Leseprobe grow! 1-15
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N r. 1/ <strong>15</strong> · januar / februar · 3 € · österreich 3,40 € · schweiz 5,90 sFr · luxemburg 3,60 € · PVST D12005F<br />
magazin<br />
since 1995<br />
dreifaches jubiläum bei der<br />
queen of hash<br />
neuer trend<br />
cbd öle<br />
interview mit marc emery, dem<br />
prince of pot<br />
<strong>grow</strong>ing mit mr.josé<br />
wenn samen nicht keimen<br />
EXTRA!<br />
KALENDER<br />
2 0 <strong>15</strong><br />
uwe<br />
musik- interview<br />
banton
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Winni Fleckner<br />
Chef-Redakteurin (v.i.S.d.P.)<br />
Klaudia Kolks<br />
<strong>grow</strong>! redAktion<br />
Klaudia Kolks<br />
Winni Fleckner<br />
Tilo Clemeur<br />
Chantale Kolks<br />
Holger Voncken<br />
Autoren & Fotografen<br />
Tilo Clemeur<br />
Winni Fleckner<br />
Henrie Schnee<br />
Steve Davis<br />
Markus Berger<br />
Kevin Johann<br />
Mr. Jose<br />
Martin Anker<br />
David Schmidmayr<br />
Ganja Ninja<br />
Oliver Uhrig<br />
Paddy Schmidt<br />
J.C.Zeller<br />
Klaudia Kolks<br />
Holger Voncken<br />
Stefan Haag<br />
Franjo Grotenhermen<br />
Grafikerin<br />
Chantale Kolks<br />
Lektor<br />
Paddy Schmidt<br />
Homeshopping & Abo<br />
Geronimo Kolks<br />
Webmaster<br />
Philippe Zimmermann<br />
Comic<br />
Philipp Pamminger<br />
redAktion, Verlag,<br />
Anzeigen & Abos<br />
Hanf Verlag Darmstadt GmbH<br />
<strong>grow</strong>! Magazin<br />
Liebenauerstr. 19a<br />
D-34396 Liebenau<br />
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Vertrieb [grosso]<br />
IPS Pressevertrieb GmbH<br />
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Druck<br />
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Internationale Steuernummer:<br />
DE172245 770<br />
Geschäftsführer<br />
W. Fleckner<br />
<strong>grow</strong>! im Internet<br />
www.<strong>grow</strong>.de<br />
<strong>grow</strong>! erscheint alle zwei Monate im<br />
Hanf Verlag Darmstadt GmbH<br />
Nächster RedAktions-Schluss:<br />
am 25.01.20<strong>15</strong><br />
Es gilt Anzeigenpreisliste 2014<br />
Die nächste <strong>grow</strong>! erscheint am<br />
25.02.20<strong>15</strong><br />
<strong>grow</strong>! Jahres-Abo (6 Ausg.)<br />
erhältlich bei der HVD GmbH<br />
Deutschland 17,50 Euro<br />
International 20,– Euro<br />
Alle Rechte und Copyright beim Verlag.<br />
Nachdruck und Online-Nutzung von Beiträgen - auch<br />
auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung<br />
des Verlags.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge sind nicht<br />
unbedingt Meinung der redAktion. Keine Haftung<br />
für unverlangt eingesandte Beiträge.<br />
Eigentumsvorbehalt bei Lieferungen an Insassen<br />
von Vollzugsanstalten: Diese Zeitschrift ist solange<br />
Eigentum des Absenders, bis sie dem Gefangenen<br />
persönlich ausgehändigt worden ist. „Zur-Habe-<br />
Nahme“ ist keine persönliche Aushändigung im<br />
Sinne des Vorbehaltes. Wird die Zeitschrift dem Gefangenen<br />
nicht persönlich ausgehändigt, ist sie mit<br />
dem Grund der Nichtaushändigung zurückzusenden.<br />
Achtung:<br />
Cannabis ist als Droge genauso missbrauchbar,<br />
wie jede andere Droge auch. Jeder Missbrauch von<br />
Drogen ist gefährlich! Wir wollen niemanden dazu<br />
animieren, Drogen zu konsumieren!<br />
Winni<br />
Klaudia<br />
Geronimo<br />
Chanti<br />
Tilo<br />
Phil<br />
Stefan<br />
In den letzten Wochen erreichten uns Nachrichten, die unterschiedlicher<br />
kaum ausfallen könnten. Während aus Nord- und Südamerika<br />
durchaus positive Neuigkeiten in Bezug auf die Entkriminalisierung<br />
von Cannabis zu vermelden sind, scheint die Situation in den<br />
Niederlanden, dem einstigen Vorzeigeland in Sachen liberaler Cannabispolitik,<br />
immer mehr aus dem Ruder zu laufen. Am 11.11.2014<br />
verabschiedete die Erste Kammer das sogenannte „Growshopverbot“<br />
und bestätigte damit einen Gesetzentwurf, der zuvor bereits<br />
die Zweite Kammer durchlaufen hatte. Jetzt muss das Gesetz nur<br />
noch von König Willem-Alexander unterzeichnet werden, damit<br />
es rechtskräftig wird. Das wird voraussichtlich zum Frühjahr kommenden<br />
Jahres passieren.<br />
Die Folgen für die niederländische Hanfbranche sind kaum zu<br />
überschauen. Jeder, der einem Cannabis-Grower bei der Einrichtung<br />
eines Growraums hilft, ihm Equipment verkauft oder Räumlichkeiten<br />
vermietet, macht sich dann strafbar. Das beträfe Betreiber<br />
von Growshops und womöglich auch die Hanfsamenbranche.<br />
Die Unsicherheit ist groß.<br />
Das war auch auf dem diesjährigen Cannabis Cup zu spüren, der<br />
von Anfang an unter keinem guten Stern stand. Die Expo mit<br />
rund 50 Ausstellern, die tagsüber den Anlaufpunkt der Cup-Teilnehmer<br />
darstellt, musste in diesem Jahr komplett abgesagt werden.<br />
Viele Amerikaner, die extra für den Cup nach Amsterdam geflogen<br />
waren, erlebten einen Cannabis Cup, wie es ihn so noch nie<br />
gab. Einen Bericht findet ihr ab Seite 76.<br />
Zu den positiveren Nachrichten der letzten Monate gehört die<br />
Meldung von der Freilassung Marc Emerys, dem sogenannten<br />
„Prince of Pot“. Er musste fünf Jahre in US-amerikanischen Gefängnissen<br />
einsitzen, weil er die DEA herausgefordert hatte. Er verkaufte<br />
über eine Million Hanfsamen in die USA, obwohl sie dort in<br />
vielen Staaten immer noch verboten sind. Marc erzählte uns seine<br />
Geschichte und entpuppt sich als wahrer Hanf-Rebell. Doch lest<br />
selbst ab Seite 24.<br />
Das Jahr 20<strong>15</strong> steht in den Startlöchern und mit ihm die Hoffnung<br />
auf weitere positive Entwicklungen. In Deutschland müssen wir<br />
mit unseren Erwartungen zurückhaltend sein, dennoch ist es wichtig,<br />
weiter für Aufklärung und vernünftige Drogenpolitik einzutreten.<br />
Und angesichts der sich häufenden positiven Berichte in den<br />
Medien – nicht zuletzt zum Thema medizinische Verwendung von<br />
Cannabis – steigt die Hoffnung, dass sich die Wahrheit über Cannabis<br />
immer mehr durchsetzt und so Vorurteile und Falschaussagen<br />
verdrängen kann.<br />
Wir wünschen Euch allen ein gesundes und erfolgreiches Jahr<br />
20<strong>15</strong>, und freuen uns schon darauf, Euch auch in diesem Jahr<br />
mit vielen interessanten Themen rund um Cannabis versorgen zu<br />
dürfen!<br />
Free the weed &let it <strong>grow</strong>!<br />
Eure <strong>grow</strong>!-redAktion<br />
Editorial<br />
Holger<br />
3
Inhalt magazin<br />
1-<strong>15</strong><br />
4<br />
14<br />
reise: cannabis in<br />
südost-asien teil2<br />
24<br />
interview: marc emery<br />
- der “prince of pot“<br />
31<br />
musik-interview:<br />
uwe banton<br />
68<br />
jubiläum: mila, die<br />
„queen of hash“ wird 70!<br />
70<br />
produkte:<br />
neuer trend CBD öle<br />
92<br />
<strong>grow</strong>ing mit mr. josé:<br />
wenn samen nicht keimen<br />
3 editorial<br />
4 korrekte mischung<br />
8 news & facts<br />
11 events<br />
12 produktvorstellungen<br />
14 reisereport: cannabis in südost-asien<br />
teil 2 - myanmar, laos, vietnam & die philippinen<br />
18 reise tipps: frag haag<br />
stefan beantwortet fragen rund ums thema reisen<br />
20 40 jahre „fristaden christiania“<br />
eine aktuelle bestandsaufnahme von ganja ninja<br />
24 interview: marc emery - der “prince of pot“<br />
29 it‘s always 4:20 somewhere!<br />
bedeutung und herkunft einer zahl<br />
31 musik-interview: uwe banton<br />
34 media-tipps: musik und literatur tipps<br />
36 hanf in den medien: hinter den schlagzeilen<br />
man spricht über cannabis – aber wie?<br />
38 politik: zustandswechsel in österreich<br />
wird die alpenrepublik bald zum kifferparadies?<br />
42 aufklärung: quo vadis, niederlande?<br />
43 aufklärung: USA - das langsame ende der prohibition<br />
44 comic: winter<br />
46 medizin: das endocannabinoidsystem<br />
und störungen der gehirnentwicklung<br />
48 hanf als medizin: posttraumatische belastungsstörungen<br />
behandlung mit cannabis<br />
50 politik: DHV kinospots in 240 kinos<br />
52 kolumne: gespräche im treppenhaus<br />
teil 2 - biederleins alptraum<br />
54 scene: 20 jahre drogeninfostände in berliner clubs<br />
dazu das interview mit hans cousto<br />
60 ethno: die renaissance der halluzinogene in der medizin<br />
64 lexikon der psychonautik<br />
66 ethnobotanik: kanna und cannabis<br />
68 jubiläum: mila, die „queen of hash“ wird 70!<br />
70 produkte: neuer trend CBD öle<br />
74 scene: eventmarathon amsterdam<br />
dab-a-doo party, cannabis cup und der cannabis cultur award<br />
78 bildergallerie: leserpflanzen<br />
80 seeds & genetics: sortenportraits<br />
82 know-how: es werde licht<br />
LED- lampen im vergleichstest teil 2<br />
90 gastbeitrag sensi seeds: die eigenschaften und<br />
funktionen der männlichen cannabispflanze<br />
92 <strong>grow</strong>ing mit mr. josé: wenn samen nicht keimen<br />
94 cannabis guide teil 3: erkennen von problemen<br />
100 underground <strong>grow</strong>ing: eine eigene wohnung für den grasanbau<br />
105 abo the <strong>grow</strong>!<br />
108 fragen & antworten<br />
109 <strong>grow</strong>! archiv, nachbestellungen & produkte<br />
112 <strong>grow</strong>! verkaufsstellen<br />
114 inserentenverzeichnis
Marc Emery aka “Prince of Pot“<br />
im Interview<br />
Manch einem von euch wird der Name Marc Emery noch ein Begriff sein: Er war der größte Hanfsamenhändler<br />
Nordamerikas und lieferte Zigtausend Marijuanasamen in die ganze Welt, vor allem<br />
in die USA. Er hat bewusst die US-amerikanischen Behörden herausgefordert, allen voran die DEA. Obwohl<br />
ihm die möglichen Konsequenzen bewusst waren, hielten sie ihn nicht von seinem Vorhaben ab. In<br />
der Szene brachte ihm das viel Respekt und den Spitznamen „Prince of Pot“ ein – aber auch eine fünfjährige<br />
Haftstrafe, die im Sommer dieses Jahres vorüber war. Was er in US-amerikanischen Gefängnissen<br />
erlebt hat und wie er überhaupt zum Hanf-Rebellen wurde, erzählt er uns im folgenden Interview.<br />
24
<strong>grow</strong>! Hallo Marc, nicht jeder unserer Leser<br />
kennt deine Geschichte. Kannst du<br />
uns erzählen, wie du zum „Prince of Pot“<br />
wurdest?<br />
Marc: Gerne, ich erzähle euch die komplette<br />
Story. Das habe ich so noch nie gemacht,<br />
ihr seid also die ersten, die die<br />
ganze Geschichte kennen. Angefangen<br />
hatte alles 1979. Damals habe ich Bücher<br />
gelesen, in denen der übermäßige Einfluss<br />
von Regierungen kritisiert wurde.<br />
Darin wurde die Ansicht vertreten, dass<br />
die Macht von Regierungen limitiert sein<br />
sollte. Das hat mich tief beeindruckt und<br />
dazu motiviert, politisch aktiv zu werden.<br />
In der folgenden Zeit wurde ich schon<br />
fast zu einem Anarchisten, der sich gegen<br />
staatliche Kontrolle und Überwachung<br />
wandte.<br />
<strong>grow</strong>! Du bist Kanadier, richtig?<br />
Marc: Richtig. Ich trat in politische Parteien<br />
ein und versuchte auf diesem Weg<br />
etwas zu erreichen. Doch 1988 musste ich<br />
feststellen, dass meine bisherigen Bemühungen<br />
nicht sehr erfolgreich waren. Und<br />
so beschloss ich, nicht mehr mit politischen,<br />
sondern mit den Mitteln des „zivilen<br />
Ungehorsams“ zu versuchen etwas<br />
zu verändern. Mein erstes Projekt war es,<br />
das sonntägliche Öffnungsverbot für Geschäfte<br />
und Läden in Kanada zu kippen.<br />
Ich hatte damals einen Buchladen und<br />
schaltete eine Anzeige in einer lokalen<br />
Zeitung, in der ich ankündigte, dass jeder,<br />
der am Sonntag vor Weihnachten in<br />
meinen Laden kommen würde, Bücher im<br />
Wert von zehn Dollar als Geschenk erhält.<br />
Es war aber verboten, Sonntags das Geschäft<br />
zu öffnen, selbst wenn ich die Bücher<br />
nur verschenkt hätte.<br />
<strong>grow</strong>! Und gab es Probleme?<br />
Marc: Es kamen zwei Polizisten, die mir<br />
einen Strafzettel gaben und androhten,<br />
dass bei einer Wiederholung die Strafe<br />
höher ausfallen würde.<br />
Ich machte das Ganze achtmal hintereinander<br />
und so wurde ich das erste Mal zu<br />
einer Gefängnisstrafe verurteilt.<br />
<strong>grow</strong>! Quasi für das Verschenken von Büchern?<br />
Marc: Genau!<br />
<strong>grow</strong>! Und wie lange musstest du dafür<br />
ins Gefängnis?<br />
Marc: Dafür haben sie mich vier Tage lang<br />
eingesperrt. Das hört sich jetzt nicht viel<br />
an, aber wenn man nicht darauf vorbereitet<br />
ist und keine Ahnung von dem hat,<br />
was da auf einen zukommt, kann so etwas<br />
auch sehr schockierend sein. Es war<br />
ein Gefängnis für Untersuchungshaft, wo<br />
es noch mal strenger zugeht als in einem<br />
normalen Knast. Ich hätte wohl auch länger<br />
drin bleiben müssen, wenn das Bußgeld<br />
von rund 400 Dollar nicht durch<br />
Spenden bezahlt worden wäre.<br />
<strong>grow</strong>! Hattest du das Geld nicht oder<br />
wolltest du nicht bezahlen?<br />
nen. Das Ganze scheint doch irgendwo<br />
Eindruck hinterlassen zu haben, zumindest<br />
wurde – zu meiner großen Überraschung<br />
– dann innerhalb der nächsten<br />
sechs bis zwölf Monate das Gesetz geändert<br />
und das Öffnen von Geschäften<br />
an Sonntagen erlaubt. Das war natürlich<br />
sehr motivierend und so suchte ich mir<br />
das nächste Projekt, mit dem ich gegen<br />
überflüssige Gesetze vorgehen könnte.<br />
Damals beschlagnahmte die Polizei die<br />
Alben von verschiedenen Rap-Musikern,<br />
weil sie der Meinung waren, die Menschen<br />
könnten mit diesen Texten nicht<br />
umgehen. Nirgendwo konnte man mehr<br />
diese CDs bekommen, selbst die großen<br />
Musikgeschäfte trauten sich nicht, diesen<br />
Bann zu brechen. Und so fuhr ich in<br />
die USA und besorgte mir einige Hundert<br />
dieser CDs, schaltete wieder eine Anzeige<br />
und kündigte an, sie am nächsten Tag in<br />
meinem Laden zu verkaufen – und wenn<br />
die Polizei etwas dagegen hätte, müsste<br />
sie vorbeikommen und mich verhaften.<br />
In der Tat war der Zweite in der Schlange<br />
ein Polizist.<br />
<strong>grow</strong>! Und der kaufte auch eine CD oder<br />
hat er dich direkt verhaftet?<br />
Marc: Er kaufte eine CD, um sie sich anzuhören<br />
und zu überprüfen, ob die Texte<br />
wirklich „obszön“ wären. Denn bisher<br />
hatte nur die Polizei behauptet, dass das<br />
so sei. Und so machte sich der Polizist<br />
auch noch zu einem Richter, der über die<br />
Rechtmäßigkeit eines Rap-Textes urteilte.<br />
Marc: Ich wollte nicht bezahlen! Ich habe<br />
allen Bußgeldern widersprochen und<br />
mich geweigert das Verbot anzuerkeninterview<br />
<strong>grow</strong>! Und zu welchem Ergebnis ist er gekommen?<br />
Marc:: Er kam nach etwa drei Stunden<br />
wieder zurück, doch da waren bereits<br />
alle CDs verkauft! Die Schlange vor meinen<br />
Laden ging einmal um den Block. Es<br />
hatten also einige Hundert Leute auf die<br />
CDs gewartet. Als er mit Verstärkung zurückkam,<br />
war also nichts mehr da, was sie<br />
hätten beschlagnahmen können. Das einzige,<br />
was sie hatten, war die eine CD, die<br />
der Polizist zuvor gekauft hatte. Es kam<br />
zu einem Gerichtsprozess, der im ganzen<br />
Land von den Medien beobachtet wurde.<br />
Im Verlauf des Prozesses sollten die vermeintlich<br />
obszönen Lieder als Beweisstück<br />
vorgespielt werden, auch um feststellen<br />
zu können, ob die tatsächlich<br />
obszön sind. Doch die Songs wurden nicht<br />
vorgespielt, das wurde verweigert, und so<br />
musste der Staatsanwalt, ein absolut korrekter<br />
und straighter Typ, die Texte vorlesen:<br />
„Me so horny. me so horny, me love<br />
you a long time...“ Der ganze Gerichtsaal<br />
bebte vor Lachen, die Leute konnte<br />
sich kaum noch auf den Stühlen halten.<br />
Der Richter zerhämmerte schon fast seinen<br />
Pult und rief, dass dies ein ernsthaftes<br />
Verfahren sei und die Leute aufhören<br />
sollten zu lachen. Doch jedes Mal,<br />
wenn der Staatsanwalt weitermachte – er<br />
musste alle zwanzig Song-Texte vorlesen<br />
und in allen ging es um Sex –, brach Gelächter<br />
aus. Bis der Richter irgendwann<br />
die Geduld verlor und den Saal räumen<br />
ließ. Der ganze Prozess wurde zu einer<br />
Farce, was die Medien im ganzen Land<br />
25
interview<br />
verbreiteten. Wie kann etwas obszön<br />
sein, worüber sich alle nur amüsieren?<br />
Und die Fernsehsender brachten die<br />
Texte in ihren Nachrichten.<br />
Am Ende haben die Polizisten vom<br />
Richter eine Rüge erhalten, weil sie ihre<br />
Kompetenzen überschritten hatten.<br />
Wenn, dann muss ein Richter oder die<br />
Regierung etwas verbieten oder für „obszön“<br />
erklären, aber nicht die Polizei.<br />
<strong>grow</strong>! Und wurdest du verurteilt?<br />
Marc: Der Richter erklärte mich zwar<br />
für schuldig, gab mir aber keine Strafe,<br />
weil ich „im öffentlichen Interesse“ gehandelt<br />
hätte. Die Sache ging jedenfalls<br />
besser für mich aus, als ich das<br />
erwartet hatte. Ende der Achtzigerjahre<br />
machte ich auch eine zweistündige<br />
Radiosendung bei einem lokalen<br />
Sender. Das machte mir viel Spaß und<br />
fand auch großen Anklang. Das Besondere<br />
an meinen Shows war, dass ich<br />
fast nur Revolutionssongs spielte. Und<br />
die gab es von vielen Bands und Musikern.<br />
So war ich auch ein großer Fan<br />
der Punkband „Dead Kennedys“. Deren<br />
Sänger – Jello Biafra – hatte ich 1990<br />
in meiner Show und wir sprachen über<br />
seine politischen Ansichten und Vorstellungen.<br />
Dabei kamen wir auch auf<br />
ein Buch eines Amerikaners namens<br />
Jack Herer zu sprechen (Titel: „The Emperor<br />
Wears No Clothes“). Er war ganz<br />
begeistert von diesem Buch, in dem es<br />
um Cannabis, das Verbot und die vielfältigen<br />
Möglichkeiten ging.<br />
Ich kannte das Buch gar nicht, obwohl<br />
ich selbst Buchhändler war – wobei ich<br />
mich auch eher auf alte und seltene Bücher<br />
konzentrierte. Am nächsten Tag<br />
ging ich zu den großen Buchläden, wo<br />
die Neuerscheinungen verkauft werden,<br />
doch nirgendwo konnte ich dieses<br />
Buch finden. Es stellte sich heraus,<br />
dass neben gewaltverherrlichender Literatur<br />
in Kanada auch Bücher über<br />
Cannabis verboten waren. Das fand ich<br />
ziemlich krass, dass Cannabis mit Gewaltverherrlichung<br />
auf eine Stufe gestellt<br />
wurde. In altbekannter Manier<br />
besorgte ich mir hundert dieser Bücher,<br />
setzte eine Anzeige in die Zeitung<br />
und begann sie zu verkaufen. Doch anders<br />
als sonst tauchte diesmal kein Polizist<br />
auf, um mir Probleme zu machen.<br />
Also besorgte ich alle möglichen Bücher<br />
und Magazine zum Thema Cannabis<br />
und verkaufte sie in meinem Laden<br />
– und sie verkauften sich wirklich gut!<br />
<strong>grow</strong>! Hattest du zu der Zeit schon mit<br />
Cannabis zu tun bzw. hast du damals<br />
schon gekifft?<br />
Marc: Oh ja, ich habe meinen ersten<br />
Joint am 21. Dezember 1980 geraucht.<br />
Am diesem Tag habe ich mich<br />
in eine Frau verliebt, mit der ich acht<br />
Jahre zusammenbleiben sollte. Und sie<br />
meinte zu mir, kurz bevor wir Sex haben<br />
wollten, dass es ein noch intensiveres<br />
Erlebnis sein würde, wenn wir<br />
vorher einen Joint rauchen würden. Und<br />
sie hatte Recht! Ein solch tolles Erlebnis<br />
hatte ich bis dahin noch nicht gehabt.<br />
Und so verliebte ich mich an diesem<br />
Tag nicht nur in diese Frau, sondern auch<br />
in Marijuana.<br />
<strong>grow</strong>! Aber politisch aktiv warst du in der<br />
Richtung anfangs nicht?<br />
Marc: Nein. Ich wusste, dass es illegal ist,<br />
doch um etwas daran zu ändern, fehlte in<br />
den Achtzigerjahren noch die öffentliche<br />
Unterstützung. Wer Cannabis rauchte,<br />
machte das im Verborgenen und hielt das<br />
möglichst auch geheim. Selbst in so progressiven<br />
Städten wie Vancouver gab es<br />
bis 1994 nichts in Sachen Cannabisaktivismus.<br />
Ich verkaufte also die verbotenen<br />
Hanfbücher, doch die Polizei ließ sich einfach<br />
nicht blicken. Irgendwie frustrierte<br />
mich das auf eine merkwürdige Art und<br />
Weise. Vielleicht war es auch so etwas<br />
wie ein Burn-out, immerhin war ich schon<br />
seit zwölf Jahren Aktivist. Meine Frau, wir<br />
hatten bereits zwei Kinder, war von meinen<br />
Aktionen und andauernden Problemen<br />
mit der Polizei und den Behörden<br />
nicht begeistert und wurde depressiv. Wir<br />
entschlossen uns deshalb für zwei Jahre<br />
nach Asien zu gehen und in Indien und Indonesien<br />
herumzureisen. Eine verrückte<br />
Idee, aber sehr lehrreich für uns und unsere<br />
Kinder. Wir waren die einzige weiße<br />
Familie in ganz Indien, was zu zahlreichen<br />
interessanten Situationen führte.<br />
Ich hatte aber große Probleme an etwas<br />
zu Rauchen zu kommen. Jeder denkt<br />
gleich, dass man ein schlechter Vater ist,<br />
wenn man Marijuana rauchen möchte.<br />
Man muss schon Dreadlocks haben oder<br />
wie ein Hippie aussehen, damit sie einem<br />
was verkaufen. Ich habe auf der Reise<br />
auch große Enttäuschungen und Probleme<br />
wegstecken müssen, jedenfalls<br />
landeten wir irgendwann in Singapur, wo<br />
mir klar wurde, dass es an der Zeit ist, für<br />
eine Legalisierung von Cannabis zu sorgen.<br />
Wir flogen also zurück nach Kanada,<br />
allerdings nicht in meine alte Heimat,<br />
eine Kleinstadt bei Ontario, sondern in<br />
das rund 3.000 Kilometer entfernte Vancouver,<br />
das ich bis dahin nur von Bildern<br />
kannte. Vancouver erschien mir aber der<br />
richtige Ort für mein Vorhaben zu sein, da<br />
dies die wohl liberalste und fortschrittlichste<br />
Stadt in ganz Kanada ist.<br />
<strong>grow</strong>! Und wie war dein Plan, wie wolltest<br />
du Cannabis legalisieren?<br />
Marc: Nun, ich war Buchhändler, also<br />
besorgte ich mir wieder alle mögliche<br />
Cannabisliteratur und verkaufte sie an<br />
Bushaltestellen, auf dem Campus an Studenten<br />
oder auf der Straße an Passanten.<br />
<strong>grow</strong>! Das war aber verboten, oder?<br />
Marc: Ja, das war immer noch verboten!<br />
Und diesmal dauerte es nicht lang, bis mir<br />
die Polizei auf dem Leim ging und ich verhaftet<br />
wurde. Es kam zu einem Gerichtsverfahren,<br />
bei dem auch die Frage geklärt<br />
wurde, ob Literatur über Cannabis<br />
tatsächlich verboten sein muss. Der Prozess<br />
wurde zu einem großen Erfolg: Ich<br />
wurde freigesprochen und Cannabisliteratur<br />
in Kanada legalisiert.<br />
<strong>grow</strong>! Super! Das ist doch schon mal ein<br />
toller Erfolg!<br />
26
Marc: Das dachten die Leute des amerikanischen<br />
„High Times“-Magazins auch<br />
und luden mich 1994 zum Cannabis Cup<br />
nach Amsterdam ein. Dort durfte ich<br />
über unsere Aktivitäten in Kanada sprechen<br />
und lernte eine Menge interessanter<br />
Menschen kennen. Darunter auch Ben<br />
Dronkers, den Gründer von Sensi Seeds.<br />
Er hielt eine Rede, in der er davon sprach,<br />
dass seine Hanfsamenbank bereits weltweit<br />
Millionen von Cannabissamen verkauft<br />
hätte und dass damit wohl zig<br />
Tonnen von hochwertigem Cannabis angebaut<br />
worden wären, was bestimmt einen<br />
Einfluss auf die Popularität und Verbreitung<br />
von Cannabis gehabt hat.<br />
In diesem Moment war mir<br />
klar, was ich zu tun hätte:<br />
Genau wie Ben Dronkers<br />
wollte ich so viele Cannabissamen<br />
verkaufen, dass die<br />
daraus entstehenden Mengen<br />
an Cannabis von keiner<br />
Verfolgungsbehörde mehr<br />
beschlagnahmt werden<br />
könnten. Quasi nach dem<br />
Motto „over<strong>grow</strong> the government“!<br />
<strong>grow</strong>! Aber der Verkauf von<br />
Hanfsamen war in Kanada<br />
verboten?<br />
Marc: Und ist es bis heute!<br />
Ich bin wahrscheinlich der<br />
Einzige in Kanada, der Hanfsamen<br />
verkauft.<br />
<strong>grow</strong>! Hat dich denn die Polizei<br />
in Ruhe gelassen?<br />
Marc: Nein, natürlich nicht.<br />
In den Jahren zwischen 1995<br />
und 2005 kamen sie insgesamt<br />
viermal und machten<br />
Razzien. Aber ich habe mich<br />
nicht davon abhalten lasen.<br />
Im Gegenteil, das Ganze lief<br />
so gut, dass ich jedes Jahr<br />
einige Millionen Dollar Umsatz<br />
machte. Den Gewinn investierte<br />
ich in Aktionen zur<br />
Cannabislegalisierung auf<br />
der ganzen Welt. Rund fünf<br />
Millionen Dollar sind so in<br />
die gute Sache geflossen.<br />
Außerdem gründete ich mein<br />
Magazin, anfangs unter dem<br />
Namen „Cannabis Canada“,<br />
das ich später dann in „Cannabis<br />
Culture“ unbenannte.<br />
Zur Jahrtausendwende haben wir Pot TV<br />
(www.pot.tv) gegründet, das wohl erste<br />
Cannabis-Programm im Internet. Überhaupt<br />
lief zwischen 1995 und 2005 ein<br />
ganze Menge. Ich war oft in den Medien<br />
und konnte meine Ansichten über Cannabis<br />
nach außen vertreten. Ich machte<br />
auch keinen Hehl daraus, dass mein Ziel<br />
war, das Cannabis-Verbot zu kippen...<br />
<strong>grow</strong>! Aber 2005 war es dann<br />
doch vorbei?<br />
Marc: Na ja, mein Plan, dass so viel Cannabis<br />
angebaut wird, dass DEA und Polizei<br />
mit dem Beschlagnahmen nicht mehr<br />
hinterherkommen, ist irgendwann aufgegangen.<br />
Und das wurde auch dem DEA bewusst.<br />
Und so machten sie Jagd auf mich.<br />
Da ich kaum reiste, mussten sie mich von<br />
den kanadischen Behörden verhaften und<br />
in die USA ausliefern lassen. Und die kanadischen<br />
Behörden sind unterwürfig genug,<br />
um genau das zu tun. Und so drohte<br />
mir eine Haftstrafe von 28 bis 40 Jahren in<br />
einem US-amerikanischen Gefängnis und<br />
meine Mitarbeiter sollten für zehn Jahre<br />
in den Knast.<br />
<strong>grow</strong>! Oh man,<br />
was für eine Strafandrohung!<br />
Marc: Allerdings! Zum Glück hatte ich<br />
gute Rechtsanwälte, die am Ende einen<br />
Deal ausgehandelt haben. Während<br />
des Gerichtsverfahren kam raus, dass<br />
sie mich zu den Top 50 der gefährlichsten<br />
Verbrecher weltweit zählten. Sie warfen<br />
mir vor, dass ich absichtlich so viele<br />
Cannabissamen in die USA verkauft hätte,<br />
dass die DEA tatsächlich überfordert war.<br />
Doch die Staatsanwältin sagte auch etwas,<br />
was mir viele Sympathien brachte:<br />
Sie warf mir vor, dass ich die Erlöse dafür<br />
gebraucht hätte, um Legalisierungsinitiativen<br />
zu unterstützen. Und sie bezeichnete<br />
mich als den „Prince of Pot“,<br />
wodurch dieser Titel schon irgendwie offiziell<br />
wurde...<br />
Am Ende war eine Gefängnisstrafe unumgänglich,<br />
doch meine Anwälte konnten<br />
den Haftantritt immer wieder hinauszögern<br />
und die Strafe auf fünf Jahre drücken,<br />
zudem bekamen meine Mitarbeiter<br />
nur Bewährungsstrafen.<br />
<strong>grow</strong>! 2010 musstest du in ein US-amerikanisches<br />
Gefängnis. Wie war das für<br />
dich?<br />
Marc: Im Nachhinein betrachtet, war es<br />
eine konstruktive Erfahrung. Ich habe in<br />
den fünf Jahren keine schlechten Dinge<br />
erlebt. Es war natürlich auch nicht angenehm,<br />
gerade am Anfang, als ich in<br />
einem Gefängnis für Ausländer in Florida<br />
einsaß. Dort waren die meisten Insassen<br />
aus Mexiko und Lateinamerika, vielleicht<br />
noch eine Handvoll Europäer, und ich als<br />
Kanadier. Mit Englisch kam<br />
man da nicht so weit. Als ich<br />
aber in ein anderes Gefängnis<br />
verlegt wurde, wo außer<br />
mir nur amerikanische Gefangene<br />
untergebracht waren,<br />
hatte ich eine recht interessante<br />
Zeit. Ich verbrachte<br />
meine Tage mit absoluten<br />
Blues-Profis und sie brachten<br />
mir bei, Bass zu spielen. Das<br />
erste und einzige Instrument,<br />
das ich jetzt spielen kann.<br />
<strong>grow</strong>! Und du musstest die<br />
kompletten fünf Jahre absitzen?<br />
Marc: Ja, obwohl die Amerikaner<br />
nach dreieinhalb Jahren<br />
angeboten hatten, mich<br />
nach Kanada zu überstellen.<br />
Doch meine tolle Regierung<br />
lehnte das ab und so musste<br />
ich die komplette Strafe bis<br />
auf den letzten Tag absitzen.<br />
<strong>grow</strong>! Und nun – jetzt, wo du<br />
wieder frei bist, wie sehen<br />
deine Pläne aus?<br />
Marc: Zur Zeit reise ich viel<br />
durch die Welt und genieße<br />
die Freiheit. Und natürlich<br />
werde ich mich weiter für<br />
die Legalisierung von Cannabis<br />
einsetzen. In Kanada<br />
wird 20<strong>15</strong> eine neue Regierung<br />
gewählt. Der Kandidat<br />
der Opposition, der liberalen<br />
Partei, hat bereits angekündigt,<br />
dass er im Fall eines<br />
Wahlsiegs Cannabis freigeben<br />
wird. Nun setzen wir alles<br />
daran, ihn zu unterstützen<br />
und ihm zum Wahlsieg zu verhelfen.<br />
Wenn das gelingt, ist alles möglich!<br />
<strong>grow</strong>! Dazu wünschen wir euch natürlich<br />
alles Gute und viel Erfolg! Das wäre bestimmt<br />
ein tolles Signal, wenn Kanada<br />
tatsächlich Cannabis freigeben und die<br />
Prohibition beenden würde...<br />
Wir werden im <strong>grow</strong>!-Magazin selbstverständlich<br />
über die Entwicklungen berichten.<br />
Marc, vielen Dank für das ausführliche<br />
Interview. Wir bleiben in Kontakt!<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.freemarc.ca<br />
www.cannabisculture.com<br />
interview
jubiläum<br />
Triple-Jubiläum bei Mila: 70-50-20<br />
Die „Queen of Hash“ wird 70!<br />
Mila Jansen, <strong>grow</strong>!-Autorin und Inhaberin der Pollinator Company, hat allen Grund sich zu<br />
freuen, feiert die in den USA als „Queen of Hash“ verehrte Holländerin doch gerade gleich drei<br />
besondere Jubiläen auf einmal: Ihren 70. Geburtstag, 50 Jahre Erfahrung im Haschischrauchen<br />
und 20-jähriges Bestehen ihrer Firma Pollinator Company.Gute Gründe, Mila dazu von Herzen<br />
persönlich zu gratulieren. Wir verabreden uns und treffen Mila einen Tag nach der Daba-Doo-Party<br />
in der Pollinator Company in Amsterdam zum Interview.<br />
<strong>grow</strong>! Hey Mila, „hartelijk gefeliciteerd“!<br />
Feierst du morgen im Melkweg tatsächlich<br />
deinen 70. Geburtstag?<br />
Mila: Nein, das stimmt nicht ganz. Offiziell<br />
habe ich erst am 5. Dezember Geburtstag.<br />
Doch die Freunde, die eine Party für<br />
mich veranstalten sind an diesem Tag leider<br />
nicht hier. So bietet es sich an, morgen<br />
im Melkweg zu feiern, zumal wegen<br />
dem High Times Cannabis Cup gerade<br />
viele Freunde nach Amsterdam kommen.<br />
<strong>grow</strong>! Das ist eine gute Idee.<br />
Du feierst dann ja gleich drei<br />
verschiedene Jubiläen...<br />
68<br />
Mila: Ja, neben meinem 70. Geburtstag<br />
feiern wir zwanzig Jahre Pollinator Company.<br />
Ich kann mich noch gut daran erinnern,<br />
wie wir am 28.11.1994, dem vorletzten<br />
Tag des Cannabis Cups, den<br />
ersten Pollinator vorgestellt haben. Der<br />
stand oben in den Räumlichkeiten von<br />
CIA (heutiges THSeeds) unter einem violetten<br />
Tuch versteckt. Das Tuch wurde<br />
dann von Rob Clarke spektakulär gelüftet<br />
und der Pollinator ging zum ersten<br />
Mal vor Publikum in Aktion. Steven Hager,<br />
Soma und viele andere Leute waren<br />
dabei. Rob, der sein ganzes Leben<br />
mit dem Studieren der Haschischherstellung<br />
verbracht hat, war von Anfang<br />
an begeistert von der Maschine und erkannte<br />
gleich deren enorme Bedeutung.<br />
Nie zuvor hatte es maschinelle Hilfe<br />
in der Haschgewinnung gegeben. Die<br />
meisten Arbeitsschritte zur Haschischproduktion<br />
waren reine Handarbeit.<br />
<strong>grow</strong>! Wie kamst du eigentlich auf die<br />
Idee, den Pollinator zu erfinden?<br />
Mila: Ich verließ Amsterdam 1968. Als<br />
ich nach 14 Jahren zurück aus Indien<br />
kam, rauchte ich Hasch. Zu der Zeit war<br />
Amsterdam voll mit Coffeeshops und jeder<br />
rauchte Gras. Da ich selbst nicht gerne<br />
Gras rauche, sondern lieber Haschisch,<br />
fing ich an mein eigenes Piece zu machen.<br />
Wir hatten damals schon spezielle Siebrahmen,<br />
um die Kristalle herauszusieben.<br />
Ich fing also an Gras anzubauen. 1988/89<br />
glaubte jeder in den Niederlanden, dass<br />
Cannabis bald legal sein würde.<br />
<strong>grow</strong>! Ja, das waren goldene Jahre für alle<br />
Cannabisfreunde in Holland.<br />
Mila: Da ich auf Erfahrungen im Gemüseanbau<br />
zurückgreifen konnte, gab ich<br />
mein Wissen an junge Grower weiter. Gemeinsam<br />
mit den anderen motivierten<br />
Growfreunden funktionierte der Grasan-
au von vornherein problemlos. Mit der<br />
Zeit hatten wir viel Material gesammelt<br />
und siebten das Haschisch mühevoll auf<br />
die herkömmliche Art und Weise. Eines<br />
Nachts stand ich vor dem Wäschetrockner<br />
und beobachtete, wie die Wäschestücke<br />
in der Trommel hin und her purzelten.<br />
Plötzlich erkannte ich, dass dieser Vorgang<br />
genauso gut zum Abschütteln der<br />
Harzkristalle geeignet sein müsste. Warum<br />
sollte man die Trommel nicht einfach<br />
mit Grasblättern statt der Wäsche füllen?<br />
<strong>grow</strong>! Was, du hast das Gras wirklich in<br />
den Wäschetrockner geworfen?<br />
Mila: (lacht) Nein, wir kauften einen zweiten<br />
Wäschetrockner, den wir speziell für<br />
unsere Zwecke modifizierten und es kam<br />
tatsächlich etwas Haschisch dabei heraus.<br />
Zu der Zeit hatten wir noch keine<br />
Ahnung, dass es sinnvoll ist, das Material<br />
ausreichend zu kühlen, damit die<br />
Harzkristalle leichter von den Blättern<br />
fallen. Wir versuchte das selbst gemachte<br />
Haschisch, das in Holland unter den Namen<br />
Skuff gehandelt wird, an die Coffeeshops<br />
zu verkaufen. Zu Beginn waren die<br />
aber kaum daran interessiert, da es viel<br />
zu stark sei und man es maximal kurz vor<br />
dem Einschlafen rauchen könne. Das hat<br />
sich jedoch völlig gewandelt. Heutzutage<br />
finden es viele zu schwach, wie bei der<br />
gestrigen Dab-a-Doo-Party eindeutig zu<br />
beobachten war.<br />
<strong>grow</strong>! Wie viele Pollinatoren wurden seit<br />
1994 verkauft?<br />
Mila: Anfangs habe ich sie noch gezählt,<br />
aber irgendwann damit aufgehört. Ich<br />
weiß aber, das mehrere Tausend davon<br />
weltweit verkauft wurden und die Nachfrage<br />
nicht nachlässt. Ob Pollinator, Iceo-Lator<br />
oder der Bubbleator, jedes dieser<br />
Produkte verkauft sich mehr oder weniger<br />
gleich gut.<br />
<strong>grow</strong>! Worin unterscheiden sich die Qualitäten<br />
bei der Skuff- und Waterhashgewinnung?<br />
Mila: Da gibt es große Unterschiede. Es<br />
kommt immer drauf an, worauf man den<br />
Fokus der Qualitätskriterien legt. Das<br />
Skuff aus dem Pollinator enthält viel<br />
mehr Aromen und hat dadurch einen besseren<br />
Geschmack und Geruch. Die Terpene<br />
kommen stärker zur Geltung. Beim<br />
Eiswasser-Verfahren, der Herstellung des<br />
Waterhashs, ist dies deutlich geringer.<br />
Allerdings ist das Waterhash meist stärker<br />
als Skuff.<br />
<strong>grow</strong>! Seit Ende letzten Jahres veranstaltest<br />
du mit Freunden die Dab-a-Doo-Parties.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Mila: Auf meiner Reise durch die USA<br />
2013 wurde ich zur 710-Party, dem ersten<br />
OIL-Cup, eingeladen (siehe <strong>grow</strong>! 6/13).<br />
Wieder zurück in Amsterdam machten wir<br />
dann nach deren Vorbild im privaten Rahmen<br />
die erste Dab-a-Doo-Party. Die Idee<br />
gefiel vielen so gut, dass wir eingeladen<br />
wurden in Barcelona, Denver und San<br />
Francisco weitere Parties zu organisieren.<br />
<strong>grow</strong>! Wieviel Dab-a-Doo-Parties gab es<br />
bisher?<br />
Mila: Gestern war die fünfte Dab-a-Doo-<br />
Party (siehe dazu auch den Bericht ab<br />
Seite 74).<br />
<strong>grow</strong>! Mila, was hat es mit „50 Jahre Erfahrung<br />
im Haschischrauchen“ auf sich?<br />
Mila: Es begann im Oktober oder November<br />
1964. Zu dieser Zeit gab es noch nirgendwo<br />
Gras zu kaufen. Wer Haschisch<br />
kaufen wollte, ging zum Hafen. Seemänner<br />
brachten das Haschisch in die Bars.<br />
Ich mochte Haschisch von Anfang an.<br />
<strong>grow</strong>! Wie war die Qualität?<br />
Mila: Wir hatten viel Spaß und haben viel<br />
gelacht. Für mich war zu dieser Zeit alles<br />
gut. Man kaufte eine Streichholzschachtel<br />
voll, nicht grammweise.<br />
<strong>grow</strong>! Welches Haschisch war darin?<br />
Marokkanisches?<br />
Mila: Nein, das gab es noch nicht. Dort<br />
wurde ausschließlich Kif produziert. Das<br />
Haschisch kam aus dem Libanon, der<br />
Türkei oder aus einigen anderen afrikanischen<br />
Ländern. Erst zwei Jahre später<br />
kam das erste Haschisch aus Marokko.<br />
Traveller haben das Wissen zur Haschischherstellung<br />
in Marokko eingeführt.<br />
<strong>grow</strong>! Seit 1964 rauchst du regelmäßig<br />
Haschisch?<br />
Mila: Ja, eigentlich schon. Nur während<br />
meiner Schwangerschaften habe ich<br />
bewusst darauf verzichtet.<br />
<strong>grow</strong>! Hast du eine<br />
Lieblings-Haschischsorte?<br />
Mila: Immer die, die ich gerade rauche.<br />
<strong>grow</strong>! Aha, also keine wirkliche<br />
Lieblingssorte?<br />
Mila: Es ist ja auch abhängig vom jeweiligen<br />
Moment, ob man eher etwas stärkeres<br />
oder leichtes rauchen mag. In der<br />
Regel rauche ich Skuff, das mag ich am<br />
liebsten. An anderen Haschischsorten<br />
habe ich kein Interesse.<br />
<strong>grow</strong>! Hat sich bei deren<br />
Qualitätsstandards in den letzten Jahren<br />
etwas verändert?<br />
Mila: Ja, auch bei denen bleibt die Zeit<br />
nicht stehen. So weiß ich, dass in Marokko<br />
jetzt auch die ersten Ice-o-Lator-<br />
Bags Verwendung finden. Das Gleiche gilt<br />
für die Genetik. So findet man dort jetzt<br />
auch Cannabissorten wie Cheese oder<br />
White Widow. Eine Qualitätssteigerung<br />
des marokkanischen Haschisch liegt da<br />
wohl nahe. Gerade die Entwicklungen in<br />
den USA finde ich besonders bemerkenswert.<br />
Deren Qualitätsstandards sind enorm.<br />
Besonders froh und auch ein wenig<br />
stolz macht es mich, wenn junge Leute<br />
wie Nikka T. oder Alex, die bei mir gelernt<br />
haben, sich so erfolgreich weiterentwickelt<br />
haben und nun eigene innovative<br />
Ideen in den USA verwirklichen.<br />
<strong>grow</strong>! Hattest du jemals negative Erfahrungen<br />
mit deinem Haschischkonsum?<br />
Mila: Nein. Vor ein paar Jahren hatte ich<br />
Herzbeschwerden und ging zum Arzt. Ich<br />
dachte, das erste, was er mir raten würde,<br />
wäre sicher mit dem Rauchen aufzuhören,<br />
doch stattdessen meinte er nur, dass die<br />
Beschwerden genetisch bedingt wären<br />
und meine Lunge gesund sei.<br />
jubiläum<br />
<strong>grow</strong>! Rauchst du pur oder mit Tabak?<br />
Mila: Ich rauche Joints mit Haschisch und<br />
etwas Tabak in der Mischung. Der Tabak<br />
ist dabei sicher der suchterregendere<br />
Stoff von beiden. Ich kaufe einmal in der<br />
Woche ein Päckchen Tabak, rauche aber<br />
keine Zigaretten, sondern nur Joints. Es<br />
geht mir gesundheitlich sehr gut. Solange<br />
das so bleibt, sehe ich keine Veranlassung<br />
auf Tabak zu verzichten. Ich<br />
trinke keinen Alkohol und ernähre mich<br />
ausgeglichen.<br />
<strong>grow</strong>! Mila, wie sehen deine Zukunftspläne<br />
aus? Wirst du es zukünftig etwas<br />
ruhiger angehen lassen?<br />
Mila: Ich arbeite mittlerweile nicht mehr<br />
den ganzen Tag, sondern komme erst um<br />
zwei oder drei Uhr nachmittags in den<br />
Shop. Es gibt noch viele Dinge, die ich erledigen<br />
möchte. So schreibe ich schon<br />
seit Jahren an meinen Memoiren und<br />
möchte noch mehr reisen.<br />
<strong>grow</strong>! Morgen findet Deine Geburtstagsparty<br />
im Melkweg statt. Magst du darüber<br />
schon etwas verraten?<br />
Mila: Wir hatten im Vorfeld mit einigen<br />
Schwierigkeiten zu kämpfen. Bei der Suche<br />
nach einem geeigneten Restaurant<br />
für das Essen mit ausgewählten Freunden<br />
gab es eine Absage nach der anderen.<br />
Die Frage, ob es denn möglich sei<br />
dort Gras und Haschisch zu rauchen,<br />
war wohl ausschlaggebend für die ablehnende<br />
Haltung. Schließlich hatten<br />
wir Glück und bekamen eine Zusage im<br />
Coffeeshop Bulldog. 1966 habe ich dort<br />
eine Nacht verbracht, damals war dort<br />
noch eine Polizeiwache. Wie auch immer,<br />
nach dem Essen im Bulldog geht es um<br />
acht Uhr im Melkweg weiter. Alle Besucher<br />
des Cannabis Cups und der Dab-a-<br />
Doo-Party sind auch eingeladen. Das Programm<br />
kann sich sehen lassen. Nikka T.,<br />
der auch als DJ aktiv ist, spielt Songs von<br />
vor 1968, dann tritt eine Reggaeband auf,<br />
gefolgt von einem Rapper aus UK. Dann<br />
kommen die großen Sambatrommeln mit<br />
den Tänzerinnen und ändern das Partyflair<br />
in südamerikanische Fiesta...<br />
<strong>grow</strong>! Mila, das hört sich ja phantastisch<br />
an. Wir wünschen dir viel Spaß dabei. Zu<br />
deinen Jubiläen, vor allem aber zum 70.<br />
Geburtstag, alles Gute!<br />
Ein tolles Video von Milas Party könnt ihr unter<br />
folgendem Link anschauen: www.youtube.<br />
com/watch?v=6gjJ_aPbLNk&feature=youtu.be<br />
Milas Geburstagsparty<br />
69
Keimungsrate der Samen liegt dabei bei 80–<br />
100 Prozent. Entweder steckt man die Samen<br />
direkt ins Anbaumedium (Erde, Rockwool,<br />
Kokos usw.) oder lässt sie zuerst auf Papier<br />
oder Watte keimen, um sie nach der Keimung<br />
einzupflanzen. Bei Keimung in Erde oder Kokos<br />
verwendet man am besten kleine Papptöpfchen.<br />
Sobald die Pflanze an die Oberfläche<br />
kommt, kann sie mit dem Töpfchen, das<br />
sich nach und nach zersetzen wird, umgepflanzt<br />
werden. Eine weitere Variante sind<br />
Jiffy–Töpfe, die eine optimale Wassermenge<br />
aufnehmen und deren Struktur eine leichte<br />
Keimung ermöglicht. Der Vorteil dabei ist,<br />
dass man die Feuchtigkeit im Anbaumedium<br />
leicht kontrollieren kann. Ein zu feuchtes Anbaumedium<br />
könnte verursachen, dass die<br />
Samen verfaulen und nicht auskeimen. Es ist<br />
ratsam die Samen vor Gebrauch für ca. zwölf<br />
Stunden bei Zimmertemperatur in einem<br />
Glas Wasser stehen zu lassen. Sie befreien<br />
sich so von Wachstumshemmern, die in der<br />
Natur die vorzeitige Keimung verhindern<br />
(z.B. bei leichtem Regen). Durch den Aufenthalt<br />
im Wasser erhalten die Samen ein klares<br />
Signal zur Keimung. Sie quellen auf und keimen<br />
nun sehr schnell. Es ist möglich, dass<br />
bereits nach zwölf Stunden eine Keimwurzel<br />
wächst. Nachdem wir die Samen eingeweicht<br />
haben, werden sie 0,5–1 cm tief in ein<br />
ausreichend befeuchtetes Anbaumedium gehome<strong>grow</strong>ing<br />
Growing mit Mr. Jose<br />
Wenn Samen nicht keimen<br />
Oft höre ich Fragen bezüglich der Keimung von eigenen<br />
oder gekauften Samen und unterschiedliche<br />
Meinungen über verschiedene Schwachstellen<br />
dabei. Bei der Keimung ist das eigene Können und/<br />
oder die Qualität der Samen verantwortlich für den<br />
Erfolg bzw. Misserfolg. Werfen wir also einen genaueren<br />
Blick auf die Aussaat, Keimung und Pflanzung.<br />
Ich verrate auch einige Tipps, wie sich die Arbeit<br />
mit den Samen erleichtern lässt...<br />
Fangen wir von vorne an. Was ist die<br />
Keimung eigentlich? Der Same wächst<br />
an einer befruchteten Pflanze heran und<br />
fällt, wenn er reif ist, aus der Schale. Samen<br />
sind in der Regel winterbeständig<br />
und vertragen sowohl Frost als auch<br />
hohe Temperaturen. Jedoch kann es sein,<br />
dass bei solch extremen Wetterbedinungen<br />
Samen von thermophilen Pflanzen<br />
nicht überleben. Hanfsamen sollten<br />
deshalb auch nicht im Gefrierfach gelagert<br />
werden. Auch sollten sie nicht hohen<br />
Temperaturen ausgesetzt werden.<br />
Der Samen selbst besteht aus einer Samenschale.<br />
Das ist die Trockenhülle, die<br />
den pflanzlichen Embryo – Endosperm,<br />
Keimblätter und Sprossachse – der zukünftigen<br />
Pflanze schützt. Um Samen<br />
zum Leben zu erwecken, müssen geeignete<br />
Bedingungen geschaffen werden, in<br />
diesem Fall Feuchtigkeit und Wärme. In<br />
feuchter und warmer Umgebung nimmt<br />
der Samen Wasser auf und die Samenhülle<br />
platzt. Ein gesunder Samen hat genug<br />
Energie um ohne weitere Nährstoffe<br />
wachsen zu können. Unter normalen Bedingungen<br />
braucht man also nur Wasser.<br />
Die Keimung wird durch einige Faktoren<br />
beeinflusst. Das ist vor allem das<br />
Alter der Samen. Samen sind sehr lange<br />
haltbar, wenn sie gut gelagert werden. In<br />
solch einem Fall bleiben sie mehrere Jahre<br />
keimfähig. In der Natur warten die Cannabissamen<br />
auf die Keimung in der Regel<br />
sechs bis acht Monate. Ich würde sagen,<br />
dass der Samen in einem Alter von zwei<br />
Jahren in seinem besten Zustand ist. Der<br />
beste Lagerungsort ist der Kühlschrank.<br />
Dort beträgt die Temperatur zwischen<br />
92<br />
6–10 °C, es ist dunkel<br />
und die Feuchtigkeit ist<br />
relativ konstant. Auch<br />
im Kühlschrank sollten<br />
die Samen in einer Verpackung<br />
(Glas, Dose,<br />
spezielles Kunststoffgehäuse)<br />
gelagert werden,<br />
die für eine konstante<br />
Feuchtigkeit<br />
sorgt und somit die Austrocknung verhindert.<br />
Grower haben Samen meist aus eigener<br />
Ernte, von ihren Freunden<br />
oder kaufen sie. In den beiden ersten<br />
Fällen ist es nicht so schwierig<br />
festzustellen, wie alt die Samen sind<br />
und unter welchen Bedingungen sie<br />
gelagert wurden. Diejenigen, die Samen<br />
verschenken, kennen ihre Samen<br />
und können auch schon einige<br />
Tipps geben. Bei gekauften Samen ist<br />
das Alter der Samen nicht erkennbar.<br />
Deshalb bevorzuge ich persönlich bewährte<br />
Samenbanken – weil hier viel<br />
verkauft wird und die Qualität der Samen<br />
in der Regel auch gut ist. Die Samen<br />
sind zwar etwas teurer, jedoch ist<br />
der Unterschied für den Bedarf eines<br />
Kleinbauern nicht so markant.<br />
Lagerung und<br />
Keimung der Samen<br />
Zum Lagern sollten gekaufte Samen<br />
am besten in der Originalverpackung<br />
bleiben. Nicht auspacken, nicht<br />
anfassen – so wird die Haltbarkeit verlängert<br />
und die richtige Keimung gewährleistet.<br />
Samen aus eigener Ernte<br />
kann man ruhig anfassen und die<br />
schlechten entfernen. In beiden Fällen<br />
kommen die Samen in den Kühlschrank<br />
oder an einen anderen kühlen<br />
(ca. 6–16 °C) und dunklen Ort mit einer<br />
relativen Luftfeuchtigkeit zwischen 40<br />
und 60 Prozent. Da man nie weiß, was<br />
passiert, schreibt man besser das Einkaufsdatum<br />
auf die Verpackung, um<br />
bei längerer Lagerung das Alter der<br />
Samen checken zu können.<br />
Samen lassen sich auf zwei Arten<br />
keimen. Die optimal zu erreichende<br />
Samen im Wasser: Die Keimwurzel kann sich während der Einweichung<br />
im Wasser schon innerhalb von zwölf Stunden bilden.<br />
Beim Growen in Erde oder Kokos ist es besser die Samen<br />
in kleinen Töpfen oder Joghurtbechern vorzuzüchten.
home<strong>grow</strong>ing<br />
steckt. Zu viel Feuchtigkeit erkennt man,<br />
indem man mit dem Finger im Anbaumedium<br />
ein ca. 1,5 cm tiefes Loch macht: Bildet<br />
sich dort Wasser, ist das Medium zu<br />
feucht. Um die optimale Feuchtigkeit zu<br />
gewährleisten, kann man die Töpfchen<br />
mit einer Tüte oder mit Lebensmittelfolie<br />
abdecken. Dadurch trocknet das Anbaumedium<br />
nicht aus. Innerhalb von zwei bis<br />
drei Tagen sollte die Pflanze an die Oberfläche<br />
kommen.<br />
Ich bevorzuge die zweite Art der Keimung,<br />
weil es eine genaue Kontrolle über die<br />
Keimung einzelner Samen ermöglicht. Zudem<br />
kann man sich so absolut sicher sein,<br />
dass nur gekeimte Samen ins Anbaumedium<br />
kommen: Wie bei der ersten Keimungsart,<br />
legt man die Samen für zwölf<br />
Stunden ins Wasser. Danach kommen sie<br />
auf feuchtes Papier oder Watte. Anschließend<br />
werden sie an eine dunkle Stelle gestellt<br />
oder zugedeckt. Das Papier oder<br />
die Watte sollte angemessen befeuchtet<br />
werden. Es dürfen sich keine Pfützen bilden.<br />
Falls die Keimwurzeln nicht schon<br />
im Wasser gewachsen sind, werden sie<br />
auf den Keimunterlagen in der Regel innerhalb<br />
von 24–36 Stunden keimen. Die<br />
ausgekeimten Samen können dann in ein<br />
Anbaumedium gesteckt werden. Wenn<br />
der Züchter beabsichtigt große Pflanzen<br />
zu züchten, lohnt es sich die Samen zuerst<br />
in kleine Töpfe zu pflanzen und erst<br />
wenn sie größer werden in große Gefäße<br />
oder Beete umzupflanzen. Die Keimwurzel<br />
muss beim Einpflanzen unbedingt<br />
nach unten gerichtet werden. Gekeimte<br />
Samen werden einen halben bis einen<br />
Zentimeter tief eingepflanzt.<br />
Keimung älterer Samen<br />
Samen, die älter als zwei oder drei Jahre<br />
sind oder deren Qualität man sich<br />
nicht sicher ist, sollten besonders behandelt<br />
werden. Um die Wahrscheinlichkeit<br />
der Keimung zu erhöhen, gibt es Mittel<br />
im Düngerhandel, die die Keimung unterstützen.<br />
Alternativ kann man die Samen<br />
in Kamillentee oder in Zinnkraut einweichen<br />
lassen. Man nimmt zwei Esslöffel<br />
Kräuter und übergießt diese mit 200 ml<br />
heißem Wasser. Die Kräuter müssen nun<br />
zwölf Stunden ziehen. Danach werden sie<br />
durch ein Sieb abgegossen und schon ist<br />
die Lösung fertig. Die Samen darin 12–24<br />
Stunden einweichen lassen. Für Cannabis<br />
eignet sich Zinnkrauttee, der Silizium enthält,<br />
am besten. Beide Teesorten unterstützen<br />
zudem auch die Widerstandsfähigkeit<br />
der Pflanzen gegen Krankheiten.<br />
Bei der Keimung älterer Samen oder bei<br />
fragwürdiger Qualität ist es immer besser<br />
sie zuerst auf einem Papier oder auf<br />
Watte keimen zu lassen.<br />
Häufige Probleme<br />
Die Keimung der Samen ist ein scheinbar<br />
einfaches Verfahren, aber in Wirklichkeit<br />
handelt es sich um einen sehr<br />
sensiblen Lebensabschnitt der Pflanze,<br />
in dem selbst ein kleiner Fehler das Ende<br />
aller Hoffnung bedeuten könnte. Bei der<br />
Keimung können wir auf zwei fatale Probleme<br />
treffen. Das erste ist, dass die Samen<br />
gar nicht oder nur zum Teil auskeimen.<br />
Das heißt, es keimen nur 0–30 % der<br />
Samen aus. Das erste, was uns einfällt, ist, dass<br />
die Samen schlecht sind. Im Fall von eigenen Samen,<br />
die oft in einer relativ großen Menge vorhanden<br />
sind, haben wir in der Regel die Möglichkeit<br />
ein anderes Verfahren auszuprobieren, um genau<br />
zu prüfen, ob der Fehler wirklich bei den Samen<br />
oder aber im gewählten Verfahren liegt. Bei<br />
gekauften Samen ist das Problem schon größer,<br />
da vermutlich neue Samen gekauft werden müssen.<br />
Ich muss leider sagen, dass in den meisten<br />
Fällen der Fehler beim Grower liegt und nicht bei<br />
den Samen. Der häufigste Fehler ist die zu hohe<br />
Feuchtigkeit des Anbaumediums und das häufigste<br />
Problem ist die Raumtemperatur. Diese<br />
sollte im Bereich zwischen 18–24 °C liegen, wobei<br />
der untere und obere Grenzwert zwischen <strong>15</strong><br />
und 30 °C liegen sollte. Häufige ist die Temperatur<br />
zu niedrig. Nochmals möchte ich betonen,<br />
dass die zuverlässigste Art der Keimung die Keimung<br />
außerhalb des Anbaumediums ist, also auf<br />
einem Papier oder etwas Watte. Denn dort kann<br />
die Feuchtigkeit viel besser kontrolliert werden.<br />
Um die größte Keimungsrate zu erhalten, sollten<br />
die vorgeschriebenen Verfahrensschritte sorgfältig<br />
eingehalten werden.<br />
Ein weiteres schwerwiegendes Problem ist der<br />
Augenblick, in dem sich die gekeimten Samen<br />
nach der Pflanzung in das Anbaumedium<br />
nicht weiterentwickeln: Bei genauerer Betrachtung<br />
finden wir die Samen im Anbaumedium genauso<br />
vor wie sie vor der Einpflanzung waren<br />
oder gar verschimmelt. Wo liegt also der Fehler?<br />
Es gibt einige Antwortmöglichkeiten. Am häufigsten<br />
handelt es sich um zu hohe Feuchtigkeit<br />
im Anbaumedium. Die meisten Grower stecken<br />
die zarten, frisch gekeimten Samen in zu große<br />
Gefäße. Dadurch kann die Feuchtigkeit schlechter<br />
kontrolliert werden. Ein weiterer Fehler ist die<br />
Einpflanztiefe der gekeimten Samen (dieser Fehler<br />
kann auch bei einer Direktkeimung der Samen<br />
im Anbaumedium passieren). Falls die Samen<br />
zu tief gesteckt werden, haben sie nicht<br />
genug Kraft um mit Licht zu wachsen und gehen<br />
im Anbaumedium ein. Ein ähnliches Problem tritt<br />
auf, wenn die Erde zu fest gestampft wird. Auch<br />
dann kommt die Pflanze nur schwer ans Tageslicht.<br />
Die Probleme müssen jedoch nicht immer<br />
physischer Art sein. Abgesehen von der Temperatur,<br />
können auch Probleme mit der Nährlösung<br />
respektive Düngung auftreten. Junge Keimlinge<br />
sind sehr zerbrechliche Organismen, die<br />
nicht fähig sind zu viele Nährstoffe aufzunehmen.<br />
In dieser Phase sollte man deshalb nicht<br />
düngen, höchstens einen Wurzelstimulator oder<br />
keimungsfördernde Mittel verwenden. Durch die<br />
Düngung kann der Pflanzenwachstum gestoppt<br />
werden und die Pflanzen sterben ab. Falls wir im<br />
Substrat züchten, brauchen wir nicht zu düngen.<br />
Jedoch können die Pflanzen durch Nährstoffe<br />
verbrannt werden. Die meisten Substrate enthalten<br />
nämlich mehr Nährstoffe als die Pflanzen<br />
aufnehmen können. Dies gilt insbesondere für<br />
vorgedüngte Substrate.<br />
Mr. Jose<br />
weitere Infos unter: www.mrjose.eu<br />
Das Kifferforum<br />
Das Forum für “hightere“ Leute<br />
www.<strong>grow</strong>.de<br />
powered by:<br />
93
musik-interview<br />
Uwe Banton<br />
Sweet Sativa<br />
Dass Reggae-Musiker dem Thema Cannabis in der Regel relativ offen gegenüberstehen, ist spätestens<br />
seit Bob Marley allgemein bekannt. Und nicht nur das, es ist bereits zu einem „Klischee“ geworden,<br />
dass Reggae und Cannabis untrennbar zusammengehören. Gerade Reggae-Musiker setzen sich<br />
immer wieder für einen respektvollen und behutsamen Umgang mit den psychoaktiven Wirkungen dieser<br />
Pflanze ein. So vertritt auch Uwe Banton einen Umgang, der nicht schadet, sondern nützt. Dass er auch<br />
sonst mit offenen Augen durch die Welt geht und versucht, hinter die Fassaden zu blicken und den Dingen<br />
auf den Grund zu gehen, wird in folgendem Interview klar.<br />
<strong>grow</strong>! Hallo Uwe, schön, dass es mit unserem<br />
Interview endlich geklappt hat. Wir<br />
hätten das Interview schon fast auf der<br />
Cultiva Hanfmesse in Wien machen können,<br />
dort warst du ja auch.<br />
Uwe: Ja, dort hatte ich einen Auftritt, genauso<br />
wie auf der diesjährigen Hanfparade,<br />
zusammen mit Ganjaman und Band.<br />
<strong>grow</strong>! Wie kommt es zu deinem<br />
vermehrten Auftreten in der Hanfszene?<br />
Uwe: Ja, in diesem Jahr ist das schon erstaunlich<br />
häufig. Ich denke, dass hat vielleicht<br />
mit meinen Ganja-Songs zu tun.<br />
Ich habe vor ein paar Jahren – ich glaube<br />
es war 2010 – aus einer ganz spontanen<br />
Laune heraus den „Cannabis Song“ gemacht.<br />
Dabei hatte ich das Bedürfnis,<br />
mein Statement zu diesem Thema zu formulieren.<br />
Da ich nicht viele Ganja-Songs<br />
habe, war mir die Message bei diesem<br />
Song besonders wichtig. Wir haben mit<br />
unseren bescheidenen Mitteln auch ein<br />
Video dazu gedreht, auf das wir eine riesengroße<br />
Resonanz bekommen haben.<br />
Es gehört zu meinen meistgesehenen Videos<br />
im Internet.<br />
<strong>grow</strong>! Der Videodreh zu dem neuen Song<br />
„Sweet Sativa“ fand in einem Hanffeld<br />
von Hanf-Zeit in Steinheim statt.<br />
Uwe: Ja, genau. Bei dem Song lag es<br />
nahe, in einem Hanffeld zu drehen. Allerdings<br />
hatte der einzige Hanfbauer in unserer<br />
Gegend (Bielefeld) in diesem Jahr<br />
keinen Hanf angebaut. Über Bekannte<br />
wurde ich dann an Bianca und Stefan von<br />
Hanf-Zeit vermittelt.<br />
<strong>grow</strong>! Das Video ist jedenfalls toll geworden.<br />
Richtig schöne Pflanzen! Aber alles<br />
Nutzhanf...<br />
Uwe: Ja, alles Nutzhanf mit so gut wie keinem<br />
THC. Aber sehr beeindruckend und<br />
wunderschön!<br />
<strong>grow</strong>! Allerdings! Die Videos kann man<br />
sich im Internet anschauen?<br />
31
musik-interview<br />
Uwe: Natürlich! Einfach auf meine Seite<br />
gehen (Link siehe Artikelende) und<br />
genießen...<br />
<strong>grow</strong>! Seit wann machst du<br />
eigentlich Reggae?<br />
Uwe: Ich habe im Alter von zwölf Jahren<br />
meine erste Gitarre bekommen und<br />
hatte auch ein paar Jahre Unterricht. Allerdings<br />
hatte das noch wenig mit Reggae<br />
zu tun. Das kam erst etwas später, als ich<br />
bei meinem besten Freund bewusst eine<br />
Platte von Bob Marley hörte. Das war die<br />
„Babylon by Bus“, die für mich den Einstieg<br />
in die Welt des Reggae darstellte.<br />
Ich war damals <strong>15</strong> Jahre alt. Klar hatte ich<br />
vorher im Radio schon mal Reggae gehört,<br />
ohne mir bewusst zu sein, dass es<br />
sich dabei um eine eigene Musikrichtung<br />
handelt. Das war dann aber weniger Bob<br />
Marley, als vielmehr Bands wie Inner Circle,<br />
die eine sehr „populäre“ Form des<br />
Reggae machen. Über Bob Marley ist mir<br />
klar geworden, dass Reggae etwas ganz<br />
Besonderes ist, ganz anders als alles,<br />
was ich vorher an Musik gehört hatte. Das<br />
fängt an beim Aussehen, geht über die Er-<br />
32<br />
Uwe & Stefan von Hanf-Zeit<br />
nährung bis hin zu Lebensweise<br />
und Religion. Ich hatte<br />
etwa ein Jahr später die Möglichkeit,<br />
zu Verwandten nach<br />
Jamaika zu reisen. Das war<br />
für mich natürlich eine ganz<br />
besondere Gelegenheit und<br />
eine prägende Erfahrung, die<br />
Wurzeln des Reggae spüren<br />
und erleben zu dürfen.<br />
<strong>grow</strong>! Und wie war das für<br />
dich? Mit welchen Erwartungen<br />
bist du auf die Insel<br />
geflogen?<br />
Uwe: Jamaika bekommt oft<br />
das Image von einem lockeren,<br />
sonnenverwöhnten, sorgenfreien<br />
Paradies übergestülpt. Doch wenn<br />
man sich die Geschichte und Kultur dieses<br />
Landes und seiner Bewohner anschaut,<br />
dann wird schnell klar, das hat<br />
überhaupt nichts mit „easy going“ und<br />
einem „relaxten Leben“ zu tun. Die Geschichte<br />
Jamaikas ist geprägt von Gewalt<br />
und Unterdrückung – bis heute.<br />
Dass es auch Menschen gibt, die trotz der<br />
schwierigen Situation ein selbstbestimmtes<br />
und entspanntes Leben führen, hat<br />
auch seine ganz bestimmten<br />
Gründe. Und die muss man<br />
kennen, um die Kultur und<br />
Lebensweise dieser Menschen<br />
verstehen zu können.<br />
<strong>grow</strong>! Wie oft warst du jetzt<br />
auf Jamaika?<br />
Uwe: Einige Male, genau<br />
kann ich das gar nicht sagen.<br />
<strong>grow</strong>! Und dort hast du gelernt,<br />
Reggae zu spielen?<br />
Uwe: Genau, das war eines<br />
der Dinge, die ich auf<br />
Jamaika lernen wollte.<br />
<strong>grow</strong>! Und wie bist du Uwe „Banton“ geworden?<br />
Uwe: Ich bin Anfang der Achtziger oft mit<br />
Freunden in einen Reggae-Club namens<br />
„Neons“ in Bielefeld gegangen. Dort haben<br />
wir zu einigen Reggaestücken selbst<br />
„getoastet“, also freestyle auf die Tunes<br />
„gerappt“ (würde man heute sagen). Und<br />
so wurde mir relativ schnell der Spitzname<br />
„Banton“ verpasst.<br />
<strong>grow</strong>! Wofür steht „Banton“?<br />
Uwe: Der Name „Banton“ wurde bereits<br />
von anderen Reggae-Künstlern<br />
verwendet, die diesen<br />
„DJ-Style“ gemacht haben.<br />
Es gab damals Buru Banton,<br />
Pato Banton und so weiter.<br />
Und so wurde ich zu Uwe<br />
Banton, und bei dem Namen<br />
ist es seitdem geblieben.<br />
<strong>grow</strong>! Du hast ja schon einige<br />
Platten rausgebracht.<br />
Wie hat sich deine musikalische<br />
Laufbahn entwickelt?<br />
Uwe: Anfang der neunziger<br />
Jahre habe ich mit Freunden<br />
meine erste Reggae-Band<br />
gegründet. Wir spielten etwa ein Jahr zusammen,<br />
bis ich dann über zehn Jahre mit<br />
der Band „Movements“ unterwegs war.<br />
Mit „Movements“ habe ich auch meine<br />
ersten Alben aufgenommen. Seit 2004<br />
bin ich als Uwe Banton, quasi als Solokünstler<br />
und nicht mehr als Teil einer<br />
Band, aktiv. Als Uwe Banton habe drei Alben<br />
veröffentlicht, 2006 die „Jah Roots“,<br />
2009 die „ Rightful Place“ und 2012 folgte<br />
die „Mental War“.<br />
<strong>grow</strong>! Aber du hast schon eine<br />
Band dabei?<br />
Uwe: Ja, klar. Wobei ich in den letzten<br />
Jahren auch vermehrt ganz alleine auftrete,<br />
nur mit meiner Gitarre, aber auch<br />
im Rahmen von Soundsystems, wo ich zu<br />
den instrumentalen Stücken singe.<br />
<strong>grow</strong>! Wie stehst du<br />
zum Rastafari-Glauben?<br />
Uwe: Es gibt diese Sprichwort, das für<br />
mich sehr viel Wahrheit beinhaltet: „Who<br />
feels it, knows it“ (Wer es fühlt, weiß es).<br />
Gefühle sind Realität. Wenn man etwas<br />
spürt, dieses Gefühl, es aber vielleicht<br />
noch nicht beschreiben und in Worte<br />
fassen kann, und das über zehn, zwanzig<br />
oder gar dreißig Jahre, dann ist das<br />
dennoch etwas, was da ist, was real ist.<br />
Ich habe von Anfang an gespürt, dass da<br />
mehr ist im Reggae. Und je mehr ich gesucht<br />
und mich damit beschäftigt habe,<br />
auch mit Rastafari, denn das gehört zum<br />
Verständnis der Reggae-Kultur unerlässlich<br />
dazu, desto mehr Wahrheit habe ich<br />
darin gefunden. Rastafari stellt für mich<br />
eine neue Lebensart dar, die im 20. Jahrhundert<br />
entstanden ist und wegweisend<br />
für das 21. Jahrhundert werden könnte.<br />
Denn sie zeigt einen Weg auf, wie wir als<br />
Menschheit vorankommen und uns weiterentwickeln<br />
können, ohne dabei unseren<br />
Lebensraum zu zerstören. Es gibt<br />
eine Menge Aufgaben, die wir lösen müssen,<br />
um als Menschheit eine Zukunft zu<br />
haben und allen ein lebenswertes Leben<br />
ermöglichen zu können. Unsere Geschichte<br />
stellt einen Schatz, aber auch<br />
eine Last dar. Wir müssen unsere Intelligenz<br />
einsetzen und daraus lernen und<br />
unseren Planeten und unsere Brüder und<br />
Schwestern nicht ausbeuten, sondern uns<br />
gegenseitig mit Respekt behandeln. Wir<br />
müssen es schaffen, ohne Hunger, Krieg<br />
und Unterdrückung miteinander klarzukommen.<br />
Ziel sollte eine Gesellschaft<br />
sein, in der alle Menschen frei entscheiden<br />
und ihr eigenes Schicksal in die Hand<br />
nehmen können, zum Wohle der Individuen,<br />
aber auch der Gemeinschaft. Rastafari<br />
bietet in meinen Augen einen sehr interessanten<br />
Weg an, der uns als Menschen<br />
weiterbringt, ohne in die Zerstörung zu<br />
führen, sondern in etwas Konstruktives,<br />
sowohl für die Menschheit, als auch für<br />
die Natur. Rastafari steht für „positive<br />
Vibrations“, und diese Botschaft wurde<br />
von Bob Marley und anderen Reggae-<br />
Künstlern über die ganze Welt verbreitet.<br />
<strong>grow</strong>! Du unterstützt auch die „Occupy<br />
Pinnacle“ Bewegung. Was hat es damit<br />
auf sich?<br />
Uwe: Die Rastafari-Bewegung hatte sich<br />
Anfang der 1930er-Jahre in Jamaika ent-
wickelt. Es gab verschiedene Gruppierungen,<br />
von denen die Kommune in Pinnacle<br />
die wichtigste und prägendste<br />
war. Sie war die erste selbstversorgende<br />
Kommune in der Karibik, wo zeitweise<br />
über 3.000 Menschen lebten und arbeiteten.<br />
Sie bauten dort Obst und Gemüse<br />
an, hatten eine eigene Bäckerei, und was<br />
sie nicht selbst verbrauchten, verkauften<br />
sie in den umliegenden Ortschaften. Die<br />
Kommune in Pinnacle bestand von 1935<br />
bis 1954, als sie gewaltsam geräumt und<br />
zerstört wurde.<br />
<strong>grow</strong>! Warum, was war da los?<br />
Uwe: Zu der Zeit waren viele indische Arbeiter<br />
auf Jamaika und so soll es dazu<br />
gekommen sein, dass in Pinnacle viel<br />
Cannabis angebaut wurde, das an die<br />
indischen Arbeiter verkauft wurde. Die<br />
Leute in Pinnacle waren sehr fleißig und<br />
hatten einen guten Geschäftssinn, und so<br />
wurde die Kommune in relativ kurzer Zeit<br />
recht wohlhabend. Das war den Behörden<br />
offenbar unheimlich, und so wurden dort<br />
wiederholt Razzien durchgeführt, Leute<br />
verhaftet und Häuser niedergebrannt,<br />
bis das 1954 in der Zerschlagung von Pinnacle<br />
mündete. Das wiederum hatte zur<br />
Konsequenz, das sich die Rastas und mit<br />
ihnen ihre Ideen und Ansichten über die<br />
ganze Insel verbreiteten. Und so kam die<br />
Rastafari-Bewegung in die Städte, wo sie<br />
einen großen Einfluss auf die Entstehung<br />
der Reggae-Musik hatte.<br />
<strong>grow</strong>! Und mittlerweile ist sie auf der<br />
ganzen Welt verbreitet und findet immer<br />
mehr Anhänger.<br />
Uwe: Absolut! Deshalb ist Pinnacle als<br />
Keimzelle der Rastafari-Bewegung so<br />
bedeutsam.<br />
<strong>grow</strong>! Wenn ich das richtig verstanden<br />
habe, soll die Fläche der ehemaligen<br />
Kommune als Baugrundstück verkauft<br />
werden?<br />
Uwe: Eigentlich gehört das Land den Erben<br />
der Rastas, wurde aber von der Regierung<br />
nach der letzten Razzia annektiert.<br />
Die Besitzverhältnisse waren lange<br />
Zeit nicht geklärt. Die Regierung hatte<br />
bereits angefangen, das Land an Bauinvestoren<br />
zu verkaufen, die dort massiv<br />
Hotels und Häuser errichteten. Und<br />
das auf den Ruinen und den Grabstätten<br />
der ersten Rastas. Das stellt in den Augen<br />
der Rastafari-Bewegung natürlich<br />
eine Schändung ihrer Wurzeln dar. Und<br />
so entstand die „Occupy Pinnacle“-Initiative,<br />
die den Ausverkauf Pinnacles verhindern<br />
wollte, um wenigsten einen Teil<br />
dieses geschichtsträchtigen Ortes zu erhalten.<br />
Im Januar diesen Jahres war es<br />
dann soweit: Die Initiative hatte Erfolg<br />
und konnte die Regierung wenigstens<br />
dazu bewegen, die Bedeutung von Pinnacle<br />
anzuerkennen und den Verkauf des<br />
Geländes zu stoppen. Jetzt geht es darum,<br />
dass es als nationales Kulturerbe<br />
erhalten werden soll.<br />
<strong>grow</strong>! Das Thema ist bestimmt einen eigenen<br />
Artikel wert. Aber lass uns doch<br />
noch mal über dich sprechen. Kannst du<br />
dich noch erinnern, wann du deinen ersten<br />
Joint geraucht hast?<br />
Uwe: Na klar, so heftig war<br />
es dann auch nicht... Meinen<br />
ersten Joint habe ich auch in<br />
Jamaika geraucht, da war ich<br />
<strong>15</strong> Jahre alt.<br />
<strong>grow</strong>! Noch relativ jung. Und<br />
hast du es vertragen?<br />
Uwe: Absolut! Dort wird nur<br />
pur geraucht, ohne Tabak,<br />
und das habe ich ganz gut<br />
vertragen.<br />
<strong>grow</strong>! Rauchst du nur pur?<br />
Uwe: Mittlerweile schon,<br />
zwischendurch habe ich<br />
aber auch mal mit Tabak geraucht, bis<br />
mir dann klar wurde, dass Tabak nicht<br />
gut für mich ist und ich ohne besser klarkomme.<br />
Wenn ich pur rauche, kann ich<br />
meinen Konsum viel besser kontrollieren<br />
und ihn so einsetzen, dass er mir nützt<br />
und nicht schadet. Es gibt Tage, da rauche<br />
ich gar nicht, an anderen vielleicht<br />
ein bisschen oder auch mal ein bisschen<br />
mehr, aber immer nur so viel, wie es die<br />
Situation und meine Stimmung erlaubt.<br />
<strong>grow</strong>! Wenn man mit Tabak raucht, entsteht<br />
leicht diese „körperliche“<br />
Abhängigkeit nach<br />
den Tabakjoints, besonders<br />
wenn ansonsten keine Zigaretten<br />
geraucht werden.<br />
Beim pur Rauchen fehlt dieser<br />
Effekt, oder?<br />
Uwe: Ja, diese Erfahrung<br />
habe ich auch gemacht. Aus<br />
diesem Grund verzichte ich<br />
gerne auf den Tabak.<br />
<strong>grow</strong>! Hast du eine Lieblings-Grassorte?<br />
Uwe: Nein, das würde ich<br />
nicht sagen. Ich mag die<br />
Abwechslung. Und heutzutage<br />
gibt es eine große Vielfalt an interessanten<br />
und gut schmeckenden Cannabissorten,<br />
warum sollte ich mich auf<br />
eine beschränken? Über Cannabis wird<br />
ja oft behauptet, es könnte Schizophrenie<br />
auslösen. Dabei halte ich es für absolut<br />
schizophren, Tabak zu verkaufen,<br />
Warnhinweise drauf zu drucken („das<br />
Rauchen von Tabak schädigt und tötet“)<br />
und viel Geld mit der Sucht der Tabakraucher<br />
zu verdienen, obwohl offensichtlich<br />
ist, dass es den Menschen nicht gut tun.<br />
Und gleichzeitig wird Cannabis als eine<br />
gefährliche Droge verteufelt, obwohl bekannt<br />
ist, dass noch niemand<br />
daran gestorben ist und die<br />
heraufbeschworenen Risiken<br />
deutlich geringer einzuschätzen<br />
sind als uns das Politik<br />
und Medien glauben lassen<br />
wollen. Alkohol und Nikotin<br />
werden verharmlost, ungeachtet<br />
der vielen Zehntausend<br />
Menschen, die allein in<br />
Deutschland jedes Jahr daran<br />
sterben. Die Fakten sprechen<br />
klar für den Hanf!<br />
<strong>grow</strong>! Und warum ist<br />
Cannabis dann immer noch<br />
verboten?<br />
musik-interview<br />
Uwe: Ich denke, das ist politisch so gewollt.<br />
Und um das zu verstehen, hilft es,<br />
die Geschichte und die Beweggründe, die<br />
zu diesem Verbot geführt haben, genauer<br />
zu betrachten. Unser Trumpf ist die Faktenlage,<br />
die Wahrheit. Wer sich offen und<br />
vorurteilsfrei mit dem Thema Cannabis<br />
beschäftigt, wird zu dem Schluss kommen,<br />
dass diese Pflanze ein Geschenk ist.<br />
Es gibt es viele legale Giftpflanzen, die jeder<br />
im Garten stehen haben darf, obwohl<br />
man sich und anderen damit Schaden<br />
zuführen könnte. Doch die vielfältigste<br />
Pflanze überhaupt, die noch keinen Menschen<br />
umgebracht hat, die ist verboten?<br />
Das nenne ich schizophren!<br />
<strong>grow</strong>! Da kann ich nur zustimmen. Unsere<br />
Politiker und viele Medien machen<br />
sich wenig glaubhaft, wenn sie nach wie<br />
vor die alten Vorurteile bemühen...<br />
Wir bleiben an der Sache dran und bedanken<br />
uns bei dir für dieses Gespräch und<br />
wünschen dir weiterhin viel Erfolg!<br />
Weitere Infos: www.uwebanton.com<br />
Kleines Privatkonzert beim Interview<br />
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