach, also dem Bereich des alten
Landamtes und darüber hinaus. In der Zeit von
1815 bis 1830 ist Nathan Heil (auch mit Verwendung
seines alten Namens Nathan Isack Heil) im örtlichen
Viehgeschäft dominant. Seine Söhne David und Abraham
treten die Nachfolge an. 192
Der Viehhandel ist jahrhundertelang eine der Existenzgrundlagen
der fränkischen Landjuden, bedingt
durch ihre Ausschließung von fast allen Berufen und
192 StadtAR II 9/1 (nur teilweise paginiert).
Juden von Rothenfels 37
begünstigt durch ihre landesweiten Vernetzungen. 193
Für Rothenfels gibt es einige wenige Hinweise, die etwas
aussagen über frühere Dimensionen des Handels
und auch über Probleme bei der Ausübung dieser Arbeit.
1752 werden Hirschlein von Bergrothenfels,
Moyses von Rothenfels und Pfeuffer von Karbach
vom fürstbischöflichen Revierjäger zu Greußenheim
angezeigt, weil sie ihr Vieh zur Mast in hochfürstliche
Waldungen getrieben haben. Es handelt sich um Herden
von jeweils 60 und 30 Stück. 194 Männlein von
Bergrothenfels und seine Söhne holen sich mehrmals
Rugstrafen ab, weil sie nicht nur einzelne Tiere, sondern
auch mal 14, 15 oder 28 Stück Vieh in der Flur
weiden ließen. 195
Konkurrenzkämpfe mit den Einwohnern um Viehweiden
und Viehwege, anderenorts an der Tagesordnung,
deuten sich in Rothenfels bei den geschilderten
Bemühungen der Stadtoberen zur Ausweisung der Juden
an. Der Viehhandel, der ein besonderes Vertrauensverhältnis
der Vertragspartner erfordert und zudem
obrigkeitlich scharf kontrolliert wird, verläuft hier
weitgehend konfliktfrei; nur selten kommt es zum
Streit etwa wegen eines kranken Tieres. 196 Für den Fall
einer gerichtlichen Auseinandersetzung gibt es besondere
Eidesformeln: Der christliche Vertragspartner
schwört zu gott und seinen lieben Heiligen, der jüdische
auf Adonaÿ Ewiger allmächtiger gott ein Herr
über alle Melachim ein eintziger gott meiner Vätter,
der du uns die heilige Thora gegeben hast. 197
In anderen für Juden bislang zugänglichen Handelssparten
wird es zunehmend eng und sorgen die
christlichen Kleinunternehmer für die Ausschaltung
der Konkurrenz. Das wird deutlich bei einem Vorgang
von 1804/08, als sich zunächst Jüdlein Salomon aus
Karbach und dann sämtliche Krämer und Juden dieses
Ortes bei der nunmehr fürstlich-löwensteinischen Regierung
beschweren, weil ihnen der bisherige Seifen-,
Lichter- und Ölhandel in der Stadt Rothenfels verboten
wurde. Salomon beklagt gar den völligen Verlust
seines Einkommens. Ihm wird kühl mitgeteilt, dass die
Seifensiederei in Rothenfels als zünftiges Gewerbe
193 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 201 f; B. Rösch, Judenwege,
S. 204-221.
194 StAWt-R Rep. 26h Nr. 71.
195 StadtAR II 2/11 S. 226, 496 f, 650, 658, 662.
196 StadtAR II 2/11 S. 23.
197 StadtAR II 2/10 S. 24-26. Es handelt sich im konkreten Fall um
eine Klage des Juden Oscher aus Karbach gegen Joseph Roth
aus Rothenfels wegen eines Ochsenkaufes, verhandelt vor dem
Stadtgericht am 12. 4. 1763. Der Streit wird zugunsten von
Oscher entschieden. Wortlaut des Judeneides bei P. Kolb, Chronik,
S. 371 f Anm. 381. – Der mit drastischen Formulierungen
nicht eben sparsame Judeneid gipfelt in dem Satz über Strafen
im Falle eines unrechten oder betrügerischen Schwures: […] so
seÿe ich beraubt aller gnadten des ewigen gottes und mir werden
aufferlegt alle straffen die und fluch die gott denen Verfluchten
Judten aufferlegt hat [...].Dieser Satz hält sich noch in
der Eidesformel für Juden im Königreich Bayern: Mir sollen
auferlegt werden alle Strafen und Flüche, die Gott den verfluchten
Juden auferlegt hat. Vgl. G. Döllinger, Sammlung, Anhang
S. 9.
verfasst wurde, zu dem er als Jude nicht zugelassen
sei. 198
Der Ausschluss von der Zunftorganisation ist also
nach wie vor das erprobte Mittel, Juden von Handwerksberufen
fernzuhalten. Auch das herkömmliche
Kreditgeschäft, das ihnen so lange den Ruf und Hass
als Wucherer eingetragen hat, mussten die Juden
längst an christliche Unternehmer abgeben. In den Rothenfelser
Unterlagen ist im 19. Jahrhundert jedenfalls
keine Rede mehr von jüdischen Geldverleihgeschäften,
ausgenommen die Gewährung von Kleinkrediten
bei Viehverkäufen. Das Judenedikt von 1813 schneidet
diese und andere traditionelle Erwerbszweige ab –
und eröffnet zugleich ein weites Feld neuer Betätigungen,
das für die aussterbenden Rothenfelser Juden
aber kaum noch in Frage kommt.
Zur Erfassung der allgemeinen und bürgerlichen
Verhältnisse der Juden in Bayern lässt die Regierung,
wie bereits berichtet, 1833 umfangreiche statistische
Daten sammeln. Für die Stadt Rothenfels wird in diesem
Stichjahr nur noch eine Familie und ein einziges
jüdisches Kleinunternehmen – ein Kramhandel im offnen
Laden – gemeldet. 199 Das Bild ändert sich gegen
Ende des 19. Jahrhunderts noch einmal kurz und eher
kläglich. Ganze drei für wenige Jahre gemeldete kleine
Gewerbe haben sich hier auf Schnittwaren (Textilien)
verlegt. Die Handlung von Joseph Heil wird 1874
geschlossen, die eines Abraham Heil (nicht identisch
mit Josephs gleichnamigem Bruder) 1879, beide wegen
Todes der Inhaber und von den Witwen nicht fortgeführt.
Das Geschäft von David Grünewald endet
1887 wegen Wegzugs der Familie nach Karbach. 200
Die Lage ist eindeutig: Für jüdische Bewohner ist
dieser Ort nicht mehr attraktiv, auch eine israelitische
Kultusgemeinde hat hier keine Existenzgrundlage
mehr. 201
11. Leben und Arbeiten in Bergrothenfels
Wann die erste jüdische Familie im Dorf Bergrothenfels
ankommt, lässt sich nicht feststellen. Die für die
Stadt Rothenfels so nutzbringend herangezogenen
Zahlenwerke des 17. Jahrhunderts schweigen sich hier
aus, ebenso die Ratsprotokollbücher. Die erste bekannte
und sozusagen amtliche Nachricht stammt aus
dem Jahr 1720, aus der Auflistung aller Einwohner des
Hochstifts Würzburg anlässlich der Erbhuldigung des
Fürstbischofs Johann Philipp Franz von Schönborn.
Da wird für Bergrothenfels ein Jud Wolff genannt,
198 StAWt-R Rep. 100e Nr. 38, Nr. 47.
199 StAWü Statistische Sammlung Nr. 279. In einem zeitgleichen
Formular im selben Vorgang (Nr. 280) wird in Rothenfels überhaupt
kein jüdischer Betrieb registriert. Zutreffend ist ein Betrieb:
Joseph Heil wird für seine Handelschaft zur Steuer
veranlagt.
200 StadtAR IV 8/5, IV 8/6, II 10/3; vgl. unten S. 58.
201 Vgl. unten S. 57 f.
38 Winfried Mogge
über den sonst nichts zu erfahren ist. 202 Zehn Jahre
später werden die Namen Schlomm und Behrlein aufgeführt,
bald darauf noch Itzig. 203 Die Szene ändert
sich rasch durch Wegzug und Tod.
Die Zahl der Bergrothenfelser Juden vermehrt sich
schlagartig durch die Ausweisungen von Perlein
(1734), Männlein (1736), Moyses Berl und Nathan
Hirsch (1749/50) aus Rothenfels. 204 Als sie nicht gänzlich
fortgejagt, sondern zu gnadten noch auf den berg
transmittiret werden, behalten sie ihren Status als
Schutzjuden. 205 Im Dorf ziehen sie nicht nur ihre eigenen
Nachkommen groß, sondern auch minderjährige
Kinder verstorbener Verwandter. 206 Für kurze Zeit
(1763) tritt hier außerdem ein Schutzjude Sender oder
Sendter auf, der mit Streitigkeiten um Geld- und Holzgeschäfte
aktenkundig wird. 207
Als eine Folge des Einschnittes von 1750 bilden
die Berger ihre eigene, von den Glaubensgenossen in
der Stadt abgelöste Kultusgemeinde. 208 Diese neue
Konstellation erhellt aus einem Vorgang von 1772/73,
als es strittig um die Judenschulen in der Stadt und im
Dorf geht. 209 Zu diesem Zeitpunkt leben in Bergrothenfels
vier Familien mit Würzburger Schutzbriefen:
Schlommel (oder Schlummel), Männlein (jetzt in zweiter
Generation, auch Moises Männlein genannt) und
des letzteren Söhne Nathan und Abraham. 210 Sie alle
ernähren sich vom Waren- und Viehhandel; Schlommel
gilt als verarmt und wird von Männlein unterstützt,
alle anderen sind vermögend. Von Konflikten
mit der christlichen Bevölkerung wissen die schriftlichen
Quellen der Zeit nichts zu berichten.
Der politische Umsturz von 1802/03 und der
schrittweise Übergang der unterfränkischen Region an
Bayern macht sich selbstverständlich auch für die Juden
in Bergrothenfels bemerkbar. Das Judenedikt von
1813 gilt in den neuerworbenen bayerischen Landes-
202 StAWü Standbuch Nr. 933 fol. 519. – Die handschriftliche
Ortsgeschichte von Bergrothenfels (1913 begonnen von Volksschullehrer
Anton Göpfert), kennt nur vereinzelte Hinweise auf
Juden ohne Quellenangaben (StadtAR 43-2, S. 21). Vgl. die allgemeinen
Bemerkungen zur Stadt- und Pfarrchronik in Anm.
52.
203 StAWü Standbuch Nr. 937 fol. 1603 (1731); StAWt-R J 2 Nr. 8
(um 1731); StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (1750).
204 Vgl. S. 24-26, 67.
205 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (19. 1. 1736); StAWü Gebrechenamtsakten
VI W 292 (1751).
206 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; Anlagen 1734-36).
207 StadtAR II 2/10 S. 17-19, 28-32, 48 f, 104.
208 Vgl. S. 48.
209 Vgl. S. 48 f.
210 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2. Dazu StAWü Gebrechenamtsakten VI
W 292 (unpaginiert, 1751): Die Namen werden bestätigt durch
eine Verhandlung vor dem Oberamtmann Joseph Christian
Lochner von Hüttenbach. Der verlobte Jud Nathan hiesiger
Schutz Jud (es handelt sich wohl um den Sohn Männleins) hatte
den Stadtschultheißen zu Wertheim und einige dortige junge Juden
verklagt, die ihm bei einem Verwandtenbesuch in Wertheim
gewaltsam einen ungerechtfertigten Brautzoll abgenommen hatten.
Zu den religionsgeschichtlichen Hintergründen werden gehört:
Israël Kohn hiesiger Reba und Judten Schulmeister und
Judt Schlumel und Männlein beede Schutz Judten von Berg.
teilen erst ab 1816. Die mögliche Freude über diesen
ersten Schritt hin zur bürgerlichen Gleichstellung wird
stark getrübt durch die Einführung der Matrikeln im
folgenden Jahr, erlebt als restriktive Maßnahme zur
Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Juden. 211
Bergrothenfels bekommt nur zwei Matrikelstellen
zugeteilt. Am 10. Oktober 1817 werden deren Inhaber
auf König und Vaterland vereidigt und ihre familiären
und finanziellen Verhältnisse abgefragt und protokolliert.
Eine Kuriosität der Bürokratie: In die Liste werden
die beiden bereits verstorbenen Familienväter
eingetragen. Ihre neuen Familiennamen hatten sie
schon 1811 bei der Vereidigung auf das Großherzogtum
Frankfurt angenommen. Nathan Hirsch hieß seitdem
Nathan Herrmann und Moises Männlein wurde
zu Moises Freudenberger. Vor dem Herrschaftsgericht
erscheinen nun als Vertreter der Familien deren älteste
Söhne zur Zeremonie. 212
Isaak Nathan (Herrmann) teilt den Tod seiner Eltern
mit. Er ist 26 Jahre alt und der älteste von zwei
Brüdern und vier Schwestern. Die Familie besitzt
einen fürstbischöflichen Schutzbrief von 1773 und betreibt
Warenhandel.
Nathan Moises (Freudenberger), 30 (?) Jahre alt,
hat eine 64jährige Mutter und zwei (wahrscheinlich
unverheiratete) Schwestern im Hause. 213 Mit einem
Schacherhandel (Hausier- und Tauschhandel) ernährt
er die Familie, die einen Würzburger Schutzbrief von
1782 vorweist. Nathan Freudenberger fällt in den
nächsten Jahrzehnten auf als gewandter Sprecher der
kleinen jüdischen Gemeinde von Bergrothenfels und
Rothenfels und unerschrockener Vorkämpfer für die
Bürgerrechte seiner Glaubensgenossen.
Falls die Familien Herrmann und Freudenberger
ihre Eintragung in die Matrikeln gefeiert haben sollten,
wäre dies verfrüht gewesen. Einige Tage nach der
Zeremonie gibt es eine Korrektur durch die Königliche
Kreisregierung in Würzburg. Die alten fürstbischöflichen
Schutzbriefe, so der Befund, nun
Voraussetzung für die neue Qualität als Staatsbürger,
galten und gelten üblicherweise auch für die Witwen
der Verstorbenen, nicht aber für die Kinder. Fazit: Die
Matrikeleinträge für Nathan Hirsch (Herrmann) und
Moises Männlein (Freudenberger) werden für ungültig
erklärt, stattdessen wird allein die Witwe Giedel
Männlein (Freudenberger) eingetragen und vereidigt.
Alle anderen Angehörigen bleiben immerhin als Beisassen
im Dorf akzeptiert. 214
Die Behörden beobachten und reglementieren die
211 Vgl. R. Flade, Würzburger Juden, S. 71 f; D. Rosenstock, Judenmatrikeln,
S. 13-23.
212 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 fol. 255 ff; vgl.
D. Rosenstock, Judenmatrikeln, S. 192.
213 Demnach wäre Nathan 1787 geboren. Laut Personenstandsregister
ist er 1868 mit 84 Jahren gestorben, also 1784 geboren
(StAWü Jüdische Standesregister 114).
214 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 fol. 263 f; Stadt-
AR 311-6 ff (Jahresrechnungen 1823/24 ff).
Juden von Rothenfels 39
weitere Entwicklung der Verhältnisse der
Juden selbstverständlich auch in Bergrothenfels.
Die bereits zitierte Statistik für
das Herrschaftsgericht (das frühere Amt)
Rothenfels ergibt: Im Stichjahr 1833 leben
hier in vier Orten 38 israelitische Familien
(oder 182 Seelen), davon nur eine
in Rothenfels (drei Seelen) und drei in
Bergrothenfels (15 Seelen). In der Stadt
wird in der Zeit nur noch ein jüdischer
Handelsbetrieb registriert, im Dorf gibt
es einen selbstständigen landwirtschaftlichen
Betrieb, einen Groß- und Detailhandel
und einen Hausierhandel. 215 Die
Zahlen sind insofern irritierend, als in
Bergrothenfels weitere Familien und
Einzelpersonen zugezogen sind und geduldet werden.
Die Namen der Familienvorstände oder Beisassengeld
zahlenden jüdischen Männer im Dorf lauten zu
der genannten Zeit: Nathan Freudenberger; David
Heil; Amsel (Anschel), Benjamin, Löb (Löw, Leb) und
Oschel Hamburger sowie Benjamin, Isaak, Jakob und
Nathan Herrmann. 216 Außerdem wohnen hier einige
Waisen, Witwen und ledige Verwandte, die weder zur
politischen noch zur jüdischen Gemeinde zählen. Die
Verwandtschaftsverhältnisse gehen aus den wenigen
überlieferten Daten nicht immer hervor. 217 Zu den erklärten
Zielen der bayerischen Judenpolitik zählt es,
die Israeliten zu bürgerlichen Nahrungszweigen zu erziehen
und von dem ihnen bislang aufgezwungenen
Noth- und Hausirhandel abzubringen. 218 Die Obrigkeiten
führen auch im Amt Rothenfels genaue Aufzeichnungen
über die jährlich vergebenen Konzessionen für
215 StAWü Statistische Sammlung Nr. 280; vgl. die Tabellen S. 60
und 61.
216 StAWü Statistische Sammlung Nr. 280 fol. 228'; Regierung von
Unterfranken Nr. 8663 (19. 4. 1831). Das volle Gemeindebürgerrecht
hat zu der Zeit in Bergrothenfels und Rothenfels nur
David Heil, der Betreiber der selbstständigen Ökonomie (das
heißt: eines landwirtschaftlichen Betriebes). Die Familien Freudenberger,
Heil, Hamburger und Herrmann sind in den Bergrothenfelser
Jahresrechnungen als Steuerzahler vielfach genannt:
StadtAR 311-5 (1822/23) bis 311-33 (1850/51), dazu auch die
Urkunden zu den Jahresrechnungen: StadtAR 312-1 (1819/20)
bis 312-13 (1833/34). – Nathan Freudenberger wird mehrmals
noch mit seinem Vaternamen Moses bezeichnet. Die jüdische
Familie Herrmann ist nicht zu verwechseln mit gleichzeitigen
gleichnamigen christlichen Familien in Bergrothenfels.
217 StAWü Jüdische Standesregister 114; dazu die Jahresrechnungen
StadtAR 311-5 bis 311-33 und die Heberegister StadtAR
IV 9/10 bis IV 9/18. Nachweisbar sind mit Hilfe der Beisassengelder
außerdem Löb Hamburgers Witwe Giedel (1835/36 bis
1848/49) und Löb Hamburgers Kinder (1849/50). – In Bergrothenfels
zahlt jeder jüdische Haushalt jährlich 4 Gulden, ab
1824/25 nach rheinischer Währung 1 Gulden 40 Kreuzer. Die
für fast drei Jahrzehnte verzeichneten Beisassen- oder Judengelder
hören generell 1851 auf. Danach ist nur noch ein jüdischer
Neuzugang (Nathan Kahn 1870) mithilfe der
Bürgeraufnahmegelder bzw. Heimathgebühren nachweisbar;
vgl. Anm. 343.
218 Zur wechselvollen Geschichte des jüdischen Hausierhandels im
Hochstift Würzburg zwischen Verbot und Zwang vgl. I. König,
Judenverordnungen, S. 53-58, 196-199.
Verhältnisse im Herrschaftsgericht Rothenfels (1822-1825)
1822/23 1823/24 1824/25
Judenfamilien im Bezirk ansässig 36 37 36
Seelen 171 178 184
Hausierpatente erteilt 21 18 14
Schulpflichtige Kinder 25 22 34
Jünglinge in Handwerkslehre 4 6 7
Jünglinge in Gesellenausbildung - - 4
Quelle: StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663
Hausierer – und erste Erfolgsmeldungen über jüdische
Lehrlinge und Gesellen in Handwerksberufen. 219 Bis
zur Umsetzung der berufsbezogenen Bestimmungen
des Edikts von 1813 soll noch viel Zeit vergehen, und
auch die Bergrothenfelser Familien werden mehrmals
ausdrücklich auf die Verbote des Hausierhandels und
der Mäckelei und Unterkäuferei verwiesen und verpflichtet.
220
Die Einschränkung traditioneller Erwerbszweige
betrifft hier freilich bald niemanden mehr – die hiesigen
Juden haben sich auf Landwirtschaft und im Sinne
der Gesetzgebung erlaubten Handel verlegt. 221 Nur die
Familien Hamburger und Herrmann handeln noch als
Reisende mit Ellenwaren (Stoffen). 222 Aus dem Rahmen
fällt Hänlein (Hille, Hila) Hamburger, der letzte
seiner Familie in Bergrothenfels, der als gelernter
219 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663; dazu auch Stadt-
AR II 8/3 S. 153. Dazu passt zeitlich und inhaltlich ein Bericht
des Pflegschaftsausschusses der Gemeindeverwaltung von
Bergrothenfels an das Fürstliche Herrschaftsgericht vom 15. 9.
1830 über die beruflichen Verhältnisse der Israelitten; gemeldet
wird ein Ackerbauer, nebenher Viehhändler [David Heil] und
ein schulentlassener Handwerker, der in Kleinwallstadt zum
Buchbinder ausgebildet wird [Hänlein Hamburger] (StadtAR
21-1 S. 686 f). – Die Hausierpatente werden jährlich gegen
Vorlage von Leumunds- und Vermögenszeugnissen überprüft
und erneuert. Bei der Konzessionserteilung gibt es zunächst
Übergangsregelungen für Familienväter, die nichts anderes gelernt
haben als den Hausierhandel. Eine kleine Statistik von
1824/25 (StAWü Statistische Sammlung Nr. 617 fol. 74) zeigt,
dass der Klein- und Kramhandel als Broterwerb der Landjuden
noch länger dominiert. Die im Berichtsjahr zur Ansässigmachung
im bayerischen Untermainkreis zugelassenen 77 Juden
sind: Händler und Krämer (22), Feldbauern (16), Metzger (11),
Seifensieder und Lichterzieher (8), Schneider (4), Tuchmacher
(3), Rotgerber (3), Schuster (2), Weber (2), Kürschner (1),
Weißgerber (1), Sattler (1), Privatlehrer (2), Vorsänger (1).
220 StadtAR 21-3 (19. 10. 1845), 24-5 (14. 11. 1855); vgl. P. Kolb,
Bergrothenfels, S. 35 f. Die Verordnungen des Landgerichts
werden jeweils der gesamten Gemeindeversammlung vorgelesen,
dann gesondert den Israeliten und von diesen im Protokollbuch
der Gemeindeverwaltung unterschrieben.
221 Vgl. S. 40.
222 StAWü Statistische Sammlung Nr. 618 (Verzeichnis der hausierenden
Juden). Die letzten Konzessionen (für Benjamin Herrmann
und Löb Hamburgers Witwe Giedel) für den
Hausierbezirk Rothenfels stammen von 1831 und 1833.
40 Winfried Mogge
Buchbinder arbeitet. 223 Mit angemeldetem Gewerbe
kommt regelmäßig der koschere Metzger Maier Freudenreich
aus Urspringen ins Dorf. 224 Erhebliche Probleme
jedoch bereiten den Behörden ortsfremde
Hausierer namentlich aus Karbach und Urspringen,
die ohne Konzession mit Schnitt- und Ellenwaaren
und überhaupt mit Waaren angeblich gegen Bestellung
auch im Rothenfelser Bezirk umherziehen; das Königliche
Landgericht droht mit Polizeiarrest und Beschlagnahme
und verpflichtet die Gemeindevorsteher
zur scharfen Aufsicht. 225
Das bayerische Edikt hat den Juden unter anderem
die (fast) freie Berufswahl und den Erwerb von Grund
und Boden eröffnet. Die Familien Freudenberger und
Heil nutzen diese neuen Möglichkeiten alsbald und
kaufen Häuser und Land vor allem in Bergrothenfels.
226
Die ersten Juden, die hier als Oeconomen – das
heißt selbstständige Landwirte – arbeiten, sind David
und Abraham Heil. David zieht 1826 von der Stadt
hinauf ins Dorf, erwirbt hier die zu der Zeit einzige
vergebene Matrikelstelle, Abraham folgt 1846.
Bergrothenfels hat sich 1822 aus dem Gemeindeverband
mit Rothenfels und Windheim gelöst und eine eigene
Kommune gebildet; der junge David Heil muss
also als erster den neuen Gemeinderat überzeugen,
dass er bereits über Haus- und Grundbesitz im Dorf
und ein beträchtliches Geldvermögen verfügt und so
alle Voraussetzungen für das Bürgerrecht nach dem
Judenedikt erfüllt. Er hat Feldgüter nicht nur angekauft,
sondern auch selbst bewirtschaftet und durch
seinen Fleiß bewiesen, daß er sich als Bauersmann
ernähren kann. 227 Der jüngere Bruder, zum Start eben-
223 StadtAR 48-5 (unpaginiert), 24. 3. 1887. Am 23. 3. 1887 stirbt
der ledige Buchbinder Hila Hamburger, geboren am 18. 10.
1814, Sohn von Löb und Giedel Hamburger (VG Marktheidenfeld,
Standesamt Bergrothenfels, Sterberegister Bd. II). Im selben
Monat werden Hänlein Hamburgers Mobilien versteigert
(StadtAR 41-45, Versteigerungs-Anzeige für den 31. 3. 1887).
224 StadtAR 48-5 (unpaginiert), 19. 9. 1889 und 26. 3. 1890 mit
Abmeldung des Gewerbes in Bergrothenfels.
225 StadtAR II 8/3. In dem Erlass vom 16. 9. 1860 heißt es: Dieser
Unfug beeinträchtigt die ordentlichen Gewerbsberechtigten
und belästigt die Einwohner, sowie auch in der Regel Uebervortheilungen
mit unterlaufen.
226 Vgl. S. 43, 45 f.
227 StadtAR 21-1, S. 547-550 (18. und 20. 10. 1826). Der Gemeinderat
hat zunächst Bedenken gegen die Aufnahme nach Bergrothenfels,
weil dadurch die Anzahl der jüdischen Familien im
Ort vermehrt wird, stellt jedoch fest, dass die Vermögensausstattung
des Antragstellers und seine Absicht, als Bauersmann
zu arbeiten, dem Sinne des Judenedikts entspricht. David Heils
Grundvermögen wird auf 1.485 fl 30 kr beziffert; es wurde ihm
vom Vater Nathan Heil als Heimsteuer übertragen. Der Pflegschaftsausschuss
von Rothenfels bestätigt, Davids Aufführung
sei undatelhaft. Vom Militärdienst wurde er 1823 dispenciert.
Ab 20. 11. 1826 ist er Bürger und Ortsnachbar von Bergrothenfels
(StadtAR 21-1 S. 163, 254 f, 548-550). 1829 plant er die
Verehelichung mit Lea Stern aus Rottenbauer (heute Ortsteil
von Würzburg), die aus ungenannten Gründen nicht zustande
kommt. Am 17. 8. 1831 heiratet er die Handelsmanntochter Rosetta
(Rosel) Stern aus Miltenberg, die 800 fl als Mitgift in die
Ehe einbringt (StadtAR 21-1 S. 163, 254 f; StAWü Jüdische
falls von der Familie mit Grundstücken und Kapital
ausgestattet, hat dann keine Mühe, die Ansässigmachung
zu erreichen. Der Gemeinderat stellt lobend
fest: Abraham Heil hat in diesem Frühjahre [1846]
mit besonderem Fleiße seinen Grundbesitz bestellt,
sich selbst thätig bewiesen, geackert gesäet etc. und
blos dabei einen Knecht beigezogen. Sein Viehstand
besteht in zwei tüchtigen Arbeitsochsen und einer
Kuh. 228
Die Brüder Heil bewirtschaften zwei benachbarte
Höfe. Systematisch erkaufen und ersteigern sie von
alteingesessenen Familien und von der Kommune
Gärten, Wiesen, Äcker und Waldstücke. Ihr umfangreicher
Besitz lässt sich dank der inzwischen eingeführten
Grundsteuerkataster genau rekonstruieren;
zum Schluss sind es insgesamt fast 160 Positionen in
der Bergrothenfelser Flur, teils in besten Lagen und
mit großen Parzellen auch aus ehemaligem Land der
Burg. 229 Im Grundsteuerkataster und im Standesregister
steht als Berufsbezeichnung der Brüder Bauer. Solche
Zeilen sollte man nicht überinterpretieren, aber
vielleicht schwingt dort die Genugtuung mit, ein Ziel
erreicht zu haben, das den Glaubensgenossen jahrhundertelang
verwehrt war.
Neben der Landwirtschaft bleibt der traditionelle
Viehhandel ein wichtiger Erwerbszweig der Bergrothenfelser
Juden. Auch für das Dorf hat sich ein Viehkontraktenbuch
erhalten, das 34 Arbeitsjahre um die
Mitte des 19. Jahrhunderts mit Namen und Daten dokumentiert.
Bis 1854 ist David Heil in diesem Geschäft
dominant, gefolgt von seinem Bruder Abraham,
doch auch andere jüdische und christliche Viehhändler
sind hier häufig aktiv. 230
Handelsmann nennt sich der mit der Familie Heil
verwandte Viehhändler Nathan Kahn, der letzte jüdische
Neuzugang im Dorf, selbst aufgewachsen in einer
geschützten adeligen Enklave in Steinbach bei
Lohr. Als er 1896 nach Lohr geht und dort das Bürgerrecht
erwirbt, endet die Geschichte des jüdischen Lebens
und Arbeitens in Bergrothenfels. 231
Standesregister 114). Der Gemeinderat protokolliert bei der (für
Juden und Christen obligatorischen) Erlaubnisprozedur: […] so
ist es gar nicht zu bezweifeln, daß Supplikant [sich] als ein
rechtschaffener Bürger ernähren würde.
228 StadtAR 21-3 (unpaginiert, 1. 5. 1846). Am 20. 10. 1847 heiratet
Abraham Heil die Weinhändlerstochter Hanna Lindheim aus
Marktsteft (StAWü Jüdische Standesregister 114).
229 StAWü GrStKat Rothenfels: Grund-, Saal- und Lagerbuch Bd.
V fol. 1091, 1094; GrStKat Bergrothenfels: Grund-, Saal- und
Lagerbuch Bd. IV fol. 1062-1105, 1171-1206; Renoviertes
GrStKat Bd. I S. 7 f, 137-145, 149-158. Die Erwerbungen der
Brüder Heil datieren laut Grundsteuerkataster von 1826 bis
1856. Ergänzende Bestätigungen für den Hausbesitz bietet das
Grundbuch der Brandversicherung, begonnen 1830 (StadtAR
40-1). Ein genaues Verzeichnis der Grundstücke lassen sich David
und Abraham Heil anlässlich einer Aufteilung des zunächst
gemeinsamen Besitzes 1845 protokollieren (StadtAR 25-4, unpaginiert).
230 StadtAR 25-3 (Protokoll über die Vieh-Contracte zu Bergrothenfels,
1840-1874). Vgl. S. 36.
231 Vgl. S. 55 f und die Stammtafel S. 70.
Juden von Rothenfels 41
42 Winfried Mogge
12. Häuser der Juden
Der Grundriss der Kernstadt Rothenfels kündet noch
von der mittelalterlichen Burgsiedlung, die heutige
Bausubstanz stammt jedoch aus nachmittelalterlicher
Zeit. Sie wird geprägt von Bürgerhäusern und Gemeinschaftsbauten
des 16. bis 18. Jahrhunderts, von
Renaissance und Barock. 232 Da ist es müßig, nach baulichen
Spuren der ersten Judengemeinde zu suchen.
Auch schriftliche Zeugnisse oder archäologische Befunde
liegen dazu nicht vor.
Einige Wohnstätten der neuzeitlichen jüdischen
Gemeinde lassen sich mit urkundlichen Nachrichten
einkreisen, aber nicht genau lokalisieren, andere in
heute noch bestehenden Anwesen wiederfinden. Aus
dem Neubeginn während des Dreißigjährigen Krieges
gibt es nach heutigem Wissensstand nur eine dürre
Mitteilung von 1646: Die Vermietung eines reparaturbedürftigen
Hauses aus dem Besitz des Rothenfelser
Julius-Spitals an einen Juden Jöstlein. 233
Eine weitere, indirekte Information – nun schon
aus der Nachkriegszeit – verdanken wir einer Urkunde
vom 14. Juli 1677. Es geht um einen Besitz der Familie
Voit von Rieneck noch aus mittelalterlicher Zeit:
ein Haus innerhalb der Rothenfelser Stadtmauern samt
Hof und Garten, dazu einige Felder und Wiesen und
Krautgärten im Umland. Anna Maria Fuchs von Dornheim,
eine geborene Voit von Rieneck, erbt diesen
Komplex – und verkauft ihn im folgenden Jahr an das
Hochstift Würzburg. Das Gebäude, und darauf kommt
es in unserem Zusammenhang an, ist an einen Juden
vermietet: Aus der Voitischen Behausung gibt der Judt
Moÿses zue Haus Zins Jehrlich 5 fl [Gulden]. 234 Zweifellos
handelt es sich um den Moÿses, der in dieser
Zeit in und um Rothenfels als Händler agiert und auch
der Jud am Mainthor genannt wird. 235
Dieses ehemalige Adelshaus lag demnach in der
Nähe des (1841 abgebrochenen) Maintores (oder
Fahrtores), durch das man zur Fähre nach Zimmern
gelangte, also unterhalb des Platzes der Kirche und
des Spitals. Von hier bis zum südlichen Stadtausgang
befand sich im Mittelalter in einem eigenen Quartier
eine Gruppe adeliger Häuser, von denen keine Reste
mehr erhalten sind. Die neuzeitliche Bebauung an die-
232 Der Stadtplan (Abbildung S. 41) ist ein Ausschnitt aus der „Uraufnahme“
von 1843 (Landesamt für Digitalisierung, Breitband
und Vermessung, München, NW.085.61c). Eine farbige Abbildung
und ausführliche Erläuterungen finden sich bei W. Mogge,
Stadt Rothenfels, S. 13 f. Die Identifikation der alten Hausnummern
erleichtert ein Häuserverzeichnis mit Konkordanz bei der
Stadtverwaltung Rothenfels. – Zur Baugeschichte von Rothenfels
vgl. A. Feulner, Kunstdenkmäler, S. 97-109; M. Petzet,
Denkmäler in Bayern, Bd. VI S. 200.
233 P. Kolb, Juliusspital-Stiftung, S. 147 (aus der Spitaljahresrechnung
1646). Vgl. oben S. 19.
234 StAWt-R US 1677 Juli 14 (Specification), US 1678 März 9
(Kaufbrief); StAWü Libri diversarum formarum Nr. 50 fol.
1273-1281. Vgl. P. Kolb, Chronik, S. 157 f.
235 StadtAR IV 3/4 S. 70, 76; vgl. Anm. 88.
ser Stelle stammt aus dem 18. und 19. Jahrhundert, da
sind keine Rückschlüsse auf frühere Anwesen möglich.
236
Für die jüdischen Wohn- und Geschäftshäuser der
nächsten Generationen finden sich keine direkten
Nachweise vor Ort. Der 1736 ausgewiesene Männlein
verliert bei der von den Stadtoberen betriebenen Enteignung
sein von meinen gros und Elteren etlich und
20 Jahr ruhig besessenes wohnhaus. 237 Leider nennt er
bei seiner Klage keine Namen, so dass wir nicht wissen,
wer seine Vorfahren sind, und auch die Lage des
ererbten Hauses bleibt uns verborgen. Auch das zur
selben Zeit von der Stadt eingezogene bürgerliche
Haus, das Nathan seinem Sohn Perlein vererbt hat,
lässt sich nicht lokalisieren. 238 Da die Ratsherren so intensiv
die Rückgewinnung für die angeblich oder tatsächlich
unter Wohnungsnot leidende christliche
Bürgerschaft erstreben, müssen es zwei stattliche Objekte
in zentraler Lage gewesen sein.
Über den Scandal, den ein Hauskauf der Judt Mossel
et Consorti im Stättlein verursachte, wurde bereits
berichtet. 239 Das 1585 erbaute Ochsenwirthshaus, die
heutige Gastwirtschaft „Zum Rothen Ochsen“ (Hauptstraße
67), war und ist eines der herausragenden Fachwerkhäuser
von Rothenfels. Beim Erwerb bei einer
Versteigerung im Jahr 1744 hatten die neuen Besitzer
angeblich alle christlichen Interessenten ausgestochen.
Tatsächlich wurde damals auch bei einer öffentlichen
Bürgerversammlung kein anderer Käufer gefunden. 240
Die verwandten Familien Moyses Berl und Nathan
Hirsch bewohnen es seither gemeinsam – mit regierungsamtlicher
Zustimmung. Sie können sich nicht
lange an diesem Besitz erfreuen – 1749 verlieren sie
ihn, bei ihrem erzwungenen Auszug aus Rothenfels,
nach einem Rechtsstreit um das Auslösungsrecht. 241
236 Vgl. W. Mogge, Stadt Rothenfels, S. 12-15. – Im Beth-Buch für
1752-1803 wird ein Wohnhaus die Rienecker behausung genannt
aufgeführt, Inhaber ist 1752-76 der Krämer Joseph
Schwindt, Vorbesitzer der Bäcker Michael Dauch (StadtAR II
7/2 S. 56). Wahrscheinlich ist dies eine letzte schriftliche Erinnerung
an den früheren Besitz der Voit von Rieneck.
237 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; Anlagen 1736).
238 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert; Anlagen 1736); vgl. S.
24.
239 Vgl. S. 25 f.
240 StAWt-R Rep. 65g Nr. 47 (unpaginiert, undatiert), 1749; Stadt-
AR II 2/7 S. 252 f. Vorbesitzer des Hauses ist der ehemalige
Bürger und Metzger Sebastian (Baast) Ulrich, bei dessen Ausschatzung
das Objekt verkauft wird, laut Stadtrat 600 Gulden
über dem Wert, so dass kein Bürger habe mithalten können. Bei
einer Bürgerschaftsversammlung am 16. 3. 1744 in Anwesenheit
des Oberamtmannes Philipp Emmerich Philibert von Hettersdorf
und des Amtskeller Franz Joseph Stern wird
protokolliert, dass die jüdischen Erwerber der Hochfürstlichen
Regierung für das Haus 1.800 Reichstaler bar oder 2.000
Reichstaler bei Zahlung innerhalb vier Jahren geboten hatten,
falls sich kein christlicher Liebhaber fände. Auch für ihr Angebot,
gegen 1.700 Reichstaler vom Kauf zurückzutreten, wenn
ein Bürger das Haus einlösen wolle, fand sich kein Interessent.
241 StadtAR II 2/7 S. 372-375. Neuer Besitzer des Hauses wird der
Bürger und Bäckermeister Michel Dauch. Zum Lösungsrecht
vgl. oben S. 24.
Juden von Rothenfels 43
Offensichtlich unumstritten und jahrzehntelang
wohnen Moschel (Moyses Lazarus) und sein Sohn
Mayer (Mayer Moyses) unter eigenem Dach. Im Rothenfelser
Stadtarchiv ist für die zweite Hälfte des 18.
Jahrhunderts ein Haus- und Grundsteuerbuch erhalten;
darin findet sich Judt Moÿses dahir als Hausbesitzer.
Die Eintragungen zeigen: Von 1753 bis 1795 zahlt die
Familie alljährlich die Bede. Diese Quelle nennt jeweils
die Eigentümer und die Vor- und Nachbesitzer
der Häuser oder Parzellen, kennt jedoch noch keine
Adressen. 242 Der Name des Nachfolgers, Sebastian
Uhl, führt über spätere Grundsteuerverzeichnisse zu
dem gesuchten Haus: Es ist die alte Nummer 4 (heute
Hauptstraße 14), jetzt ein Neubau, der keine Spuren
der historischen Nutzung mehr aufweist. Der Vorgängerbau,
ein schmales Fachwerkhaus mit steinernem
Untergeschoss und ausgebautem Dach, wird im
Grundsteuerkataster als Wohnhaus mit Stallung bezeichnet.
243 Hier also, am nördlichen Rand der Stadt,
lebte die Familie Moyses und befand sich das langjährige
Zentrum der jüdischen Gemeinde. 244
Eindeutig identifizierbar ist auch der uns zeitlich
schon nähergerückte Besitz der Familie Heil. Mehrere
Steuerunterlagen und Privatverträge aus dem 19. Jahrhundert
ergänzen einander und lassen einen Abschnitt
in der Hausgeschichte des Ortes hervortreten. Der Vater
Nathan Isack (alias Nathan Heil), vorher in Bergrothenfels,
hat 1813 ein Haus in Rothenfels ganz in der
Nähe des Rathauses erworben. Der Sohn Abraham
zahlt 1831 die Erbengemeinschaft aus und verkauft
das Wohnhaus zwei Jahre darauf seinem Bruder
Joseph. 245 In den Listen zur Feststellung der Steuereinnahmen
von 1810 bis 1859 erscheint Nathan, dann
Joseph mit Veranlagungen für Wohnhaus, Handelschaft
und Bürgerrecht. 246 Es handelt sich um das vormalige
Haus Nr. 15, heute Mainstraße 10: ein
mehrgeschossiges Wohnhaus mit Stall und Keller, allerdings
nicht mit einer Schaufassade zur Hauptstraße,
242 StadtAR II 7/2 S. 58. Vorbesitzer des Hauses (Name dort durchgestrichen)
ist Sebastian Alberth, der wiederum hatte das Wohnhauß
neben Hanns Jörg Völcker von Conrad Bessinger
erkaufft. 1772 wird Moschels Sohn Mayer als Eigentümer des
Hauses genannt (StAWt-R Rep. 5g Nr. 2).
243 Erster Nachbesitzer des Hauses ist Sebastian (Bast) Uhl. Er
zahlt Steuern von seinem Wohnhaus von Meier Moses Bekommen;
das Beth-Buch nennt hier ausnahmsweise keine Daten
(StadtAR II 7/2 S. 58, 348). Auf Sebastian Uhl folgen ab 1834
mehrere Mitglieder der Büttnerfamilie Uhl, ab 1852 wechselnde
Besitzer (StadtAR II 7/4 S. 260 ff, II 7/5 S. 41, II 7/6 unpaginiert;
StAWü GrStKat Rothenfels: Grund- Sal- und Lagerbuch
Bd. I). – Die Familie Uhl besaß in Rothenfels mehrere Häuser,
darunter das mit Philipp Uhl Küferei bezeichnete Haus Nr. 84,
jetzt Hauptstraße 39 (freundliche Mitteilung von Hellmuth
Harth, Rothenfels).
244 Vgl. S. 48, 53.
245 StadtAR II 7/5 S. 33; II 9/2, 20. 10. 1825, 25. 10. 1831, 3. 12.
1833.
246 StadtAR II 7/4 S. 453; II 7/5 S. 33; II 7/6 Haus Nr. 15; II 7/7 S.
178; StAWü GrStKat Rothenfels: Grund- Saal- und Lagerbuch
Bd. I fol. 98; Renoviertes GrStKat S. 30. Dazu gehört ein
Grundstück Rain ober der Ziegelhütte. In den Quellen für 1810
wird das Haus als Nr. 12½ bezeichnet und die Nr. 15 nachgetragen.
Im Schatzungs-Lagerbuch ist Michel Scheiner als Vorbesitzer
genannt, im Renovierten Grundsteuerkataster eine
Umschreibung auf Andreas Schüppert nachgetragen. – Vgl.
dazu den Stadtplan in der „Uraufnahme“ von 1843 (Abbildung
S. 41), der noch Hofraum und Stallgebäude zeigt. Der Zugang
vom Gässchen aus zum Keller des Wohnhauses hat ein rundbogiges
Sandsteingewände, zeigt aber keine Spuren der früheren
jüdischen Bewohner des Hauses.
44 Winfried Mogge
Oben: Rothenfels, Blick von der Mainseite auf das
Julius-Spital. In der Lücke vorn standen Häuser auf
dem Stumpf der Stadtmauer und das Maintor.
Mitte: Hauptstraße Richtung Norden, Aufnahme
von 1942 bei beginnendem Hochwasser. Auf der rechten
Seite das letzte Haus mit hohem, ausgebautem
Giebel ist Hauptstraße Nr. 14 (ehemals Haus Nr. 4).
Unten: Dieselbe Ansicht in neuer Aufnahme. Der
Neubau mit schmuckloser Fassade und glattem Dach
ersetzte das alte Haus Nr. 4.
Oben: Rothenfels, mainseitige Häuserzeile. In der
Mitte Mainstraße Nr. 10 (ehemals Haus Nr. 15), rechts
davon der Eingang zum „Judenwinkel“.
Mitte: Der „Judenwinkel“, Durchschlupf zwischen
den Häusern Hauptstraße Nr. 26 und 28.
Unten: Nördlicher Stadtausgang, im Hintergrund
auf dem Berg die Burg und das Amtshaus. Das mittige
Haus Hauptstraße Nr. 25 (ehemals Haus Nr. 95) steht
linksseitig auf dem Stumpf der Wehrmauer zur Burg,
also bereits außerhalb der Kernstadt.
Juden von Rothenfels 45
sondern mit einem Giebel zur Mainseite und dem Eingang
im schmalen Durchschlupf zwischen den alten
Hausnummern 12 (heute Hauptstraße 26) und 14
(Hauptstraße 28). Just dieser Durchgang trug ehemals
den Namen Judenwinkel oder, in der heutigen Erinnerung
alter Einwohner, Jüdewinkel oder Judengasse. 247
Zur aktuellen Situation: Während die beiden Vorderhäuser
schön verzierte Fassaden mit Handwerkerzeichen
und der Jahreszahl 1753 über den Türen zeigen,
sind die auf den Stümpfen der Stadtmauer aufsitzenden
Hinterhäuser völlig schmucklos. Miteinander
zwar verbunden, bilden Vorder- und Rückgebäude derzeit
wie ehedem getrennte Wohneinheiten.
Der Familie Heil gehört in Rothenfels ein zweites
Haus: die alte Nr. 95 (heute Hauptstraße 25), ein äußerlich
unscheinbares Gebäude, auf der bergseitigen
Stadtmauer aufsitzend, neben dem damals schon verschwundenen
Obertor außerhalb der Altstadt gelegen.
Der Immobilienbesitz der Familie in der Stadt kommt
bei Hanna Heil zusammen, der Witwe des jüngsten der
Brüder Josef, David und Abraham. Die verkauft die
Häuser schließlich an christliche Bürger. 248 Zuvor hat
der jüdische Kaufmann David Grünewald, verheiratet
mit Fanny Heil, einer Tochter von Abraham und Hanna
Heil, das Haus Nr. 95 einige Jahre lang besessen
und bewohnt. 249
In Bergrothenfels lassen sich sechs jüdische Wohnstätten
identifizieren. 250 Aus den schriftlichen Quellen
geht nicht hervor, wo die ersten Generationen lebten.
Mittelpunkt der kleinen, 1750 gebildeten Kultusgemeinde
ist das Anwesen der Familie Männlein. Im
Grundsteuerkataster wird es als Haus Nr. 56 ausgewiesen,
als Wohnhaus mit Keller, Stallung und Hofraum,
und so ist es auch in der „Uraufnahme“ von 1843
sichtbar. Dazu gehören einige in der Dorfflur verstreute
Gärten und Äcker. 251 Heute steht an der Stelle
(Bergrothenfelser Straße 30) ein zur Unkenntlichkeit
der historischen Substanz modernisiertes, mit dem früheren
Nachbarhaus zusammengelegtes Gebäude, die
ehemalige Bäckerei und Gaststätte „Berger Stuben“.
247 StadtAR IV 3/4 S. 101. Nach einem späteren Besitzer des Hauses
Mainstraße 10, Oswald Scheeb, heißt der Durchgang auch
Scheebsgasse (freundliche Hinweise von Hans Walter, Rothenfels).
248 StAWü GrStKat Rothenfels: Renoviertes GrStKat S. 21 (1876:
Nr. 15 verkauft an Andreas Schüppert), S. 182 (1887: Nr. 95
verkauft an Georg Gerhard).
249 StadtAR II 10/3 (unpaginiert, 15. 8. 1887; dort heißt es Nr. 85,
wohl ein Schreibfehler); II 10/4 (unpaginiert, 4. 8. 1885; dort
heißt es Nr. 95). Im Heberegister für 1883 wird David Grünewald
mit Grundsteuer für Haus Nr. 95 aufgeführt (StadtAR IV
9/8). In den Standesamtsregistern wird wechselweise Nr. 91
und 93 genannt (VG Marktheidenfeld, Standesamt Karbach,
Heiratsbuch Bd. I, Sterbebuch Bd. I).
250 Vgl. die Einzelnachweise Anm. 251-261; dazu StadtAR 40-16
(Brandversicherung). Die alten Hausnummern finden sich in
der „Uraufnahme“ von 1843 (Landesamt für Digitalisierung,
Breitband und Vermessung, München, NW.085.62d).
251 StAWü GrStKat Bergrothenfels: Grund-, Saal- und Lagerbuch
Bd. V fol. 1427-1432; Renoviertes GrStKat Bd. I S. 10 sowie S.
205 f.
Oben: Bergrothenfels, Bergrothenfelser Straße 30
und 32. Das mehrfach modernisierte ehemalige Haus
Nr. 56 (links) war Wohngebäude und Mittelpunkt der
jüdischen Gemeinde.
Mitte: Bergrothenfelser Straße 45 und 43. Links
das ehemalige Haus Nr. 14, rechts die Alte Schule.
Unten: Zum Alten Herrgott 14 (ehemals Haus Nr.
40). Hier und zwei Häuser weiter am nordwestlichen
Ortsausgang befanden sich die Bauernhöfe der Familie
Heil.
46 Winfried Mogge
Beispiel für die
Rothenfelser Haus- und
Grundsteuerbücher:
Ausschnitt aus dem Bede-
Buch 1752 bis 1803,
Eintragungen für Familie
Moyses 1753 bis 1795.
Rechte Seite:
Bergrothenfels,
Ausschnitt aus der
„Uraufnahme“ von 1843.
Die Dorfstraße endet rechts
vor dem Eingang zur Burg.
Die Häuser der Juden
liegen verstreut in der
Ortsmitte und am
westlichen Rand.
Der 1736 aus der Stadt Rothenfels ausgewiesene
Männlein hat dieses Anwesen wohl gleich bei seinem
erzwungenen Übergang in das Dorf bezogen. Zunächst
bewohnt er das Bürgerhaus gemeinsam mit seinem
Glaubensgenossen Schlommel und Wand an
Wand mit der christlichen Familie Johann Aulenbach.
Hier richten die Berger alsbald ihren Betraum ein, was
noch ein strittiges Thema sein wird. 252 1772 zerstört
ein Brand das Haus, die Familie Männlein baut es
wieder auf. 253 1820 kommt es – nun in der dritten Generation
– an Nathan mit dem neuen Namen Freudenberger.
254
1763 wird ein weiterer Hauskauf aktenkundig: Der
christliche Bürger Johann Germann übereignet sein
Wohnhaus dem Juden Nathan Hirsch. 255 Drei Generationen
lang wohnt hier die Familie Hirsch, ab 1811 mit
dem neuen Namen Herrmann; es handelt sich um die
alte Nr. 59 (an der Stelle der heutigen Bergrothenfelser
Straße 32). 256 Hier hat zuvor der Schutzjude Sender
zur Miete gelebt, der sich beim Besitzerwechsel eine
neue Bleibe suchen muss. 257
252 Vgl. S. 48 f.
253 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (unpaginiert). Auch die Nachbarhäuser
von Johann Aulenbach und Michel Abt werden ergriffen und
beschädigt; die Brandversicherung (Feuer- und Brandgewehrungsanstalt
des Hochstifts) erstattet wegen fahrlässiger Brandstiftung
nur einen Teil des Schadens.
254 StAWü GrStKat Bergrothenfels: Renoviertes GrStKat Bd. I S.
205 f.
255 StadtAR II 2/10 S. 17-19.
256 StAWü GrStKat Bergrothenfels: Renoviertes GrStKat Bd. I S.
212; StadtAR 23-11, 40-1.
257 StadtAR II 2/10 S. 17-19.
Anfangs und Mitte des 19. Jahrhunderts wird die
Familie Hamburger in Bergrothenfels als Hausbesitzer
aktenkundig. Ihr gehört das kleine Anwesen Nr. 23
(Bergrothenfelser Straße 21), erworben 1825. 258
Die wirtschaftlich erfolgreichsten jüdischen Einwohner
des Dorfes stammen aus der Familie Isack,
seit 1811 mit neuem Namen Heil. Dem Vater Nathan
gehört seit ungenannter Zeit in Bergrothenfels, wo er
bis 1813 wohnt, das Häuschen Nr. 14 (Bergrothenfelser
Straße 45), gleich neben dem ersten Schulgebäude.
259 Seine Erben veräußern es an einen christlichen
Bürger. 260 Nathans Söhne, die tüchtigen Brüder David
und Abraham, erwerben zwei nebeneinander liegende
Höfe am nordwestlichen Ortsausgang: die damaligen
Häuser Nr. 40 (Wohnhaus mit Keller, Stallung, Scheuer
mit Stallung und Holzhalle, Hofraum) und Nr. 42
(Wohnhaus, Backofen mit Keller, zwei Stallungen,
Scheuer mit Keller und Hofraum), alles umgeben von
Baum- und Gemüsegärten. 261 Heute befinden sich hier
258 StAWü GrStKat Bergrothenfels: Renoviertes GrStKat Bd. I S.
61; StadtAR 40-1.
259 StadtAR II 9/2 (unpaginiert), 25. 10. 1831. Die Lagebeschreibung
in dieser Quelle lautet: neben dem Schulgebäude und Georg
Weyrich, im Grundbuch der Brandversicherung (StadtAR
40-1): Haus Nr. 14, alte Plannummer 43.
260 StAWü GrStKat Bergrothenfels: Renoviertes GrStKat Bd. I S.
41 f; StadtAR 40-1. Im Grundbuch der Brandversicherung, begonnen
1830, werden als Besitzer genannt: Nathan Heils Erben
und Johannes Klopf, zur Zeit Johann Roth.
261 StAWü GrStKatRothenfels: Grund-, Saal- und Lagerbuch Bd. V
fol. 1091, 1094; Renoviertes GrStKat S. 30, 38, 41; GrStKat
Bergrothenfels: Grund-, Saal- und Lagerbuch Bd. IV fol. 1062-
1105, 1171-1206; Renoviertes GrStKat Bd. I S. 137-158.
Juden von Rothenfels 47
(Zum Alten Herrgott 14 und 18) neuere oder stark renovierte
Wohnhäuser, im Hintergrund noch alte
Scheunen oder Ställe.
Der letzte Bergrothenfelser Jude Nathan Kahn
zieht – wahrscheinlich im Zusammenhang mit seiner
Hochzeit im Jahr 1871 – in das Anwesen seines
Schwiegervaters David Heil (Haus Nr. 40). Er kauft
einen Garten und einen Acker dazu, betreibt aber keine
Landwirtschaft mehr. 262
Es gibt auch andere, auswärtige Juden, die Häuser
und Grundstücke in Bergrothenfels erwerben, vor allem
Joseph Adler I (1852) und Löb Adler (1855) aus
Urspringen, Benjamin Bernay (1855) aus dem nahegelegenen
Amtsdorf Karbach. Doch keiner von ihnen
siedelt sich hier an, die Objekte werden jeweils bald
wieder verkauft. 263
Bei den An- und Verkäufen von Immobilien wird
mehrmals die (katholische) Witwe Margaretha Hirschlein
genannt, die trotz dieses Namens keine verwandtschaftlichen
Beziehungen zu den jüdischen Familien
hat. Sie erbt von ihrem Mann, dem Steinhauer Johann
Hirschlein, Grundbesitz (1839) und kauft von Löb Adler
ein bäuerliches Haus mit Ställen und Gemüsegarten
(1855); ein anderes ihrer Grundstücke wird später
auf Nathan Kahn umgeschrieben. 264
Mit dem Tod von Hänlein Hamburger in Bergrothenfels
(1887) und dem Verkauf des letzten Hauses
der Familie Heil in Rothenfels (1887) endet hier die
Geschichte jüdischer Hauseigentümer. Gegen Ende
des 19. Jahrhunderts befinden sich sämtliche Wohnstätten
jüdischer Familien im Besitz christlicher Einwohner.
265 Keiner der Erben ist hier geblieben.
262 StAWü GrStKat Bergrothenfels: Renoviertes GrStKat Bd. I S.
61, 137 ff, 149 ff; StadtAR 48-5 (unpaginiert), 4. 4. 1884, 30. 3.
1888, 31. 12. 1893, 27. 12. 1896; StadtAR 21-6, S. 157 (21. 6.
1896). In den Gewerbeunterlagen wird Nathan Kahn als Viehhändler
und Makler geführt. Das Land in Bergrothenfels hat er
aus dem Besitz der Witwe Margaretha Hirschlein übernommen.
263 StAWü GrStKat Rothenfels: Grund-, Saal- und Lagerbuch Bd.
V fol. 1475, 1480, 1490; GrStKat Bergrothenfels: Grund-, Saalund
Lagerbuch Bd. I S. 199-202, Bd. II S. 346 f, Bd. III S. 774,
Bd. IV S. 935 f, 977. – Das Judenedikt von 1813 (§ 16) untersagt
Juden den Kauf von Häusern und liegenden Gütern, wenn
sie nicht zur eigenen Bewohnung und Bebauung, sondern zum
Wiederverkauf erworben werden. Ausnahme: Erwerb bei öffentlichen
Versteigerungen und in Konkursfällen. Davon haben die
auswärtigen jüdischen Käufer in Bergrothenfels offensichtlich
Gebrauch gemacht.
264 StAWü GrStKat Rothenfels: Grund-, Saal- und Lagerbuch Bd.
XIII fol. 3690; GrStKat Bergrothenfels: Grund-, Saal- und
Lagerbuch Bd. III S. 668, Bd. V S. 1475; Renoviertes GrStKat
Bergrothenfels Bd. I S. 27, 213, 935 f. Es handelt sich um das
damalige Haus Nr. 60, ein Hinterhaus zur Dorfstraße, nahe dem
heutigen Neubau Bergrothenfelser Straße 32. – Im Grundsteuerkataster
heißt es mehrmals fälschlich Anna Maria Hirschlein,
sie selbst unterschreibt Margreta Hierschlein.
265 In einem undatierten Verzeichnis der Brandversicherung (nach
1875) für Bergrothenfels wird nur noch Hinlein Hamburger
(Haus Nr. 23) als Hauseigentümer genannt. Haus Nr. 14 gehört
Johann Roth, Nr. 40 Anna Greß, Nr. 42 Anton Emmerich, Nr.
56 Friedel Tannenwald, Nr. 59 Karl Ambros Roth (StadtAR 40-
16). Haus Nr. 40 wurde zunächst noch von David Heil (+ 1877)
auf die Witwe Rosetta Heil (+ 1889) umgeschrieben (StAWü
Renoviertes GrStKat Bergrothenfels Bd. I S. 7, 137).
48 Winfried Mogge
13. Streit um die Synagoge
Einen gemeinschaftlich genutzten Raum wird es in
Rothenfels seit Beginn der neuzeitlichen Judengemeinde
gegeben haben. Aktenkundig wird er zum ersten
Mal im Jahr 1750. Es ist die Zeit der erzwungenen
Abwanderung einiger Familien aus der Stadt in das
Dorf. Bei der Gelegenheit spaltet sich die Gemeinde
nicht nur organisatorisch: Sie zerstreitet sich fast zweieinhalb
Jahrzehnte lang an der Frage, in welchem
Ortsteil die legitime Synagoge liegt und künftig sein
soll.
Zunächst einmal können beide Parteien ihre eigene
Judenschule behaupten. So nämlich nennt man in Rothenfels
wie überhaupt in Deutschland seit dem Mittelalter
den Raum, in dem nicht nur Gottesdienst
gefeiert und gemeinsam gebetet, sondern auch Versammlung
und religiöse Unterrichtung gehalten
wird. 266 In der Stadt wie im Dorf handelt es sich nicht
um eine förmliche oder offene Synagoge, das heißt
einen eigenen Bau nach dem Vorbild der großen jüdischen
Gemeinden, sondern jeweils um eine zu diesem
Zweck hergerichtete Stube in einem privaten Wohnhaus.
267
Die Stadt-Schuhl, so heißt es in den Schriftquellen,
besteht schon von denen Zeiten her, wo der erstere
Jud die Stadt Rottenfels betretten. 268 Ein genauer
Standort wird nirgends benannt. Zum Zeitpunkt des
zitierten Streites zwischen den Stadtjuden und den
Bergjuden befindet sich der Bet- und Versammlungsraum
im Anwesen des Moschel (Moyses Lazarus) und
seines Sohnes Mayer (Mayer Moyses), das sich als
Haus Nr. 4 (heute Hauptstraße 14) identifizieren
lässt. 269 Die Berg-Schuhl wird 1750 in dem bereits genannten
Wohnhaus der Familie Männlein in einer kleinen
Stube oder Ercker oben untern Dachstuhl
eingerichtet, mit einem Almemor, dem Podest in der
Raummitte, das einen Stuhl (Gestell) zum Auflegen
der Schriftrollen trägt, und einem Hakodesch, dem
Thoraschrein zur Aufbewahrung der heiligen Schriften.
270 In derart bescheidenen Verhältnissen also halten
die Rothenfelser und Bergrothenfelser Juden ihre Ceremonien
ab. Beide Häuser sind durch Um- und Neubauten
ersetzt und zeigen keine Spuren ihrer
damaligen Verwendung mehr.
Als die Berger ihre Schul einrichten, protestiert der
266 Jüdisches Lexikon, Bd. III Sp. 444 f.
267 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (unpaginiert; Auseinandersetzungen um
die Synagogen 1772-74 mit Kopien aus 1750 und 1762).
268 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Bericht 6. 10. 1773).
269 Vgl. S. 43.
270 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Bericht 31. 5. 1772). Der katholische
Amtskeller Papius missversteht die hebräischen Begriffe Almemor
zu Allmemmer und Hakodesch zu Onagotesch. Er erläutert
seinen Bericht an die fürstbischöfliche Regierung über die Einrichtung
der Schuhl in Bergrothenfels: Verständtiglich den stuhl
in der Mitte worauf die Geschriebenen 10 Gebott Geleget und
abgeleßen, dann Eine Aufbehaltnus sothaner 10 Gebotten in
Form eines Tabernackels.
Städter Moschel heftig gegen diese Transferirung. Der
Oberamtmann in Rothenfels, der Judenamtmann der
Würzburger Regierung und der für innerjüdische Konflikte
als Richter zuständige Rabbiner von Heidingsfeld
werden mit dem Streit befasst und bringen knapp
vor der gerichtlichen Auseinandersetzung einen Kompromiss
zustande: Die Mitglieder der bisher einen Gemeinde
sollen abwechselnd die Beträume in der Stadt
und im Dorf zur gemeinsamen Zeremonie aufsuchen.
Der Vergleich wird von beiden Seiten nicht eingehalten.
271
Am 24. April 1772 wird die Judenschule auf dem
Berg durch einen nächtlichen Brand zerstört. Nach einer
Osterfeier, so das Untersuchungsergebnis, wurde
vergessen, eine Kerze zu löschen. 272 Als die Familie
Männlein das Haus wieder aufbauen möchte, türmen
sich zunächst gleich mehrere Hindernisse auf. Zum
einen wollen die Bergrothenfelser Mitglieder des
Stadtrates die Baugenehmigung durch das fürstbischöfliche
Landamt verhindern. Zum anderen meldet
sich der Rothenfelser Glaubensgenosse Moschel mit
neuerlichem Einspruch gegen das nach seiner Darstellung
von Anbeginn illegale Projekt der abtrünnigen
Bergjuden. Offensichtlich verzichtet er nur schwer auf
seine bisherige Rolle als Mittelpunkt und wohl auch
Sprecher der kleinen Gemeinde.
Nun gerät der Vorgang in die Hände der Bürokratie.
Brandversicherung, Rothenfelser Amt und Würzburger
Regierung stellen zunächst und generell die
rechtliche Grundlage beider Beträume in Frage. Hat es
dafür jemals eine regierungsamtliche Konzession gegeben,
und haben die Juden dafür jemals eine Abgabe
gezahlt? Die Betroffenen verteidigen geschickt ihre
Ansicht, mit der Zuteilung der Schutzbriefe hätten sie
auch das Recht erworben, private Betstuben zur Ausübung
ihrer religiösen Zeremonien auszustatten, so
wie das in allen kleinen Gemeinden im Hochstift üblich
sei. Der juristisch versierte Amtskeller Johann
Wilhelm Cyriacus Papius (1759-1783) rät der fürstbischöflichen
Regierung, den Rothenfelser Juden gegen
Zahlung einer jährlichen Recognition den Betrieb einer
Schule zu gestatten, angesichts der geringen Zahl
der Gemeindeglieder aber nur einer einzigen für beide
Ortsteile, und den Betroffenen die Wahl des Standortes
zu überlassen.
Der sich über fast zwei Jahre und zahlreiche Sitzungstage
in der Rothenfelser Amtskellerei hinziehende
Konkurrenzkampf soll hier nicht weiter referiert
werden; er wird mit erstaunlicher Schärfe zwischen
271 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Protokolle und Briefe 1750, 1762 und
1772). Der Vergleich vom 31. 5. 1750 besagt, dass die Bergrothenfelser
jeweils ein halbes Jahr in die Stadt, die Rothenfelser
ein dreiviertel Jahr in das Dorf gehen sollen. Der gemeinsame
Schulmeister soll abwechselnd zwei Jahre im Dorf und ein Jahr
in der Stadt wohnen. Am 20. 8. 1762 mahnt Judenamtmann Georg
Friedrich Zehner unter Strafandrohung die Einhaltung des
außergerichtlichen Vergleichs an.
272 Vgl. Anm. 253.
Juden von Rothenfels 49
Rothenfels, Blick über
die Hauptstraße von
Norden nach Süden auf
die Kirche, in der Bildmitte
links der Giebel
des Rathauses.
Die 1928 oder kurz
darauf entstandene
Aufnahme zeigt fast unverändert
die Situation
zur Zeit der jüdischen
Gemeinde.
den beiden Familien in der Stadt und den vier Familien
im Dorf ausgetragen. Dabei ist allen Beteiligten bewusst,
dass keiner der beiden Orte allein für sich die
von den Religionsgesetzen vorgeschriebenen zehn
Männer für einen Gottesdienst zusammen bekommt.
Während man im allgemeinen keine Mühe scheut, diese
Zahl zu erreichen, werden nun die Unzumutbarkeit
des Weges zwischen Stadt und Dorf und das hohe Alter
je eines Gemeindemitglieds als Hindernis für die
Einigung vorgetragen. Das Zerwürfnis scheint jedoch
tiefer zu sitzen und ist von den direkt Beteiligten nicht
zu heilen. Die Regierung des Fürstbischofs Adam
Friedrich von Seinsheim (1755-1779), von den Streitparteien
mit Darstellungen und Gegendarstellungen
traktiert, entscheidet als letzte Instanz per Dekret für
die Wiederherstellung der Schule in Bergrothenfels
und die Schließung der Einrichtung in Rothenfels. 273
Eine versöhnliche Geste folgt zum Schluss: Solange
der alte Moschel (Moyses Lazarus) noch lebt, darf
er den Betraum in seinem Haus behalten und sollen
die beiden Gemeindeteile ihre Einrichtungen wechselweise
und gemeinsam aufsuchen. Da kein weiterer
Streit in dieser Sache mehr aktenkundig ist, dürfte dieser
Kompromiss von allen akzeptiert worden – und
Moyses Lazarus bald darauf verstorben sein.
Der Moderator des Verfahrens, der Amtskeller Papius,
von der Hartnäckigkeit der Streitparteien spürbar
entnervt, bringt übrigens den entscheidenden Aspekt
in die Diskussion ein: Er fragt, an welchem Standort
die Synagoge das geringere Übel sei. In Rothenfels,
schreibt er, liegt die Schuhl […] im Städtlein, wo das
Juden Ceremonieweeßen verdrüßlich anzuhören, und
je zuweilen das Sacratissimum vorbeÿ und in die
273 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Protokolle, Briefe und Dekrete 1772-
74).
neben Haüßer getragen wird. Auf dem Berg hingegen
befindet sich das Anwesen so zu sagen am Endte des
Orths. 274 Die Fürstliche Hofkanzlei übernimmt das Argument
und verfügt zugunsten von Bergrothenfels,
weilen die Jüdische Feÿer in der stadt dem alldasigen
Christlichen gottes dienst mehr zur stöhrung und ärgerniß,
alß in dem sogenannten Rotenfelß auf dem
berg, welches nur ein Dorf, und ohne Kirche seÿe, gereichen
könne. 275
Der Vorgang dokumentiert zugleich die geradezu
paranoide Furcht der katholischen Obrigkeiten vor Berührungen
ihrer Untertanen mit der anderen Religion,
die sich im Hochstift Würzburg auch in Geboten zur
Fernhaltung der Juden von Kirchen und Prozessionen
und zu Kontaktverboten an Sonn- und Feiertagen ausdrückt.
276
Die Entscheidung über den Standort der Schule
bleibt künftig unangefochten. 1817, in einem Bericht
des Königlichen Herrschaftsgerichts Rothenfels an die
Kreisregierung über Die Verhältniße der Jüdischen
Glaubens Genoßen heißt es: Hiemit wird zugleich die
unterthänigste Anzeige verbunden, daß zu Bergrothenfels
ein jüdisches Bethaus bestehe, zu deßen Errichtung
die Concession von der vormals Fürst-
Bischöflich Würzburgischen Regierung unterm 5 ten
Oct. [richtig: 8. Oktober] 1773 ertheilt worden ist. 277
Und die bayerische Kreisregierung bestätigt: Was das
274 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Bericht 22. 9. 1773).
275 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Protokoll 8. 10. 1773). Das Argument
der Störung des christlichen Gottesdienstes ist weit hergeholt:
Das Anwesen der Familie Moyses (Haus Nr. 4 = Hauptstraße
14) liegt an der Nordspitze der Stadt, die jüdische Feier kann
von hier die Kirche akustisch nicht erreichen.
276 Vgl. I. König, Judenverordnungen, S. 175-178, 221-223, 299 f.
277 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 (Bericht 11. 10.
1817).
50 Winfried Mogge
jüdische Bethaus zu Bergrothenfels betrifft, so wird
die fernere Benutzung desselben den Juden gestattet,
jedoch dörfen sie ohne Höchste Erlaubniß kein neües
errichten. 278
Knapp vier Jahrzehnte später steht die Synagoge
erneut im Mittelpunkt einer juristischen Auseinandersetzung.
Nun wehrt sich die Judenschaft zu Stadt- und
Bergrothenfels einmütig gegen die Fürstlich Löwenstein-Wertheim-Rosenbergische
Standes-Herrschaft,
die zwar die Souveränität über ihre Länder verloren
hat, aber ihre alten Einkünfte aus der Grundherrschaft
zäh verteidigt. Hintergrund sind die politischen Veränderungen
im Königreich Bayern in der Revolutionszeit
um 1848, in unserem Zusammenhang die
Ablösung des mittelalterlichen Systems der Grundlasten
durch eine einheitliche Besteuerung. 279
Das löwensteinische Rentamt in Neustadt behauptet
nun, die Rothenfelser Juden müssten seit unvordenklichen
Zeiten einen jährlichen Recognitionszins
von zwei Gulden für die Errichtung ihrer Schule in einem
eigenen Gebäude in Bergrothenfels zahlen. Die
Betroffenen weigern sich bereits seit 1847, die durch
die Zeitläufte überholte und rechtlich nicht mehr begründete
Abgabe zu entrichten. Das Rentamt reicht
1853 eine Besitzklage ein – und verliert in drei Instanzen,
weil die Beweismittel nicht ausreichen, einen
Rechtsanspruch auf das eingeforderte Gefälle zu begründen.
280
Dem Prozess verdanken wir eine knappe Beschreibung
der Bergrothenfelser Judenschule. Der Aschaffenburger
Bauinspektions-Ingenieur Konrad Götz gibt
nach einer Ortsbesichtigung als Zeuge zu Protokoll:
Das fragliche Lokale der Judenschule, welches nur
zum Zwecke der Abhaltung des Gottesdienstes dient,
befindet sich in einem auf dem Satteldache des fragli-
278 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 (Brief 7. 11.
1817).
279 Vgl. W. Mogge, Dies uralt Haus, S. 90, 385 Anm. 374 und 375.
280 StAWt-R Lit. B Nr. 2913 und 2914. Der Rechtsstreit zieht sich
von der ersten Klage vom 13. 3. 1853 bis zum Schlussurteil
vom 27. 6. 1859 hin. Die Urteilsbegründungen des Königlichen
Landgerichts Rothenfels (16. 4. 1855), des Königlichen Bezirksgerichts
Aschaffenburg (4. 1. 1859) und des Königlichen
Appellationsgericht von Unterfranken und Aschaffenburg (27.
6. 1859) in Kurzform: Das vom Kläger als einziges Beweismittel
vorgelegte Dekret der damaligen fürstbischöflichen Regierung
vom 8. 10. 1773 beinhaltet das Recht zur Haltung einer
Judenschule. Als Anerkennung für diese Erlaubnis wurde der
Judenschaft eine jährliche Abgabe auferlegt. Die Standesherrschaft
begründet ihre Forderung als Gefälle auf ein bestimmtes
Gebäude oder Grundstück und liegt damit falsch. Die Forderung
ist auch nicht im Grundsteuerkataster eingetragen und
schon deshalb nicht weiter geltend zu machen. Die bisherigen
Zahlungen erfolgten wegen der Judenschule, nicht auf diese.
Die alte Bezeichnung Rekognition beinhaltet kein dingliches
oder persönliches Recht. Ein vielleicht zu behauptender Rechtsanspruch
der Grundherrschaft aus den von 1774 bis 1846 gezahlten
Abgaben ist durch das bayerische Ablösungsgesetz vom
4. 6. 1848 erledigt. – Das Appellationsgericht weist schließlich
die erneute Revision zurück, weil der Anwalt der Fürstlichen
Verwaltung weitere Begründungen oder Beweismittel zu spät
einreicht (27. 6. 1859).
chen Gebäudes vor etwa 30-40 Jahren erbauten Erkervorsprunge,
zu welchem eine sehr steile und unbequeme
hölzerne Stiege führt. Weder die Bauart dieses
Erkervorsprunges, welch letzterer aus Riegelfachwerk
besteht, noch die in sehr schlechtem Zustande befindliche,
mit schmalen Trittbrettern versehene Stiege lassen
erkennen, daß dieser Theil des Gebäudes, sowie
der übrige größere Theil des Hauses deßhalb erbaut
worden ist, um in demselben Gottesdienst abzuhalten.
281
Die sonst bei Synagogen üblichen baulichen Merkmale,
Wandeinrichtungen, Fenster, Symbole oder Beschriftungen,
so der Gutachter weiter, fehlen hier
gänzlich. Mit keinem Wort erwähnt er die in früheren
Berichten bezeugte Möblierung der Betstube mit Almemor
und Thoralade – die erscheint für seine Feststellung
der ursprünglichen Zweckbestimmung des
gesamten Hauses wohl unerheblich. Die Standesherrschaft
steht trotz teurer Rechtsanwälte mit ihrer Argumentation
für einen steuerpflichtigen Synagogenbau
auf verlorenem Posten.
Die Akten zu diesem Prozess, der wie der biblische
Kampf zwischen David und Goliath anmutet, bekunden
nebenher, dass die jüdische Gemeinde von Rothenfels
und Bergrothenfels nach wie vor im Dorf im
Hause Freudenberger zusammenkommt. Die in der
Stadt verbliebenen Juden haben nun offensichtlich keine
Probleme, den durch eine alte gepflasterte Fahrstraße
und eine neue barocke Steintreppe erschlossenen
Berg zu ersteigen und gemeinsam mit den Verwandten
und Freunden den Sabbat und die Festtage zu feiern.
14. Unterricht und Kultus
Über das alltägliche Leben der Rothenfelser Juden,
ihre Sitten und Gebräuche, ihre Kleidung und Speisen
geben die bisher aufgefundenen schriftlichen Quellen
keine Auskunft. 282 Wohl aber finden sich einige Hinweise
zur religiösen und sprachlichen Kultur.
Die Rothenfelser und Bergrothenfelser Juden sind
– wie die Mehrzahl der unterfränkischen Landjuden
und ihr geistiges Zentrum in Heidingsfeld oder Würzburg
– gesetzestreue Traditionalisten, also, mit einer
verallgemeinernden Bezeichnung, Orthodoxe. 283 Ihre
Gottesdienste richten sich nach der Ordnung und
Schrift des alt jüdischen Ritus. 284 Gemeinsame Gebete
und Vorlesungen werden selbstverständlich in der hebräischen
Sprache gehalten. 285 Auch private Gebetbücher
sind, wie aus einer Fundstelle in den Rothenfelser
281 StAWt-R Lit. B Nr. 2914 (unpaginiert; Ortstermin und Zeugenaussagen
vom 10. 7. 1857).
282 Als Einführung in die Alltagskultur der fränkischen Juden neuerdings
St. M. Lowenstein, Alltag und Tradition.
283 Vgl. L. Scherg, Landjudentum, S. 235; ders., Jüdische Gemeinden,
S. 175; St. M. Lowenstein, Alltag und Tradition, S. 17 f.
284 StAWü Statistische Sammlung Nr. 280 fol. 234'.
285 StAWü Statistische Sammlung Nr. 280 fol. 237.
Juden von Rothenfels 51
Ratsprotokollen indirekt hervorgeht, auf Hebräisch
verfasst. 286 Im Alltag verständigt man sich untereinander
auf Jiddisch, mit der Umwelt auf Deutsch mit unterfränkischen
Einfärbungen. 287 Schreiben kann man
in der Regel in deutschen und hebräischen Schriftzeichen;
nur sehr selten leistet eine Jüdin oder ein Jude in
den Rothenfelser Akten die Unterschrift in Hebräisch.
288
Etliche Nachrichten zeugen von der jederzeitigen
Sorge der Familien um die Einhaltung der religiösen
Vorschriften und die Erziehung der Kinder. Auch eine
so kleine Gemeinde scheint stets einen ausgebildeten
Fachmann für Kultus und Unterricht bei sich gehabt
und finanziert zu haben. Die wechselnden Bezeichnungen
Reba, Rabbiner, Schulmeister, Lehrer und Vorsinger
erlauben meist noch keine Aussagen über
dessen Qualifikationen und Tätigkeiten. Während in
großen Landgemeinden wie Karbach ein Orts-Rabi
amtieren kann und zuständig ist für alle kirchlichen
Angelegenheiten wie Gottesdienste, Religionsunterricht,
Trauungen, die Überwachung der Speisevorschriften
und das Schächten 289 , ist für Rothenfels kein
derart umfassender Aufgabenkatalog bekannt, sondern
allenfalls ein Lehrer und Vorsänger anzunehmen.
Die früheste Nennung stammt hier aus dem Jahr
1655: Die ersten aktenkundigen Rothenfelser Judenfamilien
bezahlen gemeinsam einen ledigen Kerl Habriel
als Hausgenossen und Lehrer ihrer zahlreichen
Kinder. 290 Die weiteren Nachrichten in chronologischer
Aufreihung:
1736 gibt es Ärger mit den Stadtoberen – ein jüdischer
Lehrer wohnt in Rothenfels und weigert sich,
das ortsübliche Beisassengeld zu zahlen. 291 1750 tritt
286 Der Hinweis findet sich 1771 anlässlich eines Stadtgerichtsverfahrens
gegen den Juden Leser, Knecht beim Juden Moÿsel dahier.
Leser wird verklagt, er habe Vieh im Garten eines Bürgers
weiden lassen; als Beweis wird ein dort aufgefundenes hebarisch
büchlein vorgelegt und dem Knecht zugeordnet. Leser bestreitet,
den Garten betreten zu haben; er habe morgens
zwischen sieben und acht Uhr in der Nähe gebetet und auf einem
Stein am Weg sein gebettbüchlein liegen lassen. StadtAR
II 2/11 S. 142-144.
287 Vgl. St. M. Lowenstein, Alltag und Tradition, S. 8 f; Mitten unter
uns, S. 40. In den für die vorliegende Arbeit herangezogenen
Akten fanden sich keine Dokumente privater Art und in jiddischer
Sprache bzw. in hebräischen Schriftzeichen. Die amtlichen
Korrespondenzen und Protokolle wurden in der Regel von
professionellen Schreibern auf Deutsch geschrieben und von
den Absendern nur unterzeichnet.
288 StadtAR II 9/2 (Vertrag der Erben des Nathan Heil, 1831; vgl.
oben S. 36); StAWt-R Rep. 100e Nr. 38 (Beschwerde des Jüdlein
Salomon aus Karbach, 1804; vgl. oben S. 37).
289 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8498 (1819). – Die
Bezeichnung kirchliche Angelegenheiten gehört zur Wortwahl
der christlichen Behörden. Nach dem bayerischen Judenedikt
von 1813 (§ 30) ist der Wirkungskreis der Rabbiner [...] ausschließend
auf die kirchlichen Verrichtungen beschränkt; sie
dürfen keine Gerichtsbarkeit mehr ausüben und sich nicht mehr
in bürgerliche oder Gemeindeangelegenheiten einmischen.
290 StAWü Administrationsakten 8318 (5. 7. 1655).
291 StadtAR II 2/7 S. 62. Der Rat beruft sich auf alte Privilegien
der Stadt, das keiner dahier freӱ gedultet werdten solle; vgl.
StadtAR II 1/1 S. 2. Dagegen steht das geltende Recht, dass
hier ein Schulmeister auf 292 , der 1751 einen Namen
und eine Geschichte bekommt: Israël Kohn hiesiger
Reba und Judten Schulmeister welcher aus Böhmen
gebürthig, sich aber verschiedene Jahren hindurch in
Franckhen Landt aufgehalten 293 .
Auch 1762 und 1772/73, also offensichtlich durchgängig,
gibt es einen Schulmeister, der bei der Teilung
der Gemeinde weiter gemeinsam bezahlt wird und jeweils
zwei Jahre auf dem berg und ein Jahr in dem
stättlein leben soll. Derselbe Mann wird auch als Vorsinger
bezeichnet, was seine Hauptaufgabe als Leiter
der kultischen Handlungen beweist. 294 Es handelt sich
offensichtlich um den Lehrer, der einmal während des
Streites um den Standort der Synagoge genannt wird:
Isac Judenschulmeister alto übersetzt 1772 ein Dokument
des Oberrabbiners zu Heidingsfeld aus dem Hebräischen
ins Deutsche. 295
Die jüdischen Kinder in den Rothenfelser Amtsorten
werden also von eigenen Lehrern oder von den
Rabbinern unterrichtet. Während man sich in den
großen Kultusgemeinden Greußenheim und Karbach
eigene Schulhäuser leistet, kommen die Schulkinder in
Rothenfels und Bergrothenfels in Privathäusern oder
in der Betstube zusammen. Ihr Unterricht, für den die
Familien keine finanziellen Opfer scheuen, umfasst
die Fächer und Lehrpläne einer Elementarschule, Religion
und hebräische Sprache. 296 So bald und wo immer
es möglich ist, besuchen sie die öffentlichen
(christlichen) Volksschulen. Das geschieht allgemein
seit Beginn des 19. Jahrhunderts, mit der Einführung
der Volksschulpflicht in den deutschen Staaten – im
Amt Rothenfels greifen nun die entsprechenden bayerischen
Gesetze von 1802, die ab 1813 generell auch
für die Juden gelten. 297
In der Stadt Rothenfels, die bereits seit dem 16.
Jahrhundert eine freiwillig zu besuchende Schule mit
einem hauptamtlichen Lehrer unterhält 298 , wachsen
zwar so gut wie keine jüdischen Kinder mehr nach. Im
Rabbiner, Schulmeister und andere Angestellte der jüdischen
Gemeinden im Hochstift Würzburg einen Sonderstatus haben:
Sie brauchen keinen Schutzbrief und zahlen keine Steuern; vgl.
I. König, Judenverordnungen, S. 45, 180 f.
292 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Protokoll 4. 6. 1750).
293 StAWü Gebrechenamtsakten VI W 292 (11. 8. 1751).
294 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Berichte und Protokolle 18. 8. 1762,
22. 5. 1772, 6. 10. 1773).
295 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (27. 5. 1772). alto heißt allda, nämlich
in Rothenfels.
296 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 (Berichte des
Herrschaftsgerichts Rothenfels 1817 ff); Statistische Sammlung
Nr. 279, 280 (Übersicht über die allgemeinen und bürgerlichen
Verhältnisse der Israeliten im Untermainkreis 1833/34). – Einer
der seltenen Hinweise auf die Ausbildung der Landjudenmädchen:
Bei der Ausstellung der Heiratszeugnisse der Gemeindeverwaltung
von Bergrothenfels für Jede (Jethe) Herrmann (geb.
1798) heißt es 1830, sie sei eine gute Haushälterin und habe
den Schulunterricht beÿ ihren Glaubensgenossen erhalten
(StadtAR 21-1 S. 664).
297 Vgl. M. Spindler, Handbuch, Bd. IV/2 S. 952-955; G. Döllinger,
Sammlung, S. 200-219.
298 Vgl. P. Kolb, Chronik, S. 228 ff.
52 Winfried Mogge
Dorf Bergrothenfels aber gehen sie als Werktags-
Schüler in die 1804 dort gegründete Volksschule. 299
Als Folge der Ausdünnung ihrer Gemeinde durch
Abwanderung und Überalterung verzichten die hiesigen
Juden nun auf einen eigenen angestellten Schulmeister.
In den 1820er Jahren stellen fünf Familien im
Dorf nur noch fünf, kurzzeitig sechs Schulkinder. 300
Bei der regierungsamtlichen Erfassung der kirchlichen
und rechtlichen Verhältnisse der Israeliten in den neuen
bayerischen Landesteilen wird es aktenkundig: In
Bergrothenfels und Rothenfels gibt es nur noch wenige
schulpflichtige jüdische Kinder und somit auch
kein eigenes Personal für den Religions- und Sprachunterricht.
301
In der Schlussphase der Gemeinde sorgen die Familien
Heil und Kahn noch einmal für Nachwuchs, so
dass sich die Notwendigkeit ergibt, die israelitische
Religionsschule neu zu organisieren. Man verpflichtet
dazu den in der nach wie vor großen jüdischen Kultusgemeinschaft
Karbach fest angestellten Lehrer und
Vorsänger: 1859 Jonas Löwenthal, 1865 dessen Nachfolger
Hirsch Eschwege. Im Sommer an fünf Tagen,
im Winter an zwei Tagen in der Woche kommt nun der
Lehrer nach Rothenfels oder wandern bei guter Witterung
die Schulkinder nach einer Mainüberfahrt ins
sechs Kilometer entfernte Nachbardorf. Bei der nächsten
Neubesetzung der Karbacher Stelle im Jahr 1896
spielt die Rothenfelser Gemeinde keine Rolle mehr. 302
Die Gebete und Gottesdienste der für Stadt und
Dorf vereinigten Kultusgemeinde leitet seit etwa 1821
der Gemeindevorsteher Nathan Freudenberger als
Vorsinger. Um diese Position gibt es eine Auseinandersetzung
zwischen den Israeliten zu Bergrothenfels
und der löwensteinischen Verwaltung, die sogar den
König in München erreicht. Der Hintergrund: Mit Verordnung
vom 28. November 1828 hatte die bayerische
Regierung die kirchlichen Verhältnisse der Judengemeinden
neu reglementiert und bestimmt, für die Ausübung
des Religionscultus müsse überall ein geprüfter
Vorsänger angestellt werden. Der zu der Zeit für Rothenfels
verantwortliche Distriktsrabbiner in Aschaffenburg
hatte den unentgeltlich in dieser Funktion
tätigen Nathan Freudenberger geprüft und für geeignet
befunden, die als staatliche Behörde damals noch zuständige
Fürstliche Regierungs- und Justizkanzlei in
Kreuzwertheim dieses Zeugnis jedoch nicht anerkannt.
Die Folge war ein vom Herrschaftsgericht Rothenfels
ausgesprochenes strafbewehrtes Verbot jeder
Andachtsversammlung.
299 StadtAR 312-4 ff; vgl. P. Kolb, Bergrothenfels, S. 92 ff.
300 StadtAR 312-4 (1822/23) bis 312-9 (1828/29). Die Schulkinder
kommen aus den Familien Benjamin, Löb und Oschel Hamburger,
Isaak und Jacob Herrmann.
301 StAWü Statistische Sammlung Nr. 280 fol. 221-227, 235'-236.
302 StAWü Landratsamt Marktheidenfeld 2327 (Korrespondenzen
und Verträge 1858/59, 1865, 1896). Die Verträge unterzeichnen
für die Israelitische Cultusgemeinde Rothenfels und Bergrothenfels
die Brüder Abraham, Joseph und David Heil.
Die Bergrothenfelser beschwören in ihrem Appell
an König Ludwig I. einen unlösbaren Gehorsamskonflikt:
Das Verbot sei unvereinbar mit den jüdischen
Vorschriften für gemeinschaftliche Gebete und mit der
verfassungsgemäß garantierten freien Religionsausübung.
Einen bezahlten Vorsänger wiederum könne
die auf wenige Familien beschränkte Judengemeinde
sich finanziell nicht leisten, zumal an diesem Ort auch
kein Religionsunterricht mehr zu erteilen sei. Die Aktion
ist erfolgreich: Auf Seiner Königlichen Majestät
allerhöchsten Befehl erteilt das Staatsministerium des
Innern die Ausnahmegenehmigung für Nathan Freudenberger
als ehrenamtlicher Vorsänger. 303
Unverzichtbar ist für jede Judengemeinde ein Betund
Versammlungsraum mit der Mindestausstattung
einer Synagoge. Als im Konflikt von 1772/73 um den
Standort der Synagoge die Rothenfelser Amtsleitung
kurzerhand beide Schulen bis zu einer Einigung
schließen lässt, geraten die Streitparteien angesichts
der bevorstehenden jüdischen Feiertage in höchste
Not. Sie erreichen die befristete Freigabe ihrer beiden
Stuben für die Gebete und Zeremonien; der damalige
Bergrothenfelser Sprecher Männlein erwirkt auch die
Herausgabe einiger Schriftrollen aus den Rothenfelser
Beständen an die Berger. 304
Die Kleinstgemeinde im ländlichen Raum hat gelegentlich
Schwierigkeiten bei der Einhaltung der religiösen
Vorschriften. Als die Schließung beider
Rothenfelser Schulen droht und der Amtskeller die Zusammenlegung
mit dem benachbarten Amtsort Karbach
in die Diskussion einbringt, lehnen die
betroffenen jüdischen Familien dies vehement ab: Die
nach den Religionsgesetzen am Sabbat stark eingeschränkte
Entfernung von ihren Wohnungen würde
überschritten, und sie dürften an diesem Tag auch keinen
Fluss überqueren. 305 Später, als die Gemeinde aus
eigener Kraft keinen Minjan (vollständigen Gottesdienst)
mehr zustande bringt, nimmt man die Regelungen
zur Überbrückung der Sabbatweggrenzen in
Anspruch. In der Erhebung von 1833 über die Verhältnisse
der israelitischen Glaubensgenossen teilt der
nunmehr gemeinsame Gemeindesprecher von Rothenfels
und Bergrothenfels mit, da man die nötige Anzahl
303 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 (1831). Unterzeichner
der Petition vom 19. 4. 1831 sind Nathan Freudenberger,
David Heil und Benjamin Herrmann. In der Statistik von
1833 über die Religionsverhältnisse wird Nathan Freudenberger
als ehrenamtlicher Vorsänger für die gemeinsame Gemeinde
Bergrothenfels und Rothenfels genannt. Auch in den Amtsorten
gibt es keine Rabbiner mehr; die Gottesdienste leitet hier der
Vorsänger, der zugleich Religionslehrer ist: in Greußenheim
Moses Weitzenfelder, in Karbach Benjamin Lämmlein (StAWü
Statistische Sammlung Nr. 280 fol. 226', 227).
304 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Protokoll 9. 9. 1773, Bericht 22. 9.
1772). Die Thorarollen der Bergrothenfelser Gemeinde sind offensichtlich
beim Brand von 1772 vernichtet worden. In der
Rothenfelser Judenschule werden drei Gebotte verwahrt, Amtskeller
Papius verfügt die Herausgabe von einem oder zwei Exemplaren
an die Berger.
305 StAWt-R Rep. 5g Nr. 2 (Bericht 10. 12. 1772).
Juden von Rothenfels 53
von zehn volljährigen männlichen Individuen selbst
nicht mehr erreiche, müsse man an einem jeden Sabbat
und Festtagen solche auf unsere Kosten kommen
lassen, um den Gottesdienste abhalten zu können. 306
Das heißt, man lädt gegen Bezahlung Glaubensgenossen
aus größeren Nachbargemeinden ein, um die Vorschriften
zu erfüllen.
Die Aufsicht über die jüdischen Gemeinden im
Amt Rothenfels führt während der Zugehörigkeit zum
Hochstift der Würzburger Oberrabbiner, der von 1792
bis 1813 seinen Sitz in Heidingsfeld hat, zuletzt also
der berühmte Gelehrte Abraham Bing (1752-1841).
Als eine Folge der Säkularisation wechselt die Zuständigkeit
für Rothenfels und Bergrothenfels an das Distriktsrabbinat
Aschaffenburg in die Hände des dortigen
Rabbiners Hillel Wolf Sondheimer (1749-1832). Nach
der Neuverteilung der Rabbinatsbezirke im Jahr 1839
ist es wieder Würzburg, konkret: der seit 1840 dort
amtierende Seligmann Bär Bamberger (1807-1878). 307
Die Arbeit der Rabbiner hat sich seit dem bayerischen
Judenedikt freilich einschneidend gewandelt,
hat ihre traditionelle Unabhängigkeit verloren: Mit einer
zunehmenden Fülle von Anordnungen und Gesetzen
reglementiert nun der Staat die Verhältnisse der
israelitischen Cultusgemeinden von den Gottesdiensthandlungen
bis zum Unterricht, von den Beschneidungen
und Vereidigungen bis zu den Beerdigungen. 308
Die räumliche Ferne des geistlichen Leiters wird in
den Landgemeinden als Nachteil erlebt, sobald es vor
Ort keinen eigenen Rabbiner oder Schulmeister mehr
gibt. Aufenthalte des Oberrabbiners sind in den Rothenfelser
Unterlagen nicht nachweisbar. In kirchlichen
Angelegenheiten springt hier zunächst noch der
Orts-Rabi Lazarus Rosenbusch von Karbach ein, bis
auch diese Position nicht mehr besetzt wird. 309 Am 10.
Oktober 1817, bei der Vereidigung der immatrikulierten
Juden im Amtshaus der Burg, ist ein Rabbiner namens
Jacob Erlanger dabei, aber der kommt von
außerhalb zu der Zeremonie und wird sonst in Rothen-
306 StAWü Statistische Sammlung Nr. 280 fol. 234'. Vgl. dazu: Jüdisches
Lexikon, Bd. IV/2 Sp. 896 (Techum schabbat, Sabbatgrenze)
und Bd. II Sp. 486-489 (Eruw techumin, Vereinigung
der Sabbatweggrenzen).
307 StAWü Statistische Sammlung Nr. 280 fol. 226, 233 (Datenerhebung
1833/34). – Nach der Säkularisation und dem Übergang
der Region an das Fürstliche Haus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg
gibt es zunächst Irritationen wegen der Zuständigkeiten:
1808 beklagt sich der Wertheimer Rabbiner [Samuel]
Hirsch [Adler] bei der Domänenkanzlei, er bekomme seit einigen
Jahren keine Amtsgebühren und Akzidenzien mehr von der
Judenschaft des Amtes Rothenfels. StAWt-R Rep. 41e Nr. 2.
308 StAWü Landratsamt Lohr Nr. 1585; vgl. Anm. 289.
309 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8498 fol. 61 (29. 12.
1819). Der Vorgang wird erwähnt im Zusammenhang mit dem
Kampf der Karbacher jüdischen Gemeinde gegen ihre Unterstellung
unter den Würzburger Oberrabbiner Abraham Bing.
Der Karbacher privilegirte und verpflichtete Orts-Rabiner Lazarus
Rosenbusch betreut demnach auch die Amtsorte Greußenheim
und Rothenfels. In der Statistik von 1833 über die
Religionsverhältnisse (wie Anm. 307) wird auch für Karbach
kein eigener Rabbiner mehr genannt.
fels nicht mehr genannt. 310 Aus dem Jüdischen Standesregister
für Rothenfels und Bergrothenfels, beginnend
mit dem Jahr 1829, geht hervor: Beschneidungen
werden von den Rabbinern aus Urspringen ausgeführt,
Beisetzungen von den Amtskollegen oder Religionslehrern
in Laudenbach, dem Ort des Verbandsfriedhofs.
Die wenigen Trauungen dieser Zeit feiert man an
verschiedenen Orten: mit Rabbiner Nathan Heinemann
aus Urspringen, mit Lehrer Benjamin Lämmlein
aus Karbach, mit Oberrabbiner Seligmann Bär Bamberger
in Würzburg, mit Distriktsrabbiner Abraham
Adler aus Aschaffenburg. 311
Sämtliche Kosten für ihren Kultus, ihre Einrichtungen
und ihr Personal tragen die Israeliten selbst. Auch
die kleine Gemeinde Rothenfels erhebt dafür stets eine
Umlage, gestaffelt nach Einkommen und Vermögen
der Familien. Das gilt auch für die Armenpflege – bis
zu ihrer bürgerlichen Gleichberechtigung haben die
Juden keinen Anteil an der kommunalen Versorgung,
sondern finanzieren die soziale Fürsorge für ihre bedürftigen
Mitglieder aus eigenen Mitteln. Im Jahr der
statistischen Erhebungen 1833 heißt es allerdings für
Bergrothenfels und Rothenfels, dass sich hier keine israelitischen
Arme befinden. 312
Zum jüdischen Kultus gehört eine Mikwe, ein Bad
mit fließendem Wasser für die rituellen Waschungen
vor den gemeinsamen Gebeten und die symbolische
Reinigung der Frauen nach der Menstruation und der
Geburt. Die kleinen Gemeinden hatten dafür in der
Regel keine eigene Einrichtung in Form eines Badehäuschens,
sondern einen Raum im Untergeschoss des
Hauses ihrer Betstube.
In der Stadt Rothenfels lässt sich eine solche Kellermikwe
nicht lokalisieren. Das ehemalige Anwesen
der Familie Moyses Lazarus, also das Haus Nr. 4 (heute
Hauptstraße 14), wo sich die Betstube befand, hat
keinen Keller, und beim Abbruch des baufälligen Hauses
und Neubau 1972/77 wurden hier keine Spuren einer
mit Wasser versehenen Badestube bemerkt. 313 Im
Dorf Bergrothenfels befand sie sich im früheren Haus
Nr. 56, also unter einem Dach mit dem Betraum. Bei
einem Umbau des jetzt dort stehenden Wohnhauses in
den Jahren 1977/78 war das Ritualbad im alten Keller
für kurze Zeit sichtbar, bevor es – leider ohne zeichnerische
oder fotografische Dokumentation des Bestandes
– zugeschüttet wurde. 314 Das Dorf verfügte
ehemals über mehrere Wasseradern und Quellwasser-
310 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663. Herkunft oder
Amtsort und biografische Daten zu Jacob Erlanger ließen sich
nicht ermitteln.
311 StAWü Jüdische Standesregister 114.
312 StAWü Statistische Sammlung Nr. 280 fol. 230, 234', 235.
313 Freundliche Mitteilung von Werner Zürn (Rothenfels). Zur
Hausgeschichte vgl. S. 43.
314 Die Mikwe befand sich in der linken Ecke des Hauses in einem
in den Hang gebauten, gefliesten Keller. Die nach starken Regenfällen
noch spürbare Wasserader ist verrohrt und in die Kanalisation
abgeleitet. (Freundliche Mitteilungen von Elisabeth
Ehring und Walter Rausch, Rothenfels.)
54 Winfried Mogge
Grabsteine für Juden aus Rothenfels und Bergrothenfels
auf dem Verbandsfriedhof Laudenbach am Main.
Die Inschriften, soweit noch zu entziffern, in Kurzform:
Oben links: Frau Malez, Tochter des Herrn Hirsch
von Rothenfels, Frau des Herrn Mosche Leib von hier,
gestorben […] 5535 [1774 oder 1775].
Oben rechts: Nathan Jziak [Isaak], Sohn von David
Chaim [Herrmann] [Datum nicht lesbar].
Unten links: Nathan, Sohn des Naphtali [Hirsch],
gestorben 6. Cheschwan 5577 [28. Oktober 1816].
Unten rechts: Tochter von Izrak, Sohn von Natan,
gestorben 25. Tischri 5579 [25. Oktober 1818].
Abbildung Seite 53: Rosel Heil, geborene Stern, Frau
des David Heil, gestorben 26. Nisan 5649 [27. April
1889]. – Im Sterberegister des Standesamtes Bergrothenfels
wird der 26. April 1889 als Todestag genannt,
die Differenz entsteht bei der Kalenderumrechnung.
Juden von Rothenfels 55
leitungen auch im Bereich der Straße, aus denen sich
öffentliche und private Brunnen speisten 315 , so dass die
Mikwe an dieser Stelle mit dem nötigen frischen Wasser
versorgt werden konnte.
Die bayerische Kreisregierung lässt nach der Vereinnahmung
Unterfrankens die zunächst als sehr ungesund
und schädlich befundenen Judentauchen
amtsärztlich visitieren und kontrollieren. Der Rothenfelser
Districts-Physicus kann alsbald einen hygienisch
einwandfreien Zustand der Monatsbäder in
seinem Bereich vermelden. 316
Die neuzeitliche Judengemeinde von Rothenfels
und Bergrothenfels besitzt keinen eigenen Friedhof.
Ihre Toten bringt sie auf den um 1600 gegründeten
großen Verbandsfriedhof nach Laudenbach bei Karlstadt
am Main, den sich bis zu 14 Kultusgemeinden
der Region teilen – also nicht auf den nahegelegenen,
jüngeren Friedhof bei Karbach. 317 In Laudenbach sind
nach aktuellem Kenntnisstand fünf Grabsteine von
Rothenfelser Jüdinnen und Juden aus dem 18. und 19.
Jahrhundert zu identifizieren. 318 Während die meisten,
teils schon abgewitterten Grabsteine aus rotem Sandstein
die typischen schlichten Formen mit einem
schmucklosen Halbbogen zeigen, ist die älteste Stele
(von 1775) aus der Familie Hirsch mit barocken Voluten
verziert. Der jüngste Grabstein (von 1889) führt
mit seiner Größe und einem neugotischen Blendmaßwerk
das Selbstbewusstsein der Familie Heil vor. 319
Das Thema Konversion ist in Rothenfels nicht unbekannt.
Bereits während der Gegenreformation gibt
es im Fürstbistum missionarische Bemühungen um
Protestanten, Juden und Muslime. Nicht wenige Angehörige
der verfolgten Minderheiten erhoffen sich vom
Übertritt zum katholischen Glauben verbesserte Daseinsbedingungen.
Das Würzburger Julius-Spital ist
der landesweit zentrale Ort für ihren Religionsunterricht
und die Taufen. 320 Doch auch der Stadtpfarrer
315 Vgl. P. Kolb, Bergrothenfels, S. 87 f und Abb. 6 im Anhang; W.
Mogge, Dies uralt Haus, S. 241-245.
316 StAWü Regierung von Unterfranken Nr. 8663 (Berichte 1825,
1829). Die Verordnung zur Kontrolle der Kellerquellenbäder
der Israelitinnen vom 15. 10. 1828 bei G. Döllinger, Sammlung,
S. 151.
317 Vgl. L. Scherg, Jüdisches Leben, S. 26 f; L. Mayer, Jüdische
Friedhöfe, S. 106-111. – Ein Gräberverzeichnis der von 1850
bis 1886 in Laudenbach beigesetzten Juden enthält auch Rothenfelser
und Bergrothenfelser Namen, u. a. Nathan Freudenberger
(1868) und seine Frau Regina Freudenberger [geb.
Schlesinger] (1868), das Kind Nathan Heil (1850), Abraham
Heil (1875), David Heil (1877), Joseph Heil (1874), Benjamin
Herrmann (1868), Dolz Heß [geb. Heil] (1864) und ihren Mann
Hajm Heß aus Würzburg(1866), Michael Kahn aus Steinbach
(1865), das Kind Riela Kahn (1875), Minna Weinstock [geb.
Herrmann] (1864) (HStA Stuttgart J 386 Bü 340).
318 Freundliche Mitteilungen und Vermittlung der Inschriften von
Georg Schnabel, Karlstadt.
319 Der Grabstein für Rosel Heil trägt auf dem Sockel den Namen
des Steinmetzen: Joh. Straub von Bergrothenfelz [!].
320 A. W[endehorst], Juden, S. 52. Eine entsprechende regionale
Rolle des Julius-Spitals in Rothenfels ist auszuschließen
(freundlicher Hinweis von Dr. Peter Kolb, Würzburg).
Friedhof Laudenbach: Grabstein Rosel Heil (1889)
von Rothenfels begleitet solche Konversionen. In der
Pfarrmatrikel sind etliche zuvor protestantische und
jüdische Personen verzeichnet, die hier bekehrt wurden
und in hiesiger Pfarrkirche das Glaubensbekenntnis
ablegten. 321 Aus der örtlichen Judengemeinde ist
jedoch niemand dabei.
Zwei spektakuläre Fälle finden in Rothenfels hohe
Beachtung. Am 10. März 1771 werden in der Stadtpfarrkirche
zwei junge Juden, 22 und 20 Jahre alt,
Brüder aus Homburg am Main, nach vorangegangenem
Religionsunterricht getauft. Sie bekommen neue
Vornamen, nämlich die ihrer Paten, des Centgrafen
Franz Ludwig Lippert und des Stadtschreibers Franz
Nikolaus Fleischmann, und den Zunamen Christenfels,
hergeleitet von der Stadt Rothenfels. Bald darauf
gehen sie nach Frankfurt unter die kaiserlichen
Kriegsvölker. 322
321 Nachrichten über jüdische Konvertiten in Rothenfels, die aber
nicht aus der dortigen jüdischen Gemeinde stammen: Am 2. 1.
1733 stirbt Michael Joseph, ein getaufter Jude. Am 8. 2. 1740
lässt sich Peter Philipp Glück, vor seiner Hochzeit Jude, mit
seiner Frau Margaretha nach vierzigjähriger christlicher Ehe ein
zweites Mal trauen. Außerdem die im Folgenden genannten
Konversionen von 1719 und 1771. DAW Amtsbücher aus Pfarreien
4281 (Matrikeldatei); PfarrAR Pfarrchronik (Chronik I) S.
114-116.
322 PfarrAR Pfarrchronik (Chronik I) S. 116. Der Stadt Rothenfels
erbringen solche Konversionen offensichtlich einen hohen Prestigegewinn
und beachtliche Kosten. Auf Anordnung des Amtskellers
werden die beiden jungen Männer während des
56 Winfried Mogge
Eine andere Bekehrung hat ihre bildlichen Spuren
bis heute sichtbar hinterlassen. Am unteren Teil der
barocken Treppe von der Stadt zur Burg Rothenfels
steht neben einer zeitgleichen Kreuzwegstation der sagenumwobene
Judenbildstock. In qualitätvoller Steinmetzarbeit
ist die biblische Ölbergszene dargestellt:
Christus kniet betend auf einem Felsen; ihm gegenüber
erkennt man eine kleine weibliche Gestalt, die
von einem Lichtstrahl aus einer mit einem Putto besetzten
Wolke getroffen wird. Den Anlass für die Stiftung
dieses Steines verkündet die Inschrift auf der
Rückseite, in buchstabengetreuer Wiedergabe 323 :
DIESE BILTNUS
IST VON MARIA
PHILIPPINA SCHARLOTA
NIDERHÖFERIN ZUR
DANCKSAGUNG WEGEN
IHRES BERUFS VON DEM
JUDENTHM ZUM WAREN
CATHOLISHEH GLAUBEN
AUF DEN SCHLOSSBERG
ZU STATT ROTHENFELS
GESEZT WORDEN
den 3 october
ANNO 1752
Religionsunterrichts und der Zeit der Taufe von der Stadt untergebracht
und verpflegt und anschließend noch nach Würzburg
gefahren. StadtAR III 11/19 S. 112, III 11/20 S. 111 (Ausgaben
Geld ad pias causas, insgesamt rund 33 fl für Quartier, Zehrung,
Fahrtkosten, brodt undt weck).
323 Buchstabengetreue Wiedergabe mit originalen Schreibfehlern;
alle bisherigen Veröffentlichungen enthalten darüber hinausgehende
Lesefehler.
Der Vorgang hat allerlei fantasievolle Erklärungen
zur Person und Herkunft der Stifterin und zu den Hintergründen
ihrer Konversion hervorgebracht. Nüchterne
Auskunft gibt die Rothenfelser Pfarrchronik, die
wiederum die alten Pfarrmatrikeln und somit auch Namen
und Lebenslauf des jüdischen Mädchens aus dem
Wolfskelischen Orte Reichenberg 324 kennt: am 7. September
1719 unter großem Zulaufe des Volkes in der
Stadtpfarrkirche von Rothenfels getauft, damals 24
Jahre alt, am 8. Januar 1720 mit dem Büttnermeister
Johann Michael Weitzel verheiratet, am 11. September
1781 hochbetagt als Pfründnerin im hiesigen Julius-
Spital verstorben. Prominente Taufpaten sind der
fürstbischöfliche Oberamtmann Philipp Emmerich
Philibert von Hettersdorf (1711-1749) und seine Frau
Charlotta Katharina Brigitta, geborene von Guttenberg;
von ihnen bekommt die junge Frau ihre neuen
Vornamen. 325 Die in literarische und volkstümliche
Sammlungen eingegangenen Legenden vom armen,
schönen, verfolgten Judenmädchen sind freie Erfindungen.
326
324 Reichenberg (Unterfranken) bei Würzburg, Sitz der Freiherren
Wolffskeel von Reichenberg.
325 PfarrAR Pfarrchronik S. 116; DAW Amtsbücher aus Pfarreien
4281 (Matrikeldatei).
326 Vgl. B. Rösch, Judenweg, S. 340 f, 345 (mit Nachweis und Zusammenfassung
bisheriger Literatur, was hier nicht wiederholt
werden soll). Dort (S. 332-350) auch Ausführungen über weitere
fränkische Judensteine und die Instrumentalisierung der Juden
in regionalen Sagen. So ein Judenbildstock von 1612 an der
Friedhofsmauer des nahegelegenen Dorfes Roden, der laut lokaler
Überlieferung an die Ermordung eines jüdischen Händlers
Juden von Rothenfels 57
Auch die Mitglieder der jüdischen Kultusgemeinde
hatten auf ihren Wegen zwischen der Stadt Rothenfels
und dem Dorf Bergrothenfels diesen Gedenkstein vor
Augen. Die Zeitgenossen verstanden zweifellos seine
Botschaft: Über den individuellen Anlass hinaus fand
hier eine missionarische Demonstration für die Überlegenheit
des Katholizismus statt. 327
Von einer Konversion aus den eigenen Reihen ist
erst nach dem Ende der Rothenfelser Kehillah die
Rede: Die Tochter Frieda des letzten hiesigen Juden
Nathan Kahn tritt, sehr zum Leidwesen des orthodox
jüdischen Vaters, 1901 zum katholischen Glauben
über und heiratet im selben Jahr den Steinhauer Andreas
Benno Völker aus Bergrothenfels; im Lohrer
Bürgerakt heißt es lakonisch, sie werde seitens ihres
verwitweten Vaters als verstoßen betrachtet. 328
15. Das Ende der Kehillah Rothenfels
Das Ende der jüdischen Gemeinde von Rothenfels und
Bergrothenfels kommt bereits vor 1900 in einem
schleichenden Prozess. Von einer Kehillah im Sinne
einer lebendigen Kultusgemeinschaft kann wohl schon
länger keine Rede mehr sein. Die Schriftquellen geben
keinen Aufschluss über eine formelle Abmeldung als
Korporation oder eine Auflösung der Synagoge und
den Verbleib des Interieurs. Der Tod des Gemeindesprechers
Nathan Freudenberger (1868) und seiner
Nachfolger Joseph, David und Abraham Heil innerhalb
weniger Jahre (1874-1877) dürfte der Anfang
vom Ende gewesen sein. Die im 19. Jahrhundert hier
ansässigen Familien sterben aus – und ihre Kinder ziehen
fort. Insofern ist dieser Ort ein charakteristisches
Beispiel für den Untergang zahlreicher mainfränkischer
Landjudengemeinden. 329
Aufschlüsse über die eine Zeit lang expansive Entaus
Rothenfels erinnern soll – wogegen einzuwenden ist, dass
zu jener Zeit in unserem Ort keine Juden nachweisbar sind.
327 Vgl. B. Rösch, Judenweg, S. 345. – Der Judenbildstock wurde
1949 mutwillig zerstört, der Aufsatz fand sich 1951 in Hafenlohr
in einer Gartenmauer, wurde renoviert und am alten Platz
wieder aufgestellt. Anmerkung in PfarrAR Pfarrchronik S. 327.
328 PfarrAR Familienbuch Bergrothenfels S. 458 f; DAW Amtsbücher
aus Pfarreien 4294. Zitat aus: StadtA Lohr 150.2/K (Bürgerakt
Nathan Kahn). Vgl. S. 58 und die Stammtafel S. 70. –
Frieda (Friederike Maria) Kahn konvertiert am 9. 4 1901 und
heiratet am 12. 5 1901 (laut Standesamt Lohr: 3. 9. 1900) den
Vater ihrer Kinder. In den amtlichen Schriftquellen finden sich
Hinweise auf die Aufenthaltsorte Philadelphia (USA) und Lohr
am Main, schließlich wieder Bergrothenfels. In der Familie
Völker gibt es mündlich überlieferte Erinnerung an die schöne,
dunkelhaarige Judefride, die als Witwe bei der Familie in
Bergrothenfels lebte (freundliche Mitteilung von Barbara Endres,
Marktheidenfeld). Der Werdegang der Kinder wurde im
Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht recherchiert: David, jetzt
Joseph (1894-?, vermisst im Ersten Weltkrieg), Erna, jetzt Barbara
(1896-1966), Rupert Alfred (1906-?) (PfarrAR Familienbuch
Bergrothenfels S. 459, und freundliche Auskunft des
Standesamts Lohr).
329 Vgl. L. Scherg, Jüdische Gemeinden, S. 154-157.
wicklung und das fast gleichzeitige Ende der jüdischen
Familien von Rothenfels und Bergrothenfels
gibt ein nur wenige Seiten umfassendes Standesregister.
Die Geschichte dieses Dokumentes ist so bizarr,
dass sie erzählt zu werden verdient. Seit 1820 müssen
in dem neuen bayerischen Untermainkreis die christlichen
Ortspfarrer Personenstandsregister auch für die
jüdischen Gemeinden führen. Die enden meist mit der
landesweiten Einrichtung der kommunalen Standesämter
am 1. Januar 1876. In den 1940er Jahren geraten
die Listen in das Blickfeld nationalsozialistischer Behörden,
werden beschlagnahmt und als Forschungsmaterial
für die Überprüfung von „Ariernachweisen“
verfilmt und genutzt. Diesen Weg geht auch die Rothenfelser
„Judenmatrikel“; nach ihrer Beschlagnahme
am 3. Februar 1942 gilt sie als verschollen, auch eine
zuvor im Pfarramt noch angefertigte Abschrift ist verloren
gegangen. 330 Eine Kopie des am 14. März 1945
(!) im Außenlager Schloss Rathsfeld des „Reichssippenamtes“
aufgenommenen Filmes jedoch hat sich im
Staatsarchiv Würzburg erhalten. 331
Das nach dem Muster der Pfarrmatrikeln angelegte
Verzeichnis enthält vier Trauungen, zwölf Geburten
und 19 (eigentlich 20) Sterbefälle 332 der Familien
Freudenberger, Hamburger, Heil, Herrmann und Kahn
aus den Jahren 1829 bis 1875 mit detaillierten Angaben
zu den Personen. 333 Eine Interpretation der Daten
und ihre Verknüpfung mit Informationen aus anderen
Schriftquellen ergibt gleich mehrere Erklärungen für
das Ende dieser Kehillah.
Die Stadt Rothenfels taucht bezeichnenderweise in
dem jüdischen Standesregister fast nicht mehr auf.
Notiert ist hier allein die Hochzeit von Joseph Heil
(1795-1874) mit Jethe Stiefel (1810-?) aus dem badischen
Hochhausen im Jahr 1836; Kinder aus dieser
Ehe werden nicht vermeldet. 334 Aus anderen schriftlichen
Quellen erfahren wir von einem Händler namens
Abraham Heil in Rothenfels nur das Jahr des Todes
und der Geschäftsaufgabe (1879); wie er mit den ansässigen
Heils verwandt ist, bleibt offen. 335
Außerdem halten sich in der Stadt noch vereinzelte
Mitglieder der alten Familie Mayer Moyses (Mayer)
330 B. Polster, Quellen zur jüdischen Familienforschung, S. 167-
169, 172, 202 Anm. 9.
331 StAWü Jüdische Standesregister 114.
332 Ein Todesfall, ein nach der Geburt verstorbenes Kind, ist nicht
im Sterberegister, sondern im Geburtenregister notiert.
333 Vgl. unten S. 71-73. Die folgenden biografischen Daten sind ergänzt
aus: PfarrAR Familienbücher für Bergrothenfels und Rothenfels;
VG Marktheidenfeld, Standesämter Bergrothenfels
und Rothenfels: Geburts-, Heirats- und Sterberegister.
334 StAWü Jüdische Standesregister 114. Eine erste Verlobung von
Joseph Heil mit Esther Selig aus Kirchschönbach (Prichsenstadt),
bezeugt in einem Vorgang von 1819 (StadtAR II 2/16,
13. 6. 1819), führte nicht zur Hochzeit.
335 StadtAR II 10/3, II 10/4. Mehrere Mitglieder der Familie Heil,
1877-1883 in den Heberegistern für die Kapitalrenten- und Einkommensteuer
genannt, lassen sich nicht eindeutig zuordnen
(StadtAR IV 9/9 bis IV 9/18).
58 Winfried Mogge
auf. 336 Ein kurzes Gastspiel gibt Joseph Bernay (1769-
1848), wohl identisch mit einem Viehhändler aus einer
großen Karbacher Familie. 337 Schließlich kommt,
wenn auch nur für ein Jahrzehnt, der Schnittwarenhändler
David Grünewald (1850-?) aus Karbach hinzu,
der 1879 Fanny Heil (1852-?) aus Bergrothenfels –
eine Tochter von Abraham und Hanna Heil – heiratet
und 1887 in seinen Heimatort zurückkehrt. 338
Im Dorf Bergrothenfels zeichnet sich zunächst
reichliches Leben in die Zukunft ab. Dort, bei den Familien
Heil und Kahn, häufen sich in der „Judenmatrikel“
die Trauungen und Geburten. David Heil (1800-
1877) hat mit seiner Frau Rosetta (Rosel) Stern (1807-
1889) drei, Abraham Heil (1802-1875) mit seiner Frau
Hanna Lindheim (1820-?) sechs Kinder. Insgesamt
fünf überleben die Geburt oder das Kleinkindalter.
Niemand aus dieser Generation bleibt in dem Dorf, die
Landwirtschaften der Väter werden nach deren Absterben
auf neue Besitzer verteilt. 339 Die weiteren Lebenswege
der Nachkommen Heil ließen sich mit nur
einer Ausnahme bisher nicht ermitteln. 340
Die beiden Bergrothenfelser Großfamilien Hamburger
und Herrmann haben in der im Standesregister
genannten Zeit überhaupt keine Geburten zu verzeichnen.
Verheiratet sind der alt gewordene Amsel Hamburger
(1755-1833) und der jung verstorbene
Benjamin Hamburger (1792-1832). Weitere Männer
und Frauen ziehen Kinder im Dorf groß, die aber keine
bleibenden Spuren hinterlassen. Auffallend viele
Mitglieder beider Familien, Männer wie Frauen, bleiben
ledig.
Schließlich endet mit der dritten Generation auch
die Familie Freudenberger. Der für damalige Verhältnisse
steinalt gewordene Nathan Freudenberger (1784-
1868) und seine Frau Regina Schlesinger (1791-
1868), beide im Dorf verstorben, erscheinen im Personenstandsregister
nicht mit Kindern. Die dürften vor
dem Einsetzen dieses Dokumentes geboren worden
und bald weggezogen sein. 341 Auch von einem Bruder
Abraham Freudenberger fehlt jegliche weitere Nachricht.
342
336 StadtAR IV 3/4 S. 101 (1876 eine Witwe Mayer genannt).
337 StadtAR IV 3/7 Bl. 10 (1812); StadtAR II 9/1 (1817).
338 StadtAR II 10/4 (unpaginiert; 4. 8. 1885), II 10/3 (unpaginiert;
15. 8. 1887), 41-2 (unpaginiert; 14. 11. 1879); vgl. Anm. 200
und 249.
339 StAWü GrStKat Bergrothenfels: Renoviertes GrStKat Bd. I S. 7
f; vgl. Anm. 265.
340 Rachel Baer geb. Grünewald (1885-1941?), Enkelin von Abraham
und Hanna Heil; vgl. S. 59.
341 Einige in den Akten genannte Personen namens Freudenberger
sind nicht genau zuzuordnen. Ein Benjamin, 1849 mit einer
Rugstrafe bedacht, dürfte ein Sohn von Nathan und Regina
Freudenberger sein (StadtAR II 1/4, 3. 9. 1849). Eine Hanna
Freudenberger, 36 Jahre alt, die 1827 Heiratserlaubnis erhält,
dürfte eine Schwester des jüngeren Nathan sein (StadtAR 21-1
S. 572). Sicher hingegen ist: Eine Joanna Schön Freudenberger,
27 Jahre alt, 1818 verheiratet mit Jakob Tannenwald aus Karbach,
ist eine Tochter des älteren Nathan und seiner Frau Beß
geb. Hirsch (StAWü Jüdische Standesregister 51).
342 Vgl. S. 38.
Die letzte nach Bergrothenfels zugezogene Familie
hält sich hier keine zwei Generationen. Nathan Kahn
(1832-1913) aus Steinbach bei Lohr bekommt 1870
das Heimat- und Bürgerrecht im Dorf und heiratet
Rosa Heil (1839-1895), die Tochter des Landwirts David
Heil. 343 Nach dem Tod seiner Frau geht er nach
Lohr am Main. Dort erwirbt er ein Haus (die alte Nr.
107, jetzt Gerbergasse 16) und 1906 die Bürgerrechte.
Als altersschwacher Mann kommt er 1913 in das Städtische
Hospital Lohr, dann in das Israelitische Krankenhaus
Würzburg, wo er noch im selben Jahr stirbt. 344
Die Tochter Frieda (1872-1930) findet sich nach verschlungenen
Umwegen über Philadelphia (USA) mit
ihrem Mann Andreas Benno Völker (1870-1907) in
Lohr und schließlich wieder in Bergrothenfels ein. 345
Eine Tochter Riela (1873-1875) stirbt schon als Kleinkind.
346 Der Sohn Michael Kahn (1875-1943) wandert
nach Frankfurt am Main ab, wo er als Kaufmann firmiert.
347
Warum die Rothenfelser Juden im letzten Drittel
des 19. Jahrhunderts ihr Interesse an dem Mainstädtchen
und dem zugehörigen Dorf verlieren, warum sich
auch keine neuen Familien hier anmelden, wird nirgends
genannt. Offensichtlich aber bietet der Ort ihnen
keine beruflichen Chancen mehr. Daran kann auch die
Eröffnung der Eisenbahnlinie zwischen Lohr und
Wertheim im Jahr 1881, mit Station und Umschlagplatz
in Rothenfels, nichts mehr ändern. 348 Auch der
Wegfall der engen staatlichen Zuzugs- und Aufenthaltsbestimmungen
seit 1861 wirkt sich hier nicht
mehr spürbar aus. Im Gegenteil: Die endliche Erlangung
der bürgerlichen Gleichberechtigung der Juden
mit freier Wahl des Berufes und des Wohnortes hat die
Tore in die nahe und die weite Welt geöffnet. Die benachbarten
Mittelstädte und die entfernteren Großstädte
– vor allem Frankfurt am Main – locken mit der
Aussicht auf berufliches Fortkommen und gesellschaftlichen
Aufstieg. Aus einigen Orten im heutigen
Main-Spessart-Kreis sind Auswanderungen in die Vereinigten
Staaten bekannt. 349 So auch aus Bergrothenfels:
1840 emigrieren drei junge, ledige Frauen von
hier nach Nordamerika, darunter die Jüdin Rosina
Hamburger. 350
343 StadtAR 41-2; 311-49 fol. 22 (Jahresrechnung 1870: Nathan
Kahn zahlt 25 fl Heimathgebühren; die gleichzeitig neu aufgenommenen
christlichen Bürger zahlen nur 10 fl).
344 StadtA Lohr 150.2/K (Bürgerakt Nathan Kahn).
345 Vgl. Anm. 328.
346 StAWü Jüdische Standesregister 114.
347 StadtA Lohr 150.2/K (Bürgerakt Nathan Kahn).
348 Vgl. P. Kolb, Chronik, S. 203 f.
349 Vgl. z. B. die Ortsartikel Heßdorf, Karbach und Urspringen in:
www.alemannia-judaica.de.
350 StadtAR 21-1 S. 965 f. Der Gemeinderat stellt Rosina Hamburger
(27) die nötigen Leumunds- und Gesundheitszeugnisse aus
und bestätigt den Nachweis des obligatorischen Reisegeldes; es
gibt auch keine Verwandten mehr, die ihr irgend ein Hindernis
in den Weg legen könnten. Auswanderungsanträge werden auch
für die Christinnen Anna Maria Wießmann (28) und Margaretha
Herrmann (24) genehmigt.
Juden von Rothenfels 59
16. Verstreut, verschollen, ermordet
Nur wenige Nachrichten gibt es über Nachkommen
der Rothenfelser und Bergrothenfelser Juden. Im Ort
selbst ließen sich bei den Recherchen für die vorliegende
Publikation keine Erinnerungen mehr abrufen;
möglicherweise führen die folgenden Hinweise noch
zu weiteren Materialfunden oder gar zu Überlebenden
der Enkel- und Urenkelgenerationen. Nachweisbar
sind bisher einige Opfer der nationalsozialistischen
Verfolgungen:
Rachel Grünewald, am 9. Januar 1885 in Rothenfels
geboren, ist seit 1910 verheiratet mit dem Weingroßhändler
Hippolyt Baer (1877-?) aus Sulz am
Wald, dessen Geschäft in Frankfurt am Main seit 1933
boykottiert wird und nach dem November-Pogrom
1938 eingeht. Das Ehepaar wird 1940 mit ungenanntem
Ziel verschleppt und stirbt vermutlich in einem
nationalsozialistischen Vernichtungs- oder Konzentrationslager;
das letzte Lebenszeichen stammt vom 12.
Dezember 1941. Drei in Frankfurt geborenen Kindern
– Josef (1911-?), Babette (1913-?) und Max (1917-?)
– gelingt noch rechtzeitig über die Niederlande die
Flucht ins Exil. Die jüngste Tochter Clementine, geboren
am 24. März 1924 in Frankfurt, als Achtzehnjährige
von dort deportiert, kommt am 11. Juni 1942 im
Vernichtungslager Sobibor ums Leben. 351
Der am 17. März 1875 in Bergrothenfels geborene
Michael Kahn, Kaufmann in Frankfurt am Main, verheiratet
seit 1914 mit der Lohrer Handelsmanntochter
Meta Kahn,wird am 15. September 1942 ins Ghetto
Theresienstadt deportiert, wo er am 2. Februar 1943
umkommt. Seine Frau, geboren am 14. Juni 1891, als
Kranke in der Landesheil- und Pflegeanstalt Erbach-Eichberg
untergebracht, wird am 5. Februar 1941
von dort in die Tötungsanstalt Hadamar verbracht und
ermordet. Nachkommen des Paares lassen sich in den
(unvollständig erhaltenen) Frankfurter Einwohnermeldeunterlagen
nicht ermitteln. 352
Epilog
„Jetzt ist kein einziger Jude hier mehr ansässig“, notierte
der katholische Pfarrer von Rothenfels um 1900
in einem Nachsatz zur Pfarrchronik. 353 Dabei sollte es
bleiben – die letzte Generation derer, die so zäh um ihr
Lebensrecht in dem Ort gekämpft hatten, starb um
1870/75 aus; die Witwen folgten den Männern nach;
von ihren Nachkommen blieb niemand dort. 354
351 Freundliche Mitteilungen des Jüdischen Museums Frankfurt am
Main, des Instituts für Stadtgeschichte Frankfurt am Main und
des Bürgerbüros Neuhof-Fulda. Vgl. die wenigen Daten in: Gedenkbuch
Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945
(www.bundesarchiv.de/gedenkbuch); Zentrale Datenbank der
Holocaustopfer (db.yadvashem.org/names). – Für den Sohn
Josef Baer ließ sich ermitteln: 17. 2. 1932 Zuzug nach Neuhof
bei Fulda, 16. 1. 1933 Wegzug nach Almelo (Niederlande).
352 Freundliche Mitteilungen des Jüdischen Museums, Frankfurt
am Main, und des Instituts für Stadtgeschichte, Frankfurt am
Main; vgl. Gedenkbuch (wie Anm. 351).
353 PfarrAR Pfarrbuch S. 298.
354 Ausgenommen die Konvertitin Frieda Völker geb. Kahn; vgl.
oben S. 57 f.
60 Winfried Mogge
Rothenfels
Die älteste bisher bekannte fotografische Aufnahme (Ausschnitt),
entstanden vor dem Bau des Bahndammes (1880), Fotograf unbekannt
Juden von Rothenfels 61
Anhang 1
Schutzjuden im Amt Rothenfels (17. bis 18. Jahrhundert)
1655 1675 1699 1720 1725 1731 1743 1748
Haushalte
Personen
Haushalte
Personen
Haushalte
Personen
Haushalte
Haushalte
Haushalte
Haushalte
Haushalte
Rothenfels 2 20 2 6 4 22 3 3 4 2 4
Bergrothenfels - - - - - - 1 1 2 2 3
Birkenfeld - - - - 1 8 2 2 2 2 2
Greußenheim - - 1 5 1 6 2 2 3 3 3
Karbach - - 1 8 4 25 7 10 8 11 4
Zimmern - - - - 1 5 - - - - -
gesamt 2 20 4 19 11 66 15 18 19 20 16
Erfasst sind nur die Schutzjuden des Hochstifts Würzburg, nicht die der Adeligen und anderer
Körperschaften. In Rothenfels und Bergrothenfels leben ausschließlich hochstiftische Schutzjuden,
in Karbach auch solche der Herren von Sickingen und des Julius-Spitals Würzburg.
Quellen:
1655: StAWü Administrationsakten 8318 (unpaginiert)
1675: StAWü Administrationsakten 8318 (unpaginiert)
1699: StAWü Gebrechenamtsakten VI W 273 (unpaginiert)
1720: StAWü Standbuch Nr. 933 fol. 519
1725: StAWü Standbuch Nr. 935 fol. 805
1731: StAWü Standbuch Nr. 937 fol. 1603
1743: StAWt-R R 76, Rothenfelser Amtsrechnung Jg. 1743/44 S. 280
1748: StAWü Standbuch Nr. 942 S. 248
62 Winfried Mogge
Anhang 2
Juden im Herrschaftsgericht Rothenfels (19. bis 20. Jahrhundert)
1817 1830 1833 1871 1904 1905
Personen
Personen
Familien
Personen
Personen
Personen
Personen
Rothenfels 8 4 1 3 4 - -
Bergrothenfels 14 14 3 15 10 3 -
Greußenheim 37 59 9 54 38 25 23
Karbach 89 114 25 110 87 81 79
gesamt 148 191 38 182 139 109 102
Quellen:
1817: StAWt-R R 76 (Rothenfelser Rentamtsrechnung Jg. 1816/17)
1830: A. Rottmayer, Statistisch-topographisches Handbuch (1830), S. 519-525
1833: StAWü Statistische Sammlung Nr. 280; Regierung von Unterfranken 8540
1871: K. statistisches Bureau, Ergebnisse der Volkszählung 1871 (1873), S. 180, 189
1904: K. Bayer. Statistisches Bureau, Ortschaften-Verzeichnis 1904 (1904), Sp. 1357-1361, 1393
1905: K. Statistisches Bureau, Gemeinde-Verzeichnis 1905 (1906), S. 230-232, 243
Weitere Zahlenreihen aus den Gemeinde-Verzeichnissen bei:
G. Christ, Lohr, S. 79 f.
Erfasst sind nur die Schutzjuden des Hochstifts Würzburg, nicht die der Adeligen und der
geistlichen Körperschaften. Hinzu kommen z. B. in Bergrothenfels Einzelpersonen, Witwen
und elternlose Kinder, die nur geduldet und keine Gemeindemitglieder sind.
Juden von Rothenfels 63
Anhang 3
Juden im Herrschaftsgericht Rothenfels (1833)
Ansässig Erwerbszweige Bildung und
Kult
Familienzahl
Seelenzahl
Familien mit vollem Bürgerrecht
Groß- und Detailhandel
Ordentliche Gewerbe und Handwerke
Selbstständige Ökonomiebetriebe
Not- und Hausierhandel
Rabbiner, Lehrer, Vorsänger
Schulpflichtige Kinder
Eigene Religionsschule
Eigene Betstube oder Synagoge
Rothenfels 1 3 - - 1 - - - - - -
Bergrothenfels 3 15 1 1 - 1 1 - - - 1
Greußenheim 9 54 9 - 2 1 5 1 15 1 1
Karbach 25 110 8 3 3 - 18 1 31 1 1
gesamt 38 182 18 4 6 2 24 2 46 2 3
Ergänzungen:
In Bergrothenfels wohnen außerdem eine Einzelperson, zwei Witwen und mehrere
elternlose Kinder (nur geduldet, keine Gemeindemitglieder).
Ein Vorsänger in Bergrothenfels ist ehrenamtlich tätig und in den Statistiken nicht
aufgeführt.
Zum Vergleich die Zahlen der christlichen Familien:
Rothenfels 200, Bergrothenfels 115, Greußenheim 148, Karbach 225, gesamt 688.
Quellen:
StAWü Statistische Sammlung Nr. 279, 280
(Daten erfasst nach Nr. 280, dort kleinere Abweichungen zu Nr. 279)
64 Winfried Mogge
Anhang 4
Seelen-Register 1743
───────────────────────────────────────────────────────
Juden von Rothenfels 65
Einwohner-Statistik für das fürstbischöflich-würzburgische Amt Rothenfels aus der Amtsrechnung für 1743/44
(Aus: StAWt-R R 76, Jg. 1743/44, S. 280/281).
Verzeichnet werden die Einwohner für die zu der Zeit 18 Amtsorte (vgl. die Karte S. 16), aufgeschlüsselt nach
Männern, Frauen, Söhnen, Töchtern, Knechten und Mägden (insgesamt 6.191 Personen). Auf der zweiten Seite
folgen zwei Gruppen ohne Bürgerrechte: Beisitzer (Beisassen) und Juden. Während die Bürger mit genauen
Kopfzahlen (Seelen) gelistet sind, werden letztere nur nach Haushaltungen gezählt. In den beiden letzten Spalten
werden noch die bewirtschafteten (bebauten, gebauten) und unbewirtschafteten (öthen) Hofstätten addiert.
Orte:
Rothenfels
Zimmern
Bergrothenfels
Windheim
Karbach
Birkenfeld
Greußen(heim)
Roden
Ansbach
Waldzell
Steinfeld
Neustadt
Erlach
Pflochsbach
Sendelbach
Hafenlohr
Esselbach
Oberndorf
Nicht dabei:
Marienbrunn
(zu Hafenlohr)
66 Winfried Mogge
Anhang 5
Jüdische Familien in Rothenfels (17. bis 19. Jahrhundert)
────────────────────────────────────────────────────────────────
Jöstlein Joseph Mendlein
1646 1655,1675 1655,1675
1675 tot
┌─────┴─────┐
Moyses Jöstle Mayer Perlein Samuel Aaron
Jude am Maintor Jöstlein Meyerlein Behrlein 1688-1694 1702,1704
1671-1699 1699 1675-1706 1675-1701
1719 tot
Moyses (Moschel) Nathan Perlein Hirsch
Moyses Lazarus 1720 Behrlein Hirschlein
(1694/95-1775) 1731 tot 1732,1736 1720-1743
1736 nach B.
│
Perlein Männlein
[junior] Männle
1734,1736 1734-1775
1736 nach B. ¦ │ 1736 nach B.
¦ │
┌─┴───────────────────┐ ?
Mayer Nathan Behrlein Moyses Berl Nathan Hirsch
Mayer Moyses Nathan Moyses Behrlein Moyses Perlein Hirschlein
1750-1795 1749,1751 1753,1763 1749,1751 1734-1760
1798 tot 1751 nach Karbach 1753 in Karbach 1749 nach B. 1749 nach B.
¦ 1759 tot 1759 tot
¦
?
Isack Mayer Nathan Isack (Heil)
1799 (1753-1830)
1813 von B.
┌─┴────────────────────────┐
Joseph Heil David Heil Abraham Heil Joseph Bernay
(1795-1874) (1800-1877) (1802-1875) (1769-1848)
1826 nach B. 1846 nach B.
Abraham Heil David Grünewald
1879 1879-1887
1879 tot 1887 nach Karbach
Versuch einer Darstellung nach Generationen und Familien
Korrekturen und Ergänzungen vorbehalten
Zahlen ohne Klammern: Jahre der Erwähnung
Zahlen mit Klammern: Lebensdaten
B. = Bergrothenfels
R. = Rothenfels
Juden von Rothenfels 67
Anhang 6
Jüdische Familien in Bergrothenfels (18. und 19. Jahrhundert)
────────────────────────────────────────────────────────────────
Wolff Schlommel Behrlein
1720 1731-1773 1720
1731 tot
Itzig Perlein Männlein
1750,1772 Behrlein Männle
1732,1736 1734-1775
1736 von R. 1736 von R.
¦
?
Isaac Nathan Nathan Hirsch Moyses Berl
1743 Hirschlein Perlein
1734-1760 1749-1751
1749 von R. 1749 von R.
1759 tot 1759 tot
│ ┌─┴─────────────────┐
Nathan Isack Nathan Hirsch Sender Moises Männlein Nathan Männlein
(Heil) (Herrmann) Sendter (Freudenberger) (Freudenberger)
(1753-1830) 1754-1774,1811 1763,1773 1764-1782,1811 1751-1818
1813 nach R. 1816 tot 1817 tot
┌─┴────────┐ ┌──┴─────────────┐ ┌─┴────────────────┐
David Abraham Isaak Nathan Jakob Nathan Nathan Moises Abraham Moises
Heil Heil (Herrmann) (Herrmann) (Freudenberger) (Freudenberger)
(1800-1877) (1802-1875) (1791-1830) 1819-1833 (1784-1868) 1773-1797
1826 von R. 1846 von R.
¦
┌───────────┴────┐ ?
Amsel Benjamin Nathan Benjamin
Hamburger Herrmann Herrmann Freudenberger
(1755-1833) (1799-1868) 1820-1829 1849
¦
┌─┴────────────────┐ ?
Löb Benjamin Oschel Benjamin
Hamburger Hamburger Hamburger Herrmann
1822-1835 (1792-1832) 1822-1831 1817-1878
│
Hänlein Hamburger Nathan Kahn
(1814-1887) (1832-1913)
1870 von Steinbach
1896 nach Lohr
Versuch einer Darstellung nach Generationen und Familien
Korrekturen und Ergänzungen vorbehalten
Zahlen ohne Klammern: Jahre der Erwähnung
Zahlen in Klammern: Lebensdaten
B. = Bergrothenfels
R. = Rothenfels
68 Winfried Mogge
Anhang 7
Stammtafel Männlein / Freudenberger
──────────────────────────────────────────────────────
Männlein
1734-1775 genannt
1736 von Rothenfels nach Bergrothenfels
┌───┴─────────────────────────────────────────────────┐
Moises Männlein ∞ Giedel geb. NN Nathan Männlein ∞ Beß geb. Hirsch
1764-1782, 1817 tot 1751-1818
ab 1811 Freudenberger
ab 1811 Freudenberger
┌───┴─────────────────────────────────────────────────┐
Nathan Moises NN (Tochter) NN (Tochter) Abraham Moises
(Freudenberger) (Freudenberger)
* 1784 1773-1797
+ 6.7.1868
∞ Regina geb. Schlesinger
* 1791
+ 13.3.1868
¦
?
Benjamin Freudenberger
1849
Zahlen ohne Zeichen: Jahre der Erwähnung
Korrekturen und Ergänzungen vorbehalten
Juden von Rothenfels 69
Anhang 8
Stammtafel Isack / Heil
───────────────────────────────────────────────────────────────
Nathan Heil (bis 1811: Nathan Isack)
Viehhändler
* 1753
+ 5.8.1830
∞ Riela (Riele) geb. NN
┌───┴─────────────────────────────────────────────────────────────────┐
Joseph Heil David Heil Abraham Heil NN NN Giedel Dolz Feigel
Handelsmann Bauer Bauer (Jentel) (Vogel)
* 1795 * 26.3.1800 Bergr. * 1802 Bergr. ∞ 1. Simon ∞ Hajm ∞ Michael
+ 3.7.1874 Roth. + 6.6.1877 Bergr. + 25.4.1875 Roth. Fröhlich Heß Kahn
∞ Jethe ∞ Rosetta (Rosel) ∞ Hanna ∞ 2. David
geb. Stiefel geb. Stern geb. Lindheim Grünebaum
* 1810 Hochhausen * 1807 Miltenberg * 22.4.1820 Marktsteft
+ 27.4.1889 Bergr.
┌───────────────────┴───────┐ ┌─────┴─────────────────────────────────┐
Nathan Riele Reiz (Rosa) Riele Elia Nathan Reiz (Rosa) Vögele (Fanny) Golda
* 6.10.1832 * 31.5.1836 * 6.9.1839 Bergr. * 1848 * 1850 * 1850 * 1852 * 1852 * 1857
+ 1.3.1834 + 11.11.1895 Bergr. + 1850 + 1850 ∞ David + 1858
∞ Nathan Kahn Grünewald
* 30.5.1832 Steinbach
+ 28.12.1913 Würzburg
Bergr. = Bergrothenfels
Roth. = Rothenfels
Korrekturen und Ergänzungen vorbehalten
70 Winfried Mogge
Anhang 9
Stammtafel Kahn / Völker
──────────────────────────────────────────────────────────────
Michael (Michel) Kahn ∞ Feigel (Vogel) Kahn geb. Heil
Handelsmann
Handelsmanntochter
* 1794 Steinbach * 1811 Bergr.
+ 2.1.1865 Steinbach + 4. 5. 1875 Steinbach
┌────────────────┴───────────────────────────────────────────┐
Rosetta Nathan Kahn Sani (?) Babett Sigmund Isak Benjamin
* 1829 Handelsmann * 1834 * 1836 * 1839 * 1846 *1848
* 30.5.1832 Steinbach + 1847
+ 28.12.1913 Würzburg
∞ Reiz (Rosa) Kahn geb. Heil
* 6.9.1839 Bergr.
+ 11.11.1895 Bergr.
┌─────────────┴──────────────────────────────────────────────┐
Frieda (Friederike Maria) Kahn (Völker) Riela Kahn Michael Kahn
( konvertiert 9.4.1901) Kaufmann
* 21.7.1872 Bergr. * 10.10.1873 Bergr. * 17.3.1875 Bergr.
+ 11.3.1930 Bergr. + 27.2.1875 Bergr. + 2.2.1943 Theresienstadt
∞ Andreas Benno Völker*
∞ Meta Kahn geb. Kahn
Steinhauer (kath.)
Handelsmanntochter
* 14.6.1870 Bergr. * 14.6.1891 Lohr
+ 10.12.1907 Bergr. + 5.2.1941 Hadamar
┌───────┴───────────────────────────────────────┐
David (Joseph) Völker Erna (Barbara) Völker Rupert Alfred Völker
* 9.4.1894 Philadelphia * 19.6.1897 Lohr * 9.7.1906 Bergr.
vermisst im 1. Weltkrieg + 25.6.1966 Würzburg
* Vater: Johann Michael Völker (1835-1915), Bergr.
Mutter: Maria Anna geb. Harth (1841-1896), Bergr.
Bergr. = Bergrothenfels
Roth. = Rothenfels
Korrekturen und Ergänzungen vorbehalten
Juden von Rothenfels 71
Anhang 10
Personenstandsregister 1829-1875
────────────────────────────────────────────────────────────────
Von 1820 bis 1875 mussten im bayerischen Untermainkreis die christlichen Ortspfarrer Personenstandsregister
auch für die jüdischen Gemeinden führen. Die Rothenfelser „Judenmatrikel“ ist in einer schadhaften, schwer lesbaren
Kopie erhalten (StaWü Jüdische Standesregister 114; vgl. oben S. 57). Das schmale Heft enthält vier Trauungen,
zwölf Geburten und 20 Sterbefälle aus den Jahren 1829 bis 1876 mit Angaben zu den Familien.
Die dort chronologisch aufgelisteten Daten werden im Folgenden in alphabetischer Sortierung nach Namen zusammengezogen.
Weggelassen sind hier weitere Angaben des Originals – bei Geburten: Name der Hebamme
oder des Geburtshelfers, bei Knaben auch Tag der Beschneidung und Name des Beschneiders; bei Trauungen:
Ort der Trauung, Name des Rabbiners oder Lehrers; bei Sterbefällen: Stunde und Ursache des Todes, Name des
Arztes, Tag und Ort der Beisetzung (in der Regel am nächsten oder übernächsten Tag in Laudenbach), Name des
Rabbiners oder Lehrers; bei allen: Angabe der Religion (Jude bzw. Jüdin bzw. Israelit).
Errechnete oder aus anderen Quellen hinzugefügte Daten sind in eckige Klammern gesetzt (vgl. Anm. 333). Bei
den Kindern ist als Geburts- und Sterbeort stets Bergrothenfels einzusetzen. Weitere Namen und Familienzusammenhänge
erschließen sich über die Tabellen und Stammtafeln im Anhang.
Abkürzungen:
V = Vater
M = Mutter
∞ = verheiratet
K = Kind
Bergr. = Bergrothenfels
Roth. = Rothenfels
Freudenberger, Nathan * [1784] + 6.7.1868 Bergr. 84 Jahre
Handelsmann
Bergrothenfels Nr. 56
V: Freudenberger [vorher Männlein], Moises
M: Freudenberger, Giedel
∞ Schlesinger, Regina * [1791] + 13.3.1868 Bergr. 77
Hamburger, Anschel * [1755] + 1.1.1833 Bergr. 78
Bergrothenfels
verheiratet
Hamburger, Benjamin * [1792] + 4.5.1832 Bergr. 40
Bergrothenfels Nr. 23
verheiratet
Hamburger, Giedel + 9.12.(?)1849 Bergr. 64
Bergrothenfels
Witwe [∞ Hamburger, Löw]
Hamburger, Madel + 20.9.1853 Bergr. 31
Bergrothenfels Nr. 23
ledig
Hamburger, Reichel + 14.(?)1.1838 Bergr. 73
Bergrothenfels
Witwe
>>
72 Winfried Mogge
Heil, Abraham * 1802 Bergr. + 25.4.1875 Bergr. 73
Bauer / Handelsmann
Bergrothenfels Nr. 42
V: Heil, Nathan
M: Riela (Riele)
∞ Lindheim, Hanna (20.10.1847) * 22.4.1820 Marktsteft
V: Lindheim, Elias
M: Lindheim, Lina
K: Riele * 28.8.1848
K: Elia * 16.8.1850 + 19.8.1850
K: Nathan * 16.8.1850 + 19.8.1850
K: Reiz (Rosa) * 13.5.1852
K: Vögele (Fanny) * 13.5.1852
K: Golda * 5.1.1857 + 27.11.1858
Heil, David * [26.3.]1800 Bergr. + [6.6.1877] Bergr. [77]
Bauer
Bergrothenfels Nr. 40
V: Heil, Nathan
M: Riela (Riele)
∞ Stern, Rosetta (Rosel) (17.8.1831) * 1807 Miltenberg + [27.4.1889] [92]
V: Stern, Simon Levi
M: Stern, Reitz
K: Nathan * 6.10.1832 + 1.3.1834
K: Riele * 31.5.1836
K: Reitz (Rosa) * 6.9.1839 + [11.11.1895] [56]
Heil, Joseph * 1795 Roth. + 3.7.1874 Roth. 79
Handelsmann
Rothenfels Nr. 15
V: Heil, Nathan
M: Riela (Riele)
∞ Stiefel, Jethe (5.5.1836)
* 1810 Hochhausen
V: Stiefel, Marx
M: Stiefel, Elster
Heil, Nathan [vorher Isack, Nathan] * [1753] + 5.8.1830 Roth. 77
Handelsmann
Bergrothenfels Nr. 14 / Rothenfels Nr. 15
∞ Riela (Riele)
Herrmann, Benjamin * [1799] + 28.2.1868 Bergr. 69
Handelsmann
Bergrothenfels Nr. 59
ledig
Herrmann, Dolz * [1776] + 5.12.1834 Bergr. 58
Bergrothenfels
ledig
Herrmann, Ester * [1799] + 24.6.1829 Bergr. 30
Bergrothenfels
ledig
Herrmann, Isack [vorher Nathan, Isack] * [1791] + 21.11.1830 Bergr. 39
Bergrothenfels
V: Herrmann [vorher Hirsch], Nathan
ledig >>
Juden von Rothenfels 73
Kahn, Nathan * 30.5.1832 Steinbach + [28.12.1913 Würzburg] [81]
Handelsmann
Steinbach / Bergrothenfels Nr. 40
V: Kahn, Michael
M: Heil, Vogel
∞ Heil, Rosa (Reiz) (6.2.1871) * 6.9.1839 Bergr. + [11.11.1895 Bergr.] [56]
V: Heil, David
M: Stern, Rosetta (Rosel)
K: Frieda * 21.7.1872 + [11.3.1930] [58]
K: Riela * 10.10.1873 + 27.2.1875
K: Michael * 17.3.1875 + [2.2.1943 Theresienstadt][68]
Weinstock, Minna [geb. Herrmann] * [1876] + 28.4.1864 Bergr. 78
Bergrothenfels Nr. 59 (vorher Hochhausen)
Witwe [∞ Weinstock, Löb]
74 Winfried Mogge
Anhang 11
Jüdische Wohnstätten in Rothenfels und Bergrothenfels
Ortsteil
Daten, soweit
feststellbar
Familie(n)
alte
Hausnr.
heutige
Adresse
Rothenfels 13. bis 15. Jh. ? ?
Anmerkungen
Mitte 17. bis
Mitte 18. Jh.
? ?
1677/78 Moyses ? ? Jude am Maintor
Voitisches Haus
1744-1749 Moyses Berl
Nathan Hirsch
1753-1795 Moyses Lazarus
Mayer Moyses
1813-1876 Isack / Heil 15 Mainstr. 10
66 Hauptstr. 67 Ochsenwirtshaus
4 Hauptstr. 14 ersetzt durch Neubau
…. -1887
Bergrothenfels Anfang 18. bis
Mitte 18. Jh.
Heil
Grünewald
1736- .... Männlein /
Freudenberger
1763- .... Hirsch /
Herrmann
95 Hauptstr. 25
? ?
56 Bergrothenfelser Str. 30 Berger Stuben
59 Bergrothenfelser Str. 32 ersetzt durch Neubau
…. -1831 Isack / Heil 14 Bergrothenfelser Str. 45
1826-1896 Heil
Kahn
40 Zum Alten Herrgott 14 “
1845- .... Heil 42 Zum Alten Herrgott 18 “
1825-1887 Hamburger 23 Bergrothenfelser Str. 21 “
Korrekturen und Ergänzungen vorbehalten
Juden von Rothenfels 75
Literatur und Quellen
1. Literatur
Arnold, Klaus: Abweichung im Glauben – Judenverfolgung
– Volksbewegung. In: Unterfränkische Geschichte,
hg. von Peter Kolb und Ernst-Günter
Krenig. Bd. 2: Vom hohen Mittelalter bis zum Beginn
des konfessionellen Zeitalters, S. 337-356.
Würzburg 1992.
Battenberg, Friedrich: Das Europäische Zeitalter der
Juden. Zur Entwicklung einer Minderheit in der
nichtjüdischen Umwelt Europas. In zwei Teilbänden.
Teilband I: Von den Anfängen bis 1650, Teilband
II: Von 1650 bis 1945. Darmstadt 1990.
Battenberg, J. Friedrich: Aus der Stadt auf das Land?
Zur Vertreibung und Neuansiedlung der Juden im
Heiligen Römischen Reich. In: Jüdisches Leben
auf dem Lande, hg. von Monika Richarz und Reinhard
Rürup (Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen
des Leo Baeck Instituts 56), S. 9-35.
Tübingen 1997.
Battenberg, J. Friedrich: Die Juden in Deutschland
vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (Enzyklopädie
deutscher Geschichte Bd. 60). München
2001.
Baum, Hans-Peter: Jüdische Geschichte. In: Geschichte
der Stadt Würzburg, hg. von Ulrich Wagner.
Bd. II: Vom Bauernkrieg 1525 bis zum
Übergang an das Königreich Bayern 1814, S. 762-
772. Stuttgart 2004.
Baum, Hans-Peter / Leng, Rainer / Meier, Robert: Kehillot
Keddoschot (Heilige Gemeinden). Die Geschichte
der unterfränkischen Juden im Spiegel der
neuen Ausstellung des Jüdischen Dokumentationszentrums
(Stadtarchiv Würzburg, Kleine Reihe
30). Würzburg 2007.
Brämer, Andreas: Der lange Weg von der Duldung zur
Emanzipation. In: Die Geschichte der Juden in
Deutschland, hg. von Arno Herzig und Cay Rademacher,
S.80-97. Hamburg 2007.
Braunfels, Ludwig: Die Mainufer und ihre nächsten
Umgebungen. Mit 54 Stahlstichen, nach Originalzeichnungen
von Fritz Bamberger. Würzburg
1847.
Brenner, Michael / Eisenstein, Daniela F. (Hg.): Die
Juden in Franken (Studien zur Jüdischen Geschichte
und Kultur in Bayern Bd. 5). München 2012.
Bundesarchiv (Hg.): Gedenkbuch Opfer der Verfolgung
der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945. Online.
Christ, Günter: Lohr am Main. Der ehemalige Landkreis
(Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken,
Reihe I H. 34). München 2007.
Feulner, Adolf (Bearb.): Die Kunstdenkmäler von Unterfranken
& Aschaffenburg. H. IX: Bezirksamt
Lohr (Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern
Bd. 3: Regierungsbezirk Unterfranken &
Aschaffenburg, H. IX). München 1914.
Flade, Roland: Die Würzburger Juden. Ihre Geschichte
vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Mit einem Beitrag
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(PfarrAR)
Familienbuch für Bergrothenfels (Rothenfels C 4)
Familienbuch für Rothenfels (Rothenfels B 4)
Pfarrchronik (Chronik I)
Pfarrbuch (Chronik II)
Pfarrmatrikelkartei (Kartei Hepp)
Rothenfelser Gotteshausrechnungen 1563-1749
Landesamt für Digitalisierung, Breitband und
Vermessung, München
Uraufnahmen von 1843 NW.085.61c, NW.085.62b,
NW.085.62d
Staatsarchiv Wertheim (StAWt)
Freudenbergsches Archiv (StAWt-F)
Rep. 229 Nr. 31
Gemeinsames Archiv (StAWt-G)
Rep. 54 Nr. 101
Rep. 102 Nr. 2433
Rep. 229 Nr. 31
Rosenbergsches Archiv (StAWt-R)
J 2 Nr. 8
Lit. B Nr. 2913, 2914
Rep. 5g Nr. 2
Rep. 12i Nr. 35
Rep. 26h Nr. 21. 71
Rep. 41e Nr. 1, 2, 3
Rep. 54 Nr. 101
Rep. 65g Nr. 47
Rep. 79h Nr. 19
Rep. 82l Nr. 473
Rep. 99b Nr. 37, 49, 55, 56, 65, 70, 83, 84
Rep. 100e Nr. 38, 47
R 76 (Rothenfelser Amtsrechnungen) Jg. 1683/84 bis
1697/98, 1743/44, 1816/17
S 2 Nr. 474, 522
Urkundenselekt US 1341 Juni 8, US 1677 Juli 14,
US 1678 März 9
Staatsarchiv Würzburg (StAWü)
Administrationsakten 8318, 8322
G 16.727
Gebrechenamtsakten IV R 153, VI W 256, VI W 273,
VI W 292
Grundsteuerkataster Bergrothenfels: Grund- Saal- und
Lagerbuch Bde. I-V
Grundsteuerkataster Bergrothenfels: Renoviertes
Grundsteuerkataster Bd. I
Grundsteuerkataster Rothenfels: Grund- Saal- und
Lagerbuch Bde. I-V, XIII
Grundsteuerkataster Rothenfels: Renoviertes
Grundsteuerkataster
Judenschaft Nr. 1, 81
Jüdische Standesregister 51 (Karbach), 114 (Rothenfels),
130 (Steinbach)
Landratsamt Lohr Nr. 1585
Landratsamt Marktheidenfeld Nr. 2327
Juden von Rothenfels 79
Libri diversarum formarum Nr. 50
Rechnung 39.022
Regierung von Unterfranken Nr. 8498, 8511, 8540,
8541, 8663
Regierung von Unterfranken, Präsidialakten Nr. 325
Salbuch Nr. 1, 136, 137, 138
Standbuch Nr. 799, 929, 933, 935, 937, 942
Statistische Sammlung Nr. 279, 280, 617, 618
Würzburger Urkunden WU 6507, WU 7746,
WU 8620
Stadtarchiv Lohr
150.2/K (Bürgerakt Nathan Kahn)
Stadtarchiv Rothenfels (StadtAR)
II 1/1 Stadtbuch B („Anno 1413“)
II 1/3 Strafbuch 1777-1796
II 1/4 Strafbuch 1843-1900
II 2/1 Ratsprotokolle 1531-1553 (Stadtbuch D)
II 2/2 Ratsprotokolle 1590-1594 (Stadtbuch F)
II 2/3 Ratsprotokolle 1592-1616 (Stadtbuch E)
II 2/4 Ratsprotokolle 1594-1595 (Stadtbuch G)
II 2/5 Ratsprotokolle 1630-1641 (Stadtbuch K)
II 2/6 Ratsprotokolle 1642-1725 (Stadtbuch L)
II 2/7 Ratsprotokolle 1732-1751 (Stadtbuch N)
II 2/8 Ratsprotokolle 1751-1755 (Stadtbuch O)
II 2/10 Ratsprotokolle 1763-1770 (Stadtbuch Q)
II 2/11 Ratsprotokolle 1770-1776 (Stadtbuch R)
II 2/14 Ratsprotokolle 1799-1802 (Stadtbuch Z)
II 2/15 Ratsprotokolle 1802-1818
II 2/16 Ratsprotokolle 1818-1823
II 2/17 Ratsprotokolle 1823-1828
II 4/1 Bürger-Matric 1754
II 7/1 Beth-Register 1531 (Stadtbuch U)
II 7/2 Beth-Buch 1752-1803
II 7/4 Schatzungs-Heb-Register 1810
II 7/5 Schatzungs-Lagerbuch 1810-1853
II 7/6 Besitzbuch 1817-1846
II 7/7 Beet-Lagerbuch 1842-1859
II 8/3 Verkündungsbuch für die Gemeinde
Rothenfels 1850-1863
II 9/1 Vieh-Protokollbuch 1814-1861
II 9/2 Kontraktenbuch 1818-1833
II 10/3 Gewerbe-Niederlassungs-Register
1878-1900
II 10/4 Gewerbe-Anmelde-Register 1878-1900
III 7/1 Gotteshaus-Rechnung 1687/88
III 11/1
bis III 11/102 Bürgermeister- bzw.
Gemeinderechnungen 1551 bis 1861/62
III 12/1 Urkunden zur Bürgermeisterrechnung 1811
IV 3/3
IV 3/4
IV 3/5
Chronik der Stadtgemeinde Rothenfels
(Chronik Fuß), Bd. I
Chronik der Stadtgemeinde Rothenfels
(Chronik Fuß), Bd. II
Chronik der Stadtgemeinde Rothenfels
(Chronik Fuß), Bd. III
IV 3/6 Chronik der Stadtgemeinde Rothenfels
(Chronik Fuß), Bd. IV
IV 3/7 Chronik der Stadtgemeinde Rothenfels
(Chronik Fuß), Bd. V (Reste)
IV 8/5 Gewerbe-Anmelderegister 1868-1877
IV 8/6 Register der Gewerbe-Niederlegungen
1868-1878
IV 9/7 Aufnahmegebühren für Bürger 1869-1896
IV 9/9 bis IV 9/18 Heberegister für Grund-
Haus-, Gewerbe-, Kapitalrenten- und
Einkommensteuer 1876 bis 1883
Archiv Bergrothenfels
21-1 Sitzungsprotokolle der Gemeindeverwaltung
1817-1841
21-2 Sitzungsprotokolle der Gemeindeverwaltung
1836-1844
21-3 Sitzungsprotokolle der Gemeindeverwaltung
1844-1868
21-5 Sitzungsprotokolle der Gemeindeverwaltung
1880-1890
21-6 Sitzungsprotokolle der Gemeindeverwaltung
1891-1905
23-11 Grundbuch der Bedegefälle 1825-1841
24-5 Abschriften diverser Rundschreiben usw.
1849-1856
25-3 Protokolle diverser Viehkaufverträge
1840-1874
25-4 Protokolle diverser Kaufverträge 1845-1853
311-1 bis 311-74 Jahresrechnungen 1812/18 bis
1895
312-1 bis 312-13 Urkunden zur Bergrothenfelser
Gemeinderechnung 1819/20 bis 1833/34
40-1 Grundbuch der Brandversicherung 1830
40-16 Brandversicherung nach 1875
41-2 Heimatrecht, Eheschließung 1844-1875
41-3 Urwahllisten Teil 1, Mitte 19. Jh.
41-4 Urwahllisten Teil 2, Mitte 19. Jh.
41-11 Bürgerverzeichnisse 1869-1911
41-45 Zwangsvollstreckung, Versteigerung
1882-1931
43-2 Ortsgeschichte von Bergrothenfels
(Chronik Göpfert)
48-5 Gewerbeabmeldungen 1882-1931
Verwaltungsgemeinschaft (VG) Marktheidenfeld
Standesamt Bergrothenfels: Geburtsregister Bde. I und
II, Heiratsregister Bd. I, Sterberegister Bde. I-III
Standesamt Rothenfels: Geburtsregister [Bde. I und
II], Heiratsregister [Bd. I], Sterberegister
[Bde. I-II]
Standesamt Karbach: Heiratsbuch Bd. I, Sterbebuch
Bd. I
80 Winfried Mogge
Abbildungsnachweis
Ludwig Braunfels, Die Mainufer und ihre nächsten
Umgebungen, Würzburg 1847: S. 6
Wolfgang Denninger, Unterpleichfeld: S. 9
Günter Giessler, Rothenfels: Umschlagbild, S. 43
Hellmut Harth, Rothenfels: S. 44 mitte links
Landesamt für Digitalisierung, Breitband und
Vermessung (Bayerische Vermessungsverwaltung),
München:
S. 15 rechts (Ausschnitt aus NW.085.62b),
S. 41 (Ausschnitt aus NW.085.61c),
S. 47 (Ausschnitt aus NW.085.62d)
Luftbilddokumentation Klaus Leidorf, Buch: S. 85
Winfried Mogge, Berlin: S. 16, 18, 25, 33, 44 oben
links und rechts, 44 mitte rechts, 44 unten links
und rechts, 45 alles, 54 oben rechts, 56 links
Pfarreiengemeinschaft St. Laurentius, Pfarrarchiv
Rothenfels: S. 27
Leonhard Scherg, Marktheidenfeld: S. 56 rechts
Georg Schnabel, Karlstadt: S. 3, 54 oben links,
54 unten links und rechts, 55
Staatsarchiv Wertheim: S. 64, 65
(StAWt-R R 76, Rothenfelser Amtsrechnung
Jg. 1743/44)
Staatsarchiv Würzburg: S. 11, 13
(StAWü WU 6507, WU 7746)
Stadtarchiv Lohr: S. 49, 60
Stadtarchiv Rothenfels: S. 15 links, 23, 36, 46, 87
Dank
Für freundliche Hilfe vieler Art (sachkundige Hinweise,
Hilfe bei den Recherchen, Übertragung hebräischer
Namen, Beschaffung und Nachdruckerlaubnis von
Bildern) ist zu danken:
Gerhard Bregenzer, Rothenfels
Wolfgang Denninger, Unterpleichfeld
Rebekka Denz M. A., Braunschweig
Dr. Martina Edelmann, Veitshöchheim
Elisabeth Ehring, Rothenfels
Barbara Endres, Marktheidenfeld
Ingrid Engelke, Rothenfels
Michal Friedlander, Berlin
Günter Giessler, Rothenfels
Hellmuth Harth, Rothenfels
Josef Harth, Lohr
Dr. Ingrid Heeg-Engelhart, Würzburg
Martina Heine, Wertheim
Dr. Peter Kolb, Würzburg
Klaus Leidorf, Buch
Wiltrud Mogge, Berlin
Prof. Dr. Dr. Karlheinz Müller, Würzburg
Norbert Oestel, Rothenfels
Walter Rausch, Rothenfels
Rosemarie Richartz, Rothenfels
Dr. Rotraud Ries, Würzburg
Roswitha Roth, Rothenfels
Udo Roth, Rothenfels
Dr. Leonhard Scherg, Marktheidenfeld
Georg Schnabel, Karlstadt
Siegfried Straub, Rothenfels
Dr. Torben Stretz, Trier
Hans Walter, Rothenfels
Claudia Wieland, Wertheim
Werner Zürn, Rothenfels
Bürgerbüro Neuhof-Fulda
Diözesanarchiv Würzburg
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main
Jüdisches Museum Berlin, Bibliothek
Jüdisches Museum Frankfurt am Main
Landesamt für Digitalisierung, Breitband und
Vermessung, München
Pfarreiengemeinschaft St. Laurentius,
Marktheidenfeld
Staatsarchiv Wertheim
Staatsarchiv Würzburg
Stadtarchiv Lohr
Stadtarchiv Würzburg
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
Stadtverwaltung Rothenfels
Standesamt Lohr
Verwaltungsgemeinschaft Marktheidenfeld
Für sachkundige Hinweise und kritisches Lektorat ist
Rotraud Ries und Leonhard Scherg besonders zu danken.
Juden von Rothenfels 81
Abkürzungen
Anm.
Anmerkung
Bd., Bde.
Band, Bände
bearb., Bearb.
bearbeitet, Bearbeiter(in)
bzw.
beziehungsweise
d
denar (Pfennig)
DAW
Diözesanarchiv Würzburg
ders.
derselbe
f, ff folgende Seite(n)
fl
florin (Gulden)
fol.
folio (Blatt)
geb.
geboren
gest.
gestorben
GrStKat
Grundsteuerkataster
H. Heft
hg., Hg.
herausgegeben,
Herausgeber(in)
Jh.
Jahrhundert
kath.
katholisch
kr
Kreuzer
lb
libra (Pfund)
Nr.
Nummer
PfarrAR
Pfarrarchiv Rothenfels
Rep.
Repertorium
S. Seite(n)
StA
Staatsarchiv
StadtA
Stadtarchiv
StadtAR
Stadtarchiv Rothenfels
StAWt
Staatsarchiv Wertheim
StAWü
Staatsarchiv Würzburg
u. a. unter anderem
v. von
VG
Verwaltungsgemeinschaft
vgl.
vergleiche
z. B. zum Beispiel
Personenregister
Namen, die sich nicht im Text finden, sind in den Anmerkungen
zu suchen.
Bei Namenswechsel durch Heirat, Taufe oder Annahme
fester Familiennamen steht der Ursprungsname in
eckigen Klammern.
Aaron 22, 23, 66
Aaron (Sohn des Feyferl) 20
Aaron zum Fröhlichen Mann (Geldgeber) 20
Abraham (Sohn des Ambsell) 20
Abt, Michael 46
Adler, Abraham (Distriktsrabbiner) 53
Adler, Joseph I (Makler) 47
Adler, Löb (Makler) 47
Adler, Samuel Hirsch (Rabbiner) 53
Albert, Melchior (Schmied) 29
Albert, Sebastian 43
Ambsell (Händler) 20
Armleder s. Uissigheim
Aulenbach, Johann 46
Baer, Babette 59
Baer, Clementine 59
Baer, Hippolyt (Weinhändler) 59
Baer, Joseph 59
Baer, Max 59
Baer [Grünewald], Rachel 58, 59
Bamberger, Seligmann Bär (Oberrabbiner) 53
Bauer, Franz Anton (Pfarrer) 15
Beck, Andreas (Landwirt) 29
Beeß (Besse) (Frau des Mendlein) 19
Behr , Behrlein, Berlein s. Perlein
Behrlein, Moyses s. Moyses
Berl (Perlein), Moyses 7, 24-26, 38, 42, 66, 67, 74
Bernay, Benjamin 47
Bernay, Joseph 58, 66
Besse s. Beeß
Bessinger, Conrad (Steinhauer) 43
Bestian (zu Rothenfels) 14
Bibra, Lorenz von (Fürstbischof) 17
Bing, Abraham (Oberrabbiner) 53
Christenfels, Franz Ludwig 55
Christenfels, Franz Nikolaus 55
Dalberg, Karl Theodor von (Fürstprimas) 31
Dauch, Michael (Bäcker) 42
Davit (Lehrer) 20
Dettelbach, von (Familie) 14
Echter von Mespelbrunn, Julius (Fürstbischof) 18, 28
Ehrenberg, Philipp Adolph von (Fürstbischof) 28
Elle (Dienstmagd) 20
Emmerich, Anton 47
Endres, Hans (Flößer) 20
Erlanger, Jacob (Rabbiner) 53
Eschwege, Hirsch (Lehrer) 52
Ester (Frau des Joseph) 19
Feyferl (Feiferl, Feiferlein) (Händler) 20, 29
Fleischmann, Franz Nikolaus (Stadtschreiber) 55
82 Winfried Mogge
Freudenberger [Moises], Abraham 38, 58, 67, 68
Freudenberger, Benjamin 28, 58, 67, 68
Freudenberger [Hirsch], Beß 58, 68
Freudenberger [Männlein], Giedel 38, 68, 71
Freudenberger, Hanna 58
Freudenberger, Joanna Schön s. Tannenwald
Freudenberger [Männlein], Moises 38, 67, 68, 71
Freudenberger [Männlein], Nathan 29, 38, 67, 68, 71
Freudenberger [Moises], Nathan 34, 35, 38, 39, 46,
50, 52, 55, 57, 58, 67, 68
Freudenberger [Schlesinger], Regina 55, 58, 68, 71
Freudenreich, Maier (Metzger) 40
Fröhlich [Heil], Giedel (Jentel) 36, 69
Fröhlich, Simon 69
Fuchs von Dornheim, Anna Maria 42
Fuß, Georg Max (Lehrer) 15, 29
Gerhard, Georg 45
Germann, Johann 46
Glück, Margaretha 55
Glück, Peter Philipp 55
Greiffenclau, Johann Philipp von (Fürstbischof)
22, 23
Greiffenclau, Karl Philipp von (Fürstbischof) 26, 30
Göpfert, Anton (Lehrer) 38
Götz, Konrad (Ingenieur) 50
Gottfried (Schultheiß) 10
Greß, Anna 47
Grünebaum, David (Händler) 69
Grünewald, David (Händler) 37, 45, 58, 66
Grünewald, Rachel s. Baer
Grünewald [Heil], Vögele (Fanny) 45, 58, 69, 72
Grumbach, von (Edelfreie) 10, 11
Grumbach, Marquard II. von 9
Gutradt (Tochter des Feyferl) 20
Guttenberg, Charlotta Katharina Brigitta von
s. Hettersdorf
Habriel (Lehrer) 19, 51
Häcker, Joseph Georg (Herrschaftsrichter) 35
Hamburger, Amsel (Amschel) 39, 58, 67, 71
Hamburger, Benjamin 39, 52, 58, 67, 71
Hamburger, Giedel (Handelsfrau) 39, 40, 71
Hamburger, Hänlein (Hila, Hille, Hinlein)
(Buchbinder) 35, 39, 40, 47, 67
Hamburger, Löb (Löw) 39, 40, 52, 67, 71
Hamburger, Madel 71
Hamburger, Oschel 39, 52, 67
Hamburger, Reichel (Witwe) 71
Hamburger, Rosina 58
Heil, Abraham (Landwirt) 35, 36, 40, 43, 45, 46, 52,
55, 57, 58, 66, 67, 69, 72
Heil, Abraham (Händler) 37, 57, 66
Heil, David (Landwirt) 35, 36, 39, 40, 45-47, 52, 54,
55, 57, 58, 66, 67, 69, 72, 73
Heil, Dolz s. Heß
Heil, Elia (Kind) 69, 72
Heil, Fanny (Vögele) s. Grünewald
Heil, Feigel (Vogel) s. Kahn
Heil, Giedel s. Fröhlich
Heil, Golda (Kind) 69, 72
Heil [Lindheim], Hanna 40, 45, 58, 69, 72
Heil [Stiefel], Jethe 57, 69, 72
Heil, Joseph (Händler) 26, 36, 37, 43, 45, 52, 55, 57,
66, 69, 72
Heil [Isack], Nathan (Händler) 26, 35, 36, 40, 43,
46, 51, 66, 67, 69, 72
Heil, Nathan (Kind) 55, 69, 72
Heil, Reiz (Rosa) 69, 72
Heil, Reiz (Rosa) s. Kahn
Heil, Riela (Riele) 69, 72
Heil, Riele (Kind) 69, 72
Heil [Stern], Rosetta (Rosel) 40, 47, 54, 55, 58, 69,
72, 73
Heil, Vögele (Fanny) s. Grünewald
Heinemann, Nathan (Rabbiner) 53
Heinrich de Windau (Priester) 10
Herrmann, Benjamin (Händler) 35, 39, 52, 55, 67,
72
Herrmann, David 54
Herrmann, Dolz 72
Herrmann, Ester 72
Herrmann, Margaretha 58
Herrmann [Nathan], Isaak (Isack) 38, 39, 52, 67, 72
Herrmann [Nathan], Jakob 39, 52, 67
Herrmann, Jede (Jethe) 51
Herrmann, Minna s. Weinstock
Herrmann [Hirsch], Nathan 38, 46, 54, 67, 72
Herrmann, Nathan 39, 67
Heß, Hajm (Hajum) (Händler) 36, 55, 69
Heß [Heil], Dolz 55, 69
Hettersdorf [Guttenberg], Charlotta Katharina Brigitta
von 56
Hettersdorf, Philipp Emmerich Philibert von
(Oberamtmann) 42, 56
Hirsch (Hirschlein) (Händler) 21, 29, 37, 66
Hirsch, Beß s. Freudenberger
Hirsch, Malez s. Leib
Hirsch, Nathan s. Herrmann
Hirsch (Hirschlein), Nathan 7, 24-26, 37, 38, 42, 54,
66, 67, 74
Hirschlein, Johann (Steinhauer) 47
Hirschlein, Margaretha (Witwe) 47
Hutten, von (Familie) 20
Ingelheim, Anselm Franz von (Fürstbischof) 7, 25,
26
Isaak, Nathan 54
Isac (Lehrer) 51
Isack, Nathan s. Heil
Itzig 38, 67
Jacob (Sohn des Feyferl) 20
Jacob (von Rothenfels) 14
Jentlein (Tochter des Ambsell) 20
Jöstle (Jöstlein) 20, 28, 66
Jöstlein 19, 42, 66
Johel zum Birnbaum (Geldgeber) 20
Joseph (Händler) 19-21, 66
Joseph de Wertheim 11, 12
Juden von Rothenfels 83
Joseph, Michael 55
Jud, Eva (Müllersfrau) 17
Jud (Jude, Jüde), Hans (Müller) 17
Jud, Heintz 17
Jud, Paul (Landwirt) 17
Judith (Tochter des Feyferl) 20
Kahn, Babett 70
Kahn, Benjamin 70
Kahn [Heil], Feigel (Vogel) 69, 70, 73
Kahn, Frieda s. Völker
Kahn, Isak (Kind) 70
Kahn [Kahn], Meta 59, 70
Kahn, Michael (Händler) 36, 55, 58, 59, 69, 70, 73
Kahn, Nathan (Händler) 39, 40, 47, 57, 58, 67, 69,
70, 73
Kahn, Riela (Kind) 55, 58, 70, 73
Kahn [Heil], Reiz (Rosa) 58, 69, 70, 72, 73
Kahn, Rosetta 70
Kahn, Sani (?) 70
Kahn, Sigmund 70
Klopf, Johannes 46
König Armleder s. Uissigheim
König Rintfleisch s. Rintfleisch
Kohn, Israël (Rabbiner) 38, 51
Kraus, Johann Adolph (Pfarrer) 35
Lämmlein, Benjamin (Lehrer) 52, 53
Lang, Hans gen. Stockstatter (Wirt) 20
Lazarus, Moses (Moises, Moschel, Moyses, Moyßel)
21, 26, 29, 37, 43, 45, 46, 48, 49, 51, 53, 66, 74
Lea (Frau des Feyferl) 20
Leib [Hirsch], Malez 54
Leser (Knecht) 51
Liebman (Sohn des Ambsell) 20
Lindheim, Elias (Weinhändler) 72
Lindheim, Hanna s. Heil
Lindheim, Lina 72
Lippert, Franz Ludwig (Centgraf) 55
Lochner von Hüttenbach, Joseph Christian
(Oberamtmann) 26, 38
Löb (Händler) 29
Löblein (Händler) 29
Löblein (Löwelein) 26
Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, von (Fürsten)
31, 50, 53
Löwenthal, Jonas (Lehrer) 52
Ludwig I. (König von Bayern) 52
Ludwig IV. (Kaiser) 10, 14
Männlein (Männle) 24, 28, 29, 38, 42, 46, 48, 52,
66-68
Männlein, Giedel s. Freudenberger
Männlein, Moises s. Freudenberger
Männlein, Nathan s. Freudenberger
Maria (Frau des Moyses) 20
Maximilian II. (Kaiser) 17
Maximilian II. (König von Bayern) 32
Mayer s. Moyses, Mayer
Mayer (Mayerlein, Meier, Meierlein, Meyer, Meyerlein)
(Sohn des Mendlein) 20, 21, 28, 66
Mayer, Isack 26, 66
Meier, Meierlein s. Mayer
Mendlein (Sohn des Feyferl) 20
Mendlein (Händler) 19-21, 66
Meyer, Meyerlein s. Mayer
Moises, Abraham s. Freudenberger
Moises, Nathan s. Freudenberger
Moschel, Moses, Moyses s. Lazarus
Moyses (Sohn des Joseph) 20
Moyses, Behrlein (Sohn des Lazarus) 66
Moyses, Jude am Maintor 20, 21, 29, 42, 66, 74
Moyses, Mayer (Händler) 26, 43, 48, 57, 66, 74
Moyses, Nathan (Sohn des Lazarus) 26, 66
Mynner, Heintz 15
Nathan s. Moyses, Nathan
Nathan (Händler) 21, 23, 24, 42, 66
Nathan de Rothenfels 9, 11-14
Nathan, Isaac 67
Nathan, Isack s. Herrmann
Nathan (nicht zuzuordnende Namensträger) 54, 55
Niederhöfer, Maria Philippina Charlotta 56
Oscher (Viehhändler) 37
Papius, Johann Wilhelm Cyriacus (Amtskeller)
48, 49, 53
Perl s. Perlein
Perlein (Behrlein) (Händler) 29, 38, 66, 67
Perlein (Behrlein) (Sohn des Mendlein) 20-23, 28, 66
Perlein (Behrlein) (Sohn des Nathan) 21, 23, 24, 42,
66
Pfeuffer (Viehhändler) 37
Pleichfeld, Billung d. J. von (Ritter) 11
Rachel (Tochter des Joseph) 20
Rieneck, von (Grafen) 9-11
Rintfleisch gen. König Rintfleisch 13
Rosenbusch, Lazarus (Rabbiner) 53
Roth, Johann 46, 47
Roth, Joseph (Landwirt) 37
Roth, Karl Ambros 47
Salomon (Krämer) 37, 51
Samuel (Händler) 21, 66
Samuel (in Karbach) 26
Scheeb, Oswald 45
Scheiner, Michael 43
Scherenberg, Rudolf II. von (Fürstbischof) 10
Schim'on (aus Wertheim) 12
Schlesinger, Regina s. Freudenberger
Schlomm (Schlommel, Schlummel) (Händler) 29,
38, 46, 67
Schönborn, Friedrich Karl von (Fürstbischof) 24, 25
Schönborn, Johann Philipp Franz von (Fürstbischof)
23, 37
Schüppert, Andreas 44, 45
Schwindt, Joseph (Krämer) 42
Seinsheim, Adam Friedrich von (Fürstbischof) 49
Selig, Esther 57
Sender (Sendter) (Händler) 38, 46, 67
Sickingen, von (Familie) 20, 61
Sondheimer, Hillel Wolf (Distriktsrabbiner) 53
84 Winfried Mogge
Stern, Franz Joseph (Amtskeller) 42
Stern, Lea 40
Stern, Reitz 72
Stern, Rosetta (Rosel) s. Heil
Stern, Simon Levi (Händler) 72
Stiefel, Elster 72
Stiefel, Jethe s. Heil
Stiefel, Marx 72
Straub, Johann (Steinmetz) 55
Tannenwald, Friedel 47
Tannenwald, Jakob 58
Tannenwald [Freudenberger], Joanna Schön 58
Tinctorius, Matthias (Pfarrer) 16
Truhendingen, Siegfried von (Fürstbischof) 12
Uhl, Philipp (Küfer) 43
Uhl, Sebastian (Küfer) 43
Uissigheim, Arnold von gen. König Armleder 13
Ulrich, Sebastian (Metzger) 42
Völcker, Hanns Jörg 43
Völker, Andreas Benno (Steinhauer) 57, 58, 70
Völker, [David] Joseph 57, 70
Völker, [Erna] Barbara 57, 70
Völker [Kahn], [Frieda] Friederike Maria 57-59, 70,
73
Völker, Johann Michael 70
Völker [Harth], Maria Anna 70
Völker, Rupert Alfred 57, 70
Voit von Rieneck (Familie) 42
Voit von Rieneck, Eitel (Ritter) 10, 17
Weber, Hans (Schiffer) 15
Weinstock, Löb (Viehhändler) 73
Weinstock [Herrmann], Minna (Witwe) 55, 73
Weitzel, Johann Michael (Büttner) 56
Weitzel, Maria Philippina Charlotta s. Niederhöfer
Weitzenfelder, Moses (Lehrer) 52
Weyrich, Georg 46
Wießmann, Anna Maria 58
Wirsberg, Friedrich von (Fürstbischof) 17
Wölfflein (in Zimmern) 20
Wolff 37, 67
Wolfskeel, Otto II. von (Fürstbischof) 10, 14
Wolfskeel von Reichenberg (Freiherren) 56
Zehner, Georg Friedrich (Judenamtmann) 48
Zinia (Frau des Ambsell) 20
Ortsregister
Die häufig genannten Orte Rothenfels, Bergrothenfels
und Würzburg werden im Register nicht verzeichnet.
Ortsnamen, die sich nicht im Text finden, sind in den
Anmerkungen zu suchen.
Almelo 59
Ansbach 18, 36, 64, 65
Arnstein 13, 24
Aschaffenburg 50, 52, 53
Birkenfeld 18, 19, 61, 64, 65
Erbach-Eichberg 59
Erlach 18, 64, 65
Erlenbach 36
Esselbach 18, 64, 65
Frankfurt am Main 7, 14, 20, 55, 58, 59
Gemünden 13, 14, 19
Greußen s. Greußenheim
Greußenheim (Greußen) 18-20, 29, 33, 36, 37,
51-53, 61-65
Hadamar 59, 70
Hafenlohr 18, 57, 64, 65
Heidenfeld s. Marktheidenfeld
Heidingsfeld 17, 50, 51, 53
Hochhausen 57, 69, 72
Homburg am Main 13, 55
Jerusalem 12
Karbach 18-22, 26, 29, 33-37, 40, 47, 51-53, 55, 58,
61-66
Karlstadt 7, 13, 18, 55
Kirchschönbach 57
Kleinwallstadt 39
Kredenbach 29
Laudenbach 7, 18, 32, 36, 53-55, 71
Lohr 13, 16, 18-20, 40, 57-59, 67, 70
Marienbrunn (Mergenbrunn) 18, 65
Marktheidenfeld (Heidenfeld) 18, 19, 35
Marktsteft 40, 69, 72
Mergenbrunn s. Marienbrunn
Miltenberg 40, 69, 72
Neuhof-Fulda 59
Neustadt am Main 9, 18, 20, 35, 50, 64, 65
Oberndorf 18, 64, 65
Pflochsbach 18, 35, 64, 65
Philadelphia 57, 58
Rathsfeld 57
Reichenberg 56
Rieneck 13
Roden 18, 56, 64, 65
Röttingen 13
Rottenbauer 40
Sendelbach 18, 64, 65
Sobibor 59
Steinbach 18, 20, 31, 32, 40, 55, 67, 69, 70, 73
Steinfeld 18, 64, 65
Sulz am Wald 59
Theresienstadt 59, 70, 73
Trennfeld 29
Unterdürrbach 11
Urspringen 18, 29, 32, 36, 40, 47, 53
Veitshöchheim 26
Waldzell 18, 64, 65
Wertheim 8, 12, 20, 30, 38, 53, 58
Wiesenfeld 18, 32
Windau s. Windheim
Windheim (Windau) 10, 17, 18, 27, 64, 65
Zimmern 17-20, 27, 61, 64, 65
Juden von Rothenfels 85
Nachwort und Nachträge
Am 10. Dezember 2015 wurde dieses Buch im Rathaus
zu Rothenfels einem großen und höchst interessierten
Publikum vorgestellt. Kurz darauf war die
erste, gedruckte Auflage vergriffen. Der Nachdruck einer
Kleinstauflage verbot sich aus Kostengründen.
Umso erfreulicher ist es, dass nun, mit freundlichem
Einverständnis des Verlages Königshausen & Neumann,
im Rahmen des neuen Internet-Auftritts des
Förderkreises Synagoge Urspringen e. V. eine online-
Ausgabe zur Verfügung gestellt werden kann. Hier, bei
der Schaltstelle zur Erforschung und Bewahrung der
Geschichte der Juden im heutigen Main-Spessart-
Kreis, ist der richtige Ort für diese Publikation.
Dies ist auch eine Gelegenheit, Korrekturen und
Ergänzungen zur ersten Auflage anzubringen. Einige
kleinere Fehler wurden im vorliegenden Text verbessert,
einige Nachträge sind auf dieser Seite angehängt.
Denn das Thema ist nicht etwa abgeschlossen.
Weitere eigene Nachforschungen und auch erste Hinweise
von Bürgerinnen und Bürgern von Rothenfels
und Bergrothenfels zeigen, dass weiterführende Ergebnisse
möglich sind.
Nachträge
Eine Durchsicht der Jahresrechnungen des Amtes Rothenfels
aus dem 17. Jahrhundert ergab: Die einheimischen
jüdischen Händler lieferten Baumaterial und
Gebrauchswaren auch in die Burg. 1683/84 verkaufte
Moyses Jude zu Rottenfels dem Amtskeller in der Burg
Bretter und Nägel. 355 Von 1683/84 bis 1697/98 taucht
Jud Perlein (Berlein, Behrlein) als Lieferant für Bretter,
Nägel und Blei auf, einmal (1697/98) besorgt er
für die Burg auch zwei eiserne Öfen und zwei Wasserkrüge.
356 Die biografischen Mitteilungen im Buch (S.
21 und Tabellen) werden durch diese Daten ergänzt
und bestätigt.
Zu den Nachkommen der letzten jüdischen Familie
in Bergrothenfels (vgl. S. 57 und 70) gibt es eine Ergänzung:
Erna Völker (1896-1966), Tochter von Frieda
Völker geborene Kahn (1872-1930) und Andreas
Benno Völker (1870-1907), verstorben in Würzburg,
lebte als ledige Zigarrenarbeiterin in Bergrothenfels,
Haus Nr. 45 (ein inzwischen nicht mehr vorhandenes
Häuschen an der Straße Zum Alten Herrgott). 357 Obwohl
sie nach der Konversion und Verheiratung ihrer
Mutter (1901) selbst katholisch war, behielt sie den –
nicht unfreundlich gemeinten – Spitznamen „Jüde
Erna“. 358
355 StAWt-R R 76, Amtsrechnung Jg. 1683/84 fol. 87.
356 StAWt-R R 76, Amtsrechnungen Jg. 1683/84 fol. 87', 1687/88
fol. 79', 1688/89 fol. 76', 1693/94 fol. 98', 1695/96 fol. 96',
1696/97 fol. 97, 1697/98 fol. 96.
357 Freundliche Mitteilungen der Verwaltungsgemeinschaft Marktheidenfeld,
dort des Standesamtes, und des Standesamtes Lohr.
358 Freundliche Mitteilung von Roswitha Roth (Bergrothenfels).
Korrekturen
Die Besitzer der gedruckten Ausgabe von 2015 wollen
bitte folgende Korrekturen nachtragen:
S. 42 Anm. 232: Abbildung S. 41 (nicht 39)
S. 43 Anm. 246: Abbildung S. 41 (nicht 39)
S. 84, Personenregister:
Ergänzen bei Völker, [David] Joseph: 70
Ergänzen bei Völker, [Erna] Barbara: 70
Ergänzen bei Völker, Rupert Alfred: 70
Nachtragen: Völker, Johann Michael 70
Nachtragen: Völker [Harth], Maria Anna 70
Nachfragen
Seit dem Ende der jüdischen Gemeinde von Rothenfels
und Bergrothenfels und dem Verkauf ihrer letzten
Häuser sind 130 und mehr Jahre vergangen. Die ehemaligen
Wohnstätten wurden inzwischen mehrmals
modernisiert oder durch Neubauten ersetzt. Der ehemalige
„Judenkirchhof“ war sogar schon im späten
Mittelalter aufgelassen. Trotzdem ist nicht auszuschließen,
dass sich noch Spuren oder Erinnerungen
auftun.
Von den infrage kommenden Museen und Sammlungen
gab es nur Fehlanzeigen. Vielleicht ist trotz aller
bisher ergebnislosen Nachfragen „vor Ort“ doch
noch etwas zu finden – ein Türpfosten mit einer „Mesusa“
(Rille für eine Kapsel mit Segenssprüchen) verbaut,
eine hebräische Inschrift versteckt, der Rest
eines Inventars der Betstuben oder Wohnungen ererbt?
Oder ein Bild, eine Fotografie, ein Bericht, ein Brief
ehemaliger Nachbarn aus der Zeit der Groß- und Urgroßeltern
verwahrt, eine Erinnerung mündlich überliefert?
Vielleicht gibt es Hinweise auf oder gar
Kontakte mit Nachfahren jüdischer Familien aus Rothenfels
und Bergrothenfels in Würzburg, Frankfurt
oder den USA?
Der Verfasser ist für jeden Hinweis dankbar!
Berlin, März 2016
Dr. Winfried Mogge
Rauentaler Str. 12, 13465 Berlin
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w.mogge@arcor.de
www.winfried-mogge.de
Hinweis
Eine Kurzfassung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
von Rothenfels und Bergrothenfels findet sich
in der Datenbank der Arbeitsgemeinschaft Alemannia
Judaica:
www.alemannia-judaica.de/rothenfels_synagoge.htm
Vom selben Autor
ist zu Burg und Stadt Rothenfels erschienen:
„Dies uralt Haus auf Felsengrund ...“
Rothenfels am Main:
Geschichte und Gestalt einer unterfränkischen
Burg
Rothenfels / Burg Rothenfels
Schnell Kunstführer Nr. 740
5., neu bearbeitete Auflage
24 Seiten mit 19 Abbildungen
Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2009
ISBN 978-3-7954-4473-0
Burg Rothenfels im Hochmittelalter
In: Spessart – Monatszeitschrift für die Kulturlandschaft
Spessart, Oktober 2012, S. 3-14
Die Anfänge von Rothenfels
Legenden und Tatsachen
In: Spessart – Monatszeitschrift für die Kulturlandschaft
Spessart, Juni 2013, S. 17-24
Die Stadt Rothenfels im Mittelalter
Rothenfels am Main zählt zu den wenigen unzerstörten
und noch bewohnten deutschen Burgen des
Mittelalters. Im Jahr 1150 gegründet als Sitz der
edelfreien fränkischen Familie von Grumbach, kam
sie 1343 an das Fürstbistum Würzburg, dem sie bis
Ende 1802 als Amts- und Gerichtssitz diente. 1919
zog mit der katholischen Jugendbewegung Quickborn
neues Leben in die alten Mauern ein. Heute
arbeitet die Burg als unabhängige Tagungsstätte und
Jugendherberge.
Die romanische Anlage der Anfangszeit ist in guten
Teilen noch sichtbar, ergänzt durch spätgotische
Neubauten des 16. Jahrhunderts, ein spätbarockes
Amtshaus und weitläufige Wirtschaftsgebäude.
Nach jahrzehntelangen Sanierungen gilt Rothenfels
als Musterbeispiel für die gelungene Erhaltung eines
Kulturdenkmals mit neuer Nutzung.
Die Schicksale der Burg werden hier vor dem Hintergrund
der fränkischen und deutschen Geschichte
nachgezeichnet. Ausführlich wird auch die Baugeschichte
analysiert und dokumentiert, ergänzt mit
zahlreichen historischen und aktuellen Plänen, Abbildungen
und Fotografien. Politische, soziale und
religiöse Entwicklungen, Wirtschafts- und Kunstgeschichte
kommen zusammen, mit teils überraschenden
Ergebnissen quer zur bisherigen Forschung.
464 Seiten, einschließlich 231 Abbildungen und 15
Farbseiten
Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2012
ISBN 978-8260-4989-7
Beobachtungen zur Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur
In: Spessart – Monatszeitschrift für die Kulturlandschaft
Spessart, Juli 2013, S. 11-17
Ein „unrentierliches Objekt“?
Rothenfels im Fokus der Grafen von Wertheim und
Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg
In: Wertheimer Jahrbuch 2012, Wertheim 2013,
S. 85-116
„ain starcke veste burgk“
Zur Baugeschichte der Burg Rothenfels am Main
In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und
Kunst Bd. 65, Würzburg 2014, S. 29-58
Gralsburg und Ehrenmal
Anmerkungen zur Idee und Ideologie der
Jugendburg
In: Burgen und Schlösser – Zeitschrift für Burgenforschung
und Denkmalpflege, 2/2014, S. 105-115
Der Alltag war bunt
Die farbige Gestaltung und Ausstattung von Burgen
am Beispiel von Rothenfels
In: Beiträge zur Geschichte der Stadt und des
Raumes Lohr, Ausgabe 2015 (Schriften des Geschichts-
und Museumsvereins Lohr a. Main Folge
58/2015), S. 63-85
Finis.
Schriftzug aus dem Rothenfelser Ratsprotokollbuch 1732-1751
In der unterfränkischen Kleinstadt Rothenfels am Main gab
es schon im Mittelalter eine jüdische Gemeinde, die in unbekannter
Zeit unterging. Erst im 17. Jahrhundert siedelten sich in
der Stadt, danach in dem zugehörigen Dorf Bergrothenfels Juden
erneut an. Deren Geschichte endete vor 1900 wegen Überalterung
der Familien und Abwanderung ihrer jungen Mitglieder. Einige
Nachkommen sind in Würzburg und Frankfurt am Main – und in
nationalsozialistischen Vernichtungslagern nachweisbar.
Die bisher unbekannte Geschichte dieser kleinen fränkischen
Landjudengemeinde wird hier aus zahlreichen amtlichen Akten,
Korrespondenzen und Protokollen rekonstruiert. Auch die vor
Ort fast völlig verwehten Spuren der Juden werden entdeckt: ein
schon vor Jahrhunderten aufgelassener Friedhof, die ehemaligen
Wohnstätten und die nur noch literarisch überlieferten Gemeindezentren.
So entsteht ein Bild der wechselhaften Geschicke der Rothenfelser
und Bergrothenfelser jüdischen Familien, ihres Lebens und Arbeitens
als Händler und Bauern. Deutlich wird der lange Weg einer
religiösen Minderheit im Wandel der Politik zwischen Vertreibung
und Duldung, Ausgrenzung und Emanzipation.