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Interview<br />

„GUTE QUALITÄT<br />

SCHMECKT MAN<br />

EINFACH“<br />

rank Schneider arbeitet seit 2<strong>01</strong>4 bei<br />

F<br />

Gourmondo. Hier betreut er unter anderem<br />

die Kategorien Pasta, Süßwaren und Konserven.<br />

In der Familie des gebürtigen Schwaben<br />

wurde schon immer großer Wert auf gutes<br />

Essen gelegt. Bis Frank jedoch Genuss zum Teil seiner<br />

Arbeit machte, dauerte es noch eine Weile. Er studierte<br />

in Ravensburg „irgendwas mit Medien“. Anschließend<br />

arbeitete er im Vertrieb und Online-Marketing eines<br />

großen deutschen Verlagshauses in München. Als er einen<br />

Studienfreund besuchte, der auf einem Bio-Hof lebte,<br />

offenbarte sich ihm, wie gut Produkte schmecken können,<br />

wenn vieles vorher richtig gemacht wird. Ihm war sofort<br />

klar, dass er mehr darüber wissen wollte. Er bewarb sich<br />

für den Masterstudiengang „Food Culture and Communication“<br />

an der University of Gastronomic Science im italienischen<br />

Pollenzo, bekam die Zusage und kündigte.<br />

Die Uni ist auch als Slow-Food-Universität<br />

bekannt – was hat dich daran gereizt?<br />

Überzeugt hat mich vor allem der<br />

360-Grad-Blickwinkel, mit dem die Bedeutung<br />

des Themas Essen für Politik, Ökologie, Medien,<br />

Gesellschaft, Ethik oder auch Entwicklungshilfe<br />

dort beleuchtet wird. Wie essentiell das Essen für<br />

die Kultur eines Landes ist, wurde mir in Italien erst<br />

so richtig bewusst. Außerdem hat mich der große<br />

Praxisanteil gereizt.<br />

Wie sah der aus?<br />

Wir haben viel über Sensorik gelernt: Wie<br />

verkoste ich richtig? Wie beurteile ich welches<br />

Produkt? Welche Kriterien sind dabei jeweils<br />

zu beachten? Wie schmecken überhaupt gute<br />

Lebensmittel und wie entwickelt sich der Geschmack?<br />

Das und die zahlreichen Besuche bei<br />

Landwirten, Winzern, Ölbauern und Produzenten<br />

kommen mir jetzt bei meiner täglichen Arbeit<br />

hier zugute.<br />

Inwiefern?<br />

Nun, jedes Produkt in unserem<br />

Sortiment muss sich seine Listung ja<br />

verdienen, indem es unserer Philosophie<br />

entspricht. Wir suchen Produkte von<br />

hoher Qualität – handwerklich Hergestelltes,<br />

Limitiertes, Exklusives, Traditionelles,<br />

Authentisches oder die internationale<br />

Spezialität. Viele Produzenten<br />

behaupten, dass ihre Produkte gewisse<br />

Eigenschaften besitzen; Wir prüfen es<br />

nach, haben eine konkrete Vorstellung<br />

davon, wie beispielsweise Spaghetti zu<br />

schmecken haben oder Kaffee, Öl und<br />

Butter. Dafür müssen wir verkosten.<br />

Wie läuft das konkret ab?<br />

Wir haben erst kürzlich eine große<br />

Pastaverkostung bei uns gemacht. Ziel<br />

war es, die richtige Nudel für unsere<br />

Eigenmarke zu definieren, also sehr gute<br />

Qualität zu einem akzeptablen Preis zu<br />

finden. Im ersten Schritt definieren wir den<br />

Referenzgeschmack. Das ist ein Produkt,<br />

das für uns alle Eigenschaften einer sehr<br />

guten Pasta erfüllt. Damit müssen sich<br />

dann die Bewerber – es waren über zehn<br />

verschiedene Produzenten – messen.<br />

Wir beurteilen zunächst Optik und Haptik<br />

im ungekochten Zustand. Das hat einen<br />

Grund. Wir suchten eine Pasta, die durch<br />

eine Bronzeform gedrückt wurde. Dieser<br />

handwerkliche Vorgang sorgt für eine<br />

raue Oberfläche. Das ist wichtig, damit die<br />

Sauce gut an der Nudel haftet. Und natürlich<br />

sollte eine Fussili auch aussehen wie<br />

eine Fussili. Danach kochen wir die Pasta<br />

nach Anleitung. Nach der vorgeschlagenen<br />

Kochzeit bewerten wir die Nudel zum<br />

ersten Mal: Wie nah kommt das Ergebnis<br />

an „al dente“ nach deutscher Definition<br />

heran?<br />

Gegebenenfalls kochen wir die Nudel<br />

dann bis zum <strong>opt</strong>imalen Garzustand<br />

fertig. Dann wird die Nudel unter<br />

verschiedenen Kriterien beleuchtet:<br />

Kochfestigkeit, Gleichmäßigkeit der<br />

Konsistenz nach dem Kochen, Farbe,<br />

Geschmack, Textur nach Abkühlung.<br />

Wir prüfen, ob die Nudel Fehlaromen<br />

hat und ob sie ein schönes Weizenaroma<br />

aufweist. Probiert wird jede<br />

Nudel einmal pur und einmal mit<br />

Sauce – immer im Vergleich mit der<br />

Referenznudel. Zum Schluss kommt<br />

die K.-o.-Runde: Der Kreis der Bewerber<br />

tritt erneut gegeneinander an, bis eine<br />

Marke sich durchgesetzt hat.<br />

„Meistens sind es<br />

die einfachen Dinge,<br />

die höchste Genüsse<br />

auslösen ...“<br />

Was ist dein persönliches<br />

Genusskonzept?<br />

Ich habe kein bestimmtes<br />

Konzept, ich schätze generell eine<br />

gute Produktqualität – völlig unabhängig<br />

vom Preis. Meistens sind<br />

es die einfachen Dinge, die höchste<br />

Genüsse auslösen: eine gut gemachte<br />

Fleischbrühe, ein gutes Brot, ein gutes<br />

Ei. Qualität schmeckt man, davon bin<br />

ich überzeugt.<br />

Auf welche Qualitätsmerkmale<br />

achtest du?<br />

Es geht mir um den ganzen<br />

Prozess. Wie entstehen die Rohstoffe,<br />

wo kommen sie her, wie werden sie<br />

ausgewählt, produziert, verarbeitet<br />

... Dafür nehme ich mir Zeit. Lebensmittel,<br />

die all diese Kriterien perfekt<br />

erfüllen, sind auch im gehobenen<br />

Preisbereich nicht immer selbstverständlich.<br />

Qualität wird in Deutschland<br />

oft über Konstanz definiert: Dabei<br />

ist es bei handwerklich hergestellten<br />

Produkten völlig normal, dass es zu<br />

gewissen Schwankungen kommt.<br />

Butter schmeckt im Winter einfach<br />

anders, weil die Kühe anderes Futter<br />

bekommen.<br />

Du verantwortest auch den Bereich<br />

Fertigprodukte bei Gourmondo.<br />

Kann ein solches Produkt<br />

überhaupt bei dir bestehen?<br />

Ja, absolut, warum denn nicht?<br />

Fertigprodukt bedeutet ja nur, dass es<br />

nach dem Erwärmen verzehrfertig ist.<br />

Ich lege also bei meiner Beurteilung<br />

von Fertiggerichten den gleichen Maßstab<br />

an, den ich auch bei Selbstgekochtem<br />

anlege. Überhaupt finde ich,<br />

dass die Bezeichnung Konserve bzw.<br />

Fertiggericht viel zu negativ besetzt<br />

ist. Es geht ja darum, Produkte haltbar<br />

zu machen. Und wenn das behutsam<br />

und sauber gemacht wird, sowie auf<br />

Zusatzmittel verzichtet wird, dann<br />

steht dem Hochgenuss aus Glas oder<br />

Dose nichts im Weg.<br />

Welches Genusserlebnis ist dir am<br />

stärksten in Erinnerung geblieben?<br />

Auf Studienfahrt in Apulien haben<br />

wir einen Mozzarella-Produzenten<br />

besucht. Es war noch sehr früh am<br />

Tag. Der Vorgang der Mozzarella-<br />

Herstellung ist ein sehr ästhetischer<br />

Prozess: Die Kessel dampfen, es<br />

wird gerührt, in der Luft liegt der Duft<br />

gekochter Milch und Sahne, dann zieht<br />

es Fäden ... Wir konnten die frisch<br />

zubereitete Burrata probieren, ohne<br />

Würze, ohne alles. Das war ein absolutes<br />

Highlight und den Geschmack<br />

werde ich nie vergessen.<br />

6<br />

Gourmondo MAGAZIN<br />

INSIDE GOURMONDO<br />

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