Lechhauser Geschichte(n) - Ausgabe 26
Lechhauser Geschichte(n) - Mai 2016
Lechhauser Geschichte(n) - Mai 2016
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L <strong>Geschichte</strong>(n)<br />
echhauser<br />
27<br />
Mai<br />
2016<br />
¤ 3.–<br />
HISTORISCHES, AKTUELLES, WISSENSWERTES UND AMÜSANTES AUS LECHHAUSEN<br />
MEDIZIN<br />
AKTUELLES<br />
Politik hinterlässt<br />
Spuren Seite 22<br />
SCHULE<br />
„Augsburger Lebensessenz“<br />
Seite 45<br />
Kinder gegen Krieg<br />
Seite 29<br />
LEBENSLINIEN<br />
RÜCKBLICKE<br />
KLASSENFOTO<br />
Am Anfang war die Brücke Seite 8<br />
Hermann Weber:<br />
Der Kreis der Architektur Seite 16<br />
Kinder der Goetheschule<br />
Seite 24
Schmuckstück!<br />
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INHALT<br />
HISTORIE<br />
Der böse Nachbar Lech........................................................................ 4<br />
RÜCKBLICKE<br />
Am Anfang war die Brücke.................................................................. 8<br />
Heute gibt es die neue Lechbrücke .................................................... 12<br />
STRASSENNAMEN<br />
Stefan-Höpfinger-Weg....................................................................... 14<br />
LEBENSLINIEN<br />
Der Kreis der Architektur................................................................... 16<br />
AKTUELLES<br />
Politik hinterlässt Spuren ................................................................... 22<br />
KLASSENFOTO<br />
Wer kennt wen?.................................................................................. 24<br />
KULTUR<br />
Die Bretter, die die Welt bedeuten .................................................... 25<br />
SCHULE<br />
Kinder gegen Krieg ............................................................................ 29<br />
Sicht auf die Stadt .............................................................................. 31<br />
LECHHAUSER LENI<br />
Woisch, was i moin? ........................................................................... 32<br />
AUFGEFALLEN<br />
Es muss vor allem mir gefallen........................................................... 34<br />
REDENSARTEN<br />
„A Drenserle zum Rumsuggla“........................................................... 38<br />
A lädscheds, babbigs Guadsle............................................................. 39<br />
An Zopf für den „Gluuschd“.............................................................. 40<br />
NATUR<br />
Fotospaziergang.................................................................................. 41<br />
MEDIZIN<br />
„Augsburger Lebensessenz“................................................................ 45<br />
TIERISCHES<br />
Dem afrikanischen Kochtopf entronnen ............................................ 48<br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen<br />
und Leser,<br />
immer mehr Menschen besinnen<br />
sich auf ihre Wurzeln, schauen<br />
nicht nur nach vorne, sondern<br />
gerne auch etwas zurück. Genau<br />
dies war die Grundlage der Überlegungen,<br />
als der erste Band der<br />
<strong>Lechhauser</strong> <strong>Geschichte</strong>(n) im Juni<br />
2004 erschien. Es entstand eine<br />
Sammelband-Reihe der <strong>Geschichte</strong><br />
eines liebenswerten<br />
Stadtteils, dessen Menschen, frühere<br />
Ereignisse und aktuelle Geschehnisse,<br />
die der Nachwelt<br />
überliefert werden sollen.<br />
ÜBERSICHT<br />
WERBEVERLAG<br />
www.herba-verlag.de<br />
Und nun haben wir bereits den<br />
27. Band. Und ganz ehrlich: die<br />
<strong>Geschichte</strong>n von und über Lechhausen<br />
sind bunter und vielfältiger<br />
als je zuvor! Dieser Heimatkundeunterricht<br />
der besonderen<br />
Art hat das Ziel, Vergangenheit<br />
und Gegenwart dieses liebenswerten<br />
Ortes auf spannende Art<br />
und Weise miteinander zu verbinden.<br />
<strong>Geschichte</strong> verbindet Generationen,<br />
und das wissen auch die<br />
Geschäftsleute, die mit ihren Inseraten<br />
den Grundstock für diese<br />
Sammelbande legen.<br />
Unter der Rubrik „Lebenslinien“<br />
lesen Sie diesmal über das ereignisreiche<br />
Leben von Stadtdirektor<br />
Hermann Weber. Aufgewachsen<br />
ist dieser in einem Siedlerhaus in<br />
der Hammerschmiede, das der<br />
Vater 1953 baute. Eine <strong>Geschichte</strong>,<br />
die weit zurück reicht, haben<br />
auch die Christköniglichen Theaterer<br />
aus der Hammerschmiede.<br />
Ihre Aufführung des vergangenen<br />
Jahres, „Camping, Grill &Seewiesa“<br />
war wieder mal ein Highlight<br />
im Pfarrheim Edith Stein.<br />
Kinder suchen Frieden. Das beweisen<br />
rote Handabdrücke von<br />
Kindern auf den in Schulen aufgehängten<br />
Leinentüchern. An der<br />
Aktion beteiligte sich auch die<br />
Schiller-Schule in Lechhausen.<br />
Lassen Sie sich beim Lesen überraschen<br />
von den vielen bunten<br />
<strong>Geschichte</strong>n, die dieser liebenswerte<br />
Stadtteil wieder für Sie parat<br />
hat – und wenn Sie Lust und<br />
Laune und selbst eine <strong>Geschichte</strong><br />
haben, die es wert ist, in Erinnerung<br />
behalten zu werden, kontaktieren<br />
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wünscht Ihnen Ihre<br />
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Simona Günter Gebauer Weiß<br />
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<strong>Geschichte</strong>(n) Lwww.lechhauser-geschichten.de<br />
Redaktionsleitung:<br />
Christine Hornischer<br />
Telefon: 0821/5071-451<br />
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ist DAS Magazin für Lechhausen.<br />
Jede <strong>Ausgabe</strong> enthält einen abwechslungsreichen Themenmix aus historischen und<br />
aktuellen Beiträgen.<br />
Christine Hornischer<br />
Die nächsten<br />
L <strong>Geschichte</strong>(n)<br />
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erscheinen<br />
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Die namentlich gekennzeichneten Beiträge stellen die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme des Verlages dar.<br />
Aktuelle Berichte und<br />
Nachrichten aus Lechhausen,<br />
der Firnhaberau und der<br />
Hammerschmiede wöchentlich<br />
in Ihrer StadtZeitung.<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 3
HISTORIE<br />
EINE LOKALHISTORISCHE RÜCKSCHAU ZWEITER TEIL<br />
DerböseNachbarLech<br />
Für Lechhausen war der Lech Jahrhunderte lang ein böser Nachbar.<br />
Heimatforscher Josef Niedermaier hat sich dieser unliebsamen<br />
Nachbarschaft angenommen. In der letzten <strong>Ausgabe</strong> haben wir die<br />
<strong>Geschichte</strong> begonnen, heute folgt der zweite Teil.<br />
Das Flößer-Denkmal steht an der Neuburger-, Ecke<br />
Quellenstraße.<br />
Amtssitz des Oberbeamten zu<br />
Lechhausen war das „Schlößle“.<br />
In der „Gründt- und Häuserbeschreibung“<br />
des Dorfes vom Oktober<br />
1687 ist erwähnt, dass „die<br />
Amtmannswohnung mitten im<br />
Dorf und aller Ort auf der<br />
Gmain“ gelegen sei. Das Verzeichnis<br />
nennt es die „Zollhofstatt“<br />
und gibt als Besitzer schon<br />
1668 und nach 1683 den Amtmann<br />
Hans Kechlhammer an.<br />
Auch der Zollamtmann von Stubenrauch<br />
wohnte und amtierte im<br />
Schlössle, ebenso sein Nachfolger<br />
von Schneeweiß.<br />
„Wetterfeste Kerle“<br />
Die Flößer mussten schon wetterfeste<br />
Kerle sein, denn ein<br />
Holztransport flussabwärts war<br />
keineswegs ein Vergnügen.<br />
Stromschnellen waren zu überwinden<br />
und zahlreiche Brücken<br />
und mehrere Wehre zu durchfahren.<br />
Der Lech aber,damals noch nicht<br />
in ein festes Bett gezwungen und<br />
daher oft seinen Lauf verändernd,<br />
wartete mit den unangenehmen<br />
Überraschungen seiner Kiesbänke<br />
auf. Lag das Floß plötzlich fest,<br />
dann gab es vielfach nur eine<br />
recht gefährliche Möglichkeit, es<br />
wieder flott zu machen. Die Flößer,<br />
zu deren Berufskleidung natürlich<br />
lange Wasserstiefel gehörten,mussten<br />
„aussteigen“ und mit<br />
den Schultern das schwere Floß<br />
„hochlupfen“, bis es wieder zum<br />
Schwimmen kam.<br />
Auch auf der Wertach wurde die<br />
Flößerei ausgeübt, wenn auch<br />
längst nicht in dem großen Umfange<br />
wie auf dem Lech. Dieser<br />
brachte in den günstigsten Zeiten<br />
drei- bis viertausend Flöße im<br />
Jahr nach Augsburg, von denen<br />
nur ein verhältnismäßig kleiner<br />
Teil weiterfuhr. Die kleinere<br />
Wertach gab sich mit etwa einem<br />
Zehntel der Zahl zufrieden. Bei<br />
ihr wirkte es sich als sehr erschwerend<br />
aus, dass die Flößer<br />
ein ganzes Dutzend verschiedener<br />
Herrschaftsgebiete durchfahren<br />
mussten, wobei es immer wieder<br />
Streitigkeiten und vor allem neue<br />
Gebühren gab. Auch für die<br />
meisten auf der Wertach schwimmenden<br />
Flöße war Augsburg<br />
Endpunkt. Sie wurden durch den<br />
Holzbach zu der Floßlände gebracht,die<br />
sich auf dem Platz des<br />
heutigen Plärrers befand und dort<br />
auseinandergenommen.<br />
Passagiere<br />
auf denFlößen<br />
Viele derWaren hatten schon den<br />
weiten Weg von Italien über die<br />
Alpen bis nach Füssen mit dem<br />
Pferdewagen hinter sich und waren<br />
dann in Füssen auf die Flöße<br />
übergeladen worden.Es kam aber<br />
auch vor,dass die Flöße Passagiere<br />
mitnahmen, die eine solche<br />
Wasserfahrt nicht nur billig, sondern<br />
vielleicht auch romantisch<br />
fanden.<br />
Lange Zeit hat es sogar eine regelmäßige<br />
Floßverbindung von<br />
Augsburg nach Wien gegeben.<br />
Allwöchentlich war an der Lände<br />
beim jetzigen Schlachthof der<br />
„Wiener Ordinari-Bot“ mit einem<br />
Floß zur Fahrt nach Wien<br />
bereit, das den Fahrgästen für die<br />
etwa eine Woche dauernde Wasserreise<br />
auch überdachte Unterkunftsräume<br />
zur Verfügung stellte.<br />
Auch Waren und Post wurden<br />
von diesem Floß mitgenommen.<br />
Von mancher Floßfahrt aus früher<br />
Zeit ist bekannt,dass sie noch<br />
über Wien hinaus bis Budapest<br />
und sogar nach der Türkei geführt<br />
hat.<br />
Besondere<br />
Privilegien<br />
Welch achtbares Gewerbe die<br />
Flößerei war, ging aus der Tatsache<br />
hervor, dass es besonderer<br />
Privilegien für diejenigen bedurfte,<br />
die es ausüben wollten. Meist<br />
Der Lech war auch schuld am Hochwasser in Lechhausen.<br />
4 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
HISTORIE<br />
Die frühere Lechbrücke bei Augsburg.<br />
waren es Generationen der gleichen<br />
Familie hintereinander, wie<br />
es auch in Zunftbestimmungen<br />
vorgeschrieben war. Danach sollten<br />
nur Söhne von Flößern als<br />
neue Floßmänner tätig werden.<br />
Dass sich den Flößern manchmal<br />
auch gekrönte Häupter, zum Beispiel<br />
zur Rückfahrt von einem in<br />
Augsburg abgehaltenen Reichstag,<br />
anvertrauten und dass die<br />
Flöße in kriegerischen Zeiten<br />
auch zur Truppenbeförderung<br />
eingesetzt wurden, waren Beweise<br />
mehr für die große Bedeutung der<br />
Flößerei.<br />
Eisenbahn als<br />
Gegner<br />
Doch war außer der Eisenbahn<br />
den Flößern noch ein anderer gewichtiger<br />
Gegner entstanden. Das<br />
war die sich immer mehr ausbreitende<br />
Industrie. Sie legten ihre<br />
neuen Betriebe vielfach an die<br />
Ufer des Lechs oder anderer bisher<br />
von den Flößern benutzte<br />
Wasserläufe, um sich die billige<br />
Wasserkraft zunutze zu machen.<br />
Das bedeutete aber die Notwendigkeit,<br />
manche bisherige Floßgasse<br />
zu sperren, um Beschädigungen<br />
der Triebwerksanlagen<br />
durch Flöße zu verhüten.<br />
Mit dem ersten Weltkrieg hörte<br />
dann die Flößerei völlig auf. Sie<br />
fand aber noch einen beinahe feierlichen<br />
Abschluss. Denn die beiden<br />
letzten Flöße, die den Lech<br />
herab fuhren, waren am 9. Juni<br />
1914 eine besondere Begrüßung<br />
für den bayerischen König Ludwig<br />
III., als dieser das nach der<br />
Hochwasserkatastrophe des Jahres<br />
1910 neu erbaute Hochablaß-<br />
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LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 5
HISTORIE<br />
NeueFloßlände<br />
„Neue Floßlände“ ist der Name<br />
für eine geplante gastronomische<br />
Nutzung im Flößerpark, die in<br />
der Verlängerung der Yorckstraße<br />
am Ufer des Lechs vorgesehen ist.<br />
Durch das Vorhaben sollen die<br />
Aufenthaltsqualität und soziale<br />
Kontrolle in der Grünanlage gestärkt<br />
und die Zugänglichkeit<br />
zum Lech verbessert werden. Die<br />
gastronomische Nutzung beinhaltet<br />
eine öffentliche WC-Anlage<br />
und richtet sich vorwiegend an<br />
die Bürger Lechhausens sowie<br />
Spaziergänger und Radfahrer am<br />
Lech. Seit vergangenen Sommer<br />
sucht die Stadt einen Pächter für<br />
die Gaststätte am Flößerpark.<br />
Die geplante Gaststätte am Lechufer<br />
soll einer der Publikumsmagneten<br />
für das Freizeitgelände wer-<br />
wehr besichtigte. Damals führten<br />
die letzten Augsburger Flößer<br />
aus der Familie Petz die Flöße<br />
über den Hochablaß.Dort wurde<br />
es ein erregendes Schauspiel, als<br />
die Flößer bei der Durchfahrt<br />
durch die Floßgasse im Gischt<br />
verschwanden,um nachher wohlbehalten<br />
wieder im Blickfeld aufzutauchen.<br />
Der König, der den<br />
Flößern noch zugerufen hatte,sie<br />
sollten Obacht geben, es sei gefährlich,belohnte<br />
sie dann für ihre<br />
eindrucksvolle Vorführung mit<br />
einer guten Bewirtung.<br />
Heute:<br />
Aktive Stadt- und<br />
Ortsteilzentren<br />
„Lechhausen“<br />
Flößerpark: Der Lech mit seinen<br />
Uferbereichen, wie etwa an der<br />
bestehenden Grünanlage zwischen<br />
der Ulrichsbrücke und<br />
Kleingartenanlage an der Radetzkystraße,<br />
gehört zu den wichtigsten<br />
Grünräumen im Stadtteil<br />
Lechhausen. Auf Grundlage des<br />
gemeinsam mit Bürgern,Vereinen<br />
und Schulen entwickelten integrierten<br />
städtebaulichen Entwicklungskonzepts<br />
plant die<br />
Stadt Augsburg, die Grünanlage<br />
an der Radetzkystraße als Aufenthaltsbereich<br />
attraktiver zu gestalten,<br />
die Zugänglichkeit zum<br />
Lech zu verbessern und die Erlebbarkeit<br />
des Flusses zu erhöhen.<br />
Hier soll der sogenannte Flößerpark<br />
entstehen.<br />
Das Projekt soll in insgesamt drei<br />
Bauabschnitten umgesetzt werden.<br />
Im Zuge des ersten Bauabschnitts<br />
wurde der Jugendspielbereich<br />
erneuert, die Ausstattung<br />
erweitert und die Wegeführung<br />
angepasst.Im zweiten und dritten<br />
Bauabschnitt sind der Umbau der<br />
Uferbereiche sowie die Schaffung<br />
eines Wasserspielplatzes am Fluss<br />
vorgesehen. Die Realisierung des<br />
zweiten Bauabschnitts ist nach<br />
Abschluss eines wasserrechtlichen<br />
Genehmigungsverfahrens ab<br />
2016 geplant.<br />
Beim Projekt Flößerpark wurde der Jugendspielbereich<br />
erneuert.<br />
Fotos: C. Hornischer<br />
6 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
HISTORIE<br />
Stadt Augsburg<br />
Strand, die im Sommer gut angenommen<br />
werden, den Graffitiiwänden,<br />
die oft künstlerisch<br />
durchaus Sehenswertes aufweisen,<br />
ist ja noch nicht allzu viel passiert.<br />
Eine Ausflugsgaststätte am<br />
Lech mit Terrasse und Biergarten<br />
würde für Lechhausen und den<br />
Flößerpark eine enorme Steigerung<br />
der Lebensqualität bedeuten.<br />
Wann man dann das erste<br />
kühle Getränk beim Rauschen<br />
des Flusses wird genießen können?<br />
Ein <strong>Lechhauser</strong> Stadtrat,<br />
der seinen Namen zumindest<br />
nicht in diesem Zusammenhang<br />
in der Zeitung lesen will, meinte<br />
süffisant: „Vor der Kommunalwahl<br />
2020 bietet sich doch eine<br />
zeitnahe Eröffnung richtig an!“<br />
Na denn Prost!<br />
Die aktuelle <strong>Geschichte</strong> wurde von<br />
Christine Hornischerergänzt.<br />
den. Man erwartet sich auch, dass<br />
durch die Belebung der Floßlände<br />
die Probleme mit Ruhestörung<br />
und Vandalismus, die momentan<br />
manchmal auftauchen, nachlassen<br />
werden.<br />
Publikumsmagnet<br />
für das<br />
Freizeitgelände<br />
Das ganze Projekt zieht sich wegen<br />
der Haushaltssituation der<br />
Stadt in die Länge. Auch die Bereitstellung<br />
der notwendigen Mittel<br />
im Haushalt 2016 ist noch<br />
nicht endgültig gesichert. Jetzt<br />
soll trotzdem mit den<br />
Planungen für die<br />
Gaststätte begonnen<br />
werden. Dazu hat die<br />
Stadt ein sog. „Interessensbekundungsverfahren“<br />
eingeleitet. Es<br />
werden ein Investor<br />
und ein Pächter gesucht.<br />
Hier Auszüge<br />
aus der Ausschreibung:<br />
„Am Standort<br />
der historischen Floßlände am<br />
Lechufer soll eine Ausflugsgaststätte<br />
errichtet werden. Für den<br />
Bau des Gebäudes und den Betrieb<br />
der gastronomischen Nutzung<br />
sucht die Stadt Augsburg ab<br />
sofort nach einem geeigneten Investor<br />
und Pächter. Das Grundstück<br />
gehört der Stadt und wird<br />
im Wege des Erbbaurechts vergeben.“<br />
Bei der ersten Ausschreibungsrunde<br />
haben nach Auskunft des<br />
Stadtplanungsamtes einige Bewerber<br />
ihr Interesse bekundet.<br />
Die Lage sei sehr positiv bewertet<br />
worden, aber es wären noch einige<br />
Detailfragen, wie die Zahl der<br />
Sitzplätze im Außenbereich, zu<br />
klären. Aus diesem Grund überarbeitet<br />
das Stadtplanungsamt<br />
die Pläne. Im<br />
Anschluss wird eine es<br />
erneute Ausschreibung<br />
geben.<br />
Das <strong>Lechhauser</strong> Publikum<br />
ist gespannt,<br />
wie die Entwicklung<br />
am Flößerpark weitergehen<br />
wird. Neben<br />
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LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 7
RÜCKBLICKE<br />
ALS LECHHAUSEN EIN GRENZORT WAR<br />
AmAnfangwardieBrücke<br />
Lechhausen war ein Grenzort. Während der unzähligen kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen im Laufe der <strong>Geschichte</strong>, in denen sich Bayern<br />
und die freie Reichsstadt Augsburg oft auf unterschiedlichen Seiten<br />
wiederfanden, lag das strategisch bedeutende Örtchen immer wieder<br />
im Brennpunkt des Interesses.<br />
älter.Verantwortlich für die Existenz<br />
der paar „Häuser am Lech“<br />
war wohl Bischof Simpert.Dieser<br />
war ein Neffe von Karl dem Großen,<br />
der dem Bistum Augsburg<br />
großzügigerweise Gebiete auf der<br />
rechten Lechseite zuschlug. Um<br />
sein so erfreulich angewachsenes<br />
Herrschaftsgebiet zusammenzuhalten,<br />
ließ Bischof Simpert 801<br />
eine Brücke über den Lech bauen,<br />
an etwa derselben Stelle, wo<br />
auch heute noch eine solche zu<br />
finden ist.<br />
Simperts Brücke<br />
über denLech<br />
Dieses Interesse bedeutete allerdings<br />
nur selten Gutes für Lechhausen,<br />
das mehr als einmal fast<br />
dem Erdboden gleichgemacht<br />
wurde.Die Nachwirkungen dieser<br />
wechselhaften <strong>Geschichte</strong> sind<br />
teilweise heute noch zu spüren.<br />
„Lechhausen war immer ein<br />
Stiefkind“, meint Maurerpolier<br />
Pöllein, der als junger Bursche<br />
mithalf,seinen Stadtteil nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg wieder aufzubauen.<br />
Urkundlich erwähnt wird das<br />
Fleckchen als „Pfarrey Lechhusen“<br />
zum ersten Mal 1143, aber<br />
wahrscheinlich ist es schon etwas<br />
Wie die erste Brücke ausgesehen<br />
haben mag, weiß heute keiner<br />
mehr.Sie war aber sicher eine genauso<br />
einfache Holzkonstruktion<br />
wie ihre Nachfolgerin aus dem<br />
18. Jahrhundert, die auf dem<br />
<strong>Lechhauser</strong><br />
Selbstwahrnehmung<br />
Er drückt damit durchaus eine<br />
weitverbreitete <strong>Lechhauser</strong><br />
Selbstwahrnehmung aus. Doch<br />
die Lage am Lech und an der<br />
Grenze war nicht nur negativ<br />
für das einstige Dorf – ganz im<br />
Gegenteil. Im Grunde ist der<br />
Fluss sogar die Ursache dafür,<br />
dass es Lechhausen überhaupt<br />
gibt.<br />
Die Lechbrücke (Ulrichsbrücke), wie sie heute aussieht.<br />
8 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
RÜCKBLICKE<br />
Kupferstich von Gabriel Bodenehr<br />
zu sehen ist. Bis zum Jahr<br />
980 war Simperts Brücke der einzige<br />
Übergang über den furtarmen<br />
Lech nahe Augsburg. Doch<br />
auch danach büßte die <strong>Lechhauser</strong><br />
Brücke ihre Wichtigkeit nicht<br />
ein. Schließlich war die wachsende<br />
Stadt auf die Güter der rechtslechischen<br />
Bauern angewiesen<br />
und über die Handelsverbindung<br />
Richtung Osten wurde die Versorgung<br />
der Stadt mit Exportgütern<br />
wie Salz, Gewürzen und<br />
Stoffen sichergestellt.Lechhausen<br />
mit seiner Brücke war also schon<br />
immer ein Verkehrsknotenpunkt,<br />
der Augsburg mit der Welt verband.Da<br />
eine Brücke eine sowohl<br />
notwendige als auch teure Angelegenheit<br />
ist, wurde flugs ein<br />
Zollhäuschen errichtet, und bald<br />
entstand auch ein kleiner Markt.<br />
Und so erwuchs nach und nach<br />
das Dörfchen „Lechhusen“. Im<br />
14.Jahrhundert bestand es aus 18<br />
Häusern, einer Pfarrkirche und<br />
drei Straßen (heute Neuburger,<br />
Brentano- und Blücherstraße).<br />
Die Lebensadern des Örtchens<br />
waren zum einen die Handelsroute<br />
nach Augsburg und zum anderen<br />
der Lech, auf dem die Flöße,<br />
aus Süden kommend,in Richtung<br />
Wien und Budapest unterwegs<br />
waren.<br />
<strong>Lechhauser</strong> Schulen gestalteten die Ulrichsbrücke.<br />
EntnommendemBuch„Lechhausen<br />
inBildern:100JahreEingemeindung“vomWißner-Verlag<br />
(www.wissner.com)<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 9
RÜCKBLICKE<br />
Lechhausen damals …<br />
… und heute.<br />
10 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
RÜCKBLICKE<br />
VERKEHRSGESCHICHTE<br />
DieVerkehrsgeschichtedamals<br />
undheuteimVergleich<br />
Wie sich die Verkehrsanbindung zwischen Augsburg und Lechhausen<br />
entwickelte und wie dadurch die beiden Orte zusammenwuchsen.<br />
Der erste Brückenschlag an der Oberbayerisch-Schwäbischen Grenze<br />
erfolgte 801 n. Christus. Die einzige Alternative damals war die<br />
Übersetzung mit dem Förgen (Fährmann) – fast unvorstellbar heute.<br />
Ein erster Brückenschlag über<br />
den Lech erfolgte schon 801 n.<br />
Chr. unter Bischof Simpert von<br />
Augsburg.Da der Lech die historische<br />
Grenze zwischen Oberbayern<br />
und Schwaben ist, wurde<br />
Brückenzoll erhoben. Bis zum<br />
Brückenschlag war die kleine Ansiedlung<br />
nur über mehrere Furten<br />
zu erreichen oder man musste<br />
sich vom „Förgen“ (Fährmann)<br />
über den Fluss setzen lassen.1807<br />
wurde die erste <strong>Lechhauser</strong> Brücke<br />
geschlagen an deren Stelle<br />
heute die Ulrichsbrücke steht.<br />
Am 1. Oktober 1881 wurde die<br />
erste Pferdebahn von Augsburg<br />
nach Lechhausen feierlich in Betrieb<br />
genommen und 1898 elektrifiziert.<br />
Die Stadt Augsburg übernahm<br />
1908 den bis dahin in privatem<br />
Besitz befindlichen Straßenbahnbetrieb.<br />
Eine erste gasbetriebene<br />
Straßenbeleuchtung wurde 1882<br />
in der heutigen Neuburger Straße<br />
installiert, die jedoch aus Sparsamkeit<br />
bei „klarem Firmament<br />
und bei Mondschein“ abgestellt<br />
wurde.1902 erfolgte die Umstellung<br />
der Gaslaternen auf elektrischen<br />
Strom.<br />
1925 begann man mit dem Bau<br />
der Güterverkehrslinie der Augsburger<br />
Localbahn nach Lechhausen.<br />
Im Zuge der Baumaßnahmen<br />
kam es zur Errichtung der<br />
größten Localbahnbrücke über<br />
den Lech, mit einer Spannweite<br />
von 118 Metern und einem Gewicht<br />
von 300 Tonnen. Lechhausen<br />
ist heute mit mehreren Buslinien<br />
und der Straßenbahnlinie 1<br />
in den ÖPNV eingebunden. Der<br />
nächste Autobahnanschluss ist<br />
die Ausfahrt Augsburg-Ost sowie<br />
die Ausfahrt Friedberg / Mering<br />
an der A8. Drei Brücken für den<br />
Individualverkehr, sowie eine Eisenbahnbrücke<br />
für den Güterverkehr<br />
führen von Lechhausen über<br />
den Lech. Die ausgedehnten Industriegebiete<br />
sind an das Gleisnetz<br />
der Localbahn angeschlossen.<br />
Des Weiteren befindet sich<br />
der Augsburger Flughafen in direkter<br />
Nachbarschaft zum Stadtteil.<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 11
RÜCKBLICKE<br />
HISTORISCHE STADTGESCHICHTE<br />
HeutegibtesdieneueLechbrücke<br />
Heute ist Lechhausen ein florierender Stadtteil mit mit einer<br />
Einwohnerzahl von rund 33.900. Eine riesige Entwicklung von dem<br />
kleinen Grenzort bis zum bevölkerungsreichsten Stadtteil Augsburgs.<br />
Lechhausen<br />
ausRache<br />
niedergebrannt<br />
Die Pest,strenge Winter und trockene<br />
Sommer führten zur zunehmenden<br />
Verarmung Lechhausens.<br />
Am 12. März 1362 ließ der<br />
Ritter Hans von Schwenningen<br />
ganz Lechhausen niederbrennen,<br />
um damit seinen in Augsburg<br />
hingerichteten Bruder zu rächen.<br />
Zehn Jahre später wurde das nunmehr<br />
vollkommen verarmte Dorf<br />
dem Augsburger Kriegsobersten<br />
Nördlinger für 875 Gulden verkauft.<br />
Von Christine Hornischer<br />
Die Fläche des florierenden<br />
Stadtteils beträgt heute etwa<br />
10,5 km².Er umfasst die Stadtbezirke<br />
25 (Lechhausen-Süd), <strong>26</strong><br />
(Lechhausen-Ost) und 27 (Lechhausen-West)<br />
und stellt somit<br />
den PlanungsraumVI dar.<br />
Lechhausen erstmals urkundlich<br />
erwähnt, als Amalbertus,„nobilis<br />
homo de Lechhusen“ einen Teil<br />
seines Besitzes an das Kloster<br />
Wessobrunn übergab. Das Dorf,<br />
das um diese Zeit weniger als 20<br />
Häuser zählte, wechselte mehrmals<br />
die Besitzer.<br />
Das Domstift Augsburg übernahm<br />
1395 den Besitz von Lechhausen.<br />
In der Folgezeit kam es<br />
zu Auseinandersetzungen zwischen<br />
der Reichsstadt Augsburg<br />
und den bayerischen Herzögen<br />
um den Besitz von Lechhausen,<br />
in denen Lechhausen 1462 in<br />
Flammen aufging. In der Folge<br />
wurde das Dorf auf Weisung<br />
Friedrichs III. dem Landgericht<br />
Friedberg unterstellt.<br />
Lange <strong>Geschichte</strong><br />
Die lange <strong>Geschichte</strong> haben Katharina<br />
Maier und Bernd Wißner<br />
vom Wißner-Verlag mit ihrer<br />
<strong>Geschichte</strong> „Am Anfang war die<br />
Brücke“ anschaulich aufgearbeitet.<br />
Nochmal in ganz kurzen<br />
Worten: Um 800 wurde bei<br />
Lechhausen, das sich im Besitz<br />
des Bischofs Simpert von Augsburg<br />
befand, eine Brücke über<br />
den Lech geschlagen,um die dort<br />
befindlichen Grasflächen beweiden<br />
zu können. Die Errichtung<br />
von Hütten für die Hirten wurde<br />
veranlasst. Im Jahre 1130 wurde<br />
12 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
RÜCKBLICKE<br />
Stadterhebung<br />
Zur Stadt wurde Lechhausen am<br />
1. Januar 1900 erhoben. Rot-blau<br />
war die Stadtfahne,und ein Wappen<br />
kündete von der neuen Würde.<br />
Ein halbes Jahr später wurde<br />
übrigens die Städtische Sparkasse<br />
Lechhausen gegründet. Ein verheerendes<br />
Hochwasser suchte die<br />
Stadt am 16.Juni 1910 heim.Die<br />
erlittenen Schäden und dringlich<br />
gewordene Investitionen in die<br />
Wasserversorgung, Kanalisation,<br />
Krankenhausbau und Straßenbau<br />
ließen den Gedanken an einen<br />
Anschluss an Augsburg reifen.<br />
Am 1. Januar 1913 wurde die<br />
Stadt Lechhausen mit 2800 ha<br />
Fläche und etwa 18.500 Einwohnern<br />
vom oberbayerischen Bezirksamt<br />
Friedberg abgetrennt<br />
und in die schwäbische Regierungshauptstadt<br />
Augsburg eingegliedert,<br />
die damit ihre Fläche<br />
mehr als verdoppelt.<br />
Zerstörung im<br />
ZweitenWeltkrieg<br />
In der Nacht zum <strong>26</strong>. Februar<br />
1944 wurde die Stadt Augsburg<br />
von britischen Bomberverbänden<br />
angegriffen. Der Stadtteil Lechhausen<br />
wurde hierbei am<br />
schwersten getroffen.<br />
Um 22.40 Uhr fielen die ersten<br />
Bomben, ein zweiter Angriff erfolgte<br />
um 1 Uhr nachts.730 Tote<br />
und 1.335 Verletzte waren die<br />
Opfer dieses Angriffs,90.000 waren<br />
obdachlos.Insgesamt wurden<br />
2.700 Gebäude mit 12.400 Wohnungen<br />
und 380 Industriegebäude<br />
zerstört.<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 13
STRASSENNAMEN<br />
EHRUNG<br />
Stefan-Höpfinger-Weg<br />
Der Lechuferweg wurde im Rahmen eines Festaktes in den<br />
Stefan-Höpfinger-Weg umgetauft. Damit ehrte die Stadt Augsburg<br />
einen ihrer verdienten Bürger.<br />
Von Christine Hornischer<br />
Erst im Februar 2016 gab es einen<br />
Festakt zur Eröffnung des<br />
Stefan-Höpfinger-Weges, ehemals<br />
nur der Lechuferweg. Zu<br />
Ehren eines großen Augsburgers<br />
– Stefan Höpfinger, Augsburger<br />
Stadtrat und Staatssekretär im<br />
Bundesarbeitsministerium,wurde<br />
mit der Benennung des Lechuferweges<br />
in der Firnhaberau das Lebenswerk<br />
von Stefan Höpfinger<br />
in idealerWeise gewürdigt.<br />
Stefan Höpfinger wurde am<br />
6. September 1925 in Kraiburg<br />
am Inn geboren und starb am<br />
16. Februar 2004 in Augsburg.Er<br />
wirkte unter anderem als Augsburger<br />
Stadtrat (1963 bis 1971),<br />
als Bayerischer Landtagsabgeordneter<br />
(1969 bis 1976) und als<br />
Bundestagsabgeordneter (1976<br />
bis 1990).<br />
Arbeits- und<br />
Sozialpolitik<br />
Geprägt durch sein religiöses Elternhaus,<br />
seine Kriegserlebnisse,<br />
seine harte Arbeit als Bergmann<br />
unter Tage und sein Engagement<br />
in der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung<br />
(KAB) legte Stefan<br />
Höpfinger den Schwerpunkt<br />
Dieser Lechuferweg beim Wolfzahnau-Wehr, an dem ein neues Wasserkraftwerk seinen<br />
Betrieb aufgenommen hat, wurde in Stefan-Höpfinger-Weg umbenannt. Fotos: C. Hornischer<br />
14 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
STRASSENNAMEN<br />
seiner politischen Tätigkeit auf<br />
die Arbeits- und Sozialpolitik.<br />
Bundeskanzler Helmut Kohl berief<br />
ihn am 4.April 1984 als Parlamentarischen<br />
Staatssekretär<br />
beim Bundesminister für Arbeit<br />
und Sozialordnung in sein Kabinett.<br />
Zu seinen größten Erfolgen zählten<br />
die Anerkennung von Erziehungszeiten<br />
bei der Rentenberechnung<br />
und die Einführung des<br />
Erziehungsgeldes.<br />
Bundesverdienstkreuz<br />
Er erhielt den Bayerischen Verdienstorden<br />
(1979), das Bundesverdienstkreuz<br />
Erster Klasse<br />
(1984) und das Große Bundesverdienstkreuz<br />
mit Stern (1989).<br />
Stefan Höpfinger lebte von 1959<br />
bis zu seinemTod 2004 im Stadtbezirk<br />
Firnhaberau und ging auf<br />
dem dortigen Lechuferweg regelmäßig<br />
spazieren.<br />
An diesem Lechuferweg hat beim<br />
Wolfzahnau-Wehr ein neues<br />
Wasserkraftwerk seinen Betrieb<br />
aufgenommen. Die Anlage soll<br />
eine amtliche Adresse erhalten,<br />
damit sie im Notfall problemlos<br />
gefunden wird. Dazu ist eine<br />
Straßenbenennung des Weges<br />
zweckmäßig. Und so bekam der<br />
Lechuferweg den Namen Stefan-<br />
Höpfinger-Weg.<br />
Würdiger Festakt<br />
Oberbürgermeister Dr. Kurt<br />
Gribl, Staatssekretär und Augsburgs<br />
CSU-Boss Johannes Hintersberger,<br />
CSU-Seniorenunion<br />
Bezirksvorsitzender Heinrich<br />
Bachmann, Monsignore Anton<br />
Schmid, Bezirksrat Erwin Gerblinger,<br />
KAB – Diözösan Vorsitzender<br />
Lothar Roser, KAB – Sekretär<br />
Alfred Brendle,Stadtdirektor<br />
Hermann Weber, Stadtrat<br />
Max Weinkamm, Stadtrat Klaus<br />
Dieter Huber und die Nachkommen<br />
Stefan Höpfingers, Tochter<br />
Elisabeth Rosenkranz und Sohn<br />
Stephan Höpfinger, Wilfried<br />
Matzke von der Stadtverwaltung<br />
und viele Mitglieder der Seniorenunion<br />
und der Katholischen<br />
Arbeitnehmerbewegung (KAB)<br />
waren gekommen um dem Festakt<br />
den würdigen Rahmen zu geben.<br />
Bodenständiger<br />
Mann<br />
Oberbürgermeister Dr. Kurt<br />
Gribl und Staatssekretär Joahnnes<br />
Hintersberger hoben in ihrer<br />
Laudatio die großen Verdienste<br />
Stefan Höpingers hervor, die er<br />
für die Stadt Augsburg leistete,<br />
aber immer ein bodenständiger<br />
Mann blieb. Monsignore Anton<br />
Schmid sprach ein Gebet ehe<br />
Oberbürgermeister Dr. Kurt<br />
Gribl und Staatssekretär Johannes<br />
Hintersberger zusammen mit<br />
den Nachkommen Höpfingers<br />
Elisabeth Rosenkranz und Stephan<br />
Höpfinger das Straßenschild<br />
seiner Bestimmung übergaben.<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 15
LEBENSLINIEN<br />
HERMANN WEBER<br />
DerKreisderArchitektur<br />
Begonnen hat alles in einem Siedlerhaus in der Hammerschmiede.<br />
Über die Architektur in den Stadtrat und später zum Bürgermeister<br />
... die <strong>Lechhauser</strong> <strong>Geschichte</strong>(n) haben bei Stadtdirektor<br />
Hermann Weber nachgefragt, was denn das Geheimnis seiner<br />
Erfolgsgeschichte ist.<br />
drei Familien vermieten konnte.<br />
Übrigens hat er im Jahre 1978 daneben<br />
gebaut, wohnt also heute<br />
noch auf dem gleichen Areal, auf<br />
dem er bereits als kleines Kind<br />
getobt hat.<br />
Welch schöne Kindheit er hatte, beweist Hermann Weber<br />
mit diesem Foto vor dem väterlichen Siedlerhäuschen.<br />
Das erste existierende Foto<br />
von Hermann Weber. „Früher<br />
hat man nicht so viel<br />
fotografiert“, sagt er.<br />
Von Christine Hornischer<br />
Zwar wurde Hermann Weber im<br />
Wöchnerinnenheim (das Wöchnerinnenheim<br />
in Augsburg war<br />
jahrzehntelang die Entbindungsstätte<br />
der Augsburger Mütter.<br />
Anfang der 70er Jahre wurde es<br />
geschlossen) geboren. Aufgewachsen<br />
ist er dann aber in einem<br />
Siedlerhaus in der Hammerschmiede,<br />
das der Vater 1953<br />
baute. Beim Bau war Hermann<br />
zwei Jahre alt und so wurde wohl<br />
sein späterer Berufswunsch „Irgendwas<br />
mit Bau“ geweckt.<br />
„Bauarbeiter bauen<br />
für Bauarbeiter“<br />
Das Siedlerhaus steht noch heute.<br />
HermannWeber hat es im letzten<br />
Jahr so ausgebaut, dass er es an<br />
Der Bau des Siedlerhauses ist<br />
ihm noch sehr lebendig in Erinnerung.Damals<br />
war es so,dass die<br />
Siedler viel Eigenleistung erbrachten.<br />
Motto damals war:<br />
„Bauarbeiter bauen für Bauarbeiter“.<br />
Die zukünftigen Mieter hatten<br />
500 Mark und 500 Arbeitsstunden<br />
einzubringen, die späteren<br />
Eigentümer mussten 1000<br />
Mark und 1000 Arbeitsstunden<br />
einbringen. Dann wurden die<br />
Häuser verlost – man wusste also<br />
nie im Voraus, in welchem Haus<br />
man wohnen würde. Aber nachdem<br />
ja alle gleich aussahen, war<br />
das egal.<br />
BunteFarben<br />
Wenn der heutige Stadtdirektor<br />
an seine Kindheit denkt, muss er<br />
schmunzeln. Auf dem Grundstück,<br />
wo die Kinder spielten,<br />
floss nämlich der Siebenbrunnenbach.Und<br />
der kam direkt von der<br />
Prinzdruckerei. Je nachdem, mit<br />
welcher Farbe da gerade gedruckt<br />
wurde, hatten die Kinder grüne,<br />
rote oder auch blaue und gelbe<br />
Füße. Der Prinz-Betrieb befand<br />
sich am östlichen Rand Lechhausens.Wie<br />
der Name schon besagt,<br />
hatte die Fabrik einen Vorläufer:<br />
die Färberei und Appreturanstalt<br />
Heinrich Prinz.Dessen Vater war<br />
der Begründer der „Prinz-Dynastie“<br />
in Augsburg. Er erhielt im<br />
Dezember 1835 die Heiratserlaubnis<br />
mit einer Augsburgerin<br />
und die Gewerbekonzession.<br />
Aber weiter zur Kindheit in der<br />
Hammerschmiede: „Ich hatte eine<br />
sehr glückliche Kindheit“, sagt<br />
16 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
LEBENSLINIEN<br />
Er berechnete die Statik (ein Teil<br />
des Architekturstudiums), übernahm<br />
die Kanalarbeiten, die Bodenplatten<br />
und anderes mehr. Die<br />
Damals gab es in der Hammerschmiede noch genügend<br />
Platz zum Tollen.<br />
Hermann Weber rückblickend.<br />
Die damalige Volksschule in der<br />
Hammerschmiede war für Hermann<br />
Weber der Start in die Welt<br />
der Finanzen und Zahlen. Aber<br />
nicht – wie man vielleicht meinen<br />
könnte – gleich am Anfang. Im<br />
Gegenteil, „anfangs mochte ich<br />
Mathematik überhaupt nicht“,<br />
gesteht der frühere Bürgermeister.<br />
Und er erinnert sich: „Unser Rektor<br />
fragte am Morgen immer<br />
Zahlenreihen aus – ich habe mich<br />
da immer weggeduckt, ich war<br />
einfach in Mathematik nicht<br />
gut.“<br />
Förderung und<br />
Forderung<br />
Das änderte sich erst in der<br />
7. Klasse, als Lehrer Oberstein<br />
den Jungen förderte und forderte.<br />
Plötzlich war da ein Interesse an<br />
Zahlen, das sich bis heute durchgesetzt<br />
hat. Trotzdem wollte Hermann<br />
damals unbedingt am Bau<br />
lernen. „Das war mein Traumberuf“,<br />
sagt er.<br />
Vom 1. August 1965 bis 1968 absolvierte<br />
er denn also eine Lehre<br />
zum Betonbauer bei Thosti. Damals<br />
lernte er auch seinen heutigen<br />
Freund Werner Schüßler<br />
(Der Vater der Profisportlerin<br />
und amtierenden Weltmeisterin<br />
im Boxen, Tina Schüßler) kennen.<br />
Eine Freundschaft, die ein<br />
ganzes Leben gehalten hat.<br />
Bereits während der Lehre besuchte<br />
Hermann Weber die Abendschule<br />
und machte sein Fachabitur<br />
nach. Bereits im jungen Alter<br />
von 21 konnte er dann sein<br />
Architekturstudium abschließen.<br />
Aber das Bauen ließ ihn nicht los.<br />
Gleichzeitig nämlich kaufte er<br />
sich im Sechsfamilienhaus, das<br />
sein Vater damals baute, eine<br />
Wohnung. Und da er noch keine<br />
Ersparnisse vorweisen konnte, bezahlte<br />
er die Hälfte seiner Wohnung<br />
mit Eigenleistung.<br />
Lechhausen<br />
ist liebens- und<br />
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Lechhausen<br />
hat´s!<br />
„<strong>Lechhauser</strong><br />
<strong>Geschichte</strong>(n)“ Band 27<br />
zeigt wieder unseren aufstrebenden<br />
Stadtteil mit allerlei Wissenswertem<br />
aus der jüngeren und älteren<br />
Vergangenheit.<br />
Viel Spaß beim Lesen und Leben in Lechhausen.<br />
Ihre SPD-Lechhausen und Ihre Stadträte<br />
Sieglinde Wisniewski<br />
Hüseyin Yalcin<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 17
LEBENSLINIEN<br />
andere Hälfte des einzubringenden<br />
Geldes – 28.000 Mark – finanzierte<br />
dann die Bank.<br />
Soziales<br />
Engagement<br />
Ebenfalls während des Studiums<br />
heiratete Hermann Weber seine<br />
Angelika.Eine Liebe,die bis heute<br />
anhält.Und das im zarten Alter<br />
von 21 Jahren. Der Stadtdirektor<br />
wusste halt schon immer, was er<br />
wollte.Nach dem Studium klopfte<br />
die Bundeswehr an die Tür.<br />
Die Gebirgsraketenartillerie in<br />
Landsberg am Lech rief und<br />
HermannWeber kam.<br />
Schon während seiner Dienstzeit<br />
fungierte er als Vertrauensmann<br />
(eine Art Betriebsrat) und zeigte<br />
somit sein soziales Engagement,<br />
das somit im Jahre 1972 an die<br />
Oberfläche seines Wirkens trat<br />
und bisher nicht verschwunden<br />
ist. Nach der Bundeswehr arbeitete<br />
Hermann Weber fünf Jahre<br />
lang als Statiker.Die Mathematik<br />
hatte ihn gepackt und hier konnte<br />
er seine mathematischen Kenntnisse<br />
unter Beweis stellen und<br />
verfeinern. „Beispielsweise das<br />
Hochbauteil am Klinikum habe<br />
ich berechnet“, erinnert er sich<br />
stolz.<br />
Im Jahr 1994 gründete Hermann<br />
Weber zusammen mit acht weiteren<br />
Wirtschaftsvertretern einen<br />
Kindergartenverein, weil es damals<br />
zu wenige Kindergartenplätze<br />
gab. An der Dr. Otto Meyer<br />
Straße wurde dann ein fünf-gruppiger<br />
Kindergarten für 125 Kinder<br />
eingerichtet. Die Verwaltung<br />
der 14 Mitarbeiterinnen hat Hermann<br />
Weber 19 Jahre ehrenamtlich<br />
geleitet.<br />
DerVater ruft<br />
Von 1978 bis 1990 ging Hermann<br />
Weber in die Staatsbauverwaltung.<br />
Die Bayerische Staatsbauverwaltung,<br />
an ihrer Spitze<br />
damals die Oberfinanzdirektion,<br />
gehörte zum Bayerischen Finanzministerium.Dort<br />
war der Architekt<br />
aus der Hammerschmiede<br />
für die Wohnungen und Häuser<br />
der Amerikaner – vom Entwurf<br />
bis zur Vergabe in einer Hand –<br />
verantwortlich.<br />
Seine Bundeswehrzeit absolvierte Hermann Weber in Landsberg am Lech.<br />
18 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
LEBENSLINIEN<br />
Hermann und Angelika Weber mit zweien ihrer drei Kinder<br />
– daneben Stadtrat und späterer Bundestagsabgeordneter<br />
Stefan Höpfinger.<br />
festlegt. Alltägliche Angelegenheiten<br />
regeln die Verwaltung und<br />
ihr höchster Repräsentant, der<br />
Oberbürgermeister, in alleiniger<br />
Zuständigkeit.<br />
Bis zum Jahre 2008 war der Architekt<br />
aus der Hammerschmiede<br />
im Stadtrat, dann musste er ihn<br />
verlassen, weil er sich berufsmäßig<br />
für das Bürgermeisteramt entschied.<br />
Auch seine geliebte Architektur<br />
musste ruhen. „Aber meine<br />
Aufgabe als Bürgermeister war es<br />
wert“, lacht er. Hier konnte er<br />
auch seine soziale Komponente<br />
ausleben.<br />
Polit-Gerangel<br />
Das Polit-Gerangel, das sich in<br />
den folgenden Jahren breitmachte,<br />
ist für die <strong>Lechhauser</strong> Ge-<br />
Noch während des Studiums heiratete Hermann Weber<br />
seine Angelika.<br />
Ab 1990 rief ihn der Vater ins elterliche<br />
Architekturbüro. Wie es<br />
sich für einen guten Sohn gehört,<br />
kam Hermann Weber zurück.<br />
Und hat es nie bereut. „Architektur<br />
ist und bleibt meine Leidenschaft“,<br />
sagt er noch heute. In dieser<br />
Zeit hat sich der frühere Bürgermeister<br />
auch mit dem<br />
3D-Programm Nemetschek beschäftigt.<br />
Die Architektur stand<br />
vor tiefgreifenden Veränderungen:<br />
Digitalisierung und mobile Lösungen<br />
revolutionierten Arbeitswelten<br />
und Arbeitsverständnis.<br />
2005 hat er dann von zu Hause<br />
gearbeitet – durch die moderne<br />
Technik ist Homeoffice keine<br />
Seltenheit. „Und das Zeichnen<br />
mit Nemetschek ging viel schneller<br />
als mit der Hand“, verrät er.<br />
Nur: „Mein Vater war so fit, der<br />
konnte das auch wirklich mit der<br />
Hand so schnell.“<br />
1978 machte Hermann Weber<br />
seinen ersten Wahlkampf mit –<br />
beim CSU-Ortsverein. „Bayern –<br />
das sind Menschen voller Kreativität<br />
und Tatkraft, die ihre Zukunft<br />
selbst in die Hand nehmen“,<br />
so heißt es auf der Homepage<br />
der CSU. Ein Ausspruch,<br />
dem sich Hermann Weber wohl<br />
voll und ganz anschließen kann.<br />
Hat er doch sein Leben selbst so<br />
gelebt.<br />
Der Stadtrat und<br />
die Belange<br />
Augsburgs<br />
1984 war es so weit: Hermann<br />
Weber kam in den Stadtrat. Dazu<br />
eine kurze Information: Die Belange<br />
Augsburgs liegen in den<br />
Händen von Stadtrat und Stadtverwaltung.<br />
Beide werden vom<br />
Oberbürgermeister geleitet. Der<br />
Stadtrat (60 Sitze) als politische<br />
Vertretung der Bürger ist das<br />
höchste Gremium, das über alle<br />
wichtigen Angelegenheiten entscheidet<br />
und die Grundsätze und<br />
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LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 19
LEBENSLINIEN<br />
1978 machte Hermann Weber seinen ersten Wahlkampf<br />
mit. Im Bild zu sehen auch der bayrische Sozialminister<br />
Fritz Pirkl (3.v.l.).<br />
Die Familien Weber und Schüßler verbindet seit dem<br />
Jahre 1965 eine innige Freundschaft.<br />
schichte(n) nicht von Interesse.<br />
Nur so viel: Der 65-Jährige hat<br />
als versierter Kommunalpolitiker<br />
seine Fähigkeiten über politische<br />
Lager hinweg bewiesen – zuletzt<br />
als Finanzreferent. Nach seinem<br />
Bürgermeisteramt holte ihn<br />
Oberbürgermeister Dr. Kurt<br />
Gribl in die Stadtverwaltung.<br />
Viele schimpften über diese Tatsache<br />
und bezeichneten sie gar als<br />
„Vetternwirtschaft“. Doch Fakt<br />
ist: Weber kennt sich bestens in<br />
der Stadtverwaltung aus, ist gut<br />
vernetzt und musste sich nicht<br />
einarbeiten. Er ist fachlich und<br />
menschlich anerkannt. Für seinen<br />
neuen Job brachte er also alleVoraussetzungen<br />
mit.<br />
Sicherlich nicht geschadet hat<br />
ihm aber sein guter Draht zum<br />
Oberbürgermeister. Weber war in<br />
seiner Zeit als CSU-Fraktionschef<br />
führend an Kurt Gribls Anwerbung<br />
als OB-Kandidat beteiligt.<br />
Aus dieser Zeit erzählt er<br />
auch gern: „Johannes Hintersberger,<br />
Dr. Christian Ruck, Bernd<br />
Kränzle und ich haben Gribl zum<br />
Oberbürgermeister-Kandidaten<br />
vorgeschlagen“, verrät er. Er<br />
kannte Dr. Kurt Gribl aus seiner<br />
Zeit als Architekt. Damals hatte<br />
er oft mit dem Rechtsanwalt Dr.<br />
Gribl zu tun.<br />
MisterX<br />
„Er hatte einfach Charisma“, erzählt<br />
er. Also kürten ihn die vier<br />
CSU’ler in einer konspirativen<br />
Sitzung zum Oberbürgermeister-<br />
Kandidaten. Mister X, wie er damals<br />
in der Presse genannt wurde,<br />
war geboren.„Irgendwann mussten<br />
wir dem Druck der Presse<br />
weichen und haben seinen Namen<br />
verraten“, lacht der Stadtdirektor.<br />
Als solcher hat er natürlich auch<br />
viel mit dem Baureferenten Gerd<br />
Merkle zu tun – in diesem Fach<br />
kennt er sich ja bestens aus. Hermann<br />
Weber gesteht augenzwinkernd,dass<br />
er keine Ampeln mag.<br />
„Augsburg hat genug Ampeln“,<br />
tut er seine Meinung kund. Und<br />
wenn neue rot-gelb-grüne„Ungetüme“<br />
errichtet werden sollen,„ist<br />
halt im Haushalt kein Geld vorhanden“,feixt<br />
der CSM-Politiker,<br />
der aber immer die soziale Komponente<br />
im Auge behält.<br />
GeradlinigerWeg<br />
Genau aus diesem Grund war<br />
Hermann Weber auch bei der<br />
CSA tätig. Die CSA wird auch<br />
als Sozialer Motor der CSU bezeichnet.Sie<br />
setzt sich für die Interessen<br />
aller Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer ein.Dort lernte<br />
Weber beispielsweise Horst<br />
Seehofer kennen – worauf er sehr<br />
stolz ist. Auch wenn dieser sehr<br />
umstritten ist… aber er geht seinen<br />
Weg sehr geradlinig. Genau<br />
wie HermannWeber.<br />
„Ich bereue keine Minute“,freut<br />
sich der 65-Jährige. Vielleicht<br />
würde er heute noch ein Zusatzstudium<br />
zum Baurecht anhängen,<br />
wenn er nochmal die Wahl hätte,<br />
überlegt er. Aber die Architektur<br />
mache ihm nach wie vor unheimlichen<br />
Spaß. Auch könne er sich<br />
vorstellen,nach seiner Pensionierung<br />
Autor zu werden. „Den<br />
Spaß am Schreiben habe ich auf<br />
jeden Fall“, blickt er in die Zukunft.<br />
Langeweile –<br />
was ist das?<br />
Das Ehepaar Hermann und<br />
Angelika Weber – seit 44<br />
Jahren glücklich verheiratet.<br />
Nach wie vor pflegt er auch seine<br />
Freundschaft zu Werner Schüßler.<br />
Das Geheimnis dabei: „Wir<br />
haben immer Geld und Freundschaft<br />
getrennt“.Langweilig wird<br />
es Hermann Weber bestimmt<br />
nicht. Ein Hobby von ihm, das<br />
sich noch erweitern lässt, ist die<br />
Musik.<br />
Klarinette und Gitarre – die beiden<br />
Instrumente beherrscht der<br />
Stadtdirektor, was er auch schon<br />
beim Mitarbeiterfest der Stadt<br />
Augsburg unter Beweis stellte.<br />
Damals wurden Politiker und<br />
Stadtangestellte gesucht, die ein<br />
Instrument beherrschen. „Wir<br />
brachten drei verschiedene Bands<br />
zusammen“, erzählt Hermann<br />
Weber.Und weil„man sein Leben<br />
lang lernt“, hat der ehemalige<br />
Bürgermeister jetzt ein Saxophon<br />
erworben.Seinen Ruhestand wird<br />
er wohl mal eher als Unruhestand<br />
feiern ...<br />
20 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
AKTUELLES<br />
GRIECHISCHE KÜCHE AUF HOHEM NIVEAU<br />
Der„Neue“Ludwigshof<br />
Erst seit kurzem ist es offen, das neue Highlight unter den eh nicht<br />
gerade vielfältigen Restaurants in Lechhausen. Aus einer früheren<br />
Vorstadtkneipe wurde ein wunderbares Restaurant mit einer bisher<br />
unbekannten Küche.<br />
Die Besucher sind begeistert was<br />
Koch Grigorios genannt Greg<br />
Ntamaris und sein Team auf den<br />
Tisch zaubern. Weit entfernt von<br />
der sog. klassischen griechischen<br />
Küche mit Gyros oder Souvlaki<br />
kreiert er bisher unbekannte<br />
Köstlichkeiten auf denTisch.Dabei<br />
versucht er durchaus griechisch<br />
– Klassisches und eine<br />
kreativ – moderne Küche zu verbinden.<br />
Kompetenz, Kreativität<br />
und Passion – das verbindet man<br />
hier mit Küche und Lust am Essen.<br />
Das soll im „neuen“ Ludwigshof<br />
verwirklicht werden.<br />
Man muss sich einlassen, probieren<br />
und mit allen Sinnen genießen.<br />
Auf der Facebookseite des<br />
Restaurants schreibt ein Besucher:<br />
„Der besondere Grieche.<br />
Das Essen ein Traum,Preis Leistung<br />
einfach geil und Koch und<br />
Chef ein toller Mann und Familienmensch.<br />
Ich bin begeistert,<br />
macht weiter so und Leute ...probiert<br />
es einfach aus!!!“<br />
Schon bei den Vorspeisen erlebt<br />
man diese kreative Mischung.Eine<br />
schwarze Taramas (Fischrogenmousse)<br />
erfreut Auge und<br />
Gaumen, die Rote Tsatsiki mit<br />
Roter Beete ist weit von sonst<br />
Gewohntem entfernt.Saganaki –<br />
Garidas – ein Gericht mit Garnelen,Miesmuscheln,Tomaten<br />
und<br />
Käse macht Appetit auf mehr.<br />
Und es wird auch munter experimentiert.<br />
So gibt es bald einen<br />
Leberkäse-Burger.Nach dem ersten<br />
Staunen sind selbst eingefleischte<br />
Burgerfans von der<br />
Komposition überrascht. Für Salatfans<br />
ist nicht nur der Caesar’s<br />
Salad aus Romanasalatherzen,<br />
Radicchio,Steifen vom Teriyaki –<br />
Hähnchen mit einem Miso – Mirin<br />
Dressing und Croutons eine<br />
Gaumenfreude. Ein tägliches<br />
wechselndes Angebot eines Pastagerichts<br />
lässt einige Überraschungen<br />
erwarten.Die Spaghetti Diavolo<br />
mit Spiegelei sind eine dieser<br />
positiven Überraschungen.<br />
Die Einrichtung ist stilvoll und<br />
harmoniert mit der Idee und dem<br />
Angebot des kleinen Restaurants.<br />
Bereitwillig erklärt Greg Ntamaris<br />
seine Speisen.Er will ein offenes<br />
Haus, offen für Kommunikation,<br />
für Anregungen und Kritik,<br />
zum gemeinsamen Essen und<br />
Trinken. Er will seine Gäste von<br />
Neuem überzeugen, ihre Anregungen<br />
annehmen. Dadurch will<br />
er immer besser werden,Neues zu<br />
entwickeln!<br />
Einige Parkplätze sind vorhanden,<br />
es empfiehlt sich aber eher<br />
das Restaurant in der Lützowstraße<br />
9 mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
zu besuchen. Von<br />
der Haltestelle Ulrichsbrücke<br />
(Tram Linie 1, Bus Linien 22, 23<br />
und 46) sind es nur 2 Minuten zu<br />
einem köstlichen Mittag- oder<br />
Abendessen. Der „Neue“ Ludwigshof<br />
ist geöffnet von Dienstag<br />
bis Freitag von 11–14.30 Uhr und<br />
von 17.30 Uhr bis 23 Uhr. Am<br />
Samstag und Sonntag gibt es<br />
durchgehend von 11–23 Uhr die<br />
Möglichkeit, die Köstlichkeiten<br />
zu probieren.Telefonische Reservierung<br />
unter 08217473878.<br />
Meeresfrüchte, Steaks und<br />
Fleisch umfasst das abwechslungsreiche<br />
aber nicht überladene<br />
Angebot an Hauptspeisen. Die<br />
Steaks mit selbst gemachten köstlichen<br />
Pommes werden genauso<br />
serviert wie der Gast es wünscht.<br />
Ein gegrillter Oktopus mundet<br />
besser als in manchen Urlaubsorten.Und<br />
selbst der eigentlich eher<br />
verpönte Schweinebauch wird<br />
hier zur Köstlichkeit. Die Fotos<br />
der Speisen auf der Facebookseite<br />
lassen das Wasser im Munde zusammenlaufen!<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 21
AKTUELLES<br />
STADT REDUZIERT AUCH UNTERKÜNFTE IN LECHHAUSEN<br />
PolitikhinterlässtSpuren<br />
Bilder von fast leeren Erstaufnahmen in der Berliner Allee und der<br />
Zusamstraße spiegeln die neuen politischen Verhältnisse wieder.<br />
Auch die Kleiderkammer, die in der Zusamstraße seit Mitte letzten<br />
Jahres ehrenamtlich betrieben wurde, öffnet derzeit nur noch<br />
sporadisch nach Bedarf.<br />
Die Bilder von fast leeren Erstaufnahmen<br />
in der Berliner Allee<br />
und der Zusamstraße spiegeln die<br />
neuen politischen Verhältnisse<br />
wieder.Auch die Kleiderkammer,<br />
die in der Zusamstraße,seit Mitte<br />
letzten Jahres ehrenamtlich betrieben<br />
wurde und wo die Helferinnen<br />
und Helfer teilweise an<br />
der Grenze des Zumutbaren arbeiten<br />
mussten,öffnet derzeit nur<br />
noch sporadisch nach Bedarf.<br />
Die Bilder die man aus Griechenland<br />
und der Türkei zu sehen bekommt,<br />
lassen aber ahnen, dass<br />
die Probleme nicht gelöst sondern<br />
nur verlagert wurden. Für die<br />
Menschen, vor allem aus Syrien<br />
und Afghanistan, die schon in<br />
Augsburg sind, bringt das neue<br />
Unsicherheit und neue Ängste<br />
mit sich. Manche ihrer Familienangehörigen<br />
sind noch auf der<br />
Flucht, von manchen wissen sie<br />
nicht, wo sie sich derzeit aufhalten.<br />
Die geplanten Änderungen<br />
bei der Familienzusammenführung,<br />
die diese erschweren sollen,<br />
tun ein Übriges. Es geht die<br />
Angst um selbst, wieder in die<br />
Türkei abgeschoben zu werden.<br />
Für die freiwilligen Helferinnen<br />
und Helfer eine schwierige Diskussion.<br />
So sah es noch im Herbst des letzten Jahres an der Berliner Allee aus.<br />
Von Hans Blöchl<br />
Die aktuellen Diskussionen über<br />
den Umgang mit den Menschen,<br />
die vor Krieg, Unterdrückung,<br />
Elend und Not auf der Flucht<br />
nach Europa sind und da vor allem<br />
nach Deutschland kommen<br />
Die Erstaufnahmeeinrichtung in der Zusamstaße steht<br />
derzeit praktisch leer. Was in Zukunft passiert ist noch<br />
ungewiss.<br />
Foto: Blöchl<br />
Foto: Blöchl<br />
wollen, bestimmt die öffentlichen<br />
Schlagzeilen. Die vergangenen<br />
Landtagswahlen haben gezeigt,<br />
wie emotional hoch beladen diesesThema<br />
ist.<br />
Mittlerweile scheint die Zahl derer,die<br />
in Deutschland und Augsburg<br />
ankommen, sehr stark zurückzugehen.<br />
Probleme verlagert<br />
Stadt baut<br />
inLechhausen<br />
Unterkünfte ab<br />
Wie wirkt sich das alles in der<br />
Realität vor Ort, in den Stadtteilen<br />
aus? Der Umgang mit Flüchtlingen<br />
in Augsburg ist bisher geprägt<br />
von großer Hilfsbereitschaft<br />
in den verschiedenen Helferkreisen.<br />
Natürlich bleiben und blieben<br />
auch kritische Diskussionen<br />
mit manchen Reaktionen außerhalb<br />
des guten Benehmens nicht<br />
aus.Aber trotzdem bleibt festzustellen,dass<br />
Augsburg bisher von<br />
großen fremden-feindlichen Ausbrüchen<br />
verschont blieb.In Lechhausen<br />
wurde auch die Diskussion<br />
geführt, ob der Stadtteil nicht<br />
überproportional durch Einrichtungen<br />
zur Erstaufnahme und<br />
Unterbringung von Flüchtlingen<br />
belastet würde.<br />
22 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
AKTUELLES<br />
Zwei Erstaufnahme-Einrichtungen<br />
und sieben Unterkünfte in<br />
Hotels und Pensionen hatte die<br />
Regierung von Schwaben bzw.die<br />
Stadt im Stadtteil und in der<br />
Hammerschmiede angemietet.<br />
Ohne die neu ankommenden<br />
Flüchtlinge, die zum größten Teil<br />
sehr schnell auf ganz Deutschland<br />
weiter verteilt wurden, lebten<br />
zeitweise knapp 300 Menschen in<br />
Lechhausen und der Hammerschmiede.<br />
Diese Zahl wird nun<br />
erheblich reduziert.<br />
Vor allem aus Kostengründen<br />
werden die sehr kostspieligen Unterkünfte<br />
aufgegeben und die<br />
Menschen in fest angemieteten<br />
Häusern und Wohnungen untergebracht.<br />
Durch die Verteilung<br />
über die ganze Stadt reduziert<br />
sich die Zahl der Menschen erheblich.<br />
Es werden wohl rund<br />
130 Menschen in drei Unterkünften<br />
in Lechhausen zu Gast sein.<br />
Einige<br />
Habseligkeiten<br />
Wie sich die Zahlen weiter entwickeln<br />
werden, ist derzeit nicht<br />
abzusehen,hier ist auch Augsburg<br />
von welt- und anderen politischen<br />
Entwicklungen abhängig. Die<br />
Umsetzungen der Menschen in<br />
die neuen Unterkünfte ging bisher<br />
problemlos über die Bühne.<br />
Die Stadt lud zu Infoabenden zusammen<br />
mit den Helfern, es gab<br />
Hilfen beim Umzug,weil manche<br />
in den zeitweise 11 Monaten, die<br />
sie nun in Deutschland sind,auch<br />
einige Habseligkeiten erworben<br />
oder bekommen hatten.Trotzdem<br />
ist es für Manche schwer, „ihre“<br />
Unterkunft zu verlassen.Auch in<br />
ihrer schwierigen Situation hatten<br />
sich die Menschen in langen Monaten<br />
des Wartens auf Aufenthaltserlaubnis,<br />
Bescheide und<br />
dem Warten auf Nachrichten von<br />
den Familien ein wenig eingerichtet<br />
und organisiert. Das geht<br />
nun zu Ende,sie müssen sich neu<br />
organisieren, neue Beziehungen<br />
knüpfen. Auch für einige Kinder<br />
bedeutet es möglicherweise den<br />
Wechsel von Kindergarten oder<br />
Schule.<br />
Die fetten Monate<br />
sind vorbei!<br />
Im letzten Jahr im Herbst waren die Unterkünfte noch voll, hier ein Sprachkurs in einer<br />
Pension, die die Stadt angemietet hatte.<br />
Foto: Blöchl<br />
„Die Goldgräberzeit ist Gott sei<br />
Dank vorbei!“ meint etwas sarkastisch<br />
einer der Helfer.Manche<br />
Besitzer von Pensionen hatten<br />
sich den dicken Reibach erwartet,<br />
wenig investiert und auf ein Andauern<br />
der Zuwanderung gesetzt.<br />
Eine gewissen Schadenfreude,<br />
dass das Geschäft mit der Not<br />
Anderer nun zumindest teilweise<br />
vorbei ist, ist nachvollziehbar. Es<br />
war oft ein mühsames Geschäft<br />
für die Stadt und die Helfer,Verbesserungen<br />
zu erreichen.<br />
„Die Zeit der Soforthilfen und<br />
materiellen Unterstützung ist<br />
zwar nicht vorbei, sie stehen aber<br />
nicht mehr im Vordergrund“<br />
meint ein Sprecher des <strong>Lechhauser</strong><br />
Helferkreises. „Jetzt beginnt<br />
der ungleich schwierigereTeil,die<br />
Menschen bei uns zu integrieren,<br />
sie brauchen Ausbildung, Wohnungen<br />
und Arbeit!“ Viele der<br />
Flüchtlinge sprechen mittlerweile<br />
gut oder sehr gut Deutsch, nahezu<br />
alle sind in Sprachkursen oder<br />
lernen freiwillig. Erste Erfolge<br />
gibt es auch bei der Vermittlung<br />
von Arbeitsplätzen. Deshalb wird<br />
nun versucht, gezielt Unternehmen<br />
anzusprechen, die Flüchtlingen<br />
Praktika, Ausbildungsplätze<br />
oder Arbeitsstellen anbieten können<br />
und wollen. Das Jobcenter,<br />
das nach dem Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung<br />
für die Flüchtlinge<br />
zuständig ist, ist ebenfalls<br />
involviert.Aufgrund der schwierigen<br />
Lage auf dem Wohnungsmarkt<br />
stellt die Wohnungssuche<br />
die Menschen,die die Unterkünfte<br />
dann eigentlich verlassen müssten,<br />
wie manchen anderen Wohnungssuchenden<br />
einige Schwierigkeiten.<br />
Der <strong>Lechhauser</strong> Helferkreis<br />
wird sich dieser Fragen<br />
gezielt annehmen. Wenn jemand<br />
helfen will, ob bei Wohnungsoder<br />
Arbeitssuche kann sich gerne<br />
melden.<br />
Ansprechpartner sind unter<br />
E-Mail zu erreichen:<br />
bloechlhans@gmail.com<br />
In der neu gebauten Traglufthalle an der Berliner Allee war bisher noch kein einziger<br />
Flüchtling.<br />
Foto: Blöchl<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 23
KLASSENFOTO<br />
Werkenntwen?<br />
In der Tanzschule Günther haben so manche Mädchen und Buben aus dem ganzen Umkreis Augsburg den Walzer<br />
und ChaChaCha gelernt.<br />
Kinder der Goetheschule. Leider wissen wir weder Zeit noch Klasse. Kann jemand helfen?<br />
Wenn auch Sie noch alteFotos besitzen, liebe Leser,können Sie uns<br />
eine E-Mail unter stadtgeschichten@herba-verlag.de schicken oder uns<br />
telefonisch unter der Nummer0821/5071-451 Bescheid geben.<br />
24 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
KULTUR<br />
CHRISTKOENIGLICHE THEATERER IN DER HAMMERSCHMIEDE<br />
DieBretter,diedieWelt<br />
bedeuten ...<br />
Alles ist ein bisschen anders bei den Christköniglichen Theaterern<br />
in der Hammerschmiede. Das Ensemble steht für die Pfarrei Christkönig<br />
und hat bereits 19 Mal sein Publikum begeistert. Dies soll auch im<br />
20. Jahr nicht anders werden.<br />
einige Gäste der Spionage verdächtigt.<br />
Da wären die beiden<br />
Ehepaare, die sich recht gut verstehen,<br />
der überforderte Papa mit<br />
den beidenTeenies,das sportliche<br />
Paar aus Norddeutschland,das einen<br />
Dolmetscher bräuchte, um<br />
sich hier zu verständigen,die beiden<br />
Freundinnen auf Selbstfindungs-Urlaub<br />
– und schließlich<br />
noch Jenny auf dem Jakobsweg.<br />
Feste Größe im<br />
Hammerschmieder<br />
Kulturleben<br />
Von Christine Hornischer<br />
Bereits im Frühjahr sehen sich die<br />
Laienschauspieler nach einem<br />
neuen Stoff um. Gemeinschaftlich<br />
werden viele Stücke gelesen<br />
und dann eines ausgewählt. Im<br />
vergangenen Jahr fiel die Wahl<br />
auf „Camping,Grill und Seewiesa“.<br />
Wer Leute treffen will, die<br />
ihm garantiert auf die Nerven gehen,muss<br />
nur einen Campinglatz<br />
aufsuchen. Und weil dies hier ein<br />
schwäbischer Campingplatz ist,<br />
fühlt sich mancher sogar wie im<br />
Ausland.Die Handlung des Lustspieles,<br />
das das Ensemble der<br />
Theaterer ausgesucht hat, ist<br />
schnell erzählt.<br />
die den Platz betreiben, gehen<br />
weit auseinander.Zum Glück stehen<br />
ihnen die Putzfrau Bestegül,<br />
die immerhin meistens alles richtig<br />
versteht, und Ewald, der<br />
Mann für alle Gelegenheiten, zur<br />
Seite. Aus Geldmangel kommt<br />
Juniorchef Alfred auf die Idee,<br />
Pflegegeld für seinen angeblich<br />
schwerkranken Vater zu beantragen.<br />
Und als bekannt wird, dass das<br />
Gesundheitsamt einen Kontrolleur<br />
schicken will, um die Sache<br />
zu überprüfen,werden auf einmal<br />
Ein Lustspiel, das das Publikum<br />
mehr als einmal vor Lachen von<br />
den Sitzen riss. Ja, die Theaterer<br />
sind eine feste Größe im Hammerschmieder<br />
Kulturleben. Sie<br />
spielen stets vor ausverkauftem<br />
Haus. Seit ihrem Gründungsjahr<br />
1995 bringen die Laienschauspieler<br />
regelmäßig beliebte Komödien<br />
auf die Bühne des Edith-Stein-<br />
Pfarrsaales.Jede Inszenierung erlebt<br />
vier Aufführungen mit je<br />
1000 Besuchern.<br />
Spionage auf dem<br />
Camping-Platz<br />
Auf dem Camping-Platz hat die<br />
Saison begonnen. Doch die Ansichten<br />
über die Aufgabenverteilung<br />
zwischen Vater und Sohn,<br />
Das allererste Stück anno 1996: Der kerngesunde Kranke.<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 25
KULTUR<br />
Souffleur Rudi Nagl 2006.<br />
2002 hinter der Bühne.<br />
Angefangen hat das Ensemble<br />
mit der Komödie „Der kerngesunde<br />
Kranke“.Eine tolle Premierenhandlung:<br />
Leo Klawitter hat<br />
sich als Maurermeister nach einem<br />
langen und arbeitsreichen<br />
Leben zur Ruhe gesetzt. Nachdem<br />
seine Frau gestorben ist, bildet<br />
er sich ein,kein Mensch kümmert<br />
sich mehr um ihn.Er glaubt,<br />
nicht mehr gehen zu können und<br />
fällt seiner Umwelt total zur Last.<br />
Seine beiden Töchter und die<br />
Haushälterin versuchen alles, um<br />
ihn wieder auf die Beine zu bringen.<br />
Der Verlobte von Roswitha<br />
gibt sich sogar als Elektriker aus,<br />
da Herr Klawitter keine Mediziner<br />
mehr um sich haben will.<br />
Die Dinge nehmen<br />
ihrenLauf<br />
Frau Hintersatz, die scharf auf<br />
sein Geld ist, redet ihm ein, dass<br />
er todkrank sei, damit er baldmöglichst<br />
sein Testament zu ihren<br />
Gunsten verfasst. Und so<br />
nehmen die Dinge ihren Lauf ...<br />
„Wir werden dauernd darauf angesprochen,wann<br />
wir wieder auftreten“,verrät<br />
Ensemble-Mitglied<br />
Stephan Rothe.Übrigens ist jeder<br />
Theater-Begeisterte herzlich willkommen.„Wir<br />
sind kein Verein.<br />
Beiträge fallen nicht an“,sagt Elisabeth<br />
Tschech.„Die Laienschauspieler<br />
sind eine nach außen offene<br />
Gruppe“, lacht Elisabeth<br />
Tschech. „Neue Mitspieler sind<br />
jederzeit gerne gesehen.“<br />
Die Theater-Gruppe wurde von<br />
ihr und Dietger Müller gegründet.<br />
30 Personen meldeten sich<br />
damals,schnell wurden aber weitere<br />
Mitspieler gefunden. Im Jahr<br />
1999 brillierten die Theaterer mit<br />
„Frauenpower“. Eigentlich sollte<br />
es in der Gemeinde wieder einen<br />
Kommunalwahlkampf geben,wie<br />
man ihn kennt.Die Ortsgewaltigen<br />
kandidieren um das Amt des<br />
Gemeinderates, werden selbstverständlich<br />
gewählt und treiben in<br />
der nächsten Amtsperiode weiterhin<br />
ihr Unwesen. Ähnlichkeiten<br />
waren bei diesem Stück natürlich<br />
reiner Zufall …<br />
Einschnitte in die<br />
„heile Männerwelt“<br />
Bürgermeister Heinz Gscheidle<br />
wäre sicher wieder zufrieden,<br />
wenn er am Ratstisch seine altbekannten<br />
Kumpane um sich hätte.<br />
Aber alles kommt anders! Bei<br />
dieserWahl hat sich nämlich erstmals<br />
eine Frauenliste gebildet mit<br />
dem Ziel, die Männerherrschaft<br />
im Gemeinderat zu brechen.Mit<br />
ihrem nicht alltäglichenWahlprogramm,<br />
das gravierende Einschnitte<br />
in die „heile Männer-<br />
Aus dem Stück „Camping, Grill & Seewiesa“ von 2015.<br />
Fotos: C. Hornischer<br />
<strong>26</strong> LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
KULTUR<br />
Aus dem Stück „Camping, Grill & Seewiesa“ von 2015.<br />
Foto: C. Hornischer<br />
welt“ vorsieht,findet die Frauenliste<br />
unter Führung der resoluten<br />
Kunigunde Schlotterbeck große<br />
Zustimmung bei den weiblichen<br />
Wählern.Auch in den Meinungsumfragen<br />
schneiden die Damen<br />
sehr gut ab, und die Hälfte der<br />
Gemeinderatssitze scheint der<br />
Frauenliste sicher zu sein.<br />
Dies ist Grund genug für Bürgermeister<br />
Gscheidle,denVormarsch<br />
der resoluten „Emanzen“ im<br />
Wahlkampf zu bremsen. Dazu ist<br />
ihm jedes Mittel recht. Kurzerhand<br />
beschließt er, seinen neuen<br />
Gemeindeinspektor Hannes Klug<br />
in die Frauenriege einzuschleusen.Dieser<br />
soll – als Frau verkleidet<br />
– ihn über die Pläne der gegnerischen<br />
Liste informieren.Kurz<br />
vor der Wahl will der Bürgermeister<br />
dann aufgrund der so gewonnenen<br />
Informationen zum<br />
vernichtenden Gegenschlag ausholen,<br />
um den Frauen sämtliche<br />
Chancen zu verderben. Selbstverständlich<br />
wäre auch Hannes Klug<br />
als Mitwisser danach überflüssig<br />
und könnte sich nach einer anderen<br />
Stelle umsehen.<br />
„Rosaroter Panther“<br />
Hannes spielt jedoch seine Rolle<br />
als eine „männergeschädigte<br />
Emanze“ so perfekt, dass ihn die<br />
Frauenliste zur „Spitzenkandidatin“<br />
macht. Schließlich waren es<br />
seine Vorschläge, die den Wahlkampf<br />
der Damen zur „FRAU-<br />
ENPOWER“ werden ließen.<br />
Auch die Presse freut sich an dem<br />
neuen, für die Männer gänzlich<br />
unverständlichen Wahlprogramm<br />
der Damen,und füllt ihre Zeitungen<br />
damit! Das umstrittene<br />
Nachtlokal „Rosaroter Panther“<br />
und Bardame Marylin tragen ihren<br />
Teil dazu bei, dass der Wahlkampf<br />
interessant bleibt.<br />
Die Männer sind dort Stammgäste,<br />
sehr zum Leidwesen der<br />
Damen, die derartige Lokale ver-<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 27
KULTUR<br />
Aus dem Stück „Camping, Grill & Seewiesa“ von 2015.<br />
Foto: C. Hornischer<br />
abscheuen und aus Prinzip nicht<br />
betreten. Hannes Klug schafft es<br />
jedoch mit List, dass die Damen<br />
der Frauenliste in entsprechender<br />
Verkleidung, um inkognito zu<br />
bleiben, den „Panther“ betreten.<br />
Wie der Zufall will, sind auch<br />
Bürgermeister Gscheidle und seine<br />
Gemeinderäte dort. Die Herren<br />
erkennen jedoch ihre politischen<br />
Gegnerinnen nicht und<br />
„baggern“ sie an. Die Folgen sind<br />
fatal! Peinliche Fotos dieser ungewöhnlichen<br />
nächtlichen Begegnung<br />
und weitere Druckmittel<br />
nutzt Hannes geschickt, um beide<br />
Parteien in die Knie zu zwingen.<br />
Schließlich schwindet die Lust<br />
sowohl bei den Damen, als auch<br />
bei den Herren, in den Gemeinderat<br />
einziehen zu wollen, und<br />
Hannes kann getrost seinen<br />
„Wunsch-Gemeinderat“, sehr<br />
zum Leidwesen des Bürgermeisters,<br />
zusammenstellen.<br />
„Currywurst und<br />
Pommes“<br />
Rasant und temperamentvoll, wie<br />
man sie kennt, die Hammerschmieder<br />
Theaterer. Die familiäre<br />
Atmosphäre im Edith-Stein-<br />
Haus tut das Übrige, um jede<br />
Aufführung zu einem Treffer<br />
werden zu lassen. Hoffentlich erobern<br />
die Christköniglichen noch<br />
lange die Bretter, die die Welt bedeuten…Erwähnen<br />
sollte man<br />
aber unbedingt die Komödie<br />
„Currywurst und Pommes“. Das<br />
Pfarrheim war übrigens nicht<br />
zum Schnellimbiss geworden. Die<br />
Christköniglichen waren wieder<br />
einmal am Werk. Sie nahmen sich<br />
satirischer Momentaufnahmen<br />
am Rande einer Autobahn an.<br />
„Das Bauerntheater hatten wir<br />
erst einmal satt“, sagte damals<br />
Elisabeth Killisberger, Leiterin<br />
der Amateur-Theatergruppe.<br />
„Wir brauchten ein Stück mit<br />
vielen Rollen, weil wir so viele<br />
Mitspieler hatten.“ Mit dem<br />
Stück „Currywurst und Pommes“<br />
hatten sie dies auf jeden Fall.<br />
Im Mittelpunkt des Geschehens<br />
steht Penelope Meier, genannt<br />
Penny, die Chefin einer Imbissbude,<br />
angegliedert an eine Autobahnraststätte.<br />
Die Bude, die ihre<br />
besten Tage bereits hinter sich<br />
hat, läuft man nur an, wenn man<br />
auf die Schnelle eine Tasse Kaffee<br />
trinken oder sich mal eben Currywurst<br />
mit Pommes –rot/weiß –<br />
reinziehen will.<br />
Von balzenden<br />
Mantafahrern<br />
Menschen der unterschiedlichsten<br />
Couleur kommen und gehen.<br />
Da gibt es emanzipierte Lehrerinnen<br />
auf dem Weg zum Trommelseminar<br />
in die Toskana, alberne<br />
Nonnen, balzende Mantafahrer,<br />
aalglatte Handy-Manager, zickige<br />
Sekretärinnen, werdende<br />
und tingelnde Schauspieler sowie<br />
Familien mit und ohne Opa. Das<br />
Einzige, was diese Personen miteinander<br />
verbindet: Sie alle sind<br />
auf dem Weg irgendwohin.<br />
Der zweite Teil des Stückes spielt<br />
drei Wochen später und man<br />
trifft erneut auf die handelnden<br />
Personen, die jetzt auf der Rückreise<br />
sind, dem Zuschauer bereits<br />
ans Herz gewachsen, und die sich<br />
in völlig neuen, oft verblüffenden<br />
Konstellationen präsentieren<br />
...Nur eine Person bleibt in diesem<br />
Stück auf ihrem angestammten<br />
Platz: Penny, die Chefin, die<br />
den Reisenden Currywurst, Kaffee<br />
und Schokoriegel verkauft.<br />
Am Ende dieses Stückes konnte<br />
man aus den Zuschauerreihen<br />
Diskussionen darüber hören, wer<br />
die oder der Witzigste und Beste<br />
war. Fazit: Alle waren gut. Und<br />
genau das macht den immer wiederkehrenden<br />
Charme der Theaterer<br />
aus. Man darf schon gespannt<br />
sein, was sich das Ensemble<br />
zum 20. Jubiläum aussucht ...<br />
AusTradition<br />
innovativ....<br />
...in Bogen- und Rollendruck<br />
Mayer &Söhne GmbH &Co. KG<br />
Oberbernbacher Weg 7·86551 Aichach<br />
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28 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016
SCHULE<br />
RED-HAND-DAY AN DER SCHILLER-MITTELSCHULE<br />
KindergegenKrieg<br />
Rote Handabdrücke von Kindern auf den in den Schulen aufgehängten<br />
Leinentüchern bringen zum Ausdruck, dass Kinder Frieden suchen.<br />
An der Aktion beteiligte sich auch die Schiller-Schule.<br />
Mit großem Eifer waren die Kinder bei der Sache.<br />
Fotos: Blöchl<br />
Von Hans Blöchl<br />
Überall auf der Welt gibt es bewaffnete<br />
Konflikte und Kriege.<br />
Keiner will eigentlich Krieg –<br />
schon gar nicht unsere Kinder.Sie<br />
sind oft die Hauptbetroffenen<br />
von Kriegen und Unruhen.In vielen<br />
Ländern werden sie als Kindersoldaten<br />
missbraucht. Seit einigen<br />
Jahren gibt es die Aktion<br />
Rote-Hand,abgeleitet von der internationalen<br />
Redhandday-Aktion<br />
auch in Deutschland.<br />
„Wir sind gegen<br />
den Krieg!“<br />
Viele Prominente und Organisationen<br />
wie UNICEF; Amnesty<br />
Hier die Kinder der beteiligten Klassen mit den Schirmherren von links,<br />
Dr. Manfred Lohnstein, Sieghard Schramm und MdB Ulrike Bahr.<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 29
SCHULE<br />
Stolz wurde das Ergebnis präsentiert.<br />
Schirmherrin Ulrike Bahr (MdB) freut sich über die<br />
Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler. Foto: Blöchl<br />
Foto: Blöchl<br />
International und das Jugendrotkreuz<br />
unterstützen diese Aktion.<br />
Kinder zeigen weltweit durch einen<br />
roten Handabdruck: „Wir<br />
sind gegen den Einsatz von Kindersoldaten!<br />
Wir sind gegen den<br />
Krieg!“<br />
Hunderttausende rote Handabdrücke<br />
wurden schon in über<br />
50 Ländern in den letzten<br />
10 Jahren gesammelt („Red-<br />
Hand-Day“) und an Politiker und<br />
Verantwortliche übergeben. Doch<br />
trotz vieler wichtiger Erfolge gibt<br />
es immer noch 250.000 Kindersoldaten<br />
weltweit. Das muss sich<br />
ändern!<br />
Die roten Handabdrücke der<br />
Kinder auf den in den Schulen<br />
aufgehängten Leinentüchern<br />
bringen dies zum Ausdruck und<br />
sollen dafür Aufmerksamkeit<br />
schaffen.<br />
An der Aktion beteiligten sich<br />
deutsche Kinder,viele Kinder mit<br />
Migrationshintergrund und auch<br />
Flüchtlingskinder aus Syrien.<br />
Auch die Schülermittelschule hat<br />
sich dem Protest angeschlossen.<br />
Unterstützt von der Augsburger<br />
Bürgerstiftung „Beherzte Menschen“,<br />
der SPD- Bundestagsabgeordneten<br />
Ulrike Bahr und der<br />
Stadtsparkasse beschäftigten sich<br />
Kinder der 7. Klassen mit der<br />
Problematik Und schufen mit ihren<br />
roten Handabdrücken ein<br />
dauerhaft sichtbares Zeichen gegen<br />
Krieg und den Einsatz von<br />
Kindersoldaten.Neben der <strong>Lechhauser</strong><br />
Schule beteiligte sich auch<br />
die St. Anna-Grundschule an der<br />
Aktion.<br />
30 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
LECHHAUSER LENI<br />
LENI BEGINNT IHRE SUCHE NACH DEM GLÜCK AM LECHHAUSER SCHLÖSSLE<br />
Woischwasimoin?<br />
Ich sitze hier auf meiner Bank vor dem <strong>Lechhauser</strong> Kriegerdenkmal.<br />
Mein Blick geht zum Schlössle, wo sich viele Menschen herumtreiben.<br />
Vor Läden, an den Haltestellen und im Café. Ich beobachte hier die<br />
Menschen, die vorbeilaufen. Wohin laufen sie? Was treibt sie an? Was<br />
wollen sie, was suchen sie?<br />
Bücher über<br />
das Glück<br />
Zurzeit wird ja viel vom Glück<br />
gesprochen und geschrieben. In<br />
der <strong>Lechhauser</strong> Stadtteilbücherei<br />
leihen sich die Besucher Bücher<br />
über das Glück aus.Als Kind war<br />
ich ja schon glücklich, wenn der<br />
Bücherbus einmal in der Woche<br />
nach Lechhausen kam und ich<br />
mir was zum Lesen ausleihen<br />
konnte.<br />
Oder wenn ich als Volksschüler<br />
krank war brachte mir meine<br />
Mutter ein Abenteuerbuch aus<br />
dem Laden der Frau Mondschein<br />
in der Wartenburgerstraße mit.<br />
Da freute ich mich auch sehr und<br />
das Fieber machte mir dann nix<br />
mehr aus und sicherlich sah meine<br />
Mutter ein glückliches Lächeln<br />
über mein Gesicht ziehen.<br />
Jetzt, einige Jahrzehnte älter, ist<br />
mir das einfache Glück irgendwie<br />
abhanden gekommen und ich<br />
mache mir öfters Gedanken, ob<br />
ich echt glücklich bin, wenn ich<br />
mein Smartphone in die Hand<br />
nehme und meine wichtigen<br />
Mails von Freundinnen oder<br />
Freunden checke, oder mir nur<br />
was vormache?<br />
Vom Glück<br />
umzingelt<br />
Auch jetzt gerade auf meiner harten<br />
Steinbank vor dem Kriegerdenkmal,<br />
auf der ich mich nach<br />
dem Einkaufen mit meinen vollen<br />
Taschen niedergelassen habe,<br />
denke ich über das Glück nach.<br />
Sind wir hier in Lechhausen<br />
nicht vom Glück umzingelt? Wir<br />
haben Ärzte, wir haben Apotheken,<br />
wir haben Drogerien, Optiker,<br />
Pizzerias, Sportvereine,<br />
Schmuckläden, Kirchen, Eisdielen<br />
und Änderungsschneidereien,<br />
die unser Leben bequem machen.<br />
Hm, aber mal ehrlich, wer weiß<br />
schon genau, was Glück ist? Der<br />
Sechser im Lotto oder schon der<br />
Anblick einer Löwenzahnblume,<br />
die sich vor mir tapfer durch die<br />
dicke Teerdecke schiebt und mir<br />
vielleicht sagen will: „Lass dich<br />
von nichts abhalten, wenn du zur<br />
Sonne streben willst, um glücklich<br />
in derWärme zu leben.“<br />
Wen könnte ich fragen, der an<br />
mir vorbeiläuft, was denn wahres<br />
Glück ist? Viele hasten an mir<br />
vorbei. Manche ältere Menschen<br />
schieben mühsam ihren Einkauf<br />
mit dem Rollator nach Hause.So<br />
richtig glücklich sehen sie nicht<br />
aus.Ja,doch,die junge Mutter,die<br />
ihren Kinderwagen vorbeischiebt<br />
schaut ziemlich glücklich auf ihr<br />
Baby, das schlafend im Wagen<br />
liegt. Na, da will ich aber nicht<br />
stören, damit das empfindliche<br />
Glück nicht zerplatzt wie eine<br />
Seifenblase.<br />
Goethe erzählt<br />
vom Glück<br />
Ja, wenn jetzt Johann Wolfgang<br />
von Goethe vorbeikommen würde,der<br />
wüsste mir als Dichter und<br />
Denker sicher einiges zu erzählen<br />
über das Glück.„Man pflegt das<br />
Glück wegen seiner großen Beweglichkeit<br />
kugelrund zu nennen,<br />
und zwar doppelt mit Recht;<br />
denn es gilt diese Vergleichung<br />
auch in einem andern Sinne. Ruhig<br />
vor Augen stehend, zeigt die<br />
Kugel sich dem Betrachtenden als<br />
ein befriedigtes,vollkommenes,in<br />
sich abgeschlossenes Wesen; daher<br />
kann sie aber auch,so wie der<br />
Glückliche, unsere Aufmerksamkeit<br />
nicht lange fesseln“, hätte er<br />
mir vielleicht erklärt.<br />
Aber Goethe lebt schon länger<br />
nicht mehr. Ich überlege mir, war<br />
Goethe“, eigentlich jemals in<br />
Lechhausen? Man sieht ihn rumstehen,als<br />
steinerne Figur bei der<br />
Goethe-Mittelschule. So richtig<br />
glücklich sieht er nicht aus.<br />
Schließlich musste er flüchten.<br />
Beim letzten Krieg hat man ihn<br />
aus der Fassade des Augsburger<br />
Stadttheaters vertrieben und dann<br />
in Lechhausen an der ehemaligen<br />
Volksschule angesiedelt,in der ich<br />
mit dem Bäckersohn und berühmten<br />
Fußballer Heiner<br />
Schuhmann einst den Unterricht<br />
besuchte und auch mit oder gegen<br />
ihn im Griesle bolzte. Er<br />
könnte glücklich sein. Er hat seinen<br />
Traumjob, denke ich, als Talentsucher<br />
beim bekannten Bundesligafußball-Verein<br />
Borussia<br />
Dortmund. Wenn ich ihn mal<br />
wieder hier treffe, dann frage ich<br />
ihn,wie er das geschafft hat einen<br />
Beruf zu haben, der einen glücklich<br />
machen kann.<br />
32 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
LECHHAUSER LENI<br />
wollte? In ein neues Lokal in<br />
Lechhausen, um es zu testen.<br />
Wäre ein Glücksfall gewesen.<br />
Bruno ist nämlich selbständig<br />
und schuttelt Tag und Nacht. Ich<br />
ziehe mein Smartphone hervor.<br />
Keine SMS von Bruno. Schade.<br />
Lässt er mich wieder mal sitzen?<br />
Ich bin enttäuscht. Mir kommt<br />
eine Idee: Ich gebe bei der Internetsuch-Maschine<br />
ein:„finde das<br />
Glück in Lechhausen!“ Was<br />
kommt? Zwei Menschen, die mit<br />
Nachnamen Glück heißen samt<br />
ihren Telefonnummern. Ich will<br />
sie sofort anrufen, um sie nach<br />
dem Glück zu fragen.Wer so<br />
heißt, der muss es doch<br />
wissen. Das müssen<br />
regelrechte<br />
Glücksspezialisten<br />
sein.<br />
Zeitzeugin des Glücks: Die 101 beobachtet das Glück seit 130 Jahren.<br />
Der fetteKater<br />
Garfield<br />
Der steinerne Goethe im Hof der<br />
Mittelschule kann mir natürlich<br />
nichts übers Glück verraten, das<br />
wir alle immer und<br />
überall suchen.<br />
Tja, der fette<br />
Kater Garfield,<br />
den die Kinder<br />
aus der Goethe-<br />
Schule an die Wand<br />
gemalt haben, der soll<br />
ja schon glücklich sein,<br />
wenn er faul in seiner Kiste<br />
liegen kann. Wird das Glück in<br />
der Schule gelehrt? Was verrät<br />
uns die Goethe-Mittelschule darüber?<br />
„Die Goethe-Mittelschule<br />
Augsburg-Lechhausen ist seit<br />
über 60 Jahren eine Wirkungsstätte,in<br />
der schon die Eltern unserer<br />
Schüler unterrichtet wurden.<br />
Unsere engagierten Kollegen berücksichtigen<br />
im Unterricht vielseitige<br />
Methoden und Formen<br />
des Lernens. Der freundliche<br />
Umgang untereinander schafft eine<br />
angenehme Atmosphäre, die<br />
sich sowohl auf die<br />
Sozialkompetenzen<br />
als auch auf das<br />
Lernverhalten der<br />
Schüler auswirkt.<br />
Unser Ziel ist die<br />
Gestaltung der Schule<br />
als Ort des Lernens<br />
und Lebens, an dem sich<br />
Kinder und Erwachsene wohlfühlen,<br />
sich gegenseitig wertschätzen<br />
und gemeinsam miteinander<br />
und voneinander lernen“,<br />
kann man dort im Direktorat hören.“<br />
Klingt nicht schlecht, aber<br />
von Glück ist da nicht die Rede.<br />
Leni sucht auch im Griesle nach dem Glück.<br />
Foto: C. Hornischer<br />
Über Geschmack<br />
lässt sich streiten<br />
Ah, da laufen ein paar junge<br />
Menschen an mir vorbei. Sie diskutieren<br />
und lachen. Nebenbei<br />
scheppert aus ihrem Smartphone<br />
irgendein Hiphop-Hit. Nicht gerade<br />
die Musik, die mir zusagt.<br />
Aber über Geschmack sollte man<br />
nicht streiten. Bevor ich sie ansprechen<br />
und nach dem Glück<br />
fragen kann, verschwinden sie in<br />
dem Gasthaus hinter mir. Ich sehe<br />
ihnen nach und blicke dabei<br />
auf das alte Kriegerdenkmal mit<br />
den vielen Namen. Meistens junge<br />
Soldaten,die für das Vaterland<br />
auf dem Schlachtfeld elendiglich<br />
verblutet sind. Sie konnten ihr<br />
Leben nicht leben, sondern starben<br />
für irgendwelche dummen<br />
Streitereien diverser Staatsführer,<br />
die meinten mächtiger als die anderen<br />
zu werden. Wir haben nun<br />
über 70 Jahre Frieden. Auch in<br />
Lechhausen. Darüber sollte ich<br />
glücklich sein.Bin ich auch.Aber<br />
das ist nicht das große Glücksgefühl,<br />
das man endlich erleben<br />
will. Ohne Drogen und Alkohol<br />
natürlich.Gern zusammen mit einem<br />
oder anderen Menschen.<br />
Glückspezialisten<br />
Wollte mir heute nicht der Bruno<br />
eine SMS auf mein Handy senden,<br />
weil er mit mir ausgehen<br />
Gut,ich wähle die<br />
erste Nummer.Dort<br />
sollte sich ein Mann mit<br />
dem Namen Glück melden.<br />
Niemand geht ran, leider. Ich<br />
wähle die zweite Nummer einer<br />
weiblichen Person mit dem Namen<br />
Glück. Sie meldet sich. Ich<br />
frage sie: „Entschuldigung, können<br />
Sie mir sagen was das wahre<br />
Glück ausmacht?“ Sie antwortet<br />
mir: „Da haben Sie aber Glück,<br />
dass Sie mich um diese Zeit erreichen,<br />
normalerweise bin ich um<br />
diese Zeit bei meiner Krebstherapie.“<br />
Verlegen meine ich:„Das tut<br />
mir leid zu hören, äh, aber sagen<br />
Sie, Ihre Stimme kommt mir bekannt<br />
vor. Sind Sie zufällig Verkäuferin<br />
in einer Bäckerei?“<br />
„Stimmt“, gibt sie mir Recht.<br />
„Mir kommt Ihre Stimme auch<br />
bekannt vor. Sie kaufen doch fast<br />
jeden Tag immer zwei Nuss-<br />
Schnecken bei mir ein.“ „Ja, auch<br />
gestern, aber da hatten sie nur<br />
noch eine“, erwiderte ich. „Wissen<br />
Sie was, wenn Sie morgen zu<br />
mir in den Laden bekommen,<br />
dann lege ich die zwei Schönsten<br />
für Sie zurück,versprochen.“<br />
Sollte mich morgen jemand aus<br />
dieser Bäckerei kommen sehen,in<br />
der mir die freundliche krebskranke<br />
Verkäuferin zwei herrlich<br />
schmeckende Nuss-Schnecken<br />
verkauft, der sieht mich dort bestimmt<br />
mit einem glücklichen<br />
Gesicht herauskommen.<br />
Die <strong>Lechhauser</strong> Leni wurde vom<br />
Augsburger Autor Peter Garski exklusiv<br />
für die <strong>Lechhauser</strong> <strong>Geschichte</strong>(n)verfasst.<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 33
AUFGEFALLEN<br />
BEI ANGELIKA WICKERN SCHLIESST SICH DER KREIS<br />
Esmussvorallemmirgefallen<br />
Angelika ist modebewusst. War sie schon immer. Dank der <strong>Lechhauser</strong><br />
<strong>Geschichte</strong>(n) durfte sie zum zweiten Mal – wie schon in jungen Jahren<br />
einmal – Model sein.<br />
Von Christine Hornischer<br />
Angelika Wickern ist Augsburgerin<br />
mit Leib und Seele. Wenn<br />
auch erst seit zwei Jahren.„Aber<br />
ich fühle mich hier pudelwohl<br />
und möchte meinen Lebensabend<br />
hier verbringen“, sagt die modebewusste<br />
Frau aus Berlin. Seit<br />
zwei Jahren ist die 65-Jährige<br />
(was man ihr ganz und gar nicht<br />
ansieht) in Lechhausen im Lady<br />
Fitness zu Hause.„Fitness gehört<br />
zu meinem Leben. Es stärkt körperlich<br />
und mental“, sagt die<br />
junggebliebene Wahl-Augsburgerin.<br />
„Sich regen bringt Segen“<br />
lautet eine alte Volksweisheit, der<br />
sich Angelika Wickern voll und<br />
ganz anschließen kann.<br />
Fitness<br />
Ein kleiner Ausflug: Der Begriff<br />
Fitness kommt aus dem Englischen<br />
und wird als Umschreibung<br />
der körperlichen und geistigen<br />
Leistungsfähigkeit benutzt. Physisch<br />
fit ist jemand, dessen motorische<br />
Grundfähigkeiten – Ausdauer,<br />
Kraft, Beweglichkeit,<br />
Schnelligkeit und Koordination –<br />
gut entwickelt sind.<br />
Geistig fit wiederum fühlen wir<br />
uns, wenn wir uns ebenso gut<br />
konzentrieren wie entspannen<br />
können und in der Lage sind,<br />
mentale Anforderungen zufriedenstellend<br />
zu meistern. Körperliche<br />
und geistige Fitness beeinflussen<br />
einander, oder um es mit<br />
einer weitere Volksweisheit zu sagen:<br />
In einem gesunden Körper<br />
wohnt ein gesunder Geist.<br />
Foto: Foto Behrbohm Augsburg<br />
Angelika Wickern ist selbst ihr<br />
allerbester Beweis für den Erfolg,<br />
den Fitness im Leben verbuchen<br />
kann. Sieht man sie an, würde<br />
man sie vielleicht auf 50 schätzen,<br />
aber nicht älter.Hierbei spielt natürlich<br />
auch eine Rolle, dass sie<br />
sehr auf ihr Äußeres achtet,heißt,<br />
sie achtet sehr auf tägliche Pflege,<br />
34 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
AUFGEFALLEN<br />
Foto: Foto Behrbohm Augsburg<br />
Kosmetik und natürlich auch<br />
Kleidung.<br />
Affinität zur Mode<br />
Eine besondere Liebe zu allen<br />
Modedingen hatte die selbstbewusste<br />
Frau schon immer.So hatte<br />
sie im süßen Alter von 16 Jahren<br />
beschlossen, am Kurfürstendamm<br />
in Berlin, wo sie ja aufgewachsen<br />
ist, eine Lehre in der<br />
Modebranche zu machen. Kurzerhand<br />
nahm sie sich ein Telefonbuch,<br />
suchte Modeadressen<br />
am Kuhdamm raus – und bekam<br />
eine Lehrstelle. „Ich war schon<br />
immer sehr zielstrebig“,lacht sie.<br />
Und hier hatte sie auch ihr erstes<br />
Erlebnis als Model: „Wir haben<br />
damals noch mit Directricen und<br />
Models gearbeitet“, erzählt sie.<br />
Einmal hatte sich Grete Schickedanz<br />
(Grete Schickedanz war eine<br />
deutsche Unternehmerin. Sie<br />
leitete das Versandhaus Quelle)<br />
angemeldet. Gleichzeitig war eines<br />
der Models ausgefallen. Und<br />
Foto: Foto Behrbohm Augsburg<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 35
AUFGEFALLEN<br />
Foto: Foto Behrbohm Augsburg<br />
Foto: Foto Behrbohm Augsburg<br />
nachdem Angelika Wickern<br />
schon immer sehr schlank gewesen<br />
war,musste sie„ran“.<br />
Aufgeregt<br />
„Natürlich war ich total aufgeregt“,blickt<br />
sie zurück,aber Grete<br />
Schickedanz beruhigte sie damals:<br />
„Liebes Kind, du brauchst<br />
nicht aufgeregt sein. Du machst<br />
deine Sache gut.“ So ist der Beginn<br />
einer 47-jährigen Laufbahn<br />
im Modebereich sehr positiv gewesen.Daher<br />
war es für Angelika<br />
Wickern auch keine Frage, bei<br />
den <strong>Lechhauser</strong> <strong>Geschichte</strong>(n)<br />
mitzumachen. „Ich habe einfach<br />
Spaß am Modeln“,strahlt sie.<br />
Spaß haben fällt bei Fotografenmeisterin<br />
Sandra Behrbohm<br />
wahrlich nicht schwer. „Bei Portraitfotografie<br />
ist es mir wichtig,<br />
eine lockere und schöne Atmosphäre<br />
im Studio oder auch draußen<br />
zu erzeugen.Somit entstehen<br />
natürliche und aussagekräftige<br />
Portraits“, erklärt Sandra Behrbohm.<br />
„Sandra gab mir zwar Anweisungen<br />
wie’schau mal verträumt’oder<br />
’lache aus vollem Herzen’, aber<br />
wie ich das umsetze, war meine<br />
Sache“, erzählt Angelika Wickern.So<br />
entstanden Aufnahmen,<br />
die hundertprozentig veranschaulichen,<br />
dass da viel Spaß seine<br />
Hand dabei hatte. Sandra Behrbohm<br />
freut sich.<br />
Foto: Foto Behrbohm Augsburg<br />
Foto: Foto Behrbohm Augsburg<br />
36 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
AUFGEFALLEN<br />
Foto: Foto Behrbohm Augsburg<br />
Foto: Foto Behrbohm Augsburg<br />
Und plaudert aus der Schule: „Es<br />
ist spannend mit Menschen zu<br />
arbeiten und sie ins rechte Licht<br />
zu setzen. Mir ist wichtig, dass die<br />
Natürlichkeit, Persönlichkeit und<br />
der Charakter des Models sich in<br />
meinen Bildern widerspiegelt“.<br />
Die Natürlichkeit und Persönlichkeit<br />
von Angelika Wickern<br />
spiegelt sich bestimmt wider –<br />
und die sagt: „Ich werde diesen<br />
Tag als positive Erfahrung in<br />
meinem Leben verbuchen“.<br />
Natürlich und<br />
authentisch<br />
Wichtig ist für Angelika Wickern,<br />
dass Mode nichts mit „abgehoben<br />
sein“ und „aufgesetzt<br />
sein“ zu tun hat, sondern sehr natürlich<br />
und authentisch ist. Nur<br />
„ein bisschen mehr Mut in Modedingen“<br />
würde sie sich für<br />
Augsburg wünschen. Ihr Vorbild<br />
ist das Lafayette in Berlin. Zurück<br />
nach Berlin will sie trotzdem<br />
nicht.<br />
Denn: „Heimat ist da, wo ich mit<br />
meinem Mann sein kann“ macht<br />
sie ihrem Gatten eine wunderschöne<br />
Liebeserklärung.<br />
Und noch einen wirklich schönen<br />
Satz hat die Wahl-Augsburgerin<br />
parat, den sie auch als ihr Lebensmotto<br />
nennt: „Freundlichkeit ist<br />
Sonne zum Selbermachen“.<br />
Welches Motto wäre gerade im<br />
Wonnemonat Mai passender?<br />
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LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 37
REDENSARTEN<br />
WORTSCHÄTZLE<br />
ADrenserlezumRumsuggla<br />
Was soll der Schwob zur Geburt den jungen Eltern schenken?<br />
Von Stefan Gruber<br />
Was schenkt man zum neugeborenen<br />
„Buzzele“, Baby? Strampler<br />
oder Söckchen, kleine Schuhe<br />
oder „a Drenserle“, am besten<br />
gleich alles zusammen. So ein<br />
„Drenserle“, Schlabberlätzchen,<br />
sollten auch Erwachsene manchmal<br />
tragen. Beim Kässpatzenessen<br />
hat der Schwob ja kein Problem<br />
mit dem „Driala“, Trülen,<br />
höchstens mit den langen Käsefäden,aber<br />
bei langen Nudeln,Spaghetti<br />
oder gar Maccaroni mit<br />
Tomatensoße,da kann schon sein,<br />
dass, wenn „ma rumsuggled ond<br />
rumdreggled“,man unsauber isst,<br />
danach die ganze Speisekarte auf<br />
dem Hemd hat. So mancher<br />
schaut danach aus „wia a Loas“,<br />
wie ne Drecksau, na ziemlich<br />
schmutzig. Die „Loas“ ist eigentlich<br />
eine Muttersau, aber der<br />
Schwabe nimmt das Wort für alle<br />
her, die nicht immer sauber sind,<br />
egal ob im Geiste, in Gedanken<br />
oder körperlich.<br />
Trinkt das Buzzele noch aus der<br />
Flasche mit dem „Dudel“ drauf,<br />
dem „Nuckel“, dann trült kaum<br />
was, höchstens danach, wenn es<br />
über der Schulter liegt und „a<br />
Baierle“ macht, ein Bäuerchen<br />
macht, aufstößt, rülpst, da kann<br />
schon was mitkommen, aber dafür<br />
hat man ja eine Stoffwindel<br />
über der Schulter.<br />
Ich habe mich zu einem Drenserle<br />
und einem Paar kleiner Schuhe<br />
entschlossen, in die es allerdings<br />
noch reinwachsen muss.<br />
© nejron / 123rf.de<br />
38 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
KULTUR<br />
LEBENSLINIEN<br />
HOBBY<br />
Seite 25<br />
Juli<br />
2014<br />
€3.–<br />
RÜCKBLICKE<br />
NACHGEFRAGT<br />
KIRCHE<br />
Seite 43<br />
REDENSARTEN<br />
WORTSCHÄTZLE<br />
A lädscheds, babbigs Guadsle<br />
Wem alles an „de Fingr babba“ bleibt, der klaut.<br />
Von Stefan Gruber<br />
Kürzlich im Augschburger Theater<br />
hatte ich einen Hustenanfall,<br />
meine Nachbarin<br />
steckte mir was zu: „a<br />
Huschdaguadsle“, ein<br />
Hustenbonbon.<br />
Schnell ausgewickelt,<br />
natürlich<br />
hat’s geraschelt, so<br />
dass der Herr vor<br />
mir sich umdrehte<br />
und mich strafend<br />
ansah. Das kenne<br />
ich, mache ich in einem<br />
solchen Fall<br />
auch immer.<br />
Fazit: Das „Guadsle“ war<br />
wohl schon etwas älter und „lädsched“,<br />
schon etwas weich und<br />
„babbig“, es klebte in der Einwickelfolie.<br />
Manche sagen auch<br />
„babbed“ oder „bebbig“.<br />
Aber der Effekt ist der gleiche: es<br />
klebt überall, am „Eiwiglbabierle“<br />
und dann vor allem an den Fingern.<br />
Also rein damit in den<br />
Mund<br />
und das „Babierle“<br />
wieder zusammengefaltet und<br />
weg gesteckt, lautlos ging es leider<br />
auch nicht. Was macht man<br />
dann? Finger leidlich abschlecken<br />
und auf die Pause hoffen, zum<br />
Fingerwaschen –<br />
es hat noch<br />
fast ne<br />
Stunde gedauert.<br />
Wenn allerdings<br />
über jemanden<br />
gesagt<br />
wird,<br />
„dem is alls<br />
an de Fingr<br />
babba blieba“,<br />
dann hat’s kaum<br />
was mit Husten zu tun,<br />
denn die eigentliche Aussage ist:<br />
Er klaut. Bei mir war es aber<br />
wirklich der Husten.<br />
Übrigens: Des Guadsle hod mir<br />
gar ned gschmegt, war irgendwas<br />
mit Anis drin – und gholfa hods<br />
au ned.<br />
Wer kennt noch alte<br />
<strong>Lechhauser</strong> Begriffe<br />
Täglich benutzten die <strong>Lechhauser</strong> früher ihre eigenen Redewendungen<br />
– was ihnen gar nicht so auffiel. Erst jetzt, wo diese Begriffe<br />
wie „Guadsle“ oder „Drenserle“ in Vergessenheit geraten,<br />
werden viele darauf aufmerksam. Und wir, die <strong>Lechhauser</strong> <strong>Geschichte</strong>(n),<br />
wollen künftig diese alten Begriffe für die Nachwelt<br />
erhalten.<br />
Die CSU Lechhausen<br />
wünschen allen Lesern<br />
viel Freude<br />
mit dem neuen Band der<br />
„<strong>Lechhauser</strong> <strong>Geschichte</strong>(n)“,<br />
dem Magazin über unsere<br />
Heimat Lechhausen.<br />
Deshalb die Bitte: Wer Wörter kennt, die früher an der Tagesordnung<br />
waren und heute kaum noch Verwendung finden, soll<br />
sich bitte bei unserem Redakteur Stefan Gruber telefonisch<br />
(0821/5071-254) oder per Email (sgruber@stadtzeitung.de) melden.<br />
WERBEVERLAG<br />
Wirschreiben nichtnur <strong>Geschichte</strong>(n) ...!<br />
L <strong>Geschichte</strong>(n)<br />
echhauser<br />
HISTORISCHES, AKTUELLES, WISSENSWERTES UND AMÜSANTES AUS LECHHAUSEN<br />
23<br />
r 23<br />
Joe Ittner erinnert<br />
sich an die US<br />
Army Seite 10<br />
Kirchenchor und Orchester der Pfarrei<br />
St. Pankratius: Anspruchsvolle Musik Seite 3<br />
Kinder atmen Zauberluft<br />
39<br />
iegenfischen made<br />
Lechhausen<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 39
REDENSARTEN<br />
WORTSCHÄTZLE<br />
AnZopffürden„Gluuschd“<br />
Schupfnudeln aus Weizen- und Roggenmehl, der Hefeteig geht<br />
drei Mal.<br />
Von Stefan Gruber<br />
Am Sonntag gab’s gut schwäbisch<br />
„Schupfnudla“ mit Sauerkraut.<br />
Nein nicht solche, wie es sie auf<br />
den Märkten zu kaufen gibt, die<br />
kurzen blassen Schupfnudeln,oft<br />
noch mit Kartoffeln imTeig drin.<br />
Nein, welche halb-halb aus Weizen-<br />
und Roggenmehl mit Ei, so<br />
bis zu 20 Zentimeter lang geschupft<br />
mit Sauerkraut dazu.<br />
Aber danach hatte ich so an<br />
„Gluuschd“,so eine Lust im kulinarischen<br />
Sinne, auf was Süßes<br />
zum Kaffee.<br />
Ich bildete mir „an Hefazopf“,einen<br />
Hefezopf ein, für manchen<br />
mag’s auch „a Zopfads“ oder<br />
„Zopfbrot“ sein.Und wenn ich so<br />
richtig „gluuschdig“, oder auch<br />
„gliischdig“ bin, so richtig Lust<br />
auf was habe, dann mache ich’s<br />
auch. Das schwäbische Wort<br />
„Gluuschd“ ist doch viel schöner<br />
als das neumodische „Heeper“,<br />
das man nun immer wieder hört,<br />
leider nicht nur in derWerbung.<br />
Also „Vordeugle gmacht“, einen<br />
Vorteig gemacht, „ganga lossa“,<br />
gehen lassen und „da Doig“, den<br />
Teig,fertig gemacht,ganga lossa,<br />
wieder durchgeknetet und dann<br />
„da Zopf gflochda“,den Zopf geflochten<br />
und wieder durfte er gehen.<br />
Na klar, bei mir geht jeder<br />
Hefeteig drei Mal.<br />
Nach einer Stunde im Backrohr<br />
war das Prachtstück fertig. Manche<br />
haben ja mit der Verdauung<br />
so ein Problem mit frischgebackenem<br />
Hefeteig, ich hoffentlich<br />
diesmal nicht. So frisch mit Butter<br />
drauf, a bissle „Marme“, Marmelade<br />
und an frischen Kaffee<br />
…ich konnte mir nichts Besseres<br />
vorstellen.Abend gab es dann nur<br />
noch eine „Veschbr“,eine Vesper,<br />
eine kalte Brotzeit.<br />
© teresaterra / 123rf.de<br />
40 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
NATUR<br />
FOTOSPAZIERGANG AM LECH (9)<br />
AufgepasstbeimSammeln!<br />
Viele Pflanzen faszinieren uns durch ihre Farbenpracht und Formenvielfalt.<br />
Ob zuhause am Fensterbrett, im eigenen Garten oder in der Freien<br />
Natur – Pflanzen gehören einfach zum Leben. Und viele Früchte und<br />
Samen laden direkt zum Sammeln ein – man denkt dabei sofort an<br />
selbstgemachte Marmelade oder Kompott.<br />
Aber Vorsicht: Hinter all dieser Pracht verbergen sich manchmal<br />
unangenehme, wenn nicht sogar gefährliche Gifte. Einige auffällige<br />
Giftpflanzen wollen wir heute vorstellen.<br />
Aber keine Angst: Bloßes Anschauen schadet niemanden, und für<br />
das Sammeln von Beeren und Früchten gilt wie beim Schwammerlsuchen:<br />
Nur was man genau kennt, darf man mitnehmen.<br />
Von Reinhard Waldert<br />
Reinhard Waldert ist auf einem<br />
Bergbauernhof in einem kleinen<br />
Gebirgsdorf im Berchtesgadener<br />
Land aufgewachsen. Schon damals<br />
hatte er großes Interesse an<br />
Pflanzen undTieren,beides faszinierte<br />
ihn.In der Folgezeit eignete<br />
er sich im Selbststudium umfangreiche<br />
Artenkenntnisse an.<br />
„So etwas wird nämlich weder am<br />
Gymnasium noch an der Universität<br />
vermittelt“, erklärt Waldert.<br />
Er besuchte die Universität München<br />
und absolvierte dort sein<br />
Biologiestudium mit den Schwerpunkten<br />
systematische Botanik<br />
und Zoologie. Er war etwa 25<br />
Jahre bei der Stadt Augsburg beschäftigt.<br />
Seine Arbeitsschwerpunkte<br />
waren dabei Landschaftsplanung<br />
und Biotopkartierung.<br />
Stellte für die „<strong>Lechhauser</strong> <strong>Geschichte</strong>(n)“ einen<br />
Foto-Spaziergang am Lech zusammen: Biologe Reinhard<br />
Waldert.<br />
Foto: Peter F. Fischer<br />
Seit etwa einem Jahr ist Reinhard<br />
Waldert im Ruhestand. Er hat<br />
unzählige naturkundliche Reisen<br />
quer durch Europa gemacht, er<br />
reiste von Lappland bis Südgriechenland.<br />
„Dadurch erhielt ich<br />
umfangreiche Einblicke in die<br />
dortigen Arten und Lebensgemeinschaften.<br />
Ich unternehme<br />
aber sehr oft auch Exkursionen in<br />
Südbayern, besonders am Lech<br />
und an der Isar.“<br />
Das LG-Team hatte erstmals<br />
durch den Beitrag über Mikroorganismen<br />
(Band 15) Kontakt mit<br />
Reinhard Waldert.„Auf Wunsch<br />
von Gerd Winkler stellte ich für<br />
diese <strong>Ausgabe</strong> Pflanzen- und<br />
Tierbilder zum Thema Lech zusammen.“<br />
Auch im aktuellen<br />
Band hat er nun wieder mitgewirkt.<br />
Gelber Eisenhut<br />
Aronstab<br />
Aronstab<br />
Besonders die Fruchtstände dieser sonst eher unscheinbaren,in lichten<br />
Laubmischwäldern wachsenden Pflanze fallen durch die leuchtend roten<br />
Beeren auf. Auch wenn die Beeren recht appetitlich aussehen: Sie<br />
sind sehr giftig und man sollte unbedingt die Finger davon lassen.<br />
Den Gelben Eisenhut findet man<br />
bei uns öfter auf Waldlichtungen<br />
oder an Waldrändern. Es gibt<br />
auch blau blühende Arten, die<br />
man auf Bergwiesen antrifft.Wegen<br />
der auffälligen Blüten werden<br />
Eisenhut-Arten gerne auch in<br />
Gärten gepflanzt.Alle Eisenhut-<br />
Arten enthalten ein starkes Gift,<br />
das auch bei der Herstellung von<br />
Medikamenten verwendet wird.<br />
Gelber Eisenhut<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 41
NATUR<br />
Herbstzeitlose<br />
Fingerhut<br />
Fingerhut<br />
Tollkirsche<br />
Tollkirsche<br />
Herbstzeitlose<br />
Wenn sich im Herbst die meisten Blütenpflanzen zurückgezogen haben,erscheinen<br />
auf Wiesen oder auch in Parks oder lichten Wäldern<br />
die rosa Blüten der Herbstzeitlose.Zunächst fällt uns auf,dass nirgends<br />
Blätter zu sehen sind.Diese wachsen – zusammen mit der Samenkapsel<br />
– erst im kommenden Frühjahr. Die Herbstzeitlose ist stark giftig;<br />
Vorsicht ist auch hier beim Sammeln von Bärlauch geboten, da die<br />
Blätter eine gewisse Ähnlichkeit haben.<br />
Eine sehr attraktive Pflanze mit<br />
großen, meist rötlichen Blüten ist<br />
der Fingerhut. Er wächst in lichtenWäldern,einige<br />
Arten werden<br />
auch gerne im Garten gepflanzt.<br />
Der starke Giftstoff wird in der<br />
Medizin zur Herstellung hochwirksamer<br />
Medikamente verwendet<br />
(„Digitalis“).<br />
Die großen, schwarz-glänzenden<br />
Früchte dieser großen Staude sind<br />
unübersehbar.Die Tollkirsche gilt<br />
als eine unserer stärksten Giftpflanzen,<br />
und auch wenn in einschlägigen<br />
Kreisen diese Pflanze<br />
als Drogenersatz gilt: Schon wenige<br />
Beeren können lebensgefährlich<br />
sein.<br />
Seidelbast<br />
Seidelbast<br />
Der Seidelbast,ein bis zu 1 Meter<br />
hoher Strauch, ist einer unserer<br />
ersten Frühlingsboten. Die rosa<br />
Blüten verströmen einen starken,<br />
wohlriechenden Duft.Schön anzusehen<br />
sind auch die korallroten<br />
Beeren im Herbst; sie sind allerdings<br />
auch schon in geringen<br />
Mengen stark giftig.<br />
Maiglöckchen<br />
Maiglöckchen<br />
Jeder kennt diese hübsche kleine Pflanze;sie darf eigentlich bei keinem<br />
Frühlings-Blumenstrauß fehlen und sie wird gerne im Garten gepflanzt.Vorsicht:Das<br />
Maiglöckchen ist stark giftig,und die Blattstände<br />
können leicht mit dem in der Küche sehr beliebten Bärlauch verwechselt<br />
werden.Beide Arten können durchaus an der gleichen Stelle nebeneinander<br />
vorkommen. Man sollte sich beim Bärlauch-Sammeln<br />
deshalb die Merkmale vorher genau einprägen. Die Inhaltsstoffe des<br />
Maiglöckchens werden in Medikamenten verwendet.<br />
Pfaffenhütchen<br />
Pfaffenhütchen<br />
Das Pfaffenhütchen – auch Spindelstrauch genannt – ist ein eher unscheinbarer<br />
Strauch ohne besonders auffällige Merkmale. Erst im<br />
Herbst entfaltet der Strauch seine ganze Pracht:Unübersehbar sind die<br />
rosaroten Früchte mit den leuchtend orangeroten Samen; gerade diese<br />
appetitlich aussehenden Samen sind jedoch hochgiftig.<br />
42 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
NATUR<br />
Liguster<br />
Die schwarzen, in einer Traube<br />
angeordneten Früchte des Ligusters<br />
kann man oft noch im Spätherbst<br />
oder im Winter beobachten.<br />
Über die Giftigkeit dieser<br />
Beeren gibt es widersprüchliche<br />
Angaben. Jedenfalls dürfte der<br />
Verzehr größerer Mengen unangenehme<br />
Folgen haben.<br />
Heckenkirsche<br />
Heckenkirsche<br />
Liguster<br />
Die paarig zusammengewachsenen appetitlich aussehenden Früchte laden<br />
geradezu zum Sammeln ein; Die rote, glänzende, etwas durchsichtige<br />
Färbung mag an Kirschen, Kornelkirschen oder Johannisbeeren erinnern.<br />
Die Heckenkirsche ist allerdings eine Giftpflanze, und in größeren<br />
Mengen verzehrt, kommt es zu heftigen Vergiftungserscheinungen.<br />
Oleander<br />
Oleander<br />
Der Oleander stammt aus südlichen<br />
Ländern, ist aber bei uns eine<br />
beliebte Kübelpflanze geworden.<br />
Der Oleander ist giftig, und<br />
auch hier gilt: Hände waschen,<br />
wenn man mit dem Strauch hantiert<br />
hat.<br />
Einbeere<br />
Einbeere<br />
Wie schon der Name sagt: Die Pflanze trägt nur eine einzige Frucht in<br />
der Hochblattrosette. Da die Einbeere zu einer Zeit reift, in der man<br />
andere Beeren, z. B. Heidelbeeren, sammelt, sollte man bedenken, dass<br />
die Einbeere giftig ist.<br />
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LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 43
NATUR<br />
Weihnachtsstern<br />
Eibe<br />
Weihnachtsstern<br />
Sehr beliebt um die Weihnachtszeit ist mittlerweile der Weihnachtsstern.<br />
Er gehört zu den Wolfsmilchgewächsen, und wie die meisten<br />
Vertreter dieser Pflanzengruppe ist er zumindest leicht giftig.Aber keine<br />
Angst: Hände waschen nach umfangreicheren Umtopfaktionen<br />
dürften dieses Problem beseitigen. Das Bild stammt übrigens von den<br />
Kanarischen Inseln, wo der Weihnachtsstern als mehrere Meter hoher<br />
Strauch wild wächst.<br />
Eibe<br />
Die Eibe mit ihren dunkelgrünen Nadeln gehört zu den besonders beliebten<br />
Garten- und Parkbäumen.Auch in der freien Natur war die Eibe<br />
einst weit verbreitet,ist dort heute aber beinahe verschwunden:Zum<br />
einen ist das elastische Holz wertvoller Rohstoff,zum anderen ist die<br />
Eibe hochgiftig.Zahllose Weidetiere oder Pferde sind nach zufälligem<br />
Genuß verendet, so dass der Baum zumindest in der Nähe von Viehweiden<br />
und im Siedlungsbereich einfach ausgerottet wurde. Bemerkenswert:<br />
AlleTeile der Eibe sind stark giftig – mit Ausnahme des roten<br />
Samenmantels; dieser wäre sogar essbar, vor einem Verzehr wird<br />
aber dringend gewarnt: zu leicht könnte man den Samenkern zerbeißen<br />
oder verschlucken.<br />
Fliegenpilz<br />
Der Fliegenpilz ist wohl der bekannteste<br />
unserer Pilze und un-<br />
Traubenholunder<br />
verwechselbar.Auch wenn angeblich<br />
Jeder kennt den Schwarzen Holunder,<br />
auch „Holler“ genannt,<br />
und viele genießen die Produkte,<br />
die man aus den schwarzblauen<br />
Beeren herstellen kann (Saft, Limonade,<br />
Marmelade, Kompott).<br />
Die nächstverwandte Art, der<br />
Traubenholunder, hat leuchtend<br />
rote,traubig angeordnete Beeren,<br />
die allerdings gänzlich ungenießbar<br />
und auch leicht giftig sind. Traubenholunder<br />
in Notzeiten schon viele Flie-<br />
genpilze im Kochtopf gelandet<br />
sind (die Giftwirkung soll geringer<br />
werden, wenn man vor der<br />
Zubereitung die rote Huthaut abzieht):<br />
Der Fliegenpilz ist und<br />
bleibt ein Giftpilz. Daran ändert<br />
auch nichts die Tatsache, dass in<br />
einigen osteuropäischen Regionen<br />
der Pilz als Rauschmittel benutzt<br />
wird.<br />
Fliegenpilz<br />
Gemeiner Schneeball<br />
Gemeiner<br />
Schneeball<br />
Oftmals in großen Mengen findet<br />
man im Herbst an Hecken und<br />
Waldrändern die leuchtend roten,<br />
in Dolden angeordneten Früchte<br />
des Gemeinen Schneeballs. Die<br />
Früchte sind ungenießbar und<br />
auch leicht giftig.<br />
Schneebeere<br />
Schneebeere<br />
Strahlend weiß leuchten noch im<br />
Spätherbst die Früchte des<br />
Schneebeerstrauchs. Der beliebte<br />
Park- und Gartenstrauch hat sich<br />
mittlerweile auch in lichten Wäldern<br />
und an Waldrändern ausgebreitet.Die<br />
appetitlich aussehenden<br />
Früchte sind nicht zum Verzehr<br />
geeignet bzw.leicht giftig.<br />
44 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
MEDIZIN<br />
HERGESTELLT IN LECHHAUSEN<br />
„AugsburgerLebensessenz“<br />
1963 hatte der <strong>Lechhauser</strong> Apotheker Jakob Kranzfelder die Idee,<br />
die legendäre Kiesow-Essenz neu zu produzieren. Diese vertrieb er<br />
dann in seiner Elisabeth-Apotheke.<br />
Viel Aufregung gab es im 18.<br />
Jahrhundert um die „Augsburger<br />
Lebensessenz“ des Johann Georg<br />
Kiesow, der am 18.12.1718 in<br />
Zweibrücken geboren wurde. Er<br />
studierte in Straßburg Medizin<br />
und war dann Militärarzt bei<br />
französischen Truppen.Später arbeitete<br />
er als Leibarzt bei verschiedenen<br />
Adelsfamilien.Im Alter<br />
von 44 Jahren kam er nach<br />
Augsburg.Er entwickelte hier das<br />
Heilmittel „Augsburger Lebens-<br />
Essenz“,das bei den Patienten gut<br />
ankam und zu einem medizinischen<br />
Bestseller wurde.Erste Angaben<br />
finden sich 1763 in einem<br />
Dankschreiben einer Augsburger<br />
Bürgerin an Johann Georg Kiesow.<br />
Patent des<br />
bayerischen<br />
Kurfürstes<br />
Neidische Apotheker und Ärzte<br />
zwischen Lech und Wertach<br />
wollten ihm das untersagen lassen,<br />
oder zumindest aus der damaligen<br />
Freien Reichsstadt<br />
Augsburg vertreiben, was aber<br />
nicht gelang, da ihm der bayerische<br />
Kurfürst mit einem Patent<br />
beistand. Auch Streitigkeiten mit<br />
dem berühmten Collegium medicum<br />
in Augsburg zeigen Bedeutung,<br />
Verbreitung und wirtschaftliches<br />
Gewicht der Lebens-<br />
Essenz.<br />
Erst 1772 bekam Kiesow<br />
dann seine Urkunde als anerkannter<br />
Bürger der<br />
Stadt Augsburg. Seine<br />
„Augsburger Lebens-Essenz“<br />
wurde nach und<br />
nach durch ihren Erfolg<br />
in ganz Europa vertrieben.Nachdem<br />
er verstorben<br />
war, stieg sein<br />
Bruder Johann<br />
Erhard<br />
von Kiesow,<br />
Kollegienassessor<br />
und<br />
russischer Konsul,<br />
in das einträgliche<br />
Medizingeschäft<br />
ein.<br />
Verkaufsverbot<br />
von<br />
„Geheimmittel“<br />
Die Herstellung dieses<br />
gewinnbringenden<br />
Heilmittels fand<br />
So wurde die Lebens-Essenz in späteren Jahren vertrieben.<br />
So sahen die Original-Kiesowflaschen aus.<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016 45
MEDIZIN<br />
Hier am Augsburger Ulrichsplatz unterhielt Johann Georg<br />
Kiesow seine „Essenz-Fabrik“. Fotos: C. Hornischer<br />
in dem Familienbetrieb der Kiesows<br />
am Augsburger Ulrichsplatz<br />
statt, im Bielerischen Haus, gegenüber<br />
dem Gasthof „Zur Traube“,<br />
wobei von einer Essenz-Fabrik<br />
gesprochen wurde.<br />
1811 übernimmt der zweitälteste<br />
Sohn des Erhard von Kiesow,<br />
Heinrich Ludwig, die Essenzfabrik.Unbeschadet<br />
davon,dass die<br />
„Augsburger Lebens-Essenz“ seit<br />
mehr als zehn Jahre ins Stocken<br />
geraten war und es auch familiäre<br />
Probleme gab, stand die Fabrik<br />
gut da.<br />
Grab mit<br />
Familienwappen<br />
In den kommenden Jahren bemühte<br />
er sich um den freien Verkauf<br />
für Bayern.Das Recht darauf<br />
begründete er nicht nur auf die<br />
häufigen Verschreibungen der<br />
Ärzte, sondern auch mit „staatswirtschaftlichen“<br />
Aspekten:<br />
„Mein Geschäft ist auf den Verkehr<br />
mit dem Ausland etablirt,<br />
während auf der anderen Seite<br />
der Ertrag deßelben in das Land<br />
hereinfließt und hier fruchtbar<br />
wird“.<br />
Heinrich Ludwig Kiesow ist übrigens<br />
auf dem Protestantischen<br />
Friedhof in Augsburg beerdigt,<br />
wo sich sein Grab mit Familienwappen<br />
noch heute befindet. In<br />
seinem Testament hinterließ er<br />
neben ansehlichen Legaten für<br />
wohltätige Zwecke auch eine<br />
recht hohe Summe, deren Zinsen<br />
zur Unterstützung bedürftiger<br />
Witwen oder Kinder eines Augsburger<br />
Apothekers sowie zur Errichtung<br />
eines Stipendiums für<br />
Studierende der Pharmazie oder<br />
Medizin verwendet werden müssen.<br />
Auch Nachahmer wollten sich an<br />
dem Kiesow-Mittel bereichern,<br />
aber dieser gab eine Pressemeldung<br />
heraus: “ Nachdem diese<br />
herrliche Lebensessenz wegen ihrer<br />
wunderbaren Wirkungen immer<br />
mehr Approbation und Abgang<br />
findet, so haben sich verschiedene<br />
gewissenlose Leute<br />
durch Gewinnsucht verleiten lassen,solche<br />
nach zu pfuschen,und<br />
für die wahrhafte zu verkaufen.“<br />
Kiesow konnte die leidige Kopiererei<br />
dann durch die eine besondere<br />
Glasflasche mit eingepresstem<br />
Siegel abstellen,in dem seine<br />
Lebens-Essenz dann verkauft<br />
wurde.<br />
Der erste<br />
Beipackzettel<br />
Dem vierseitigen Original-<br />
Fläschchen mit angeklebtem Namenszettel,eine<br />
Art Flakon,wurde<br />
eine gedruckte Werbung, Information<br />
und Gebrauchsweisung<br />
beigelegt, vielleicht der erste Beipackzettel<br />
überhaupt.„Dieses un-<br />
46 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
MEDIZIN<br />
Idee, die legendäre Kiesow-Essenz<br />
neu zu produzieren. Diese<br />
vertrieb dann sein Sohn Dr. Gerhard<br />
Kranzfelder in seiner Elisabeth-Apotheke<br />
in der Soldnerstraße,<br />
womit er die 200-jährige<br />
Tradition der Kiesow’schen Lebens-Essenz<br />
fortführt. Dessen<br />
Frau, Dr. Ursula Kranzfelder, hat<br />
zum 65. Geburtstag ihres Doktorvaters<br />
Professor Günter Kallinich<br />
den Kiesow’schen Nachlass<br />
aufgearbeitet und die legendäre<br />
<strong>Geschichte</strong> dieses Phytopharmakums<br />
aufgeschrieben.<br />
Wohl wachte der Heilige<br />
St. Ulrich über die Essenz-<br />
Fabrik.<br />
Heute gibt es die Lebens-Essenz<br />
nur noch auf Einzelbestellung,<br />
aber auch das Alter von 250 Jahren<br />
tut der Lebens-Essenz keinen<br />
Abbruch ...<br />
vergleichliche Medikament verdient<br />
mit Recht den Namen Lebensessenz,<br />
indem bisher noch<br />
keine Arzney erfunden worden,<br />
welche in den mehresten und<br />
schweresten Krankheiten solche<br />
geschwinde und augenscheinliche<br />
Hilfe leistet, wie dieses, so viel<br />
Rühmens auch immer von manchen<br />
Medikamenten gemacht<br />
wird.“<br />
Und weiter: „Sie stellet nicht nur<br />
die verlorne Gesundheit wieder<br />
her, sondern einhält auch dieselbe,<br />
und stärket sie; verlängert mithin<br />
das Leben. Da ungemein viele<br />
Krankheiten aus einem verdorbenen<br />
Magen und schlechter Dauung,<br />
und aus dieser ein verschleimtes<br />
Geblüt und andere<br />
schlechte Safte, als der Zunder zu<br />
den mehresten Krankheiten, entstehen.<br />
Besonders die hier angeführte<br />
Krankheit und Beschwernisse<br />
glücklich und nach Wunsch<br />
kurirt, wenn man täglich zwei-,<br />
oder dreymal davon einen ganzen<br />
oder halben Löffel voll nimmt,<br />
mehr oder weniger, nach Beschaffenheit<br />
und Konstitution des Patienten<br />
und seiner Krankheit.“<br />
Elisabeth-Apotheke<br />
Verschiedene Unternehmer übernahmen<br />
die Herstellung der<br />
Augsburger Lebens-Essenz,<br />
nachdem die Familie Kiesow, die<br />
ja zu Stiftern in Augsburg geworden<br />
war, ausgestiegen war. Im<br />
Jahre 1963 hatte der <strong>Lechhauser</strong><br />
Apotheker Jakob Kranzfelder die<br />
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LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 47
TIERISCHES<br />
EXOTIK IN LECHHAUSEN MIT DEM AFRIKA-EXPERTEN MICHAEL TONFELD<br />
DemafrikanischenKochtopf<br />
entronnen<br />
Exotik in Lechhausen – beim Afrikaexperten Michael Tonfeld und<br />
seiner Riesenschnecke „Wa bibio“ ist das an der Tagesordnung. Dieses<br />
Prachtexemplar eines behausten Schleimers begeistert nicht nur<br />
Kinder.<br />
Michael Tonfeld. Der erzählt<br />
nämlich bei jedem Auftritt die<br />
<strong>Geschichte</strong> seiner Riesenschnecke<br />
„Wa bibio“. Und er erzählt nicht<br />
selbst,sondern verleiht Wa bibio,<br />
seine Stimme, um von der unglaublichen<br />
<strong>Geschichte</strong>, die heißen<br />
könnte ’Dem afrikanischen<br />
Kochtopf entronnen“ zu berichten.<br />
„Selbst spricht sie nämlich<br />
nur twi, Ghanas Hauptsprache“,<br />
lacht er.<br />
Wa bibio ist tatsächlich dem<br />
Kochtopf entronnen. Denn in<br />
Afrika gilt die Achat-Schnecke<br />
als Leckerbissen.Tonfeld,auch in<br />
Realität mit einer Afrikanerin<br />
verheiratet,kam zu seiner„Schnecken-Story“<br />
wie die Jungfrau zum<br />
Kinde. „Ungefähr im Jahr 1999<br />
erhielten wir eine neue Lieferung“,<br />
erinnert er sich. Michael<br />
Tonfeld und seine Frau betreiben<br />
in Lechhausen ein Geschäft mit<br />
Michael Tonfeld tritt seit über<br />
fünfzehn Jahren erzählend in Büchereien,<br />
Kindergärten, Schulen,<br />
auf Messen, in Museen, auf Afrika-Festivals<br />
und anderen Open-<br />
Air-Veranstaltungen im gesamten<br />
deutschsprachigen Raum auf.<br />
Über 1800 Mal begeisterten Tonfeld<br />
und seine Schnecke „Wa bibio“<br />
schon Jung und Alt. Dabei<br />
geht es im wahrsten Sinne des<br />
Wortes tierisch ab, denn Stargast<br />
eines jeden Auftritts ist sicherlich<br />
die riesige Achatschnecke „Wa<br />
bibio“, die der Autor und Afrika-<br />
Experte Michael Tonfeld vom<br />
weiten Afrika mit nach Lechhausen<br />
brachte.<br />
Von großen,<br />
behausten<br />
Schleimern<br />
Groß und Klein sind in der Regel<br />
absolut begeistert. Von was am<br />
meisten,lässt sich schwerlich feststellen:<br />
Von dem großen, behausten<br />
Schleimer, der sich nicht ins<br />
berühmte Schneckenhaus zurückzieht<br />
oder vom Afrikaexperten<br />
Weiße und schwarze Schnecke<br />
48 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
TIERISCHES<br />
afrikanischen Lebensmitteln. Da<br />
die glitschigen Achattierchen auf<br />
dem Schwarzen Kontinent ein<br />
Lebensmittel darstellen, enthielt<br />
die Lieferung eine Kiste mit eben<br />
diesen. So langsam erlitten die<br />
Schnecken das Schicksal des Suppentopfes<br />
(Palmöl, Tomaten, frischer<br />
Pfeffer, geräucherter Fisch<br />
und Okra), nur eine der glitschigen<br />
Weggefährten suchte das<br />
Weite und versteckte sich hinter<br />
einem Vorhang.<br />
Genau dort fand ihn Michael<br />
Tonfelds Frau nach drei Monaten.<br />
Sie nahm die Schnecke mit<br />
heim und wollte die für sie wohlschmeckende<br />
Fleischsuppe kochen.<br />
Aber sie hatte die Rechnung<br />
ohne ihre Tochter gemacht.<br />
Die nämlich verteidigte das kriechende<br />
Wesen gegen die Mutter:<br />
„Papa, komm schnell, die Mama<br />
soll die Schnecke nicht kochen.<br />
Ich will sie doch als Haustier behalten.“<br />
Ein Unterfangen, das bislang<br />
geklappt hat.<br />
Länge eines<br />
Unterarms<br />
Wa bibio (was so viel heißt wie<br />
„Kleine Schnecke“) schleimt nun<br />
also seit zwölf Jahren über den<br />
Handrücken Tonfelds. Sie überragt<br />
gar den Handteller, und dabei<br />
ist sie noch nicht einmal ausgewachsen.<br />
Etwa 20 Jahre können<br />
die Achatschnecken alt werden,<br />
dann haben sie die Länge eines<br />
Unterarms.<br />
Doch um solche Realitäten geht<br />
es dem <strong>Geschichte</strong>nerzähler eher<br />
weniger. Lieber lässt er Wa bibio<br />
wieder selbst zu Wort kommen.<br />
Sehr einfühlsam erzählt sie mit<br />
ihrer menschlichen Stimme von<br />
der langen und beschwerlichen<br />
Reise aus Ghana nach Lechhausen.<br />
Des ghanaischen Schneckenschleimers<br />
Odyssee begann damit,<br />
dass er ins Maul eines riesengroßen<br />
Blechvogels geschoben<br />
wurde.<br />
Exotische<br />
Erzählung<br />
„Wa bibio hat mir erzählt, wie sie<br />
hierher gekommen ist“, sagt Tonfeld<br />
augenzwinkernd. Und genau<br />
diese <strong>Geschichte</strong> hat er dann<br />
auch in einem Buch verarbeitet.<br />
„Und nachdem Wa bibio ja ein<br />
Lebensmittel ist, zähle ich auch<br />
andere afrikanische Lebensmittel<br />
wie Okra (ähnlich wie grüne<br />
Bohnen. Man kann dieses Gemü-<br />
LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27, Mai 2016 49
TIERISCHES<br />
MichaelTonfeld,Autor<br />
Der international tätige Autor, Michael Tonfeld, lebt in Augsburg<br />
sowie Accra,Ghana und gilt als international ausgewiesener<br />
Afrikaexperte.Er ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller<br />
seit 1975. Er erhielt diverse Preise für sein interkulturelles<br />
Wirken, wie u.a. 2003 vom „Bündnis für Demokratie & Toleranz“<br />
für die Schulprojekttage „Afrika mit der Seele verstehen“<br />
der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Buch „Uns reichts – ein Lesebuch<br />
gegen Rechts“. Des Weiteren verfasste er zahlreiche Kinderbücher,organisierte<br />
die 1.Bayerischen Buchwochen Migration<br />
und arbeitete früher als Auslandskorrespondent für Magazine,<br />
Rundfunk und Fernsehen, wie z.B. „Ghana today/ London“,<br />
„Uhuru“ in Ghana,DeutscheWelle,BBC African Services.<br />
se auch zum Andicken von Suppen<br />
benutzen, weil es sehr schleimig<br />
ist), Gardeneggs (dieses Gemüse<br />
wird auch als Eierfrucht bezeichnet<br />
und ist die Stammform<br />
unserer Aubergine), Yams (wird<br />
wie die uns bekannte Kartoffel<br />
zubereitet und erinnert vom Geschmack<br />
her an Kartoffeln und<br />
Esskastanien) oder auch geräucherten<br />
Fisch (Räuchern,da er so<br />
auch ohne Kühlschrank lange<br />
haltbar bleibt) auf“,Michael Tonfeld<br />
weiß,was Kinderherzen wollen.<br />
Dem Buch liegt übrigens eine<br />
CD mit der Version der Erzählperformance<br />
bei. „So wird die<br />
<strong>Geschichte</strong> für Kinder viel spannener<br />
und interessanter“,lacht der<br />
Autor. Die Musik zu der exotischen<br />
Erzählung komponierte,<br />
produzierte und spielte Kim<br />
Azas/Bénin,der Tonfeld während<br />
der 90er Jahre bei Auftritten musikalisch<br />
begleitete. Die Illustrationen<br />
entstanden nach Motiven<br />
von Susanne George, der Tochter<br />
des Autors.<br />
„Talking drums“<br />
Erschienen ist Michael Tonfelds<br />
Buch „Auf Leben und Tod – die<br />
lange Reise einer Schnecke von<br />
Afrika nach Friedberg“ im Jahre<br />
2002 im Geest-Verlag.(46 S.,mit<br />
CD, 11 Euro). Mit dabei ist das<br />
interaktive Erzählprogramm für<br />
Kinder ab vier Jahren. Noch in<br />
diesem Jahr wird es ein „Fortsetzungs-Schneckenbuch“<br />
geben.<br />
„Darin treffen weiße auf schwarze<br />
Schnecken“, erzählt der Afrika-<br />
Experte. Auch wird das Thema<br />
„Talking drums“ erklärt.„Talking<br />
drums“ ist das englische Wort für<br />
Sprechtrommeln in Westafrika.<br />
Michael Tonfelds Buch „Auf<br />
Leben und Tod – die lange<br />
Reise einer Schnecke von<br />
Afrika nach Friedberg“<br />
Nach ihrer Verwendung können<br />
manche Nachrichtentrommeln<br />
sein. Viele Sprechtrommeln haben<br />
einen sanduhrförmigen Körper<br />
und sind mit zwei über Lederschnüren<br />
miteinander verbundenen<br />
Fellen bespannt. Die<br />
Trommel wird unter den Arm geklemmt<br />
mit einem speziellen<br />
Krummstock bespielt.Durch Anspannen<br />
und Loslassen des Oberarmes<br />
kann die Tonhöhe über die<br />
Lederschnüre verändert werden.<br />
Durch die unterschiedlichenTonhöhen<br />
können alle tonalen Sprachen<br />
Ghanas auf der Trommel<br />
gespielt werden.<br />
Kommunikation wie sie früher<br />
ausgeübt wurde.Auch Kommunikation<br />
ist ein Steckenpferd Michael<br />
Tonfelds,ist der Afrika-Experte<br />
doch bekannt als Journalist<br />
und Auslandskorrespondent.Dass<br />
er einmal einem glitschigen<br />
Schleimer verfallen wird,hätte er<br />
wohl auch niemals gedacht …<br />
50 LECHHAUSER GESCHICHTE(N), Band 27,Mai 2016
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