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Gesamtvorschau Herbst 2016 Obelisk Verlag

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Leseprobe:<br />

Die Maroni waren richtig heiß, er verbrannte sich fast die Finger beim Schälen der ersten. So gut<br />

hatten sie nur geschmeckt, als er noch klein gewesen war und mit seinem Großvater Maroni gegessen<br />

hatte. Damals war das Stanitzel aus Zeitungspapier gewesen. Die Schalen hatten sie nach<br />

Hause mitgenommen und im Herd verbrannt. Die hatten anders geknistert als Holz.<br />

Direkt gegenüber ging in zwei Fenstern Licht an. Das eine Fenster füllte ein riesiger Christbaum,<br />

Kugeln glänzten in allen Farben, Wunderkerzen spuckten Sterne, Gold glitzerte. Man sah schön<br />

gekleidete Menschen singen, im Hintergrund begleitet von einer zarten Frau am Klavier. Münder,<br />

die auf und zu gehen, sehen schon sehr seltsam aus, dachte der Schneeschaufler. So ganz ohne<br />

Ton. Man versucht zu raten, welches Lied sie gerade singen. Er wusste es nicht.<br />

In dem zweiten Fenster versuchte ein Mann, eine Glühbirne auszuwechseln. Es gelang ihm nicht.<br />

Er stieg auf einen Stuhl, streckte sich, viel zu weit. Gleich fällst du, dachte der Schneeschaufler.<br />

Du bist doch wirklich ein Trottel, in deinem Alter solltest du es besser wissen. Da hüpfte der Mann<br />

überraschend geschickt herunter. Der Schneeschaufler war richtig erleichtert. Jetzt würde der<br />

Mann doch den Stuhl dorthin rücken, wo er leichter an den Luster herankam. Aber nein. Den Kerl<br />

hatte der Ehrgeiz gepackt. Der Schneeschaufler schüttelte den Kopf. Er hatte keine Lust, einem Unfall<br />

zuzuschauen. Soll ich einen Schneeball gegen das Fenster werfen? Aber dann würde der Mann<br />

erschrecken und erst recht vom Stuhl fallen. In dem Moment ging hinten im Zimmer eine Tür auf,<br />

ein junger Mann kam herein, und der Alte hielt ihm die Glühbirne entgegen.<br />

Der Schneeschaufler schälte eine zweite Maroni. Was raschelte da rechts von ihm?<br />

Jetzt sah er das Eichhörnchen, das auf den Hinterbeinen saß, den Schwanz in der Höhe, und ihn<br />

anschaute. Mit möglichst langsamen Bewegungen reichte er ihm die Maroni. Das Eichhörnchen<br />

drehte sie in den kleinen Händen hin und her, dann knabberte es ein Stück ab, drehte die Maroni<br />

weiter, biss wieder ab – weg war sie. Mit deutlichen Ke-ke-keck-Schnalzlauten forderte es ihn auf,<br />

weitere Maroni herzugeben. Der Schneeschaufler lachte. Das Eichhörnchen ließ sich nicht stören.

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