Schauspielhaus Zürich 2016/17
SHZ_Saison_2016_17
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Pfauen<br />
Premiere am 14. Januar 20<strong>17</strong><br />
Onkel Wanja<br />
von Anton Tschechow<br />
Regie Karin Henkel<br />
Bühne Stéphane Laimé<br />
„Bei diesem Wetter wäre es schön, sich<br />
aufzuhängen.“<br />
aus „Onkel Wanja“<br />
Wie ein parasitärer Despot lebt Professor<br />
Serebrjakow auf dem Gut seiner verstorbenen<br />
ersten Frau. Mutter, Tochter und Onkel<br />
Wanja, der Bruder der Verstorbenen, schuften<br />
für den Erhalt des Guts, der Professor<br />
hingegen lebt mit seiner neuen Gattin Elena<br />
von dem Besitz und dessen Erträgen ganz<br />
selbstverständlich. Wie ein Vampir saugt er<br />
die Lebenskraft aus allen Menschen, die er<br />
trifft, und er wird dafür gehasst wie verehrt.<br />
Das Leben auf dem Gut stagniert, unerwiderte<br />
Liebe wird nicht erlöst, die Langeweile<br />
nicht unterbrochen, die Sehnsucht nach<br />
einem sinnvollen Dasein nicht erfüllt. Und<br />
auch wenn der Grund für die erstarrten<br />
Lebensentwürfe sich im Professor zu personifizieren<br />
scheint, ist es letztlich der verstellte<br />
Realitätssinn, der die Figuren in dieser<br />
demütigenden und harten Existenz festhält.<br />
Wäre da bloss nicht permanent der letzte<br />
Funken Hoffnung auf ein besseres Leben!<br />
Diesen Zustand, in dem sich Gefangenschaft<br />
und Passivität wechselseitig bedingen,<br />
bringt Tschechow in seiner Bühnenbildbeschreibung<br />
auf den Punkt: einerseits<br />
„ein Käfig mit einem Star“ und an der Wand<br />
daneben „eine Landkarte von Afrika, die<br />
keinen mehr zu interessieren scheint.“ Als<br />
der Professor das Gut verkaufen will – weil<br />
er nicht länger unter diesen „dummen<br />
Menschen“ sein möchte – versucht Onkel<br />
Wanja einen einzigen ungezügelten Ausbruch<br />
aus dieser gespenstischen Abhängigkeit.<br />
Vergebens.<br />
Tschechows Komödien erzählen vom Verfall<br />
des geistigen und gemeinschaftlichen<br />
Lebens, von Einsamkeit und Mutlosigkeit<br />
einerseits und der urmenschlichen Hoffnung<br />
auf die bevorstehende Veränderung andererseits.<br />
Karin Henkel hat sich mit dem Autor Anton<br />
Tschechow schon mehrfach befasst. Sie<br />
inszenierte bereits erfolgreich „Platonow“,<br />
„Der Kirschgarten“ und „Drei Schwestern“.<br />
In <strong>Zürich</strong> zeigte sie zuletzt die Grossprojekte<br />
„Die zehn Gebote“ und „Elektra“ in der Halle.<br />
xxx Gottfried Breitfuss 28<br />
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