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Festbuch 120 Jahre MGV

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Konstantin Groß<br />

VomLied<br />

zum Song<br />

<strong>120</strong> <strong>Jahre</strong> Chorgesang in Rheinau<br />

Herausgegeben vom Männergesangverein 1896 Mannheim-Rheinau e. V.


„Nicht die Glücklichen sind dankbar.<br />

Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“<br />

Francis Bacon (1561-1626), englischer Philosoph


Konstantin Groß<br />

Vom Lied zum Song<br />

<strong>120</strong> <strong>Jahre</strong> Chorgesang in Mannheim-Rheinau<br />

Herausgegeben vom Mannergesangverein 1896 Mannheim-Rheinau e. V.


6<br />

Gewidmet den Mitgliedern des Männergesangvereins 1896 Mannheim-Rheinau e. V.<br />

Impressum:<br />

Autor: Konstantin Groß, Mannheim.<br />

Herausgeber: Männergesangverein 1896 Mannheim-Rheinau e. V.<br />

V.i.S.d.P.: Der Vorsitzende, Jürgen Ruf, Mannheim-Rheinau.<br />

Titelgestaltung: Christof Grall, Mannheim-Rheinau<br />

Druck: Druckerei Grall GmbH & Co. KG, Mannheim.<br />

Es gilt die modifizierte „Neue Rechtschreibung“.<br />

Anzeigenteil in ausschließlicher Verantwortung des Vereins.<br />

Die bibliographischen Daten des Werkes lauten:<br />

Groß, Konstantin: „Vom Lied zum Song“<br />

<strong>120</strong> <strong>Jahre</strong> Chorgesang in Mannheim-Rheinau.<br />

Verlag Druckerei Grall GmbH & Co. KG, Mannheim.<br />

ISBN: 987-3-9815339-4-1<br />

Das Werk ist in allen seinen Bestandteilen – Textbeiträgen und Abbildungen – urheberrechtlich<br />

geschützt. Die Rechte liegen, soweit nicht für andere angegeben, ausschließlich beim Autor. Die<br />

Verwendung der in diesem Werk enthaltenen Abbildungen und Texte, auch auszugsweise, in anderen<br />

Publikationen, Büchern, Zeitschriften, Zeitungen oder im Internet ist ausdrücklich untersagt<br />

– mit der Ausnahme vorheriger und schriftlicher Genehmigung des Autors. Zuwiderhandlungen<br />

werden automatisch juristisch geahndet.<br />

© 2016 by Konstantin Groß, Mannheim


7<br />

Inhalt<br />

Zum Geleit<br />

Die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland 8<br />

Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 10<br />

Ministerpräsident a. D. Erwin Teufel 12<br />

Der Oberbürgermeister der Stadt Mannheim 14<br />

Der Autor 16<br />

Der Vorsitzende des <strong>MGV</strong> 1896 Mannheim-Rheinau e. V. 18<br />

Historische Darstellung<br />

Entwicklung des Vereins 20<br />

Frauenchor 62<br />

Jugend 74<br />

Feste und Veranstaltungen 78<br />

Soziales und bürgerschaftliches Engagement 85<br />

Auftritte und Konzerte 92<br />

Ausflüge und Reisen 98<br />

Partnerschaft mit der Gemeinde Neuschönau 108<br />

Vereinslokal 110<br />

Dirigenten 114<br />

Vorsitzende 122<br />

Vereinsfahne 128<br />

Jubiläen 132<br />

Über dieses Buch<br />

Informationen über den Autor 144<br />

Bild- und Quellennachweis 145<br />

Förderer dieses Buches und des Jubiläums insgesamt 147<br />

Personenverzeichnis 171


8<br />

Dr. Angela Merkel<br />

Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland


9<br />

Büro der Bundeskanzlerin<br />

Sehr geehrter Herr Ruf,<br />

liebe Mitglieder des Männergesangvereins 1896 Mannheim-Rheinau,<br />

in diesem Jahr begeht der Männergesangverein 1896 Mannheim-Rheinau sein <strong>120</strong>-<br />

jähriges Jubiläum und darüber hinaus das 30-jährige Bestehen seines Frauenchors.<br />

Zu beiden Ereignissen gratuliert Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Ihnen sehr herzlich.<br />

In einem Brief an einen Freund schrieb Johann Wolfgang von Goethe über seine Arbeit<br />

einmal: „Was man nicht liebt, kann man nicht machen.“ Dieser Ausspruch hat bis heute<br />

nichts von seiner Gültigkeit verloren. Erfolg hängt nicht alleine von Wissen und Erfahrung<br />

ab, sondern auch von dem persönlichen Engagement, sich mit Begeisterung für eine<br />

Sache oder ein Ziel einzusetzen. Der 1896 gegründete Verein veranstaltet nicht nur Konzerte,<br />

sondern verbindet seine Aufführungen auch mit der Unterstützung von sozialen<br />

und karitativen Einrichtungen. Dafür gebührt Ihnen allen Lob und Anerkennung.<br />

Gewiss können alle Mitstreiterinnen und Mitstreiter auf viele erfreuliche Begebenheiten<br />

zurückblicken, an die Sie sich anlässlich Ihres Ehrentages besonders gerne erinnern.<br />

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel wünscht Ihnen für die Zukunft alles Gute, vor allem<br />

Glück, Gesundheit und Wohlergeben sowie weiterhin Erfolg und gutes Gelingen bei<br />

allem, was Sie sich vorgenommen haben.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Michaela Rutow<br />

Büro der Bundeskanzlerin


10<br />

Sigmar Gabriel<br />

Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands<br />

Stellvertreter der Bundeskanzlerin<br />

Foto: Dominik Butzmann


11<br />

Sozialdemokratische Partei Deutschlands<br />

Der Vorsitzende<br />

Zum <strong>120</strong>-jährigen Jubiläum des Männergesangvereins 1896 Mannheim-Rheinau e. V.<br />

gratuliere ich dem Verein und allen seinen Mitgliedern von Herzen. Ebenso möchte ich<br />

dem Frauenchor des <strong>MGV</strong> 1896 Mannheim-Rheinau meine Glückwünsche zum 30-<br />

jährigen Bestehen übermitteln.<br />

Seit <strong>120</strong> <strong>Jahre</strong>n pflegt Ihr Verein Liedgut und Kultur in Ihrer Region und leistet damit<br />

schon seit Generationen einen wesentlichen Beitrag für das kulturelle Leben in der Region.<br />

„Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder“ – das ist ein gutes Motto, das ausdrückt: Das<br />

gemeinsame Singen ist mehr als der Vortrag von Liedtext und Melodie. Es ist auch Anlass<br />

zum Beisammensein, zum Austausch und zum Miteinander. So entsteht nicht nur<br />

Musik auf höchstem künstlerischen Niveau, sondern nicht zuletzt auch gesellschaftlicher<br />

Zusammenhalt.<br />

In Deutschland sind mehr als 23 Millionen Menschen ehrenamtlich engagiert. Das ist<br />

ein großer Schatz für uns alle. Denn die freiwillige gemeinschaftliche Arbeit in den Städten<br />

und Gemeinden ist der Kitt unserer Gesellschaft. Dafür danke ich allen Ehrenamtlichen<br />

sehr herzlich und spreche ihnen meine große Anerkennung aus.<br />

Aber die Politik darf es nicht beim Dank an die Ehrenamtlichen belassen. Sie steht in<br />

der Pflicht, zur ehrenamtlichen Arbeit zu ermutigen und dieses wertvolle Engagement<br />

zu stärken und zu stützen. Die SPD setzt sich das ausdrücklich zum Ziel.<br />

Dem <strong>MGV</strong> 1896 Mannheim-Rheinau wünsche ich auch für die kommende Zeit viel<br />

Sangesfreude, begeisterte Zuhörer und Mitsinger sowie ein tolles Fest am 7. Mai 2016.<br />

Mit herzlichen Grüßen<br />

Sigmar Gabriel<br />

Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands


12<br />

Dr. h. c. Erwin Teufel<br />

Ministerpräsident a. D. des Landes Baden-Württemberg


13<br />

Dr. h. c. Erwin Teufel<br />

Ministerpräsident a. D.<br />

Rheinau ist ein starker Stadtteil von Mannheim. Über 26.000 Einwohner machen die<br />

Größe einer „Großen Kreisstadt“ unseres Landes aus. Rheinau hat einen großen Rheinhafen,<br />

eine starke Industrie mit Energie, Forschung und vielen Arbeitsplätzen. Rheinau<br />

kann sich sehen lassen, weit über Mannheim hinaus. Dazu trägt auch die Kirche „St. Theresia<br />

vom Kinde Jesu“ auf dem Pfingstberg bei.<br />

Doch was wäre Rheinau ohne seine Vereine. Einer ist fast so alt wie die Rheinau selbst:<br />

der Männergesangverein 1896 Rheinau. Er hat Weltkriege und Notzeiten überlebt und<br />

mit dem Lied und dem Chorgesang die Gemeinschaft der Rheinauer gefestigt und seine<br />

Mitbürger erfreut. Er hat den <strong>Jahre</strong>sablauf begleitet und viele Veranstaltungen mit dem<br />

Chorgesang zu einem Fest gemacht.<br />

Vor 30 <strong>Jahre</strong>n hat der Männergesangverein 1896 Rheinau auch einen Frauenchor gegründet.<br />

Mit seinem Gesang hat auch der Frauenchor viele Menschen erfreut und den<br />

Chormitgliedern eine gute Gemeinschaft und einen Ort der Begegnung ermöglicht.<br />

Ich sage allen Aktiven aller Zeiten, den Sängerinnen und Sängern und den Vorstandsmitgliedern<br />

ein herzliches Wort der Anerkennung.<br />

Ich wünsche dem Männergesangverein 1896 Rheinau ein schönes Jubiläumsfest und<br />

eine gute Zukunft in Frieden und Freiheit.<br />

Ich schließe mit dem schönen Gedicht von Josef von Eichendorff:<br />

„Schläft ein Lied in allen Dingen / Die da träumen fort und fort /<br />

Und die Welt fängt an zu singen, triffst Du nur das Zauberwort.“<br />

Erwin Teufel<br />

Ministerpräsident a. D.


14<br />

Dr. Peter Kurz<br />

Oberbürgermeister der Stadt Mannheim


15<br />

STADT MANNHEIM<br />

Der Oberbürgermeister<br />

Der Männergesangverein 1896 Mannheim-Rheinau e. V. feiert in diesem Jahr ein Doppeljubiläum:<br />

das <strong>120</strong>-jährige Bestehen des Vereins und die Gründung seines Frauenchors<br />

vor 30 <strong>Jahre</strong>n. Hierzu gratuliere ich dem Vorstand und seinen Mitgliedern persönlich sowie<br />

namens des Gemeinderates der Stadt Mannheim sehr herzlich.<br />

Der <strong>MGV</strong> ist der zweitälteste der über 50 Vereine in Rheinau und der älteste noch<br />

bestehende Gesangsverein im heutigen Mannheimer Stadtteil. Als erster in der Region<br />

verpflichtete er 1983 mit Lucia Lewczuk eine Dirigentin; 1985 erfolgte schließlich auf<br />

Anregung des heutigen Vorsitzenden Jürgen Ruf und seiner Frau die Gründung des<br />

Frauenchors.<br />

Für mich erfüllt die ehrenamtliche Arbeit der Musik- und Gesangsvereine vor Ort einen<br />

wichtigen Teil der Aufgabe von Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft. Gemeinsames<br />

Musizieren verbindet und vermittelt ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Miteinanders.<br />

Aus vielfältiger Erfahrung wissen das auch die Mitglieder und Freunde des<br />

Männergesangvereins 1896 Mannheim-Rheinau und seines Frauenchores.<br />

Mit den musikalischen Aktivitäten des Vereins – eigene Konzerte und musikalische Umrahmung<br />

von Veranstaltungen – ist der Verein eine wichtige Säule des Stadtteillebens in<br />

Rheinau. Dazu gehören der „Große Rheinauer Neujahrsempfang“ der Rheinauer Vereine,<br />

das „Kleine Rheinauer Maibaumfest“, das „Große Rheinauer Stadtteilfest“, die Gedenkveranstaltung<br />

zum Volkstrauertag und der Weihnachtsmarkt der BASF-Siedlergemeinschaft<br />

Rheinau-Süd. Eine besondere gesellige Aktivität ist die alljährliche Ausrichtung des „Kurpfälzer<br />

Schlachtfestes“, mit der der Verein die Kerwe-Tradition im Stadtteil bewahrt.<br />

Mit Benefizkonzerten, deren Erlöse in den Stadtteil zurückfließen, und regelmäßigen<br />

Konzertdarbietungen im Wohnhaus Stengelhof der Lebenshilfe und im Seniorenheim<br />

Almenhof ist der <strong>MGV</strong> Rheinau 1896 und sein Frauenchor Vorbild für soziales Engagement.<br />

Mitglieder des Vereins stellen ihre Arbeitskraft immer wieder ehrenamtlich in den<br />

Dienst von Projekten für den Stadtteil, z. B. für die ehrenamtliche Renovierung der Trauerhalle<br />

des Rheinauer Friedhofs und des Denkmals auf dem Rheinauer Marktplatz.<br />

Daher ist mir das Doppeljubiläum des Vereins ein willkommener Anlass, dem Vorstand,<br />

den Chorleitern sowie allen Mitgliedern und Förderern für ihr hervorragendes Engagement<br />

im Stadtteil Rheinau und in der Stadt Mannheim zu danken.<br />

Ich wünsche dem Männergesangverein 1896 Mannheim-Rheinau e. V. und seinem<br />

Frauenchor ein gutes Gelingen der bevorstehenden Veranstaltungen im Jubiläumsjahr<br />

und für alle zukünftigen Aktivitäten weiterhin den verdienten Erfolg.<br />

Dr. Peter Kurz<br />

Oberbürgermeister der Stadt Mannheim


16<br />

Vorbemerkung des Autors<br />

Wer seine Geschichte, also seine Herkunft, nicht kennt,<br />

dessen Leben fehlt etwas. Bei Waisen und Adoptivkindern<br />

beobachten wir daher das Phänomen, dass sie unmittelbar<br />

nach Einsetzen selbstständigen Denkens die Ursprünge<br />

ihres Seins, ihrer Identität, zu erforschen beginnen. Das<br />

zeigt: Der Mensch als Kulturwesen will wissen, ja er muss<br />

wissen, woher er kommt. Bei einer Gruppe von Menschen,<br />

einem Verein, ist dies keineswegs anders.<br />

Insofern ist es richtig und wichtig und mehr als nur ein Ritual, dass der Männergesangverein<br />

1896 Rheinau aus Anlass seines <strong>120</strong>-jährigen Bestehens und des 30. Geburtstages<br />

seines Frauenchors eine umfassende Darstellung seiner Geschichte und seiner Aktivitäten<br />

in Angriff genommen hat. Mir selbst wiederum ist es eine große Ehre und Freude,<br />

vom Vorstand mit dieser Aufgabe betraut worden zu sein. Der entsprechenden Bitte<br />

des Vorsitzenden Jürgen Ruf bin ich daher gerne nachgekommen.<br />

Ich selbst kenne den Verein seit 32 <strong>Jahre</strong>n aus eigener Anschauung. Als ich 1984 meine<br />

journalistische Arbeit für den „Mannheimer Morgen“ begann, da waren die Veranstaltungen<br />

des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau die ersten, über die ich berichten durfte. Von den damaligen<br />

Verantwortlichen des Vereins bin ich von Anfang an und vorbehaltslos herzlich aufgenommen<br />

worden. In diesem Verein haben ich und nach unserer Hochzeit auch meine<br />

Frau Birgitt uns immer ausgesprochen wohl, ja zu Hause gefühlt. Zu den Aktiven, für die<br />

ich an dieser Stelle stellvertretend die langjährige Dirigentin Lucia Lewczuk und ihre liebe<br />

Familie nennen möchte, sind Bindungen entstanden, die über die Aktivität beim <strong>MGV</strong><br />

1896 Rheinau hinaus tragen. Die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Vereins an<br />

mich war eine Auszeichnung, auf die ich stolz bin.<br />

Das vorliegende Werk gliedert sich in zwei große Bestandteile: erstens den zusammenfassenden<br />

Überblick über die Gesamtgeschichte des Vereins sowie zweitens die<br />

Darstellung der einzelnen Bereiche seines Wirkens. Was im Überblick nur angerissen<br />

werden kann, wird in den einzelnen thematischen Kapiteln ausführlich vertieft. Inhaltliche<br />

Überschneidungen sind dabei nicht nur unvermeidlich, sondern bewusst gewollt.<br />

Bei der inhaltlichen Ausgestaltung ließ mir der Verein völlig freie Hand. Das war auch<br />

nicht anders denkbar. Wer einen studierten Historiker und noch dazu einen alleine der<br />

Objektivität verpflichteten unabhängigen Journalisten mit einem solchen Projekt beauftragt,<br />

der kann kein unkritisches Jubelbuch erwarten. Ein solches ist es auch nicht geworden.<br />

Und so enthält dieses Werk durchaus Fakten und Wertungen, die – obgleich<br />

belegbar – Manchem für eine Jubiläumsveröffentlichung möglicherweise als zu kritisch<br />

und damit als entbehrlich erscheinen mögen. Doch die Darstellung von Leistungen und


17<br />

Erfolgen, dies ist meine feste Überzeugung, wird nur dann glaubhaft, wenn ebenso ehrlich<br />

Probleme und Fehlentwicklungen aufgezeigt werden.<br />

Sämtliche Daten und Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert,<br />

bearbeitet und veröffentlicht, das gesamte Manuskript vom Vorsitzenden des Jubelvereins<br />

in seiner Funktion als Herausgeber dieses Werkes gegengelesen; gleichwohl<br />

bleibt manche Unsicherheit, wird sich ab und an sogar ein Fehler eingeschlichen haben<br />

können. Für Korrekturen, aber auch andere Hinweise nach Erscheinen dieses Werkes<br />

sind die Verantwortlichen daher ausgesprochen dankbar. Alle Leser seien ausdrücklich<br />

ermuntert, sich diesbezüglich bei mir zu melden (konstantin.gross1@gmx.de).<br />

Bei allen, die mich in welcher Weise auch immer, bei der Vorbereitung und Abfassung<br />

dieses Werkes unterstützt haben, darf ich mich ganz herzlich bedanken. Vor allem jedoch<br />

danke ich meiner Ehefrau Birgitt, die mich in der langen Zeit der Vorbereitung und<br />

Abfassung dieses Werkes in vielen Stunden, die eigentlich der gemeinsamen Lebensgestaltung<br />

hätten dienen können, hat entbehren müssen. Gleichwohl hat sie mein zeitlich<br />

aufwändiges und zuweilen auch nervlich aufreibendes Tun nicht nur ertragen, sondern<br />

mit ganzer Kraft und aus vollem Herzen unterstützt. Ohne ihr Mittun gäbe es dieses<br />

Buch, zumindest von mir, nicht.<br />

Bei seiner Lektüre wünsche ich allen Lesern interessante Erkenntnisse und ab und an<br />

auch mal ein Schmunzeln; ich jedenfalls hatte bei der Erarbeitung beides.<br />

Konstantin Groß<br />

Ehrenmitglied des Männergesangvereins 1896 Mannheim-Rheinau e. V.


18<br />

An Stelle eines Grußwortes<br />

Interview mit dem Vereinsvorsitzenden Jürgen Ruf<br />

Jürgen Ruf, geboren am 11. Mai 1942, steht seit dem 9. Januar<br />

2008 an der Spitze des Männergesangvereins 1896<br />

Rheinau, der in diesem Jahr sein <strong>120</strong>-jähriges Bestehen und<br />

30 <strong>Jahre</strong> Frauenchor im <strong>MGV</strong> feiert. Aus diesem Anlass führte<br />

der Autor dieser Festschrift, Konstantin Groß, mit ihm das<br />

nachfolgende Gespräch.<br />

Wann und wie hatten Sie zum ersten Mal Kontakt mit dem <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau?<br />

„Das kam durch die Eltern. Mit ihnen war ich – ich glaube, es war 1952 – zum ersten Mal auf<br />

einem der Waldfeste, die der Verein damals immer im Juli am Waldgartenweg/Ecke heutiger<br />

Rheinauer Ring gefeiert hat. Das Fest dauerte drei Tage. Der Chor hat gesungen, im Freien<br />

wurde getanzt. Und für die Verpflegung gab es Wurst mit Brot. Ungefähr Mitte der fünfziger<br />

<strong>Jahre</strong>n wurden diese Veranstaltungen dann eingestellt. Als ich in den Verein eingetreten bin,<br />

gab es die Waldfeste schon nicht mehr.“<br />

Wie kam es zu Ihrem Eintritt in den <strong>MGV</strong>?<br />

„Der Sohn von Walter Morath sen., der damals schon Sänger und später Vizedirigent beim<br />

<strong>MGV</strong> war, und ich waren Schulkollegen. Daher war ich öfters bei Moraths zu Hause in der<br />

Karl-Schwaner-Straße. Und so kam der Kontakt zu Stande. Mit Günther Nessel bin ich dann<br />

kurz nach der Rheinauer Kerwe 1958 in den Verein eingetreten. Damals war ich 16 <strong>Jahre</strong> alt.“<br />

Warum sind Sie als so junger Mensch überhaupt in einen Gesangverein gegangen?<br />

„Für Sport, egal ob Fußball oder Handball, war ich in meiner Jugend auf Grund meiner Konstitution<br />

eher ungeeignet. Als Junge hatte ich bei einer Größe von 1,47 m ein Kampfgewicht<br />

von 74 kg! Da blieb mir als Freizeitbeschäftigung nur der Gesangverein.“<br />

Aber die fünfziger <strong>Jahre</strong> waren doch eher die Zeit von Bill Hailey und Elvis Presley?<br />

„Ja, schon, aber auf der Rheinau hat sich das nicht so niedergeschlagen. Damals gab es hier<br />

keine richtige Jugendszene. Der einzige Ort, an dem sich die Jugendlichen abends trafen, war<br />

der Kiosk am Apollo-Kino in der Relaisstraße. Manchmal haben wir vor der katholischen Kirche<br />

gewartet, bis die Mädchen aus der Jungschar kamen. Einmal kam der Pfarrer Egger dazu<br />

und hat sogar die Polizei gerufen. Das waren eben ganz andere Zeiten damals.”


19<br />

Apropos andere Zeiten: Wie stellte sich der <strong>MGV</strong> dar, als Sie dazugestoßen sind?<br />

„Wir waren damals 50 Sänger, dirigiert von dem Dirigenten Erich Bender aus Plankstadt. Die<br />

Singstunden fanden beim Flörsch, also in der Gaststätte „Rheinauhafen“ in der Stengelhofstraße/Ecke<br />

Karlsruher Straße, statt, und zwar immer dienstags von 20 bis 21.30 Uhr, zwischendrin<br />

mit einer Viertel Stunde Pause.“<br />

Welches Liedgut wurde gesungen?<br />

„Das waren vor allem Weinlieder oder auch Volkslieder. An einen Titel erinnere ich mich noch<br />

genau: Wo’s Dörflein traut zu Ende geht/Wo’s Mühlenrad am Bach sich dreht/Dort steht in<br />

duft’gem Blütenstrauß/Mein liebes, altes Elternhaus./Dahin, dahin verlangt mein Sehnen/<br />

Ich denke Dein gar oft mit Tränen/Mein Elternhaus, so lieb und traut/Das ich schon lang<br />

nicht mehr geschaut!”<br />

Wie sind Sie als Jugendlicher von den gestandenen Sängern aufgenommen worden?<br />

„Sehr gut. Es war von Anfang an eine enge Kameradschaft zwischen Jung und Alt.“<br />

Wann war Ihr erster öffentlicher Auftritt als Sänger?<br />

„Das war bei der Weihnachtsfeier 1958 im Saal der TSG Rheinau. Die Weihnachtsfeiern waren<br />

damals noch ganz anders als später: Sie fanden samstagabends statt und waren außerdem<br />

noch ohne Kinder.“<br />

Wie ging Ihre Karriere im Gesangverein weiter?<br />

„Na ja, ich war normaler Sänger – mit kurzer Pause wegen meiner Bundeswehrzeit und nach<br />

meiner Hochzeit 1965. Und wenn anzupacken war, habe ich immer mitgeschafft. 1978 bin<br />

ich dann Mitgliederwart im Vorstand geworden.“<br />

Was hat man sich denn darunter vorzustellen?<br />

„Das ist ein Amt, das damals erst neu geschaffen wurde, um die Verwaltung der Mitglieder<br />

besser zu organisieren. Für mich war das natürlich eine Herausforderung, denn ich war ja<br />

kein Kaufmann, sondern Handwerker. Insofern bin ich einigermaßen stolz, dass ich damals<br />

das Mitglieder- und Ehrungswesen neu organisiert bzw. erst aufgebaut habe.“<br />

Können Sie ein Beispiel nennen?<br />

„Bis 1982 wurde bei jedem Mitglied persönlich kassiert. Wenn der Betreffende bezahlt hatte,<br />

dann wurden für den betreffenden Zeitraum Beitragsmarken in ein Mitgliedsbuch eingeklebt.<br />

Auch das Ehrungswesen war noch nicht optimal organisiert. Durch Vermittlung meines<br />

Sangesfreundes Günter Friedrichs, der auch im Fußballkreis engagiert war, habe ich mir beim<br />

Fußballkreis-Vorsitzenden Kurt Gaissert erst einmal die Informationen darüber besorgt, wie<br />

man eine Landesehrennadel für ein verdientes Vereinsmitglied beantragt.“<br />

Fast 60 <strong>Jahre</strong> Engagement im und für den <strong>MGV</strong> – worauf sind Sie besonders stolz?<br />

„Ich würde sagen: Dass der Frauenchor gegründet wurde. Meine Frau hat mich auf die Idee<br />

gebracht, als wir 1982 bei einem Konzert in der Konrad-Duden-Schule den Frauenchor des<br />

Gesangvereins Frohsinn Hochstätt-Pfingstberg gehört haben. Und ich habe diese Initiative<br />

dann in den Vorstand des <strong>MGV</strong> eingebracht, und die Sache hat ihren Lauf genommen.“<br />

Was war oder ist für Sie das Schöne im <strong>MGV</strong>?<br />

„Der Zusammenhalt untereinander. Ich habe viele schöne Zeiten erlebt. Der <strong>MGV</strong> war ein<br />

Verein, der Niveau hatte. So lange ich kann, werde ich daher für den <strong>MGV</strong> arbeiten.“


20<br />

Zeittafel<br />

1896 (05.05.) Gründung des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau<br />

1897 (10.06.) Gründung des zweiten Rheinauer Gesangvereins „Liederkranz“<br />

1904 (14.05.) Fahnenweihe des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau<br />

1914 (25.09.) Vorstand beschließt Unterstützungsaktion für Sänger an der Front<br />

1931 (24.10.) Tiefststand des Vereins nach der Weltwirtschaftskrise<br />

1933 (10.06.) <strong>MGV</strong> umrahmt Einweihung des Kriegerdenkmals auf dem Marktplatz<br />

1933 (30.08.) Politische Gleichschaltung des Vereins: Philipp Held Vorsitzender<br />

1933 (10.10.) Zwangsweise Eingliederung des Arbeitersängerbundes Rheinau<br />

1944 (01.08.) Einstellen der Singstunden auf Grund der Luftangriffe<br />

1945 (10.11.) Erste Generalversammlung nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

1946 (10.06.) Erster öffentlicher Auftritt nach dem Kriege: beim „Bunten Abend“ der SPD<br />

1946 (04.11.) Vorstand berät erstmalige Gründung eines Frauenchors<br />

1947 (18.01.) Generalversammlung: Erster Frauenchor zählt 30 Mitglieder<br />

1964 (05.01.) Helmut Schmitt Vorsitzender des Vereins (bis 1992)<br />

1971 (21.12.) Verhandlungen zur Fusion mit dem „Liederkranz“<br />

1974 (22.03.) „Liederkranz“-Mitgliederversammlung lehnt Fusion ab<br />

1983 (01.02.) Beginn der 28-jährigen Dienstzeit von Lucia Lewczuk als Dirigentin<br />

1984 (14.07.) Auftritt beim Hafenkonzert des SWR im Rheinauhafen<br />

1985 (02.03.) Vorstand beschließt Gründung eines Frauenchors<br />

1985 (21.05.) Mitgliederversammlung billigt Gründung eines Frauenchors<br />

1985 (15.12.) Erstes großes Konzert des Frauenchors in St. Antonius Rheinau<br />

1986 (27.06.) Erste offizielle Delegation aus Neuschönau beim Marktplatzfest<br />

1990 (20.10.) Erster Auftritt des Jugendchors<br />

1992 (25.01.) Ende der Ära Helmut Schmitt: Dieter Schmidt neuer Vorsitzender<br />

1992 (01.11.) Benefizkonzert für krebskranke Kinder erbringt über 6600 D-Mark<br />

1994 (25.02.) Auftritt zur Einweihung des Rhein-Neckar-Stadions<br />

1994 (06.06.) Baubeginn für den Probenraum im Vereinsheim der TSG<br />

1995 (20.05.) Einweihung des vom <strong>MGV</strong> sanierten Kriegerdenkmals auf dem Marktplatz<br />

1996 (11.05.) Festakt zum 100. Jubiläum mit Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer<br />

1998 (17.01.) Manfred Hipp wird Vorsitzender und bleibt dies rund ein Jahrzehnt lang<br />

2001 (12.05.) Benefizkonzert der sieben Rheinauer Chöre im Nachbarschaftshaus<br />

2002 (06.09.) Auftritt des <strong>MGV</strong> vor Ministerpräsident Erwin Teufel im Gärtnertreff<br />

2002 (03.10.) Benefizkonzert für Opfer der Hochwasser-Katastrophe in den Neuen Ländern<br />

2008 (19.01.) Jürgen Ruf Vorsitzender des Vereins<br />

2008 (11.10.) Erstes Rheinauer Kerwe-Schlachtfest des <strong>MGV</strong><br />

2011 (11.01.) Lucia Lewczuk kündigt nach 28 <strong>Jahre</strong>n Rückzug als Dirigentin des <strong>MGV</strong> an<br />

2011 (01.02.) Ottmar Öhring neuer Dirigent – aber nur für ein halbes Jahr<br />

2011 (20.09.) Erste Singstunde mit dem neuen Dirigenten Franz Josef Siegel<br />

2012 (14.01.) Auftritt vor Vizekanzler a. D. Franz Müntefering in der Kirche St. Konrad<br />

2015 (16.06.) Erste Singstunde mit dem neuen Dirigenten Eddy Werner Triebskorn<br />

2016 (30.01.) Generalversammlung: <strong>MGV</strong> zählt 87 Mitglieder, davon 23 Aktive<br />

2016 (07.05.) Jubiläumsfest „<strong>120</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau – 30 <strong>Jahre</strong> Frauenchor“<br />

2017 (28.01.) Ende der Amtszeit des Vorsitzenden Jürgen Ruf


21<br />

Die Geschichte des Vereins<br />

Die Zeit seiner Entstehung<br />

1896 – dieses Jahr liegt inmitten einer Epoche, von der wir nur allzu gerne als guter alter<br />

Zeit sprechen; in Wirklichkeit aber war sie nur gut für jene, für die alle Zeiten gut sind.<br />

Für die Masse der Bevölkerung gerade in Rheinau, einem von der Industrie geprägten<br />

Vorort, war sie bestimmt durch Lebensumstände, die sich niemand zurückwünschen<br />

kann.<br />

In Deutschland regierte Kaiser Wilhelm II. mit einem – wie er es nannte – „persönlichen<br />

Regiment“. Der Monarch und nicht das Parlament bestimmte die Regierung. In Preußen,<br />

dem größten Teilstaat des Kaiserreiches, galt immer noch das Dreiklassenwahlrecht; der<br />

Wert einer Stimme, ja der Wert des Menschen schlechthin, bemaß sich nach seinem<br />

Stand.<br />

Die Lage des zahlenmäßig größten Teils der Bevölkerung war schlecht. Die durchschnittliche<br />

Lebenserwartung lag bei weit unter 60 <strong>Jahre</strong>n. Die ökologischen Bedingungen<br />

waren verheerend: Aus den Schornsteinen der Rheinauer Chemiefabriken quollen<br />

die giftigen Rauchschwaden völlig ungehemmt, die Abwässer der Mietshäuser flossen<br />

ungereinigt in den Rhein. Die Mehrheit der Menschen lebte ohne Bad oder eigenes WC<br />

gedrängt in kleinen Wohnungen, von denen uns manche alten Häuser in der Stengelhofstraße<br />

oder dem Dänischen Tisch noch einen Eindruck vermitteln können.<br />

Die oftmals körperliche Arbeit machte die Menschen krank, ja kaputt; der Arbeitstag<br />

betrug 16 Stunden für einen Lohn, der kaum für das Nötigste reichte. Nahezu sämtliche<br />

Wege mussten ungeachtet ihrer Länge zu Fuß zurückgelegt werden; die Bahnfahrkarte<br />

war ein Luxus, ein eigenes Exemplar des erst zehn <strong>Jahre</strong> zuvor von Carl Benz in Mannheim<br />

erfundenen Autos ein völlig unerfüllbarer Traum. An Urlaubsreisen, gar ins Ausland,<br />

war nicht zu denken, schon deshalb nicht, weil es noch keinen bezahlten Urlaub<br />

gab.<br />

Auch Freizeitvergnügen gab es schon deshalb kaum, weil es kaum Freizeit gab. Allenfalls<br />

sonntags ging man im Sommer an den Flussufern der Brühler Kollerinsel schwimmen<br />

oder zur Kerwe-Zeit zu Volksfesten und Jahrmärkten, auf denen Grimassenschneider,<br />

Feuerschlucker und Damen ohne Unterleib ewig denkwürdige Sensationen bildeten.<br />

Ansonsten verbrachten viele Arbeiter die Abende, sofern sie nicht ohnehin sofort erschöpft<br />

zu Bett sanken, in den Kneipen, von denen es damals auch auf der Rheinau noch<br />

unzählige gab.<br />

Kino oder gar Fernseher gab es noch nicht, ebenso wenig wie Radio oder Plattenspieler.<br />

Wer Musik liebte und genießen wollte – und welcher Mensch hätte nicht dieses urmenschliche<br />

Bedürfnis gehabt –, der musste sie selber machen. Der Gesangverein bot<br />

sich dafür an, bot darüber hinaus Geselligkeit, ja Heimat gerade für den Arbeiter, der<br />

sich aus der Gesellschaft des Kaiserreiches oftmals ausgegrenzt fühlte. Und so war es nur<br />

eine Frage der Zeit, bis auch unter den Menschen in dem seit 1872 entstehenden Industrieort<br />

Rheinau der Wunsch nach Gründung eines Gesangvereins aufkam.


22<br />

Alte Fabrikschule im Posthornweg.<br />

Der Ort, an dem der <strong>MGV</strong> Rheinau am 5. Mai 1896 gegründet wurde.<br />

Philipp Rothacker.<br />

Der Gründer des Vereins in den späten <strong>Jahre</strong>n seines Lebens.


23<br />

Gründung und erste <strong>Jahre</strong><br />

Wie es konkret zur Gründung des Vereins kam, liegt weithin im Dunkeln. Ein Gründungsaufruf<br />

etwa in Form eines Plakats oder einer Zeitungsnotiz existiert nicht. So müssen<br />

wir davon ausgehen, dass die Aktion per Mundpropaganda am Arbeitsplatz der<br />

Gründungsmitglieder bekanntgemacht wurde.<br />

Fest steht nur: Am Abend des 5. Mai 1896 war es soweit. Im Gebäude der Fabrikschule<br />

im Posthornweg fanden sich 15 Sangesbegeisterte zur Gründung des Männergesangvereins<br />

Rheinau zusammen; die <strong>Jahre</strong>szahl ,,1896" wurde erst später Bestandteil des Namens,<br />

der Zusatz „Mannheim“ naturgemäß erst nach der Eingemeindung Rheinaus in<br />

die Quadratestadt im <strong>Jahre</strong> 1913. Im Gegensatz zu jenem Bild, das Gesangvereine heutzutage<br />

vermitteln, waren die Gründerväter damals zumeist blutjunge Männer: Das<br />

Durchschnittsalter lag bei 20 bis 25 <strong>Jahre</strong>n. Dabei handelte es sich vor allem um Facharbeiter<br />

der Braunkohle, von Stinnes und des Stahlwerks im Rheinauhafen, der übrigens<br />

zu jener Zeit gerade erweitert wurde.<br />

Initiator der Gründung – und daher 1920 zum Ehrenmitglied ernannt – war Philipp<br />

Rothacker, damals 21 <strong>Jahre</strong> alt und Kranfahrer bei der Braunkohle. Er wohnte in der Zwischenstraße<br />

11 und hatte vier Kinder, zwei Mädchen und zwei Buben; einer davon war<br />

Adolf Rothacker, der in der Rheinauer Ortsgeschichte später einmal eine bedeutende<br />

Rolle spielen sollte, als er während des Dritten Reiches die Fahne des Arbeiter-Turn- und<br />

Sportvereins vor den Nazis rettete, indem er sie in seinem Haus in der Osterstraße auf<br />

dem Pfingstberg versteckte.<br />

Rothacker wurde denn auch zum im wahrsten Sinne des Wortes ersten Vorsitzenden<br />

des Vereins gewählt. Dirigent wurde, wie in jenen <strong>Jahre</strong>n üblich, ein Lehrer namens<br />

Grattolf. Doch die Amtszeit beider endete zunächst bereits im Jahr darauf, als das erste<br />

einschneidende Ereignis der Vereinsgeschichte eintrat: die Gründung eines zweiten Gesangvereins<br />

auf der Rheinau.<br />

Rheinau zählte damals ganze 500 Einwohner. So hätte eigentlich ein einziger Gesangverein<br />

für diesen Vorort genügt. Doch trotz dieser geringen Bevölkerungszahl<br />

waren wie im gesamten Deutschen Kaiserreich auch hier die sozialen Unterschiede<br />

groß. Hinzu kamen die konfessionellen Gräben zwischen Katholiken und Protestanten.<br />

Aus solchen Gründen, die von uns heute nicht einmal ansatzweise nachvollzogen werden<br />

können, kam es schon im Gründungsjahr zu erheblichen Spannungen innerhalb<br />

des Vereins, die schließlich 1897 zur Gründung eines zweiten Gesangvereins, des „Liederkranzes“,<br />

führten. Allerdings waren unter jenen, die den Verein wechselten, nur ganze<br />

drei aktive Sänger.


24<br />

Ausschreibung des <strong>MGV</strong> zu seiner Fahnenweihe 1904.


25<br />

Die Fahnenweihe<br />

Endgültig abgeschlossen wurde die Gründungsphase des Vereins mit seine Fahnenweihe<br />

am 14. und 15. Mai 1904. Bereits über ein Jahr vor dem Ereignis bildete der Verein einen<br />

Festausschuss, der von Philipp Rothacker als Gallionsfigur geleitet wurde und in dem August<br />

Geißler als Schriftführer die organisatorischen Arbeiten erledigte. Einmal im Monat<br />

trafen sich die Organisatoren abwechselnd in einer der Rheinauer Gastwirtschaften, sei<br />

es im „Pfälzer Hof“ von August Maier, dem „Freischütz“ von Johann Seitz, dem (damals:)<br />

„Neuen Relaishaus“ von Philipp Roßrucker oder dem „Ratstübl“ von Karl Fritzinger.<br />

Im Juli 1903 schrieb August Geissler sämtliche Gesangsvereine zwischen Vorderpfalz<br />

und Bergstraße an, um sie zur „Fahnenweihe verbunden mit Gesangswettstreit“ einzuladen.<br />

Der beigefügte Antwortbogen beinhaltete auch die für unsere heutigen Ohren so<br />

fremd klingende Frage: „Kommen Sie mit dem Fuhrwerk oder per Bahn?“ Damals jedoch<br />

war die Frage berechtigt, musste doch die Versorgung der Pferde frühzeitig organisiert<br />

werden. „Besonders sei bemerkt“, so hieß es in der Einladung weiter, „dass Rheinau in<br />

nächster Nähe von Mannheim, Schwetzingen und Heidelberg liegt und durch seine überaus<br />

günstigen Zugverbindungen nach diesen Orten jederzeit Fahrgelegenheit geboten ist“.<br />

Die Funktion des „Fahnenjunkers“ wurde Wilhelm Engelhardt übertragen, dem Chef<br />

der Firma Geber & Mader und wohnhaft im Haus neben der Villa des Dr. Spinner, was<br />

man getrost als Frühform des Sponsoring werten kann. Mina Rothacker, die Tochter des<br />

Vereinsgründers, fungierte als „Fahnenbraut“ – offenbar Dank und Anerkennung für<br />

den „Vereinsvater“. Auguste Scherer aus dem „Stall“ des Saalbaus Scherer und Anna<br />

Strauß aus der gleichnamigen Spengler-Familie, also zwei Töchter alter Rheinauer Familien<br />

also, waren ihre Prinzessinnen.<br />

Die Feierlichkeiten zur Fahnenweihe müssen ein eindrucksvolles und auch anstrengendes<br />

Ereignis gewesen sein. Sie begannen am Samstag, dem 14. Mai, abends um<br />

halb acht mit einem Fackelzug. Hierauf folgte das Festbankett im Vereinslokal „Zum<br />

Goldenen Hirsch“. Der folgende Sonntag begann bereits wieder um 10 Uhr mit einem<br />

Empfang für die auswärtigen Gäste, die sich ab halb eins beim Mittagessen, ebenfalls im<br />

„Hirsch“, stärkten für das was folgen sollte. Denn um drei Uhr nachmittags begann der<br />

Festzug zum Festplatz. Ein Vorreiter hoch zu Pferde führte den Zug an, gefolgt von Aktiven<br />

des Radfahrervereins „Eintracht“ und den Tambouren. Den Musikanten folgten die<br />

Fahnentruppe, der Fest-Ausschuss und die teilnehmenden Gesangsvereine, als letzter<br />

der <strong>MGV</strong> selbst.<br />

Auf dem Festplatz übergaben schließlich die Fahnenjungfrauen dem Verein die Fahne.<br />

Das überlieferte Programm gibt uns nicht nur Aufschluss über die anwesenden Vereine,<br />

sondern auch über ihr Repertoire. Der Bruderverein Liederkranz etwa sang „Ich<br />

kehre wieder“ von Mengert, das Männer-Quartett Waldsee „An die Freundschaft“ von<br />

Neidhardt und der Sängerbund Hockenheim „Der Mai ist da“ von Bernhard Dietrich;<br />

keines dieser Lieder wird heute noch gesungen. Nicht mehr existent ist auch mancher<br />

der damaligen Teilnehmer, so etwa der „Norddeutsche Verein Rheinau“.<br />

Trotz der positiven Entwicklung kam es immer wieder zu Krisen innerhalb des Vereins.<br />

Am 17. Januar 1905 etwa legte aus Gründen, die nicht überliefert sind, der gesamte Vorstand<br />

um Philipp Rothacker sein Amt nieder; die Mitgliederstatistik verzeichnet für jenes


26<br />

Protokoll der Mitgliederversammlung im Kriegsjahr 1914.


27<br />

Jahr einen Rückgang um nahezu 15 %, nämlich von 107 auf 96. Das konnte aber schnell<br />

wieder ausgebügelt werden: 1907 waren es bereits wieder 137 Mitglieder.<br />

Zu einer bemerkenswerten Generalversammlung kam es auch im <strong>Jahre</strong> 1912. Nach<br />

dem allgemein bedauerten Rücktritt des Vereinsvorsitzenden August Geißler kandidierten<br />

gleich fünf Sänger für das Amt des Vorsitzenden – so viele wie bis dahin und danach<br />

nie mehr in diesem Verein. Es waren dies die Sänger Rothacker, Klube, Benkert, Sinn und<br />

Stark. Von den 37 abgegebenen Stimmen erhielt Klube 33 Stimmen, die übrigen Kandidaten<br />

lediglich jeweils eine – ihre eigene. Klube, von Beruf Kesselschmied bei Eichtersheimer<br />

und Kirchenältester der Evangelischen Kirchengemeinde, übernahm den Vorsitz.<br />

Der Verein im Ersten Weltkrieg<br />

Eine schicksalsträchtige Entwicklung trug sich zwei <strong>Jahre</strong> danach zu: Am 1. August 1914<br />

erklärte Deutschland Russland den Krieg, der Erste Weltkrieg begann. Das Waldfest der<br />

Rheinauer Sänger, das für den 9. August 1914 geplant war, wurde vom Vorsitzenden<br />

Sinn umgehend abgesagt. Dafür entwickelte sich in dem Verein eine Welle der Solidarität<br />

für die an die Front einrückenden Vereinsmitglieder. In der Mitgliederversammlung<br />

vom 11. August machte der Sänger Klube den Vorschlag, vom Vereinskonto, das der<br />

<strong>MGV</strong> damals übrigens bei der Sparkasse in Schwetzingen unterhielt und das 700 Reichsmark<br />

umfasste, 100 Mark an das Rote Kreuz Rheinau zu überweisen. Dieser Antrag wurde<br />

einstimmig angenommen. Per Beschluss ermächtigte die Versammlung den Vorstand<br />

außerdem, aus eigenem Ermessen an notleidende Mitglieder Unterstützungsgelder<br />

bis zu einer Summe von 10 Mark zu gewähren.<br />

Am 25. September 1914 beschloss der Vorstand zusätzlich, im Felde kämpfende Sänger<br />

mit Paketen zu bedenken. Am 28. Oktober wurde ergänzend entschieden, dass darin<br />

vor allem Socken und Unterhosen geschickt werden sollen. Das Paket für den Sänger<br />

Auz, der sich bereits in französischer Kriegsgefangenschaft befand, sollte zurückgelegt<br />

werden, da zwischen Deutschland und Frankreich noch keine Vereinbarung über Hilfssendungen<br />

an Kriegsgefangene bestand.<br />

Am 30. Dezember 1914 beschloss der Vorstand, ein Konzert zu Gunsten des Roten<br />

Kreuzes Rheinau abzuhalten. Allerdings war zu jener Zeit die Probentätigkeit bereits<br />

schwer in Mitleidenschaft gezogen. Viele Sänger und auch Dirigent Schweizer waren<br />

zum Kriegsdienst eingezogen worden. Bereits am Ende des ersten Kriegsjahres waren<br />

die ersten Vereinsmitglieder „auf dem Felde der Ehre gefallen", wie es im Protokoll der<br />

Generalversammlung vom 31. Juli 1915 hieß. In jener Sitzung übten einige Vereinsmitglieder<br />

übrigens heftige Kritik daran, dass die „Rheinauer Zeitung“ für zwei Todesanzeigen<br />

des Vereins zu Ehren verstorbener Sänger den gleich hohen Preis berechnet hatte<br />

wie für gewerbliche Werbeanzeigen.<br />

Auch lange nach dem Ende des Krieges und der November-Revolution von 1918<br />

herrschte auf Grund der Inflation noch große wirtschaftliche Not, sodass das 25. Jubiläum<br />

des <strong>MGV</strong> im <strong>Jahre</strong> 1921 nicht groß gefeiert werden konnte. Das änderte sich erst allmählich:<br />

Die Mitte und das Ende der zwanziger <strong>Jahre</strong> waren auch für den <strong>MGV</strong> 1896<br />

golden. Der Chor nahm erfolgreich an Preis- und Freundschaftssingen teil. Das erste<br />

dieser Art in Altrip ist vielen damaligen Teilnehmern zur Legende geworden.


28<br />

Der Verein in der Weltwirtschaftskrise nach 1929<br />

Doch diese Blütezeit hielt nicht lange an. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 führte zu<br />

einer Rezession, die gerade in einem Industriestandort wie Rheinau besonders dramatische<br />

Folgen zeitigte. Nicht wenige Sänger wurden arbeitslos, konnten ihren Mitgliedsbeitrag<br />

und die Kosten für die Fahrt zu auswärtigen Veranstaltungen nicht mehr bezahlen.<br />

So riss die Wirtschaftskrise große Löcher in den Chor und die Vereinskasse. Im Protokoll<br />

der Generalversammlung vom 24.10.1931 heißt es: „Unsere Mitgliederzahl ist in den<br />

letzten <strong>Jahre</strong>n sehr gesunken, welches wohl den wirtschaftlichen Verhältnissen zuzuschreiben<br />

ist. Der Kassenstand ist auf einen kleinen Betrag zusammengeschmolzen. Sänger Heck<br />

bittet um Vorschläge zu Sparmaßnahmen, jedoch vergebens, keiner hatte einen gewinnbringenden<br />

Vorschlag.“<br />

Die schlechte finanzielle Situation führte am 15. Oktober 1931 zu einer Krisensitzung<br />

des Vorstandes. Den größten Ausgabebatzen stellte bereits damals das Gehalt des Dirigenten<br />

dar. Doch Chorleiter Friedrich Guthmann war in den Gesprächen der vorangegangenen<br />

Wochen nicht dazu zu bewegen, zumindest vorübergehend für weniger als<br />

50 Reichsmark zu arbeiten. So beschloss der Vorstand in jener Sitzung, Guthmann zu entlassen<br />

und einen Nachfolger zu suchen, der die Tätigkeit auch für 30 Mark übernimmt.<br />

Auf ein entsprechendes Inserat in der „Mannheimer Zeitung“ meldeten sich 15 Interessenten<br />

– arbeitslose Musiker gab es damals ja genug. Aus ihnen wurde der erst 22-jährige<br />

Fritz Amme ausgewählt.<br />

Außerdem ergriff man weitere Sparmaßnahmen: Das Abonnement der „Rheinauer<br />

Zeitung“ wurde 1932 gekündigt, aber ein Jahr darauf bereits wieder aufgenommen. Die<br />

Sparmaßnahmen hatten offensichtlich geholfen. Denn schon Ende 1932 hatte sich der<br />

Kassenbestand wieder auf 43 Reichsmark und 35 Groschen verbessert, konnte der Mitgliederstand<br />

per Saldo erstmals wieder gehalten werden: den (oft finanziell bedingten)<br />

zwölf Austritten standen zwölf Neu-Eintritte gegenüber. Der Antrag des Vorsitzenden<br />

Heck, den <strong>MGV</strong> ins Vereinsregister einzutragen lassen, scheiterte in der Generalversammlung<br />

dennoch wegen finanzieller Bedenken der Anwesenden. Dagegen sah sich<br />

der Verein in der Lage, arbeitslosen Sängern für die Teilnahme an Veranstaltungen, so<br />

etwa an dem großen Pfälzischen Gausängerfest in Ladenburg am 9. Juli 1933, einen Zuschuss<br />

zu gewähren. Zudem übernahm Friedrich Guthmann 1934 erneut die Chorleitung<br />

und behielt sie zehn <strong>Jahre</strong> lang bis kurz vor Kriegsende. Ob sich die finanzielle<br />

Situation des Vereins wieder verbessert hatte, ihm sein früheres Gehalt zahlen zu können,<br />

oder Guthmann ein Einsehen hatte, das ist allerdings nicht überliefert.<br />

Immer wieder kam es in diesen <strong>Jahre</strong>n der Anspannung zu heftigem Krach im Verein.<br />

Am 21. Juni 1930 etwa fand eine Versammlung statt, bei der es dem Protokoll nach heiß<br />

hergegangen sein muss. Mehrere Vorstandsmitglieder traten zurück und erklärten sogar<br />

ihren Austritt aus dem Verein, sodass eine Sonderversammlung einberufen werden<br />

musste, auf der am 2. Juli 1930 die freigewordenen Vorstandsposten wieder besetzt<br />

wurden. Neuer stellvertretender Vorsitzender wurde der Rheinauer Feuerwehrhauptmann<br />

Vinzenz Held, Kurt Limbrunner Schriftführer und ein gewisser Becker „zweiter Bibliothekar“<br />

– ja so etwas gab es damals.


29<br />

Der Verein im Dritten Reich<br />

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 bildete auch einen<br />

tiefen Einschnitt in das Leben des Männergesangvereins 1896 Rheinau. In einem totalitären<br />

Staat, wie ihn die Nationalsozialisten bereits unmittelbar nach ihrer Machtergreifung<br />

zu formen begannen, durfte und konnte es keine Freiräume geben. Frühzeitig hatten<br />

die Nationalsozialisten die Bedeutung der Kultur für die Sicherung ihrer Macht und<br />

für die Verbreitung ihrer Ideologie erkannt und trachteten danach, alle in diesem Bereich<br />

haupt- und ehrenamtlichen Tätigen straff zu organisieren. Der Deutsche Sängerbund<br />

wurde in die Reichsmusikkammer eingegliedert, die wiederum Teil der vom<br />

Reichspropagandaminister Joseph Goebbels gesteuerten Reichskulturkammer war.<br />

Das veränderte Klima zeigte sich bereits am 1. Mai 1933, den kurioserweise ausgerechnet<br />

Hitler kurz zuvor zum arbeitsfreien und bezahlten Feiertag gemacht hatte. Für<br />

diesen Tag waren alle Mannheimer Gesangvereine, also auch der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau,<br />

verpflichtet worden, zur zentralen Kundgebung im Rhein-Neckar-Stadion anzutreten.<br />

Schon morgens um halb acht – von Feiertag konnte also keine Rede sein – mussten sie<br />

sich auf dem Rheinauer Marktplatz einfinden und von dort zu Fuß nach Neuostheim<br />

marschieren. Im Stadion bildeten die Mannheimer Sänger einen Massenchor, der in der<br />

Tat eindrucksvoll gewesen sein muss. Vereinsschriftführer Schölch schwelgt im Protokollbuch<br />

über dieses Ereignis in bestem NS-Jargon: „Es war ein erhebender Anblick von<br />

der Terrassenhöhe auf die zusammengeballte Menschenmasse im Stadion-Inneren. Da<br />

stand der Arbeiter neben dem Beamten, der Handwerker neben dem Direktor, einig in dem<br />

Willen, mitzuhelfen am Wiederaufbau unseres so schwer daniederliegenden Vaterlandes“.<br />

Auch in Rheinau selbst wehte jetzt ein anderer Wind. Der rechtsnationalistische Krieger-<br />

und Militärverein bekam Oberwasser und konnte jetzt endlich sein jahrzehntelanges<br />

Ziel eines Kriegerdenkmals für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges durchsetzen.<br />

Am 10., 11. und 12. Juni 1933 fand die Einweihung im Rahmen eines dreitägigen Festes<br />

statt, und es war der Männergesangverein 1896, dem die musikalische Umrahmung<br />

dieser vaterländischen Feier oblag, vor allem des großes Festbanketts, das am Samstag,<br />

dem 10. Juni, auf dem Platz des Turnvereins Rheinau stattfand; dabei brachten die Sänger<br />

unter anderem das Lied „Das ist der Tag des Herrn“, und der Vereinsvorsitzende Heck<br />

überreichte dem Krieger- und Militärverein als Geschenk ein Bild „des Herrn Reichspräsidenten<br />

von Hindenburg“.<br />

Noch war es kein Bild des sogenannten „Führers“, doch auch das sollte sich bald ändern.<br />

„Um halb 7 eröffnete Herr Heck mit einem Heil Hitler die Sitzung“, begann das Protokoll<br />

der Vorstandssitzung vom 23. Juli 1933. Der NS-Geist hatte den Verein bereits voll<br />

im Griff, und das sollte umgehend auch institutionalisiert werden. Am 30. August 1933<br />

fand im Gasthaus „Rheinauhafen“ die sogenannte „Gleichschaltungsversammlung“<br />

statt. Über den Ablauf, mehr noch über die Atmosphäre dieser Veranstaltung, gibt das<br />

Protokoll beredet Auskunft:<br />

„Herr Heck eröffnete die Versammlung und begrüßte die anwesenden Gäste der NSDAP,<br />

Herrn Liehr, Wüst, Kammerer und Scholl. Heck verliest die Richtlinien des Badischen Sängerbundes<br />

für die Gleichschaltungsversammlung, wonach der zukünftige Vereinsführer nicht<br />

Nationalsozialist sein braucht, sondern nur national gesinnt sein muss. Herr Liehr erklärte


30<br />

Kriegerdenkmal auf dem Rheinauer Marktplatz 1933.<br />

Seine Einweihung wurde vom <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau musikalisch gestaltet.<br />

Sängerausflug 1934 in den Odenwald.<br />

Versuch der Unbeschwertheit in schwerer Zeit.


31<br />

hierauf, diese Richtlinien seien nicht maßgebend, sondern der Vereinsführer muss vor dem<br />

31. Januar 1933 Nationalsozialist gewesen sein. Liehr fragt die Anwesenden, ob sich ein solcher<br />

in der Versammlung befindet. Hierauf meldet sich der Sangesbruder Philipp Held. Herr<br />

Liehr bestimmte sodann Sangesbruder Philipp Held als Vereinsführer.<br />

Herr Heck wendet dagegen, dass doch nach den vorliegenden Richtlinien der alte Vorstand<br />

als Führer weiterwalten könne. Auch Sangesbruder Iser spricht sich für den ehemaligen<br />

Ersten Vorstand als zukünftigen Vereinsführer aus. Herr Heck betonte nochmals, dass doch<br />

seine seitherige Arbeit nur im Dienste der nationalen Idee gewesen sei und dass er den Übergang<br />

über seine Person nicht verstehe. Herr Liehr betonte, dass nur Herr Philipp Held als<br />

Führer in Betracht kommt, und als Herr Heck immer wieder Einwendungen macht, schloss<br />

Herr Liehr Kraft seines Amtes die Versammlung Schluss 11 Uhr“.<br />

Wenn man diese Sätze Revue passieren lässt, so ergibt sich eine Wertung, die dem<br />

Verein durchaus zur Ehre gereicht. Sie zeigen nämlich: Gegen den Willen zahlreicher<br />

Mitglieder im Verein setzte der Vertreter der NSDAP den bisherigen Vereinschef ab und<br />

ein ihm ergebenes Vereinsmitglied als Vorsitzenden ein, ohne darüber abstimmen zu<br />

lassen – offenbar in der nicht unbegründeten Furcht, für seine Marionette keine Mehrheit<br />

zu bekommen.<br />

Dem neuen Vereinsführer Philipp Held, von Beruf Schuldiener und Bruder des oben<br />

erwähnten Vinzenz Held, war der Widerstand seines Vorgängers Heck ein Dorn im Auge.<br />

Held trachtete danach, ihn mundtot zu machen oder zumindest seine Glaubwürdigkeit<br />

zu erschüttern. Dazu zog man eine alte Sache aus der Tasche, die im zurückliegenden<br />

Jahr in der Tat zu viel Unmut im Verein geführt hatte. Man kreidete Heck an, seine Frau<br />

habe die Vereinsfahne zu einem unangemessen hohen Preis restauriert; Auslagen für<br />

Porto und Telefon seien zu hoch ausgefallen und darüber hinaus durch keine Quittungen<br />

belegt gewesen. In einer Vereinsführerschafts-Sitzung wurde Heck mit diesen Anschuldigungen<br />

konfrontiert und ihm gedroht, sie weiter zu verfolgen, wenn er nicht<br />

endlich Ruhe gebe.<br />

Der zweite Schritt zur Gleichschaltung erfolgte bereits kurz danach: Die Eingliederung<br />

des Arbeitersängerbundes Rheinau am 10. Oktober 1933. Dieser der SPD nahestehende<br />

Verein durfte nach dem Verbot der Sozialdemokraten natürlich ebenfalls nicht<br />

länger weiterbestehen. Sein Vermögen – immerhin ein eigener Flügel und volle Notenschränke<br />

– war beschlagnahmt worden, seine Sänger durften sich aber anderen Vereinen<br />

anschließen. Einige Arbeitersänger wie Ludwig Gärtner wechselten zum Liederkranz,<br />

die Mehrheit unter dem Vorsitzenden Fritz Thomas jedoch beantragte, im <strong>MGV</strong><br />

1896 Mitglied werden zu dürfen.<br />

Im „Rheinauhafen“ kam es zu einem Treffen, bei dem für den ASB die Sänger Thomas,<br />

Kauffmann, Molitor, Birkenmaier, Haag sen. und Haag jun., Spilger, Zimmermann, Hoh,<br />

Ludwig, Heider und Arnold teilnahmen und für den <strong>MGV</strong> die Sänger Held, Heck, Hild,<br />

Kappes, Reffert, Iser, Stehler, Wehe sen. und Willi Weber. Aus den Protokollen ergibt<br />

sich, dass sich die <strong>MGV</strong>-Vertreter gegenüber den früheren Arbeitersängern ausgesprochen<br />

fair verhielten; so akzeptierten sie den Wunsch der Neulinge, ihre bisherigen Zeiten<br />

im ASB bei der Berechnung von Jubiläen anzurechnen. So wurde beispielsweise<br />

August Heckert, der nie zuvor beim <strong>MGV</strong> gesungen hatte, 1936 dessen Ehrenmitglied,<br />

weil ihm seine Zeiten beim Arbeitersängerbund angerechnet wurden.


32<br />

40. Vereinsjubiläum 1936.<br />

Auf der Bühne des „Badischen Hofes“ die Mitglieder der ersten <strong>Jahre</strong>, der Vorstand, die Festdame und in der Mitte ein<br />

Bild Hitlers (wegen des Blitzlichts des Fotografen schwer zu erkennen).<br />

Peinlicher Tribut.<br />

Ausstellung von Pokalen, gewidmet dem sogenannten „Führer“ anlässlich seines Geburtstages.


33<br />

Die Gleichschaltung betraf aber nicht nur die Organisation des Vereins, sondern auch<br />

die Inhalte, also das Liedgut. Noten und Liederhefte weltbekannter Komponisten verschwanden<br />

allmählich aus den Notenschränken und dem Repertoire der Auftritte, weil<br />

sie von „jüdischen“ oder „slawischen“ Komponisten stammten und damit nicht dem<br />

Rassegedanken der Machthaber entsprachen. Das Repertoire der Weihnachtsfeier 1933<br />

gab bereits einen beredten Eindruck von dieser Entwicklung: Statt Kunstliedern wie der<br />

„Loreley" sang man nun den „Jäger aus Kurpfalz“, „Bin i net ä Bürschle“ oder „Mädel<br />

ruck, ruck, ruck“, führte dazu ein dümmliches Singspiel namens „Bauer und Baron“ auf,<br />

das die nationalsozialistische Ideologie der Volksgemeinschaft propagieren sollte.<br />

Zu einem besonderen Jahr für die Rheinauer Sänger wurde 1936: Der <strong>MGV</strong> konnte<br />

sein 40. Stiftungsfest feiern, und er tat dies mit einem Festbankett im „Badischen Hof“<br />

(neben dem heutigen Gasthaus „Schindeldach“). Zum Erinnerungsfoto auf der Bühne<br />

gruppierten sich die noch lebenden Mitglieder der ersten <strong>Jahre</strong> und die Honoratioren<br />

des Vereins, die Festdame und ein Bild des „Führers“ gruppiert, der im Zeichen der beeindruckenden<br />

Olympischen Sommerspiele von Berlin und damit der Wiederanerkennung<br />

Deutschlands durch die Völkergemeinschaft auch bei einigen der bisherigen Skeptiker<br />

auf der Höhe seines Ansehens stand.<br />

Der Verein im Krieg<br />

Doch erst allmählich sollten viele den wahren Charakter der Machthaber erkennen. Am<br />

1. September 1939 begann Hitler mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg mit<br />

all seinen schrecklichen Folgen, die von Anfang an auch in der Heimat zu spüren waren.<br />

Durch die Einberufungen in den Krieg wurde die Tätigkeit des Vereins immer stärker eingeschränkt.<br />

Schon 1940 heißt es im Protokoll: „Durch die Einberufung der Kameraden verlor<br />

der Chor enorm. Der Krieg gebot ein striktes Handeln der Vereinsmitglieder, unter der<br />

Fahne zu kämpfen für Deutschlands Ehre. Unser aller Wunsch möge aber sein, dass der Krieg<br />

in aller Bälde für Deutschland siegreich beendet werde“. Bereits in der Generalversammlung<br />

vom 21. Januar 1940 musste der neue Vereinsführer Hans Knoblauch der ersten<br />

vier Toten des kurz zuvor losgebrochenen Krieges gedenken. Auch Knoblauch selbst, im<br />

Stadtteil für sein prächtiges Klavierspiel bekannt, fiel später im Kriege.<br />

Ihm folgte im Vorsitz zunächst Georg Mächerlein, ab 1942 Paul Maron. Da sie jedoch<br />

auch nach dem Kriege wieder dem von den Amerikanern genehmigten Vorstand angehörten,<br />

ist anzunehmen, dass sie keine Nationalsozialisten waren, wenngleich sie dem<br />

Regime natürlich nicht auch nicht offen ablehnend gegenüberstanden; ansonsten hätten<br />

sie ihre Ämter in dieser Zeit ja nicht ausüben können. Dirigent war seit 1934 nach wie<br />

vor Friedrich Guthmann.<br />

Die praktische Arbeit im Verein lag jedoch in den letzten Kriegsjahren in den Händen<br />

eines Anderen: Willi Barth – er wohnte in der Neuhofer Straße 11 – war auf Grund eines<br />

Unfalls schwerbehindert und wurde deshalb nicht in die Wehrmacht eingezogen. Im Bewusstsein<br />

dessen hatte der Vorstand daher bereits 1940 in einem formalen Beschluss<br />

festgelegt, dass Barth die Arbeit des Vereins weiterführen solle, sollten alle Vorstandsmitglieder<br />

im Felde sein. Und so wurde es auch. Barth organisierte die (nach bis zuletzt un-


34<br />

Willi Barth.<br />

Der Mann, der den Verein über die Wirren des Kriegsendes brachte. Rechts der Fragebogen zur politischen Unbedenklichkeit,<br />

die Voraussetzung war für die Gewährung der Lizenz zur Wiedergründung.<br />

Mitgliedsantrag von 1946.<br />

Fritz Schwarz war seit dem 1. Januar 1931 und dann wieder ab dem 10. Oktober 1946 Mitglied des Vereins. Nach seinem<br />

Tod übernahm seine Witwe Lina die Mitgliedschaft und war dadurch in den neunziger <strong>Jahre</strong>n das dienstälteste Mitglied<br />

des Vereins.


35<br />

ter Leitung des Dirigenten Guthmann stehenden) Singstunden, bis diese auf Grund der<br />

unerträglich werdenden Luftangriffe im August 1944 endgültig eingestellt werden<br />

mussten. Es war die Leistung von Willi Barth, den Verein über den Krieg und – wie nachfolgend<br />

aufgezeigt wird – auch über die unmittelbare Nachkriegszeit gerettet zu haben.<br />

Nachkriegszeit und Wiedergründung<br />

Mit der Besetzung Deutschlands durch die Amerikaner waren sämtliche Vereinsaktivitäten<br />

verboten. Die Reichskulturkammer und alle ihre Untergliederungen wurden als NS-<br />

Organisationen aufgelöst. Auch die Gesangvereine vor Ort durften sich zunächst nicht<br />

mehr betätigen.<br />

Um die erneute Zulassung zu erreichen und mit diesem Anliegen bei der amerikanischen<br />

Militärregierung vorstellig zu werden, wählten die Rheinauer Sänger Willi Barth<br />

aus. Das war ein geschickter Schachzug, denn Barth besaß als gebürtiger Elsässer neben<br />

der deutschen auch die Staatsbürgerschaft der Französischen Republik, mithin also einer<br />

der vier Alliierten. So machte sich Barth im September 1945 auf, im damaligen UFA-<br />

Palast (heutiges Horten-Gelände) bei den dort residierenden US-Militärbehörden die<br />

Erlaubnis zur Abhaltung von Singstunden im „Rheinauhafen“ zu beantragen.<br />

Dazu musste er einen jener berühmten „Fragebogen“ ausfüllen, wie sie im Zuge der<br />

späteren Entnazifizierung üblich wurden und über deren Sinn und Aussagekraft bis<br />

heute intensiv diskutiert wird. Im <strong>MGV</strong> jedenfalls, so schrieb Barth in den Fragebogen,<br />

waren von 115 Vereinsmitgliedern lediglich sechs Passive und zwei Sänger Mitglied in<br />

der NSDAP gewesen; und auch dies lediglich als einfache Mitglieder, nicht als Funktionsträger,<br />

„Goldfasane“, wie man sie früher nannte. So stand der Wiederzulassung<br />

nichts im Wege.<br />

Schnell gelang es, Gleichgesinnte zu versammeln. Ihre erste Sitzung hielten sie in der<br />

Wohnung von Paul Maron in der Frühlingstraße ab. Gemäß der Forderung der amerikanischen<br />

Militärregierung bildeten die Anwesenden aus politisch unbelasteten Personen<br />

einen Vorstand. Vorsitzender wurde Paul Maron, Stellvertreter Georg Mächerlein, Kassier<br />

Willi Barth, Schriftführer Willi Weber, Beisitzer Josef Häussler und Emil Iser.<br />

In der ersten Generalversammlung am 10. November 1945 wurde die Singstunde auf<br />

Samstag 19 bis 21 Uhr festgesetzt. Zum Chorleiter wurde Willi Haag ernannt, der einst<br />

über den Arbeiter-Sängerbund zum <strong>MGV</strong> gestoßen war. „Die Singstunde muss für jeden<br />

ein seelisches Befreiungsmoment sein“, postulierte Barth. Gleichwohl blieb der Besuch zunächst<br />

schleppend. Viele waren mit dem nackten Überleben beschäftigt, anderen dagegen<br />

bot der Verein gerade in dieser schweren Zeit Heimat. Immer, wenn ein Sangesfreund<br />

aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrte, waren die Kameraden vor Ort, um<br />

ihm ein Ständchen zu bringen und ihn somit wieder für die Sängerfamilie zu gewinnen;<br />

auch der spätere langjährige Vorsitzende Helmut Schmitt wurde in jener Zeit von den<br />

Sängern Karl Rösser und Walter Jungmann geworben. Der erste öffentliche Auftritt des<br />

Vereins fand am 10. Juni 1946 auf einem „Bunten Abend“ des ebenfalls gerade wiederbegründeten<br />

SPD-Ortsvereins Rheinau statt.


36<br />

Neubeginn 1946.<br />

Erste Singstunde nach dem Zweiten Weltkrieg im Gasthaus „Zum Rheinauhafen“. Die Gesichter der Sänger sind noch<br />

gezeichnet von den Umständen der Zeit.


37


38<br />

Im <strong>Jahre</strong> 1946 stand eigentlich das 50. Vereinsjubiläum an. Inzwischen war Einiges erreicht<br />

worden: In seinem Jubiläumsjahr konnte der Verein 77 Eintritte verzeichnen;<br />

knapp anderthalb <strong>Jahre</strong> nach Kriegsende umfasste der <strong>MGV</strong> damit stolze 169 Mitglieder,<br />

davon 52 (!) Aktive. Doch die äußeren Umstände waren immer noch von materieller<br />

Not gekennzeichnet, so dass die Jubiläumsfeier nur bescheiden ausfallen konnte. Sie<br />

begann am ersten Tag mit der Jubilarehrung im „Badischen Hof“, bei der auch befreundete<br />

Vereine der Region sangen. Am zweiten Tag lud der Verein zu einem Festkonzert,<br />

bei dem auch der Tenor Fehringer vorn Nationaltheater auftrat. Das einzige damals<br />

noch lebende Gründungsmitglied, Philipp Rothacker, konnte schon nicht mehr selbst<br />

anwesend sein: Die Ehrenurkunde über 50jährige treue Mitgliedschaft musste ihm der<br />

Vereinsvorsitzende Paul Maron ins Altenheim nach Weinheim überbringen.<br />

Um ausreichend Aktive zu gewinnen, diskutierte man in der Vorstandssitzung vom<br />

4. November 1946 bereits einen Vorschlag, der erst vier Jahrzehnte später wieder aufgegriffen<br />

werden sollte: Vereinschef Josef Häusler, der übrigens aus dem Arbeitersängerbund<br />

stammte, in dem der emanzipatorische Anspruch der Arbeiterbewegung traditionell<br />

stark verwurzelt war, machte den Vorschlag, einen Frauenchor zu gründen. Doch<br />

sein Stellvertreter Georg Mächerlein sprach dagegen. Seine Begründung: Die Männer<br />

seien zahlenmäßig noch zu schwach; Zitat aus dem Protokoll „Der Frauenchor ist nach<br />

seiner Ansicht noch verfrüht, da der Männerchor noch nicht auf der Höhe ist, die seiner Tradition<br />

entspricht. Erst den Männerchor bauen, dann auf einem späteren Zeitpunkt den Frauenchor<br />

ins Leben rufen“ – es sollte vier Jahrzehnte dauern, bis es so weit war.<br />

Allerdings muss ungeachtet dieser Ablehnung wenig später dennoch zumindest für<br />

kurze Zeit ein Frauenchor im <strong>MGV</strong> 1896 bestanden haben. Denn im Protokoll der Generalversammlung<br />

vorn 18. Januar 1947 hieß es unter dem Punkt „<strong>Jahre</strong>srechenschaftsbericht<br />

des Vorsitzenden“ wörtlich: „Der Frauenchor zählt 30 Mitglieder“. Näheres hierzu war<br />

aber weder aus den Protokollen noch von damals bereits aktiven Mitgliedern zu erfahren.<br />

Für den eigentlichen Ärger bei dieser Generalversammlung am 18. Januar 1947, die<br />

daher von 17 bis 23.10 Uhr, also über sechs Stunden, dauerte, sorgte jedoch eine andere<br />

Formation innerhalb des Vereins: Unter Federführung des Sängers Weber hatte sich aus<br />

vier Aktiven ein Quartett gebildet, das just im Jubiläumsjahr unabhängig vom Chor öffentlich<br />

als „<strong>MGV</strong>-Quartett“ auftrat. Außerdem hatte sich Weber zur Vorbereitung der<br />

Generalversammlung heimlich mit anderen Mitgliedern getroffen. „Neid und Missgunst<br />

sind Begleiterscheinungen unserer heutigen Zeit“, schimpfte Häusler und kündigte an, aus<br />

diesem Grunde nicht mehr für den Vorsitz anzutreten. Als jedoch ausgerechnet Weber<br />

seine Kandidatur bekanntgab, warf Häusler doch noch einmal seinen Hut in den Ring:<br />

Mit der klaren Mehrheit von 47 zu 18 Stimmen wurde der alte Vorsitzende in seinem<br />

Amt klar bestätigt.<br />

Wiederaufstieg<br />

Erst allmählich normalisierte sich das Leben wieder. Zaghaft stillte die vom Krieg betrogene<br />

Generation ihren Nachholbedarf an Vergnügungen, wenn auch im Vergleich zu<br />

heute ganz bescheiden: Der gemeinsame Besuch der ersten Sängerfeste jenseits der


39<br />

Stadtgrenzen in der Umgebung war ein abwechslungsreiches Erlebnis, für das man gerne<br />

auch einen kilometerweiten Fußmarsch in Kauf nahm. Denn für Eisenbahn-Fahrkarten<br />

fehlte das Geld, und ein Fahrrad war zu jener Zeit ein Luxus und obendrein ein Diebstahlsobjekt<br />

ersten Ranges, war es doch das einzige Transportmittel des kleinen Mannes<br />

zum Hamstern und damit zum Organisieren des Überlebens.<br />

Ihren ersten Familienausflug machten die Sänger nach Odenheim im Kraichgau – mit<br />

zwei Lastwagen mit Holzvergaser-Antrieb, die Lino Facco und Kurt Buster zur Verfügung<br />

gestellt hatten. Auf den Holzbänken der Ladefläche musste das erforderliche Brennmaterial<br />

mitgeführt werden. Und dennoch: Wie strahlten die Gesichter der Sänger, als sie<br />

bei ihrer Ankunft in Odenheim mit Erbsensuppe und Bockwurst gespeist wurden?<br />

Die Währungsreform vom Juni 1948 bildete auch für den <strong>MGV</strong> einen tiefen Einschnitt.<br />

Bereits in der Mitgliederversammlung vom 11. Juli wurde die Beitragsordnung<br />

auf die neue D-Mark umgestellt. Der Beitrag betrug nun 70 Pfennige, für Jugendliche<br />

und Kriegsversehrte die Hälfte. Doch die Währungsreform erfüllte die Sänger auch mit<br />

Sorge. „Der <strong>MGV</strong> verfügte vor der Währungsreform über ein Guthaben von 3.300 Reichsmark.<br />

Inwieweit eine Abwertung für Vereinsguthaben kommt, ist heute noch nicht bekannt“,<br />

hieß es sorgenvoll im Protokoll der Mitgliederversammlung vom 11. Juli 1948. Doch einen<br />

Ausgleich gab es nicht. „Um die durch die Währungsreform ziemlich zusammengeschmolzene<br />

Kasse in wenig aufzubessern, hielt der Verein ein Gartenfest ab und konnte<br />

300 DM gutschreiben“, hieß es im Protokoll der Vorstandssitzung vom 7. Januar 1949.<br />

Neue Blütezeit<br />

Doch wie ganz Deutschland, so hatte auch der <strong>MGV</strong> rückwirkend unter dem Strich von<br />

der Währungsreform profitiert. Mit dem Wegfall der Lebensmittel- und Kleidermarken<br />

ging es wirtschaftlich bergauf, auch der <strong>MGV</strong> nahm einen ungeahnten Aufschwung,<br />

und im Chor sangen 55 Sänger – alte, erfahrene und viele neue.<br />

Die fünfziger <strong>Jahre</strong> wurden zu den erfolgreichsten seit Bestehen des Vereins. Unter<br />

der Leitung von Kantor Erich Bender, der von 1952 bis 1973 als Dirigent fungierte und<br />

den Chor in diesen zwei Jahrzehnten musikalisch entscheidend prägte, konnten bei<br />

Wertungssingen zahlreiche Auszeichnungen errungen werden. Ihren ersten großen Erfolg<br />

konnten die Rheinauer Sänger beim Wertungssingen einfahren, das der Männergesangverein<br />

Friedrichsfeld im Juni 1954 anlässlich seines 75jährigen Bestehens veranstaltet<br />

hatte und bei dem sie sowohl die Tagesbestleistung als auch den Dirigentenpreis ergatterten.<br />

Dabei sangen sie den Chor „Ruhe, schönstes Glück der Erde“ von Franz Schubert<br />

und dem Volkslied „Abendstunde“ von Rudolf Eisenmann (1894-1954), eines Dirigenten<br />

übrigens, der wegen seiner Vertonung nationalsozialistischer Texte von den<br />

Amerikanern nach 1945 mit einem Berufsverbot als Lehrer belegt worden war. Erfolgreich<br />

wurde auch das Wertungssingen in Walldorf im Februar 1955, bei dem die Rheinauer<br />

als Tagesbester einen Pokal errangen, der noch heute der größte innerhalb der<br />

Trophäen-Sammlung des <strong>MGV</strong> ist.<br />

Der erste große Sängerausflug nach dem Kriege führte im August 1952 für drei Tage<br />

nach Obertreis im Westerwald. Dirigent Erich Bender hatte dort während des Krieges


40<br />

Vatertagsausflug mit Krawatte.<br />

1955 nach Trösel an der Hessischen Bergstraße.<br />

Wertungssingen in Friedrichsfeld 1954.<br />

Bei diesem Wettbewerb errang der <strong>MGV</strong> unter Leitung seines Dirigenten Erich Bender sowohl die Tagesbestleistung als<br />

auch den Dirigentenpreis.


41<br />

Dienst getan und seine Frau kennengelernt. 56 Sänger gingen damals von der Gaststätte<br />

„Rheinauhafen“ aus mit einem Vorkriegsmodell eines Magirus-Deutz-Reisebusses auf<br />

große Fahrt. Die zweite große Sänger- und Konzertreise ging 1956 nach Differten im<br />

damals noch französisch verwalteten Saargebiet. Sänger Karl Schweizer, dessen Verwandte<br />

dort lebten, hatte Kontakt geknüpft zum dortigen Bergwerkschor. Die meisten<br />

der dortigen Sänger waren Bergleute der Grube Luisental, die sechs Jahr später durch<br />

ein großes Grubenunglück tragische Berühmtheit erlangen sollte, bei dem 299 Kumpel<br />

zu Tode kamen.<br />

Während der Heimreise der Sänger kam es zu einer Begebenheit, von der Teilnehmer<br />

noch lange erzählten. Auf der Rückfahrt mit dem Zug war dem Sänger Willi Weber übel<br />

geworden; er lehnte sich aus dem Fenster, verlor dabei aber seine Gebissprothese; geistesgegenwärtig<br />

wurde sie von Sänger Leo Maß, der ebenfalls aus dem Fenster geschaut<br />

hatte, aufgefangen. Ebenso geistesgegenwärtig bediente Helmut Schmitt den Auslöser<br />

seines Fotoapparates und überlieferte der Nachwelt damit das kuriose Bild dieses Vorfalls.<br />

Die bis dahin größte Veranstaltung des <strong>MGV</strong> nach dem Zweiten Weltkrieg konnte der<br />

Verein unter seinem damaligen Vorsitzenden Willy Geven 1956 anlässlich seines 60. Jubiläums<br />

feiern – mit einem großen Fest in den Apollo-Lichtspielen, dem früheren „Badischen<br />

Hof“, mit anschließendem Ball in der TSG Rheinau. Das Repertoire der Lieder<br />

stammte fast ausschließlich von Franz Schubert und Robert Schumann, eine Chorliteratur,<br />

die den Stempel Erich Benders trug. Bereits damals begeisterte Walter Morath in einem<br />

Tenorsolo – mit „Du bist die Ruh“ von Schubert. An der Spitze der Jubilare standen<br />

an jenem Abend Johann Stegmann, Franz Klube und Vinzenz Held, die für 50jährige<br />

Mitgliedschaft geehrt wurden. Zur Popularisierung der Festlichkeiten hatte der Verein in<br />

jenem Jahr bei der Textil-Firma Baral in der Neuhofer Straße (späterer Penny-Markt) ein<br />

Schaufenster mit Fahne, Pokalen und Notenheften ausgerichtet – ein Brauch, der wie so<br />

viele andere in den zurückliegenden Jahrzehnten verlorenging oder sich nicht mehr realisieren<br />

ließ.<br />

Ein Ausflug, an den sich viele Sänger ebenfalls noch genau erinnern, war jener im <strong>Jahre</strong><br />

1960 nach Hirschhorn am Neckar. Schirmherr des dortigen Wertungssingens war Adenauers<br />

damaliger Bundesaußenminister Heinrich von Brentano, der aus dieser Gegend<br />

stammte. Von dieser Reise gab es gleich zwei besondere Begebenheiten zu berichten.<br />

Zum einen hatten sich die Sänger Helmut Schmitt und Walter Morath kurzerhand in die<br />

Kutsche gesetzt, die für den Schirmherrn vorgesehen war, und sich mit dem Zylinder<br />

des Ministers fahren und fotografieren lassen. Zum zweiten hatten die Rheinauer das<br />

Wertungssingen zwar gewonnen, wurden aber nicht als Sieger geehrt; durch einen Trick<br />

schusterten die Veranstalter den ersten Platz dem örtlichen Gesangverein zu. Ob dieser<br />

Manipulation entzündete sich unter den örtlichen Sängern eine heftige Rauferei, der die<br />

Rheinauer Gäste gelassen zusahen.<br />

Besonders erwähnenswert war auch der Sängerausflug 1963 nach Bodersweier bei<br />

Kehl. Die Verbindung entstand durch den Sänger Michael Ehrhard, der aus dieser Gegend<br />

stammte. Von Bodersweier aus unternahmen die Sänger einen Abstecher nach<br />

Straßburg, wo sie das Münster besichtigten, vor allem aber das Gasthaus der Cousine<br />

des Vizedirigenten Gustl Stöckler …


42<br />

Sängerreise nach Hirschhorn 1960.<br />

Die Sänger Walter Morath (l.) und Helmut Schmitt platzieren sich für ein Erinnerungsfoto kurzerhand in die Kutsche des<br />

Schirmherrn, Bundesaußenminister Heinrich von Brentano.<br />

Sängerfest Anfang der sechziger <strong>Jahre</strong>.<br />

In den Reihen der Rheinauer damals 3. v. l. Norbert Raab, später viele <strong>Jahre</strong> lang Vorsitzender des Sängerkreises Weinheim<br />

und heute dessen Ehrenvorsitzender.


43<br />

Schwierige Rahmenbedingungen<br />

Im Januar 1964 gab der bisherige Vorsitzende Franz Graf nach nur drei <strong>Jahre</strong>n Amtszeit<br />

den Vorsitz ab. Sein Nachfolger wurde der damals 38-jährige Ingenieur Helmut Schmitt.<br />

Zwölf Tage vor seinem 20. Geburtstag war er in den Verein eingetreten. Dass seine Wahl<br />

am 5. Januar 1964 ein für die Vereinsgeschichte historisches Datum werden würde, das<br />

war damals natürlich noch nicht absehbar. Am Ende jedoch sollte Schmidt den Verein<br />

28 <strong>Jahre</strong> lang führen und ihm in dieser Zeit seine gesellschaftliche Bedeutung verschaffen.<br />

Erstmals in einer Periode des Friedens und des Wohlstandes konnte der Verein 1971<br />

ein Jubiläum unbeschwert feiern: Zum 75-jährigen Bestehen veranstaltete er einen Festakt<br />

im Nachbarschaftshaus, an dem der aus Mannheim stammende Innenminister von<br />

Baden-Württemberg, Walter Krause und Oberbürgermeister Ludwig Ratzel teilnahmen.<br />

Ihm folgte ein Festball in der TSG.<br />

Außerdem gönnte sich der Jubelverein einen Sängerausflug nach Roßhaupten bei<br />

Füssen im Allgäu; einige Sänger hatten hier bereits zuvor privat Urlaub gemacht. Den<br />

Höhepunkt bildete die Besichtigung von Schloss Neuschwanenstein des Königs Ludwig II.<br />

von Bayern mit Vortrag des Liedes „Sanctus“ aus der Deutschen Messe im Sängersaal<br />

des Schlosses. Den Abschluss des dreitägigen Aufenthalts bildete ein Platzkonzert auf<br />

dem Marktplatz von Roßhaupten, der Empfang durch den Bürgermeister und ein gemeinsames<br />

Konzert mit dem örtlichen Musik- und Gesangverein.<br />

Doch das 75. Jubiläum markierte für den Verein bereits eine Zeitenwende. Wie bei<br />

vielen anderen Vereinen, so blieb auch bei den Rheinauer Sängern der Nachwuchs zunehmend<br />

aus. Bei den verbleibenden Aktiven konkurrierte die Singstunde immer mehr<br />

mit den steigenden Anforderungen des Berufes und in der Freizeit mit den Bedürfnissen<br />

der Familie und anderen Interessen, vor allem dem Fernsehen.<br />

Das zeitigte natürlich Folgen für die Vereinsarbeit: Das zeitraubende, oft wochenlange<br />

Einstudieren schwieriger Chorliteratur musste zurückgefahren werden, statt zu Preisund<br />

Wertungssingen fuhr man fortan nur noch zu Freundschaftssingen bei Jubiläen befreundeter<br />

Vereine. Auch der Publikumsgeschmack hatte sich verändert: Der klassische<br />

Chorgesang des deutschen Liedgutes hatte immer mehr Anhänger verloren, insbesondere<br />

unter der Jugend, die sich seit den sechziger <strong>Jahre</strong>n ausnahmslos an der englischsprachigen<br />

Popmusik orientierte.<br />

Gescheiterte Fusion mit dem Liederkranz<br />

Aufgrund dieser Rahmenbedingungen kam erstmals ernsthaft ein Projekt auf den Tisch,<br />

das seit Jahrzehnten bereits die Gemüter aller Gesangsbegeisterten in Rheinau bewegt<br />

hatte: die Bildung einer gemeinsamen großen Sängerfamilie im Vorort, sprich: der Zusammenschluss<br />

mit dem Liederkranz. Der Schatzmeister des Liederkranzes, Karl Stemler,<br />

hatte dies in einem Gespräch mit Helmut Schmitt am 9. Oktober 1973 vorgeschlagen.<br />

Bereits am 11. November 1973 stimmte der Vorstand des <strong>MGV</strong> diesem Vorschlag<br />

grundsätzlich zu, stellte jedoch drei Forderungen auf: Das Gründungsjahr 1896 müsse


44<br />

im neuen gemeinsamen Vereinsnamen beinhaltet sein; der neue gemeinsame Vorstand<br />

solle für die ersten beiden <strong>Jahre</strong> jeweils zur Hälfte aus Mitgliedern des <strong>MGV</strong> und des Liederkranzes<br />

zusammengesetzt werden; der neue gemeinsame Chor solle von dem bisherigen<br />

<strong>MGV</strong>-Dirigenten Herbert Szymanski dirigiert werden.<br />

Am 21. Dezember 1973 trafen sich die kompletten Vorstände der beiden Vereine im<br />

„Rheinauhafen“, um über die Fusion zu beraten. Für den <strong>MGV</strong> nahmen die Sänger<br />

Schmitt, Schmidt, Klug, Bumann, Mächerlein, Ehrhardt und Feige teil, für den Liederkranz<br />

Fritz, Stemler, Schilling, Weiß und Wölfle. Schnell wurden unterschiedliche Auffassungen<br />

über Zeitpunkt und Tempo einer Fusion deutlich; Alois Fritz, der Vorsitzende des<br />

Liederkranzes, sprach sich für eine schrittweise Vereinigung innerhalb von zwei <strong>Jahre</strong>n<br />

aus. Knackpunkt war außerdem die Singstunde, die der Liederkranz unbedingt an seinem<br />

angestammten Freitags-Termin beibehalten wollte, sowie die Übernahme des<br />

<strong>MGV</strong>-Dirigenten Herbert Szymanski; der Liederkranz hielt an Willibald Schreck fest, der<br />

immerhin bereits seit 1959 sein Dirigent war. Gleichwohl wurde beschlossen, jeweils abwechselnd<br />

dienstags und freitags gemeinsame Singstunden abzuhalten; Veranstaltungen<br />

wie der Fasnachtsball oder der Frühlingsball sollten gemeinsam durchgeführt werden.<br />

Der künftige Vereinsname sollte lauten: „<strong>MGV</strong> Liederkranz 1896 Rheinau“.<br />

Als Folge dieser Sitzung berief der Vorstand des Liederkranzes für den 22. März 1974<br />

eine Versammlung ein, auf der seine Mitglieder über die Fusion entscheiden sollten.<br />

Doch mit großer Mehrheit wurde die Fusion abgelehnt. Als Gründe nannten die Gegner<br />

der Fusion den geplanten Tag der gemeinsamen Singstunde – den Dienstag – sowie die<br />

Verpflichtung des Dirigenten Szymanski und damit die Trennung von ihrem Chorleiter<br />

Willibald Schreck. „Wir bleiben alleine, auch wenn wir dabei kaputtgehen“, lautete die<br />

überlieferte Äußerung eines Liederkranz-Sängers, dessen Name dem Autor bekannt ist,<br />

an dieser Stelle aber nicht genannt werden soll, um keine alten Wunden aufzureißen.<br />

Allerdings kam es in der Tat so, wie es diese Äußerung beinhaltete: Am 9. Januar 2015<br />

musste sich der Liederkranz nach 118 <strong>Jahre</strong>n seines Bestehens offiziell auflösen.<br />

Diese Entwicklung der Fusionsdiskussion führte beim <strong>MGV</strong> zu großer Enttäuschung -<br />

erst recht als bekannt wurde, dass der Liederkranz parallel dazu auch Fusionsgespräche<br />

mit dem Gesangverein Frohsinn Pfingstberg-Hochstätt geführt hatte, die allerdings<br />

ebenso erfolglos endeten. Die für den 26. März 1974 einberufene Mitgliederversammlung<br />

des <strong>MGV</strong> zum Thema „Fusion“ wurde jedenfalls abgeblasen. Der <strong>MGV</strong> musste seine<br />

Zukunft also alleine meistern.<br />

Neuartige Veranstaltungen<br />

Bereits ein Jahr nach der gescheiterten Fusion hatte der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau einen großen<br />

Auftritt: und zwar im Zuge der sogenannten „Chorspirale“ bei der Mannheimer<br />

Bundesgartenschau von 1975. Innerhalb Rheinaus jedoch verlagerte der Verein in den<br />

folgenden <strong>Jahre</strong>n sein Wirken zunehmend von den klassischen Chorkonzerten weg hin<br />

zu eher geselligen Veranstaltungen für eine breitere Öffentlichkeit, bei denen die Liedvorträge<br />

fast nur noch die Umrahmung bildeten. In diesem Sinne wurden in den siebziger<br />

und achtziger <strong>Jahre</strong>n eine Reihe neuer Veranstaltungen begründet, so etwa das<br />

Frühlingsfest, das Marktplatzfest und vor allem der Bürgerball.


45<br />

Die prächtigste Veranstaltung des <strong>MGV</strong> in den siebziger und achtziger <strong>Jahre</strong>n war ohne<br />

Zweifel der alljährliche Bürgerball. Erstmals veranstaltet wurde er 1977, damals noch<br />

gemeinsam mit dem Facco-Chor und unter dem Titel „Lieder der Welt". Doch schon<br />

zwei Jahr darauf wurde er vom <strong>MGV</strong> alleine getragen, dessen Vorstandsmitglied Dieter<br />

Schmidt ihn ohnehin von Anfang an entscheidend mit organisiert hatte. Zugleich wurde<br />

die Veranstaltung vom Frühjahr in den Herbst verlegt und fortan „Bürgerball“ genannt.<br />

Anfangs gelang es den Organisatoren, renommierte Interpreten zu gewinnen, allen<br />

voran den Chor der US-Army, die „Blauen Jungs“ aus Bremerhaven oder die durch Fernsehauftritte<br />

bekannte Opernsängern Grit van Jüten vom Nationaltheater Mannheim.<br />

Später beschränkte sich der Verein aus finanziellen Gründen auf die Stars der Region, so<br />

1985 Professor Edith Jaeger-Pietzsch mit ihren Gesangsschülern, die in den <strong>Jahre</strong>n darauf<br />

noch von sich reden machen sollten. 1987 trat ein kleines Ensemble des Nationaltheaters<br />

auf, bestehend aus der Sopranistin Jutta Reisinger, dem Tenor Kenneth Ross<br />

und der Pianistin Kathleen Maurer. 1988 folgten mit internationaler Folklore 17 Aktive<br />

der Folk-Family aus Edingen, quasi eine kleine Regionalausgabe der „Kelly Family“.<br />

Zum 13. Bürgerball, zugleich der 95. Geburtstag des Vereins, gelang es, Robert Pappert<br />

(1930-2010), einen der bekanntesten deutschen Volkslied-Komponisten, zu gewinnen.<br />

Seine rund 1400 Lieder werden von Gesangvereinen in ganz Deutschland gesungen,<br />

natürlich auch vom <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau, so etwa die „Kleine Madonna“, die Walter<br />

Morath stets so unnachahmlich zu intonieren vermochte, oder die „Sterne der Heimat".<br />

Wie die Rheinauer an jenem Abend seine Werke sangen, das begeisterte den Meister:<br />

„Der Solist der Kleinen Madonna war wundervoll“, schwärmte Pappert im Interview mit<br />

Konstantin Groß für den „Mannheimer Morgen“. Und die „Sterne der Heimat“ habe er<br />

selbst erstmals überhaupt von einem Chor gehört. Beeindruckt von dieser Veranstaltung,<br />

komponierte der Meister einen Chor mit dem Titel „Tanz mit mir“, den er dem<br />

<strong>MGV</strong> 1896 Rheinau widmete.<br />

1993 fand der letzte Bürgerball mit dem veränderten Konzept eines Oldie-Abends<br />

statt. Und obwohl der Saal gerammelt voll war, blieben dem Verein nach Abzug aller<br />

Unkosten gerade einmal 150 D-Mark übrig – zu wenig angesichts der unsäglichen Mühen<br />

bei Planung, Organisation und Vorbereitung einer solchen Mammutveranstaltung. Seither<br />

fand kein Bürgerball mehr statt.<br />

Die andere große Veranstaltung, durch die die Sänger in Rheinau bekannt wurden,<br />

war das 1980 ins Leben gerufene Marktplatzfest. Im Veranstaltungskalender des Stadtteils<br />

hatte es schnell seinen festen Platz, und zwar jeweils am letzten Wochenende im Juni.<br />

Charakteristisch für diese Veranstaltung waren lange Zeit die Holzbuden, die um den<br />

Platz herum gruppiert waren. Erst 1995 ging man auf die nun in Mode gekommenen<br />

weißen Partyzelte über, die für die Sänger auch viel leichter aufzubauen waren. Was das<br />

Musikprogramm betraf, so war es lange Tradition und Attraktion zugleich, am zweiten<br />

Tag des Festes, also jeweils samstags, eine auswärtige Trachtenkapelle spielen zu lassen,<br />

zumeist den Musikverein aus Neuschönau in der Nähe von Passau oder die Trachtenkapelle<br />

aus Böffingen im Schwarzwald sowie aus Roßhaupten im Allgäu. Doch mit der<br />

Zeit wurden die Kosten immer unerschwinglicher; seit 1993 verzichten die Rheinauer<br />

schweren Herzens auf diesen Programmpunkt. 1997 fand das letzte Marktplatzfest statt;<br />

stattdessen beteiligten sich die Sänger an dem 1990 gegründeten Stadtteilfest „Fröhliche<br />

Meile“ des Gemeinnützigen Vereins Rheinau mit einem Stand und Gesangsauftritten<br />

zur Eröffnung.


46<br />

Eine Frau führt den Stab.<br />

Probe des Männerchors 1985 mit der neuen Dirigentin Lucia Lewczuk im Rheinauhafen.<br />

Eine der ersten Auftritte des <strong>MGV</strong> mit Dirigentin.<br />

Beim Festakt zum 90-jährigen Bestehen des Turnvereins Rheinau in der Konrad-Duden-Schule 1983.


47<br />

Eine Dirigentin führt den Stab<br />

Im <strong>Jahre</strong> 1982 kam es zu einem Ereignis, das sich im Nachhinein als Glücksfall für den<br />

Verein herausstellen sollte. Im jenem Jahr nämlich war beim MVG nach kurzen Gastspielen<br />

von Wilhelm Jünger, Jürgen Karl und zuletzt Gerhard Schmidt die Stelle des Dirigenten<br />

erneut frei geworden. Emil Schumacher, der legendäre Chorleiter von Neckarau, empfahl<br />

den Rheinauern eine Frau namens Lucia Lewczuk, die vor ihrer Übersiedlung nach<br />

Deutschland 1978 am renommierten Konservatorium von Kattowitz Kirchenmusik und<br />

Musikerziehung studiert hatte. Der <strong>MGV</strong>-Vorstand griff zu, Ende Februar 1983 hatte sie<br />

ihre erste Probe mit den Sängern – die erste Frau am Dirigentenstab in einem Gesangverein<br />

der Region!<br />

Mit einfühlsamen Geschick gelang es ihr stets von neuern, die nicht gerade einfache<br />

Gruppe der 35 gestandenen und nicht selten eigenwilligen Sänger zu dirigieren. Das<br />

Repertoire ihres Chores veränderte sie gemäß ihrer eigenen Prägung behutsam, aber<br />

deutlich erkennbar. Zu den früher vorherrschenden Volks- und Weinliedern traten fortan<br />

Kunstlieder und auch moderne Klänge wie Spirituals. Im Mai 1988 kam es zur ersten<br />

großen Konzertreise ins Ausland, und zwar ins damalige Jugoslawien. Bald wurden die<br />

Sänger und ihre Dirigentin zu einer unzertrennlichen Gemeinschaft.<br />

Der Ruf vom guten Klima bei den Rheinauern sprach sich in der Region schnell herum.<br />

Wie durch einen Schneeballeffekt kamen immer mehr Anfragen und damit, da sie die<br />

Rheinauer nicht aufgeben wollte, immer mehr zu betreuende Chöre hinzu: unter anderem<br />

der gemischte Chor Ludwigshafen-Ruchheim, der Gesangverein Neuhermsheim<br />

sowie der Altenchor der Stadt Ludwigshafen – alle zusammen bald als „Lucia-Chöre“ in<br />

der gesamten Rhein-Neckar-Region ein Begriff. Der gemeinsame Auftritt mit über 200<br />

Akteuren im Ludwigshafener Pfalzbau im Dezember 1993, quasi eine kleine Regionalausgabe<br />

der Fischer-Chöre, wurde erster Höhepunkt der Zusammenarbeit. Hinzu kamen<br />

große Konzerte auf der Seebühne des Luisenparks, die stets ein großes und begeistertes<br />

Publikum und zudem ein außerordentlich positives Echo in der Presse fanden.<br />

Der Frauenchor<br />

Die Sorge um den Nachwuchs veranlasste den Verein im <strong>Jahre</strong> 1985, eine Idee aufzugreifen,<br />

die bereits vier Jahrzehnte zuvor diskutiert worden war: die Gründung eines<br />

Frauenchores.<br />

Anfang der achtziger <strong>Jahre</strong> war die Zahl der Mitglieder ebenso wie die der Sänger<br />

merklich zurückgegangen. Vorbild dafür war der Gesangverein Frohsinn Pfingstberg-<br />

Hochstätt, der bereits seit 1972 als erster Gesangverein der Region einen Frauenchor<br />

unterhielt. Nach Besuch eines Konzertes in der gerade neu erbauten Konrad-Duden-<br />

Schule im Oktober 1982 trug Vorstandsmitglied Jürgen Ruf diese Idee in den Vorstand,<br />

wo sie von Helmut Schmitt, Dieter Schmidt und Manfred Hipp unterstützt wurde.<br />

Gleichwohl bedurfte es dreier <strong>Jahre</strong> langer Überzeugungsarbeit und organisatorischer<br />

Vorbereitungen, bis das Projekt starten konnte. Am 2. März 1985 beschloss der Vorstand<br />

die Gründung des Frauenchores und startete, um die Resonanz zu testen, eine entspre-


48<br />

chende Werbeaktion, bei der sich vor allem die Familie Ruf große Verdienste erwarb. Am<br />

25. April 1985 trafen sich die Interessierten erstmals im Vereinslokal: 29 Erwachsene und<br />

sechs Jugendliche!<br />

Das Revolutionäre, das sich hinter dieser Neuerung verbirgt, kann nur ermessen, wer<br />

sich das ursprüngliche Selbstverständnis der Gesangvereine vergegenwärtigt. In vergangenen<br />

Zeiten bedeutete Sänger-Sein eben nicht nur Singen, sondern auch Kameradschaft,<br />

männliche Geselligkeit, zu erleben. So sehr man die eigene Familie auch schätzte,<br />

waren Frauen dabei nicht gerne gesehen. „Ich gehe in die Singstunde, um Kameradschaft<br />

zu pflegen, und das möchte ich ohne Frauen“, lautete die für diese Haltung charakteristische<br />

Äußerung eines Sängers auf der historischen Mitgliederversammlung zu diesem<br />

Thema am 21. Mai 1985.<br />

Gleichwohl, die Befürworter setzten sich durch. Auch wenn der Frauenchor natürlich<br />

keine Verstärkung des Männerchores bringen würde, so lautete ein zentrales Argument<br />

der Befürworter, das Jürgen Ruf anführte, so sorgten die Frauen doch für eine größere<br />

Resonanz bei den Veranstaltungen des <strong>MGV</strong>. Bei der Schlussabstimmung votierten von<br />

den 34 Anwesenden 26 mit Ja und nur fünf mit nein. Bereits einen Tag danach fand die<br />

erste Singstunde der Frauen mit 35 Teilnehmerinnen statt; die Frau des Vorsitzenden,<br />

Liesel Schmitt, wurde bis zur turnusmäßigen Wahl eines Frauenchor-Vorstandes zur<br />

Sprecherin der neuen Abteilung gewählt.<br />

Seine Feuerprobe erlebte der Frauenchor auf dem Bürgerball im Oktober 1985. Unter<br />

Leitung von Lucia Lewczuk sangen die 35 Sängerinnen damals das Lied „Freunde lasst<br />

uns singen“ von Otto Groll. Der „Mannheimer Morgen“ schrieb damals: „Das Sopran-<br />

Solo von Eva Gogolin zur irischen Volksweise 'Es klingt ein Lied' machte den Auftritt des<br />

Frauenchores endgültig zu einer Sternstunde der Gesangvereinsgeschichte Rheinaus.“<br />

In den <strong>Jahre</strong>n seither hat sich das Repertoire der Frauen erheblich erweitert.<br />

Die von der Gründung des Frauenchores erwarteten Folgen blieben denn auch nicht<br />

aus. Im Gründungsjahr des Frauenchores 1985 stieg die Mitgliederzahl des Vereins um<br />

stattliche 54 auf 205 an. 72 davon waren Aktive, davon wiederum 34 Sänger und 38 Sängerinnen.<br />

1988 waren es bereits 43 Sängerinnen. Stets war es eindrucksvolles Bild,<br />

wenn die Sängerinnen und Sänger, also über 60 Aktive, auf voller Breite eine Bühne betraten,<br />

vor allem bei den Feiern zum 90-jährigen Bestehen des Vereins im <strong>Jahre</strong> 1986.<br />

Das Führungsduo Schmidt/Hipp<br />

Anfang der neunziger <strong>Jahre</strong> ließ Helmut Schmitt durchblicken, dass er sein Amt nach<br />

insgesamt 35 <strong>Jahre</strong>n Tätigkeit in Vorstandsämtern gerne abgeben würde: Als passender<br />

Zeitpunkt erschien ihm die Generalversammlung im <strong>Jahre</strong> 1990, als er das 25. Jahr seiner<br />

Amtszeit gerade hinter sich hatte. Doch in jener denkwürdigen Sitzung – wer erinnert<br />

sich nicht, wie die 77 Anwesenden mangels Heizung bei acht Grad Kälte mit Mänteln<br />

und Jacken im Saal der TSG saßen! – fand sich kein Nachfolger. In einer Pause, für<br />

die die Versammlung unterbrochen wurde, konnte Rolf Fischer den Vorsitzenden jedoch


49<br />

noch einmal zum Bleiben überreden. Mit 61 Ja- gegen fünf Nein-Stimmen wurde er gewählt.<br />

„Es ist endgültig das letzte Mal“, machte Schmitt jedoch klar.<br />

Zwei <strong>Jahre</strong> später war es soweit: Erneut stand die Wahl des Vorsitzenden an. Im Gegensatz<br />

zu 1990 hatten dieses Mal jedoch eingehende Vorgespräche stattgefunden.<br />

Dieter Schmidt war bereit, im Rahmen eines Teams, das ihn unterstützen sollte, den Vorsitz<br />

zu übernehmen. Bei der Generalversammlung im Januar 1992 wurde der damals<br />

52jährige mit 71 von 73 Stimmen zum neuen Vorsitzenden gewählt. Als seinen Stellvertreter<br />

schlug er Manfred Hipp vor und machte klar, dass er die Spitze des Vereins als Duo<br />

sah.<br />

Von dem neuen Führungsduo Schmidt/Hipp – beide übrigens am gleichen Tag, dem<br />

26. November 1939, geboren – hatte jeder in den zurückliegenden <strong>Jahre</strong>n im Verein<br />

reichhaltige Erfahrung angesammelt. Schmidt war bereits damals die Hälfte seines Lebens<br />

Vorstandsmitglied. Auch Manfred Hipp gehörte zu diesem Zeitpunkt bereits 25 <strong>Jahre</strong><br />

dem Vorstand an.<br />

Gleichwohl war der Abgang Helmut Schmitts natürlich ein tiefer Einschnitt nicht nur<br />

für ihn persönlich, sondern auch für den Verein. 28 <strong>Jahre</strong> lang hatte er den Verein geführt<br />

und nach außen gekonnt repräsentiert. Im Vorstand jedoch hatte es, nicht zuletzt<br />

schlichtweg generationenbedingt, vor allem in den letzten <strong>Jahre</strong>n immer wieder unterschiedliche<br />

Meinungen über den künftigen Weg des Vereins gegeben.<br />

Das neue Führungsgespann schlug denn auch umgehend neue Wege ein. Eine völlig<br />

neue Aktivität begann mit dem karitativen Engagement. Bereits zu ihrem 50. Geburtstag<br />

1989 hatten Dieter Schmidt und Manfred Hipp auf Feiern und Geschenke zugunsten<br />

der Aktion Krebskranke Kinder verzichtet. Nun setzten sie die Idee um, anstelle des<br />

traditionellen Bürgerballs ein Benefiz-Konzert zugunsten dieser Aktion zu veranstalten –<br />

zu Allerheiligen 1992 – einem für einen solchen Zweck ja nicht falschen Datum. Und es<br />

war schon ein eindrucksvoller Augenblick, wie die stolze Hundertschaft der Sänger (die<br />

Frauen in Blau und die Männer in Weinrot) auf der ganzen Breite der Bühne des Nachbarschaftshauses<br />

Beethovens „Freude, schöner Götterfunke“ schmetterten. Kurz vor<br />

Weihnachten konnte Dieter Schmidt rund 7.000 D-Mark Professor Niessen, den Chef<br />

der Mannheimer Kinderklinik, übergeben.<br />

Zu einem für die Vereinsgeschichte bedeutenden Auftritt kam es am 25. Februar 1994.<br />

Nach nahezu zehnjähriger Diskussion wurde an jenem Tag der bundesligataugliche<br />

Umbau des Rhein-Neckar-Stadions eingeweiht, das fortan Carl-Benz-Stadion hieß. Gegen<br />

18.45 Uhr betraten die 50 Rheinauer Sängerinnen und Sänger zusammen mit<br />

1.400 Aktiven anderer Gesangsvereine die Arena; unter Leitung von Volker Schneider<br />

und Dietrich Edinger stimmten sie die Titelmelodie der ARD-Sendung „Tausend Stimmen“<br />

an. Für die Rheinauer Sänger jedoch war die Teilnahme an diesem für Mannheim<br />

bedeutenden Ereignis ein unvergeßliches Erlebnis. Selbst das Fernsehen konnte an diesem<br />

traditionsreichen Verein nicht vorbeigehen: So waren die Rheinauer Sänger zu Gast<br />

im „Rhein-Neckar-Fernsehen“, dem regionalen Partner des Privatsenders RTL, das zu jeder<br />

Sendung Vereine, Gruppen oder Einrichtungen aus der Region als Zuschauer in sein<br />

Studio in der Dudenstraße einlädt. Die leutseligen Sänger fanden schnell und unkompliziert<br />

Kontakt zu den Männern vom Fernsehen; Moderator Norbert Lang war bereits<br />

nach kurzer Zeit nur noch der „Nobbi“.


50<br />

Einweihung des renovierten Kriegerdenkmals 1993.<br />

Am Mikrofon der Initiator der Aktion, <strong>MGV</strong>-Mitglied Harald Hipp.<br />

Gasthaus „Rheinauhafen“ Karlsruher/Ecke Stengelhofstraße.<br />

1922-1993 Probenlokal des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau.


51<br />

Bauen für Rheinau<br />

<strong>Jahre</strong>lang hatte man in Rheinau den miserablen Zustand der Toilettenanlage auf dem<br />

Rheinauer Marktplatz beklagt. Die sanitären Anlagen waren total verdreckt, Türen und<br />

Wände mit radikalen politischen Parolen oder schlichtweg mit Schweinereien beschmiert,<br />

von Spiegel oder Papierhandtüchern an den Waschbecken längst nichts mehr<br />

zu sehen. Besonders betroffen von diesem Missstand war der <strong>MGV</strong>, der hier bekanntlich<br />

sein Marktplatzfest feierte. Die Stadt bejahte zwar die Notwendigkeit einer Renovierung,<br />

konnte sie wegen ihrer Finanzmisere aber nicht umsetzen; die Anlage drohte wie<br />

zuvor bereits jene in Neckarau am Eingang der Friedrichstraße oder auf dem Lindenhof<br />

am Gontardplatz geschlossen zu werden.<br />

Um dies für Rheinau abzuwenden, ergriff Harald Hipp die Initiative. In 148 Arbeitsstunden<br />

renovierten acht Sänger die Anlage, strichen Wände und Türen im Innern<br />

ebenso wie das Geländer außen. Im Rahmen des 14. <strong>MGV</strong>-Marktplatzfestes im Juni<br />

1993 wurde die Anlage eingeweiht. „Es ist einmalig in Mannheim, dass so etwas gemacht<br />

wurde“, lobte Baubürgermeister Lothar Quast. Und weil die Knochen schon mal so gut<br />

in Schwung waren, renovierten die Sänger kurz darauf auch gleich die WC-Anlage auf<br />

dem Rheinauer Friedhof.<br />

Doch die Rheinauer Sänger ließen es nicht bei der Toilettenanlage bewenden. Kurz<br />

danach bereits wandten sie sich dem Kriegerdenkmal zu, das am Kopfe des Marktplatzes<br />

in Richtug vor der Versöhnungskirche steht. Die Rheinauer Sänger hatten zu diesem<br />

Bauwerk eine ganz besondere Beziehung; 60 <strong>Jahre</strong> zuvor, im <strong>Jahre</strong> 1933, war es mit ihrer<br />

Beteiligung eingeweiht worden. Nicht nur ihnen tat es daher weh, wie das Monument<br />

in den vorangegangenen <strong>Jahre</strong>n heruntergekommen war. Durch zahlreiche Sachund<br />

Geldspenden gelang es ihnen, das Denkmal wieder in Schuss zu bringen.<br />

Ein neues Vereinslokal<br />

Zum <strong>Jahre</strong>swechsel 1993/94 kam auf die Vereinsfamilie plötzlich eine ungeahnte Herausforderung<br />

zu: Ihr Vereinslokal „Zum Rheinauhafen“ in der Stengelhofstraße/Ecke Karlsruher<br />

Straße, dem sie seit 1922 die Treue gehalten hatten, mussten sie verlassen. Der<br />

neue Besitzer Claudio Mucciolo, ein Verwandter des aus Rheinau stammenden Fußball-<br />

Bundesligastars Maurizio Gaudino, hatte die Gaststätte im November 1993 zu einem<br />

italienischen Ristorante umgebaut; ein Nebenzimmer als solches sollte es fortan nicht<br />

mehr geben, der Raum vielmehr ebenfalls ständig eingedeckt sein; für Klavier sowie<br />

Pokal- und Notenschränke, so beschied der neue Wirt die Sänger im Januar 1994, war<br />

kein Platz mehr. Doch wo sollen wir hin, fragte sich die Sängerfamilie verzweifelt in der<br />

mit 75 Anwesenden außergewöhnlich gut besuchten <strong>Jahre</strong>shauptversammlung Mitte<br />

Januar 1994.<br />

Dank jahrzehntelanger Freundschaft mit dem Sportverein TSG – der Vorsitzende der<br />

TSG, Peter Klug, war auch im <strong>MGV</strong> aktiv – kamen die Sänger dort unter. Ja, die TSG<br />

stimmte in ihrer Mitgliederversammlung im März 1994 sogar dem Antrag der Sänger


52<br />

100. Jubiläum des Vereins im <strong>Jahre</strong> 1996.<br />

Links das von <strong>MGV</strong>-Mitglied Konstantin Groß verfasste <strong>Festbuch</strong>, rechts Kanzleramts-Minister Bernd Schmidbauer bei<br />

seiner Rede auf dem Festakt.<br />

Festakt zum 100. Jubiläum 1996.<br />

Männer- und Frauenchor bei ihrem Auftritt unter Leitung von Lucia Lewczuk.


53<br />

zu, einen kleinen Teil ihres Vereinshauses umzubauen und per vertraglich abgesichertem<br />

Dauernutzungsrecht zu übergeben – eine „Ehe von Kultur und Sport“, wie Dieter<br />

Schmidt formulierte, mit der Verein in Mannheim Neuland betrat.<br />

Am 6. Juni 1994 begannen die Arbeiten. Eine neue Außenwand wurde gemauert, das<br />

bisherige Dach abgerissen. Bei den oft tropischen Temperaturen des Sommers 1994<br />

leisteten die 27 fleißigen Sänger unter Bauleitung von Manfred Hipp insgesamt 1.400<br />

Arbeitsstunden. Im Oktober 1994 konnte der neue Raum feierlich eingeweiht werden.<br />

„Wir haben auch Raumprobleme“, lobte Winfried Rahm, der Vorsitzende des befreundeten<br />

Gesangvereins Neuhermsheim, „aber ein solches Projekt hätten wir uns nie getraut<br />

und nicht geschafft“.<br />

Das 100-jährige Jubiläum<br />

Die wohl größte Herausforderung nahte für den neuen Vorstand in Gestalt des 100jährigen<br />

Jubiläums im <strong>Jahre</strong> 1996. Bereits zu Beginn des <strong>Jahre</strong>s 1994 hatte sich der Vorstand<br />

grob auf die Struktur der Jubiläumsaktivitäten geeinigt: ein Festakt mit den Festreden<br />

und Ehrungen, eine davon getrennte musikalische Veranstaltung sowie ein <strong>Festbuch</strong>.<br />

Mit der Abfassung des <strong>Festbuch</strong>es beauftragte der Vorstand bereits 1993 das Vereinsmitglied<br />

Konstantin Groß, der als studierter Historiker und Redakteur der Tageszeitung<br />

„Mannheimer Morgen“ dafür mehr als prädestiniert war. Dank seiner ausgezeichneten<br />

Verbindungen gelang es ihm außerdem, den Ministerpräsidenten des Landes Baden-<br />

Württemberg, Erwin Teufel, als Schirmherrn, und den Staatsminister im Bundeskanzleramt,<br />

Bernd Schmidbauer, als Festredner zu gewinnen. Vor allem Letzteres war natürlich<br />

eine Sensation, galt Schmidbauer doch als enger Vertrauter von Bundeskanzler Helmut<br />

Kohl und als in seiner Funktion auch Koordinator aller deutschen Geheimdienste.<br />

Für seine Festrede im Nachbarschaftshaus Rheinau galt denn auch höchste Sicherheitsstufe.<br />

Eine Stunde, bevor der hohe Gast eintreffen sollte, rückte die Hundestaffel<br />

der Polizei an, um noch einmal unter die Bühne zu schnüffeln und den Keller zu durchsuchen.<br />

Den ganzen Nachmittag über blieb der Mannschaftswagen vor der Tür postiert,<br />

Revierführer Winfried Scherer schaute selbst nach dem Rechten. Die Rede selbst,<br />

die Schmidbauer hielt, beeindruckte alle Anwesenden – auch jene, die dem Auftritt des<br />

CDU-Politikers anfänglich skeptisch gegenüber gestanden hatten. Protokollarischer Höhepunkt<br />

des Nachmittags kam, als Schmidbauer im Auftrag von Bundespräsident Roman<br />

Herzog dem Vereinsvorsitzenden Dieter Schmidt Zelterplakette des Bundespräsidenten<br />

überreichte, die alle Gesangvereine erhalten, die 100 <strong>Jahre</strong> alt werden.<br />

Zwei <strong>Jahre</strong> nach diesem Jubiläum gab Dieter Schmitt den Vorsitz ab. Im Januar 1998<br />

wurde sein bisheriger Stellvertreter Manfred Hipp zu seinem Nachfolger gewählt. Der<br />

1939 geborene Hipp trat 1955 in den Verein bei und wurde bereits 1964 als „zweiter<br />

Kassier“ erstmals Mitglied des Vorstandes. 1972 bis 1988 verantwortete er als Schatzmeister<br />

die Finanzen des Vereins. Mit seiner Hallenbau-Firma leistete er nicht erst als Vorsitzender<br />

dem Verein wertvolle Dienste. Glanzvoller Höhepunkt seiner Amtszeit als Vorsitzender<br />

wurde das von ihm initiierte große Konzert aller sieben Rheinauer Chöre im<br />

<strong>Jahre</strong> 2001.


54<br />

Die Chöre des <strong>MGV</strong> 1896 Mannheim-Rheinau e. V. im Vorfeld des 100. Jubiläums.<br />

Frauenchor untere Reihe von links: Hildegard Vogt (†), Milada Franosch, Anna Grunert (†), Gertrud Jonatha, Christa<br />

Popp, Reinhilde Fischer, Lotte Kreis (†), Maria Daub, Gertrud Pfeil, Gerlinde Powolik, Ursula Franzen, Marianne Bug,<br />

Hildegard Gehrig, Ruth Golebiowsky, Sophie Huber (†);<br />

Frauenchor obere Reihe von links: Susanne Vesper, Irene Landua (†), Gerda Petruck (†), Gerlinde Hinterberger, Renate<br />

Herbert, Karin Ruf, Eva Gogolin, Irene Plog (†), Anneliese Wollschläger, Hilde Schläger (†), Christa Stückle, Liesel<br />

Bergold (†), Sonja Morath (†), Luise Schmitt, Elisabeth Etcheverry, Renate Oechsner, Anita Galm, Anja Preißler, Claudia<br />

Bug, Dirigentin Lucia Lewczuk.<br />

Männerchor obere Reihe von links: Wolfgang Feige (†), Manfred Schweitzer (†), Günter Friedrichs, Walter Morath sen.<br />

(†), Fritz Häfner, Herbert Wahle, Dieter Schmidt, Jürgen Ruf, Helmut Schmitt (†), Günter Klug, Klaus Scheuermann (†),


55<br />

Franz Franzen, Heinz Hanel (†), Josef Kuhn (†), Franz Bumann (†), Manfred Hipp, Heinz Hintzen, Walter Lill (†), Horst<br />

Schott (†), Rolf Günther, N.N., Karl Stahl (†);<br />

Männerchor Zwischenreihe (im rechten Drittel des Bildes) von links: Otto Günter, Günter Plöchinger (†), Rudi Weidenauer<br />

(†), Josef Kußmann (†), Walter Morath jr.<br />

Die fettgedruckten Namen bezeichnen Sänger und Sängerinnen, die noch heute im Chor aktiv sind. Die mit einem<br />

Kreuz versehenen Aktiven sind inzwischen verstorben. Die Aufzählung der Namen beruht auf Angaben des Vorsitzenden<br />

Jürgen Ruf. Das Bild wurde damals fotografiert von dem Rheinauer Fotografen Abdelkader Naoui.


56<br />

Konzert der sieben Rheinauer Chöre 2001.<br />

Der Moderator des Abends, <strong>MGV</strong>-Mitglied Konstantin Groß, betritt die Bühne.<br />

Konzert der sieben Rheinauer Chöre 2001.<br />

Bericht des „Mannheimer Morgen“ über die Veranstaltung.


57<br />

Konzert der sieben Rheinauer Chöre 2001<br />

Viele Rheinauer, Freunde des Chorgesangs gleich gar, hatten es bereits seit langem beklagt:<br />

Der einzige Anlass, zu dem die drei Gesangvereine des Stadtteils – der <strong>MGV</strong> 1896,<br />

der Liederkranz 1897 und der Frohsinn Hochstätt-Ptingstberg 1914 – gemeinsam sangen,<br />

bildete jeweils die Totengedenkfeier der beiden Gemeinnützigen Vereine zum<br />

Volkstrauertag auf dem Rheinauer Friedhof. Eindrucksvoll ohne Zweifel, doch kein Anlass,<br />

fröhliches Liedgut aufzuführen, Geselligkeit zu pflegen oder gar fröhlich zu sein.<br />

Lange war es daher der Wunsch vieler Sangesfreunde in allen Vereinen, ein gemeinsames<br />

Konzert zu veranstalten. Mehrere Anläufe dazu hatte es denn auch bereits gegeben,<br />

Manfred Hipp, der Vorsitzende des <strong>MGV</strong>, hielt den Jahrtausendwechsel für den<br />

richtigen Anlass, es noch einmal versuchen, und diesmal hatte er Erfolg: Für den 12. Mai<br />

2001 wurde ein gemeinsames Konzert vereinbart. Besonders attraktiv wurde es dadurch,<br />

dass nicht nur die drei traditionsreichen Chöre <strong>MGV</strong> 1896, Liederkranz 1897 und<br />

Frohsinn 1914 auftreten sollten, sondern auch zwei jüngere Formationen: Da Capo und<br />

der Shanty-Chor.<br />

Der Eintritt betrug zwölf Mark. Der Reinerlös sollte an zwei Einrichtungen für Menschen<br />

mit geistiger bzw. seelischer Behinderung im Vorort gehen, nämlich je zur Hälfte<br />

an das Wohnhaus Stengelhof der Lebenshilfe, die in jenem Jahr bekanntlich 40. Jubiläum<br />

feiern konnte, sowie an das St. Anna-Haus im Casterfeld. 400 Gästen nahmen teil.<br />

Die Moderation übernahm in bewährter Weise „MM“-Redakteur Konstantin Groß.<br />

Sowohl klanglich als auch optisch wurde die Veranstaltung eindrucksvoll. Immerhin<br />

brachte der <strong>MGV</strong> 50 Frauen und Männer auf die Bühne, der Frauen- und Männerchor<br />

des Frohsinn 35. Der Liederkranz verfügte über 20 Sänger, der Shanty-Chor über 25 und<br />

Da Capo über 30 Männer und Frauen – zusammen also 160 Sängerinnen und Sänger.<br />

Damit es auch wirklich ein schönes Bild gab, wurde auch die äußere Präsentation genau<br />

festgelegt: Trat ein Chor alleine auf, trug er seine Chorkleidung; sangen die Männerchöre<br />

zusammen, so war eine gemeinsame Kleidung mit schwarzer Hose, weißem Hemd<br />

und Krawatte vorgesehen.<br />

Die Dirigenten der fünf beteiligten Chöre – vom Liederkranz Willibald Schreck, beim<br />

<strong>MGV</strong> 1896 Lucia Lewczuk, beim Frohsinn Gerhard Speich, bei Da Capo Elena Kleiser<br />

und beim Shanty-Chor Peter Göttert – hatten in monatelanger Kleinarbeit ein abwechslungsreiches<br />

Programm zusammen gestellt. Die Chöre traten an jenem Abend sowohl<br />

einzeln als auch zusammen auf, so dass die Veranstaltung sowohl Selbstdarstellung jedes<br />

einzelnen Chors als auch Visitenkarte für den Rheinauer Chorgesang insgesamt wurde.<br />

Als eine brillante Demonstration des Chorgesangs erwies sich das Konzert dann in der<br />

Tat. Wegen der sommerlichen Temperaturen waren die Saaltüren des Nachbarschaftshauses<br />

weit geöffnet, so dass der „Chor der Gefangenen“ aus Verdis „Nabucco“ weithin<br />

zu hören war, bei dem am Ende des Konzerts die Stimmen aller 160 Sängerinnen und<br />

Sänger zu einem herrlichen Opernchor verschmolzen.<br />

Der Männerchor des <strong>MGV</strong> 1896 sang das gefühlsbetonte Lied „Die Rose“, danach<br />

das temperamentvolle Bekenntnis des Chors: „Freunde, das ist Musik“, das die Besucher


58<br />

Erwin Teufel 2002 im „Gärtnertreff“.<br />

Nach seiner Rede, im Hintergrund die Sänger des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau.<br />

Erwin Teufel 2002 im „Gärtnertreff“.<br />

CDU-Ortsverbandsvorsitzender Paul Buchert und Bundestagsabgeordneter Prof. Dr. Egon Jüttner (r.) überreichen dem<br />

Ministerpräsidenten ein Geschenk, beobachtet von den Sängern des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau.


59<br />

zum Mitklatschen animierte. Die Vorträge der Frauenchöre dirigierte Lucia Lewczuk und<br />

faszinierte in „Der Tag war schön“ mit ausdrucksvollem Sologesang. Und unter ihrer<br />

sicheren Leitung begeisterten die sieben Chöre zum Abschluss gemeinsam mit dem<br />

programmatischen Titel: „Ein guter Tag zu Ende geht“.<br />

Auftritt vor Ministerpräsident Teufel 2002<br />

Am 6. September 2002 sang der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau im „Gärtnertreff“ vor seinem bislang<br />

prominentesten Zuhörer: dem Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg,<br />

Erwin Teufel. Anlass war die Abschlusskundgebung des CDU-Ortsverbandes Rheinau<br />

zur Bundestagswahl am 22. September 2002. Der Ministerpräsident war, wie der Organisator<br />

der Veranstaltung, Rheinaus Stadtrat Paul Buchert in seiner Begrüßung betonte, der<br />

erste Landesvater seit Großherzog Friedrich I. 1899, der Rheinau besuchte. Damit der<br />

sich auch später noch daran erinnerte, wo er war, überreichte ihm die „Meilenkönigin“<br />

des Rheinauer Stadtteilfestes „Fröhliche Meile“ 2002, Stephanie Losert, ein Exemplar<br />

der von Konstantin Groß verfassten Pfingstberg-Chronik „Zwischen Grün und Gleis“,<br />

wofür sich der Landesvater bei ihr galant mit einem Wangenkuss bedankte. Doch auch<br />

er hatte etwas mitgebracht: Der Ministerpräsident zeichnete Paul Buchert mit der Jubiläumsmedaille<br />

,,50 <strong>Jahre</strong> Baden-Württemberg“ aus.<br />

Die Rede des Ministerpräsidenten, in der sich dieser für alle Anwesenden überraschend<br />

kämpferisch zeigte, war natürlich von der anstehenden Bundestagswahl geprägt. „Alle<br />

Gesetze der rot-grünen Bundesregierung wieder aufheben, das wäre ein gewaltiges Konjunkturprogramm“,<br />

erklärte Teufel im überfüllten „Gärtnertreff“. „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

müssen besser werden“, forderte Teufel, etwa durch eine steuerliche<br />

Entlastung des Mittelstandes. Maßnahmen wie die Ökosteuer hätten zu zusätzlicher Arbeitslosigkeit<br />

geführt. „Das rot-grüne Experiment ist gescheitert, wir sind in vier <strong>Jahre</strong>n keinen<br />

Schritt voran gekommen“, kritisierte Teufel.<br />

Zwischen den Ansprachen des Ministerpräsidenten und der übrigen Redner sangen<br />

die Chöre des Männergesangvereins 1896 Rheinau unter Leitung von Lucia Lewczuk.<br />

Von diesen Liedvorträgen war der Landesvater offensichtlich stark beeindruckt; jedenfalls<br />

erhielt der Verein knapp eine Woche später einen Brief aus dem Staatsministerium,<br />

in dem sich der Ministerpräsident persönlich für den Auftritt der Sängerinnen und Sänger<br />

bedankte. Damit habe der <strong>MGV</strong> ihm eine große Freude gemacht, schrieb der Ministerpräsident:<br />

„Ihre Gesangsbeiträge trugen ganz wesentlich zu der guten Stimmung an diesem<br />

Nachmittag bei. Ich habe mich … in Ihrem Kreise außerordentlich wohl gefühlt.“


60<br />

Feier zum 110-jährigen Bestehen 2006.<br />

Festredner ist der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Gerhard Stratthaus. Der Brühler kennt Rheinau seit<br />

den sechziger <strong>Jahre</strong>n. „Damals wurde mir hier mein Fahrrad geklaut“, erzählte er in seiner Festrede zur Erheiterung des<br />

Publikums.<br />

Der Gemischte Chor des <strong>MGV</strong> im Jubiläumsjahr 2016.<br />

Vorne v. l.: Gertrud Pfeil, Mathilde Günther, Erika Neuner, Ursula Franzen, Karin Ruf, Sonja Bauer; mittlere<br />

Reihe: Susanne Vesper, Anneliese Wollschläger, Hilde Dieffenbach, Olga Rehm, Milada Franosch, Giesela<br />

Stocker; hinten: Gunder Winterkorn, Günter Klug, Franz Franzen, Jupp Wollschläger, Dirigent Eddy Werner<br />

Triebskorn, Günter Friedrichs, Jürgen Ruf, Günter Otto, Rolf Günther, Walter Morath.


61<br />

Die Amtszeit von Jürgen Ruf<br />

Im <strong>Jahre</strong> 2007 traf den <strong>MGV</strong> 1896 ein schwerer Schlag: Vereinschef Manfred Hipp erlitt<br />

einen Schlaganfall und war auch nach seiner weitgehenden Genesung nicht mehr in der<br />

Lage, den Vorsitz weiter auszuführen. Am 19. Januar 2008 wurde der bisherige Mitgliederwart<br />

Jürgen Ruf mit 40 von 48 Stimmen zum neuen Vorsitzenden des Vereins gewählt,<br />

der damals 126 Mitglieder und 39 Aktive (16 Sänger und 23 Sängerinnen) zählte.<br />

Auf seinen Antrag hin wurde sein Vorgänger einstimmig zum Ehrenvorsitzenden gewählt.<br />

In der Amtszeit von Ruf, seit 1958 im Verein, wurden die bisherigen Aktivitäten fortgesetzt,<br />

aber auch neue entwickelt, so etwa das Kurpfälzer Kerwe-Schlachtfest. Herausragende<br />

Veranstaltung war das Konzert zum 25. Jubiläum des Frauenchors im <strong>Jahre</strong><br />

2010.<br />

Eine Herausforderung, der sich der Verein in dieser Zeit gegenübersah, war der mehrfache<br />

Wechsel in der Chorleitung. Im <strong>Jahre</strong> 2010 strebte die mittlerweile 64-jährige Dirigentin<br />

Lucia Lewczuk an, beruflich kürzertreten und zu diesem Zweck die Proben ihrer<br />

verschiedenen Chöre auf wenige Tage der Woche zusammenfassen; den von ihr für den<br />

<strong>MGV</strong> 1896 Rheinau vorgesehenen Mittwoch, 17.30 Uhr, lehnte dieser jedoch ab. So beendete<br />

Lucia Lewczuk nach 28 <strong>Jahre</strong>n ihr Engagement beim <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau. Nachfolger<br />

wurde der Kantor der Evangelischen Versöhnungsgemeinde Rheinau, Ottmar<br />

Öhring.<br />

Doch Öhring setzte den Schwerpunkt zunehmend auf ein geistiges Repertoire mit<br />

Kanons und war auch im persönlichen Umgang eher zurückhaltend. Der Verein trennte<br />

sich von ihm und verpflichtete stattdessen: Franz Josef Siegel. Der regional bekannte<br />

Chorleiter und Autor zahlreicher Kompositionen passte altersmäßig zwar eher zu den<br />

Aktiven und erwies sich auch als weit bodenständiger, in seinem Umgang zuweilen aber<br />

wiederum als wenig sensibel. Auch von ihm trennte sich der <strong>MGV</strong> 1896 schließlich am<br />

26. Mai 2015.<br />

Der Kreisvorsitzende der Chorverbandes, Jürgen Zink, stellte den Kontakt zu Eddy<br />

Werner Triebskorn her, mit dem am 16. Juni 2015 die erste Singstunden stattfand. Wie<br />

Siegel passte er vom Alter her zu den Aktiven, hatte aber eine ruhigere Art, die ihnen<br />

eher entgegenkam. Mit Triebskorn packte der <strong>MGV</strong> 1896 sein Jubiläumsjahr an, besonders<br />

das Festkonzert am 7. Mai 2016 im Nachbarschaftshaus.<br />

Nur auf Grund dieses Jubiläumsjahres hatte sich Jürgen Ruf bereiterklärt, den Vorsitz<br />

weiter zu bekleiden. Im Januar 2016 wurde er einstimmig in seinem Amt bestätigt – allerdings<br />

gemäß seiner Bedingung lediglich für ein Jahr bis zum Januar 2017. Wie es danach<br />

mit dem Verein weitergehen wird, der noch 87 Mitglieder zählt, davon 22 Aktive (zwölf<br />

Frauen, zehn Männer), wird sich dann zeigen müssen.


62<br />

Der Frauenchor des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau zehn <strong>Jahre</strong> nach seiner Gründung.


63<br />

Der Frauenchor<br />

Mehr als das „Kuchenback-Geschwader“ des Vereins<br />

Im Jubiläumsjahr 2016 zählt der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau in seinen Reihen 34 Frauen, das sind<br />

40% seiner 87 Mitglieder. Der 1985 gegründete Frauenchor ist mit zwölf Aktiven kontinuierlich<br />

größer als der Männerchor mit seinen zehn Sängern.<br />

Doch die aktuelle Bedeutung der Frauen sowie ihre Leistungen im Verlauf der <strong>120</strong> <strong>Jahre</strong><br />

währenden Vereinsgeschichte sind weit höher zu bewerten als in diesen aktuellen Zahlen<br />

zum Ausdruck kommt. Ohne das Engagement der Frauen im Verein wäre die Geschichte<br />

des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau nicht so erfolgreich verlaufen wie sie ist; und dies nicht<br />

nur deshalb, weil die Männer im Verein niemals so aktiv hätten sein können, wenn ihnen<br />

ihre Frauen nicht „den Rücken frei gehalten“ und sie unterstützt hätten; die Frauen des<br />

<strong>MGV</strong> 1896 Rheinau haben vielmehr auch selbst Spuren in der Vereinsgeschichte hinterlassen<br />

– sowohl hinter den Kulissen als auch in wichtigen Funktionen, in den letzten <strong>Jahre</strong>n<br />

sogar mit eigenem Chor.<br />

Männerwelt Gesangverein<br />

Als der Verein im <strong>Jahre</strong> 1896 aus der Taufe gehoben wurde, da waren lediglich Gründer-<br />

„Väter“ mit von der Partie. Sänger zu sein, das bedeutete damals eben nicht nur zu singen,<br />

sondern auch Kameradschaft, männliche Geselligkeit, zu erleben; der Verein führte<br />

diesen Geist sogar in seinem Namen und nannte sich daher bewusst Männergesangverein.<br />

Frauen sollten im Gesangverein, so sehr man die eigene Familie auch lieben<br />

mochte, nichts zu suchen haben. Ihre gesangliche Betätigung wurde denn auch in die<br />

Kirchenchöre abgedrängt, die schon frühzeitig gemischt auftraten. Auch die Vorstände<br />

waren dem entsprechend ausschließlich männlich besetzt und damit ein Spiegelbild der<br />

patriarchalischen Gesellschaftsstruktur jener Zeit. Und dies blieb auch noch viele Jahrzehnte<br />

lang so der Fall.<br />

Frauen dienten lediglich als schmückendes Beiwerk der Veranstaltungen, bestaunte<br />

Dekoration oder gar Attraktion. Mina Rothacker, die Tochter des Vereinsgründers Philipp<br />

Rothacker, fungierte bei der Fahnenweihe 1904 als Fahnenbraut. Auguste Scherer aus<br />

dem „Stall“ des Saalbaus Scherer und Anna Strauß aus einer Spengler-Familie, zwei<br />

Töchter alter Rheinauer Familien also, bildeten ihre Prinzessinnen. Auch das Foto von<br />

40. Stiftungsfest 1936 zeigt auf der Bühne des „Badischen Hofes“ neben den Gründungsmitgliedern<br />

und Honoratioren des Vereins eine Festkönigin vor dem Bild des sogenannten<br />

Führers.<br />

An dieser Grundkonstellation änderte sich auch bei Wiedergründung des Vereins nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg zunächst nichts. Diejenigen, die den Verein 1945 von Neuem<br />

aus der Taufe hoben, waren ebenso ausschließlich Männer wie die Mitglieder der Vor-


64<br />

Wertungssingen in Walldorf nach Kriegsende.<br />

Wie bei diesem Anlass waren Frauen in jener Zeit im Männergesangverein lediglich als „Festdamen“ und damit als<br />

schmückendes Element, aber nicht als Sängerinnen gerne gesehen.<br />

Probe des Frauenchors 1985.<br />

Im Gasthaus „Zum Rheinauhafen“, am Klavier Dirigentin Lucia Lewczuk.


65<br />

stände in den darauf folgenden Jahrzehnte. Hinter den Kulissen jedoch waren die Frauen<br />

im <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau bereits zu jener Zeit längst unersetzlich geworden – sei es durch<br />

ihre aktive Mitarbeit bei Vereinsveranstaltungen als Bedienungen sowie hinter Verkaufsständen<br />

und an den Kassen oder aber bei der Vorbereitung wie etwa dem sprichwörtlichen<br />

Kuchenbacken.<br />

Der erste Anlauf zu einem Frauenchor<br />

Gleichwohl gab es bereits unmittelbar nach Kriegsende Bestrebungen, Frauen in den<br />

Chor zu integrieren. Um ausreichend Aktive zu gewinnen, wurde in der Vorstandssitzung<br />

vom 4. November 1946 einen Vorschlag, der vier Jahrzehnte später erneut aufgegriffen<br />

werden sollte: Vereinschef Josef Häusler, der übrigens aus dem Arbeitersängerbund<br />

stammte, wo der emanzipatorische Anspruch der Arbeiterbewegung traditionell<br />

stark verwurzelt war, machte den Vorschlag, einen Frauenchor zu gründen. Doch sein<br />

Stellvertreter Georg Mächerlein argumentierte dagegen. Seine Begründung: Die Männer<br />

seien zahlenmäßig noch zu schwach; Zitat aus dem Protokoll: „Der Frauenchor ist<br />

nach seiner Ansicht noch verfrüht, da der Männerchor noch nicht auf der Höhe ist, die seiner<br />

Tradition entspricht. Erst den Männerchor bauen, dann auf einem späteren Zeitpunkt den<br />

Frauenchor ins Leben rufen“ – vier Jahrzehnte später hatte sich an den Argumenten der<br />

Bedenkenträger gegen einen Frauenchor nicht viel geändert.<br />

Allerdings muss wenig später zumindest für kurze Zeit dennoch ein Frauenchor im<br />

<strong>MGV</strong> 1896 bestanden haben. Denn im Protokoll der Generalversammlung vorn 18. Januar<br />

1947 hieß es unter dem Punkt „<strong>Jahre</strong>srechenschaftsbericht des Vorsitzenden“<br />

wörtlich: „Der Frauenchor zählt 30 Mitglieder“. Näheres hierzu war aber weder aus den<br />

schriftlichen Protokollen noch von damals bereits aktiven Mitgliedern zu erfahren.<br />

Eine ganz grundsätzliche Änderung der Bedeutung der Frauen im Verein trat jedoch<br />

1983 ein: durch die erstmalige Verpflichtung einer weiblichen Chorleitung, nämlich von<br />

Lucia Lewczuk. Die Anstellung einer Dirigentin und der positive Eindruck, den diese Frau<br />

schon bald im Männerchor hinterließ, bahnte emotional den Weg für die Etablierung einer<br />

Abteilung für weibliche Aktive, zumal die Rahmenbedingungen dies als sinnvoll erscheinen<br />

ließen. Denn Anfang der achtziger <strong>Jahre</strong> war die Zahl der Mitglieder ebenso wie die<br />

der aktiven Sänger merklich zurück gegangen.<br />

Die Gründung des Frauenchors 1985<br />

Unmittelbarer Anlass für die Initiative zur Gründung eines Frauenchors war ein Konzert<br />

des Gesangvereins Frohsinn Pfingstberg-Hochstätt in der Konrad-Duden-Schule im Oktober<br />

1982, bei dem <strong>MGV</strong>-Vorstandsmitglied Jürgen Ruf und seine Frau Karin anwesend<br />

waren. Dabei trat auch der Frauenchor des Frohsinn auf, den dieser bereits im <strong>Jahre</strong><br />

1972 als erster Gesangverein der Region gegründet hatte. „Das wäre doch auch etwas für<br />

Euren Verein“, meinte Karin Ruf damals zu ihrem Mann im Angesicht der stattlichen Zahl<br />

an Sängerinnen.


66<br />

Auftritt des Frauenchors im Gründungsjahr.<br />

Am Klavier: Dirigentin Lucia Lewczuk.<br />

Vorsitzende des Frauenchors im <strong>MGV</strong><br />

1985 Liesel Schmitt (Sprecherin)<br />

1986 Daniela Eisele<br />

1988 Renate Oechsner<br />

1998 Ursula Franzen<br />

2006 Ilona Siebler<br />

2010 Ursula Franzen


67<br />

Jürgen Ruf trug diesen Vorschlag in den Vorstand, wo er von Helmut Schmitt, Dieter<br />

Schmidt und Manfred Hipp unterstützt wurde. Gleichwohl bedurfte es dreier langer <strong>Jahre</strong><br />

harter Überzeugungsarbeit und organisatorischer Vorbereitungen, bis das Projekt starten<br />

konnte. Am 2. März 1985 beschloss der Vorstand die Gründung des Frauenchors<br />

und startete, um die Resonanz zu testen, eine entsprechende Werbe-Aktion, bei der sich<br />

vor allem die Familie Ruf große Verdienste erwarb. 62 Frauen meldeten sich beim Verein.<br />

Am 25. April 1985 fand im Vereinslokal das erste Treffen der Interessierten statt: 35<br />

waren anwesend, zehn hatten sich entschuldigt. Die Anwesenden erklärten sich bereit,<br />

in einem Frauenchor mitsingen zu wollen und bestimmten bereits ihren Probentag: Als<br />

Wunsch-Singstundentag entschieden sie sich mit 12 zu 11 Stimmen für den Mittwoch.<br />

Am 21. Mai 1985 kam es zur historischen Mitgliederversammlung zum Thema Frauenchor.<br />

Es entspann sich eine harte Diskussion. Auch wenn der Frauenchor natürlich keine<br />

Verstärkung des Männerchors bringen werde, so lautete ein zentrales Argument der Befürworter,<br />

das Jürgen Ruf anführte, so sorgten die Frauen für volle Säle bei den Vereinsveranstaltungen.<br />

Doch die Gegner hielten dagegen: „Ich gehe in die Singstunde, um<br />

Kameradschaft zu pflegen, und das möchte ich ohne Frauen“, lautete die für die traditionelle<br />

Haltung charakteristische Äußerung des Sängers Günter Klug Bei der Schlussabstimmung<br />

votierten von den 34 Anwesenden gleichwohl 26 mit Ja und nur fünf mit<br />

Nein. Bereits einen Tag danach, am 22. Mai 1985, fand die erste Singstunde der Frauen<br />

mit 35 Teilnehmerinnen statt; die Ehefrau des Vorsitzenden, Liesel Schmitt, wurde bis<br />

zur turnusmäßigen Wahl eines richtigen Frauenchor-Vorstandes zur kommissarischen<br />

Sprecherin gewählt.<br />

Seine Feuerprobe erlebte der Frauenchor auf dem Bürgerball im Oktober 1985. Unter<br />

Leitung von Lucia Lewczuk sangen die35 Sängerinnen das Lied „Freunde, lasst uns<br />

singen“ von Otto Groll. Der „Mannheimer Morgen“ schrieb damals: „Das Sopran-Solo<br />

von Eva Gogolin zur irischen Volksweise ‚Es klingt ein Lied’ machte den Auftritt des Frauenchors<br />

endgültig zu einer Sternstunde der Gesangvereins-Geschichte Rheinaus“. Diese Lieder<br />

waren die Keimzelle eines seither ständig gewachsenen Repertoires.<br />

Die von der Gründung des Frauenchors erwarteten Folgen blieben denn auch nicht<br />

aus. Bereits im ersten Jahr nach Gründung des Frauenchors stieg die Mitgliederzahl des<br />

Vereins um stattliche 54 auf 205 an. 72 davon waren Aktive, davon wiederum 34 Sänger<br />

und 38 Sängerinnen.<br />

Das erste Konzert des Frauenchors<br />

Punkt 18 Uhr am Dritten Advent am 15. Dezember 1985 öffneten sich die Türen der Sakristei<br />

der katholischen Kirche St. Antonius Rheinau, und heraus traten exakt 100 Sängerinnen<br />

und Sänger und stellten sich auf dem Perron des Kirchenschiffes auf, das mit seiner<br />

künstlerisch modern gestalteten, dennoch eindringlichen bildlichen Darstellung der<br />

Kreuzigung Christi an der Stirnseite den würdigen Rahmen bot. Es war das Adventskonzert<br />

des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau und der Chorgemeinschaft Ruchheim, beide unter Leitung<br />

von Lucia Lewczuk. Zugleich war es der erste große Konzertauftritt des ein halbes Jahr<br />

zuvor gegründeten Frauenchors.


68<br />

Erster großer Auftritt des Frauenchors.<br />

Adventskonzert in der Kirche St. Antonius Rheinau am 15. Dezember 1985.<br />

Eine eindrucksvolle Sängerschar.<br />

Männer- und Frauenchor vor dem Altarbild von St. Antonius beim Adventskonzert 1985.


69<br />

Die Kirchenbänke waren bis auf den letzten Platz besetzt. Andächtig lauschte die<br />

Hundertschaft der Sänger, links die gerade zehn <strong>Jahre</strong> alt gewordene Chorgemeinschaft<br />

Ruchheim, in der Mitte der Männerchor und rechts der Frauenchor des <strong>MGV</strong>, dem von<br />

der Empore des Kirchenschiffes aus erklingendem Präludium der Orgel. Der Männerchor<br />

leitete das Programm ein mit dem getragenen „Heilige Nacht“ von Oskar Schumacher<br />

und mit „Als die Welt verloren war“ von Franz Biebl. Eindrucksvoll schallte der Vers<br />

„Gloria in excelsis deo“ durch das Gotteshaus und ließ damit die im Mittelalter einst<br />

glorreiche Pracht der Kirchenmusik erahnen.<br />

Nicht weniger eindrucksvoll gerieten die Werke „Ein Kind gebor’n zu Bethlehem“<br />

und „Es ist ein Ros’ entsprungen“ von Bartholomäus Gesius und von Michael Prätorius,<br />

gesungen von der Chorgemeinschaft Ruchheim. Als drittes sang eine Gruppe, die obwohl<br />

erst ein halbes Jahr alt, sich bereits zu einer musikalischen Institution im Stadtteil<br />

entwickelt hat: der Frauenchor des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau. Die 38 Damen intonierten „Jesu,<br />

geh’ Du voran“ und die Volksweise „Süßer die Glocken nie klingen“.<br />

Eine Zäsur trat ein, als Pfarrer Heribert Leider aus der Bibel rezitierte, die erzählt von<br />

dem strahlenden Licht, das dem Volk, das im Dunkel lebte, erhellte: „Ein Kind ist geboren.<br />

Die Herrschaft der Welt liegt auf seinen Schultern. Es ist der Fürst des Friedens.“<br />

Der Vortrag zweier Lieder von Peter Cornelius durch die Sopranistin Gisela Jochum,<br />

am Klavier begleitet von dem bekannten Mannheimer Pianisten Kunibert Werner,<br />

machte diesen Abend endgültig zu einem musikalischen Kunstgenuss. Zu dem Lied<br />

„Wenn ich ein Glöcklein wäre“, bei dem Gisela Jochum den Refrain „Ave Maria“ übernahm,<br />

trat der Männerchor mit dem Kanon des „Dingdong“ hinzu. Eine heraus ragende<br />

musikalische Leistung zeigte auch der vereinseigene Tenor Walter Morath mit „Weiße<br />

Weihnacht“ von Irving Berlin, dessen englischsprachige Fassung „White Christmas“<br />

einst durch Bing Crosby weltberühmt wurde.<br />

Besonders begeisterten die beiden jugendlichen Trompeter Alexander Bock und<br />

Frank Brinkmann, die die an sie gestellte musikalische Herausforderung des Liedes „Ich<br />

bete an die Macht der Liebe“ von Dimitri Bortniasky in glänzender Weise meisterten.<br />

Dem Ende des Programms entgegen sang die Chorgemeinschaft Ruchheim noch den<br />

„Kleinen weißen Schneemann“ von Werner Tuardy, dessen Melodie bekannter unter<br />

dem Titel „Jingle BeIls“ ist, gefolgt vom Frauenchor des <strong>MGV</strong> mit „Ein guter Tag zu Ende<br />

geht“, in dessen gesprochenem Teil es heißt: „Von Ort zu Ort, von Land zu Land, erklingt<br />

ein Lied herein / Deshalb nun reichet Euch die Hand / Wir wollen Freunde sein.“<br />

Abschluss und Höhepunkt des Abends bildete die Kantate „Heimat“ von Lorenz<br />

Schlerf, zu der sich alle Sängerinnen und Sänger sowie die Sopranistin Gisela Jochum,<br />

begleitet von Kunibert Werner, gesanglich vereinigten. Kein Wunder also, dass es einen<br />

lang anhaltenden Applaus gab, den man guten Gewissens, auch wenn er in den Kirchenbänken<br />

sitzend gespendet wurde, als „standing ovation“ bezeichnen konnte. Der<br />

Eintrittspreis von ganzen vier Mark, der ohnehin lediglich die Unkosten deckte, war angesichts<br />

dieses musikalischen Kunstgenusses geradezu lächerlich. <strong>MGV</strong>-Vorsitzender<br />

Helmut Schmitt erklärte das „Europäische Jahr der Musik“ in Rheinau für beendet und<br />

wünschte allen Teilnehmern ein gutes Neues Jahr.


70<br />

15. Geburtstag des Frauenchors im <strong>Jahre</strong> 2000.<br />

25. Jubiläum des Frauenchors im <strong>Jahre</strong> 2010.<br />

Vorsitzender Jürgen Ruf bedankt sich bei Kulturbürgermeister Michael Grötsch für seine eindrucksvolle Festrede. Ausführlicher<br />

Bericht des „Mannheimer Morgen“ über den Festakt auf der folgenden Doppelseite.


71<br />

15. Geburtstag des Frauenchores 2000<br />

Am 13. Mai 2000 feierte der Frauenchor seinen 15. Geburtstag. Dem Anlass entsprechend<br />

hatten sich im Saal der TSG Rheinau einige hundert Gäste versammelt. Vereinschef<br />

Manfred Hipp konnte auch zahlreiche Vereinsvorsitzende und sonstige Honoratioren<br />

begrüßen, allen voran Bundestagsabgeordnete Dr. Konstanze Wegner und Altstadtrat<br />

Winfried Höhn. „Als unser Vorstandsmitglied Jürgen Ruf vor 15 <strong>Jahre</strong>n den Vorschlag<br />

machte, einen Frauenchor zu gründen, war das noch keine existentielle Frage für den Verein“,<br />

erklärte Hipp in seiner Begrüßung: „Heute jedoch ist er eine unerlässliche Notwendigkeit.<br />

Ohne den Frauenchor könnten wir unsere kulturelle Aufgabe nicht erfüllen“, bekannte er.<br />

Als die damals gerade erst ins Amt gekommene Dirigentin des Männerchors des <strong>MGV</strong><br />

1896 Rheinau gefragt wurde, ob sie auch den zu gründenden Frauenchor leiten wolle,<br />

da schreckte sie erst einmal zurück. Doch dann übernahm sie 1985 gerne die Leitung, ist<br />

daher ebenfalls ein „Mitglied der ersten Stunde“ des Frauenchors. Als Geschenk für ihre<br />

engagierte 15-jährige Tätigkeit als Dirigentin des Frauenchors erhielt daher auch sie von<br />

<strong>MGV</strong>-Chef Manfred Hipp die vom Verein eigens für diesen Anlass geschaffene Jubiläumskette:<br />

„Dadurch wird Ihr Hals noch reizvoller“, scherzte der galante Vorsitzende.<br />

Natürlich wurden auch die übrigen Gründungsmitglieder des Frauenchors und jene<br />

Sängerinnen, die seit 15 <strong>Jahre</strong>n dabei sind, mit dieser Jubiläumskette geehrt. Unter diesen<br />

14 Frauen war unter anderem Liesel Schmitt, Gründungsmitglied und erste Sprecherin<br />

des Frauenchors, doch als Gattin des langjährigen Vorsitzenden Helmut Schmitt schon<br />

viele <strong>Jahre</strong> zuvor für den Verein tätig; jeden Morgen nach einem Fest war sie die Erste,<br />

die mit Schaufel und Besen zum Helfen kam. Oder Karin Ruf, die 1982 während eines<br />

Konzerts des Frauenchors des Frohsinn Pfingstberg die Idee zur Gründung des <strong>MGV</strong>-<br />

Frauenchors hatte und ihren Mann, Vorstandsmitglied Jürgen Ruf, „anspitzte“. Oder<br />

Renate Oechsner, die den Frauenchor zehn <strong>Jahre</strong> lang leitete und später in allen drei<br />

Lucia-Chören sang.<br />

Zahlreiche Gratulanten schlossen sich an. Im Namen der CDU und des Gemeinnützigen<br />

Vereins ermunterte dessen Vorsitzender Siegfried Knoblauch, ja auch Chef der Kurpfälzer<br />

Schlossgarde, die Sänger zu einem gemeinsamen Konzert aller Musiktreibenden<br />

in Rheinau. Das unterstützte auch Michael Stein, der Vorsitzende des Pfingstberger<br />

Gesangvereins Frohsinn, dessen Frauenchor für die Gründung beim <strong>MGV</strong> vor 15 <strong>Jahre</strong>n<br />

Pate gestanden hatte. Die Dirigentenfrage war für ihn klar: „Was brauchen wir in Rheinau<br />

Gotthilf Fischer, wenn wir eine Powerfrau wie Lucia Lewczuk haben?“ Im Namen der befreundeten<br />

auswärtigen Chöre gratulierte der Vorsitzende des ebenfalls von Lucia<br />

Lewczuk geleiteten Gemischten Chors im <strong>MGV</strong> Lindenhof, Walter Merk.<br />

Der eigene Männerchor gab „seinen Frauen“ mit der „Rose“ ein anrührendes Ständchen,<br />

das dank der Begleitung durch Saxophon und Klavier noch eindrucksvoller ausfiel<br />

als es ohnehin schon ist. Und auch Dirigentin Lucia Lewczuk bedankte sich mit einem<br />

selbst gesungenen Lied für die gute Zusammenarbeit mit den Frauen. Schließlich dankte<br />

der Verein demjenigen, der die Gründung 1985 initiiert hatte: Jürgen Ruf erhielt von<br />

Vereinschef Hipp einen kleinen, aus Metall handgetriebenen Oldtimer.


72


73<br />

Bericht des „Mannheimer Morgen“ über den 25. Geburtstag des Frauenchors 2010.


74<br />

Joana an ihrem ersten Schultag 1951 mit ihrer Mutter.<br />

Als Kind ist die heute bekannte Chancon-Sängerin, die auf dem Pfingstberg aufwuchs, bei Veranstaltungen des <strong>MGV</strong><br />

1896 Rheinau aufgetreten.<br />

Die Geschwister Lewczuk mit Mutter.<br />

Auch die Kinder von Dirigentin Lucia Lewczuk Adrian, Raffael und Patricia traten regelmäßig beim <strong>MGV</strong> auf, hier bei<br />

einem Weihnachtskonzert Ende der neunziger <strong>Jahre</strong>.


75<br />

Jugendarbeit<br />

Von der Gründung des Vereins 1896 bis zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

stand die Jugendarbeit in Gesangvereinen wie dem <strong>MGV</strong> unter völlig anderen Vorzeichen<br />

als heute. Mit Ausnahme der Betätigung in einem Sportverein gab es für junge<br />

Männer keine aktiven Freizeitangebote als das Singen in einem Gesangverein; doch<br />

selbst wenn es solche gegeben hätte, so hätte ihnen als Jugendlichen damals dafür<br />

schlichtweg das Geld gefehlt. Die Mitgliedschaft in einem Gesangverein mit seinen rauschenden<br />

Festen und Ausflügen war die einzige Möglichkeit, etwas zu erleben und aus<br />

der in jeder Beziehung engen heimischen Umgebung heraus zu kommen. In den Gesangverein<br />

und den Männerchor aufgenommen zu werden, war daher heiß ersehntes<br />

Ziel auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Wer als Junge neben honorigen Bürgern der<br />

Gemeinde singen und danach mit ihnen einen Stein Bier heben durfte, der zumeist<br />

natürlich von diesen bezahlt wurde, der war für alle sichtbar endlich ein richtiger Mann<br />

geworden.<br />

Das Ende dieser Entwicklung und damit die Krise der Jugendarbeit in den Gesangvereinen<br />

setzte zu Beginn der sechziger <strong>Jahre</strong> ein. Das hatte vor allem drei Gründe. Zunächst<br />

bildeten ganz neuartige Freizeitangebote, allen voran das Fernsehen, eine attraktive<br />

Alternative zum Singen im Verein, das bislang weitgehend konkurrenzlos war. Zum<br />

Zweiten war eine neue Art von Musik, die Pop- und Rockmusik aufgekommen, die ungeachtet<br />

der Abneigung vieler Eltern den Musikgeschmack der jungen Generation<br />

prägte; Chorgesang galt dem gegenüber bei immer mehr Jugendlichen als verstaubt<br />

und bieder. Und drittens war über 15 <strong>Jahre</strong> nach Kriegsende eine Generation im demokratischen<br />

Staat heran gewachsen, die bestehende Autoritäten und Strukturen immer<br />

weniger akzeptierte. Viele junge Leute waren nicht mehr bereit, sich in ihrer Freizeit in<br />

überkommene Rituale einzufügen, die natürlich vor allem bei traditionsreichen Gesangsvereinen<br />

besonders stark ausgeprägt waren.<br />

Die 1983 ins Amt gekommene Dirigentin Lucia Lewczuk hatte von Anfang an das<br />

Ziel, im <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau einen organisierten Nachwuchs zu etablieren. Ihre eigenen<br />

drei Kinder waren musikalisch engagiert und bei Veranstaltungen des <strong>MGV</strong> regelmäßig<br />

aufgetreten. Warum nicht einfach einige weitere Kinder um sie herum versammeln und<br />

gemeinsam mit ihnen singen lassen, dachte Lucia Lewczuk damals. Ihr erster, anfangs<br />

durchaus auch erfolgreicher Versuch mündete Ende 1989 in der Gründung einer Jugendgruppe.<br />

Die Sängerinnen und Sänger waren von dieser Idee natürlich angetan und sprach<br />

auch gleich ihren eigenen Nachwuchs an. Im Laufe des <strong>Jahre</strong>s 1990 hatte sich bereits eine<br />

kleine, aber feste Schar zusammengefunden. Zu ihr gehörte Anja Ruf (damals 20),<br />

Alexandra Bug (20), Claudia Bug (13) und Petra Schnepf (20). Geprobt wurde jeweils<br />

nachmittags bei Lucia Lewczuk zu Hause sowie mittwochs nach der Singstunde des<br />

Frauenchors von halb neun bis neun.<br />

Was sie nach einigen Wochen gelernt hatten, das zeigten die Jugendlichen bei ihrer<br />

Premiere auf dem 12. Rheinauer Bürgerball im Nachbarschaftshaus Rheinau am 20. Oktober<br />

1990 mit einer bunten „musikalischen Reise durch die Welt“, also Volksliedern aus


76<br />

Jugendchor des <strong>MGV</strong>.<br />

Bei seiner Premiere 1990.<br />

Der 2002 gegründete Kinderchor des <strong>MGV</strong>.<br />

Hier bei seinem Auftritt auf dem Frühlingsfest im Mai 2003.


77<br />

der Tschechoslowakei, Polen, England, Russland und Deutschland – noch etwas unsicher<br />

zuweilen, aber mit sehr viel Engagement. Der Applaus des Publikums zeigte denn auch,<br />

dass der Verein damit auf dem richtigen Weg war.<br />

Mittelfristig wollte Lucia Lewczuk die Jugendgruppe zu einem richtigen Jugendchor<br />

ausbauen. Dass dies am Ende nicht geklappt hat, lag nicht an ihr und auch nicht an den<br />

Jugendlichen, sondern an manchen Sturköpfen unter den Älteren im Verein, die mit ihrer<br />

Unduldsamkeit den Jugendlichen ihr Engagement verleideten und deren in diesem Alter<br />

ohnehin schwer aufrecht zu erhaltendes Interesse erlahmen ließen.<br />

Über zehn <strong>Jahre</strong> später startete Lucia Lewczuk einen neuen Versuch. Im Vorfeld der<br />

Vereins-Weihnachtsfeier am 15. Dezember 2002 wurden Eltern und Großeltern angesprochen,<br />

ob ihre Kinder und Enkel bei dieser Veranstaltung einen musikalischen Beitrag<br />

leisten könnten. Die Resonanz auf diese Initiative war verblüffend. Sechs Wochen lang<br />

probten die Kleinen mit großer Begeisterung und überredeten sogar noch ihre Mütter,<br />

sich zu beteiligen. Und siehe da: Von sich aus fragten die Kinder bereits kurz nach diesem<br />

Auftritt, wann wieder geprobt wird.<br />

Beim Frühlingsball zu ihrem 20. Dirigenten-Jubiläum im Mai 2003 traten die Kleinen<br />

mit ihren Müttern noch einmal auf und begeisterten mit ihrer erfrischenden Fröhlichkeit<br />

das Publikum. Eine auch nur mittelfristig bestehende Formation ließ sich daraus jedoch<br />

nicht erhalten.<br />

Damit bewahrheitete sich erneut die Erkenntnis, dass es nur unter optimalen Umständen<br />

möglich ist, Kinder bzw. Jugendliche nach Eintritt in die Pubertät in einem Chor zu<br />

halten. Auch der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau muss im <strong>120</strong>. Jahr seines Bestehens der bitteren Erkenntnis<br />

ins Auge sehen, dass in der individualisierten Freizeitgesellschaft des 21. Jahrhunderts,<br />

erst recht in einer Großstadt, die Chancen für die Existenz eines Kinder- oder<br />

gar Jugendchors ausgesprochen gering und Jugendliche für einen traditionellen Gesangverein<br />

nicht zu gewinnen sind.<br />

Der Gießener Musikwissenschaftler Martin Gärtner fasste die Situation und ihre Gründe<br />

treffend zusammen: „Kein Mensch braucht heute der Bildung wegen in den Verein zu gehen;<br />

wer Musik liebt, kann sich diesen Wunsch per Knopfdruck in vielfältigster Weise erfüllen;<br />

wer Unterhaltung sucht, ist nicht auf die Hilfe des Vereins angewiesen, sondern er findet ein<br />

reichhaltiges Angebot kommerzieller Veranstalter; die Mobilität, die das Auto schenkt, ermöglicht<br />

es, auch weit über den Wohnort hinaus Angebote zur Freizeitgestaltung zu nutzen;<br />

trotz ständig reduzierter Arbeitszeit ist Freizeit – im Sinne von verfügbarer Zeit – bei vielen<br />

Mangelware. Schon Kinder beklagen vielfach die Fülle von Terminen, die von Schule, Musikschule,<br />

Sportverein und Eltern bestimmt werden. In den Familien spielt Tradition keine Rolle<br />

mehr. Das Sprichwort „Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen“ hat nicht nur<br />

für die Gesangvereine seine Bedeutung weitgehend verloren.“


78<br />

Fußballspiel beim Vatertagsfest in den sechziger <strong>Jahre</strong>.<br />

Der Vatertagsausflug ist bis heute die beliebteste vereinsinterne Veranstaltung des <strong>MGV</strong>.<br />

„Lieder der Welt“ 1978 im Nachbarschaftshaus.


79<br />

Öffentliche Veranstaltungen<br />

Waldfest (bis 50er <strong>Jahre</strong>)<br />

Die erste große öffentliche Veranstaltung des <strong>MGV</strong> 1896 waren die Waldfeste. Sie wurden<br />

bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts jeweils im August gefeiert wurde. Dies wissen wir<br />

aus den Protokollen ausgerechnet aus einem Jahr, in dem das Fest erstmals ausfallen<br />

musste: Im <strong>Jahre</strong> 1914 war die Veranstaltung für den 9. August geplant war, wurde jedoch<br />

vom Vorstand unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges sechs Tage zuvor<br />

abgesagt.<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg knüpfte der Verein an diese Tradition an, bis diese dann<br />

erneut durch einen Krieg unterbrochen wurde. Nach 1945 wurde die Tradition am<br />

Standort des heutigen Rheinauer Rings/Ecke Waldgartenweg erneut aufgenommen,<br />

hielt sich jedoch lediglich bis Mitte der fünfziger <strong>Jahre</strong>.<br />

Bürgerball (1977-1993)<br />

Die prächtigste Veranstaltung des <strong>MGV</strong> in den siebziger und achtziger <strong>Jahre</strong>n war ohne<br />

Zweifel der alljährliche Bürgerball. Erstmals veranstaltet wurde er 1977, damals noch gemeinsam<br />

mit dem Facco-Chor und unter dem Titel „Lieder der Welt". Doch schon zwei<br />

Jahr darauf wurde er vom <strong>MGV</strong> alleine getragen, dessen Vorstandsmitglied Dieter<br />

Schmidt ihn ohnehin von Anfang an entscheidend mitorganisiert hatte. Zugleich wurde<br />

die Veranstaltung vom Frühjahr in den Herbst verlegt und fortan „Bürgerball“ genannt.<br />

Anfangs gelang es den Organisatoren, renommierte Interpreten zu gewinnen, allen<br />

voran den Chor der US-Army, die „Blauen Jungs“ aus Bremerhaven oder die durch Fernsehauftritte<br />

bekannte Opernsängern Grit van Jüten vom Nationaltheater Mannheim.<br />

Später beschränkte sich der Verein aus finanziellen Gründen auf die Stars der Region, so<br />

1985 Professor Edith Jaeger-Pietzsch mit ihren Gesangsschülern, die in den <strong>Jahre</strong>n darauf<br />

noch von sich reden machen sollten. 1987 trat ein kleines Ensemble des Nationaltheaters<br />

auf, bestehend aus der Sopranistin Jutta Reisinger, dem Tenor Kenneth Ross<br />

und der Pianistin Kathleen Maurer. 1988 folgten mit internationaler Folklore 17 Aktive<br />

der Folk-Family aus Edingen, quasi eine kleine Regionalausgabe der „Kelly Family“.<br />

Zum 13. Bürgerball, zugleich der 95. Geburtstag des Vereins, gelang es, Robert Pappert<br />

(1930-2010), einen der bekanntesten zeitgenössischen Volkslied-Komponisten, zu gewinnen.<br />

Seine rund 1.400 Lieder werden von Gesangvereinen in ganz Deutschland gesungen,<br />

natürlich auch vom <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau, so etwa die „Kleine Madonna“, die<br />

Walter Morath stets so unnachahmlich zu intonieren vermochte, oder die „Sterne der<br />

Heimat“. Wie die Rheinauer an jenem Abend seine Werke sangen, das begeisterte den<br />

Meistersichtlich: „Der Solist der ,Kleinen Madonna’ war wundervoll“, schwärmte Pappert<br />

im Interview mit dem Journalisten Konstantin Groß für den „Mannheimer Morgen“.


80<br />

Bürgerball 1991.<br />

Der berühmte Chorkomponist Robert Pappert zu Gast.<br />

<strong>MGV</strong>-Marktplatzfest in den neunziger <strong>Jahre</strong>n.


81<br />

Und die „Sterne der Heimat" habe er selbst erstmals überhaupt von einem Chor gehört.<br />

Beeindruckt von dieser Veranstaltung, komponierte der Meister einen Chor mit dem Titel<br />

„Tanz mit mir“, den er dem <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau widmete.<br />

1993 fand der letzte Bürgerball unter dem veränderten Konzept eines Oldie-Abends<br />

statt. Bereits im Vorverkauf konnten nahezu sämtliche Karten zu je 15 D-Mark verkauft<br />

werden, so dass sich zur Eröffnung 320 Gäste im eng bestuhlten Nachbarschaftshaus<br />

tummelten. Offenbar hatte der Verein eine Marktlücke entdeckt, nämlich die tiefe Sehnsucht<br />

der Menschen nach der guten alten Zeit der fünfziger <strong>Jahre</strong>. Und so waren es Titel<br />

wie „Don’t be cruel“, „Lolipp“ oder „Rote Lippen muss man küssen“, die von der Band<br />

„Just for Fun“ an jenem Abend intoniert und begeistert aufgenommen wurden.<br />

Doch obwohl der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt war, blieben dem Verein nach<br />

Abzug aller Unkosten gerade mal 150 D-Mark übrig – zu wenig angesichts der unsäglichen<br />

Mühen bei Planung, Organisation und Vorbereitung einer solchen Mammutveranstaltung.<br />

Die von der Stadt verlangte Saalmiete für das Nachbarschaftshaus sowie die<br />

Gagen für die Musiker nahmen ungeahnte Ausmaße an. Seither fand kein Bürgerball<br />

mehr statt.<br />

Marktplatzfest (1980-1997)<br />

Die andere große Veranstaltung der Sänger, die auf der Rheinau eine große Breitenwirkung<br />

erzielte, war das 1980 ins Leben gerufene Marktplatzfest. Im Veranstaltungskalender<br />

des Stadtteils hatte es bald seinen festen Platz, und zwar jeweils am letzten Wochenende<br />

im Juni. Charakteristisch für diese Veranstaltung waren die Holzbuden, die um den<br />

Platz herum gruppiert waren, und denen die Organsatoren den Vorzug gaben gegenüber<br />

einem FestzeIt. Die Buden wurden 1980 von den Sängern unter Leitung von Dieter<br />

Schmidt selbst gebaut. Erst 1995 ging man auf die nun in Mode gekommenen weißen<br />

Partyzelte über, die für die Sänger leichter aufzubauen waren. Jeweils freitags, unmittelbar<br />

nach Ende des Wochenmarktes, schlugen sie ihre Stände auf, aus denen heraus sie<br />

ihre Speisen und Getränke verkauften. Begehrt waren die Fischspezialitäten, die in großen<br />

Mengen Absatz fanden.<br />

Beim Musikprogramm war es lange Tradition und Attraktion zugleich, am zweiten Tag<br />

des Festes, also jeweils samstags, eine auswärtige Trachtenkapelle aufspielen zu lassen,<br />

zumeist den Musikverein Neuschönau aus dem bayerischen Wald, aber auch die Trachtenkapellen<br />

aus Böffingen im Schwarzwald oder Roßhaupten im Allgäu. Von der Pritsche<br />

eines Lastwagens herab heizten sie den Festbesuchern einen ganzen Tag lang mit zünftiger<br />

Blasmusik ein. Doch mit der Zeit wurden die Kosten für Anreise, Unterkunft und Verpflegung<br />

der auswärtigen Gäste immer unerschwinglicher; schließlich verzichtete der<br />

Verein 1993 schweren Herzens auf diesen Programmpunkt. 1998 wurde aus Arbeitsund<br />

Kostengründen das gesamte Fest nicht mehr gefeiert – zu Gunsten eines Standes<br />

auf einem noch größeren Fest, dem 1990 entstandenen Rheinauer Stadtteilfest „Fröhliche<br />

Meile“.


82<br />

<strong>MGV</strong>-Stand auf dem Großen Rheinauer Stadtteilfest.<br />

Wappen des <strong>MGV</strong> für den Rheinauer Maibaum.<br />

Gestaltet von der Rheinauer Künstlerin Bettina Mohr, die es hier an den Vorsitzenden Jürgen Ruf übergibt.


83<br />

Stadtteilfest-Stand (1990-2015)<br />

Das Rheinauer Stadtteilfest „Fröhliche Meile“ in der Relaisstraße wäre ohne den <strong>MGV</strong><br />

1896 Rheinau nicht zustandegekommen. Zum einen gehörte sein damaliger Vorsitzender<br />

Helmut Schmitt 1988 zu den Gründervätern der Veranstaltung, Als die Vorsitzenden<br />

der Rheinauer Vereine zur Vereinsvorsitzenden-Runde im Weinkeller von Pfarrer Heribert<br />

Leider im katholischen Pfarrhaus St. Antonius zusammen saßen, um künftige gemeinsame<br />

Aktivitäten zu besprechen, und die Rede auf ein Stadtteilfest kam, sagte Schmitt<br />

den legendären Satz: „Was Hockenheim kann, müsste Rheinau doch schon lange können.“<br />

Damit gab er den Impuls zur konkreten Planung einer solchen Veranstaltung.<br />

Als die Großveranstaltung am 19. Mai 1990, damals noch eintägig, ihre Premiere erlebte,<br />

war der <strong>MGV</strong> 1896 bereits mit einem Auftritt bei der Eröffnung auf der Bühne sowie<br />

mit einem Stand in der Relaisstraße dabei, der seinen Standort zwischen dem Eiscafé<br />

Riviera und dem Haus von <strong>MGV</strong>-Mitglied Harald Hipp hatte. Bei seinem Eröffnungsrundgang<br />

machte Oberbürgermeister Gerhard Widder immer gerne hier Station. Eine<br />

besondere Attraktion war es natürlich stets, wenn die Freunde aus Neuschönau im Bayerischen<br />

Wald mit Verkehrsdirektor Hans Schreib an der Spitze zu Gast waren und mit ihren<br />

heimischen Produkten wie Schinken und Bärwurz die Besucher verwöhnten. Und für<br />

die Musik am Stand sorgte phonstark die Rheinauer Band „Choke“.<br />

Als der Gemeinnützige Verein Rheinau unter seinem neuen Vorsitzenden, <strong>MGV</strong>-Mitglied<br />

Konstantin Groß, das Stadtteilfest 2006 aus Sicherheitsgründen – die potenzielle<br />

Gefährdung der Besucher durch die Straßenbahn war nicht mehr verantwortbar – aus<br />

der Relaisstraße auf den Marktplatz verlegte und auf drei Tage ausdehnte, da machte<br />

der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau auch diesen Umzug mit und schlug seinen Stand jeweils vor der<br />

Pizzeria auf. Ja noch mehr: Der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau war angesichts der kontinuierlich zurückgehenden<br />

Zahl der Vereine, die bei dieser Veranstaltung noch mitmachten, einer<br />

der wenigen, die ihr ununterbrochen die Treue hielten und der ein eigenes Programm<br />

anbot. Sänger Klaus Link sorgte für Live-Musik. In der Amtszeit des Vorsitzenden Jürgen<br />

Ruf wurde ein Frühschoppen mit Weißwurst, Weißbier und Bärwurz eingeführt, um den<br />

Sonntagvormittag zu beleben. Zuvor sangen die Sängerinnen und Sänger jeweils zur<br />

musikalischen Umrahmung des Ökumenischen Gottesdienstes, der ebenfalls von Konstantin<br />

Groß eingeführt worden war.<br />

Auch die musikalische Umrahmung der Eröffnungsfeier jeweils samstags durch den<br />

jeweiligen Oberbürgermeister (bis 2007 Gerhard Widder, seither Dr. Peter Kurz) oder<br />

andere prominente Gäste nahmen die Chöre des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau gerne vor – mit<br />

einer Ausnahme: Beim Stadtteilfest 2015 konnten sie wegen der großen Hitze von fast<br />

40 Grad nicht auftreten. Auf Grund von organisatorischen Problemen nimmt der <strong>MGV</strong><br />

1896 Rheinau am Stadtteilfest 2016 erstmals nach 26 <strong>Jahre</strong>n nicht mehr teil.<br />

Eine Pause legte der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau auf Grund seines Jubiläums 2016 auch in seinem<br />

Engagement für das „Kleine Rheinauer Maibaumfest“ des Gemeinnützigen Vereins<br />

Rheinau ein. Hierbei hatte er viele <strong>Jahre</strong> lang für die musikalische Umrahmung und die<br />

Bewirtung gesorgt. Am Maibaum selbst jedoch blieb der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau natürlich<br />

auch weiterhin mit seinem von der Künstlerin Bettina Mohr gestalteten Wappen vertreten.


84<br />

Kerwe-Schlachtfest (seit 2008)<br />

Im <strong>Jahre</strong> 2008 begründete der Verein auf Initiative seines im Januar des gleichen <strong>Jahre</strong>s<br />

ins Amt gekommenen Vorsitzenden Jürgen Ruf eine neuartige Veranstaltung im Herbst:<br />

das Kurpfälzer Kerwe-Schlachtfest. Mit dieser verfolgte der Verein zwei Ziele: Zum einen<br />

wollte er die Tradition der Rheinauer Kerwe wiederbeleben, die im Stadtteil seit vielen<br />

<strong>Jahre</strong>n bereits ausgestorben war. Zum anderen sollte damit eine gesellige Veranstaltung<br />

begründet worden, deren Einnahmen mithelfen können, dem Verein auch bei zurückgehenden<br />

Mitgliederzahlen die für sein kulturelles Wirken notwendigen Mittel zu verschaffen.<br />

Vorbild für die Veranstaltung war die Kerwefeier des befreundeten Gesangvereins<br />

im pfälzischen Ruchheim, der ebenfalls von Lucia Lewczuk dirigiert wurde.<br />

Die Premiere fand am Samstag, 11. Oktober 2008, 12 Uhr mittags, statt. Als Termin<br />

für das Fest wurde das traditionelle Datum der Rheinauer Kerwe, das dritte Wochenende<br />

im Oktober, festgesetzt, als Ort der Gemeindesaal der Evangelischen Versöhnungskirche<br />

am Rheinauer Marktplatz, der über eine ausreichend große Küche verfügte. Bei der Programmgestaltung<br />

wurde – mit Ausnahme der Begrüßung durch den Vorsitzenden – auf<br />

Reden verzichtet, auch Liedvorträge durch den Chor fanden nicht statt, da sämtliche<br />

Aktiven als Helfer im Einsatz waren. Stattdessen war anfangs ein offenes Volksliedersingen<br />

unter Leitung der Dirigentin vorgesehen; doch auch dies wurde wieder fallengelassen,<br />

als man merkte, dass sich die Besucher auf das persönliche Gespräch und die Speisen<br />

konzentrieren wollten. Einziger Programmpunkt war ein Schätzspiel: An der Decke des<br />

Gemeindesaales wurde ein Schwartenmagen aufgehängt, dessen Gewicht die Besucher<br />

schätzen mussten. Wer dem wirklichen Wert am nächsten kam, durfte den Schwartenmagen<br />

mit nach Hause nehmen.<br />

Die Zutaten des <strong>MGV</strong>-Kerweschlachtfestes.<br />

Alleine beim Einblick läuft dem Betrachter bereits das sprichwörtliche Wasser im Munde zusammen.


85<br />

Soziales Engagement<br />

Die ersten <strong>Jahre</strong><br />

Durch die gesamte Geschichte des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau zieht sich nicht nur die Pflege<br />

des Kulturgutes „Deutscher Chorgesang“ und der Geselligkeit der Aktiven untereinander,<br />

sondern auch ein starkes karitatives Engagement für Kranke und in irgendeiner Weise<br />

Bedürftige.<br />

Im Ersten Weltkrieg kam dieses karitative Engagement den vom Völkerschlachten Geschundenen<br />

zu Gute. In der Mitgliederversammlung vom 11. August 1918 wurde einstimmig<br />

beschlossen, vom Vereinskonto, das damals 700 Reihsmark umfasste, immerhin<br />

100 Reichsmark an das Rote Kreuz Rheinau zu überweisen. Außerdem wurde der<br />

Vorstand ermächtigt, an notleidende Mitglieder Unterstützungsgelder bis zu einer Summe<br />

von 10 Reichsmark zu gewähren.<br />

Am 25. September 1914 beschloss der Vorstand zusätzlich, im Felde kämpfende Sänger<br />

mit Paketen zu bedenken. Am 28. Oktober 1914 wurde entschieden, dass darin vor<br />

allem Socken und Unterhosen geschickt werden sollen. Am 30. Dezember 1914 beschloss<br />

der Vorstand ein Benefiz-Konzert zu Gunsten des Roten Kreuzes Rheinau.<br />

In den nachfolgenden Jahrzehnten fanden keine derartigen Benefizaktionen statt; die<br />

Zeiten waren derart schlecht, dass der Verein alle Hände voll zu tun hatte, sein eigenes<br />

Überleben zu sichern. In den späten fünfziger, sechziger und siebziger <strong>Jahre</strong>n schienen<br />

derartige wohltätige Aktivitäten auf Grund des Wirtschaftswunders und dem immer enger<br />

gespannten sozialen Netzes auch nicht mehr notwendig. Das änderte sich jedoch<br />

ab den achtziger <strong>Jahre</strong>n, in denen immer deutlicher wurde, dass es auch in einem Sozialstaat<br />

wie der Bundesrepublik Anliegen gab, die nicht oder lediglich unzureichend abgedeckt<br />

werden konnten.<br />

Benefiz-Konzert für Kinderkrebshilfe 1992<br />

Bereits zu ihrem 50. Geburtstag 1989 hatten Vorsitzender Dieter Schmidt und sein Stellvertreter<br />

Manfred Hipp auf Feiern und Geschenke zu Gunsten der Aktion Krebskranke<br />

Kinder verzichtet. Später verwirklichten sie ihre Idee, an Stelle des traditionellen Bürgerballs<br />

ein Benefiz-Konzert zu Gunsten dieser Aktion zu veranstalten, die 1985 von einer<br />

Rheinauer Familie ins Leben gerufen worden war. Nach dem Tode ihrer Tochter hatte sie<br />

sich nicht in ihre Trauer zurück gezogen, sondern sich engagiert, um Leidensgefährten<br />

zu helfen.<br />

Zu Allerheiligen 1992 – einem für einen solchen Zweck ja durchaus symbolträchtigen<br />

Datum – fanden sich zum Eintrittspreis von 15 Mark 450 Rheinauer im Nachbarschaftshaus<br />

ein. Durch das Konzert (Eintritt und Bewirtung) kamen 5.591,27 D-Mark zusammen,


86<br />

Benefizaktion für krebskranke Kinder.<br />

<strong>MGV</strong>-Chef Dieter Schmidt übergibt den Scheck an den Chef der Mannheimer<br />

Kinderklinik, Prof. Niessen.<br />

Benefizaktion für den Neubau des katholischen Kindergartens.<br />

<strong>MGV</strong>-Chef Dieter Schmidt (r.) und sein Vize Manfred Hipp (2. v. r.) übergeben den Scheck an Pfarrer Hubert Reichardt<br />

sowie die Kindergartenleiterin Gabriele Geörg (M.).


87<br />

durch zusätzliche Spenden noch einmal 1.075 Mark herein, 300 Mark legte der Verein<br />

aus seiner Kasse drauf und verzichtete dafür auf seine Weihnachtsfeier. Kurz vor Weihnachten<br />

1992 überreichte Vorsitzender Dieter Schmidt 6.675,27 Mark an Professor<br />

Niessen, den Chef der Mannheimer Kinderklinik.<br />

Das Geld wurde in der Station K 9 des Klinikums verwendet, in der krebskranke Kinder<br />

behandelt wurden. Investiert wurde es für Dinge, die auch im Krankenhauswesen der<br />

reichen Bundesrepublik noch fehlen – Dinge, die zwar medizinisch nicht zwingend sind,<br />

den Kindern aber ihr schweres Schicksal erleichtern: Spielzeug, Verschönerung der Krankenzimmer,<br />

Kinderfeste oder einen Videorecorder mit Bildschirm, damit die Kleinen bei<br />

einem Kinderfilm zumindest für ein paar Stunden ihre Schmerzen vergessen können.<br />

Den Erlös des Adventskonzertes in der Antoniuskirche vom Dezember 1993 spendete<br />

der Verein ebenfalls für einen guten Zweck, und zwar in Rheinau selbst: 1.309 Mark<br />

übergab der Vorstand für den Neubau des katholischen Kindergartens St. Josef in der<br />

Plankstadter Straße; damit trug der Verein sein Schärflein bei zu dem 500.000 Mark hohen<br />

Eigenanteil, den die Kirchengemeinde selbst zu den 3,5 Millionen Mark hohen Baukosten<br />

beisteuern musste.<br />

Renovierung des Kriegerdenkmals 1995<br />

Zu dem Kriegerdenkmal auf dem Rheinauer Marktplatz hatte der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau eine<br />

eigene Verbindung. Bereits die feierliche Einweihung im Rahmen eines dreitägigen<br />

Festes am 10., 11. und 12. Juni 1933 war von ihm musikalisch umrahmt worden.<br />

Doch im Laufe der Jahrzehnte war es in einen bedauernswerten Zustand geraten. In<br />

wochenlanger Kleinarbeit hatten Harald Hipp und andere Aktive des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau<br />

mit Unterstützung einiger Bauunternehmen das Denkmal aus den dreißiger <strong>Jahre</strong>n saniert.<br />

Besonders Zaun und Stufen mussten vollkommen überholt werden. Die verwitterte<br />

Schrift der Namen der Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg wurde auf beiden Seiten abgestrahlt<br />

und in mühevoller Kleinarbeit mit Farbe nachgezeichnet. Darüber hinaus wurde<br />

fortan endlich auch an die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges erinnert. Mit Hilfe des<br />

Heimatvereins Rheinau/Pfingstberg wurden nämlich deren Namen eruiert, auf drei Metalltafeln<br />

eingraviert, die von der Firma Lino Facco gestiftet wurden, und an dem Denkmal<br />

angebracht.<br />

Am 20. Mai 1995 stand die Einweihung an. „Wir laden ein zu unserer Renovierungsfeier:<br />

Das Krieger- und Mahnmal auf dem Rheinauer Marktplatz ist renoviert“ – so stand es<br />

auf den großen gelben Plakaten des <strong>MGV</strong> 1896, die in allen Rheinauer Geschäften hingen.<br />

Der Rheinauer Marktplatz war bevölkert mit Mitgliedern des <strong>MGV</strong>, aber auch vielen<br />

anderen Rheinauer Bürgern, so dass die vorbereiteten Biergarnituren mit ihren 250 Sitzplätzen<br />

kaum ausreichten. Dies war allerdings auch nicht überraschend, hatte doch nahezu<br />

jede deutsche Familie im Krieg einen Verwandten auf dem Schlachtfeld oder bei<br />

den Luftangriffen zu Hause verloren. In seiner eindrucksvollen Rede erinnerte Vorsitzender<br />

Dieter Schmidt daran, dass die beiden Weltkriege insgesamt 306 Rheinauern das Leben


88<br />

Einweihung des vom <strong>MGV</strong> renovierten Kriegerdenkmals 1995.<br />

Vorsitzender Dieter Schmidt begrüßt die Gäste.<br />

Benefizkonzert für den Wiederaufbau der Lanz-Kapelle Lindenhof.<br />

Die von Lucia Lewczuk dirigierten Mannheimer Chöre, unter ihnen natürlich auch der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau, vor dem<br />

Denkmal von Heinrich Lanz auf dem Firmengelände von John Deere.


89<br />

gekostet hatten: „Der Krieg ist eben nicht, wie Heraklit um 500 vor Christus sagte, der Vater<br />

aller Dinge, sondern der Tod aller Dinge“, erklärte Schmidt. Den 306 Namen dürften niemals<br />

mehr weitere hinzugefügt werden müssen: „Die Menschheit muss dem Krieg ein<br />

Ende machen, sonst macht der Krieg der Menschheit ein Ende“, zitierte Schmidt den US-<br />

Präsidenten John F. Kennedy.<br />

Der Initiator des Projektes, Harald Hipp, dankte den Helfern und Sponsoren, namentlich<br />

den Firmen Thomas und Leander Bausch, Helmut Medici, B + S Beton- und Sägesysteme,<br />

Leasing Bau, Manfred Hipp Hallenbau, Lever Sunlicht, FKM Buster, Duscholux,<br />

Getränke Fessler sowie Uhrmacher Ernst Crusius und dem Bundestagsabgeordneten<br />

Klaus Dieter Reichardt, aber vor allem seinen Vereinskameraden des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau.<br />

Hipp wies daraufhin, dass die jetzt abgeschlossene Restaurierung des Kriegerdenkmals<br />

nach der Renovierung der Toilettenanlage auf dem Marktplatz 1993 und der Rheinauer<br />

Friedhofstoilette 1994 die dritte Baumaßnahme war, die der Verein ehrenamtlich zu<br />

Gunsten der Allgemeinheit unternommen habe.<br />

Danach stellten sich die Chöre unter Leitung von Lucia Lewczuk vor dem Denkmal<br />

auf. Der Männerchor sang „Am kühlenden Morgen“, der Frauenchor „Wie ist doch die<br />

Erde so schön“. Beide Chöre gemeinsam intonierten dann den „Gefangenen-Chor“ aus<br />

der Oper „Nabucco“ von Verdi, während Harald Hipp und Thomas Bausch das renovierte<br />

Denkmal enthüllten.<br />

Damit endete der offizielle Teil, und es begann der gesellige, zu dem der Verein an den<br />

aufgebauten Ständen Bier und Würstchen anbot – zu Preisen aus den dreißiger <strong>Jahre</strong>n,<br />

der Entstehungszeit des Denkmals.<br />

Benefizkonzert zu Gunsten der Lanz-Kapelle Lindenhof 2000<br />

Am 8. Juli 2000 stellte sich der <strong>MGV</strong> und seine Dirigentin Lucia in den Dienst des Erhalts<br />

eines wertvollen Mannheimer Kulturdenkmals außerhalb des Stadtteils Rheinau: Im<br />

Casino des Traktoren-Herstellers John Deere kam es zu einem gemeinsamen Benefizkonzert<br />

des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau, des <strong>MGV</strong> Lindenhof/Gemischter Chor sowie des Männergesangvereins<br />

Neuhermsheim zu Gunsten des bürgerschaftlichen Wiederaufbaus<br />

der Lanz-Kapelle Lindenhof. So trugen die Chöre nicht nur zur musikalischen Unterhaltung<br />

von über 600 Gästen, sondern auch zur Bewahrung eines Stücks Mannheimer<br />

Geschichte bei.<br />

Quer durch die Jahrhunderte führte das Programm von Mozart bis hin zu Spirituals.<br />

Teils gemeinsam, teils alleine präsentierten die Chöre rund 25 Musikstücke, Chorleiterin<br />

Lucia Lewczuk stellte in Soloeinlagen ihre stimmliche Qualität unter Beweis. Dass Musik<br />

eine Familienangelegenheit ist, machten ihre Kinder Patricia (Saxofon), Raffael (Schlagzeug<br />

und Trompete) und Adrian (Klavier und Gesang) deutlich, die mit "Summertime"<br />

und einem Jazzstück für Stimmung sorgten.<br />

„Das Konzert war einfach eine Wucht“, freute sich Irmtraud Kochte, Vorsitzende der<br />

Bürger- und Interessen-Gemeinschaft (BIG) Lindenhof. Am Ende konnte sich die BIG<br />

über stattliche 3.700 D-Mark freuen.


90<br />

Benefizkonzert für Hochwasser-Opfer 2002.<br />

Das Vocal-Ensemble „Lyra“ aus St. Petersburg bei seinem Auftritt.<br />

Spendenübergabe für Hochwasser-Opfer.<br />

<strong>MGV</strong>-Chef Manfred Hipp überreicht Pfarrer Markus Wittig den Scheck über 3.800 Euro.


91<br />

Benefizkonzert zu Gunsten der Hochwasser-Opfer 2002<br />

Mitten in die Planungen für das traditionelle Benefizkonzert des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau im<br />

Herbst und die Überlegungen über den möglichen Empfänger platzten die Fernsehbilder<br />

der Flutkatastrophe in Ostdeutschland. „Damit war für uns klar, wem der Erlös unseres<br />

diesjährigen Benefizkonzertes zukommen soll“, berichtete Vereinschef Manfred Hipp gegenüber<br />

der Presse. Und welcher Tag wäre dafür besser geeignet gewesen als der Feiertag<br />

der Deutschen Einheit am 3. Oktober. Die Rheinauer nahmen diese Symbolik an,<br />

zeigten sich bereit, aktiv zu helfen, strömten an jenem Tag zum Benefizkonzert in die<br />

Versöhnungskirche. Die 435 Karten zu je acht Euro waren verkauft, noch an die Abendkasse<br />

kamen so viele, dass die Kirchenbänke nicht ausreichten und Stühle herbeigeschafft<br />

werden mussten. Das Publikum wiederum erlebte einen Kunstgenuss nicht nur<br />

von Seiten der Rheinauer Sänger, sondern auch vom St. Petersburger Vocal-Ensemble<br />

Lyra. Lucia Lewczuk hatte die Gesamtleitung des Konzerts und ein wunderschönes Programm<br />

zusammengestellt, in dem auch ihre Tochter und ihre beiden Söhne mitwirkten.<br />

Dank dieses Konzerts waren knapp 3.000 Euro in der Kasse, doch das war noch keineswegs<br />

die endgültige Summe. Mehrere Einzelspenden, unter anderem des Ehrenvorsitzenden<br />

Helmut Schmitt, kamen hinzu, und auch der <strong>MGV</strong> rundete die Summe noch einmal<br />

aus der Vereinskasse ab, so dass am Ende stolze 3.800 Euro zusammen gekommen waren.<br />

Einige Zeit später übergab Vorsitzender Manfred Hipp in einem Sonntagsgottesdienst<br />

in der Versöhnungskirche, der vom Männer- und dem Frauenchor unter Leitung<br />

von Lucia Lewczuk umrahmt wurde, den symbolisch übergroßen Spendenscheck an<br />

Pfarrer Markus Wittig, der das Geld auf seinen Kanälen an den evangelischen Kindergarten<br />

in Döbeln bei Riesa weiterleitete. Nun sollte das Geld aus Rheinau helfen, dass alles<br />

wieder so schön wird wie es war. „Ihr Konzert sorgte für einen Kunstgenuss, brachte aber<br />

auch Hilfe für Menschen“, dankte Pfarrer Wittig dem Verein: „So war es denn ein doppelter<br />

Grund zur Freude.“<br />

Regelmäßige Aktivitäten<br />

Beim Thema karitatives und bürgerschaftliches Engagement des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau<br />

sind aber auch die jährlichen unentgeltlichen Auftritte seiner Chöre zu nennen: Als Beispiel<br />

zu nennen sind hier die Auftritte beim Sommerfest der Lebenshilfe für Menschen<br />

mit geistiger Behinderung in deren Wohnhaus Stengelhof, in der Adventszeit im Maria-<br />

Scherer-Seniorenzentrum im Casterfeld und seit 27 <strong>Jahre</strong>n auf dem Weihnachtsmarkt<br />

der BASF-Siedlergemeinschaft Rheinau-Süd.<br />

Zu nennen ist aber auch die musikalische Umrahmung der Gedenkveranstaltung des<br />

Gemeinnützigen Vereins Rheinau zum Volkstrauertag der Bundesrepublik Deutschland<br />

auf dem Waldfriedhof Rheinau, zu dem die Männerchöre des <strong>MGV</strong> 1896, des Liederkranz<br />

1897 und des Frohsinn Hochstätt-Pfingstberg in Form der Chorgemeinschaft<br />

Rheinau auftreten und deren Dirigenten sich in der Leitung dieses Auftritts ablösen.<br />

Nicht selten vermochte der <strong>MGV</strong> 1896 dabei, eindruvcksvolle eigene Akzente zu setzen.<br />

So etwa im Jahr 2001, als Dirigentin Lucia Lewczuk als Reaktion auf den Terroranschlag<br />

gegen das World-Trade-Center zwei Monate zuvor einen Friedensappell in den Gesangsauftritt<br />

der Sänger einbaute.


92<br />

Musikalische Umrahmung der Stadtteilfest-Eröffnung durch den <strong>MGV</strong>.<br />

Hier 2008 mit (v. r.) Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz, dem baden-württembergischen Finanzminister Gerhard<br />

Stratthaus und dem Vorsitzenden des Gemeinnützigen Vereins, Konstantin Groß. Gerade erfolgt der Salut durch die<br />

Schützen.<br />

Musikalische Umrahmung des Neujahrsempfangs durch den <strong>MGV</strong>.<br />

Prominentester Zuhörer der Sängerinnen und Sänger war im <strong>Jahre</strong> 2012 der ehemalige SPD-Vorsitzende und frühere<br />

Vize-Kanzler Franz Müntefering (l.), hier neben dem Vorsitzenden des Gemeinnützigen Vereins, Konstantin Groß (M.),<br />

und dessen Nachfolger Arthur Vogt.


93<br />

Musikalische Botschafter der Rheinau<br />

Immer wieder wirkten die beiden Chöre des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau als musikalische Botschafter<br />

Rheinaus. Obgleich es im Stadtteil ja mehrere Gesangvereine gibt, so waren<br />

und sind es dennoch zumeist vor allem die Sängerinnen und Sänger des <strong>MGV</strong> 1896, die<br />

festliche Anlässe im Vorort selbst musikalisch umrahmten oder außerhalb des Stadtteils<br />

als musikalische Botschafter Rheinaus wirkten.<br />

Umrahmung wichtiger Veranstaltungen<br />

Seit vielen <strong>Jahre</strong>n umrahmen die Chöre des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau alle wichtigen, im <strong>Jahre</strong>sablauf<br />

regelmäßig wiederkehrenden Veranstaltungen im Stadtteil, so vor allem den<br />

Großen Rheinauer Neujahrsempfang des Gemeinnützigen Vereins Rheinau im Januar,<br />

das Kleine Rheinauer Maibaumfest im Frühjahr und das Große Rheinauer Stadtteilfest im<br />

Juli. Die Chöre des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau traten auch bei der Einweihung des Drais-Denkmals<br />

auf dem Karlsplatz sowie mehrere Male bei den jährlichen Feierlichkeiten zur Erinnerung<br />

an diese am 12. Juni 1817 erfolgte epochale erste Zweirad-Ausfahrt auf.<br />

Überhaupt ist es zumeist der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau, der dabei ist, wenn es gilt, ein bedeutendes<br />

Ereignis im Stadtteil musikalisch zu umrahmen. Stellvertretend genannt<br />

seien hier der Festakt zum 75. Jubiläum der Eingemeindung Rheinaus nach Mannheim<br />

am 12. März 1988 im „Gärtnertreff“, bei der Oberbürgermeister Gerhard Widder die<br />

Festrede hielt, sowie das Jubiläumsfest ,,75 <strong>Jahre</strong> Pfingstberg-Siedlung“ im Juli 1997 im<br />

Hof der Pfingstberg-Schule, die Gedenkveranstaltung zum 100. Gründungstags des<br />

Waldfriedhofes Rheinau im <strong>Jahre</strong> 2001 und die Einweihung des Erweiterungsbaus der<br />

Trauerhalle im März 2016.<br />

Hinzu traten unzählige Auftritte, mit denen die Chöre des <strong>MGV</strong> 1896 Festveranstaltungen<br />

Rheinauer Vereine umrahmten. Zu nennen sind hier stellvertretend das 40- und<br />

das 50-jährige Jubiläum des Sportclubs Rot-Weiß Rheinau 1992 und 2002 im Festsaal<br />

des Großkraftwerkes Mannheim sowie das 50. Jubiläum der Wiedergründung des<br />

SPD-Ortsvereins Rheinau/Pfingstberg 1996 und das 100. Jubiläum seiner Entstehung im<br />

<strong>Jahre</strong> 2002.<br />

Dabei ist der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau keineswegs auf eine Partei festgelegt. So sang er<br />

auch am 6. September 2002 im „Gärtnertreff“ auf der Abschlusskundgebung des CDU-<br />

Ortsverbandes Rheinau/Pfingstberg zur Bundestagswahl vor seinem bislang prominentesten<br />

Zuhörer, dem Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg, Erwin Teufel.<br />

Von den Liedvorträgen war der Landesvater derart beeindruckt, dass der Verein knapp<br />

eine Woche später einen Brief aus dem Staatsministerium erhielt, in dem sich der Ministerpräsident<br />

persönlich für den Auftritt bedankte. Damit habe der <strong>MGV</strong> ihm eine große<br />

Freude gemacht, schrieb der Ministerpräsident : „Ihre Gesangsbeiträge trugen ganz wesentlich<br />

zu der guten Stimmung an diesem Nachmittag bei. Ich habe mich … in Ihrem Kreise<br />

außerordentlich wohl gefühlt.“


94<br />

Auftritt des <strong>MGV</strong> auf dem Mannheimer Weihnachtsmarkt am Wasserturm.<br />

Auftritt des <strong>MGV</strong> auf der Seebühne des Mannheimer Luisenparks.


95<br />

Am 19. November 1992 fand die Jubilarfeier des Kurpfälzer Sängerkreises im Nachbarschaftshaus<br />

Rheinau statt. 80 Sängerinnen und Sänger wurden geehrt, aus dem<br />

<strong>MGV</strong> 1896 Rheinau Franz Bumann und Sophie Huber für 40 <strong>Jahre</strong> sowie Walter Lill, Fritz<br />

Häfner und Anna Grunert für 25 <strong>Jahre</strong>. Die beiden Chöre umrahmten die Feier mit den<br />

Titeln „Lied an die Freude“, „Zwei Tugendwege“, „Hoffnung ist Leben“, „Die Ehre Gottes<br />

aus der Natur“, „O, Herr, welch ein Morgen“ und „Amen“. Zutreffend notierte<br />

Schriftführer Heinz Hanel in die Vereinschronik: „Für unseren Verein war dieser Auftritt vor<br />

einer Fülle von abgeordneten Vereinsvorständen ein weiterer Erfolg in Sachen Werbung für<br />

die beiden <strong>MGV</strong>-Chöre.“<br />

Auswärtige Auftritte<br />

So wie der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau vor Gästen im Stadtteil singt, so vertritt er auch die Rheinau<br />

nach außen. Als der Kurpfälzer Sängerkreis Mannheim 1987 im Musensaal des Rosengartens<br />

aus Anlass des 125-jährigen Bestehens des Badischen Sängerbundes ein Konzert<br />

mit Gemischten und Frauen-Chören, da nahm der <strong>MGV</strong> 1896 mit seinem Frauenchor daran<br />

teil, unter anderem mit dem temperamentvollen ,Amore, bella Italia“ von Robert<br />

Pappert.<br />

Zu einem für die Vereinsgeschichte bedeutenden Auftritt kam es am 25. Februar 1994.<br />

Nach nahezu zehnjähriger Diskussion wurde an jenem Tag in Anwesenheit von Ministerpräsident<br />

Erwin Teufel der Bundesliga-taugliche Umbau des Rhein-Neckar-Stadions eingeweiht,<br />

das fortan Carl-Benz-Stadion hieß.<br />

Gegen 18.45 Uhr betraten die 50 Rheinauer Sängerinnen und Sänger zusammen mit<br />

1.400 Aktiven anderer Gesangvereine die Arena; unter Leitung von Volker Schneider<br />

und Dietrich Edinger stimmten sie die Titelmelodie der ARD-Sendung „Tausend Stimmen“<br />

an. Danach erlosch das Licht, 27.000 Wunderkerzen erstrahlten. Im Spot eines<br />

Lichtkegels schmetterte Joy Fleming ihren Hit „Feuer und Flamme“ und intonierte mit<br />

den 1.400 Sängern „Dann wird die Welt zum Klang“. Danach nahmen die Rheinauer auf<br />

der Tribüne Platz, verfolgten das Eröffnungsspiel des SV Waldhof Mannheim gegen<br />

Hertha BSC Berlin, das übrigens mit dem salomonischen Ergebnis von 2:2 endete. Für<br />

die Rheinauer Sängerinnen und Sänger war die Teilnahme an diesem für Mannheim bedeutenden<br />

Ereignis ein unvergessliches Erlebnis.<br />

Auftritte in Rundfunk und Fernsehen<br />

Seinen ersten Rundfunk-Auftritt hatte der damalige Männerchor unter Leitung von Lucia<br />

Lewczuk beim Hafenkonzert des Süddeutschen Rundfunks im Rheinauer Hafen am 14. Juli<br />

1984. Zwischen sechs und acht Uhr in der Frühe musizierte neben dem Blasorchester des<br />

Musikvereins unter Leitung von Fritz Senn und dem Handharmonikaverein Rheinklang<br />

unter Leitung von Gerd Stiefenhöfer eben auch der Männergesangverein 1896 Rheinau.<br />

Die von ihm gesungenen Titel – „Tag des Herrn“, „Hoch das Bad’ner Lied“ oder die<br />

„Letzte Rose“ – verbreitete der Südfunk live über sein erstes Programm im ganzen Land.


96<br />

Lob und Anerkennung von höchster Stelle.<br />

Dankesschreiben von Ministerpräsident Erwin Teufel für den Auftritt des <strong>MGV</strong> 1896 bei dessen Besuch auf der Rheinau<br />

im Jahr 2002.


97<br />

Neben dem eigentlichen Ereignis der Radio-Livesendung wird allen, die dabei waren,<br />

der prasselnde Regen in Erinnerung bleiben, vor dem nur das große Zelt Schutz bot. Einer<br />

der Interviewpartner, die von den Südfunk-Moderatoren Marlene Buhleier und Jürgen<br />

Hoppe an jenem Morgen befragt wurden, war Theo Geißler, genannt Klepperle, Wirt<br />

der Gaststätte „Zum Neuen Rheinauhafen“ und aktiver Sänger im <strong>MGV</strong>. Als Hoppe in einer<br />

Frage von „Kneipen“ sprach, wies Geißler ihn charmant zurecht: „Auf der Rheinau<br />

gibt es keine Kneipen, sondern nur gute Lokale“ – eine gute Darstellung Rheinaus.<br />

Am 28. Oktober 1992 erlebten die Sängerinnen und Sänger unter Leitung von Lucia<br />

Lewczuk ihren ersten Fernsehauftritt. So waren die Rheinauer Sänger zu Gast im „Rhein-<br />

Neckar-Fernsehen“, dem regionalen Partner des Privatsenders RTL, das zu jeder Sendung<br />

Vereine, Gruppen oder Einrichtungen aus der Region als Zuschauer in sein Studio<br />

in der Dudenstraße einlädt. Die leutseligen Sänger fanden schnell und unkompliziert<br />

Kontakt zu den Männern vom Fernsehen; Moderator Norbert Lang war bereits nach<br />

kurzer Zeit nur noch der „Nobbi“.<br />

Um 16.30 Uhr jenes Nachmittags betraten die 60 Aktiven das Sendezentrum des<br />

Rhein-Neckar-Fernsehens in der Dudenstraße. Um 17 Uhr fand im Studio eine kurze<br />

Stell- und Chorprobe statt. Danach hatten die Aktiven Zeit, sich in der Kantine zu stärken.<br />

Der zweite Gang ins Studio um 17.45 Uhr führte dann bereits direkt zum Auftritt.<br />

Dort hieß es nun, eine dreiviertel Stunde lang konzentriert auf dem Podest auszuharren.<br />

Nach Werbung und Nachrichten erfolgte ein erster Gesang mit dem „Lied an die Freude“<br />

von Beethoven. Gegen Ende der Sendung folgte als zweites Stück „Die Glocken der<br />

Heimat“ von Robert Pappert. Im Protokollbuch des Vereins hieß es dazu treffend: „Die<br />

Sängerinnen und Sänger traten die Heimreise zu unserem Vereinslokal in der Gewissheit an,<br />

dass dieser Auftritt eine großartige Werbung für unsere beiden Chöre und den gesamten Verein<br />

war.“<br />

„Sängerausflug in den Westerwald.“<br />

Die Ausflüge des <strong>MGV</strong>, hier 1952 nach Obertreis, waren immer auch Werbung für die Rheinau.


98<br />

Treffpunkt Marktplatz Rheinau.<br />

Ausgangspunkt nahezu jeder Busreise der Rheinauer Sänger in den fünfziger und sechziger <strong>Jahre</strong>n.<br />

Marschieren durch den Ort.<br />

Ritual bei jeder Teilnahme an einem auswärtigen Sängerfest in den fünfziger und sechziger <strong>Jahre</strong>n.


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Sängerausflüge und Konzertreisen<br />

Gemeinsam unterwegs<br />

Ausflüge und Konzertreisen sind von jeher ein Kernstück der Aktivitäten eines jeden Gesangvereins,<br />

so auch des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau. Gemeinsame Unternehmungen, Erlebnisse<br />

und Feierlichkeiten gehören zu den schönsten Erinnerungen ganzer Generationen<br />

Rheinauer Sänger und ihrer Partner. Erst recht aus einer Zeit, als Verreisen auf Grund der<br />

damals noch damit verbundenen hohen Kosten für die meisten Menschen noch nicht<br />

selbstverständlich war und daher schon von daher etwas ganz Besonderes darstellte.<br />

In den ersten Jahrzehnten des Bestehens des Vereins waren die Ziele noch sehr bescheiden.<br />

Weinproben in der Pfalz und Wandern an der Bergstraße bildeten da schon<br />

die ambitionierteren Bestandteile des Reiseprogramms. Der Besuch von Sängerfesten<br />

jenseits der Stadtgrenzen in der Umgebung stellte ein abwechslungsreiches Erlebnis dar,<br />

für das auch ein kilometerlanger Fußmarsch ohne Murren in Kauf genommen wurde.<br />

Denn für Eisenbahn-Fahrkarten hatte man kein Geld, und ein Fahrrad war zu jener Zeit<br />

ein Luxus.<br />

Manch große Liebe begann bei den damals sehr beliebten Familienausflügen mit der<br />

Reichsbahn in die nähere Umgebung, bei denen man den strengen Blicken der Bewacher,<br />

die genüsslich beim Viertele Wein oder Stein Bier saßen, für kurze glückliche Augenblicke<br />

entwischen konnte, um damals schweren Sünden wie Händchenhalten oder Küssen zu<br />

frönen. Manche Sängerhochzeit kam dadurch zustande und machte den Verein im<br />

wahrsten Sinne des Wortes zu einer großen Familie.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg, in der selbst diese Vergnügungen unmöglich waren,<br />

knüpfte die nach einfachen Freuden hungernde Generation an diese alten Traditionen<br />

an. Wer die große Bedeutung der Sängerausflüge und Konzertreisen für das Bewusstsein<br />

des einzelnen Vereinsmitgliedes nachvollziehen will, der muss sich in die damalige Zeit<br />

zurückversetzen. Bei den Teilnehmern der Ausflüge der vierziger und fünfziger <strong>Jahre</strong><br />

handelte es sich um eine Generation, die ihre eigene Heimat vor allem als Trümmerlandschaft<br />

und fremde Länder höchstens als Besatzungssoldat kennengelernt hatte. Zu ausgedehntem<br />

Verreisen fehlte den meisten in der unmittelbaren Nachkriegszeit das Geld.<br />

Die Zeit des Massentourismus, die in den sechziger <strong>Jahre</strong>n mit dem Drang zum „Teutonengrill“<br />

nach Italien oder später nach Mallorca erst begann und heute nahezu jedem<br />

Durchschnittsverdiener eine Reise selbst in die Karibik ermöglicht, lag noch in weiter<br />

Ferne. Die Sängerreisen der Nachkriegszeit bildeten für viele oft die einzige Gelegenheit,<br />

zu reisen, fernab der eigenen vier Wände Unterhaltung zu genießen, und das auch noch<br />

gemeinsam mit Gleichgesinnten.


100<br />

Ein Ausflugs-Erlebnis, von dem im Verein noch lange erzählt wird.<br />

Auf der Rückfahrt von Differten 1956 verliert der Sänger Willi Weber (r.) beim Herauslehnen aus dem Zugfenster seine<br />

Zahnprothese. Sein Vereinskamerad Leo Maß fängt sie auf, ebenso geistesgegenwärtig bedient Helmut Schmitt den<br />

Auslöser seines Fotoapparates und hält die Szene für die Nachwelt fest.


101<br />

Erste Ausflüge der Nachkriegszeit<br />

Ihren ersten Familienausflug nach Wiedergründung des Vereins machten die Sänger mit<br />

zwei Lastwagen mit Holzvergaser-Antrieb, die Lino Facco und Kurt Buster zur Verfügung<br />

gestellt hatten. Auf den Holzbänken der Ladefläche musste das erforderliche Brennmaterial<br />

mitgeführt werden. Wie strahlten die Gesichter der Sänger, als die Reise nach<br />

Odenheim im Kraichgau ging und sie dort mit Erbsensuppe und Bockwurst verpflegt<br />

wurden? Lange noch schwelgten jene, die dabei waren, in ihren Erinnerungen von den<br />

Erlebnissen und Anekdoten.<br />

Der erste große Sängerausflug nach dem Kriege führte im August 1952 für drei Tage<br />

nach Obertreis im Westerwald. Dirigent Erich Bender hatte dort während des Krieges<br />

Dienst getan und seine Frau kennengelernt. 56 Sänger gingen damals von der Gaststätte<br />

„Rheinauhafen“ aus auf große Fahrt – mit einem Vorkriegsmodell eines Magirus-Deutz-<br />

Reisebusses.<br />

Die erste große Konzertreise ging 1956 nach Differten im damals noch französisch<br />

verwalteten Saargebiet. Sänger Karl Schweizer, dessen Verwandte dort lebten, hatte<br />

Kontakt geknüpft zum dortigen Bergwerkschor. Die meisten der dortigen Sänger waren<br />

Bergleute der Grube Luisental, die sechs Jahr später durch ein großes Grubenunglück<br />

tragische Berühmtheit erlangen sollte, bei dem 299 Kumpel zu Tode kamen.<br />

Während der Heimreise der Sänger kam es zu einer Begebenheit, von der Teilnehmer<br />

noch lange erzählten. Auf der Rückfahrt mit dem Zug war dem Sänger Willi Weber übel<br />

geworden; er lehnte sich aus dem Fenster, verlor dabei aber seine Gebissprothese; geistesgegenwärtig<br />

wurde sie von Sänger Leo Maß, der ebenfalls aus dem Fenster geschaut hatte,<br />

aufgefangen. Ebenso geistesgegenwärtig bediente Helmut Schmitt den Auslöser seines<br />

Fotoapparates und überlieferte der Nachwelt damit das kuriose Bild dieses Vorfalls.<br />

Die Ziele werden weiter<br />

Ein Ausflug, an den sich viele Sänger ebenfalls noch lange erinnerten, war jener im <strong>Jahre</strong><br />

1960 nach Hirschhorn am Neckar. Schirmherr des dortigen Wertungssingens war Adenauers<br />

damaliger Bundesaußenminister Heinrich von Brentano, der aus dieser Gegend<br />

stammte. Von dieser Reise gab es gleich zwei besondere Begebenheiten zu berichten.<br />

Zum einen hatten sich die Sänger Helmut Schmitt und Walter Morath kurzerhand in die<br />

Kutsche gesetzt, die für den Schirmherrn vorgesehen war, sich darin chauffieren und<br />

mit dem Zylinder des Ministers fotografieren lassen. Zum zweiten hatten die Rheinauer<br />

das Wertungssingen zwar gewonnen, wurden aber nicht als Sieger geehrt; durch einen<br />

Trick schusterten die Veranstalter den ersten Platz dem örtlichen Gesangverein zu. Ob<br />

dieser Manipulation entzündete sich unter den örtlichen Sängern eine heftige Rauferei,<br />

der die Rheinauer Gäste gelassen zusahen.<br />

Erwähnenswert war auch der Sängerausflug 1963 nach Bodersweier bei Kehl. Die<br />

Verbindung entstand durch den Sänger Michael Ehrhard, der aus dieser Gegend<br />

stammte. Von Bodersweier aus unternahmen die Sänger einen Abstecher nach Straßburg,


102<br />

wo sie das Münster besichtigten, vor allem aber das Gasthaus der Cousine des Vizedirigenten<br />

Gustl Stöckler …<br />

Der Sängerausflug des <strong>Jahre</strong>s 1971 führte die Rheinauer nach Roßhaupten bei Füssen<br />

im Allgäu; einige Sänger hatten hier bereits zuvor privat Urlaub gemacht und den Ort<br />

daher als Ziel für den Jubiläumsausflug vorgeschlagen. Bereits der erste Tag mit seinem<br />

Heimatabend vermittelte den Besuchern unterhaltsame Einblicke in Brauchtum und<br />

Braukunst der Gastgeber. Den Höhepunkt bildete jedoch die Besichtigung von König<br />

Ludwigs Schloss Neuschwanstein – H ö h e punkt auch im ganz wörtlichen Sinne, blieb<br />

der ausgesprochen steile Zugangsweg den Rheinauern doch ebenso unvergesslich wie<br />

der Vortrag des Liedes „Sanctus" aus der Deutschen Messe im Sängersaal des Schlosses.<br />

Den Abschluss des dreitägigen Aufenthalts bildete ein Platzkonzert auf dem Marktplatz<br />

von Roßhaupten, ein Empfang durch den Bürgermeister sowie ein gemeinsames Konzert<br />

mit dem örtlichen Musik- und Gesangverein.<br />

In dem Maße jedoch, wie Urlaub kostengünstiger und einfacher wurden, mussten<br />

auch die Reiseziele des Vereins, um attraktiv bleiben zu können, immer „exotischer“<br />

werden. Schon frühzeitig überschritt der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau daher die Landesgrenzen.<br />

Die Teilnahme im Rahmen einer zahlenmäßig umfangreichen Chorgemeinschaft ermöglichte<br />

dabei kostengünstige und dennoch niveauvoll-attraktive Angebote.<br />

Jugoslawien 1988<br />

An Pfingsten 1988 unternahm der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau unter Leitung seiner Dirigentin<br />

Lucia Lewczuk die erste Auslandskonzertreise seiner Geschichte. Sie dauerte eine Woche<br />

und führte nach Jugoslawien. Neben den Rheinauern nahmen auch Aktive der Chorgemeinschaft<br />

Ruchheim teil, insgesamt 143 Teilnehmer. Die Fahrt erfolgte in drei großen<br />

Reisebussen und begann an jenem Pfingstsamstag um 6 Uhr früh auf dem Rheinauer<br />

Marktplatz. Nach einer Zwischenstation mit Übernachtung ging es am Morgen des<br />

zweiten Tages bereits um 8 Uhr früh an den Ziel-Ort: nach Novi-Vinodolski mit der Hotelanlage<br />

„Zagori", in der sich die Teilnehmer zunächst einmal von der Strapaze der Reise<br />

erholen konnten.<br />

Am dritten Tag der Reise konnten die Sänger endlich länger schlafen, denn das Frühstück<br />

war erst für neun Uhr angesetzt, aber zeitlich knapp bemessen. Denn um 10 Uhr<br />

bereits begann die Fahrt zur nahe gelegenen Insel Krk, in deren Hauptstadt die Teilnehmer<br />

die Kathedrale besichtigten. Danach ging es zur kleinen Insel Koschlun, die nur von<br />

sechs Franziskaner-Mönchen bewohnt wird, die im dortigen Kloster aus dem 12. Jahrhundert<br />

leben. Ansonsten ist die Insel unbewohnt und nur mit kleinen Taxibooten zu erreichen.<br />

„Diese Boots-Hin- und Herfahrt war natürlich eine Gaudi“, formulierte Chronist<br />

Heinz Hanel vieldeutig. In der Klosterkirche sang der Männerchor „Santa Maria“, Pianistin<br />

Ulrike Frey spielte an der Orgel.<br />

Nach Rückkehr und Abendessen folgte der musikalische Höhepunkt dieses Tages: der<br />

Konzertauftritt auf der brechend voll besetzten Terrasse der Hotelanlage. Die monatelangen<br />

Proben unter Leitung von Lucia Lewczuk sollten ihre Früchte tragen. Die Chöre


103<br />

brachten ihr gesamtes Repertoire, begleitet von Jutta Reisinger vom Nationaltheater<br />

Mannheim und der Pianistin UIrike Frey. Dass dies ein großer Erfolg war, spürte man sofort<br />

am Beifall und den Minen des Publikums.<br />

Am vierten Tag ging der ganze Tross auf große Fahrt. Vom Quartier in Zagori führte<br />

der Weg die Adriaküste entlang nach Pula. Nach Besichtigung des Amphitheaters und<br />

der Altstadt stand am Abend ein gemeinsames Konzert mit dem italienischen Chor „Lino<br />

Mariane“ im Italienischen Kulturzentrum der Stadt an. Auch dieser Auftritt wurde ein Erfolg<br />

und mit viel Beifall bedacht – der angemessene Augenblick für den Vereinsvorsitzenden<br />

Helmut Schmitt, dem Organisationstrio Diana Eisele, Dieter Schmidt und Manfred<br />

Hipp für ihre Mühe mit einem Buchgeschenk zu danken.<br />

Noch in der Nacht fuhren die Aktiven in ihr Hotel „Zagori“ zurück, in dem sie um 3 Uhr<br />

morgens erschöpft eintrafen. Kein Wunder, dass am Morgen darauf nicht alle Teilnehmer<br />

dabei waren, als die Busse zu den Plitzwitzer Seen fuhren, die mit ihren Wasserfällen<br />

eine der schönsten Nationalparks Europas darstellen. Mit einem Folkloreabend klang<br />

dieser Tag aus und wurde zu vorgerückter Stunde mit den Gute-Nacht-Grüßen „Lied an<br />

die Freude“ und „Auf Wiedersehen“ musikalisch beendet.<br />

Der sechste Tag brachte bereits die Heimreise, die über Rijeka nach Postoina zur berühmten<br />

Grotte führte, deren Besichtigung ein letztes eindrucksvolles Erlebnis darstellte.<br />

Nach einer Übernachtung in Villach ging es am siebten Tage nach Rheinau, auf dessen<br />

Marktplatz die Busse nach langer Fahrt am Abend eintrafen.<br />

Tschechoslowakei 1992<br />

Nach über einem halben Jahr Planung und Organisation durch Dieter Schmidt und<br />

Manfred Hipp brachen am Donnerstag, 4. Juni 1992, 5 Uhr, bei strömendem Regen vier<br />

Busse vom Marktplatz Rheinau in Richtung Tschechoslowakei auf. Es war die zweite Auslandskonzertreise<br />

des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau unter Leitung von Lucia Lewczuk. Neben den<br />

Rheinauern waren aber auch die Chorgemeinschaft 1975 Ruchheim und der Gesangverein<br />

1952 Neuhermsheim sowie Jutta Reisinger vom Nationaltheater Mannheim und<br />

die Pianistin Elke Völker dabei, insgesamt 190 Teilnehmer.<br />

Auf der A 6 ging es insgesamt acht Stunden lang über Nürnberg an die tschechoslowakische<br />

Grenze und von dort aus auf der Europastraße 50 über Pilsen nach Prag, wo ein<br />

Mittagessen auf dem Wenzelsplatz sowie eine Besichtigung der Altstadt und des Hradschin<br />

anstand. Bei dieser Stadtführung gingen allerdings, weil sie die richtige Straßenbahn<br />

verpassten, 14 Personen kurzzeitig verloren, die von Dieter Schmidt und Manfred<br />

Hipp wieder „eingefangen“ werden mussten. Fünf Mal musste der große Reisebus über<br />

die Karlsbrücke kreisen, bis alle wieder beisammen waren. Leider wurden bei dem unfreiwilligen<br />

Ausflug zwei Sängerinnen ihre Portemonnaies geklaut – eine Weltstadt ist<br />

eben nicht die Rheinau, und die Prager Taschendiebe sind legendär.<br />

Der zweite Tag führte die Gruppe nach Königgrätz in die Kathedrale „Heiliger Geist“.<br />

Nach der Besichtigung bat der Küster die Besucher, einige Lieder zu singen. So intonierten<br />

die Rheinauer das „Sancta“, die Ruchheimer und Neuhermsheimer „Heilig, heilig“ und


104<br />

„Großer Gott, wir loben Dich“ und alle Lucia-Chöre gemeinsam „Freude schöner Götterfunke“.<br />

Alle Anwesenden empfanden eine wahre Gänsehaut, und viele schämten sich<br />

ihrer Tränen der Rührung nicht. „Dieser spontane Gesang in der wunderschönen Kathedrale<br />

mit einer hervorragenden Akustik war ein Erlebnis, das allen wohl unvergesslich bleiben<br />

wird“, notierte Günter Friedrichs in sein Reiseprotokoll.<br />

Der Kathedrale folgte die Besichtigung der berühmten Krippe von Trebechovice. Sie<br />

ist eine der größten der Welt und Mitte des 19. Jahrhunderts in 40-jähriger Arbeit erbaut<br />

worden. Sie ist 7 m lang, 3 m breit, 2 m hoch und wiegt 3.000 Kilogramm. Sie enthält<br />

2.000 geschnitzte Gegenstände und Figuren. Der Abend brachte das erste Konzert dieser<br />

Reise, und zwar in Pardovice. Wegen der Parlamentswahlen wurde der Konzertsaal gebraucht,<br />

so wich man in die Musikschule aus. Nach dem Kinderchor der Stadt und dem<br />

Akademischen Chor mit seinen studierten Stimmen folgten die Lucia-Chöre, die sich<br />

auch im Vergleich zu diesen Gesangsprofis hören lassen konnten, zumal sie von den Solisten<br />

Jutta Reisinger vom Nationaltheater und Elke Völker am Klavier begleitet worden<br />

waren.<br />

Nach einer Besichtigung der Tropfsteinhöhlen von Macocha in 138 Metern Tiefe und<br />

einer Bootsfahrt auf den unterirdischen Seen des Flusses Punkva am dritten Tag folgte<br />

am vierten der musikalische Höhepunkt der Reise: die Umrahmung der Heiligen Messe<br />

in der Jakobuskirche von Brünn. Nach kurzer Einweisung durch den örtlichen Organisten<br />

beherrschte Elke Völker die große Orgel problemlos und virtuos zugleich, auch die<br />

Soli der Sopranistin Jutta Reisinger beeindruckten - und zwar so sehr, dass die Besucher<br />

mit für eine Kirche außergewöhnlich rauschendem Beifall applaudierten und der Pfarrer<br />

am Ende des Gottesdienstes den Akteuren mit bewegter Stimme in deutscher Sprache<br />

dankte und sie am Ausgang persönlich mit Handschlag verabschiedete.<br />

Das andere Ende des Tages sah einen gemeinsamen Liederabend mit dem Brünner<br />

Lumer-Chor, dessen auffallend junge Aktive beim Vortrag ihrer acht Lieder übrigens an<br />

allen vier Seiten des Saales Aufstellung nahmen. Ihnen folgten die Lucia-Chöre: als erstes<br />

gemeinsam mit „Freude schöner Götterfunke“, danach die Ruchheimer mit „Zur Feier“,<br />

die Rheinauer Sänger mit „Oh, Herr, welch ein Morgen“ sowie Walter Morath mit einem<br />

Solo. Beim obligatorischen Schlusslied „Dankeschön“ sprach Lucia Lewczuk in polnischer<br />

Sprache, die offensichtlich auch die Tschechen verstehen konnten, Worte des Dankes an<br />

die Veranstalter. Und als Referenz an ihre Gastgeber sangen die Rheinauer auch noch das<br />

tschechische Volkslied „Andulka“.<br />

Und schon ging es wieder nach Hause. Am Grenzübergang staute sich der Verkehr<br />

anderthalb Stunden. Dann hatte der Bus auf der Frankenhöhe auch noch eine Panne. Er<br />

drohte, sein Rad zu verlieren, weil drei Schrauben in die Brüche gegangen waren. Aus<br />

Kaiserslautern musste ein Ersatzbus herbei geschafft werden, so dass die letzten Rheinauer<br />

erst gegen 2.30 Uhr morgens ins Bett kamen. Trotzdem war es natürlich ein großes<br />

Erlebnis – noch schöner als Jugoslawien vier <strong>Jahre</strong> zuvor. Doch bei diesem Stichwort<br />

wurde mancher Sänger auch nachdenklich. Denn zum Zeitpunkt der Tschechoslowakei-<br />

Reise versanken die Stätten ihrer Jugoslawien-Reise wie der gesamte Balkan im Krieg.<br />

Auch die Tschechoslowakei litt unter einem Gegensatz von Nationalitäten, von Tschechen<br />

und Slowaken. Hoffentlich, so meinten die Rheinauer damals, gerät dieses schöne Land<br />

nicht auch ins Chaos – eine Hoffnung, die sich Gott sei Dank erfüllte.


105<br />

Dresden 1999<br />

Über <strong>120</strong> Sängerinnen und Sänger der Lucia-Chöre, bestehend aus dem Frauen- und dem<br />

Männerchor des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau sowie der Chorgemeinschaft Ruchheim und dem<br />

Gesangverein Neuhermsheim, unternahmen vom 21. bis 24. Mai 1999 eine Konzertreise<br />

nach Dresden.<br />

Den Auftakt bildete ein Auftritt im prächtigen Konzertsaal des historischen „Ball- und<br />

Brauhauses Watzke“, eine Besichtigung der Semper-Oper sowie eine Führung durch die<br />

Altstadt. Alle Teilnehmer waren beeindruckt von den historischen Bauwerken wie dem<br />

Zwinger, dem Taschenbergpalais, dem Fürstenzug, dem Schloss, dem Stallhof, der Kathedrale<br />

und natürlich der im Wiederaufbau befindlichen Frauenkirche.<br />

Ursprünglich war für den zweiten Tag ein Konzert mit einem Dresdner Chor in der Lukaskirche<br />

geplant. Dieser jedoch hatte den Auftritt kurzfristig abgesagt, so dass die Rheinauer<br />

als Ersatz ein Konzert jenseits der Grenze im tschechischen Usti mit einem dortigen<br />

Chor organisierten. Dieser Kammerchor Lusciania und seine Solistinnen waren professionelle<br />

Künstler. Und angesichts des Kinderchors mit 45 Fünf- bis Siebenjährigen konnten<br />

die Mannheimer nur erblassen. Aber auch die Lucia-Chöre boten auf der Bühne ein<br />

beachtliches Bild. In zwei Auftritten unter Leitung von Lucia Lewczuk, begleitet von ihren<br />

Kindern Adrian am Klavier, Raffael am Schlagzeug und an der Trompete sowie Patricia<br />

am Saxophon, intonierten die Rheinauer im ersten Teil des von Lucia Lewczuk wohl<br />

durchdachten Programms ihr klassisches und im zweiten ihr modemes Repertoire.<br />

Zunächst kamen die Werke der vielen unterschiedlichen Komponisten und der vier<br />

beteiligten Chöre zur Aufführung. Etwa, als der Gesangverein Neuhermsheim Schuberts<br />

„Abendrot“, die Chorgemeinschaft Ruchheim Beethovens „Güte Gottes“, der Rheinauer<br />

Männerchor die anrührende „Rose“ von Willi Trapp oder der Frauenchor Schuberts<br />

„Heiland“ intonierte. Im zweiten Teil folgte Modernes: Gospels und Spirituals. Wer kann<br />

da noch sagen, Gesangvereineverharrten im Traditionellen, wenn Peter Klug sein Solo<br />

im Spiritual „He’s the Lily of the Valley" bringt? Oder angesichts des Spirituals „Halleluja“,<br />

intoniert vom Frauen- und vom Männerchor des <strong>MGV</strong>, dem Ruchheimer Chor und Raffael<br />

Lewczuk am Schlagzeug.<br />

Den Höhepunkt setzten alle Chöre gemeinsam mit „Conquest of Paradise“ von Vangelis,<br />

jenem Hymnus, der durch Henry Maske so populär geworden war. Wer sich im<br />

Chorgesang auskennt, der weiß, wie schwer dieses Stück von einem Chor umzusetzen<br />

ist, doch die Lucia-Aktiven meisterten auch diese Anforderung. Zum Ende schließlich<br />

der Spiritual „Amen“. Als Gastgeschenk überreichte <strong>MGV</strong>-Chef Manfred Hipp dem Organisator<br />

Professor Vlastimil Kobrle eine gravierte Uhr. Hipps Stellvertreter Günter Friedrichs<br />

übergab darüber hinaus dem Kirchenchor eine Spende von 500 Mark, die kurz zuvor<br />

bei einer spontanen Sammlung unter den Sängerinnen und Sängern zusammen gekommen<br />

war.<br />

Der dritte Tag führte die Besucher nach Lübben im Spreewald, wo sie vom Verein<br />

„Flottes Rudel“ zu einer Spreefahrt erwartet wurden. Drei Stunden lang staken die Geschichten<br />

erzählenden Fährleute die Boote auf idyllischen Wasserwegen durch diese romantische<br />

Landschaft. Ein gemütlicher Abschlussabend mit musikalischen Einlagen der<br />

Lewczuk-Sisters beendete diesen wunderschönen Tag. Am nächsten Morgen ging es


106<br />

bereits zurück nach Rheinau, nicht ohne einen Abstecher auf der Wartburg, auf der bekanntlich<br />

einst Martin Luther das Neue Testament ins Deutsche übersetzt hatte.<br />

Noch unter dem Eindruck dieser Konzertreise überlegte der Vorstand unter Leitung<br />

von Manfred Hipp: Warum dieses anspruchsvolle und erfolgreiche Repertoire nur einmal<br />

zu Gehör bringen und nicht zu Hause wiederholen? So organisierte der Verein für<br />

den 19. Juni des gleichen <strong>Jahre</strong>s ein Kirchenkonzert auf der Rheinau. Als Ort wählte er die<br />

architektonisch außergewöhnliche Kirche St. Theresia vom Kinde Jesu auf dem Pfingstberg.<br />

Hier kamen die Werke der vielen unterschiedlichen Komponisten und der vier beteiligten<br />

Chöre am besten zur Geltung. Eindrucksvoll, ja in alle Glieder fahrend, geriet<br />

darüber hinaus das Orgelspiel von Pia Kröper, der Organistin von St. Theresia. Den Erlös<br />

der Eintrittsgelder stellten die Chöre einer guten Sache zur Verfügung: der Jugendarbeit<br />

der katholischen Kirchengemeinde – Fortsetzung des schon traditionellen karitativen<br />

Engagements des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau.<br />

Rom 2006<br />

Sowohl der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau als auch der Männergesangverein 1886 Lindenhof feierten<br />

im <strong>Jahre</strong> 2006 Geburtstag. Und da beide unter der Leitung von Lucia Lewczuk standen,<br />

gönnten sie sich gemeinsam ein besonderes Geburtstagsgeschenk: eine einwöchige<br />

Konzertreise nach Rom mit dem Höhepunkt eines Auftritts im Petersdom.<br />

Es war eine gigantische sängerische Streitmacht, die sich in die Heilige Stadt aufmachte.<br />

Insgesamt 79 Teilnehmer, davon 52 aktive Sängerinnen und Sänger aus den Jubiläumsvereinen<br />

Rheinau und Lindenhof, ergänzt durch Aktive des Gesangvereins Mannheim-<br />

Neuhermsheim und Maxdorf (Pfalz), die ebenfalls von Lucia Lewczuk dirigiert wurden.<br />

<strong>MGV</strong>-Ehrenmitglied Dieter Schmidt hatte, wie es seine Art ist, professionell ein attraktives<br />

Programm ausgearbeitet. Unmittelbar nach ihrer Ankunft begaben sich die Gäste<br />

auf eine Stadtrundfahrt. Sarah Schäfer vom Reisebüro Borgmann, das den Aufenthalt<br />

abwickelte, und die örtliche Reiseleiterin Anna Monti erläuterten all die Sehenswürdigkeiten,<br />

die man als Rom-Reisender einfach sehen muss: allen voran das Kolloseum, den<br />

Trevi-Brunnen und die spanische Treppe. Dass dem stellvertretenden Vereinsvorsitzenden<br />

Achim Uhrig dabei die Geldbörse geklaut wurde, gehörte irgendwie zu den Erlebnissen<br />

eines Italien-Aufenthaltes dazu. Die berühmten Kirchen St. Paul vor den Mauern, Santa<br />

Maria Maggiore, Santa Maria degli Angeli und San Giovanni nahmen die Sänger jedoch<br />

nicht nur in Augenschein: Hier hinterließen die Lucia-Chöre auch ihre musikalische Visitenkarte,<br />

belohnt durch begeisterten Applaus der Kirchenbesucher und Touristen.<br />

Eine erste Bewährungsprobe bildete das gemeinsame Konzert der Lucia-Chöre mit<br />

dem preisgekrönten, jungen italienischen Chor Eos in der Kirche Chiesa Santa Monica in<br />

der alten Hafenstadt Ostia unter dem Motto „Voci senza frontiere“ (Stimmen ohne<br />

Grenzen). Doch hier konnten die Aktiven beweisen, was sie in Dutzenden von Singstunden<br />

bei ihrer Dirigentin gelernt hatten. Vor allem jene Stück, die die Mannheimer in lateinischer<br />

Sprache vortrugen, begeisterten naturgemäß die Besucher. Adrian Lewczuk,<br />

der Sohn der Dirigentin, begleitete den Chor an der Orgel und führte in perfektem Italienisch<br />

durch das Programm.


107<br />

Danach hatten die Aktiven eine Ruhepause verdient. Ein Ausflug in die Albaner Berge<br />

sorgte für Abwechslung. Mit ihm Programm: die päpstliche Sommerresidenz Castel<br />

Gandolfo und die ehemalige päpstliche Gästevilla Tivoli. Den geselligen Abschluss bildete<br />

das Weingut des Grafen Moncada di Paterni, ein Familienbesitz aus dem 15. Jahrhundert.<br />

Der Graf selbst erläuterte den Kurpfälzern seinen biologischen Weinbau, seine Olivenbäume<br />

und seine Schweinezucht. Es wurde gesungen, gegessen und getrunken, und<br />

von der weinseligen Atmosphäre mag zeugen, dass Lucia Lewczuk am Ende mit dem<br />

Grafen persönlich das Tanzbein schwang.<br />

Am Sonntag folgte die Heilige Messe mit dem Papst. Die Kurpfälzer waren unter jenen<br />

250.000 Menschen auf dem Petersplatz, die Benedikt XVI. zujubelten. Doch sie waren<br />

unter den wenigen, die einen Platz ganz in der Nähe des Heiligen Vaters ergattern konnten.<br />

Am Nachmittag waren die Mannheimer sogar nicht nur Zuschauer, sondern Akteure:<br />

Im Petersdom umrahmten sie eine Messe vor mehr als 10.000 Besuchern – so ein großes<br />

Auditorium hatten die <strong>MGV</strong>’ler in der bis dahin 110-jährigen Geschichte ihres Vereins<br />

wahrlich noch nie. Adrian Lewczuk durfte die Orgel bedienen. Der Geistliche, der den<br />

Gottesdienst leitete, begrüßte den jungen Organisten und die Chöre namentlich, und<br />

nach Nennung dieser Namen ertönte ein rauschender Beifall aus 20.000 Handflächen.<br />

Gemeinsamer Auftritt auswärts.<br />

So prachtvolle Bilder wie hier bei einem Konzert am Lago Maggiore 2004 gab es oft auf den Konzert- und Auslandsreisen<br />

des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau mit den anderen Chören der Dirigentin Lucia Lewczuk.


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Treue Besucher der „Fröhlichen Meile“.<br />

Neuschönaus Verkehrsdirektor Hans Schreib (2. v.r.) begrüßt OB Widder (l.) am Stand in der Relaisstraße.<br />

Gäste aus Neuschönau bei der Stadtteilfest-Eröffnung 2008.<br />

Bürgermeister Heinz Wolf (am Mikro) auf der Bühne mit Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (2.v.r.) und<br />

Finanzminister Gerhard Stratthaus (r.).


109<br />

Die Partnerschaft mit Neuschönau<br />

Der Männergesangverein 1896 Mannheim-Rheinau ist Initiator und Träger der ersten,<br />

traditionsreichsten und bis 2005 einzigen „Städtepartnerschaft“, die der Stadtteil Rheinau<br />

zu einer auswärtigen Gemeinde unterhält: zur Gemeinde Neuschönau im Bayerischen<br />

Wald.<br />

Die 1395 erstmals urkundlich erwähnte Gemeinde liegt im Norden des Freistaates Bayern<br />

an der Grenze zu Tschechien, ist 27,5 Quadratkilometer groß und zählt 2.200 Einwohner.<br />

Zentrale Erwerbsquelle ist der Fremdenverkehr, denn zwei Drittel der Gemeindegemarkung<br />

liegen innerhalb des Nationalparks Bayerischer Wald.<br />

Die Verbindung zwischen Neuschönau und dem Mannheimer Süden entstand, als das<br />

Großkraftwerk Mannheim am 30. August 1985 in Neuschönau ein Ferienhaus für seine<br />

Mitarbeiter in Betrieb nahm. Beim Gegenbesuch der Neuschönauer am 8. November<br />

1985 im GKM, zu dem Vereine aus ganz Mannheim eingeladen waren, kam es zu intensiven<br />

Kontakten zwischen dem Leiter des Verkehrsamtes von Neuschönau, Hans<br />

Schreib, und den Vertretern des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau, Helmut Schmitt, Dieter Schmidt<br />

und Heinz Hanel. Spontan stiftete Schreib für die <strong>MGV</strong>-Weihnachtsfeier 1985 eine achttägige<br />

Reise für zwei Personen nach Neuschönau, die von den Gewinnern im Oktober<br />

1986 eingelöst wurde.<br />

Anlässlich des 7. Marktplatzfestes am 27. und 28. Juni 1986 war erstmals eine Delegation<br />

aus Neuschönau unter Leitung von Bürgermeister Adolf Schreiner beim <strong>MGV</strong> 1896<br />

zu Gast und trug mit einer Trachtenkapelle auch wesentlich zum Programm bei. An<br />

Pfingsten 1987 war es der neu gegründete Frauenchor, der seine erste Sangesreise nach<br />

Neuschönau unternahm. Am 3. Oktober 1991 reiste der Männerchor des <strong>MGV</strong> für vier<br />

Tage erstmals nach Neuschönau. Höhepunkt war die Beteiligung am Erntedankfest, das<br />

im Bayerischen Wald noch sehr ursprünglich gefeiert wurde und für die Rheinauer daher<br />

ein großes Erlebnis war.<br />

Wesentlich vorangetrieben von Verkehrsdirektor Hans Schreib, kam es fortan immer<br />

wieder zu Besuchen der „Waldler“ bei den Marktplatzfesten und ab 1990 den Stadtteilfesten<br />

auf der Rheinau. Ihr uriger Werbestand aus Holz mit dem Bärwurz als kulinarischer<br />

Attraktion wurde zum Anziehungspunkt des <strong>MGV</strong>-Standes. Einer der Höhepunkte<br />

war der Besuch von Bürgermeister Heinz Wolf, der sogar gemeinsam mit Mannheim<br />

Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz das Stadtteilfest offiziell eröffnen durfte. Im Oktober<br />

2008 reiste eine große Rheinauer Delegation aus 74 Mitgliedern des <strong>MGV</strong>, darunter<br />

33 Sängerinnen und Sänger, zum 20. Jubiläum des Männerchors Neuschönau.<br />

Unabhängig davon verbrachten zahlreiche Mitglieder des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau jahrzehntelang<br />

ihre Urlaube in Neuschönau, namentlich im Landgasthof „Euler“. Dadurch entstanden<br />

menschliche Bindungen, die über die Dauer der Amtszeiten der Aktiven hinaus<br />

bestehen blieben.


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Gasthaus „Zum Rheinauhafen“.<br />

1922 bis 1992 Probenlokal des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau.


111<br />

Vereinslokal<br />

Mit der Herausbildung des Vereinswesens im 19. Jahrhundert entstand die Institution<br />

des Vereinslokals. Darunter verstand man eine Gaststätte, in der ein Verein regelmäßig<br />

seine Sitzungen, Versammlungen und geselligen Veranstaltungen abhielt. Zumeist war<br />

der jeweilige Wirt auch selbst Mitglied der Vereine, die bei ihm regelmäßig zu Gast waren.<br />

Von Gesangvereinen wurden in einem solchen Vereinslokal neben Versammlungen und<br />

Sitzungen auch die wöchentlichen Singstunden abgehalten. Zu diesem Zweck befanden<br />

sich hier auch das vereinseigene Klavier sowie ein Schrank, in dem Pokale und Noten<br />

aufbewahrt wurden.<br />

Als der <strong>MGV</strong> am Abend des 5. Mai 1896 gegründet wurde, da geschah dies noch in<br />

keinem Lokal, sondern im Gebäude der Fabrikschule im Posthornweg. Als Probenlokal<br />

fungierte in den <strong>Jahre</strong>n danach der „Goldene Hirsch“, der sich in der Neuhofer Straße/<br />

Ecke Karlsruher Straße befunden haben soll. Hier fanden im <strong>Jahre</strong> 1904 auch die zentralen<br />

Veranstaltungen im Rahmen der Fahnenweihe statt, also das Festbankett am ersten<br />

Abend und das Festmahl am darauf folgenden Sonntag. Allerdings scheint der Verein für<br />

Sitzungen nicht auf den „Hirsch“ festgelegt gewesen zu sein. Der Festausschuss, der<br />

diese Fahnenweihe vorbereitete, kam zu seinen monatlichen Treffen in ihrem Vorfeld<br />

laut Vereinsarchiv abwechselnd im „Pfälzer Hof“ von August Maier, dem „Freischütz“<br />

von Johann Seitz, dem (damals:) „Neuen Relaishaus“ von Philipp Roßrucker oder dem<br />

„Ratstübl“ von Karl Fritzinger zusammen.<br />

Seit 1922 probte der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau im Gasthaus „Zum Rheinauhafen“ in der<br />

Stengelhofstraße/Ecke Karlsruher Straße, das auf der Rheinau nach seinem damaligen Besitzer<br />

einfach nur „Flörsch“ genannt wurde, auch als es längst einen neuen Besitzer hatte.<br />

Zum <strong>Jahre</strong>swechsel 1993/94 stand der Verein in Bezug auf sein Probenlokal plötzlich<br />

vor einer ungeahnten Herausforderung: Sein Vereinslokal „Zum Rheinauhafen“, dem<br />

der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau seit 1922 die Treue gehalten hatte, mussten sie verlassen.<br />

Der neue Besitzer Claudio Mucciolo, ein Verwandter des in Rheinau aufgewachsenen<br />

Bundesliga-Fußballstars Maurizio Gaudino, hatte die Gaststätte im November 1993 zu<br />

einem italienischen Ristorante umgebaut; ein Nebenzimmer sollte es fortan nicht mehr<br />

geben, sämtliche Räume vielmehr ständig eingedeckt sein; für Klavier sowie Pokal- und<br />

Notenschränke, so beschied der neue Wirt die Sänger am 14. Januar 1994, war fortan kein<br />

Platz mehr. Doch wo sollen wir hin?, fragte sich die Sängerfamilie verzweifelt in der mit<br />

75 Anwesenden außergewöhnlich gut besuchten <strong>Jahre</strong>shauptversammlung am 15. Januar<br />

1994.<br />

Dank der jahrzehntelangen Freundschaft des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau mit dem Sportverein<br />

TSG – der Vorsitzende der TSG, Peter Klug, war aktiver Sänger im <strong>MGV</strong> – kamen die<br />

Sänger dort unter. Ja, die TSG stimmte in ihrer Mitgliederversammlung am 11. März 1994<br />

sogar zu, einen Raum ihres Vereinshauses umzubauen und per vertraglich vereinbarten<br />

Dauernutzungsrecht dem <strong>MGV</strong> 1896 zu übergeben – „eine Ehe von Kultur und Sport“,<br />

wie <strong>MGV</strong>-Chef Dieter Schmidt bei der Einweihung formulierte, mit der die Rheinauer in<br />

Mannheim Neuland betraten.


112<br />

Freude über das neue Zuhause.<br />

Die beiden Chöre singen zur Einweihung des Probenlokals im TSG-Vereinsheim 1994.<br />

Anerkennung für eine herausragende Leistung.<br />

Zum neuen Probenlokal gratulieren im Namen der Stadt Stadtrat Paul Buchert (r.) und im Namen des Brudervereins<br />

„Liederkranz“ dessen Vorsitzender Alois Fritz (r.).


113<br />

Architekt Helmut Duschl, der sich in Rheinau bereits mit Bauten für die Rudergesellschaft<br />

und den Turnverein einen Namen gemacht hatte, konnte dafür gewonnen werden,<br />

zu günstigen Konditionen die Planung zu übernehmen. Am 6. Juni 1994 begannen<br />

die Arbeiten, während derer der Verein im Gasthaus „Zur Eintracht“ von Siegfried und<br />

Vesna Knoblauch in der Stengelhofstraße freundliche Aufnahme fand. Eine neue Außenwand<br />

wurde gemauert, das bisherige Dach abgerissen. Bei den oft tropischen Temperaturen<br />

jenes Sommers 1994 leisteten die 27 fleißigen Helfer unter Bauleitung von Manfred<br />

Hipp insgesamt 1.400 Arbeitsstunden; Walter Morath, Manfred Schweizer, Seppl<br />

Kuhn und Günter Friedrichs bildeten den unermüdlichen „harten Kern“. Nicht selten<br />

mussten sie sich von den Gästen der angrenzenden Gartenwirtschaft kluge Ratschläge<br />

oder besser gesagt: dumme Sprüche anhören. „Die störten uns aber nicht, denn wir dachten<br />

dann immer an die beiden Alten in der Muppets-Show“, hieß es im <strong>Jahre</strong>sheft 1994. Im<br />

Innern verlegten Jupp Wollschläger und Karl Stahl die Stromkabel, die Firma Leander<br />

Bausch verputzte, Ludwig Zenger verlegte 80 m 2 Bodenfliesen und Ursula Franzen brachte<br />

die Vorhänge an.<br />

Trotz aller Eigenarbeit der Sänger und Spendenbereitschaft der Firmen bedeutete das<br />

Projekt für den Verein dennoch eine finanzielle Kraftanstrengung. Ursprünglich hatte er<br />

mit Baukosten in Höhe von 10.000 D-Mark gerechnet. Doch es wurden bald mehr. Um<br />

das Geld zusammen zu bringen, legte der Verein sogenannte „Baustein-Zertifikate“ im<br />

Wert von zehn D-Mark pro Stück auf. Mitgliederwart Jürgen Ruf war unschlagbar in seinem<br />

Können, diese an den Mann und an die Frau zu bringen. Und <strong>MGV</strong>-Mitglied und<br />

Bezirksbeirat Harald Hipp ging bei Firmen auf seine gewohnt erfolgreiche Betteltour.<br />

Im Oktober 1994 konnte der neue Raum feierlich eingeweiht werden, bestaunt von<br />

allen Ehrengästen, die daran teilnahmen. „Wir haben auch Raumprobleme“, berichtete<br />

zum Beispiel Winfried Rahm, der Vorsitzende des befreundeten Gesangvereins Neuhermsheim,<br />

„aber ein solches Projekt hätten wir uns nie getraut und nicht geschafft.“ Am<br />

11. Oktober 1994 konnte unter Leitung von Lucia Lewczuk die erste Singstunde im neuen<br />

Probenraum stattfinden.<br />

Als die TSG knapp zehn <strong>Jahre</strong> später ihr lange gehegtes Projekt anging, im Rahmen<br />

einer Kooperation mit den Einzelhandelskonzern Lidl eine neue Vereinsanlage zu errichten,<br />

wurde klar, dass der 1994 gestaltete Probenraum nicht dauerhaft erhalten werden<br />

kann. Doch auch diese Problematik wurde von <strong>MGV</strong> und TSG einvernehmlich gelöst:<br />

Beide Vereine vereinbarten, dass der <strong>MGV</strong> für die Zeit der Bauarbeiten auf Kosten der<br />

TSG im Vereinsraum des angrenzenden Nachbarschaftshauses unterkommen und nach<br />

Fertigstellung des neuen Vereinsheims der TSG auch dort einen Probenraum erhalten<br />

solle.<br />

Als der Abriss desjenigen Teils des TSG-Heims näher rückte, in dem sich der <strong>MGV</strong>-Probenraum<br />

befand, bauten die Sänger im April 2016 ihr Mobiliar ab und verstauten es für<br />

die Zeit der Bauarbeiten, bis sie dereinst ihren neuen Probenraum beziehen können.


114<br />

Dirigenten<br />

Das Amt des Dirigenten<br />

Der Chorleiter in einem Gesangverein hat keine einfache Aufgabe. Anders als der Dirigent<br />

eines Orchesters, hat er es mit Laien zu tun – mit Menschen also, die in ihrer Freizeit,<br />

manche nach einem langen Arbeitstag, in die Singstunde gehen, weil sie Freude<br />

am Singen haben und/oder Geselligkeit erleben möchten. Sie möchten nicht auch<br />

noch in der Singstunde jenen Leistungsdruck erleben, unter dem sie tagsüber bereits<br />

genug leiden. Auf der anderen Seite steht die Öffentlichkeit in Form des Publikums, das<br />

durch die moderne musikalische Elektronik an höchste klangliche Präzision gewöhnt<br />

und entsprechend anspruchsvoll ist. Zwischen diesen beiden Polen gilt es zu agieren für<br />

einen engagierten Chorleiter, der darüber hinaus ja auch für sich selbst einen gewissen<br />

künstlerischen Anspruch erhebt.<br />

So muss der Dirigent seinen Chor fordern, ohne ihn zu überfordern. Er muss den<br />

Chor zu jenen Leistungen motivieren können, zu denen er fähig ist – zu nicht mehr, aber<br />

auch nicht zu weniger. Behutsam haben alle Dirigenten des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg das Repertoire, das lange vom klassischen Volkslied und der<br />

Folklore geprägt war, um künstlerisch hochwertige Chorliteratur sowie aktuelle und sogar<br />

englischsprachige Titel erweitert, was für einen Laienchor, erst recht dieser Altersstruktur,<br />

keineswegs einfach war.<br />

Dazu bedarf es von Seiten des Dirigenten Einfühlungsvermögen, das in der Disziplin<br />

des Chors seine Entsprechung finden muss. Die Autorität des Dirigenten darf zu keiner<br />

Zeit in Frage stehen. So sehr er jedoch auf konzentriertes Arbeiten in den Singstunden<br />

achten muss, so sehr muss der Dirigent aber auch zur Geselligkeit bereit und fähig sein.<br />

Die Sänger und Sängerinnen danken es ihm, wie es gerade die Geschichte des <strong>MGV</strong><br />

1896 Rheinau zeigt, mit Zuneigung bis hin zur Verehrung.<br />

In den <strong>120</strong> <strong>Jahre</strong>n seiner Geschichte verfügte der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau über 25 Dirigenten,<br />

was einer durchschnittlichen Amtszeit von fast fünf <strong>Jahre</strong>n entspricht. Dieser<br />

statistische Wert gibt allerdings einen verfälschenden Eindruck von den Amtszeiten der<br />

Dirigenten wieder. Manche nämlich, vor allem in den zwanziger <strong>Jahre</strong>n, amtierten lediglich<br />

ein oder zwei <strong>Jahre</strong>, andere mehrere Jahrzehnte, allen voran Lucia Lewczuk, die<br />

einzige Frau unter den Chorleitern, die mit 28 <strong>Jahre</strong>n an der Spitze steht, gefolgt von<br />

Erich Bender (1951-1972) mit über 21 <strong>Jahre</strong>n.


115<br />

Die ersten <strong>Jahre</strong><br />

Wie damals üblich, waren die Dirigenten von Gesangvereinen früher keine Musikpädagogen,<br />

sondern Lehrer, die das Amt neben ihrem Beruf ausübten. So war dies auch<br />

beim <strong>MGV</strong> 1896, dessen erster Dirigent nach der Gründung ein Lehrer namens Grattolf<br />

war, der allerdings nur ein Jahr im Amt blieb. Seine Tätigkeit endete 1897 – also just in<br />

dem Jahr, in dem der Gesangverein Liederkranz gegründet wurde. Insofern also ist anzunehmen,<br />

dass Grattolfs Ausscheiden mit diesem Ereignis zusammenhängt. Entweder<br />

gehörte Grattolf zu jenen, die dem Verein damals ebenfalls in Richtung Liederkranz den<br />

Rücken kehrten, oder aber er gab seine Tätigkeit auf, weil er angesichts der beim <strong>MGV</strong><br />

verbliebenen Sänger keine Möglichkeit mehr für eine sinnvolle künstlerische Arbeit sah.<br />

Jedenfalls wurde 1897 ein neuer Dirigent verpflichtet, und zwar der Lehrer Georg Ritter.<br />

Im <strong>Jahre</strong> 1903 folgte ihm ein weiterer Lehrer, Otto Graf, der im <strong>MGV</strong> allerdings ein im<br />

wahrsten Sinne des Wortes kurzes Gastspiel gab: Weil bei der Fahnenweihe des Gesangvereins<br />

„Rheingold“ im Nachbarstadtteil Neckarau der Vortrag des „Schifferliedes“<br />

durch die Rheinauer Sänger kräftig in die Hosen ging, trennte sich der Verein von ihm<br />

bereits nach nur vier Wochen. Sein Vorgänger Georg Ritter musste noch einmal den Dirigentenstab<br />

übernehmen und amtierte bis 1906, wurde dann übrigens das erste Ehrenmitglied<br />

des Vereins. Sein Nachfolger wurde 1907 der Dirigent Roser, der bis 1918 amtierte<br />

und mit diesen elf <strong>Jahre</strong>n am Dirigentenpult der dienstälteste Chorleiter des <strong>MGV</strong><br />

vor 1945 war.<br />

Die auf die Weltwirtschaftskrise von 1929 folgende schlechte finanzielle Situation des<br />

Vereins führte 1931 zum Beschluss des Vorstandes, das Gehalt des Dirigenten (schon damals<br />

der größte Batzen bei den Ausgaben) zu kürzen. Doch Chorleiter Friedrich Guthmann<br />

war trotz zahlreicher Gespräche nicht dazu bereit, zumindest vorübergehend für<br />

weniger als 50 Reichsmark tätig zu sein. So beschloss der Vorstand, Guthmann zu entlassen<br />

und einen Nachfolger zu suchen, der die Tätigkeit auch für 30 Mark übernehmen<br />

würde. Auf ein entsprechendes Inserat in der „Mannheimer Zeitung“ meldeten sich 15<br />

Interessenten – arbeitslose Musiker gab es damals ja genug. Aus ihnen wurde der erst<br />

22-jährige Fritz Amme ausgewählt. Doch drei <strong>Jahre</strong> später hatte sich entweder die finanzielle<br />

Situation des Vereins wieder verbessert oder Guthmann ein Einsehen gezeigt: Jedenfalls<br />

übernahm er 1934 erneut die Chorleitung und behielt sie zehn <strong>Jahre</strong> lang bis<br />

kurz vor Kriegsende.<br />

Nach Kriegsende<br />

In der ersten Generalversammlung am 10. November 1945 wurde die Singstunde auf<br />

Samstag 19 bis 21 Uhr festgesetzt und zum Chorleiter Willi Haag ernannt, der als Aktiver<br />

des Arbeitersängerbundes Rheinau 1933 zum <strong>MGV</strong> gestoßen war. Haag war bei der<br />

Mannheimer Stadtverwaltung angestellt und ab Gründung des „Gemeinnützigen Vereins<br />

Rheinau“ 1957 ein Jahrzehnt lang Vorsitzender dieser Dachorganisation der Rheinauer<br />

Vereine. Insofern konnte dies lediglich eine Übergangslösung sein, die denn auch<br />

1946 mit der Anstellung von Eduard Brucker beendet wurde. Ihm folgte 1951 Erich<br />

Bender, der den <strong>MGV</strong> 21 <strong>Jahre</strong> lang dirigieren und musikalisch prägen sollte.


116<br />

Beginn einer erfolgreichen Zusammenarbeit.<br />

<strong>MGV</strong>-Chef Helmut Schmitt präsentiert 1983 die neue Dirigentin Lucia Lewczuk.<br />

Die Dirigentin inmitten ihrer Sängerinnen und Sänger.<br />

Als „Stimmungskanone“ mit Akkordeon bei der Eröffnung der „Fröhlichen Meile“.


117<br />

Die folgenden <strong>Jahre</strong> erlebten eine rasche Fluktuation an Dirigenten. Innerhalb nur eines<br />

Jahrzehnts amtierten fünf Chorleiter, von denen der junge Musiklehrer am Moll-Gymnasium<br />

Mannheim, Jürgen Karl, mit vier <strong>Jahre</strong>n Amtszeit schon der dienstälteste war. Sein<br />

Nachfolger Gerhard Schmidt aus Ketsch war am 16. Dezember 1981 zum Dirigenten<br />

berufen worden. Doch im Chor regte sich schon bald Unmut, vor allem über seine Liedauswahl.<br />

Der Besuch bei den Singstunden ging zurück. Das Fass zum Überlaufen brachte<br />

schließlich Schmidts Forderung, die Singstunden zu verlegen. Ab Februar 1983, so<br />

hatte er dem Vorstand mitgeteilt, habe er dienstags keine Zeit mehr, sondern nur noch<br />

donnerstags.<br />

Auf der Generalversammlung am 9. Januar 1983 im Vereinslokal „Zum Rheinauhafen“<br />

brach sich der Unmut der Sänger Bahn. Harald und Roland Hipp machten offen das<br />

vom Dirigenten ausgewählte Liedgut für den sinkenden Singstunden-Besuch verantwortlich.<br />

Weiter berichtet das Protokollbuch über die Diskussion: „Günter Plöchinger<br />

meinte, dass es das Mitverschulden des momentanen Dirigenten ist, dass Missmut bei den<br />

Sängern aufkommt.“ Vorsitzender Helmut Schmitt stellte sich jedoch vor den Dirigenten<br />

und wies die Kritik an ihm als „enttäuschend“ zurück. Die vom Dirigenten gewünschte<br />

Verlegung der Singstunde auf den Donnerstag wurde in einer formellen Abstimmung<br />

denn auch bei nur drei Gegenstimmen gebilligt.<br />

Doch das Verhältnis zwischen Verein und Dirigent war zerrüttet. Im „Mannheimer<br />

Morgen“ gab Manfred Hipp im Namen des Vorstandes eine Anzeige auf, in der die Stelle<br />

des Dirigenten ausgeschrieben wurde. Daraufhin meldeten sich zehn Männer und Frauen,<br />

darunter Lucia Lewczuk.<br />

Die Ära Lucia Lewczuk<br />

1981 machte Lucia Lewczuk bei der Neckarauer Fahrschule Konnowski ihren Führerschein.<br />

Konnowskis Schwiegervater aber war Emil Schumacher, der legendäre Kreischorleiter<br />

aus Neckarau. Er entdeckte die Begabung der jungen Frau für den Chorgesang<br />

und gewann sie zunächst dafür, den Neckarauer Frauenchor 1924 als Solistin und<br />

am Klavier zu begleiten. Beim Weihnachtskonzert dieses Frauenchors im Dezember<br />

1982 fiel sie bereits Helmut Schmitt auf, dem damaligen Vorsitzenden des Männergesangvereins<br />

1896 Rheinau.<br />

Als Schmitt nun Anfang 1983 das Bewerbungsschreiben Lucia Lewczuks auf die Stellenanzeige<br />

des Vereins erhielt, da erinnerte er sich an die junge Dirigentin, die er wenige<br />

Wochen zuvor beim Weihnachtskonzert des Frauenchors 1924 Neckarau gesehen hatte.<br />

Beide Seiten wurden sich schnell einig, und mit Wirkung vom 1. Februar 1983 wurde sie<br />

als Dirigentin angestellt. Im Protokollbuch des Vereins ist unter diesem Datum vermerkt:<br />

„Nachdem wir am vergangenen Dienstag unseren alten Dirigenten, Herrn Gerhard Schmidt,<br />

verabschiedet hatten, stellte sich nun heute Frau Lucia Lewczuk als neue Dirigentin vor. Dies<br />

ist einmalig in der Geschichte des <strong>MGV</strong> 1896, denn bisher gab es immer nur männliche<br />

Chorleiter.“ Doch es war mehr: Es war einmalig in der gesamten Region!


118<br />

Lob von höchster Stelle.<br />

Laudatio von Oberbürgermeister Gerhard Widder für Lucia Lewczuk anlässlich ihres 20-jährigen Jubiläums beim <strong>MGV</strong>.


119<br />

Den ersten gemeinsamen Auftritt mit ihrem neuen Chor hatte Lucia Lewczuk am<br />

25. Februar 1983: beim Ständchen-Singen zum 50. Geburtstag von Schriftführer Heinz<br />

Hanel, der ihren Namen in den folgenden <strong>Jahre</strong>n noch viele, viele Male in den Protokollen<br />

von Sitzungen und Auftritten schreiben sollte. Der erste öffentliche Auftritt des Chors<br />

fand bei der Feier zum 90-jährigen Bestehen des Turnvereins Rheinau am 12. März 1983<br />

in der Aula des Konrad-Duden- Schulzentrums statt.<br />

Mit viel Geschick, Strenge und Charme gelang es Lucia Lewczuk, die nicht gerade<br />

einfache Gruppe der gestandenen Sänger, nach dessen Gründung 1985 auch den Frauenchor,<br />

zu dirigieren. Das Repertoire ihres Chores veränderte sie gemäß ihrer eigenen Prägung<br />

behutsam, aber deutlich. Zu den früher vorherrschenden Volks- und Weinliedern<br />

traten fortan Kunstlieder und auch moderne Klänge wie Spirituals.<br />

Der Ruf vom guten Klima bei den Rheinauern sprach sich in der Region schnell herum.<br />

Wie durch einen Schneeballeffekt kamen immer mehr Anfragen und damit, da sie die<br />

Rheinauer nicht aufgeben wollte, immer mehr zu betreuende Chöre hinzu: unter anderem<br />

der gemischte Chor Ludwigshafen-Ruchheim, der Gesangverein Neuhermsheim<br />

sowie der Altenchor der Stadt Ludwigshafen – alle zusammen bald als „Lucia-Chöre“ in<br />

der gesamten Rhein-Neckar-Region ein Begriff. Der gemeinsame Auftritt mit über 200<br />

Akteuren im Ludwigshafener Pfalzbau im Dezember 1993, quasi eine kleine Regionalausgabe<br />

der Fischer-Chöre, wurde erster Höhepunkt der Zusammenarbeit. Hinzu kamen<br />

große Konzerte auf der Seebühne des Luisenparks, die stets ein großes und begeistertes<br />

Publikum und zudem ein außerordentlich positives Echo in der Presse fanden. Ihre<br />

Dienstzeit bleibt verbunden mit vielen Auftritten, Konzerten und Auslandsreisen.<br />

Bald wurden die Sänger und ihre Dirigentin zu einer unzertrennlichen Gemeinschaft.<br />

Von der starken emotionalen Bindung zeugen viele kleine und große Gegebenheiten.<br />

Als Lucia Lewczuk am 19. September 1996 im Restaurant des Fernmeldeturms im Luisenpark<br />

ihren 50. Geburtstag feierte, da überraschten sie ihre Sängerinnen und Sänger<br />

mit einem Ständchen. Dafür hatten beide Chöre zwei Wochen zuvor unter Leitung von<br />

Kreischorleiter Peter Imhof heimlich geübt. Nun sangen sie den Kanon „Viel Glück und<br />

viel Segen auf all Deinen Wegen“, Vorsitzender Dieter Schmidt hielt eine Laudatio: „Wir<br />

sind alle sehr stolz auf Sie!“<br />

Im Rahmen des vereinseigenen Frühlingsfestes 2003 wurde ihr 20. Jubiläums gefeiert.<br />

Auch hier gab es eine Überraschung. Bei einem Lied wichen die Sänger plötzlich vom<br />

Text ab. Nach einer Schrecksekunde, in der sich ihr Gesicht verdüsterte, wie es manchmal<br />

geschah, wenn sie einmal „not amused“ war, löste sich diese Spannung in einem<br />

Schmunzeln und schließlich sogar in einem ausgelassenen Lachen auf. Denn die Sänger<br />

hatten in der Ode „Um uns die schönsten Blumen“ den gesungenen Namen der Angebeteten<br />

in „Schönste Lucia“ ausgewechselt .<br />

Landtagsabgeordneter Rolf Seltenreich, der Mitglied des Vereins ist und daher die<br />

Festrede hielt, lobte den Mut der damals Verantwortlichen, bereits vor 20 <strong>Jahre</strong>n einer<br />

Frau den Dirigentenstab für den Chor anzuvertrauen, der damals ja noch ein reiner<br />

Männerchor war: Vorsitzender Manfred Hipp überreichte eine Urkunde, in der es hieß:<br />

„Sie hat unseren Gesangverein mit ihrer Liebe zur Chormusik, ihrem Können, ihrer Leidenschaft<br />

und Disziplin zu neuen Höhen geführt. Ihre eigene Gabe, die Freude an der Musik, hat sie<br />

großzügig mit uns geteilt und bei unzähligen Konzerten auch unserem Publikum vermittelt.


<strong>120</strong><br />

Zeichen der Zuneigung von Seiten des Vereins.<br />

Zu ihrem 20. Jubiläum widmet der <strong>MGV</strong> Lucia Lewczuk eigens ein Buch und überreicht ihr eine Urkunde.<br />

<strong>MGV</strong>-Chöre mit Dirigent Franz Josef Siegel (M.).


121<br />

Als fröhlicher Mensch hat sie die Gemeinschaft integriert, den musikalischen wie privaten Zusammenhalt<br />

gefördert.“ Unter Hinweis auf Tolstois Wort, die Musik sei die „Kurzschrift<br />

des Gefühls", fügte Hipp hinzu: „Wir möchten unserer Dirigentin an dieser Stelle von<br />

ganzem Herzen dafür danken, dass sie unser Leben seit 20 <strong>Jahre</strong>n mit ihrer ganz eigenen<br />

Stenographie bereichert."<br />

Beim Herbstkonzert am Tag der Deutschen Einheit 2003 kam es noch besser: Der Verein<br />

überreichte Lucia Lewczuk ein <strong>120</strong> Seiten starkes Buch über ihr Leben und ihr Wirken<br />

im <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau, verfasst von „MM“-Redakteur Konstantin Groß. Ein eigenes<br />

Buch von einem Gesangverein für seinen Dirigenten – so etwas hatte es bis dahin und<br />

seither in einem Gesangverein der Region und darüber hinaus nicht gegeben. Dies war<br />

ein einzigartiger Beweis der Zuneigung des Vereins für seine Dirigentin.<br />

Lucia Lewczuk zeigte sich denn auch zutiefst beeindruckt: „Als ich vor 20 <strong>Jahre</strong>n begann,<br />

hätte wohl niemand von uns gedacht, dass ich so lange bleiben würde.“ Sie dankte<br />

für die „harmonische Zusammenarbeit“, die beiden Seiten viele fröhliche Stunden gebracht<br />

habe. Auch wenn sie nach ihrer Verpflichtung beim <strong>MGV</strong> 1896 sechs weitere<br />

Chöre übernommen habe, so blieben die Rheinauer doch etwas Besonderes: „Es ist wie<br />

beim Menschen: Die erste Liebe rostet nie.“<br />

Das Ende der Ära Lewczuk<br />

Doch auch die intensivste Zeit geht einmal zu Ende. Im <strong>Jahre</strong> 2010 strebte die mittlerweile<br />

64-jährige Dirigentin an, beruflich kürzertreten und zu diesem Zweck die Proben<br />

ihrer verschiedenen Chöre auf wenige Tage der Woche zusammenfassen; den von ihr<br />

für den <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau vorgesehenen Mittwoch, 17.30 Uhr, lehnte dieser jedoch<br />

ab. So beendete Lucia Lewczuk nach 28 <strong>Jahre</strong>n ihr Engagement beim <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau,<br />

stellte für ihn jedoch noch den Kontakt zu einem potenziellen Nachfolger her: den<br />

Kantor der Evangelischen Versöhnungsgemeinde Rheinau, Ottmar Öhring. Am 2. Februar<br />

2011 übernahm dieser den Chor.<br />

Doch Öhring setzte den Schwerpunkt zunehmend auf ein geistiges Repertoire mit<br />

Kanons und war auch im persönlichen Umgang eher zurückhaltend. Nach kurzer Zeit<br />

wurde klar, dass man nicht zueinander passte. Der Verein trennte sich von ihm und verpflichtete<br />

stattdessen einen Mann, den er durch Siegel kennengelernt hatte: Franz Josef<br />

Siegel. Der regional bekannte Chorleiter und Autor zahlreicher Kompositionen passte altersmäßig<br />

zwar eher zu den Aktiven und erwies sich auch als weit bodenständiger, in<br />

seinem Umgang mit den Aktiven des Vereins, aber auch Vertretern des Stadtteils zuweilen<br />

aber wiederum als wenig sensibel. Auch von ihm trennte sich der <strong>MGV</strong> 1896 schließlich,<br />

am 26. Mai 2015 fand seine letzte Singstunde mit Siegel statt.<br />

Der Kreisvorsitzende der Chorverbandes, Jürgen Zink, stellte den Kontakt zu Eddy<br />

Werner Triebskorn her, mit dem der Verein schnell einig wurde. Am 16. Juni 2015 fand die<br />

erste Singstunden mit ihm statt. Wie Siegel passte er vom Alter her zu den Aktiven, hatte<br />

aber eine ruhigere Art, die ihnen eher entgegenkam. Mit Triebskorn packte der <strong>MGV</strong> 1896<br />

sein Jubiläumsjahr an, besonders das Festkonzert am 7. Mai 2016 im Nachbarschaftshaus.


122<br />

Die Vorsitzenden des Vereins<br />

Das Amt eines Vorsitzenden<br />

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die gedeihliche Entwicklung eines Vereins ist<br />

eine gute Führung, sprich: der oder die „richtige“ Vorsitzende. Ein guter Vorsitzender<br />

alleine mit schlechten Mitarbeitern um ihn herum ist sicher nichts wert; aber ebenso<br />

nützt das beste Team nichts, wenn die Spitze nicht funktioniert. Am Ende ist es nämlich<br />

nur einer, ist es nur er, der Vorsitzende, der die Verantwortung für das Geschehen und<br />

das Nicht-Geschehen im Verein trägt – natürlich gegenüber den Mitgliedern, aber auch<br />

vor der Öffentlichkeit und nicht zuletzt auch juristisch. Eine gesonderte Betrachtung der<br />

Vorsitzenden in dieser Chronik ist daher nicht nur erlaubt, sondern auch geboten, ohne<br />

natürlich die Leistungen der übrigen Vorstandsmitglieder dadurch geringschätzen zu<br />

wollen.<br />

Beim Blick auf die Liste der bisherigen Vorsitzenden des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau fällt eine<br />

große Fluktuation an der Spitze des Vereins auf, vor allem in den ersten 50 <strong>Jahre</strong>n seines<br />

Bestehens. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges amtierten 22 Vorsitzende, was einer<br />

durchschnittlichen Amtszeit von lediglich etwas über zwei <strong>Jahre</strong>n entspricht. Dies änderte<br />

sich erst nach der Wiedergründung des Vereins 1945: In den 70 <strong>Jahre</strong>n seither amtierten<br />

lediglich neun Vorsitzende, was einer durchschnittlichen Amtszeit von fast acht<br />

<strong>Jahre</strong>n entspricht.<br />

Von diesen 70 <strong>Jahre</strong>n seit Kriegsende amtierte jedoch alleine 25 <strong>Jahre</strong> lang Helmut<br />

Schmitt, der damit unerreichbarer Spitzenreiter unter den Vorsitzenden ist. Ihm folgen<br />

auf Platz 2 Paul Maron mit insgesamt elf <strong>Jahre</strong>n, auf Platz 3 Manfred Hipp mit zehn <strong>Jahre</strong>n<br />

und auf Platz 4 der heutige Vorsitzende Jürgen Ruf, der mit Ablauf seiner Amtszeit im<br />

Januar 2017 neun <strong>Jahre</strong> lang im Amt gewesen sein wird.<br />

Die frühen Vorsitzenden<br />

Nach Entstehung des Vereins 1896 wurde zunächst der Initiator der Gründung, Philipp<br />

Rothacker, naturgemäß im wahrsten Sinne des Wortes erster Vorsitzender. Nach nur<br />

einem Jahr gab er den Vorsitz jedoch wieder ab, blieb jedoch weiterhin die prägende<br />

Gestalt. Denn nach mehreren schnellen Vorstandwechseln übernahm er 1901 erneut<br />

die Führung, bis er am 17. Januar 1905 mit dem gesamten Vorstand aus heute nicht<br />

überlieferten Gründen sein Amt abgab.<br />

Prägende Gestalten der darauffolgenden drei Jahrzehnte wurden August Geißler und<br />

Franz Klube, die sich mehrmals an der Vereinsspitze ablösten. Vor dem Ersten Weltkrieg<br />

hatte Geißler die erste seiner insgesamt drei Amtsperioden inne. Nach seinem allgemein<br />

bedauerten Rücktritt 1912 kandidierten gleich fünf Mitglieder für das Amt des Vorsitzenden<br />

– so viele wie bis dahin und danach nie mehr. Es waren dies die Sänger Klube,


123<br />

Rothacker, Benkert, Sinn und Stark. Von den 37 abgegebenen Stimmen erhielt Klube 33,<br />

die übrigen Kandidaten jedoch jeweils nur je eine – ihre eigene. Klube, von Beruf Kesselschmied<br />

bei Eichtersheimer und Kirchenältester der Evangelischen Kirchengemeinde,<br />

wurde Vorsitzender und amtierte bis zum Kriegsausbruch 1914. Dann übergab den Vorsitz<br />

an Geißler, von dem er ihn 1922 wieder übernahm, bevor schließlich Geißler 1927<br />

ein letztes Mal für ein Jahr Vorsitzender wurde.<br />

Vorsitzende während der NS-Zeit<br />

Anfang der dreißiger <strong>Jahre</strong> wurde der Verein von dem Sänger Heck geleitet. Da dieser jedoch<br />

kein Nationalsozialist war, wurde er nach der Machtergreifung auf Betreiben der<br />

Partei in einer sogenannten „Gleichschaltungsversammlung“ vom 30. August 1933<br />

durch das NSDAP-Mitglied Philipp Held abgelöst. Doch Held, von Beruf Schuldiener, blieb<br />

nicht lange. Noch im gleichen Jahr trat sein Bruder Vincenz an die Spitze des Vereins.<br />

Als 1939 der Krieg ausbrach, hatte Hans Knoblauch den Vorsitz inne. Der Sänger, der<br />

im Stadtteil für sein Klavierspiel bekannt war, musste jedoch 1941 in den Krieg ziehen, in<br />

dem er fiel. Nominell hatte der Verein auch danach noch Vorsitzende: ab 1941 Georg<br />

Mächerlein, ab 1942 Paul Maron. Doch es war die Leistung von Willi Barth, nach einem<br />

Unfall schwerbeschädigt und deshalb nicht in den Krieg eingezogen, den Verein durch<br />

den Krieg zu bringen. Gemäß einem Vorstandsbeschluss von 1940 organisierte er die<br />

Singstunden, bis diese auf Grund der Luftangriffe im August 1944 endgültig eingestellt<br />

wurden.<br />

Auch die Wiederzulassung des Vereins nach dem Kriege durch die amerikanische Militärregierung<br />

war das Werk von Barth, der als gebürtiger Elsässer neben der deutschen<br />

auch die Staatsbürgerschaft der Französischen Republik, mithin also einer der vier Alliierten,<br />

besaß. Beim ersten Treffen nach der Zulassung in der Wohnung von Paul Maron in<br />

der Frühlingstraße bildeten die Anwesenden eine kommissarische Vereinsführung: Vorsitzender<br />

wurde Maron und sein Stellvertreter Mächerlein, die bereits während des Krieges<br />

amtierten.<br />

Erster regulärer Vorsitzender der Nachkriegszeit wurde 1946 Josef Häussler. In der Generalversammlung<br />

1947 trat der Sänger Heinrich Weber gegen ihn an, unterlag jedoch<br />

mit 18 zu 47 Stimmen. Ein Jahr später folgte ihm Paul Maron, der acht <strong>Jahre</strong> im Amt bleibt.<br />

Die Ära Schmitt<br />

Im Januar 1964 schied der Vorsitzende Franz Graf nach nur drei <strong>Jahre</strong>n Amtszeit aus.<br />

Sein Nachfolger wurde der damals 38-jährige Ingenieur Helmut Schmitt. Mit 19 <strong>Jahre</strong>n<br />

war er kurz nach Rückkehr aus der Gefangenschaft in den Verein eingetreten. Bereits im<br />

Januar 1947 wurde er Schriftführer und absolvierte 1953 einen Vize-Dirigenten-Lehrgang.<br />

Dass seine Wahl am 5. Januar 1964 ein für die Vereinsgeschichte historisches Datum<br />

werden würde, das war damals natürlich noch nicht absehbar.


124<br />

Ein versierter Repräsentant des Vereins.<br />

Vorsitzender Helmut Schmitt (l.) 1986 nach Überreichung der Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg durch Oberbürgermeister<br />

Gerhard Widder.<br />

Ein Mann, der anpackt.<br />

Vorsitzender Dieter Schmidt mit seinem Vize Manfred Hipp (vor ihm), Pressesprecher Konstantin Groß (rechts neben<br />

ihm) und Dirigentin Lucia Lewczuk (links).


125<br />

Doch Schmitt sollte den Verein 28 <strong>Jahre</strong> lang führen und ihm maßgeblich seine gesellschaftliche<br />

Bedeutung im Stadtteil verschaffen. Schmitt war ein versierter Repräsentant<br />

des Vereins, dessen Tätigkeit bei der Rudergesellschaft Rheinau und dem Mannheimer<br />

Regattaverein ihm und damit dem Verein darüberhinaus wertvolle Kontakte sicherte.<br />

Die praktische Arbeit jedoch lag bereits in jenen <strong>Jahre</strong>n bei anderen, vor allem bei<br />

Schmitts Stellvertreter Dieter Schmidt und dem Schatzmeister Manfred Hipp.<br />

Anfang der neunziger <strong>Jahre</strong> ließ Helmut Schmitt durchblicken, dass er sein Amt gerne<br />

abgeben würde: „Die zehn <strong>Jahre</strong>, die der Herrgott mir noch schenken mag, möchte ich ohne<br />

Terminkalender leben“, sagt er damals. Als passender Zeitpunkt erschien ihm die Generalversammlung<br />

im <strong>Jahre</strong> 1990, als er das 25. Jahr seiner Amtszeit vollendet hatte. Doch in<br />

jener Sitzung fand sich kein Nachfolger. In einer Pause, für die die Versammlung unterbrochen<br />

wird, konnte Rolf Fischer den Vorsitzenden noch einmal zum Bleiben überreden.<br />

Mit 61 Ja- gegen fünf Nein-Stimmen wurde Schmitt erneut bestätigt. Dieser machte<br />

jedoch unmissverständlich klar: „Es ist endgültig das letzte Mal“.<br />

Die Nach-Schmitt-Ära<br />

Zwei <strong>Jahre</strong> später war es soweit: Im Gegensatz zu 1990 hatten diesmal eingehende Vorgespräche<br />

stattgefunden. Als Ergebnis dessen erklärte sich Dieter Schmidt bereit, im<br />

Rahmen eines Tandems mit Manfred Hipp als seinem Stellvertreter den Vorsitz zu übernehmen.<br />

Bei der Generalversammlung im Januar 1992 wurde der damals 52-Jährige mit<br />

71 von 73 Stimmen zum neuen Vorsitzenden und Hipp zu seinem Stellvertreter gewählt.<br />

Das neue Führungsduo – beide übrigens am gleichen Tag geboren – verfügte über<br />

reichhaltige Erfahrung. Schmidt trat 1956 dem Verein bei und war bereits 1992 die Hälfte<br />

seines Lebens Vorstandsmitglied. Als Kulturwart war er für die Organisation aller Vereinsveranstaltungen<br />

vom Bürgerball bis zum Marktplatzfest, von Ausflügen und Konzertreisen<br />

verantwortlich – ein Mann, der selten im Rampenlicht stand, aber zentralen Aufgaben<br />

erledigte.<br />

Die Amtszeit Schmidts war von zentralen Weichenstellungen für den Verein gekennzeichnet:<br />

dem Einstieg in das umfassende karitative Engagement des Vereins mit dem<br />

großen Benefizkonzert von 1992, dem Bau des neuen Probenraums und der Renovierung<br />

des Kriegerdenkmals 1995 sowie den Feierlichkeiten zum 100. Vereinsjubiläum 1996.<br />

Zwei <strong>Jahre</strong> nach diesem Jubiläum gab Dieter Schmitt den Vorsitz ab. Im Januar 1998<br />

wurde sein bisheriger Stellvertreter Manfred Hipp zu seinem Nachfolger gewählt. Der<br />

1939 geborene Hipp trat 1955 dem Verein bei und wurde bereits 1964 als „2. Kassier“<br />

erstmals Mitglied des Vorstandes. 1972 bis 1988 verantwortete er als Schatzmeister die<br />

Finanzen des Vereins. Höhepunkt seiner Amtszeit als Vorsitzender wurde das von ihm<br />

initiierte große Konzert aller sieben Rheinauer Chöre im <strong>Jahre</strong> 2001. Doch fast entscheidender<br />

für den Verein war die Unterstützung, die er mit seiner Hallenbau-Firma für seinen<br />

Verein leistete.


126<br />

Ein schwerer Schlag war es daher für den Verein, als Hipp im <strong>Jahre</strong> 2007 einen Schlaganfall<br />

erlitt und auch nach seiner weitgehenden Genesung nicht mehr in der Lage war,<br />

den Vorsitz weiter auszuführen. Nach langer Bedenkzeit erklärte sich der bisherige Mitgliederwart<br />

Jürgen Ruf bereit, das Amt zu übernehmen: „Ich habe es mit meinen 65 <strong>Jahre</strong>n<br />

eigentlich nicht mehr nötig, Vorsitzender zu machen“, betonte Ruf, seit 1958 Mitglied<br />

des Vereins und seit 1978 Mitglied des Vorstandes: „Aber meine Liebe zum <strong>MGV</strong> ist der<br />

Grund, warum ich den Verein nicht hängen lasse.“ Am 19. Januar 2008 wurde er mit 40<br />

von 48 Stimmen zum neuen Vorsitzenden des Vereins gewählt, der damals 126 Mitglieder<br />

und 39 Aktive (16 Sänger und 23 Sängerinnen) zählte. Auf seinen Antrag hin wurde<br />

sein Vorgänger einstimmig zum Ehrenvorsitzenden gewählt.<br />

In Rufs Amtszeit wurden die bisherigen Aktivitäten fortgeführt, aber auch neue entwickelt,<br />

so etwa das von ihm bereits kurz nach seiner Amtsübernahme initiierte Kurpfälzer<br />

Kerwe-Schlachtfest. Herausragende Veranstaltung seiner Amtszeit war das Jubiläumskonzert<br />

zum 25-jährigen Bestehen des Frauenchors im <strong>Jahre</strong> 2010. Eine ständige Herausforderung,<br />

der er sich in seiner Amtszeit gegenübersah, war der Wechsel in der Chorleitung;<br />

drei derartiger Wechsel innerhalb von nur sechs <strong>Jahre</strong>n hatte er zu bewältigen.<br />

Nur auf Grund dieses Jubiläumsjahres erklärte sich der 73-Jährige 2015 noch einmal<br />

bereit, den Vorsitz weiter zu bekleiden, und wurde denn auch auf der Generalversammlung<br />

im Januar 2016 einstimmig noch einmal in seinem Amt bestätigt – allerdings gemäß<br />

seiner Bedingung lediglich für ein Jahr bis zum Januar 2017. Wie es danach an der<br />

Vereinsspitze weitergeht, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig offen.<br />

Vorsitzende des <strong>MGV</strong> 1896<br />

1896-1897 Philipp Rothacker<br />

1987-1898 Johann Geiß<br />

1898-1901 Josef Kühner<br />

1901-1904 Philipp Rothacker<br />

1905-1907 Christian Löber<br />

1907-1911 August Geißler<br />

1911-1914 Franz Klube<br />

1914-1915 August Geißler<br />

1915-1920 Johann Sinn<br />

1920-1922 August Geißler<br />

1922-1925 Franz Klube<br />

1925-1926 Karl Schmitt<br />

1927-1928 August Geißler<br />

1928-1931 H. Heiß<br />

1931-1933 H. Heck<br />

1933-1933 Philipp Held<br />

1933-1935 Vinzenz Held<br />

1935-1936 H. Schiessl<br />

1936-1938 Heinrich Weber<br />

1938-1941 Hans Knoblauch<br />

1941-1942 Georg Mächerlein<br />

1942-1945 Paul Maron<br />

1946-1947 Josef Häusler<br />

1947-1955 Paul Maron<br />

1956-1958 Willi Geeven<br />

1958-1960 Gunter Buchholz<br />

1960-1964 Franz Graf<br />

1964-1992 Helmut Schmitt<br />

1992-1998 Dieter Schmitt<br />

1998-2008 Manfred Hipp<br />

2008-2017 Jürgen Ruf


127<br />

Helmut Schmitt<br />

1964-1992<br />

Dieter Schmidt<br />

1992-1998<br />

Manfred Hipp<br />

1998-2008<br />

Jürgen Ruf<br />

2008-2017


128<br />

Die historische Vereinsfahne des <strong>MGV</strong> 1896 Mannheim-Rheinau e. V.


129<br />

Fahne<br />

In kaum einem Bereich des Vereinslebens lässt sich sein grundlegender Wandel so prägnant<br />

ablesen wie bei der Vereinsfahne und ihrer Bedeutung für die einzelnen Mitglieder.<br />

Einstmals geradezu heiliges Symbol der Vereinsgemeinschaft, ist sie nach <strong>120</strong> <strong>Jahre</strong>n lediglich<br />

zum werbewirksamen Gestaltungselement des Vereinslogos mutiert.<br />

Entstehung des Fahnenbrauches<br />

Die Tradition der Fahne stammt ursprünglich aus dem militärischen Bereich; Fahnen<br />

waren notwendig, um in den Wirren eines Gefechtes die eigenen von den feindlichen<br />

Truppen zu unterscheiden und versehentlichen Beschuss der eigenen Kräfte, neudeutsch<br />

als „Friendly Fire“ bezeichnet, zu vermeiden.<br />

Aus den auf dem gesamten Kontinent bekannten Standarten der römischen Legionen<br />

entwickelten die entstehenden mitteleuropäischen Fürstentümer des frühen Mittelalters<br />

quadratische Stoff-Fahnen als Erkennungszeichen der eigenen Gemeinschaft, denen im<br />

Laufe der Zeit eine immer größere emotionale Bedeutung zukam. Besonders im Zeitalter<br />

der Romantik und des Deutschen Kaiserreiches erfuhr die Fahne eine fast heilige Verehrung.<br />

Das in jener Zeit entstehende Vereinswesen vor allem der Turner und der Sänger übernahm<br />

den Brauch der Fahne mit all seiner emotionalen Bedeutung. Auch der <strong>MGV</strong> 1896<br />

Rheinau legte sich natürlich eine eigene Fahne zu, allerdings erst acht <strong>Jahre</strong> nach seiner<br />

Gründung.<br />

Die Fahnenweihe<br />

Die Weihe der Fahne nahm der Verein am 14. und 15. Mai 1904 vor. Wilhelm Engelhardt,<br />

Chef der Firma Geber & Mader und wohnhaft im Haus neben der Villa des Dr. Spinner,<br />

fungierte als Fahnenjunker, was man getrost als Frühform des Sponsoring werten kann.<br />

Mina Rothacker, die Tochter des Vereinsgründers, amtierte als Fahnenbraut – offenbar<br />

demonstrativer Dank und Anerkennung für den „Vereinsvater“. Auguste Scherer aus dem<br />

„Stall“ des Saalbaus Scherer und Anna Strauß aus einer Spengler-Familie, zwei Töchter<br />

alter Rheinauer Familien also, bildeten die Prinzessinnen.<br />

Bereits über ein Jahr vor dem Ereignis hatte der Verein einen Festausschuss gebildet,<br />

dem Philipp Rothacker als Gallionsfigur vorstand und August Geißler als Schriftführer die<br />

anfallenden Arbeiten erledigte. Einmal im Monat, so geht aus den komplett erhaltenen<br />

Unterlagen hervor, trafen sich die Organisatoren abwechselnd in einer der Rheinauer<br />

Gastwirtschaften, sei es im „Pfälzer Hof" von August Maier, dem „Freischütz“ von Johann<br />

Seitz, dem (damals:) „Neuen Relaishaus“ von Philipp Roßrucker oder dem „Ratsstübl“<br />

von Karl Fritzinger.


130<br />

Eine Tradition, die längst verschwunden ist.<br />

Bis in die sechziger <strong>Jahre</strong> hinein wurde bei allen öffentlichen Auftritten des <strong>MGV</strong> 1896 in Rheinau und auswärts, wie hier<br />

beim Sängerfest in Hirsschhorn 1959, die Fahne mitgeführt.


131<br />

Die Feierlichkeiten müssen ein eindrucksvolles und anstrengendes Ereignis gewesen<br />

sein. Sie begannen am Samstag, dem 14. Mai abends um halb acht mit einem Fackelzug.<br />

Hierauf folgte das Festbankett im Vereinslokal „Zum Goldenen Hirsch“. Der folgende<br />

Sonntag begann bereits wieder um 10 Uhr mit einem Empfang für die auswärtigen<br />

Gäste, die sich ab halb eins beim Mittagessen, ebenfalls im "Hirsch“, stärkten für das was<br />

folgen sollte. Denn um drei Uhr nachmittags begann der Festzug zum Festplatz. Ein Vorreiter<br />

hoch zu Pferde führte den Zug an, gefolgt von Aktiven des Radfahrervereins Eintracht<br />

und den Tambouren. Den Musikanten folgten die Fahnentruppe, der Fest-Ausschuss<br />

und die teilnehmenden Gesangsvereine, als letzter der <strong>MGV</strong> selbst.<br />

Auf dem Festplatz übergaben schließlich die Fahnenjungfrauen dem Verein die Fahne.<br />

Das überlieferte Programm gibt uns nicht nur Aufschluss über die anwesenden Vereine,<br />

sondern auch über ihr Repertoire. Der Bruderverein Liederkranz etwa sang „Ich kehre<br />

wieder“ von Mengert, das Männer-Quartett Waldsee „An die Freundschaft“ von Neidhardt<br />

und der Sängerbund Hockenheim „Der Mai ist da“ von Bernhard Dietrich; keines<br />

dieser Lieder wird heute noch gesungen. Nicht mehr existent ist auch mancher der damals<br />

teilnehmenden Vereine, so etwa ein „Norddeutscher Verein Rheinau“.<br />

Anfang der dreißiger <strong>Jahre</strong> wurde die Fahnen aufwendig restauriert, und zwar von<br />

der Ehefrau des Vereinsvorsitzenden Heck – ein Vorgang, der nach 1933 Gegenstand<br />

heftiger persönlicher Auseinandersetzungen im Verein wurde. Die nationalsozialistischen<br />

Gegner Hecks kreideten dem Vorsitzenden an, seine Frau habe für ihre Arbeit unverhältnismäßige<br />

Kosten berechnet; Auslagen für Porto und Telefon seien zu hoch ausgefallen<br />

und darüber hinaus durch keinerlei Quittungen belegt gewesen. In einer Sitzung der<br />

„Vereinsführerschaft“ wurde Heck, damals schon nicht mehr im Amt, mit diesen Anschuldigungen<br />

konfrontiert und ihm gedroht, sie weiter zu verfolgen, wenn er seinen<br />

Widerstand gegen die neue NS-nahe Vereinsführung nicht aufgebe.<br />

Nach Ende des Dritten Reiches waren emotionale Symbole wie Hymne und Fahne in<br />

Deutschland im öffentlichen Bereich zunächst diskreditiert. Die emotionale Kraft, die sie<br />

bei den Menschen entfaltet hatten, war von den Nationalsozialisten genutzt worden,<br />

um sie für ihre verbrecherischen Zeile zu missbrauchen. Die Vereine allerdings konnten<br />

ihre Fahnen, sofern sie kein Hakenkreuz beinhalteten, wieder problemlos benutzen.<br />

Auch der <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau zeigte seine alte Fahne vor. Auch die aus dem 19. Jahrhundert<br />

stammenden Bräuche im Zusammenhang mit der Fahne wurden wieder nahtlos<br />

fortgeführt.<br />

Zur Popularisierung des 60. Vereinsjubiläums im <strong>Jahre</strong> 1956 hatte der Verein in der<br />

Textilhandlung Baral in der Neuhofer Straße (späterer Penny-Markt) ein Schaufenster<br />

dekoriert, in dem die Vereinsfahne gemeinsam mit Pokalen und Notenheften ausgestellt<br />

wurde – ein Brauch, der wie so viele andere in den zurückliegenden Jahrzehnten verlorenging<br />

oder sich nicht mehr realisieren ließ.<br />

Bei den Feierlichkeiten zum 90-, 100- und <strong>120</strong>-jährigen Jubiläum in den <strong>Jahre</strong>n 1986,<br />

1996 und 2016 spielten Rituale im Zusammenhang mit der Fahne denn auch keinerlei<br />

Rolle mehr. Weder ein Fahnenspruch noch das Anfügen einer Fahnenschleife aus Anlass<br />

des Jubiläums geschweige denn die Einsetzung eines Fahnenjunkers oder einer Fahnendame<br />

waren bei diesen Feierlichkeiten mehr vorgesehen. Die Vereinsfahne diente bei<br />

derartigen Veranstaltungen lediglich noch als Requisite und Kulisse auf der Bühne.


132<br />

Ein Brauch, den es nicht mehr gibt.<br />

Bei früheren Vereinsjubiläen wurden die Insignien und Trophäen des Vereins in einem Ladengeschäft auf der Rheinau<br />

ausgestellt, hier beim „60-Jährigen“ 1956 im Textilgeschäft Baral.<br />

60. Geburtstag des Vereins 1956.<br />

Der Chor bei seinem Auftritt während des Festaktes im „Badischen Hof“.


133<br />

Jubiläen<br />

Das Feiern von Jubiläen hat für Vereine eine wichtige Bedeutung. Der Rückblick auf ihre<br />

Entstehung ermöglicht es ihnen, eine Zwischenbilanz des bislang Geschaffenen zu ziehen<br />

sowie diejenigen zu würdigen, denen diese Erfolge zu verdanken sind; es kann aber<br />

auch Anlass sein, eine kritische Bestandsaufnahme der aktuellen Situation des Vereins<br />

vorzunehmen oder im Idealfalle sogar Ziele für das künftige Wirken zu formulieren. Dabei<br />

hängt die Art und Weise, wie die Jubiläen gefeiert werden, stets von den Zeitumständen<br />

ab.<br />

Die ersten Jubiläen<br />

Für den <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau fielen die ersten runden <strong>Jahre</strong>stage in diesem Sinne jeweils<br />

ungünstig. Das 25. Jubiläum lag im <strong>Jahre</strong> 1921; drei <strong>Jahre</strong> nach Ende des Krieges und der<br />

Revolution von 1918 herrschte im Lande auf Grund der Inflation immer noch wirtschaftliche<br />

Not. Dieses Jubiläum konnte daher nicht groß gefeiert werden.<br />

Anders sah es beim 40. Stiftungsfest im <strong>Jahre</strong> 1936 aus. Zwar lag dieses Jubiläum inmitten<br />

des sogenannten Dritten Reiches, stand jedoch im Zeichen der beeindruckenden<br />

Olympischen Spiele von Berlin und damit der wiedergewonnen Anerkennung Deutschlands<br />

durch die Völkergemeinschaft. Hitler befand sich daher auch in den Augen manch<br />

bisheriger Skeptiker auf der Höhe seines Ansehens, sodass es kein Wunder war, dass<br />

beim Festbankett des <strong>MGV</strong> im „Badischen Hof“ in der Relaisstraße (neben dem heutigen<br />

Gasthaus „Schindeldach“) inmitten der Bühne neben den Gründungsmitgliedern und<br />

den Honoratioren des Vereins sowie der Festdame ein Bild des sogenannten Führers<br />

prangte.<br />

Dass dies eine bestenfalls scheinbar gute Zeit war, da zeigte bereits das 50. Jubiläum<br />

im <strong>Jahre</strong> 1946. Nur ein Jahr nach Ende des furchtbaren Krieges konnte die Feier wieder<br />

nur bescheiden ausfallen. Sie begann mit einer Jubilarehrung erneut im „Badischen<br />

Hof“, die von befreundeten Chören der Region umrahmt wurde. Am zweiten Tag lud<br />

der Verein zu einem Festkonzert, bei dem auch der Tenor Franz Fehringer (1910-1988)<br />

vom Nationaltheater Mannheim auftrat. Das einzige damals noch lebende Gründungsmitglied,<br />

Philipp Rothacker, konnte schon nicht mehr anwesend sein: Die Ehrenurkunde<br />

über 50jährige treue Mitgliedschaft musste ihm der Vereinsvorsitzende Paul Maron<br />

nach Abschluss des Jubiläumswochenendes ins Altenheim nach Weinheim überbringen<br />

Die bis dahin größte Jubiläumsveranstaltung konnte der <strong>MGV</strong> unter seinem damaligen<br />

Vorsitzenden Willy Geeven 1956 anlässlich seines 60-jährigen Bestehens feiern - mit<br />

einem großen Fest in den Räumen des „Badischen Hofes“, der jetzt „Apollo-Lichtspiele“<br />

hieß, mit anschließendem Ball in der TSG Rheinau. Das Repertoire der Lieder stammte<br />

von Franz Schubert und Robert Schumann, eine Chorliteratur, die den Stempel Erich<br />

Benders trug. Bereits damals begeisterte Walter Morath in „Du bist die Ruh“ von Schubert<br />

mit seinem Tenorsolo. An der Spitze der Jubilare standen Johann Stegmann, Franz<br />

Klube und Vinzenz Held, die für 50jährige Mitgliedschaft geehrt wurden.


134<br />

Festakt zum 75. Jubiläum 1971 im Nachbarschaftshaus.<br />

Im Publikum links des Mittelgangs Innenminister Walter Krause, Oberbürgermeister Prof. Dr. Ludwig Ratzel, Bundestagsabgeordneter<br />

Prof. Dr. Hans-Georg Schachtschabel, Stadtrat Winfried Höhn, Landtagsabgeordneter Willibald Kimmel.<br />

Festakt zum 90-jährigen Bestehen 1986 im Nachbarschaftshaus.<br />

In der ersten Reihe von rechts: Oberbürgermeister Gerhard Widder, Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Roswitha Wisniewski,<br />

Landtagsabgeordneter Gerhard Bloemecke, Stadtrat Winfried Höhn, Frau Gremm, Stadtrat Valentin Gremm, Stadtrat<br />

Rolf Schmidt, Stadtrat Paul Buchert.


135<br />

Zur Popularisierung der Festlichkeiten hatte der Verein in jenem Jahr übrigens bei der<br />

Textilgeschäft Baral in der Neuhofer Straße (späterer Penny-Markt) ein Schaufenster mit<br />

Fahne, Pokalen und Notenheften ausgerichtet – ein Brauch, der wie so viele andere in<br />

den zurückliegenden Jahrzehnten verlorenging oder sich nicht mehr realisieren ließ.<br />

Erstmals in einer Periode des Wohlstands konnte der Verein 1971 ein Jubiläum unbeschwert<br />

feiern: Zum 75-jährigen Bestehen veranstaltete er einen Festakt im Nachbarschaftshaus,<br />

an dem der aus Mannheim stammende Innenminister des Landes Baden-<br />

Württemberg, Prof. Walter Krause, Oberbürgermeister Prof. Dr. Ludwig Ratzel und der<br />

Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Hans-Georg Schachtschabel teilnahmen. Ihm folgte<br />

ein Festball in der TSG Rheinau.<br />

90-jähriges Bestehen 1986<br />

Obwohl kein klassisches rundes Jubiläum, feierte der <strong>MGV</strong> sein 90-jähriges Bestehen am<br />

3. Mai 1986 mit einem großen Festakt im Nachbarschaftshaus Rheinau. Anwesend war<br />

alles, was in Rheinau und darüber hinaus Rang und Namen hatte, allen voran die Bundestagsabgeordnete<br />

Professor Dr. Roswitha Wisniewski, die Landtagsabgeordneten Gerhard<br />

Bloemecke und Jörg Ueltzhöffer, Oberbürgermeister Gerhard Widder, die Stadträte Winfried<br />

Höhn, Valentin Gremm, Rolf Schmidt, Rolf Dieter, Helmut Wetzel und Konstanze<br />

Wegner sowie die Vereinsvorsitzenden Paul Buchert (Gemeinnütziger Verein Rheinau),<br />

Oskar Blum (Gemeinnütziger Verein Pfingstberg-Hochstätt), Philipp Genazino (Mannheimer<br />

Rudergesellschaft), Horst Burger (Heimatverein) und Michael Unrath (TSG Rheinau).<br />

Die Festrede hielt Oberbürgermeister Gerhard Widder. Jubiläen zu feiern, so betonte<br />

das Stadtoberhaupt, heiße keineswegs, vor der Gegenwart zu flüchten. Vielmehr sei es<br />

eine Würdigung der Leistung derer, die mit ihrem Engagement die Grundlagen für die<br />

erfolgreiche Vereinsarbeit von Heute geschaffen hätten: „Wir leben zwar nicht für die Vergangenheit,<br />

aber aus der Vergangenheit.“ Gesangvereine seien unverzichtbar, da sie für<br />

den Fortbestand des Kulturgutes Lied sorgten. Widder mahnte die Gesangvereine aber<br />

auch, sich verstärkt um die Jugend zu bemühen. In diesem Zusammenhang kritisierte er<br />

die Trennung von ernster und unterhaltsamer Musik, weil dadurch oft unnötige Grenzen<br />

zwischen Jung und Alt aufgebaut würden: „Glaube doch niemand, junge Menschen<br />

seien nicht zu künstlerischen Leistungen fähig!“ Widder würdigte die Mitarbeit in den Vereinen<br />

als wichtigste Form bürgerschaftlichen Engagements: „Vereine sind auf Dauer angelegte<br />

Bürgerinitiativen.“ Die Gesangvereine seien dabei die „lebendigen Körperzellen im<br />

Organismus Stadt.“<br />

Stellvertretend für alle Aktiven überreichte der Oberbürgermeister dem Vorsitzenden<br />

Helmut Schmitt die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg und die von Ministerpräsident<br />

Lothar Späth unterzeichnete Ehrenurkunde. Schmitt habe in den bislang<br />

22 <strong>Jahre</strong>n als Vorsitzender den Bestand des Vereins durch die Etablierung eines Frauenchores<br />

mit Weitblick langfristig gesichert und sich mit traditionsreichen Veranstaltungen<br />

wie dem „Bürgerball“ und dem „Marktplatzfest“ um die Pflege des Kulturgutes Lied verdient<br />

gemacht: „Wir zählen auch künftig auf den <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau“, betonte Widder.


136<br />

Jubiläumsball zum „100-Jährigen“ 1996.<br />

Stargast im Nachbarschaftshaus war die bekannte Chanson-Sängerin Joana, die zahlreiche persönliche Beziehungen<br />

zum <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau und seinen Repräsentanten unterhält.<br />

Festakt zum „100-Jährigen“ im Nachbarschaftshaus.


137<br />

Die Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Roswitha Wisniewski wies in ihrer Ansprache<br />

darauf hin, dass mit drei Millionen Mitgliedern in 19.000 Gesangvereinen mehr Bundesbürger<br />

in Gesangvereinen aktiv seien als in politischen Parteien. Deutschlands kulturelle<br />

Tradition beruhe nicht zuletzt auf dem Chorgesang. „Es ist die Schönheit, durch welche<br />

man zur Freiheit wandelt", zitierte sie den Dichter Friedrich Schiller.<br />

Grußworte einschließlich der obligatorischen Briefumschläge überbrachten die Rheinauer<br />

Stadträte Winfried Höhn (SPD) und Valentin Gremm (CDU), Philipp Genazino für die<br />

von ihm geführte Rudergesellschaft Rheinau und Dieter Walter für den Heimatverein.<br />

Der anderthalbstündige Festakt wurde musikalisch umrahmt vom Männerchor und<br />

dem Frauenchor des <strong>MGV</strong> unter Leitung von Lucia Lewczuk, der Sopranistin Irmtraud<br />

Scharizer vom Nationaltheater Mannheim und dem Pianisten Kunibert Werner. Gespielt<br />

Stücke von Mozart und Chopin.<br />

Im darauf folgenden, ebenfalls anderthalb Stunden dauernden Freundschaftssingen<br />

brachten acht befreundete Vereine dem <strong>MGV</strong> ihre Ständchen dar. So begeisterte die<br />

ebenfalls von Lucia Lewczuk dirigierte „Chorgemeinschaft Ruchheim“ mit Beethovens<br />

„Hymne an die Freude“ und dem berühmten Refrain „Alle Menschen werden Brüder“.<br />

Dieser insgesamt dreieinhalbstündigen akademischen Feier schloss sich ein mindestens<br />

ebenso langer Bunter Abend im angrenzenden Vereinsheim der TSG Rheinau an.<br />

100. Jubiläum 1996<br />

Die bislang größte Herausforderung für den Verein in Sachen Jubiläum nahte in Gestalt<br />

des 100-jährigen Jubiläums 1996. Bereits zu Beginn des <strong>Jahre</strong>s 1994 hatte sich der im<br />

Jahr zuvor ins Amt gekommene neue Vorstand unter Leitung von Dieter Schmidt auf die<br />

Struktur der Jubiläumsaktivitäten geeinigt: ein Festakt mit Festreden, ein Konzert sowie<br />

ein <strong>Festbuch</strong>.<br />

Anfang 1993 sprach Vorsitzender Dieter Schmidt den „MM“-Redakteur Konstantin<br />

Groß an, ob er für den Verein die Festschrift erstellen könne; im Vorjahr hatte er bereits<br />

das <strong>Festbuch</strong> für den größten und ältesten Verein der Rheinau, den Turnverein 1893,<br />

mitgestaltet, das bei den dortigen Mitgliedern auf großen Zuspruch gestoßen war.<br />

Auch bei den Sängern erklärte sich Groß bereit, das <strong>Festbuch</strong> ohne Honorar zu erstellen<br />

und auch Dokumente und Fotos aus seinem eigenen umfangreichen Archiv beizusteuern.<br />

Bereits im April 1994 fand im „Rheineck“ die erste Sitzung des Festschrift-Ausschusses<br />

statt, auf der die Grundsätze der geplanten Publikation festgelegt wurden.<br />

Bei seiner Arbeit musste der Festschrift-Ausschuss quasi bei Null beginnen, konnte er<br />

doch auf keinerlei Vorgänger-Schrift zurückgreifen. Die neu zu erstellende Festschrift war<br />

die erste in der 100jährigen Geschichte des Vereins; beim 50. Jubiläum 1946 herrschte<br />

blanke Not, hatte der Verein andere Sorge als eine Festschrift. Auch beim 75. Geburtstag<br />

1971 war kein Geld für ein <strong>Festbuch</strong> vorhanden. Und der letzte große Geburtstag<br />

des Vereins, der 90. im <strong>Jahre</strong> 1986, wurde zwar in guter Finanzlage gefeiert, stellte aber<br />

kein klassisches Jubiläum dar und somit auch nicht den richtigen Anlass für eine Festschrift<br />

dar.


138<br />

Der prominente Festredner: Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer.<br />

Dass der Chef der deutschen Geheimdienste als Festredner für den Festakt zum 100. Jubiläum des <strong>MGV</strong> gewonnen werden<br />

konnte, das war eine Sensation. Dem Verein schrieb der enge Vertraute von Bundeskanzler Helmut Kohl außerdem<br />

diese Widmung, die natürlich einen Ehrenplatz im Vereinsarchiv innehat.


139<br />

Im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen dieses Alters war die Materiallage, was die<br />

Originaldokumente betrifft, beim <strong>MGV</strong> jedoch gut. Gründungsdatum und Ort waren<br />

bekannt, sämtliche Protokollbücher vorhanden, lagerten bei Vorstandsmitglied Jürgen<br />

Ruf an dessen Arbeitsplatz, der Gerhart-Hauptmann-Schule in Rheinau-Süd. Ruf und<br />

sein Vorstandskollege Günter Friedrichs arbeiteten sie mehrere Wochen lang durch, um<br />

das Wichtigste herauszufiltern; Helmut Schmitt, der seine eigene Amtszeit lückenlos detailliert<br />

festgehalten hatte, steuerte aus seinen umfangreichen Fotoalben wertvolles Bildmaterial<br />

bei.<br />

Dank seiner ausgezeichneten Verbindungen gelang es ihm außerdem, den Ministerpräsidenten<br />

des Landes Baden-Württemberg, Erwin Teufel, als Schirmherrn, und den<br />

Staatsminister im Bundeskanzleramt, Bernd Schmidbauer, als Festredner zu gewinnen.<br />

Vor allem Letzteres war natürlich eine Sensation, galt Schmidbauer doch als enger Vertrauter<br />

von Bundeskanzler Helmut Kohl und als in seiner Funktion auch Koordinator aller<br />

deutschen Geheimdienste. Auf Grund dessen herrschte im Rheinauer Nachbarschaftshaus<br />

höchste Sicherheitsstufe und bereits im Vorfeld große Aufregung. Eine Stunde, bevor<br />

der hohe Gast eintreffen sollte, rückte die Hundestaffel der Polizei an, um unter die<br />

Bühne zu schnüffeln und den Keller zu durchsuchen. Den ganzen Nachmittag über<br />

blieb der Mannschaftswagen vor der Tür postiert, Revierführer Winfried Scherer schaute<br />

selbst nach dem Rechten.<br />

Schmidbauer sagte in seiner Rede: „Europa ist nicht nur Wirtschaft, Europa ist auch Kultur.<br />

Wir haben gemeinsame kulturelle Quellen, gerade in der Musik. Die Kontakte des <strong>MGV</strong> zu<br />

Chören in Tschechien und Kroatien machen dies deutlich: Musik ist eine universelle Sprache.<br />

Musik ist aber auch ein schöpferischer Akt. Trotz erweiterter Freizeitangebote wird es den<br />

Chorgesang daher immer geben. Chorgesang bietet seinen Aktiven eine dreifache Freude: in<br />

der künstlerischen Betätigung, in der Anerkennung, die sie findet, und der Freude, die sie anderen<br />

bereitet. Bewahren Sie sich Ihre ansteckende Freude.“<br />

Weiter sagte der Minister: „Gerade in einer Zeit der Technisierung werden Vereine gebraucht,<br />

damit die Menschen sich wohlfühlen. Ihre Aktiven opfern ihre Freizeit für die kulturelle<br />

Bereicherung des Ganzen. Als Paradebeispiel können gelten: Helmut Schmitt, der 28 <strong>Jahre</strong><br />

lang den Verein führte; der Mitgliederwart Jürgen Ruf, der durch seine akribische Archivführung<br />

die Festschrift ermöglichte; und Konstantin Groß, der sie unentgeltlich verfasste. Unsere<br />

Gesellschaft braucht Menschen wie diese.“ Und im Scherz fügte Schmidbauer hinzu: „Der<br />

Vorgänger heißt Helmut Schmitt, der Nachfolger Dieter Schmidt, da kann man bei der Anrede<br />

ja nie etwas falsch machen.“ Im Auftrag von Bundespräsident Roman Herzog überreichte<br />

Schmidbauer dem Vorsitzenden Dieter Schmidt die Zelterplakette des Bundespräsidenten,<br />

die alle Gesangvereine erhalten, die 100 <strong>Jahre</strong> alt werden.<br />

Nachdem Schmidbauer seine Rede gehalten hatte, waren selbst jene begeistert, die<br />

seinem Auftritt skeptisch gegenüber gestanden hatten – wegen der Verpflichtung des<br />

CDU-Politikers hatte es im Vorfeld sogar einen Austritt aus dem Verein gegeben. „Eine<br />

eindrucksvolle Rede“, so lautete das einhellige Urteil. Berichterstatter Helmut Losert<br />

schrieb im Nachklang in der Stadtteilzeitung „Rheinauer Boten“ den humorvollen Kommentar:<br />

„Erstaunlich seine Detailkenntnisse! So wusste Schmidbauer nicht nur den Namen<br />

des Vorsitzenden. Er lobte auch das von MM-Redakteur Konstantin Groß verfasste <strong>Festbuch</strong>.<br />

Hier stellt sich die Frage: Hat Schmidbauer Agenten in Rheinau, die ihn regelmäßig informieren?“


140<br />

Hohe Auszeichnung für den <strong>MGV</strong>.<br />

Im Rahmen des Festaktes überreichte Kanzleramtsminister Schmidbauer dem Vorsitzenden Dieter Schmidt (M.) die Zelterplakette<br />

des Bundespräsidenten, die dieser dem <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau anlässlich seines 100. Jubiläums verliehen hatte.<br />

Aus dem Hintergrund beobachtet <strong>MGV</strong>-Sänger und TSG-Chef Peter Klug das Geschehen.<br />

Der älteste Verein Rheinau gratuliert dem zweitältesten.<br />

Der Vorsitzende des Turnvereins 1893 Rheinau, Valentin Gremm, überreichte Dieter Schmidt als Jubiläumsgeschenk<br />

einen Wappenteller. Die Sänger um Jürgen Ruf (l.) und Manfred Hipp freuen sich über das Geschenk.


141<br />

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Konstanze Wegner zeichnete in ihrem Grußwort<br />

den Weg des <strong>MGV</strong> in den vergangenen 100 <strong>Jahre</strong>n nach und fasste zu diesem<br />

Zweck die wesentlichen Punkte des <strong>Festbuch</strong>es von Konstantin Groß zusammen. Ihre<br />

Bilanz: „Der Männergesangverein 1896 Rheinau hat in den zurück liegenden 100 <strong>Jahre</strong>n<br />

vielen Menschen Freude gebracht, er war ein Ort der Gemeinschaft und hat karitativ gewirkt.<br />

Sein Erfolg ist das Ergebnis des Fleißes und des Könnens seiner Vorstände und Dirigenten.<br />

Helmut Schmitt hat in Dieter Schmidt einen würdigen Nachfolger gefunden. Ein solches Engagement<br />

ist in unserer Zeit nicht selbstverständlich. Unsere Gesellschaft aber ist darauf angewiesen,<br />

heute mehr denn je. Machen Sie deshalb gerade so weiter.“ Die von ihr vorgenommene<br />

Jubilarehrung versah sie mit einem Schuss Humor. Im Angesicht der rüstigen<br />

Jubilare scherzte sie nämlich: „Man sieht: Singen hält jung. Da hätten wir mal lieber mehr<br />

gesungen als Politik gemacht, Herr Kollege Schmidbauer.“<br />

Nicht mit Ruhm bekleckert hatte sich übrigens die Stadt Mannheim. Der Oberbürgermeister<br />

hatte wegen einer Ordensverleihung, die ihm in Ludwigsburg zu Teil wurde,<br />

nicht kommen können. Doch dass keiner der fünf Bürgermeister Zeit hatte? Aus der Not<br />

wurde eine Tugend, die den Verein freute: Stadtrat Winfried Höhn, Ur-Rheinauer („Ich<br />

kenne fast alle Mitglieder des Vereins persönlich“) und selbst Mitglied im <strong>MGV</strong> 1896<br />

Rheinau, überbrachte die Glückwünsche der Stadt und der Rheinauer Vereine. Er sagte:<br />

„Der Männergesangverein hat seit 100 <strong>Jahre</strong>n das kulturelle Leben Rheinaus und der Stadt<br />

Mannheim mitgestaltet. Prädikate und Wertungen treffen nicht den Kern seiner Leistung: Er<br />

ist Integrationskraft und Kulturträger, ein Spiegelbild der Rheinauer Geschichte. Die Arbeit<br />

der Aktiven ist unbezahlt und unbezahlbar.“<br />

Für den Gewerbeverein brachte dessen stellvertretender Vorsitzender Klaus Götze die<br />

Zusage für einen kompletten Satz neuer Noten mit; Peter Klug, der Chef der TSG, gratulierte<br />

auch als Hausherr des Probenraums der Sänger. Und Vitus Gremm, der Chef des<br />

ältesten Vereins im Vorort, des Turnvereins 1893 Rheinau, hieß den <strong>MGV</strong> im „Club der<br />

Hundertjährigen“ willkommen. Auch Gremm hatte eine humorvolle Bemerkung auf Lager,<br />

als er ein Bonmot aus seiner Schulzeit während des Dritten Reiches zitierte: „Wer ist der<br />

teuerste Gesangverein in Deutschland? Der Reichstag: Seine Abgeordneten fahren<br />

zweimal im Monat nach Berlin, singen zwei Lieder – Deutschland-Lied und Horst-Wessel-<br />

Lied –, fahren wieder heim und kassieren mehrere hundert Reichsmark.“<br />

Abschließend sprach Jürgen Zink als Repräsentant der 70 Mannheimer Chöre, von<br />

denen viele durch ihre Vorsitzenden vertreten waren. Zink sagte: „Auch das kulturelle<br />

Herz Mannheims schlägt in den Stadtteilen. Es ist daher passend, dass der Festakt ,100 <strong>Jahre</strong><br />

<strong>MGV</strong> 1896 Rheinau’ mit der Aktion ,Klingende Kurpfalz’ zusammen fällt.“ Und dann überreichte<br />

er ein Geschenk: „Von mir gibt’s Noten, richtige Noten, Banknoten also.“<br />

Nach der Pause kam der musikalische Genuss, der im ersten Teil nur die Umrahmung<br />

der Reden bilden durfte, zur vollen Entfaltung: natürlich der Männer- und der Frauenchor<br />

selbst, aber auch die eindrucksvollen Stars des Nationaltheaters: Jutta Reisinger-<br />

Böhrer (Sopran), Slawomir Czarnecki (Bass), Elke Völker (Klavier), HaraId Tippl (Cembalo)<br />

sowie das Streichorchester Lukas Camerata unter Leitung von Eckhardt Stadler, Kantor<br />

der Unionskirche Mannheim. Und alle unter der Gesamtleitung von Lucia Lewczuk.


142<br />

Festakt am 7. Mai 2016 im Nachbarschaftshaus Rheinau<br />

Mitwirkende:<br />

<strong>MGV</strong> 1896 Rheinau, Männer- und Frauenchor mit Projektchor<br />

Solisten:<br />

Dzafer Dzaferi (Violine),<br />

Nicolas Popp (Trompete),<br />

Vera Pfannenstiel (Klavier)<br />

Musikalische Gesamtleitung: Eddy Werner Triebskorn<br />

Moderation:<br />

Georg Wolf<br />

Programm:<br />

Chor:<br />

Begrüßung:<br />

Chor:<br />

Festrede:<br />

Chor:<br />

Ansprache:<br />

Chor:<br />

Grußworte:<br />

Dzafer Dzaferi (Violine):<br />

Chor:<br />

„Die Macht der Musik“ (Arnold Kempkens)<br />

Jürgen Ruf,<br />

Vorsitzender des <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau<br />

„Freude klinge in die Welt“ (Alfons Burkhardt),<br />

„Meditation“ aus d. Oper „Theis“ (Jules Massenet)<br />

Stefan Rebmann,<br />

Mitglied des Deutschen Bundestages<br />

„Schau auf die Welt“ (John Rutter),<br />

„Romanze“ (Johan S. Svendson)<br />

Dr. Ulrike Freundlieb,<br />

Bildungsbürgermeisterin der Stadt Mannheim<br />

„Ihr von morgen“ (Udo Jürgens)<br />

Repräsentanten der befreundeten Vereine<br />

„Schön Rosmarin“ (Fritz Kreisler)<br />

„Halleluja“ (Willy Trapp)


143<br />

Freundschaftssingen<br />

Kindergarten-Chor Versöhnungskirche: Heidi Wolf, Pfarrer Uwe Sulger<br />

Ich liebe den Frühling<br />

Die Blumen im Garten<br />

Kirchenchor Versöhnungskirche: Elena Kleiser, Pfarrer Uwe Sulger<br />

Jubilate<br />

Johannes M. Michel<br />

Have a nice day<br />

Lorenz Meierhofer<br />

Antoniuschor Rheinau: Patrick Schilling, Michaela Mann<br />

Abschied vom Walde<br />

Felix Mendelssohn-Bartholdy<br />

Nearer,still nearer<br />

L. M. Morris<br />

Projektchor Glaskirche: Elena Kleiser, Pfr. Hansjörg Jörger, Michael Kußmann<br />

Mein kleiner grüner Kaktus<br />

Comedian Harmonist’s<br />

Mit 66 <strong>Jahre</strong>n<br />

Udo Jürgens<br />

Frohsinn Hochstätt-Pfingstberg: Gerhard Speich, Peter Baumgard<br />

Frohsinn lacht uns heut<br />

Willy Trapp<br />

Wirf die Sorgen über Bord<br />

Adolf Frey-Völlen<br />

Da Capo: Stefan Golea, Katharina Kurz<br />

Amadeus<br />

Loch Lomond<br />

Rob und Ferdie Bolland<br />

Thieriot / R.W. Williams<br />

Shanty Chor Mannheim: Walter Krainhöfner, Manfred Plehn<br />

Kleine weiße Möve<br />

Andreas Olesc<br />

Seemann, wo ist deine Heimat<br />

Koldwink<br />

Rheinauer Seebären Shanty-Chor: Markus Schnell, Heinz Scheel<br />

Adios Muchachos<br />

Heinz Drossauer<br />

La Paloma<br />

Yadier


144<br />

Informationen über den Autor<br />

Konstantin Groß<br />

Geboren 1964 in Mannheim, aufgewachsen im Stadtbezirk Oststadt sowie in den Vororten<br />

Almenhof und Rheinau. Nach dem Abitur am Moll-Gymnasium Mannheim-<br />

Niederfeld 1983 Studium u. a. der Neueren Geschichte, der Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />

sowie der Politischen Wissenschaften an der Universität Mannheim. Währenddessen<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter von Professor Dr. Peter Graf Kielmannsegg, Ordinarius<br />

für Politische Philosophie und Demokratietheorie an der Universität Mannheim.<br />

Nach Volontariat 1992 Redakteur beim „Mannheimer Morgen“, zunächst als Redakteur<br />

beim Chef vom Dienst (CvD), seit 1994 in der Regionalredaktion Rhein-Neckar/Badische<br />

Bergstraße.<br />

Bislang über 20 Buchveröffentlichungen im Bereich der Stadt- und Regionalgeschichte.<br />

Über Rheinau heute: „Mannheim-Rheinau – 100 <strong>Jahre</strong> jung“, Mannheim, 2014; Über den<br />

Ortsteil Rheinau-Süd: „Der Traum vom eigenen Heim. Von der IG-Siedlung zum Stadtteil<br />

Rheinau-Süd“, Mannheim, 2008; Über den Rheinauer Ortsteil Pfingstberg: „Zwischen<br />

Grün und Gleis. 75 <strong>Jahre</strong> Mannheimer Ortsteil Pfingstberg“, Mannheim, 1998; Über die<br />

katholische Kirchengemeinde Rheinau: „Freude am Leben durch Freude am Glauben. 100<br />

<strong>Jahre</strong> katholische Kirchengemeinde St. Antonius Mannheim-Rheinau“, Mannheim, 2000;<br />

Über die evangelische Kirchengemeinde Rheinau: „Von der Mission zur Versöhnung.<br />

100 <strong>Jahre</strong> Evangelische Kirche Mannheim-Rheinau“, Mannheim, 2004.<br />

Bürgerschaftliches Engagement: 2005-2013 Vorsitzender des „Gemeinnützigen<br />

Vereins Mannheim-Rheinau von 1957“ e. V. (Dachorganisation der Vereine und sozialen<br />

Einrichtungen, Kirchengemeinden und Schulen sowie der ehrenamtlich engagierten<br />

Bürgerinnen und Bürger im Stadtbezirk Rheinau der Stadt Mannheim); 2002-2013 Vorsitzender<br />

des „Fördervereins für das Parkschwimmbad Mannheim- Rheinau“ e. V.<br />

Ehrungen: Seit 2015 Ehrenvorsitzender des Fördervereins für das Parkschwimmbad<br />

Mannheim-Rheinau e. V.; Ehrenmitglied des Männergesangvereins 1896 Mannheim-<br />

Rheinau e. V. und der Sängerhalle Germania 1879 Mannheim-Neckarau e. V.; 2000<br />

„Goldener Bleistift“ der Bürgerdienste der Stadt Mannheim; 2002 Jubiläumsmedaille<br />

„50 <strong>Jahre</strong> Baden-Württemberg“ des Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg.


145<br />

Quellennachweis<br />

Zeitzeugen (Hauptgesprächspartner)<br />

Helmut Schmitt (1926-2013),<br />

ab 1946 im Verein, 1964-1992 Vorsitzender, seither Ehrenvorsitzender;<br />

Jürgen Ruf, geboren 1942, seit 1958 im Verein, seit 2008 Vorsitzender.<br />

Primärquellen<br />

Archiv des Männergesangvereins 1896 Mannheim-Rheinau e. V.;<br />

Archiv des Heimatvereins Rheinau/Pfingstberg e. V.; Archiv des „Mannheimer Morgen“;<br />

Privatarchiv Konstantin Groß.<br />

Sekundärquellen<br />

Konstantin Groß: „100 <strong>Jahre</strong> <strong>MGV</strong> 1896 Mannheim-Rheinau“, <strong>Festbuch</strong> zum 100-jährigen<br />

Bestehen, 1996, VWM Verlag Dr. Peter Wagener, Mannheim, 185 Seiten.<br />

Konstantin Groß: „Du, meine Seele, singe“. Zum 20. Dirigenten-Jubiläum von Lucia<br />

Lewczuk, 2003, herausgegeben vom <strong>MGV</strong> 1896 Mannheim-Rheinau, <strong>120</strong> Seiten.<br />

Bildnachweis<br />

Pressefotografen/Journalisten: Abdelkader Naoui: 54/55, 62, 129 o., u. l.; Siggi Offen:<br />

60 u., 94, 122 u.; Konstantin Groß: 18, 22 o., 50 o., 74 u., 76 o., 80, 84, 86, 88 o., 110,<br />

118 o., 126 o., 129 u. r.,136 u., 138 o..<br />

Archive/Pressestellen: Privatarchiv Konstantin Groß: 16, 30 o., 46, 52 o., 64 u.,66 o.,<br />

142; Vereinsarchiv <strong>MGV</strong> 1896 Rheinau: 22 u., 24, 26, 30 u., 32, 34, 36/37, 40, 42, 50 u.,<br />

52 u., 56 o., 58, 60 o., 64 o., 68, 70, 76 u., 78, 82, 88 u., 90, 96, 98, 100, 102, 109,<br />

114, 118 u., 122 o., 126 u., 130, 132, 134, 136 o., 138 u., 140; Archiv Heimatverein<br />

Rheinau/Pfingstberg: 112; Archiv „Mannheimer Morgen“: 56 u., 72/73; Bundeskanzleramt,<br />

Berlin: 8; SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Berlin: 10; Staatsministerium Baden-<br />

Württemberg, Stuttgart: 12; Stadt Mannheim, Büro des Oberbürgermeisters: 14.<br />

Private Donatoren: Joana Emetz: 74 o.


146


147<br />

Förderer<br />

dieses Buches im Speziellen<br />

sowie des Jubiläumsjahres insgesamt<br />

Private Spender:<br />

Jürgen und Karin Ruf, Rolf und Mathilde Günther, Günter und Christa Klug,<br />

Franz und Ursula Franzen, Milada Franosch, Giesela Stocker, Gertrud Pfeil,<br />

Olga Rehm, Sonja Bauer, Udo Buster, Tanja Schladt (Zeitlos-Kosmetik),<br />

Stefanie Türk-Weyrich (Relais-Apotheke)<br />

sowie zahlreiche institutionelle Spender (Vereine und Firmen)<br />

(siehe auf den folgenden Seiten).


171<br />

Personenverzeichnis<br />

Die fettgedruckten Zahlen verweisen auf Seiten, auf<br />

denen die genannten Personen im Bild zu sehen<br />

sind.<br />

Amme, Fritz: 28, 115,<br />

Baral, Heinrich: 41, 135,<br />

Barth, Willi: 33, 34, 35, 123,<br />

Bauer, Sonja: 60,<br />

Baumgard, Peter: 143,<br />

Bausch, Leander: 89, 113,<br />

Bausch, Thomas: 89,<br />

Bender, Erich: 19, 39, 41, 101, 114 f.,<br />

Bergold, Liesel: 55, 62,<br />

Binder, Markus: 92,<br />

Bloemecke, Gerhard: 134, 135,<br />

Blum, Oskar: 80, 135,<br />

Brentano, Heinrich von: 41, 101,<br />

Brucker, Eduard: 115,<br />

Buchert, Paul: 46, 58, 59, 70, 108, 112, 135,<br />

Buchholz, Günter: 126,<br />

Bug, Alexandra: 75,<br />

Bug, Claudia: 55, 62,<br />

Bug, Marianne: 55, 62,<br />

Bumann, Franz: 44, 55, 95,<br />

Burger, Horst: 135,<br />

Buster, Kurt: 39, 101,<br />

Buster, Udo: 147,<br />

Crusius, Ernst: 89,<br />

Daub, Maria: 55, 62,<br />

David, Manfred: 46,<br />

Diefgenbach, Hilde: 60,<br />

Dieter, Rolf: 135,<br />

Duschl, Helmut: 113,<br />

Egger, Johannes: 18,<br />

Ehrhard, Michael: 101,<br />

Eisele, Daniela: 66, 103,<br />

Emetz, Joana: 74, 136,<br />

Engelhardt, Wilhelm: 25,<br />

Etcheverry, Elisabeth: 55, 62,<br />

Facco, Heiner: 45, 79,<br />

Facco, Lino: 39, 87, 101,<br />

Fehringer, Franz: 38, 133,<br />

Feige, Wolfgang: 44, 54,<br />

Fessler, Karl: 89,<br />

Fischer, Reinhilde: 54, 62,<br />

Fischer, Rolf: 48, 125,<br />

Franosch, Milada: 54, 60, 62, 147,<br />

Franzen, Franz: 55, 60,<br />

Franzen, Ursula: 54, 60, 62, 66, 113, 147,<br />

Freundlieb, Ulrike: 142,<br />

Friedrichs, Günter: 19, 46, 54, 60, 80, 113, <strong>120</strong>,<br />

Fritz, Alois: 44, 112,<br />

Fritzinger, Karl: 25,<br />

Gabriel, Sigmar: 10, 11,<br />

Galm, Anita: 55, 62,<br />

Gärtner, Ludwig: 31,<br />

Gaissert, Kurt: 19,<br />

Geeven, Willi: 126,<br />

Gehrig, Hildegard: 55, 62, 134,<br />

Geiß, Johann: 126,<br />

Geißler, August; 24 f., 122 f., 126,<br />

Geißler, Theo: 97,<br />

Genazino, Philipp: 135, 137,<br />

Geörg, Gabriele: 86,<br />

Geven, Willi: 41,<br />

Göttert, Peter: 57,<br />

Gogolin, Eva: 48, 54, 62, 67,<br />

Golebiowsky, Ruth: 55, 62,<br />

Graf, Franz: 43, 126,<br />

Graf, Otto: 115,<br />

Gremm, Valentin: 134, 135, 137, 140, 141,<br />

Grötsch, Michael: 70, 72,<br />

Groß, Birgitt: 17,<br />

Groß, Konstantin: 16, 17, 52 ff., 56, 57, 72, 92, 108,<br />

124, 137, 139, 141, 144,<br />

Grunert, Anna: 54, 62, 95,<br />

Günter, Otto: 55, 60,<br />

Günther, Mathilde: 60, 147,<br />

Günther, Rolf: 55, 60, 147,<br />

Guthmann, Friedrich: 28, 33, 115,<br />

Haag, Willi: 31, 35, 115,<br />

Häfner, Fritz: 54, 95,<br />

Häussler, Josef: 35, 38, 65, 123, 126,<br />

Hanel, Heinz: 55, 95, 109,<br />

Heberer, Helen: 72 f.,<br />

Heck: 29, 31, 123, 126,<br />

Heckert, August: 31,<br />

Heiß: 126,<br />

Held, Philipp: 31, 123, 126,<br />

Held, Vinzenz: 28, 41, 126, 133,<br />

Herbert, Renate: 54, 62,<br />

Hinterberger, Gerlinde: 54, 62,<br />

Hintzen, Heinz: 55,<br />

Hipp, Harald: 50, 83, 87, 89, 113, 117,<br />

Hipp, Manfred: 46, 47, 49, 53, 55, 57, 58, 61, 67,<br />

71, 85, 86, 90, 91, 96, 103, 106, 113, 117, 119, <strong>120</strong>,<br />

122, 124, 125, 126, 127, 140,<br />

Hipp, Roland: 117,<br />

Hitler, Adolf: 32, 33<br />

Höhn, Winfried: 46, 71, 134, 135, 137, 141,<br />

Huber, Sophie: 55, 62, 95,<br />

Iser, Emil: 35,<br />

Jörger, Hansjörg: 143,<br />

Jonatha, Gertrud: 54, 62,<br />

Jünger, Wilhelm: 47<br />

Jüttner, Egon: 58,<br />

Jungmann, Walter: 35<br />

Karl, Jürgen: 47, 117,<br />

Kimmel, Willibald: 134,<br />

Kleiser, Elena: 57, 143,<br />

Klube, Franz: 27, 41, 122 f., 126, 133,<br />

Klug, Christa: 147,<br />

Klug, Günter: 44, 54, 60, 147,<br />

Klug, Peter: 51, 111, 140, 141,<br />

Knoblauch, Hans: 33, 126,<br />

Knoblauch, Siegfried: 71, 108, 113,<br />

Krainhöfner, Walter: 143,<br />

Krause, Walter: 134, 135,<br />

Kreis, Lotte: 54, 62,<br />

Kühner, Josef: 126,<br />

Kuhn, Josef („Seppl“): 55, 113,<br />

Kurz, Peter: 14, 15, 83, 92, 108,<br />

Kußmann, Josef: 55,<br />

Kußmann, Michael: 143,


172<br />

Landua, Irene: 54, 62,<br />

Leider, Heribert: 69, 83,<br />

Lewczuk, Adrian: 74, 88, 89,<br />

Lewczuk, Lucia: 16, 46, 47, 55, 57, 59, 60, 61, 64,<br />

66, 67, 71, 73, 74, 75, 84, 88, 89, 91, 102 ff., 107,<br />

113, 114, 116, 117-121, 124, 141,<br />

Lewczuk, Patricia: 73, 74, 88, 89,<br />

Lewczuk, Raffael: 74, 88, 89,<br />

Liehr: 29, 31,<br />

Lill, Walter: 55, 95,<br />

Limbrunner, Kurt: 28,<br />

Link, Klaus: 83,<br />

Löber, Christian: 126,<br />

Losert, Helmut: 139,<br />

Losert, Stephanie: 59,<br />

Mächerlein, Georg: 33, 35, 38, 44, 65, 126,<br />

Maaß, Leo: 41, 100, 101,<br />

Maier, August: 25,<br />

Maron, Paul: 33, 35, 38, 122 f., 126, 133,<br />

Medici, Helmut: 89,<br />

Merkel, Angela: 8, 9,<br />

Mohr, Bettina: 82, 83,<br />

Morath, Sonja: 54, 62,<br />

Morath, Walter, jr.: 18, 55, 60, 113,<br />

Morath, Walter, sen.: 18, 41, 42, 45, 46, 54, 69, 79,<br />

101, 133,<br />

Müntefering, Franz: 92,<br />

Naoui, Abdelkader: 55,<br />

Nessel, Günther: 18,<br />

Neuner, Erika: 60,<br />

Niessen, Karl-Heinz: 49, 86, 87,<br />

Oechsner, Renate: 55, 62, 66, 71,<br />

Öhring, Ottmar: 61, 121,<br />

Pappert, Robert: 45, 79, 80, 95,<br />

Petruck, Gerda: 54, 62,<br />

Pfeil, Gertrud: 55, 60, 62,<br />

Plehn, Manfred: 143,<br />

Plöchinger, Günter: 55,<br />

Plog, Irene: 54, 62,<br />

Popp, Christa: 54, 62,<br />

Popp, Nicolas: 142,<br />

Powolik, Gerlinde: 55, 62,<br />

Preißler, Anja, geb. Ruf: 55, 62, 75, 76,<br />

Quast, Lothar: 51,<br />

Raab, Norbert: 42,<br />

Ratzel, Ludwig: 43, 134, 135,<br />

Rebmann, Stefan: 142,<br />

Rehm, Olga: 60,<br />

Reichardt, Hubert: 86,<br />

Reichardt, Klaus Dieter: 89,<br />

Ritter, Georg: 115,<br />

Rösser, Karl: 35<br />

Roßrucker, Philipp: 25<br />

Rothacker, Adolf: 23<br />

Rothacker, Mina: 25, 63,<br />

Rothacker, Philipp: 22, 23, 25, 27, 38, 122, 126,<br />

133,<br />

Ruf, Anja: 55, 62, 75, 76,<br />

Ruf, Jürgen: 15, 16, 18, 19, 46, 48, 54, 58, 60, 61,<br />

65, 71, 73, 80, 82, 83, 84, 92, 108, 113, 122, 126,<br />

127, 139, 140, 142, 147,<br />

Ruf, Karin: 15, 48, 54, 60, 62, 65, 67, 70, 92, 147,<br />

Schachtschabel, Hans-Georg: 134, 135,<br />

Scheel, Heinz: 143,<br />

Scherer, Auguste: 25, 63<br />

Scherer, Winfried: 53,<br />

Scheuermann, Klaus: 54,<br />

Schiessl: 126,<br />

Schläger, Hilde: 54, 62,<br />

Schmidbauer, Bernd: 52, 53, 138, 139, 140,<br />

Schmidt, Dieter: 44, 45, 47, 49, 53, 54, 67, 85, 86,<br />

87, 88, 103, 109, 111, 112, 119, 124, 125, 126,<br />

127, 137, 140,<br />

Schmidt, Gerhard: 47, 117,<br />

Schmidt, Rolf: 134, 135,<br />

Schmitt, Helmut: 35, 41, 42, 43, 44, 47, 54, 58, 67,<br />

69, 71, 78, 83, 100, 101, 109, 116, 117, 122, 123,<br />

124, 125, 126, 127,<br />

Schmitt, Karl: 126,<br />

Schmitt, Luise („Liesel“): 48, 55, 62, 66, 67, 71, 90,<br />

Schnepf, Petra: 75,<br />

Scholl, Josef: 29<br />

Schott, Horst: 55,<br />

Schreck, Willibald: 44, 57,<br />

Schreib, Hans: 83, 108, 109,<br />

Schumacher, Emil: 47,<br />

Schwarz, Fritz: 35,<br />

Schwarz, Lina: 35,<br />

Schweizer, Karl: 41, 101,<br />

Schweizer, Manfred: 54, 113,<br />

Seitz, Johann: 25,<br />

Senn, Fritz: 95,<br />

Siebler, Ilona: 66,<br />

Siegel, Franz Josef: 61, <strong>120</strong>, 121,<br />

Sinn, Johann: 126,<br />

Speich, Gerhard: 57, 143,<br />

Spinner, Dr.: 25,<br />

Stahl, Karl: 55, 113,<br />

Stegmann, Johann: 41, 133,<br />

Stein, Michael: 71,<br />

Stemler, Karl: 44,<br />

Stiefenhöfer, Gerd: 95,<br />

Stocker, Gisela: 60,<br />

Stöckler, Gustl: 41, 101,<br />

Stratthaus, Gerhard: 60, 92, 108,<br />

Strauß, Anna: 25, 63,<br />

Stückle, Christa: 55, 62,<br />

Sulger, Uwe: 143,<br />

Szymanski, Herbert: 44<br />

Teufel, Erwin: 12, 13, 53, 58, 59, 93, 95, 96,<br />

Thomas, Fritz: 31,<br />

Triebskorn, Eddy Werner: 60, 61, 121, 142,<br />

Türk-Weyrich, Stefanie: 147,<br />

Ueltzhöffer, Jörg: 135,<br />

Unrath, Michael: 135,<br />

Vesper, Susanne: 54, 60, 62,<br />

Vogt, Arthur: 92,<br />

Vogt, Hildegard: 54, 62,<br />

Wahle, Herbert: 54,<br />

Walter, Dieter: 137,<br />

Weber, Heinrich: 123, 126,<br />

Weber, Willi: 35, 100, 101,<br />

Wegner, Konstanze: 71, 135, 141,<br />

Weidenauer, Rudi: 55, 80,<br />

Weiß, Ingolf: 44,<br />

Widder, Gerhard: 83, 93, 108, 109, 118, 124, 134,<br />

135,<br />

Winterkorn, Gunder: 60,<br />

Wisniewski, Roswitha: 134, 135, 137,<br />

Wittig, Markus: 90, 91,<br />

Wolf, Georg: 142,<br />

Wolf, Heidi: 143,<br />

Wolf, Heinz: 108, 109,<br />

Wollschläger, Anneliese: 54, 60, 62,<br />

Wollschläger, Jupp: 113,<br />

Wüst: 31,<br />

Zenger, Ludwig: 113,<br />

Zink, Jürgen: 61, 121, 141.


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Bezirksleiterin<br />

Beate Acquaviva<br />

Bezirksleiter<br />

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Telefon 0621 1785823<br />

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