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Leo Juni 2016

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Film<br />

Natürlich sind mir Parallelen aufgefallen. Was Mary und<br />

Veronica – neben ihrem Hunger nach Wahrheit und der<br />

Leidenschaft für investigativen Journalismus – gemeinsam<br />

haben, ist ohne Frage ihr Missfallen an Scheinheiligkeit<br />

und ihre Abneigung gegen sogenannte Bullys, also<br />

Leute, die andere Menschen schikanieren, einschüchtern<br />

und mobben. Gleichzeitig denke ich, dass sie sehr unterschiedlich<br />

mit solchen Tyrannen umgegangen sind. Während<br />

Veronica Guerin eher ein einsamer Wolf war, agierte<br />

Mary stets als Team-Player. Abgesehen davon, dass sie<br />

hinter der Kamera und auch in ihren Storys im Hintergrund<br />

blieb, während Veronica sich und ihre persönliche<br />

Meinung vehement in ihre Texte einbrachte.<br />

SIE HABEN SCHON DIE EIGENEN ERFAHRUNGEN MIT DER<br />

PRESSE ANGEDEUTET. FÜHLEN SIE SICH ALS FILMSTAR DA<br />

OFT BELÄSTIGT?<br />

Als Filmstar? So sehe ich mich selbst ehrlich gesagt<br />

nicht. Ich bin Schauspielerin, nicht mehr und nicht weniger.<br />

Außerdem habe ich vier Kinder und bin in Sidney<br />

mit unserer Theaterkompanie beschäftigt. Alles andere<br />

interessiert mich nicht, deswegen findet man mich auch<br />

weder bei Facebook und Twitter noch bei Instagram.<br />

Dass es Menschen gibt, die sich für mich und mein Leben<br />

interessieren, sehe ich eher als Luxusproblem. Wobei<br />

ich selbst das gar nicht nachvollziehen kann. Persönlich<br />

jedenfalls finde ich es im Kino am schönsten, so wenig<br />

wie möglich über die Leute dort auf der Leinwand zu<br />

wissen. Nur so kann man sich doch wirklich auf die Rollen<br />

einlassen, die sie spielen.<br />

AB 2. JUNI IM KINO<br />

IN DER TAT IST ES EIGENTLICH ERSTAUNLICH, WIE SELTEN<br />

SIE IN DEN KLATSCHBLÄTTERN ZU FINDEN SIND ...<br />

Dabei ist es keine Zauberei. Ich spreche einfach nicht<br />

über mein Privatleben, fertig. Und Urlaubsfotos stelle ich<br />

auch keine ins Netz. Je nachdem, mit wem man ausgeht<br />

und wo man seine Abende verbringt, sieht die Sache<br />

natürlich anders aus. Aber das hat man ja durchaus selbst<br />

in der Hand. Wobei ich schon staune, wie sich diese<br />

Klatsch-Berichterstattung in den letzten 15 Jahren verändert<br />

hat. Als ich damals meine Karriere begann, wurde<br />

man ohne Frage deutlich weniger behelligt.<br />

DANN LASSEN SIE UNS DOCH ZUM ABSCHLUSS NOCH<br />

KURZ ÜBER „CAROL“ SPRECHEN, DER INZWISCHEN AUF<br />

DVD ERSCHIENEN IST. WAS MACHT DEN FILM FÜR SIE SO<br />

BESONDERS?<br />

Oh, ganz viele Aspekte. Zum einen erzählt er einfach eine<br />

wunderschöne Geschichte über das Verlieben. Und zwar<br />

ganz allgemein, auch wenn natürlich sowohl der Altersunterschied<br />

der beiden Frauen als auch das Außenseiterdasein<br />

ihrer Liebe – sprich: Homosexualität in den<br />

Fünfzigerjahren – dabei eine wichtige Rolle spielen. Zum<br />

anderen war es für mich ohne Frage Todd Haynes, der<br />

„Carol“ zu einem außergewöhnlichen Film machte.<br />

WARUM DAS?<br />

Er ist einfach anders als alle anderen Regisseure, mit denen<br />

ich je gearbeitet habe – was ich ja durch unsere erste Zusammenarbeit<br />

bei „I’m Not There“ schon wusste. Er hat einerseits<br />

den Hunger und die Risikobereitschaft eines Filmstudenten,<br />

andererseits aber die Expertise, die Weitsicht und das Feingefühl<br />

eines großen Meisters. Das Verschmelzen dieser beiden<br />

Elemente sorgt in der Arbeit mit ihm für eine Atmosphäre, die<br />

ich sonst noch nie erlebt habe.<br />

•Interview: Jonathan Fink

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