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edition Ländlicher Raum

"Zukunft für den ländlichern Raum" - Wie der Weg dorthin gestaltet werden kann angesichts mannigfacher Herausforderungen, beschreiben Experten, kommunale Praktiker und namhafte Repräsentanten der kommunalen Familie in diesem Ratgeber der Fachzeitschrift "der gemeinderat".

"Zukunft für den ländlichern Raum" - Wie der Weg dorthin gestaltet werden kann angesichts mannigfacher Herausforderungen, beschreiben Experten, kommunale Praktiker und namhafte Repräsentanten der kommunalen Familie in diesem Ratgeber der Fachzeitschrift "der gemeinderat".

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ZUKUNFT<br />

FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM<br />

POTENZIALE ERKENNEN – CHANCEN NUTZEN


SELBSTVERWALTUNG<br />

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Foto: Ebenart/Fotolia<br />

Rathaus: Städte und Gemeinden geben den Menschen die Möglichkeiten,<br />

ihre Lebensverhältnisse in der örtlichen Gemeinschaft selbst zu gestalten.<br />

Für die Entwicklung ländlicher Regionen sind ortsnahe, bürgerschaftlich<br />

getragene autonome Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

durch unmittelbar gewählte Gemeindevertreter<br />

unverzichtbar. Städte und Gemeinden sind in Deutschland die erste<br />

Ebene, wenn es darum geht, den Menschen die Möglichkeiten zu<br />

geben, ihre Lebensverhältnisse in der örtlichen Gemeinschaft unmittelbar<br />

selbst zu gestalten. Im Gegensatz zu einem Zentralstaat sind<br />

hierzulande die Aufgaben auf verschiedene eigenverantwortliche<br />

Ebenen verteilt. In den örtlichen Angelegenheiten müssen die Menschen<br />

nicht auf den „Boten“ aus der Landes- oder Provinzhauptstadt<br />

warten, wenn entschieden werden muss, welche Straße ausgebaut<br />

oder wie die Schule oder Kindertagesstätte ausgestattet werden soll.<br />

Das Grundgesetz hat sich bewusst für eine dezentral organisierte<br />

und bürgerschaftlich getragene Lokalverwaltung entschieden: die<br />

kommunale Selbstverwaltung. Sie wird maßgeblich durch das Prinzip<br />

der Partizipation der Menschen geprägt. Selbstverwaltung bedeutet<br />

die Aktivierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten. Die<br />

örtliche Gemeinschaft wird zur eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher<br />

Aufgaben zusammengeschlossen mit dem Ziel, das Wohl<br />

der Einwohner zu fördern und die örtliche Eigenart zu wahren.<br />

AUF DEM LAND IST ÖRTLICHE GEMEINSCHAFT DIREKT ERLEBBAR<br />

Dieses Bild der Selbstverwaltung wird gerade auch in den ländlichen<br />

Räumen Deutschlands besonders ausgeprägt gelebt. Eine Ursache<br />

mag sein, dass die örtliche Gemeinschaft hier leichter zu erfahren ist.<br />

Anstehende Aufgaben sind bisweilen weniger komplex und Lösungen<br />

bisweilen schneller zu formulieren. Die lokale Gesellschaft ist überschaubar.<br />

Bürgerschaftliches Miteinander – etwa in der freiwilligen<br />

Feuerwehr oder der ehrenamtlich geführten Bibliothek – ist für den<br />

Einzelnen leichter erlebbar. Konkrete Mitgestaltungsmöglichkeiten<br />

sind einfacher umzusetzen. Die Gemeinde ist der Ort, wo die Bürgerschaft<br />

durch ihre direkt gewählten Vertreter eigenverantwortlich<br />

über Bodennutzung, Wirtschaftsförderung oder die Organisation der<br />

grundlegenden Daseinsvorsorge entschieden werden kann.<br />

Allerdings ist in den letzten Jahren dieses Grundverständnis von kommunaler<br />

Selbstverwaltung als örtliche (Gestaltungs-)Gemeinschaft im<br />

Zuge der verkürzten Diskussionen über Verwaltungsstrukturreformen<br />

in den Hintergrund getreten. Diese Reformdiskussionen sind geprägt<br />

von Zielen wie Verwaltungseffizienz und Kostentransparenz oder der<br />

Suche nach neuen Sparpotenzialen. Nicht selten wurde dabei in der<br />

politischen Diskussion die Gemeinde auf eine Behörde reduziert, die<br />

Pässe ausgibt, Grundsteuerbescheide verschickt oder Ordnungsaufgaben<br />

wahrnimmt. Eine solche, auf vermeintliche Skaleneffekte oder<br />

Übersichtlichkeit der Verwaltung fokussierte Diskussion blendet den<br />

Kern der Selbstverwaltung aus.<br />

STÄDTE UND GEMEINDEN MÜSSEN IDENTITÄT VERMITTELN KÖNNEN<br />

Hinzu kommt das stetig wachsende politische Gewicht höherer Ebenen,<br />

angefangen vom Landkreis über Bundesland, Bundesrepublik bis<br />

hin zur Europäischen Union. In den vergangenen Jahrzehnten haben<br />

diese immer stärkeren Einfluss auf die gemeindliche Gestaltungskraft<br />

genommen. Dies fängt bei der Kreisumlage an, die den Gemeinden<br />

Finanzkraft abschöpft, geht über die Landes- und Regionalplanung,<br />

die massiv in Siedlungsentwicklung eingreifen kann, bis hin zum<br />

europäischen Vergaberecht, das die Kriterien bestimmt, nach denen<br />

lokale Beschaffungsvorgänge entschieden werden müssen. Kommunale<br />

Selbstverwaltung bedeutet vor diesem Hintergrund auch immer<br />

mehr die Verteidigung lokaler Entscheidungsspielräume.<br />

Spürbarer <strong>Raum</strong> für kommunale und damit bürgerschaftliche<br />

Eigenverantwortung ist notwendig. Städte und Gemeinden müssen<br />

dabei individuell erkennbar bleiben und Identität vermitteln können.<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung einer Region hängt auch davon ab,<br />

dass Kommunen Stärken und Schwächen erkennen, Alleinstellungsmerkmale<br />

herausarbeiten und sich im zunehmenden Standortwettbewerb<br />

positionieren können.<br />

Viele ländliche Regionen stehen im Umbruch. Der wirtschaftliche<br />

Strukturwandel hat zu sinkender Wertschöpfung beigetragen. Ohne<br />

attraktive Erwerbsmöglichkeiten ist es schwer, junge Menschen in der<br />

Region zu halten oder Fachkräfte zum Zuzug zu bewegen. Es bedarf<br />

daher Anstrengungen auf allen Ebenen, neue Wertschöpfungspotenziale<br />

und damit Erwerbsmöglichkeiten zu erschließen. Gute Kindertagesstätten<br />

und Schulen, funktionierende Verkehrswege und leistungsfähige<br />

Breitbandverbindungen sind unverzichtbare Bedingungen,<br />

wenn eine Kommune attraktiv bleiben will. Kommunale Selbstverwaltung<br />

ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Bedingungen<br />

den örtlichen Voraussetzungen und Erfordernissen angepasst gestaltet<br />

werden können. Schließlich wissen die Menschen meist selbst am<br />

besten, wie ihre Lebensverhältnisse unter den örtlichen Bedingungen<br />

vernünftig gestaltet werden können. Karl-Ludwig Böttcher<br />

AUTOR<br />

Karl-Ludwig Böttcher ist Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds<br />

Brandenburg in Potsdam (mail@stgb-brandenburg.de)<br />

* Bis zu 100 Mbit/s sind in ausgewählten Anschlussbereichen verfügbar.<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM 31


PERSPEKTIVEN<br />

PERSPEKTIVEN<br />

ENTWICKLUNG BRAUCHT<br />

STARKE KOMMUNEN<br />

Auch wenn die Aufmerksamkeit gerne auf die dynamischen Metropolen<br />

gelenkt wird, so kennzeichnet doch der ländliche <strong>Raum</strong><br />

Deutschland. Etwa 90 Prozent der Landesfläche sind ländlich<br />

geprägt, mehr als die Hälfte der Einwohner lebt auf dem Land und<br />

eine große Mehrheit der Deutschen schätzt ländliche Gegenden wegen<br />

ihrer hohen Lebensqualität. Laut einer Studie des Bundeslandeswirtschaftsministeriums<br />

aus dem Jahr 2014 sehen 41 Prozent der<br />

Deutschen ländliche Regionen sogar als bevorzugten Arbeitsort an.<br />

Allerdings trifft der demografische Wandel mit den Folgen einer<br />

schrumpfenden und alternden Bevölkerung insbesondere ländliche<br />

Räume. Bevölkerungsverluste setzen Abwärtsspiralen in Gang aus zunehmenden<br />

Leerständen, Kaufkraftverlusten, sinkender kommunaler<br />

Finanzkraft und steigenden Kosten. Qualitätsverluste in der Daseinsvorsorge<br />

erleichtern die Entscheidung zur Abwanderung gerade bei<br />

jüngeren und qualifizierten Gruppen der Bevölkerung. Die Folge sind<br />

zusätzliche Leerstände. Besonders betroffen sind ländliche Kommunen<br />

in Ostdeutschland und solche in größeren Entfernungen zu den<br />

Ballungsgebieten. Andererseits gibt es dynamische ländliche Räume<br />

fernab der Metropolen, deren prosperierende mittelständische Unternehmen<br />

sich auf Weltmärkten erfolgreich behaupten, für annähernd<br />

Vollbeschäftigung und gute kommunale Steuereinnahmen sorgen,<br />

aber bereits einen Mangel an Nachwuchs und Fachkräften beklagen.<br />

Dieser kurze Überblick zeigt: Weder gibt es den einen ländlichen<br />

<strong>Raum</strong> noch einheitliche Perspektiven. Differenzierte Entwicklungsmuster<br />

bergen unterschiedliche Potenziale und Herausforderungen.<br />

Der Kreis Hameln-Pyrmont (Niedersachsen) hat gemeinsam mit dem<br />

Beratungsunternehmen ScMI (Scenario Management International)<br />

kürzlich mögliche Zukunftsmodelle der ländlichen Räume ausloten<br />

lassen und sechs Szenarien entwickelt. Die Studie kommt zu je zwei<br />

positiven, negativen und mehrdeutigen Zukunftsbildern: Gelingen der<br />

Strukturwandel und erfolgreiche Wirtschaftsförderung, sind Zuwanderung<br />

und Wohlstandsmehrung möglich. Überwiegen Abwanderung<br />

und Wohlstandsrückgänge und lassen sich traditionelle Strukturen<br />

nicht aufbrechen, vertiefen sich schwierige Entwicklungspfade.<br />

Landgemeinde: Bei aller Vielfalt der Entwicklungsoptionen benötigen die<br />

Kommunen personelle und instrumentelle Kompetenzen und eine solide<br />

Finanzausstattung.<br />

Foto: Globetrotter1/Fotolia<br />

So öffnet sich im Szenario „Landflucht total“ die Schere zwischen<br />

prosperierenden urbanen Regionen und ländlichen Räumen immer<br />

weiter, und die erwähnte Abwärtsspirale beschleunigt sich. Die Kommunen<br />

müssen ihre Leistungen aus Gründen der Finanzknappheit<br />

immer weiter einschränken, und trotz deutlich günstigerer Lebenshaltungskosten<br />

kann eine breite Abwanderung und beschleunigte Alterung<br />

nicht aufgehalten werden. Industrie und Dienstleistung siedeln<br />

sich in diesem Umfeld nur in sehr geringem Maße an. Es kommt zu<br />

einer tiefgreifenden Auflösung ländlicher Gesellschaften. Im täglichen<br />

Überlebenskampf bleibt wenig <strong>Raum</strong> für Nachbarschaftshilfe.<br />

Im Szenario „Langsam-Land“ gelingt es trotz eines kritischen<br />

wirtschaftlichen Umfeldes, neue Wege zu finden. Es geht ebenfalls<br />

davon aus, dass es ländlichen Regionen kaum gelingt, im klassischen<br />

Standortwettbewerb zu punkten. Durch eine Rückbesinnung auf traditionelle<br />

Strukturen und Lebensweisen kann das Zurückfallen jedoch<br />

als Vorteil genutzt werden. Das Land entwickelt sich zum Rückzugsort<br />

für die steigende Zahl derer, die Konsum und Wachstum kritisch<br />

gegenüberstehen. Der wirtschaftliche Rückgang ermöglicht eine extensive<br />

Nutzung der Kultur- und Naturlandschaften und schafft damit<br />

neue Potenziale für den Tourismus. Deutliche infrastrukturelle Defizite<br />

können durch solidarische nachbarschaftliche Unterstützungsleistungen<br />

zumindest teilweise kompensiert werden.<br />

HOHE LEBENSQUALITÄT ZU NOCH GÜNSTIGEN KOSTEN<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM<br />

Unsere neue Publikation in der <strong>edition</strong> der gemeinderat gibt vielfältige<br />

Impulse für die Kommunalentwicklung im ländlichen <strong>Raum</strong>. Auf unserem<br />

Serviceportal www.treffpunkt-kommune.de > Themen > Politik &<br />

Gesellschaft finden Sie unter „Zukunft für den ländlichen <strong>Raum</strong>“ die<br />

Langfassungen der für diese Ausgabe gekürzten Beiträge sowie das<br />

ausführliche Interview mit Bundeslandwirtschaftsminister Christian<br />

Schmidt. Zudem finden Sie dort weitere acht Fachartikel zu den Themen<br />

Demografischer Wandel, <strong>Raum</strong>- und Strukturplanung, Standortmarketing<br />

Aufgabenfinanzierung, e-Government, Bürgerengagement, Breitbandausbau,<br />

Mobilität und Energiewende – alle verfasst von kommunalen<br />

Praktikern und Experten ihres Fachs.<br />

Bei den beiden mehrdeutigen Szenarien gehen die Autoren ebenfalls<br />

davon aus, dass den ländlichen Räumen das klassische Wirtschaftswachstum<br />

fehlt, aber dennoch eine erfolgreiche Positionierung gelingt<br />

und eine hohe Lebensqualität bereitgestellt werden kann. Im ersten<br />

Fall wird dies erreicht durch die Profilierung als Versorgungsbasis der<br />

boomenden Zentren für Nahrungsmittel, Energie und Rohstoffe einerseits<br />

und andererseits als Rückzugsgebiet mit traditionellen Strukturen,<br />

touristischer Attraktivität und aktiver Entschleunigung – bei vergleichsweise<br />

geringen Lebenshaltungskosten („Kornkammer Land“).<br />

Die Konzentration auf die Bereitstellung von Dienstleistungen für<br />

ältere Menschen prägt das Szenario „Rentner-Residenz“. Hier wird der<br />

demografische Wandel als Chance entwickelt und eine hohe Lebensqualität<br />

für diese wachsende Zielgruppe geschaffen. Die Abwanderung<br />

Jüngerer und eine Konzentration der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

auf die Metropolen werden bewusst in Kauf genommen zugunsten<br />

eines Ausbaus medizinischer Dienste und von Pflegedienstleistungen<br />

in den ländlichen Räumen. Dort werden innovative Dienstleistungen<br />

für Ältere entwickelt.<br />

Die beiden letzten Szenarien gehen von einer insgesamt positiven<br />

Entwicklung aus, die auch die ländlichen Regionen erfasst. Eine<br />

Variante beschreibt eine hohe Dynamik auf dem Land, die für eine<br />

Angleichung der Infrastrukturqualität zwischen Stadt und Land sorgt<br />

und Unternehmen und Bevölkerung nach draußen locken. Die Urbanisierung<br />

des Landlebens zieht gerade auch Familien in die Dörfer,<br />

die eine hohe Lebensqualität zu noch günstigen Kosten bereithalten.<br />

Allerdings ist die Flächeninanspruchnahme gerade in den ländlichen<br />

Regionen besonders hoch. Letzteres verbindet dieses „Wirtschaftswunder-Land“-Szenario<br />

mit dem letzten Bild „Dorf Deluxe“, das sogar<br />

von einer neuen Stadtflucht ausgeht und viele Menschen aus den<br />

überlaufenden und zunehmend problembeladenen Städten flüchten<br />

sieht.<br />

Dieser umgekehrte Urbanisierungsprozess sorgt für eine zunehmende<br />

Entmischung der Bevölkerung: Wer es sich leisten kann, zieht<br />

in hochwertige Wohnlagen aufs Land. Ein extensiver Flächenverbrauch<br />

und eine „Verstädterung“ ländlicher Siedlungen sind ebenso<br />

die Folge wie wachsende Mobilitätserfordernisse und steigende Verkehrsbelastung.<br />

Es entstehen zunehmend Konflikte zwischen einer<br />

industrialisierten Landwirtschaft und den Wohnvorstellungen der<br />

kaufkräftigen Zuwanderer.<br />

Die meisten ländlichen Regionen werden sich in einem der Szenarien<br />

zumindest in Ansätzen wiedererkennen. Die Vielfalt der Handlungserfordernisse<br />

wird deutlich: Schrumpfungsräume brauchen<br />

neue Ideen, um die Daseinsvorsorge wirtschaftlich auf attraktivem<br />

Niveau zu halten. Prosperierende ländliche Regionen müssen den<br />

Flächenverbrauch senken, attraktive Kulturlandschaften erhalten<br />

und Konzepte entwickeln, um Wachstum umweltgerecht zu steuern.<br />

Konflikte zwischen Landbewirtschaftung und den Bedürfnissen einer<br />

zunehmend urbanisierten Bevölkerung müssen gelöst werden.<br />

Eines ist allen Szenarien gemeinsam: Eine ländliche Entwicklung,<br />

die Strukturen verändern, Herausforderungen gestalten und Chancen<br />

in Sinne der Nachhaltigkeit nutzen will, braucht zu allererst leistungsfähige<br />

Kommunen, die in der Lage sind, eine gute Lebensqualität<br />

und eine moderne Infrastrukturausstattung bereitzuhalten. Dies wird<br />

ohne ein reibungsloses Zusammenspiel mit staatlicher Struktur- und<br />

regionaler Planungspolitik nicht funktionieren. Insbesondere wenn<br />

es um das Durchbrechen von Abwärtsspiralen geht, bleibt staatliche<br />

Hilfe dauerhaft notwendig.<br />

Mindestens genauso bedeutend ist es, die notwendigen Veränderungs-<br />

und Anpassungsprozesse gemeinsam mit der Bevölkerung zu<br />

gestalten. Dies gilt umso mehr, wenn neue Herausforderungen wie die<br />

Unterbringung und Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern<br />

enorme zusätzliche Kraftanstrengungen erfordern. Bei aller Vielfalt<br />

der Entwicklungsoptionen brauchen die Kommunen die personellen<br />

und instrumentellen Kompetenzen und eine solide Finanzausstattung,<br />

um gemeinsam mit den Bürgern die Zukunft nachhaltig gestalten<br />

zu können.<br />

Manfred Miosga<br />

AUTOR<br />

Prof. Dr. Manfred Miosga ist Professor für Stadt- und Regionalentwicklung an<br />

der Universität Bayreuth und Vorsitzender des wissenschaftlichen Kuratoriums<br />

der Bayerischen Akademie <strong>Ländlicher</strong> <strong>Raum</strong> (ALR) mit Sitz in München<br />

(manfred.miosga@uni-bayreuth.de)<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM 33


INTERVIEW<br />

www.rentenbank.de<br />

„NEUE ANREIZE FÜR EINE<br />

PERSPEKTIVE AUF DEM LAND“<br />

Mehr als die Hälfte der Deutschen lebt in Gemeinden und Städten<br />

auf dem Land. Gleichwertige Lebensverhältnisse für alle<br />

Bürger sicherzustellen, rechnet die Politik seit Jahrzehnten<br />

zu ihren Aufgaben. Christian Schmidt (CSU), Bundesminister für Ernährung<br />

und Landwirtschaft, erläutert im Interview seine Akzente in<br />

der Strukturförderung und nimmt Stellung zu den Perspektiven der<br />

Integration und dem Ausbau der Infrastruktur.<br />

zu stärken und die Grundversorgung in ländlichen Regionen zu<br />

sichern. Mit dem Demonstrationsvorhaben Dorfladen Deersheim<br />

in Sachsen-Anhalt wollen wir beispielhaft die Nahversorgung<br />

stabilisieren. Zudem verweise ich auf verschiedene Projekte im<br />

Bereich der „Sozialen Dorfentwicklung“. Im Zentrum steht dabei,<br />

gerade für junge Menschen neue Anreize für eine Lebensperspektive<br />

auf dem Land zu schaffen.<br />

Herr Minister, zu den Aufgaben des Bundes gehört die Schaffung<br />

gleicher Lebensverhältnisse. Was bedeutet das für die ländlichen<br />

Regionen in Ost- und Westdeutschland?<br />

Schmidt: Nicht nur Ostdeutschland durchläuft einen Strukturwandel,<br />

sondern auch abgelegene oder altindustrielle Regionen in<br />

westdeutschen Ländern. Daher sollten wir fast eine Generation<br />

nach Herstellung der deutschen Einheit nicht Ost und West in<br />

den Fokus nehmen, sondern strukturschwache und peripher gelegene<br />

ländliche Regionen.<br />

Seit Jahrzehnten engagiert der Bund sich in der Strukturförderung<br />

des ländlichen <strong>Raum</strong>s. Der Wettbewerb, der 1961 unter dem Motto<br />

„Unser Dorf soll schöner werden“ erstmals ausgeschrieben wurde,<br />

heißt heute selbstbewusst „Unser Dorf hat Zukunft“. Was steht<br />

heute inhaltlich im Vordergrund?<br />

Schmidt: Die Schwerpunkte des Bundeswettbewerbs verändern<br />

sich mit den Herausforderungen in der ländlichen Entwicklung.<br />

Im Vordergrund des 25. Wettbewerbes steht die Zukunftsfähigkeit<br />

des gesamten Ortes in wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer<br />

Hinsicht. Es geht um die Bereitschaft, gemeinsam Leitbilder<br />

zu entwickeln und Mitverantwortung für die Gestaltung des<br />

Gemeinwohls und der Ortsentwicklung zu übernehmen.<br />

Mit dem Förderprogramm „Ländliche Entwicklung“ wollen Sie<br />

Regionen abseits der Ballungsgebiete attraktiv für Leben und Arbeiten<br />

zu erhalten. Welche Maßnahmen sind dafür vorgesehen?<br />

Schmidt: Mit dem Bundesprogramm will ich innovative Ansätze<br />

in der ländlichen Entwicklung erproben, die gegenwärtig nicht<br />

über die Gemeinschaftsaufgabe gefördert werden können. So<br />

werden im Modellvorhaben „Land(auf)Schwung“ 13 Förderregionen<br />

bei Projekten unterstützt, um regionale Wertschöpfung<br />

„Ländliche Räume haben spezifische<br />

Potenziale für die Integration von<br />

Migranten – die Überschaubarkeit einer<br />

Dorfgemeinschaft sowie das hohe<br />

Engagement etwa in Nachbarschaft und<br />

Vereinen.“<br />

Christian Schmidt<br />

Wie bewerten Sie die Chancen der Integration von Flüchtlingen<br />

in Landgemeinden? Bietet eine traditionell gefestigte Dorfgemeinschaft<br />

bessere Voraussetzungen für die Aufnahme von Fremden<br />

als die anonyme Gesellschaft einer Großstadt?<br />

Schmidt: Ländliche Räume haben spezifische Potenziale für die<br />

Integration von Migranten. Ich denke dabei an die Überschaubarkeit<br />

einer Dorfgemeinschaft und kleiner Strukturen sowie<br />

das hohe Engagement etwa in Nachbarschaft und Vereinen. Das<br />

vereinfacht einen persönlichen und direkten Kontakt. Gelebte<br />

Dorfgemeinschaften erleichtern meiner Meinung nach die Integration,<br />

allerdings ist eine hohe kulturelle Offenheit und der<br />

Wille zum gemeinsamen Gestalten des Zusammenlebens von<br />

beiden Seiten unabdingbar.<br />

Stichwort „Digitale Infrastruktur auf dem Land“: Unternehmen<br />

Bund und Länder genug, um zu verhindern, dass die Dörfer von<br />

der Entwicklung abgehängt werden?<br />

Schmidt: Der Abbau der digitalen Spaltung zwischen Stadt und<br />

Land ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Mein Ministerium<br />

fördert den Breitbandausbau seit 2008 im Rahmen der<br />

Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des<br />

Küstenschutzes“. Und ab diesem Jahr verstärkt Bundesminister<br />

Dobrindt mit 2,7 Milliarden Euro den Breitbandausbau, um hochleistungsfähige<br />

Netze in unterversorgten Gebieten zu schaffen.<br />

Unverfälscht, herzhaft, kernig: Die Lebensmittelreklame ist geprägt<br />

von positiv besetzten Attributen. Wie kann die Landwirtschaft<br />

das Versprechen vom „guten Land“ einlösen, wo doch die<br />

Realität gezeichnet ist von Skandalen etwa in der Massentierhaltung?<br />

Schmidt: Vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, dass die<br />

Anforderungen im Hinblick auf Umwelt- und Tierschutz<br />

in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sind.<br />

Darüber hinaus sichert die moderne Landwirtschaft<br />

unsere Versorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln,<br />

sie pflegt die Kulturlandschaft, schafft<br />

Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Für diese Arbeit<br />

gebührt den Landwirten unser aller Respekt. Die<br />

Landwirtschaft gehört in die Mitte der Gesellschaft.<br />

Interview: Jörg Benzing<br />

Foto: BMEL/photothek.net/Michael Gottschalk<br />

Für Förderkredite in Oschersleben, Plattling oder Uetersen gehen wir<br />

nach London, Tokio oder New York.<br />

Als Förderbank für die Agrarwirtschaft kennen wir die Herausforderungen, vor denen ländliche Regionen in Deutschland<br />

stehen. Mit unseren Förderprogrammen finanzieren wir deshalb auch kommunale Investitionen zur Verbesserung der<br />

regionalen Wirtschaftskraft und Lebensqualität. Die Mittel dafür nehmen wir an den internationalen Finanzmärkten auf —<br />

mit anhaltendem Erfolg. Deshalb sagen wir: Der Bulle steht uns näher als der Bär.<br />

Förderbank für die Agrarwirtschaft<br />

34<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM


DEMOGRAFISCHER WANDEL<br />

DEMOGRAFISCHER WANDEL<br />

Kreistage schaut, wird feststellen, dass der männliche Mandatsträger<br />

über 60 deutlich überwiegt. Doch mit welchen Bildern im Kopf gehen<br />

diese Männer an die Weichenstellungen für die Zukunft heran?<br />

Wissen sie, wie die junge Familie von heute „tickt“? Haben Sie den<br />

Mut zu innovativen Lösungen, zu Veränderungen? Oder optimieren<br />

und bewahren sie das, was sie in der Vergangenheit schon für gut befunden<br />

haben? Mehrheiten, die innovative Veränderungen anstreben,<br />

sind immer schwerer zu bewegen. Eine Lösung wäre zum Beispiel, zu<br />

neuen Bürgerbeteiligungsformen (außerhalb der Kommunalwahlen)<br />

zu kommen. Es sind jene Regionen sehr attraktiv, die ihren Bürgern<br />

die Mitwirkungsmöglichkeit zur Gestaltung der Zukunft zugestehen.<br />

ihm getrieben werden. Denn die Fakten lassen sich nicht einfach vom<br />

Tisch wischen. Wer aber aktiv auf die Herausforderungen reagieren<br />

will, sollte sich Folgendes zu Herzen nehmen:<br />

• Sensibilisierung der Bevölkerung: Die Bürger über die demografische<br />

Entwicklung informieren, damit sich Selbsthilfepotenziale<br />

entfalten. Die Leitfrage ist: Wie wollen wir 2030 gemeinsam leben?<br />

• Engagementpolitik: Die Bereitschaft zum freiwilligen Engagement<br />

stärken. Engagement wird künftig Ehrensache sein, weniger<br />

Ehrenamt.<br />

Rentner: Die Überalterung der Gesellschaft ist eine der Herausforderungen des demografischen Wandels, auf die die Kommunen reagieren müssen.<br />

EIN VIELSCHICHTIGES PROBLEM<br />

Der Begriff „Demografischer Wandel“ wird allgemein verbunden<br />

mit der Tatsache, dass die Lebenserwartung der Menschen<br />

steigt und dass in Deutschland der Anteil der Älteren an der<br />

Gesamtbevölkerung deutlich zunimmt. Man lebt halt länger. Doch das<br />

ist nur ein Teil dessen, was den demografischen Wandel ausmacht.<br />

In den letzten 50 Jahren haben sich die Geburtenzahlen praktisch<br />

halbiert. Wurden 1964 noch 1,37 Millionen Menschen geboren, so waren<br />

es 2014 nur noch knapp 715 000. Wenn die 1964 Geborenen in 15<br />

Jahren (mit 67 Lebensjahren) ihren Ruhestand beginnen, dann kann<br />

nur noch jeder zweite von ihnen bisher eingenommene Arbeitsplatz<br />

wieder besetzt werden. Die andere Hälfte wird vakant sein, weil die<br />

Arbeitskräfte fehlen. Wer schiebt dann den Rollstuhl?<br />

Die Zuwanderung aus dem Ausland bleibt hier eine Lösungsoption.<br />

Immer mehr in der Bundesrepublik lebende Menschen haben<br />

Wurzeln im Ausland (rund 20 Prozent). Von 2010 bis 2014 wanderten<br />

in Deutschland netto 1,75 Millionen Menschen zu, drei Viertel davon<br />

aus EU-Staaten. Allein 2015 kamen rund eine Million Menschen als<br />

Flüchtlinge hier an. Doch genau diese Zuwanderung spaltet zunehmend<br />

die Gesellschaft. Nicht wenige fühlen sich „überfremdet“. Doch<br />

„fremd“ ist man nur solange, wie man sich nicht kennt. Dabei wäre<br />

die Zuwanderung vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung<br />

eine große Chance – insbesondere für den ländlichen <strong>Raum</strong>.<br />

Wer den demografischen Wandel begreifen will, der sollte die drei<br />

Facetten „Älter“, „Weniger“ und „Bunter“ beachten. Diese werden<br />

unsere Gesellschaft in den nächsten Jahren tiefgehend und nachhaltig<br />

verändern. In ländlichen Regionen, speziell in ostdeutschen Bundesländern,<br />

ist die Veränderung bereits stark spürbar. Gleichwohl wollen<br />

es die Menschen dort nicht wahrhaben. Sie bemühen Zukunftsbilder,<br />

die sie aus der Vergangenheit heraufbeschwören („Das war doch<br />

früher so schön!“) und meinen, sie in die Zukunft hinüber retten<br />

zu können. Doch die Zukunft ist nicht mehr die Verlängerung der<br />

Vergangenheit.<br />

Dies belegt auch eine Reise durch die eher ländlich strukturierten<br />

Regionen Deutschlands. Während die Bundesregierung noch immer<br />

die Mär von gleichen Lebensverhältnissen in ganz Deutschland aufrechterhält,<br />

vermag jeder Beobachter mit wachem Geist festzuhalten,<br />

dass die ländlichen Räume stärker altern als andere Regionen und<br />

stärker Einwohner verlieren. Die Abwanderung der jungen Generationen<br />

ist deutlich spürbar. Schulschließungen beispielsweise sprechen<br />

eine klare Sprache.<br />

Doch den einen ländlichen <strong>Raum</strong> gibt es nicht. Das Münsterland<br />

ist anders aufgestellt als der Werra-Meißner-Kreis in Nordhessen, der<br />

Landkreis Mecklenburgische Seenplatte oder der Schwarzwald-Baar-<br />

Kreis. Schon heute sind starke Unterschiede erkennbar hinsichtlich<br />

Alterung der jeweiligen Bevölkerung, Abwanderung, Versorgungsinfrastruktur<br />

oder Ärztedichte.<br />

Mit dem Phänomen der Überalterung hat auch die Politik zu<br />

kämpfen. Wer in die Gemeinde- und Stadträte, besonders aber in die<br />

Foto: Smokovski/Fotolia<br />

NUR EIN PROBLEM VON MEHREREN: DIE ÄRZTLICHE VERSORGUNG<br />

Der demografische Wandel betrifft alle Menschen und berührt alle<br />

politischen Handlungsfelder. Fest steht: Niemand kann behaupten, er<br />

sei nicht betroffen. Sicher ist aber auch: Nicht alle sind überall gleich<br />

betroffen. So werden sich die Folgen des Wandels zum Beispiel in<br />

den Kommunen im Münsterland und im Kreis Mecklenburgische Seenplatte<br />

nicht gleich auswirken. Gleichwohl bleibt die Notwendigkeit,<br />

den Wandel aktiv zu gestalten.<br />

Ein Thema, dass alle ländlichen Regionen – wenn auch unterschiedlich<br />

intensiv – betreffen wird, ist die ärztliche Versorgung.<br />

Waren Ende 2014 die niedergelassenen Vertragsärzte in Deutschland<br />

im Durchschnitt 53 Jahre alt, so bedeutet das, dass die meisten der<br />

Mediziner in zehn bis zwölf Jahren ihre Praxis schließen. Um die<br />

alterungsbedingten Ausfälle auffangen zu können, müssten jährlich<br />

16 000 Menschen Medizin studieren, zugelassen werden aber nur<br />

10 000 Medizinstudenten. Und: Bei den Medizinern wird künftig der<br />

Frauenanteil überwiegen (64 Prozent). Wenn die Ärztinnen dann Kinder<br />

bekommen und in Elternzeit gehen wollen, dürfte es noch enger<br />

werden mit der medizinischen Versorgung der älteren Menschen auf<br />

dem Land. Jedem Bürgermeister ist daher zu raten, ein Haus und<br />

eine Tagesmutter gleich mit anzubieten, um im Wettbewerb um die<br />

Landärztin erfolgreich zu sein.<br />

Doch das ist nur ein weiteres Beispiel für die vielen anstehenden<br />

Veränderungen. Wer diesen Wandel weder begreifen noch gestalten<br />

mag, der wird irgendwann (eher in naher statt in ferner Zukunft) von<br />

200 Megabit pro Sekunde:<br />

Glasfaser in jedes Haus.<br />

Ihren Ansprechpartner vor Ort erreichen Sie unter kommune@amplus.ag<br />

• Generationenpolitik: Der Schlüssel für die Zukunft liegt im neu<br />

austarierten Miteinander der Generationen.<br />

• Bildungspolitik: Die Devise muss lauten: Wir können nicht nur<br />

ein Leben lang lernen, wir sollten es auch.<br />

• Gesundheitspolitik: Dem Leben sollen nicht einfach nur Jahre<br />

angefügt werden, vielmehr ist den Jahren sinnstiftendes Leben zu<br />

geben.<br />

• Integrationspolitik: Es kommen nicht nur Arbeitskräfte, sondern<br />

Menschen. Ihnen eine Heimat zu geben, mit der sie sich identifizieren<br />

können und für die sie sich engagieren, lautet die Aufgabe.<br />

• Wohnungs- und Infrastrukturpolitik: Jede Investition in die<br />

lokale oder private Infrastruktur sollte von der Frage begleitet werden,<br />

ob sie von allen Generationen jederzeit genutzt werden kann.<br />

<br />

Winfried Kösters<br />

AUTOR<br />

Dr. Winfried Kösters, Bergheim, ist Moderator, Journalist und Publizist<br />

(www.winfried-koesters.de)<br />

36<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM<br />

In Kooperation für Ihre Kommune.<br />

www.amplus.ag<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM 37


GESUNDHEITSVERSORGUNG<br />

GESUNDHEITSVERSORGUNG<br />

GANZHEITLICHE KONZEPTE<br />

Das derzeitige Gesundheitssystem birgt gravierende Mängel.<br />

Das teure, aber auch ineffiziente bestehende System der gesundheitlichen<br />

Versorgung mit einem bisher eingeschränkten<br />

Verständnis von „Gesundheit“ mangels Kapazitäten und finanzieller<br />

Ressourcen, darf unter keinen Umständen so fortgeschrieben werden.<br />

Im ländlichen <strong>Raum</strong> müssen neue und vor allem ganzheitliche Konzepte<br />

für die gesundheitliche Versorgung erstellt werden.<br />

In vielen Fällen ist unklar, ob das „absolute Niveau der Bedarfsgerechtigkeit<br />

und -notwendigkeit“ überhaupt richtig ist. Zu den Hauptursachen<br />

der heraufziehenden Unterversorgung gehört, dass gesundheitliche<br />

Versorgung oft nur mit medizinischer Versorgung – das heißt<br />

letztendlich einer Reparaturmedizin – gleichgesetzt wird, sprich mit<br />

dem „Beheben“ gesundheitlicher Probleme durch die klassischen<br />

Akteure wie niedergelassene Ärzte, Kliniken, Reha-Einrichtungen,<br />

Apotheken, Sanitätshäuser oder Heilmittelerbringer.<br />

Die Akteure, einschließlich Landärzte, sind an ihren Kapazitätsgrenzen<br />

angelangt. Die Flüchtlinge binden zusätzliche Ressourcen<br />

und werfen alle bisherigen Versorgungsplanungen „über den Haufen“.<br />

Gleichzeitig ist die Attraktivität von Ballungsräumen bei medizinischen<br />

Akteuren, gerade bei jungen Ärzten, ungebrochen. Nüchtern<br />

betrachtet, kann an den verfestigten Strukturen des staatlichen Gesundheitssystems<br />

auf Gemeinde- und Landkreisebene auf absehbare<br />

Zeit kaum Wesentliches verändert werden. Daran<br />

ändern auch die Aktivitäten der mittlerweile bundesweit<br />

über 60 staatlich-induzierten Gesundheitsregionen<br />

oder das 30 Jahre alte Gesunde-Städte-Netzwerk<br />

nur wenig. Welche Initiativen können also<br />

Kommunen ergreifen, um den ländlichen <strong>Raum</strong><br />

als attraktiven Standort für Familie, Wohnen und<br />

Arbeiten zu erhalten oder auszubauen?<br />

ZWEITER GESUNDHEITSMARKT IM FOKUS<br />

Die Gesundheitsexpertin Ilona Kickbusch stellt in dem<br />

2014 in zweiter Auflage erschienenen Buch „Die Gesundheitsgesellschaft“<br />

fest, dass das Gesundheitswesen mittlerweile<br />

zum Nebenschauplatz geworden und die heraufziehenden<br />

Herausforderungen ohne die Eigenverantwortung der Bürger nicht<br />

mehr zu lösen seien. Damit stehen die Chancen, die ein ganzheitliches<br />

Gesundheitsverständnis der Bevölkerung künftig bietet, im Mittelpunkt.<br />

Sie müssen verstanden, benannt und aufgegriffen werden.<br />

Gesundheit im ganzheitlichen Sinne umfasst neben der „Behebung“<br />

von Leiden und gesundheitlichen Krisen auch alle Maßnahmen zur<br />

intensiven und erfolgreich „vorgeschalteten“ Gesundheitsvorsorge<br />

und Prävention gerade auch außerhalb der Medizin.<br />

Zahlreiche Bürgermeister und (politisch) Verantwortliche haben<br />

bereits erkannt, dass dazu insbesondere das Angebot aus dem Zweiten<br />

Gesundheitsmarkt gehört. Das ist der Markt der Anbieter, deren<br />

Dienstleistungen von in der Regel gesunden Verbrauchern oder von<br />

den Arbeitgebern selbst bezahlt werden. Zu den Anbietern gehören<br />

unter anderem Heilpraktiker, Naturheilkundler, Ernährungsberater,<br />

Berater zum Thema „Gesundheit im Betrieb“ (BGM), die Branchen<br />

Fitness, Sport, Bewegung und seelische Gesundheit, aber auch Bereiche<br />

wie Alternative Medizin und Traditionelle Chinesische Medizin<br />

„Landärzte sind bereits heute an ihren<br />

Kapazitätsgrenzen angelangt.“<br />

Adrian W. T. Dostal<br />

Stethoskop: Der ländliche<br />

<strong>Raum</strong> braucht<br />

Versorgungskonzepte,<br />

die alle Akteure des<br />

Gesundheitsmarkts<br />

einschließen.<br />

Foto: robert6666/Fotolia<br />

(TCM), um nur einige anzuführen. Der Beitrag dieser Anbieter zur<br />

gesundheitlichen Versorgung muss mehr noch als bisher auf lokaler<br />

Ebene erkannt, kommuniziert und genutzt werden. Deren Angebot<br />

und die Anbieter selbst sind in den Kommunen und Landkreisen<br />

transparent zu machen. Das auf das tradierte Gesundheitswesen ausgerichtete<br />

Verständnis staatlicher Daseinsvorsorge ist ergänzungsbedürftig.<br />

In Rede steht hier nicht nur die kostenseitig vom Bürger eigenverantwortlich<br />

in Anspruch zu nehmende Gesundheitsversorgung<br />

aus dem Zweiten Gesundheitsmarkt, sondern auch die Integration<br />

von Vereinen und Freizeitgruppen. Im Sinne eines ganzheitlichen,<br />

das heißt auch psychosozialen Gesundheitsverständnisses, das Körper,<br />

Geist, Seele und gesundes soziales Umfeld einschließt, gehören<br />

dazu etwa Theater- und Musikvereine oder auch Sportvereine. Hier<br />

bieten sich gerade den Verantwortlichen im ländlichen <strong>Raum</strong> Chancen,<br />

die weit über die Möglichkeiten von Verantwortungsträgern im<br />

großstädtischen <strong>Raum</strong> hinausgehen. Voraussetzung für das Gelingen<br />

ist jedoch die Kommunikation eines anderen, eigenverantwortlichen<br />

Gesundheitsverständnisses. Damit wird der Druck auf die zunehmend<br />

an die Grenzen stoßende medizinische Versorgung bereits durch das<br />

quasi (kostengünstigere) „Vorfeld“ deutlich reduziert.<br />

Die Kommunen können sich als Partner der Unternehmen aus<br />

dem gesamten Gesundheitsmarkt positionieren. Sie können beim Aufbau<br />

von lokalen und regionalen Gesundheitsnetzwerken mitwirken,<br />

die beispielsweise eigenverantwortlich Gesundheitszentren mit Anbietern<br />

aus dem Gesundheitswesen (Erster Gesundheitsmarkt) und<br />

dem Zweiten Gesundheitsmarkt als Zukunftsmodell betreiben. Für<br />

die Mobilisierung und Integration eines solchen ganzheitlichen Gesundheitsangebots<br />

werden die Kommunen finanzielle Mittel einsetzen<br />

müssen. Konkret geht es um Geld für Sichtbarmachung, Kommunikation,<br />

Moderation, Implementierung und Akzeptanzsicherung.<br />

BESTANDSAUFNAHME DER SITUATION VOR ORT<br />

Ein solcher Prozess kann angestoßen und realisiert werden, indem<br />

zunächst eine wert- und vorurteilsfreie Bestandsaufnahme aller lokalen<br />

und regionalen Gesundheitsanbieter sowie der bestehenden<br />

gesundheitsrelevanten Vereins- und Verbandsstrukturen stattfindet.<br />

Dieses Ergebnis ist hinsichtlich seiner Inanspruchnahme, Wirksamkeit<br />

(Wertbeitrag), Nachhaltigkeit und Effizienz zu reflektieren. In<br />

einem Folgeschritt sind Modelle einer ganzheitlichen Versorgung zu<br />

entwickeln und zu diskutieren. Zudem müssen die notwendigen<br />

Maßnahmen entwickelt werden zur Entlastung der Praxen einschließlich<br />

der Landärzte und stationären Anbieter sowie<br />

für die vorbeugende Einbindung des Gesundheitsangebots<br />

auch außerhalb der Medizin.<br />

Dass für einen solchen zukunftsweisenden Ansatz<br />

viel Überzeugungsarbeit geleistet werden muss, darf<br />

nicht verschwiegen werden. Es gilt, Abschied zu nehmen<br />

von alten Vorstellungen über Gesundheit und wer dafür<br />

zuständig sei. Das Bewusstsein der Bevölkerung ändert sich<br />

bereits. Das wirkt sich positiv auf den Zweiten Gesundheitsmarkt<br />

aus und macht ihn zu einem der am schnellsten wachsenden<br />

Märkte überhaupt.<br />

Auch werden die dazugehörigen Veränderungsprozesse und die<br />

Einbindung der vielen „Einzelkämpfer“ (besonders aus dem Zweiten<br />

Gesundheitsmarkt) in nachhaltige Versorgungskonzepte einige Zeit<br />

in Anspruch nehmen. Um ein reibungsloses Starten zu ermöglichen,<br />

sind operative Netzwerk-Organisatoren zu gewinnen. Diese bringen<br />

auch die Erfahrung mit, die unterschiedlichen Erwartungen aller Akteure<br />

bestmöglich zu integrieren. <br />

Adrian W. T. Dostal<br />

AUTOR<br />

Adrian W. T. Dostal ist Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Dostal &<br />

Partner Management-Beratung in Vilsbiburg (info@dostal-partner.de) und<br />

Sprecher der mit einem dritten Platz des „Award Demographie Exzellenz<br />

2015“ ausgezeichneten niederbayerischen Gesundheitsregion „Xundland“<br />

Vils-Rott-Inn.<br />

38<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM 39


TEILHABE ÄLTERER<br />

TEILHABE ÄLTERER<br />

Foto: Bürgerbusteam VG Langenlonsheim<br />

Im Jahre 2005 bewarb sich die MHV erfolgreich auf eine Projektausschreibung<br />

des nordrhein-westfälischen Verkehrsministeriums. Es<br />

sollte erprobt werden, ob eine Mobilitätsberatung auf ehrenamtlicher<br />

Basis ein praktikabler Ansatz sein könnte, um potenzielle Nutzer des<br />

ÖPNV im ländlichen <strong>Raum</strong> bedarfsgerecht zu unterstützen. Bereits ein<br />

Jahr nach dem Start der dreijährigen Modellphase mit sieben eigens<br />

geschulten ehrenamtlichen Beratern wurde der Verein „Mobilagenten<br />

im ländlichen <strong>Raum</strong>“ ins Leben gerufen, der die Initiative über den<br />

Abschluss des Projekts hinaus bis heute in Eigenregie weiterführt.<br />

Auch Projekte zur Förderung der Medienkompetenz können ältere<br />

Lernende motivieren. Vor allem das Internet ein großes Potenzial zur<br />

gesellschaftlichen Teilhabe. Allerdings sollte seitens der Älteren die<br />

Bereitschaft vorhanden sein, sich für neue Erfahrungen zu öffnen. Zudem<br />

muss diese Art des Lernens benutzerfreundlich gestaltet werden.<br />

Entsprechend zielte das Projekt „Mobila – Mobiles Lernen im<br />

Alter“ darauf, neue Lernangebote sowohl für Gruppen als auch für<br />

Einzelpersonen zu entwickeln und im Internet zur Verfügung zu stellen.<br />

Das Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung<br />

(ZAWIW) der Universität Ulm als Projektträger erhielt hierfür Fördermittel<br />

des baden-württembergischen Kultusministeriums. Ein Kernelement<br />

bestand darin, Webinare auf den Weg zu bringen, um ältere<br />

Menschen als ehrenamtliche Multiplikatoren zu qualifizieren. Das<br />

Projekt stieß auf großen Zuspruch, wie 100 geschulte Multiplikatoren<br />

und rund 600 erreichte Lernende belegen. Michaela Allgeier<br />

Der Bürgerbus Langenlonsheim ist ein Erfolgsmodell: Bürgermeister Michael Cyfka (re.) und der Bürgerbusbeauftragte der Verbandsgemeinde, Ralph Hintz,<br />

begrüßen den 3000. Fahrgast.<br />

BÜRGER AM STEUERRAD<br />

Machen Sie<br />

Ihre Kommune<br />

fit für die<br />

Zukunft!<br />

Für ältere Menschen im ländlichen <strong>Raum</strong> sind Mobilität und Medienkompetenz<br />

die Garanten für soziale Teilhabe. Die demografische<br />

Entwicklung sorgt dafür, dass vor allem die Kommunen<br />

in ländlichen Regionen neue Wege gehen müssen, um die Daseinsvorsorge<br />

und die Infrastruktur zukunftssicher gestalten zu können.<br />

Der Erhalt der Mobilität spielt dabei eine entscheidende Rolle.<br />

Gerade für ältere Menschen kann es zum Problem werden, wenn die<br />

Nutzung eines Pkw nicht oder nicht mehr möglich ist und das Angebot<br />

des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als Folge einer<br />

reduzierten Nachfrage weiter zurückgeht. Hier setzt die Idee der Bürgerbusse<br />

an, die sich von England ausgehend zunächst in den Niederlanden<br />

verbreitet hat, bevor sie auch in Deutschland populär wurde.<br />

Im Kern geht es darum, dass Bürger für Bürger fahren und auf<br />

diese Weise die Lücken in ausgedünnten Verkehrsnetzen schließen.<br />

Bürgerbusse dienen jedoch nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung<br />

des ÖPNV. Sie transportieren Menschen an Orte, für die ein reguläres<br />

Nahverkehrsangebot nicht rentabel wäre. Die Verbandsgemeinde<br />

Langenlonsheim im rheinland-pfälzischen Landkreis Bad Kreuznach<br />

verfügt sogar über einen Bürgerbusbeauftragten. Ralph Hintz hatte<br />

zu Beginn seines Ruhestandes einen Aufruf zur Gründung eines Bürgerbusprojekts<br />

im Amtsblatt gelesen. Seitdem führt der ehemalige<br />

Geschäftsführer ein Team von 30 ehrenamtlich tätigen Mitstreitern,<br />

die sich den Fahrdienst und den Telefondienst teilen.<br />

Um den reibungslosen Ablauf kümmern sich ein Fahrdienstleiter<br />

und eine Telefondienstleiterin. „Das Interesse ist von Beginn an groß<br />

gewesen“, berichtet Hintz. Seit Juni 2012 bietet der Bürgerbus immer<br />

dienstags und freitags sowie am Mittwochvormittag seine Dienste an.<br />

Der Erfolg ist ermutigend, doch keineswegs ein Selbstläufer, sondern<br />

erfordert eine reibungslose Organisation und ein verlässliches Team.<br />

Und es braucht eine Person, die die Fäden zusammenhält und für den<br />

Zusammenhalt der freiwilligen Helfer sorgt.<br />

Der Bürgerbusbeauftragte übernimmt nicht nur Führungsaufgaben,<br />

sondern erledigt auch die Öffentlichkeitsarbeit. Damit vor allem ältere<br />

Menschen vom Bürgerbus profitieren können, pflegt er enge Kontakte<br />

zu örtlichen Seniorengruppen, aber auch zu niedergelassenen Ärzten<br />

und Physiotherapeuten. 80 Prozent der rund 200 Stammkunden sind<br />

Frauen ab 65 Jahren. „Durch unser Angebot erhalten sie ein Stück persönlicher<br />

Unabhängigkeit zurück“, so Hintz. Arztbesuche, Einkäufe<br />

und Veranstaltungen stehen an erster Stelle des Bedarfs. Dass die Ärzteschaft<br />

das Projekt von Beginn an unterstützt hat, verwundert nicht,<br />

denn durch den Bürgerbus wird mancher Hausbesuch überflüssig.<br />

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AUTORIN<br />

Michaela Allgeier, Essen, ist Autorin und Beraterin in den Themenfeldern<br />

Demografische Entwicklung und Gerontologie mit den Schwerpunkten<br />

Arbeitsmarkt, Gesundheit und Pflege, Wohnen sowie Integration<br />

(michaela.allgeier@demografie-allgeier.de)<br />

Zum Erhalt der Mobilität gehören auch gute Informationen und persönliche<br />

Beratung über Fahrpläne und die Tarife von Bus und Bahn.<br />

Diese bieten zum Beispiel die Mobilagenten in Ostwestfalen-Lippe, die<br />

auf ein langjähriges Engagement zurückblicken können. Schon 1998<br />

wurde in den Kreisen Herford und Minden-Lübbecke auf Initiative<br />

der Minden-Herforder Verkehrsgesellschaft (MHV) das Angebot einer<br />

mobilen Beratung mit dem Informationsbus „ColumBus“ geschaffen,<br />

der bis heute im Einsatz ist.<br />

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LED-BELEUCHTUNG<br />

40<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM<br />

Eine Innovation der


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DIE STADT ARNSBERG SETZT<br />

AUF SMARTE BELEUCHTUNGS-<br />

LÖSUNGEN VON TRILUX<br />

Klosterbrücke in Arnsberg:<br />

Die LED-Leuchten können in<br />

ihrer Lichtfarbe von Weiß auf<br />

Blau umgestellt werden.<br />

Wie attraktiv eine Stadt auf ihre Bewohner und Besucher wirkt, hängt von vielen Aspekten<br />

ab: Lebensbedingungen, Kulturangebot oder Grünanlagen. In jedem Fall spielt<br />

das Ansehen, also die Gestaltung des städtischen <strong>Raum</strong>s, eine wichtige Rolle. Darüber<br />

war sich auch die sauerländische Stadt Arnsberg bewusst und nahm sich der Neugestaltung<br />

des Brückenplatzes und der Klosterbrücke an. In Sachen Beleuchtung holte<br />

sie sich Unterstützung vom Leuchtenhersteller TRILUX.<br />

Fotos: TRILUX<br />

Attraktives Straßenbild:<br />

LED-Lichtstelen aus der<br />

Serie ConStela von TRILUX.<br />

Im Rahmen der umfangreichen baulichen Neugestaltung des Brückenplatzes<br />

und der Klosterbrücke realisierten die Stadt Arnsberg und der ortansässige<br />

Lichtspezialist TRILUX in Zusammenarbeit mit Westnetz (RWE) als Netzbetreiber<br />

eine intelligente Beleuchtungsanlage mit insgesamt 57 Lichtpunkten.<br />

„Unser Ziel war es, das Straßenbild auf vielfältige Art und Weise aufzuwerten<br />

und somit die Aufenthaltsqualität zu steigern“ erläutert Bürgermeister<br />

Hans-Josef Vogel. „Als eine zukunftsorientierte Stadt spielte in unseren Plänen<br />

dabei von Anfang an eine intelligent steuerbare Straßenbeleuchtung eine<br />

tragende Rolle.“ Die ConStela LED von TRILUX überzeugt hier sowohl in puncto<br />

Zukunftsfähigkeit als auch in Sachen Attraktivität.<br />

Leuchten werden intelligent gewartet<br />

In Verbindung mit dem TRILUX Lichtmanagementsystem lassen sich die<br />

Leuchten flexibel in ihrer Lichtintensität dimmen und können je nach Anlass<br />

in ihrer Lichtfarbe von Weiß auf Blau umgestellt werden. Damit ist es möglich,<br />

die Klosterbrücke für Veranstaltungen wie den Kunstsommer unterschiedlich<br />

zu illuminieren. Über das Lichtmanagementsystem lassen sich die Leuchten<br />

außerdem intelligent warten, weil alle wichtigen Betriebsdaten bequem ausgelesen<br />

werden können und ein Frühwarnsystem mögliche Ausfälle signalisiert.<br />

Mit der modular aufgebauten Stele wäre aber zukünftig noch viel mehr<br />

möglich: Von der Ladestation für E-Bikes und E-Mobile über elektronische<br />

Wegweiser bis hin zu Parkleitsystemen. Dank des Baukastenprinzips können<br />

diese Funktionen einfach nachträglich integriert werden, ohne die Lichtpunkte<br />

komplett austauschen zu müssen. Das gefällt auch Hans-Josef Vogel: „Es ist<br />

toll, dass solche Systeme in unserer Stadt entwickelt werden. Die Technologien<br />

sind ein Schub für neue Stadtgestaltung und wir werden schauen, welche<br />

TRILUX-Ideen wir bei uns noch ausprobieren.“<br />

Fazit: Die Stadt Arnsberg besitzt am Brückenplatz und an der Klosterbrücke<br />

jetzt eine State-of-the-Art Beleuchtungsanlage, die modernes steuerbares und<br />

hocheffizientes LED-Licht spendet und obendrein das Straßenbild mit ihren<br />

ästhetischen Leuchten optisch aufwertet. Damit hat die Stadt Arnsberg den<br />

ersten Schritt auf dem Weg zur Smart City gemacht und TRILUX konnte einmal<br />

mehr seine Markenbotschaft „Simplify Your Light“ in die Realität umsetzen.<br />

Über TRILUX<br />

TRILUX – SIMPLIFY YOUR LIGHT steht für den einfachsten und sichersten Weg zu<br />

einer maßgeschneiderten, energieeffizienten und zukunftsfähigen Lichtlösung.<br />

Im dynamischen und zunehmend komplexer werdenden Lichtmarkt erhält der<br />

Kunde die beste Beratung, eine optimale Orientierung und das perfekte Licht.<br />

Um diesen Anspruch sicherzustellen, greift TRILUX auf ein breites Portfolio an<br />

Technologien sowie leistungsfähigen Partnern der TRILUX Gruppe zurück und<br />

kombiniert Einzelkomponenten zu maßgeschneiderten Komplettlösungen –<br />

immer perfekt auf die Kundenbedürfnisse und das Einsatzgebiet abgestimmt.<br />

So lassen sich auch komplexe und umfangreiche Projekte schnell und einfach<br />

aus einer Hand realisieren.<br />

Die TRILUX Gruppe betreibt sieben Produktionsstandorte in Europa und<br />

Asien und betreut internationale Kunden mittels 25 Tochtergesellschaften<br />

und zahlreichen Vertriebspartnern. Zum Geschäftsbereich Licht gehören die<br />

Marken TRILUX und Oktalite, zum Geschäftsbereich OEM-Systems BAG und<br />

Zalux. Weitere Beteiligungsgesellschaften sind das ITZ (Innovations- und<br />

Technologiezentrum), ICT sowie die Online-Plattform watt24. Mit Standorten<br />

in Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Belgien sowie Großbritannien<br />

vermittelt die TRILUX Akademie das nötige Know-how über Themen, Trends und<br />

Neuheiten der Lichtbranche. Insgesamt beschäftigt TRILUX mehr als 5.200<br />

Mitarbeiter weltweit, Sitz der Unternehmenszentrale ist Arnsberg.<br />

ConStela LED im Film:<br />

TRILUX präsentiert das neue modulare<br />

Lichtstelensystem ConStela LED in<br />

Kombination mit einem intelligenten<br />

Lichtmanagementsystem.<br />

Scannen Sie zum Start den QR-Code.<br />

TRILUX GmbH & Co. KG<br />

Telefon +49 (0) 29 32.3 01-95 00<br />

Fax +49 (0) 29 32.3 01-95 16<br />

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42<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM 43


NAHVERSORGUNG<br />

NAHVERSORGUNG<br />

DIE DORFLÄDEN HABEN WIEDER<br />

EINE ZUKUNFT<br />

Während Städter mit Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen<br />

Bedarf fast überversorgt sind, sieht das in ländlichen Ecken<br />

oft anders aus. Für die ältere Bevölkerung auf dem Land<br />

bricht durch die Schließung von Metzgereien, Bäckereien oder kleinen<br />

Lebensmittelläden die Nahversorgung zusammen. Dorfläden in<br />

Bürgerhand können helfen, diesem Problem entgegenzutreten.<br />

Auch in den neuen Bundesländern ist der einst weit verbreitete<br />

Dorfkonsum vielerorts verschwunden. „Seit 1970 hat sich die Zahl<br />

der Lebensmittelgeschäfte von 160 000 auf unter 39 000 in ganz<br />

Deutschland stark reduziert, obwohl die Verkaufsfläche gewachsen<br />

ist“, erklärt Günter Lühning. Der CDU-Politiker ist bundesweiter Sprecher<br />

des Dorfladen-Netzwerkes und Vorsitzender des Dorfladens in<br />

Otersen, einem Teilort der Gemeinde Kirchlinteln in Niedersachsen.<br />

„Die immer größeren Märkte siedeln mit Vorliebe am Ortsrand – auf<br />

der grünen Wiese in Orten mit mindestens 5000 Einwohnern“, weiß<br />

Lühning. „Multifunktionale Geschäfte im Dorf mit vielen Dienstleistungen<br />

und Angeboten könnten es jedoch ermöglichen, wohnortsnah<br />

die notwendigen Besorgungen zu erledigen“, betont er.<br />

Den dramatischen Rückgang von Nahversorgungsangeboten in<br />

den Dörfern beobachtet auch die Geografin und Dorfplanerin Nathalie<br />

Frantzen auf ihren Touren in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen<br />

und Hessen. „Oft wurden die letzten Geschäfte geschlossen, weil die<br />

Nachfrage nicht groß genug war oder weil die Belieferung aufgrund<br />

des geringen Umsatzes eingestellt wurde“, so Frantzen. Sie unterstützt<br />

Kommunen im ländlichen <strong>Raum</strong> unter anderem dabei, den<br />

Dorfkern attraktiv zu halten und so der Landflucht vorzubeugen.<br />

Dorfläden in bürgergenossenschaftlicher Hand sind für Nathalie<br />

Frantzen grundsätzlich eine Option, um die Nahversorgung in ländlichen<br />

Kommunen wieder zu stärken. „Dieser dient nicht nur der<br />

Versorgung, sondern auch als sozialer Kommunikationstreffpunkt,<br />

der den Dorfgemeinschaftssinn anspricht. Allerdings sind es eher die<br />

mittleren Altersgruppen, die dies diskutieren, weniger die älteren, die<br />

es eigentlich betrifft“, erklärt die Dorfplanerin. „Bei Dorfläden muss<br />

vor allem deren Wirtschaftlichkeit gesichert werden“, fügt sie hinzu.<br />

Frantzen hat schon zwei Dorfläden bei der Gründung begleitet. „In<br />

Rheinland-Pfalz gibt es ein Dorfladen-Beratungsprojekt. Daher sind<br />

die Grundlagen zur Förderung von Dorfladenprojekten schon recht<br />

gut. Beispielsweise können hier Dorfläden durch einen sogenannten<br />

wirtschaftlichen Verein geführt werden, was das finanzielle Risiko für<br />

den Einzelnen minimiert.“<br />

einer Informations- und Motivationsveranstaltung. Nur selten starten<br />

wir mit einer Untersuchung, um die Rahmenbedingungen und die<br />

Voraussetzungen für das Gelingen eines Projektes aufzuzeigen“, so<br />

Gröll. Das gängige Vorgehen von Unternehmensberatern, die im eigenen<br />

Interesse zuerst eine Untersuchung für mehrere Tausend Euro<br />

verkaufen und dann erst in der Bevölkerung nach der Akzeptanz<br />

fragen, empfindet der Dorfladenexperte als unseriös.<br />

In seinen Augen können Dorfläden bei einer durchdachten Konzeption<br />

sowie Finanzierung profitabel geführt werden. „Die höchsten<br />

Gehälter für leitende Angestellte in einigen Dorfläden liegen bereits<br />

bei über 3000 Euro. Dies zeigt, dass eine Wertschöpfung vor Ort möglich<br />

ist“, bekräftigt Gröll. Dies kann vor allem dann gelingen, wenn<br />

das Ladensortiment zu einem Großteil (75 Prozent) aus regionalen<br />

Produkten kleiner Erzeuger bestückt wird.<br />

Otersen ist ein Beispiel für den Erfolgsverlauf, den ein Dorfladen<br />

nehmen kann. Als klar war, dass im Jahr 2001 der letzte Lebensmittelladen<br />

aus Altersgründen schließen muss, entwickelte sich eine Gegenbewegung.<br />

„Bürgermeister, Kommunalpolitiker und viele engagierte<br />

Bürger wollen sich von den Lebensmittel-Konzernen nicht vorschreiben<br />

lassen, wie weit die Menschen auf dem Land zum Einkaufen<br />

fahren müssen“, erklärt Günter Lühning. „Eigeninitiative statt Unterversorgung“<br />

lautete zur Jahrtausendwende das Motto in Otersen:<br />

Nach drei Bürgerversammlungen und vielen Arbeitskreis-Sitzungen<br />

wurde im Dezember 2000 in Otersen eine Dorfladen-Gesellschaft mit<br />

63 Anteilseignern und 103 000 Mark Eigenkapital gegründet. „Wir<br />

haben den alten Laden gemietet, modernisiert und am 1. April 2001<br />

als neuen Dorfladen mit 140 Quadratmetern Ladenfläche eröffnet“,<br />

sagt Lühning. Im Jahr 2004 wurde in Otersen zudem das Dorfladen-<br />

Netzwerk initiiert. Im April 2011 eröffnete in der vereinseigenen Immobilie<br />

ein auf 180 Quadratmeter vergrößerter Dorfladen inklusive<br />

Café. Lühning resümiert die Zahlen: „Heute haben wir in Otersen über<br />

150 Mitglieder, die über 100000 Euro Eigenkapital in den Dorfladen-<br />

Betrieb und unsere eigene Immobilie investiert haben. In unserem<br />

nur 500 Einwohner zählenden Dorf erzielen wir seit 2011 jährliche<br />

Netto-Umsätze von gut 350 000 Euro im Lebensmittel-Einzelhandel.“<br />

Inzwischen beschäftigt der Dorfladen in Otersen fünf Frauen und eine<br />

Praktikantin, die in diesem Jahr mit einer zweijährigen Ausbildung<br />

zur Verkäuferin beginnt.<br />

Damit die Erfolgsgeschichte von Dorfläden wie in Otersen, in<br />

Thier (Nordrhein-Westfalen), in Seddin (Brandenburg) oder in Gelting<br />

(Bayern) weitergehen kann, bedarf es aber zusätzlicher Impulse.<br />

„Wenn es die Landes- und Bundespolitik mit den annähernd gleichen<br />

Lebensverhältnissen gemäß Grundgesetz wirklich Ernst meint, dann<br />

haben diese erfolgreichen Bürgerinitiativen zum Erhalt der Versorgungs-<br />

und Lebensqualität auf dem Land eine bessere Förderung verdient“,<br />

bekräftigt Günter Lühning.<br />

Andreas Scholz<br />

AUTOR<br />

Andreas Scholz, Schwäbisch Hall, ist freier Journalist<br />

Einkaufen im Dorfladen Otersen (Niedersachsen): Das Geschäft hat auf<br />

180 Quadratmeter Fläche rund 2700 Artikel im Angebot.<br />

44<br />

Foto: Lühning<br />

„Bürgermeister, Kommunalpolitiker und viele<br />

engagierte Bürger wollen sich von den<br />

Lebensmittel-Konzernen nicht vorschreiben<br />

lassen, wie weit die Menschen auf<br />

dem Land zum Einkaufen fahren müssen.“<br />

Günter Lühning, Sprecher des Dorfladen-Netzwerks<br />

Auch ohne Auto sind alleinstehende ältere Menschen gut versorgt,<br />

stellt Frantzen fest. Sie werden zum Einkaufen mitgenommen oder<br />

„bekommen ihre Einkaufswünsche durch Nachbarn erfüllt“. Eine<br />

Hilfe seien auch die mobilen Anbieter, die von Backwaren über Obst<br />

und Gemüse bis hin zu Tiefkühlprodukten fast alles anbieten.<br />

Dass Dorfläden eine sinnvolle Alternative zur Nahversorgung im<br />

ländlichen <strong>Raum</strong> darstellen, unterstreicht Günter Lühning. „Einige<br />

Bürgerläden schreiben leicht rote Zahlen, leben von der Substanz und<br />

müssen Maßnahmen zur wirtschaftlichen Gesundung einleiten. Die<br />

meisten Dorfläden erreichen einen kleinen Gewinn, der in der Regel<br />

den Rücklagen zugeführt wird, um künftige Ersatz-Investitionen aus<br />

Eigenmitteln finanzieren zu können“, sagt der Sprecher des Dorfladen-Netzwerks.<br />

Die Erfolgsbilanz: Zwischen dem bayerischen Alpenvorland<br />

und der Nordseeküste sind in den vergangenen Jahren über<br />

200 Bürger-Dorfläden mit individuellen Konzepten gegründet worden.<br />

„Allein in Bayern gibt es über 100 Bürgerläden und nur eine Handvoll<br />

scheiterten“, untermauert Wolfgang Gröll. Der Unternehmensberater<br />

mit Sitz in der Gemeinde Berg am Starnberger See ist als Partner im<br />

Dorfladen-Netzwerk aktiv.<br />

Seit 20 Jahren berät Gröll Kommunen und Bürger, die einen Dorf-,<br />

Markt- oder Nachbarschaftsladen eröffnen wollen. „Wir beginnen mit<br />

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TOURISMUS<br />

HOFFNUNGSTRÄGER DER REGION<br />

Geben Sie der<br />

Mutter mit Kindern im Urlaub: Die große Stärke des Tourismus liegt in seiner<br />

stabilisierenden Wirkung für die Regionalentwicklung.<br />

Spricht man vom Tourismus in ländlichen Räumen, sind grundsätzlich<br />

Regionen mit einer Einwohnerdichte von weniger als<br />

150 Einwohnern pro Quadratkilometer gemeint und somit alle<br />

Regionen außerhalb städtischer Verdichtungsräume. Kennzahlen zu<br />

wirtschaftlichen Effekten und der touristischen Entwicklung auf Basis<br />

dieser Definition des Bundesinstituts für Bau- und <strong>Raum</strong>ordnung<br />

existieren jedoch nicht. Deshalb müssen andere Kriterien herangezogen<br />

werden. So hat der Deutsche Landkreistag im Jahr 2011 in einer<br />

Untersuchung die ökonomische Bedeutung des Tourismus in den<br />

Landkreisen berechnen lassen. Zwar sind Landkreise und ländliche<br />

Räume nicht zwangsläufig deckungsgleich, dennoch ergibt sich ein<br />

ungefährer Eindruck der Wirtschaftskraft des ländlichen Tourismus.<br />

Demnach bewirken Übernachtungstourismus und Tagesreisen in den<br />

Landkreisen zusammen einen Bruttoumsatz von 73,4 Milliarden Euro<br />

jährlich, wobei beiden eine ähnlich hohe Bedeutung zukommt.<br />

Die äußerst serviceintensive Branche hat einen Beschäftigungseffekt<br />

von 1,55 Millionen Personen. Die touristischen Arbeitsplätze<br />

sind für Kommunen besonders interessant, weil sie immer ortsgebunden<br />

sind. 80 Prozent der Übernachtungen in Deutschland gehen auf<br />

das Konto der Deutschen. Betrachtet man Gemeinden mit weniger<br />

als 5000 Einwohnern, sind es sogar fast 90 Prozent. Das Statistische<br />

Bundesamt verzeichnete mit 436,2 Millionen Übernachtungen ein Rekordjahr.<br />

Für 2016 wird ein weiterer Anstieg erwartet.<br />

Die Großwetterlage für die Destinationen vom Allgäu bis Zingst,<br />

von Görlitz bis zur Eifel ist also gut. Die Frage, wie es einer Gemeinde<br />

gelingt, sich als Tourismusdestination zu etablieren und eine ausgeglichene<br />

Bilanz von Aufwand und Nutzen zu erreichen, lässt sich<br />

jedoch nicht pauschal beantworten. Brechen bisherige Wirtschaftsstrukturen<br />

weg oder gerät die regionale Landwirtschaft in eine Krise,<br />

Foto: Sylv1rob1/Fotolia<br />

wird der Tourismus bisweilen zur Leitökonomie erkoren. Gerade in<br />

Randlagen sieht man dann den Tourismus gern als Hoffnungsträger,<br />

der Arbeitsplätze sichert und neu schafft und wirtschaftliche Impulse<br />

in den vor- und nachgelagerten Branchen auslöst.<br />

Eine falsche Einschätzung des Tourismuspotenzials kann aber<br />

dazu führen, dass Investitionen in Projekte fließen, die nicht den<br />

Kern der Gästewünsche treffen und die über Gebühr den kommunalen<br />

Haushalt belasten. Gemeinden, die bisher nicht zu den touristisch<br />

etablierten Regionen zählen, können sich jedoch mit konsequentem<br />

Engagement einen hochinteressanten Markt erschließen, der für<br />

Arbeitsplätze, Steuermehreinnahmen und Attraktivitätsgewinn des<br />

Standorts sorgen kann.<br />

Die große Stärke des Tourismus liegt in seiner stabilisierenden<br />

Wirkung für die Regionalentwicklung. Wenn Tourismus- und Freizeitinfrastruktur<br />

entsteht, erhöht sich die Wohn- und Gewerbestandortqualität.<br />

Die Ansiedlung nicht-touristischer Unternehmen sowie<br />

die Gewinnung von Fach- und Führungskräften hängt nicht zuletzt<br />

von der Lebensqualität ab, die eine Gemeinde bietet. Eine dauerhafte<br />

touristische Nachfrage kann dafür sorgen, dass Bahn- und Busverbindungen,<br />

Schwimmbäder oder Kultureinrichtungen eine ganzjährige<br />

befriedigende Auslastung erreichen und somit gehalten werden können.<br />

Für Einheimische sind dies gute Argumente zu bleiben und für<br />

potenzielle Neubürger zu kommen.<br />

Touristische Erfolge hängen neben einzelunternehmerischen Investitionen<br />

vom Einsatz finanzieller Mittel der öffentlichen Hand ab.<br />

Denn: Was nützt das schönste Wellnesshotel am Ort, wenn die historische<br />

Innenstadt bröckelt, das Museum nicht geöffnet hat und die<br />

Grünanlage in armseligem Zustand ist? Investitionen der Kommunen<br />

– insbesondere vor dem Hintergrund klammer Haushalte – sind aber<br />

nur ein Pfeiler, auf den sich der Tourismus stützen kann. Zusätzliche<br />

Finanzierungsmöglichkeiten wie die Tourismusabgabe sind notwendig,<br />

um die touristische Infrastruktur zu sichern. Leider lassen die<br />

Kommunalabgabengesetze der Länder diese Form der Tourismusfinanzierung<br />

nicht überall zu. Dabei ist die Tourismusabgabe ein solidarisches<br />

Finanzierungsinstrument, das alle Profiteure des Tourismus<br />

einbezieht und somit keine einseitige Belastung verursacht.<br />

Eine erfolgreiche touristische Erschließung erfordert darüber hinaus<br />

ein hohes Maß an Vernetzung und Koordinierung. Standort- und<br />

Tourismusmanagement müssen Hand in Hand gehen. Akteure aus der<br />

Stadtverwaltung, das Regionalmanagement, die Wirtschaftsförderung<br />

des Landkreises und die regionale Industrie- und Handelskammer<br />

gehören an einen Tisch. Insbesondere der interkommunale Schulterschluss<br />

ist wichtig, weil ein Ort oftmals nicht über eine ausreichende<br />

eigene Angebotspalette verfügt, um Touristen dauerhaft anzuziehen.<br />

<br />

Reinhard Meyer<br />

AUTOR<br />

Reinhard Meyer, Wirtschafts- und Arbeitsminister in Schleswig-Holstein, ist<br />

Präsident des Deutschen Tourismusverbands mit Sitz in Berlin<br />

(www.deutschertourismusverband.de)<br />

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Beratungsleistungen.<br />

WIRTSCHAFTLICHKEIT PRÜFEN<br />

Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind für 69 Prozent der<br />

kommunalen Finanzentscheider der vordringlichste Beratungsbedarf.<br />

Dies zeigte eine im April 2015 durchgeführte<br />

Online-Befragung des Bundeswirtschaftsministeriums in 1000 Kommunen<br />

zu kommunaler Wirtschaftsberatung. Eine mit diesem Befragungsergebnis<br />

übereinstimmende Erfahrung machen ebenfalls die<br />

Fachberater von Partnerschaften Deutschland (ÖPP Deutschland AG)<br />

im Rahmen ihres seit Januar 2015 im Auftrag des Bundesfinanzministeriums<br />

durchgeführten Investitionsberatungsprogrammes. Das<br />

Ministerium will damit Investitionshemmnisse erkennen, die Investitionstätigkeit<br />

öffentlicher Auftraggeber unterstützen und mit der kostenfrei<br />

angebotenen, unterstützenden Beratungsleistung die Initiativen<br />

der öffentlichen Verwaltungen bei der Prüfung von ÖPP begleiten.<br />

Hierzu gehören beispielsweise Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />

oder Variantenvergleiche. Beratungsschwerpunkt des vergangenen<br />

Jahres war eindeutig die Frühphasenberatung von Kommunen.<br />

Dabei wird geprüft, welcher Beschaffungsweg für die Vorhaben der<br />

Kommunen in Betracht kommt, beispielsweise ob eine Kooperationslösung<br />

mit einem privaten Partner der wirtschaftlichste Weg wäre.<br />

Fast zwei Drittel aller Anfragenden zeigte Bedarf an einer Beratung<br />

in der Frühphase auf, was wiederum den großen Bedarf an Unterstützung<br />

bei der ersten Projektprüfung, Machbarkeitsuntersuchung<br />

und ergebnisoffenen Bewertung des wirtschaftlichsten Beschaffungsweges<br />

verdeutlicht.<br />

Das Programm hat einen erfolgreichen Start 2015 hingelegt: 104<br />

Anfangsberatungen öffentlicher Institutionen wurden durchgeführt,<br />

die sich auf Projekte mit einem möglichen Investitionsvolumen (auf<br />

Basis von Angaben der öffentlichen Auftraggeber hochgerechnet)<br />

von mehr als 1,35 Milliarden Euro beziehen. Dabei zeigen die 62<br />

durchgeführten kommunalen Erstberatungen ein breites Spektrum an<br />

Sektoren auf.<br />

Der Schwerpunkt der kommunalen Anfragen lag in der Bildungsinfrastruktur,<br />

gefolgt von Anfragen zu Verwaltungsgebäuden<br />

sowie Kultur-, Freizeit und Sporteinrichtungen. Auch die Verteilung<br />

der kommunalen Beratungen nach Größenklasse der beratenen Gebietskörperschaften<br />

ist breit gestreut. Während rund 35 Prozent der<br />

beratenen Kommunen kleiner als 50 000 Einwohner waren, stellten<br />

besonders mittlere Kommunen von 50 000 bis 100000 Einwohnern mit<br />

21 Prozent bei den Beratungsanfragen sowie auch große Kommunen<br />

mit 28 Prozent einen überproportional hohen Anteil.<br />

Nach der Anfangsberatung werden Projekte durch die Kommunen<br />

am Markt im Ausschreibungswege zur weiteren Beratung vergeben.<br />

Bei 21 Projekten im Jahre 2015 wurde kostenfrei noch für eine weitere<br />

Phase auf besonderes Know-how von Partnerschaften Deutschland<br />

zurückgegriffen – in der Regel zur gründlichen Vorbereitung der ersten<br />

grundlegenden Gremienentscheidung zur Beschaffungsvariante<br />

für dieses Projekt.<br />

So konnte beispielsweise ein Projekt einer kleineren Kommune<br />

zur Erweiterung und energetischen Sanierung eines Schulzentrums<br />

beraten werden. Nachhaltige Beschaffung im Rahmen einer lebenszyklusorientierten<br />

Betrachtung wird hier verbunden mit Nachhaltigkeit<br />

im Sinne von Energieeinsparung, die zu CO 2 -Reduktionen und<br />

gleichzeitig zu Kosteneinsparungen beiträgt.<br />

Weitere Anfangsberatungen wurden im Jahr 2015 angefragt zu<br />

Projekten wie der angedachten, zusammengefassten Realisierung von<br />

Kombibädern durch eine Großstadt, der Sanierung eines Rathauses<br />

und Kreishauses als Gemeinschaftsprojekt einer kreisangehörigen<br />

Stadt und des Landkreises oder der Überlegung einer kleineren Stadt,<br />

ob sich nicht mit einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft geplanter<br />

sozialer Wohnungsbau schneller und kostensicherer in einer<br />

integrierten Vergabeform realisieren lässt. Nach dem erfolgreichen<br />

Start 2015 hat sich das Bundesfinanzministerium zu einer Weiterführung<br />

des Programms in 2016 entschlossen. Bernward Kulle<br />

AUTOR<br />

Bernward Kulle ist Mitglied des Vorstands bei ÖPP Deutschland AG –<br />

Partnerschaften Deutschland in Berlin (www.partnerschaften-deutschland.de).<br />

Weitere Informationen zum Umfang der Beratertage sowie zu<br />

Schulungsangeboten beispielsweise für das kostenfreie WU-Rechenmodell<br />

unter www.partnerschaften-deutschland.de/ib_g<br />

Foto: Tiberius Gracchus/Fotolia<br />

Foto: DNS:NET<br />

Der Ausbau per Glasfaser direkt bis ins Haus und Gebäude (FTTH) sichert<br />

auf lange Sicht Wirtschaftlichkeit und Investitionen.<br />

Die große Herausforderung für die nächsten 10-20 Jahre ist der Paradigmenwechsel<br />

von Kupferleitungen zu Glasfaserleitungen im Bereich der sogenannten<br />

Letzten Meile. Die Herausforderung für lokal verantwortliche Politiker im gleichen<br />

Zeitraum ist dabei die Fragestellung: Wie bringe ich meine Region, Stadt,<br />

Landkreis nach vorn? Wie erarbeite ich mir einen Standortvorteil.<br />

Vorausblickend im Wettlauf beim Breitbandausbau<br />

Ein Ausbau per Glasfaser direkt bis ins Haus und Gebäude (FTTH) einer<br />

ganzen Region/eines Bundeslandes ist eine Besonderheit im bundesweiten<br />

Wettlauf um den flächendeckenden Breitbandausbau und sichert auf lange<br />

Sicht Wirtschaftlichkeit und Investitionen. Über die Glasfaserhausanschlüsse<br />

können die hohen Anforderungen und rasanten Entwicklungen im Rahmen der<br />

Digitalisierungsstrategie Deutschlands realisiert und mitbegleitet werden. Die<br />

„Digitale Strategie 2025“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie<br />

unterstreicht diese Richtung.<br />

Im Dialog mit einem der größten alternativen<br />

Telekommunikationsanbieter, der DNS:NET.<br />

Frage: Die DNS:NET ist nicht nur in Berlin/Brandenburg aktiv beim Ausbau<br />

der Kabelverzweiger, dem Errichten von Glasfaserstrecken per FTTC und FTTH<br />

sondern auch in anderen Bundesländern, wo man neben dem Eigenausbau<br />

auch auf Betreibermodelle setzt. Was sind Ihre Erfahrungen, wie realistisch ist<br />

das Ziel 2018, das gesamte Bundesgebiet mit 50 Mbit/s versorgen zu können?<br />

DNS:NET: Zuerst einmal ist das ernsthafte professionelle Fleißarbeit rund um<br />

die Uhr. Und da fällt ab und an der theoretische Vorwurf auf, die alternativen<br />

Anbieter investierten zu wenig in die Beseitigung weißer Flecken. Das ist<br />

gemessen an den Unternehmensgrößen und der Bemühungen vieler Mittelständler<br />

um „unlukrative“ ländliche Regionen nicht realistisch, die Statistiken<br />

und Vergleichswerte geben hier ein anderes Bild ab. Auch im europäischen<br />

Umfeld sind die Investitionsquoten mittlerer Provider häufig die mit der besten<br />

„Quote“. Davon abgesehen werden 50 Mbit/s künftig nicht genügen, auf der<br />

Alibi-Aussage „50 Mbit/s für alle“ ruhen sich Firmen wie DNS:NET nicht aus,<br />

sie bieten schon heute 100 Mbit/s und mehr und investieren in Gigabitnetze.<br />

Frage: Was halten Sie von Betreibermodellen? Sinnvoll oder schwierig?<br />

DNS:NET: Prinzipiell ist es eine hervorragende Sache, wenn ein Bundesland,<br />

eine kommunale Struktur sich nach reiflicher Auswahl für investitionssichere<br />

Technologien wie flächendeckenden Glasfaserausbau per FTTH entscheidet.<br />

Das ist klug, weitsichtig und standorttechnisch ein wesentliches Argument,<br />

um wachsen zu können und die Herausforderungen von Infrastruktur 4.0 zu<br />

realisieren.<br />

Frage: Wie sieht so ein Betreibermodell aus?<br />

DNS:NET: Man nehme eine Kommune, einen technologischen Experten, der<br />

über ein rechtssicheres europäisches Ausschreibungsverfahren ausgewählt<br />

wurde, sichert die Finanzierung und Förderung für eine komplette Glasfaserinfrastruktur<br />

und hat eine nachhaltige gute Basis für flächendeckende Angebote<br />

für Unternehmen und Bürger.<br />

Frage: Wo wird das in der Praxis umgesetzt?<br />

DNS:NET: Unter anderem in Sachsen-Anhalt. Die Kommunen der Altmark<br />

nehmen diese wichtige Aufgabe in Eigenregie war. Das Ziel ist die flächendeckende<br />

Errichtung eines kommunalen Telekommunikationsnetzes, welches der<br />

steigenden Nachfrage an hochbitratigen symmetrischen Bandbreiten in den<br />

Jahren 2020 und 2030 standhalten kann. Die Landesregierung unterstützt<br />

dieses Vorhaben und sieht darin ein Modellprojekt für den ländlichen <strong>Raum</strong>.<br />

Weiße Flecken beseitigt!<br />

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ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM 49


STRASSENBELEUCHTUNG<br />

INFRASTRUKTUR<br />

ZWISCHENSPEICHER VOR ORT<br />

Beleuchtungsmodernisierung in Schönau: Bürgermeister Marcus Zeitler (5. v. li.), unterstützt die Präsentation des neuen multifunktionalen LED-Leuchtenmasts<br />

in seiner Stadt.<br />

DIE LATERNEN WERDEN KLUG<br />

In der Stadt Schönau (4500 Einwohner, Baden-Württemberg) steht<br />

einer der ersten intelligenten Lichtmasten in Deutschland. Er kann<br />

viel mehr als nur Leuchten. Bürgermeister Marcus Zeitler beschreibt<br />

die modernste Straßenleuchte seiner Stadt mit originellen Worten:<br />

„Das ist die eierlegende Wollmilchsau.“ Seit vergangenem Jahr steht<br />

die multifunktionale Leuchte auf dem Marktplatz des bei Heidelberg<br />

gelegenen Städtchens. Sie ist mehr als ein einfacher Spender von<br />

LED-Licht: Im Mast sitzt ein Router für öffentliches WLAN, dazu ein<br />

Sensor für Luftmessungen, ein Notrufknopf sowie eine Ladestelle für<br />

Elektro autos. Demnächst soll der Mast in Schönau noch mit einem<br />

System zur Verkehrszählung nachgerüstet werden.<br />

Das Konzept der intelligenten, vernetzten Straßenleuchte ist neu.<br />

Es trägt den Namen „SM!GHT“ (Smart – City – Light), entwickelt<br />

wurde es im Innovationscampus des Energiekonzerns EnBW in Karlsruhe.<br />

Der Bürgermeister von Schönau war darauf gestoßen, als er<br />

sich nach einer Ladesäule für Elektrofahrzeuge umschaute, die der<br />

Gemeinderat bauen lassen wollte. „Auf einer Informationsveranstaltung<br />

der EnBW haben wir von der multifunktionalen Straßenleuchte<br />

erfahren“, sagt Zeitler. Die Idee überzeugte Mitglieder aller Fraktionen.<br />

Sie stimmten dem Kauf zu.<br />

Kurze Zeit später richtete der städtische Bauhof gemeinsam mit<br />

dem Energieversorger das Fundament her, legte Stromkabel und<br />

sorgte für den WLAN-Anschluss. Ein viereinhalb Meter hoher Mast<br />

allein kostet komplett ausgestattet 8500 Euro. Je nach Lage vor Ort<br />

können für Gemeinden aber noch zusätzliche Kosten entstehen. Um<br />

den gesamten technischen Betrieb und die Störerhaftung für illegales<br />

Runterladen von Inhalten aus dem Internet kümmert sich die EnBW.<br />

Die im Mast eingebaute Ladetechnik für Elektrofahrzeuge soll in<br />

Schönau unter anderem Tagestouristen locken. Erholungssuchende<br />

sind oft mit dem Elektrofahrrad in dem Odenwald-Städtchen unterwegs.<br />

Am Marktplatz können sie nun im Stehcafé Rast machen, sich<br />

ins öffentliche WLAN einloggen und derweil Strom tanken. „Das<br />

Feedback ist sehr gut“, sagt Zeitler.<br />

In den kommenden Wochen wird die vorhandene Leuchte nachgerüstet.<br />

Denn die Stadt will möglichst schnell das Verkehrsaufkommen<br />

im Zentrum messen. Hintergrund ist der neue Branichtunnel<br />

im 15 Kilometer entfernten Schriesheim. Die Entlastungsstraße soll<br />

diesen Sommer öffnen. In Schönau will man deshalb wissen, wie sich<br />

die Änderung auf den Verkehr im eigenen Ort auswirkt. Die Daten<br />

gehen in die Stadtplanung ein. Mögliche Datenschutzprobleme sollen<br />

kurzfristig gelöst werden. „Mit der Rechtsabteilung des Landratsamtes<br />

klären wir das“, sagt Zeitler.<br />

Die Ausbaufähigkeit der Masten sieht Zeitler als großen Vorteil.<br />

Wenn in den kommenden Jahren mehr Multifunktionsleuchten hinzukommen,<br />

ließe sich ein kommunales Mobilitätssystem aufbauen.<br />

Denkbar wäre, dass Pflegedienste auf eine Elektroflotte zurückgreifen,<br />

deren Autos sich an der nächsten Ecke laden lassen. Vorstellbar sind<br />

zudem Carsharing-Angebote für die Allgemeinheit.<br />

Die Interessen der Gemeinden zu berücksichtigen, war von Anfang<br />

wichtig für die Erfinder des Leuchtensystems. Während der Entwicklungsphase<br />

trafen sie sich mehrmals mit Kommunalvertretern.<br />

„Es ging darum querzudenken und zu überlegen, wie man herkömmliche<br />

Straßenleuchten weiterentwickeln kann“, sagt Projektleiter<br />

Mathias Weis. Auf diese Weise entstand auch der Notrufknopf am<br />

Mast, der innerhalb von Sekunden eine Verbindung herstellt, um Hilfe<br />

zu rufen. Eingebaute Mikrofone und Lautsprecher ermöglichen ein<br />

Gespräch mit der Notrufzentrale. Gleichzeitig leuchtet an der Mastspitze<br />

ein SOS-Signal, um zu zeigen, wo Hilfe gebraucht wird.<br />

Kommunen, die an der Multifunktionstechnik von Smight interessiert<br />

sind, müssen nicht zwangsläufig neue Straßenlampen kaufen.<br />

Mit WLAN lassen sich bereits heute bestehende Lichtmasten nachrüsten.<br />

Ab kommendem Jahr wird es auch möglich sein, Bestandmasten<br />

mit Sensoren für Schadstoffmessungen zu ergänzen. Heimo Fischer<br />

AUTOR<br />

Heimo Fischer, Bonn, ist Journalist und Autor<br />

Foto: EnBW<br />

Der Wasserkreislauf des Niederschlagswassers soll geschlossen<br />

werden, auch im Siedlungsgebiet, ganz gleich ob in der Stadt<br />

oder auf dem Land. Laut Wasserhaushaltsgesetz, Landeswassergesetzen,<br />

regionalen Verordnungen und örtlichen Satzungen muss<br />

Niederschlagswasser nach dem Stand der Technik ortsnah in Gewässer<br />

(Grundwasser oder Oberflächengewässer) eingeleitet werden, gegebenenfalls<br />

gedrosselt und gereinigt. Bei kleinen Bauvorhaben ist der<br />

bewachsene Oberboden einer Sickermulde die geeignete Maßnahme.<br />

Doch was tun bei Gewerbegrundstücken? Sie sind zwar in der Regel<br />

groß und müssen befestigt sein (Kundenparkplätze, Lkw-Zufahrten,<br />

Ladezonen und andere Freiflächen in Industriegebieten), doch meist<br />

fehlt für die oberflächige Versickerung des Regenwassers in ausgedehnten<br />

bewachsenen Sickermulden dennoch der Platz.<br />

Ist zum Beispiel wegen ungünstiger Bodenbeschaffenheit eine<br />

Versickerung nicht möglich, wird die Ableitung in den Regenkanal<br />

Richtung Oberflächengewässer als Option geprüft – so geschehen<br />

beim Bau der neuen Produktionshalle des Kühlmaschinenherstellers<br />

Bitzer in Schkeuditz bei Leipzig (Sachsen). Das Drosseln des<br />

Regenabflusses auf 56 Liter pro Seklunde (l/s) ist erforderlich, um die<br />

Trennkanalisation nicht zu überlasten. Die Planer ermittelten den Bedarf<br />

von 100 Kubikmeter Retentionsvolumen für 10 000 Quadratmeter<br />

Dach- und Verkehrsfläche. Um Flächen zu sparen, kam hier das vom<br />

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DIBt zugelassene System Birco-Rigolentunnel von Storm-Tech zum<br />

Einsatz. Es eignet sich gleichermaßen für die unterirdische Retention<br />

bei Versickerung und, wie in Schkeuditz, für die unterirdische Retention<br />

bei gedrosselter Ableitung.<br />

Durch den vollständig offenen Innenraum der Tunnelkammern<br />

verteilt sich das Wasser gleichmäßig. Bei Versickerungsanlagen kann<br />

es in der Sohle ungehindert entweichen. Innerhalb der Produktpalette<br />

sind für die Anwender die Serien SC-310, SC-740, MC-3500 und MC-<br />

4500 mit unterschiedlichen Kammergrößen erhältlich. Sie können so<br />

auf das am besten für die jeweilige Situation geeignete Modell zurückgreifen.<br />

Die größte Version der Rigolentunnel inklusive Schotter<br />

speichert bis zu 5,06 Kubikmeter Wasser bei einer Kammerlänge von<br />

2,3 Metern. Für die Retention und verzögerte Ableitung bei Bitzer in<br />

Schkeuditz war Typ SC-740 am besten geeignet. Barbara Rockstroh<br />

AUTORIN<br />

Barbara Rockstroh, Überlingen, ist Mitarbeiterin des Sachverständigen- und<br />

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ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM 51


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GENOSSENSCHAFTLICH ZUM BREITBANDNETZ IHRER<br />

GEMEINDE<br />

Sich für die Erreichung eines gemeinsamen Zieles in einer Genossenschaft<br />

zusammenzuschließen, hat in Deutschland eine lange Tradition. Auf diese<br />

Weise entstanden früher zum Beispiel Stromnetze in dünnbesiedelten<br />

Regionen. 2015 gab es in Deutschland bereits 7.600 genossenschaftlicher<br />

Zusammenschlüsse mit rund 20 Millionen Mitgliedern. Wie erste Beispiele<br />

zeigen, ist die Erschließung vor allem ländlicher Regionen mit zukunftsfähigen<br />

Breitbandnetzen ein Ziel, für welches es lohnt, sich zusammenzuschließen.<br />

Infrastruktur genossenschaftlich errichten und nutzen, dieses Prinzip ermöglichte<br />

bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Aufbau von Stromnetzen in<br />

dünnbesiedelten Regionen. Denn vergleichbar mit den heutigen Bedingungen<br />

bei der Errichtung von zukunftsfähigen Breitbandnetzen, die großen Stromkonzerne<br />

damals ähnlich wie heute die großen Telekommunikationsunternehmen,<br />

zeigten zumeist kein wirtschaftliches Interesse am Aufbau eines Netzes in<br />

diesen Regionen. Im Unterscheid zu früher, wird heute das wirtschaftliche<br />

Interesse der Telekommunikationsanbieter durch Förderprogramme stimuliert.<br />

Jedoch, und das zeigen u. a. Untersuchungen des TÜV Rheinland, sind diese<br />

Fördermittel bei weitem nicht ausreichend, um den Weg in die Gigabit-<br />

Gesellschaft zu ebnen.<br />

Was ist sinnvoller – abzuwarten oder die Aufgabe selber in die Hand zu<br />

nehmen? Nach unserer Auffassung ist handeln immer besser als abwarten. Mit<br />

dem Ziel, die Interessen örtlicher Akteure mit investierenden Mitgliedern zusammenzubringen,<br />

wurde im Jahr 2015 die BestCom Breitband eG gegründet.<br />

Die BestCom Breitband eG unterstützt Kommunen auf dem Weg in die<br />

Gigabit-Gesellschaft und bietet investierenden Mitgliedern eine langfristige<br />

stabile Anlagemöglichkeit in nachhaltige Infrastruktur.<br />

Fotos: BestCom Breitband, Autark Digital<br />

Die BestCom Breitband eG ist von Haus aus kein Netzbetreiber. Um der<br />

gestellten Aufgabe gerecht zu werden, bedient sie sich Dritter. Das betrifft<br />

sowohl den Bau als auch den Betrieb der Breitbandnetze. Einer dieser Dritten<br />

ist die Autark Digital GmbH. Die Autark Digital ist neu auf dem Breitbandmarkt.<br />

Neu bedeutet nicht, dass es im Unternehmen keine Erfahrungen gibt. Ohne<br />

„Altlasten“ soll das Beste aus den langjährigen Erfahrungen des Managements<br />

bei der Erschließung vorwiegend ländlicher Regionen mit Breitband umgesetzt<br />

werden. Der technische Leiter der Autark Digital und frühere Geschäftsführer<br />

der KielNet, Eberhard Schmidt, hat schon zu einer Zeit mit Glasfaser gearbeitet,<br />

als die überwiegende Mehrheit diesen Begriff noch gar nicht kannte.<br />

Die Vision dieses jungen Unternehmens, passt genau zur Bestcom<br />

Breitband eG: Digitale Infrastruktur, leistungsfähige und zukunftssichere<br />

Internetanschlüsse sind ein wichtiger regionaler Entwicklungsfaktor, sichern<br />

die Konnektivität und damit die Teilhabe an der Entwicklung nahezu aller<br />

Lebens- und Wirtschaftsbereiche.<br />

Und wie funktioniert das?<br />

Wir bauen mit der Autark Digital Ihr offenes Breitbandnetz möglichst ohne<br />

Inanspruchnahme von Fördermitteln. Als Erstes gilt es, die Kräfte aus der Region<br />

zu mobilisieren. Das bedeutet jeden, egal ob Privathaushalt, öffentliche Einrichtung<br />

oder Unternehmen, mitzunehmen. Jeder, das bedeutet nicht, es muss<br />

jeder Mitglied in der Genossenschaft werden. Auch eine Genossenschaft muss<br />

unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und zum Wohle ihrer Mitglieder handeln.<br />

Jeder, das bedeutet so viel potenzielle Nutzer eines Glasfaseranschlusses wie<br />

Wolfgang Laufer (li.), Vorsitzender des Vorstandes der BestCom Breitband<br />

eG – Wolfram Jeske, Geschäftsführer der AUTARK Digital GmbH<br />

Foto: aletia2011/Fotolia<br />

Internetnutzung zu Hause: Die digitale Infrastruktur ist ein wichtiger<br />

regionaler Entwicklungsfaktor.<br />

Jetzt gilt es – ohne Nachfrage kein Ausbau. Jetzt geht es um die Positionierung<br />

jedes einzelnen Einwohners und Gewerbetreibenden für oder gegen einen<br />

hochleistungsfähigen Breitbandanschluss. Diese Phase ist die entscheidende<br />

Phase für das gesamte Projekt.<br />

Ziel erreicht! Dann wird gebaut und das ohne Wenn und Aber. Ziel nicht<br />

erreicht – alles für umsonst? Nein – der Kommune bleibt jetzt immer noch die<br />

Möglichkeit, den Förderweg zu gehen.<br />

Der ganzheitliche Ansatz bei der Finanzierung, beim Bau und Betrieb<br />

der Breitbandnetze ist der Schlüssel des Erfolges. Dazu gehört, dass sich die<br />

BestCom Breitband eG genauso wie die Autark Digital GmbH professioneller<br />

und schon lange am Markt tätiger Partner für die Planung und den Bau von<br />

Breitbandnetzen, einen sicheren und störungsarmen Betrieb der Netze und die<br />

Gewährleistung eines exzellenten Service für die Kunden bedienen.<br />

Für die Mitglieder der Genossenschaft bedeutet das eine zukunftssichere<br />

Versorgung mit Kommunikationsanschlüssen von morgen, eine nachhaltige<br />

Geldanlage mit guter Rendite und, insofern sie in einem Versorgungsgebiet<br />

wohnen, vergünstigte Zugänge zum schnellen Internet.<br />

Geschäftsmodell: Die BestCom Breitband eG unterstützt Kommunen auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft und bietet investierenden Mitgliedern eine<br />

langfristige stabile Anlagemöglichkeit in nachhaltige Infrastruktur.<br />

möglich davon zu überzeugen, mit uns den Weg in die Gigabit-Gesellschaft zu<br />

gehen. Nur wenn eine vorher ermittelte Anzahl von zukünftigen Nutzern einen<br />

verbindlichen Auftrag unterschreibt, ist die wirtschaftliche Grundlage für einen<br />

erfolgreichen Projektablauf geschaffen und der Ausbau kann beginnen.<br />

Zu Beginn steht eine Idee, ein Bedarf, eine Nachfrage. Die Autark Digital<br />

prüft die Machbarkeit und stellt erste Betrachtungen zur Wirtschaftlichkeit<br />

an. Im Ergebnis entsteht ein erstes Lösungskonzept. Dieses Konzept wird der<br />

BestCom Breitband eG vorgestellt. Nach Zustimmung durch die Genossenschaft<br />

wird es den Gemeindevertretern, Gremien und Vertretern von anderen gesellschaftlich<br />

aktiven Organisationen im Projektgebiet erläutert.<br />

Ziel ist der Abschluss einer Ausbauvereinbarung. Ein besonderer Schwerpunkt<br />

darin ist die Unterstützung der Autark Digital durch die Gemeinde in<br />

zukünftigen Genehmigungsverfahren, bei der Vorvermarktung und in Gesprächen<br />

mit Grundstückseigentümern. Denn, wo ein Kabel verlegt wird, geht es<br />

nicht ohne deren Zustimmung. Die Autark Digital und BestCom Breitband eG<br />

verpflichten sich zum Netzausbau, sobald die Rahmenbedingungen (Mindestteilnehmerzahl)<br />

erfüllt sind und legen einen Zeitplan (Meilensteine) vor.<br />

BestCom Breitband eG<br />

Im Defdahl 10B<br />

44141 Dortmund<br />

Fon: +49 (0) 231 5869 643-1<br />

Fax: +49 (0) 231 5869 643-9<br />

www.bestcom-eg.de<br />

AUTARK Digital GmbH<br />

Am Weidengrund 6<br />

18337 Marlow<br />

Fon: +49 (0) 3821 819998-10<br />

Fax: +49 (0) 3821 8771-21<br />

www.autark-digital.de<br />

52<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM 53


ENERGIEWENDE<br />

ENERGIEWENDE<br />

LOKALE WERTSCHÖPFUNG<br />

Die Energiewende vor Ort ist in vollem Gang. Durch die Nutzung<br />

erneuerbarer Energien aus der Region in der Region lassen<br />

sich regionale Stoffkreisläufe erschließen. Davon profitieren<br />

die Akteure in mehrfacher Weise – Klimaschutz und regionale Wertschöpfung<br />

gehen Hand in Hand. Daraus ergeben sich ökologische,<br />

ökonomische und soziale Vorteile, die sich keine Kommune entgehen<br />

lassen sollte.<br />

Regionale Wertschöpfung umfasst mehrere Aspekte und geht über<br />

den rein monetären Nutzen weit hinaus. Einsparungen an fossilen<br />

Energieträgern und die damit verbundene Senkung von Kosten für<br />

die Energieversorgung sind eine Seite der Medaille. Regionale Energiequellen<br />

und Akteure aus der Region sorgen für Investitionen und<br />

Geldströme, die vor Ort verbleiben. Daraus resultierende Gewinne,<br />

Einkommen und Steuereinnahmen bieten neue Möglichkeiten, das<br />

Leben vor Ort zu gestalten. Es entstehen neue Arbeitsplätze in der<br />

Erneuerbare-Energien-Branche. Auch so leistet der Klimaschutz einen<br />

wesentlichen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Der Gestaltungsspielraum<br />

selbst steigt durch regionale Initiativen erheblich.<br />

Die monetären Aspekte der Wertschöpfung resultieren aus den<br />

wirtschaftlichen Leistungen aller für die Bereitstellung neuer Anlagen<br />

tätigen Akteure abzüglich der Leistungen, die außerhalb der<br />

Region erbracht werden. Je nach Technologie und Anlagengröße<br />

zur Nutzung der erneuerbaren Energien ergeben sich verschiedene<br />

Wertschöpfungsschritte von der Produktion, Planung und Installation<br />

von Anlagen bis hin zur Betriebsführung (Wartung, Instandhaltung,<br />

teilweise Pacht) und je nach Art der Betreibergesellschaft (finanzielle<br />

Betriebsführung, Gewinnermittlung).<br />

Nicht zu vernachlässigen sind auch die Steuereinnahmen, die<br />

aus solchen Maßnahmen für die Kommunen fließen. Diese Aspekte<br />

werden durch nicht direkt zuordenbare Vorleistungen (zum Beispiel<br />

Gläser für Solaranlagen oder Bildung, Forschung und öffentliche Stellen)<br />

und indirekte Effekte ergänzt, beispielsweise aus touristischen<br />

Angeboten im Zusammenhang mit Erneuerbare-Energien-Anlagen.<br />

Um die Wertschöpfungseffekte aus der Produktion, Planung und<br />

Installation von Anlagen zu erschließen, müssen geeignete Standorte<br />

vorhanden sein. Für die Höhe der Wertschöpfungseffekte ist demnach<br />

entscheidend, wie viele Erneuerbare-Energien-Unternehmen entlang<br />

der Wertschöpfungsketten lokal ansässig sind. Für die Produktion<br />

sind Industriestandorte mit guter Infrastruktur prädestiniert.<br />

Planung und Installation lassen sich leichter und an fast allen<br />

Standorten ansiedeln. Mit zunehmender Anlagendichte wird auch der<br />

Rückbau von Altanlagen zu einem Geschäftsfeld. Eine aktive Wirtschaftsförderung<br />

und der Erfahrungsaustausch mit am Markt etablierten<br />

Akteuren oder Vorreiterregionen sollte von den Kommunen aktiv<br />

Windpark: Von bürgergenossenschaftlichen<br />

Initiativen in der Energieerzeugung<br />

profitieren – neben der Umwelt – vor allem<br />

Bürger, die eine sichere Geldanlage in der<br />

eigenen Region suchen.<br />

Foto: Scott/Fotolia<br />

unterstützt werden. Durch die Ansiedlung von entsprechenden Gewerbebetrieben<br />

kommen den Kommunen die Gewerbe- und anteilig<br />

die Einkommensteuer zugute. Kommunen können zudem Flächen für<br />

die Errichtung von Anlagen verpachten, selbst Anlagen betreiben oder<br />

sich am Betrieb beteiligen. Dadurch fließen ebenso die Einnahmen<br />

aus Pacht und Erzeugung von Energie in den kommunalen Haushalt.<br />

Zudem wird der Zukauf von Energie ersetzt.<br />

Die Einnahmen oder Ersparnisse können wiederum für kommunale<br />

Aufgaben wie die Kinderbetreuung oder andere soziale und<br />

ökologische Zwecke genutzt werden. So lässt sich die Akzeptanz in<br />

der Bevölkerung steigern und der Kreis im kommunalen Finanzfluss<br />

schließt sich. Der Mehrwert durch die Verquickung mit sozialen und<br />

ökologischen Anliegen steigert die Lebensqualität in der Region.<br />

Um die Bevölkerung an den Einnahmen aus dem regionalen Betrieb<br />

von Erneuerbare-Energien-Anlagen profitieren zu lassen, eignen<br />

sich Betreibermodelle wie regionale Energiegenossenschaften. Genossenschaften<br />

haben im Gegensatz zu anderen Modellen wie GmbH<br />

oder Co. KG einen sehr demokratischen Charakter.<br />

REGIONALE ENERGIEEFFIZIENZGENOSSENSCHAFTEN<br />

Die Regionalen Energieeffizienzgenossenschaften (REEG) haben zum<br />

Ziel, möglichst viele Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen,<br />

kommunalen Einrichtungen, Privathaushalten sowie sonstigen Einrichtungen,<br />

etwa Kirchen oder Vereine, zu initiieren und durchzuführen.<br />

Erste REEGs wurden mit Unterstützung des Bundesdeutschen<br />

Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management (BAUM) und des<br />

Umweltministeriums in drei Pilotkommunen umgesetzt (www.reeginfo.de).<br />

Solche Genossenschaften sammeln Kapital von Bürgern,<br />

Stiftungen, Privathaushalten oder auch Kommunen und Unternehmen,<br />

um Erneuerbare-Energien-Anlagen oder Effizienzmaßnahmen<br />

zu finanzieren. Im Gegenzug erhalten die Genossenschaftsmitglieder<br />

eine attraktive Verzinsung.<br />

Wie hoch die Potenziale an erneuerbaren Energien und Energieeffizienz<br />

sind, lässt sich im Rahmen von integrierten Klimaschutzkonzepten<br />

und Energieplänen ermitteln. Der Beratungsdienstleister<br />

BAUM Consult etwa erstellt Klimaschutzkonzepte von vornherein<br />

mit einer intensiven Beteiligung der Öffentlichkeit, sodass bereits<br />

erste Interessenten für die Umsetzung genossenschaftlicher Projekte<br />

identifiziert werden können. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die<br />

Bereitstellung von kommunalem Personal, um diese Projekte zu initiieren<br />

oder zu managen. Auch dazu werden mit Klimaschutzkonzepten<br />

Wege aufgezeigt.<br />

Das Konzept „Regionalmanager unterstützt durch ein Team erfahrener<br />

Fachleute mit verschiedenen Schwerpunkten“ wird seit 2005 im<br />

Landkreises Ebersberg (Bayern) praktiziert. Neben der Etablierung<br />

eines langfristigen Arbeitsprogramms und einer tragfähigen Umsetzungsstruktur<br />

stehen die Initiierung nachhaltiger Projekte und die<br />

Vernetzung der regionalen Akteure im Sinne einer aktiven Bürgergesellschaft<br />

auf dem Programm. Ein solches Modell lässt sich leicht auf<br />

Klimaschutzmanager übertragen. Ludwig Karg / Denise Pielniok<br />

AUTOREN<br />

Ludwig Karg ist Geschäftsführer, Denise Pielniok ist Consultant des Beratungsunternehmens<br />

BAUM Consult in München (muenchen@baumgroup.de)<br />

WETTBEWERB FÖRDERT INNOVATIONEN<br />

Projekte und Wettbewerbe zur Entwicklung des ländlichen <strong>Raum</strong>s sind<br />

bestens geeignet, Engagement, Kreativität und die Eigeninitiative der<br />

Akteure zu fördern. Aktuell bestimmend sind Themen wie Demografie<br />

und Digitalisierung. Nachfolgend eine kleine Auswahl an Initiativen.<br />

DIGITALE DÖRFER IN RHEINLAND-PFALZ<br />

In den rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinden Betzdorf/Sieg,<br />

Eisenberg und Göllheim untersucht das Fraunhofer-Institut für Experimentelles<br />

Software Engineering (IESE) aus Kaiserslautern verschiedene<br />

IT-Module, um den ländlichen <strong>Raum</strong> für Jung und Alt gleichermaßen<br />

attraktiver zu gestalten. Die Regionen testen ein Logistiksystem, das in<br />

einem ersten Schritt den Transport von Waren und Gütern durch ehrenamtliche<br />

Helfer organisiert. Je nach Bedarf kann dieses Modell auch auf<br />

andere Bereiche, wie zum Beispiel den Personentransport ausgeweitet<br />

werden. – www.digitale-doerfer.de<br />

GESTALTUNG DES DEMOGRAFISCHEN WANDELS<br />

Mit dem Projekt „Demografiewerkstatt Kommunen“ (DWK) unterstützt<br />

das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

(BMFSFJ) die Entwicklung von Handlungsansätzen zur Gestaltung<br />

des demografische Wandels. Ausgewählt wurden unter anderem die<br />

Gemeinde Adorf/Vogtland, die Stadt Dortmund, der Landkreis Dithmarschen,<br />

der Landkreis Emsland, die Stadt Riesa und der Regionalverband<br />

Saarbrücken. Für das Projekt ist beim Kompetenzzentrum Technik–<br />

Diversity–Chancengleichheit in Bielefeld eine Geschäftsstelle eingerichtet.<br />

– http://kompetenzz.de/unsere-projekte/demografiewerkstatt<br />

DASEINSVORSORGE SICHERN<br />

Die Landkreise Stendal (Sachsen-Anhalt), Elbe-Elster (Brandenburg),<br />

Hochsauerland (Nordrhein-Westfalen) sowie zehn weitere Regionen in<br />

Deutschland nehmen am Modell „Land(auf)Schwung“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums<br />

teil. In den Regionen sollen jeweils Konzepte<br />

erarbeitet werden zur Stärkung der Wertschöpfung und Sicherung der<br />

Daseinsvorsorge. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Ausbau interkommunaler<br />

und interregionaler Zusammenarbeit. – www.bmel.de > Attraktive<br />

ländliche Regionen > Bundesprogramm Ländliche Entwicklung<br />

FRAUEN GRÜNDEN EXISTENZ<br />

Im Programm „Innovative Maßnahmen für Frauen im Ländlichen <strong>Raum</strong>“<br />

fördert das Land Baden-Württemberg Existenzgründungen, Qualifizierungsmaßnahmen<br />

und Netzwerkinitiativen. Seit dem Start im Juni 2015<br />

wurden 18 Projekte mit einer Fördersumme von 600 000 Euro bewilligt.<br />

Herausragende Projekte waren etwa ein geplantes Erlebnis-Kochatelier<br />

im Ortenaukreis oder ein Naturblockhaus aus heimischer Weißtanne<br />

mit Wellnesspaketen im Landkreis Freudenstadt. – http://mlr.badenwuerttemberg.de<br />

> Unsere Themen > <strong>Ländlicher</strong> <strong>Raum</strong> > Leben auf<br />

dem Land gestalten > Innovative Maßnahmen für Frauen<br />

ZUKUNFT FÜR DEN LÄNDLICHEN RAUM 55


WIFI<br />

Kommunikation<br />

CLEVER LIGHT<br />

Intelligentes Lichtmanagement<br />

LED STELENDESIGN<br />

Beleuchtung<br />

KAMERA<br />

Sicherheit<br />

SPOT<br />

Anstrahlung<br />

INNOVATIONEN FÜR INDIVIDUALISTEN<br />

SPOT<br />

Anstrahlung<br />

LED TECHNOLOGIE<br />

Beleuchtung<br />

ELEKTRO<br />

Stromversorgung<br />

LADESTATION<br />

Elektromobilität<br />

LED TECHNOLOGIE<br />

Beleuchtung<br />

LAUTSPRECHER<br />

Musik und Durchsagen<br />

DISPLAY<br />

Multimedia<br />

PABLO<br />

ALL-IN-ONE<br />

WASSER<br />

Wassersorgung<br />

Gemeinsam verwirklichen wir Ihre Ideen und Konzepte.<br />

Das modulare System zur freien Konfiguration verbindet<br />

Funktionalität und Design.<br />

Heiterblickstr. 37 · D-04347 Leipzig · tel.: + 49 341 245613-0 · fax: + 49 341 245613-99 · info@leipziger-leuchten.com · www.leipziger-leuchten.com

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