VERITAS - Das Genussmagazin / Ausgabe - 18-2016
Das Kundenmagazin der Oberkircher Winzer
Das Kundenmagazin der Oberkircher Winzer
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<strong>Das</strong> <strong>Genussmagazin</strong><br />
<strong>18</strong> // <strong>2016</strong><br />
Oberkircher<br />
Jungwinzer<br />
Prickelnder Freistern<br />
Barrique-Eis<br />
vom Ponyhof<br />
Leibspeise<br />
Wein trifft ins Herz<br />
„Mediterrane<br />
Weine“<br />
Die Kolumne von<br />
Vincenzo De Biase<br />
Europa-Park-Sommelier<br />
Titelthema<br />
wild & jung<br />
EWIG jung – HOchlandrinder<br />
<strong>Das</strong> KUNDENMAGAZIN DER OBERKIRCHER WINZER<br />
veritas-genuss.de
Liebe Weinfreundin,<br />
lieber Weinfreund,<br />
öche, die mit Axt und Säge in der Küche<br />
hantieren, Unternehmer, die Rinder<br />
züchten, und Winzer, die alkoholfreien Secco auf den<br />
Markt bringen, machen uns ratlos. Bekanntlich ist das Leben<br />
kein Ponyhof, wo jeder machen kann, wozu er Lust<br />
hat. Gemach, gemach, das hat alles seine guten Gründe.<br />
Die mit allen kulinarischen Wassern gewaschenen Brüder<br />
Wussler (Seite 14) sind ständig auf der Suche nach neuen<br />
Herausforderungen – diese fanden sie in einem ausgedienten<br />
Barrique, mit dem sie Eis machen. Wie man weiß, ist<br />
Barrique der Stoff, aus dem die ganz großen Weinträume<br />
gewebt sind. Kräftige Holzaromen und zarte Vanille strömen<br />
in den Wein und machen ihn edel und rund. Gleichzeitig<br />
bleibt im Holz etwas haften, Rotwein natürlich. Alles<br />
in allem entsteht so etwas wie ein Weingedächtnis aus<br />
Holz. Wir haben das Weineis für Sie probiert und finden es<br />
wunderbar. Eine andere wilde Geschichte fanden wir bei<br />
Baden-Baden, wo der Unternehmer und Landwirt (manche<br />
raunen auch: Cowboy) Martin Weingärtner mit der Geroldsauer<br />
Mühle ein tolles Ausflugslokal geschaffen hat (Seite 8).<br />
Mittendrin statt nur dabei, liegt es zentral zwischen der<br />
Kurstadt an der Oos und der Schwarzwaldhochstraße.<br />
Mit seinen Highland Cattles trägt Weingärtner sein Scherflein<br />
dazu bei, dass die Landschaft schön (und) offen bleibt,<br />
genauso wie es Badens Winzer auf ihren Steilhängen tun.<br />
Was haben Sie davon? Eine Menge. Ein gutes Steak aus<br />
natürlicher Haltung mit regionalem Bezug und viel Wein,<br />
ebenfalls ein heimisches Produkt. Welchen Wein, überlassen<br />
wir gerne Ihnen. Vielleicht haben Sie Lust auf einen<br />
alkoholfreien Secco von unseren Jungwinzern (Seite 12)<br />
oder einen „echten“ Rosé? Wir halten es mit unserem<br />
Lieblingssommelier Vincenzo De Biase (Seite 19) und seinem<br />
Motto „Probieren Sie!“. Neugierde kommt immer gut.<br />
An dieser Stelle noch einen Salute mit oder ohne Alkohol<br />
nach Rust, Vincenzo De Biase wurde diesen Mai vom<br />
Schlemmer Atlas in die Top 50 der Sommeliers aufgenommen.<br />
Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommer! Salute!<br />
Herzlichst<br />
Ihr <strong>VERITAS</strong>-Team<br />
VorWORT<br />
Kaum zu fassen, wie viel Aufwand so ein Foto macht. Damit die Brüder<br />
Wussler im rechten Licht stehen, braucht es jede Hand. Grafikerin<br />
Jule Stiefelhagen weiß, wie es ausschauen wird, und macht schon mal<br />
das Victoryzeichen.<br />
INHALT<br />
In Wahrheit schön »Seite 6<br />
Titelgeschichte »Seite 8<br />
Interview – Freistern »Seite 12<br />
Leibspeise »Seite 14<br />
Neuland – SAP »Seite 16<br />
Wein-ABC »Seite <strong>18</strong><br />
Kolumne »Seite 19<br />
von Europa-Park-Sommelier Vincenzo De Biase<br />
Weinbekenntnisse »Seite 20<br />
Gewinnspiel »Seite 21<br />
Termine & Kalender »Seite 22<br />
Titelbild: Jigal Fichtner – herrfichtner.de<br />
Unterhaltung »Seite 23<br />
IMPRESSUM:<br />
Herausgeber: Oberkircher Winzer eG I Postanschrift Redaktion: YUPANQUI, Hauptstraße 57, 77652 Offenburg I Chefredakteur (v. i. S. d. P.): Rafael Yupanqui<br />
Redaktion: Pascal Cames I Artdirektion: Jule Stiefelhagen I Fotos: Jigal Fichtner, Hubert Grimmig, privat I Produktion: YUPANQUI GmbH, Offenburg<br />
Anzeigenleitung: Martin Benz I Druck: B&K Offsetdruck GmbH, Gutenbergstraße 4–1, 77833 Ottersweier I Auflage: 16.000<br />
Bei dieser <strong>Ausgabe</strong> haben mitgewirkt: Markus Ell, Martin Benz, Rafael Yupanqui, Jule Stiefelhagen, Isabell Müller,<br />
Pascal Cames, Jigal Fichtner I Veritas im Abo: Heftbestellung: 0 78 02 / 9 25 80
Genussvoll<br />
Beobachten<br />
Foto: Hubert Grimmig<br />
4
Licht aus, Spot an! Vom Aussichtsplatz bei der Fatimakapelle in<br />
Oberkirch-Tiergarten ist der Ausblick ins Rheintal geradezu erhaben.<br />
Von hier sieht man so gut wie alles: den Rhein, das Straßburger<br />
Münster, die Vogesen und natürlich Naturschauspiele wie diese.<br />
Blitz und Donner! <strong>Das</strong> ist aber ganz großes Kino.<br />
5
In Wahrheit schön<br />
»So geht<br />
kochen!?«<br />
»<strong>Das</strong> heiße<br />
Spiel«<br />
KÜCHEN-<br />
GERÄT<br />
Selten sorgt<br />
ein Stück Holz<br />
so für Furore<br />
wie dieses.<br />
<strong>Das</strong> Frankfurter<br />
Brett erfindet<br />
quasi die Küche<br />
neu, es kombiniert<br />
ein Schneidebrett mit Behältnissen. Mit diesem Teil<br />
hat man alle Dinge, die ein Küchenheld so braucht – Messer,<br />
Zutaten, Gewürze –, direkt vor der Nase und im Zugriff.<br />
Wie heißt es doch so schön: Organisation ist alles. Von<br />
der Inspiration gehen wir einfach aus. Kein Brett vorm<br />
Kopf, dafür ganz schön clever und praktisch und gut.<br />
Frankfurter Brett, 3 Größen, ab 199 Euro,<br />
www.frankfurter-brett.de<br />
FUSSBALLBUCH<br />
<strong>Das</strong> Leben ist kompliziert,<br />
erst recht Fußball. Gerade<br />
beim Thema „Abseitsregel“<br />
muss doch der eine oder<br />
andere Zeitgenosse passen,<br />
auch bei „Handspiel“ und<br />
„Tor“ (nicht erst seit 1966<br />
in Wembley) redet man sich<br />
die Köpfe heiß. Bevor es in<br />
diesem EM-Sommer zu hitzig wird, sollte man seinen<br />
„So geht das!“ gelesen haben. Mittels 3.000 Illustrationen<br />
bekommt jeder potenzielle Nationalmannschaftstrainer<br />
(wer ist das nicht?) sein Rüstzeug, eventuell werden aus<br />
Lesern Weltfußballer …<br />
„So geht das! Fußball“, 320 Seiten,<br />
Edel Verlag, 19,95 Euro<br />
»Die coole<br />
Idee«<br />
EISWÜRFEL<br />
Von den Italienern kann<br />
man lernen, die trinken<br />
ihren „Sommer im Glas“<br />
mit Eiswürfeln.<br />
Aber Achtung, wer zu<br />
lange an Rosé und Rivaner<br />
schlotzt, verwässert<br />
sich den Genuss.<br />
Die Lösung sind Edelstahleiswürfel,<br />
da bleibt der Wein auch bei Affenhitze und<br />
Jahrhundertsommer so kalt wie frisch aus dem Eisschrank.<br />
Natürlich sind die Würfel wiederverwendbar, rostfrei und<br />
leicht zu waschen. Kalt erwischt bekommt eine ganz neue<br />
Bedeutung. Sogar Rotweine könnte man damit kalt machen.<br />
(Aber nicht weitersagen!)<br />
Edelstahleiswürfel, Amazon, ab 10 Euro<br />
»So geht<br />
chillen!«<br />
ROSÉWEIN<br />
Südfrankreich trifft Mittelbaden.<br />
Der OK51 Roséwein ist eine Cuvée aus<br />
Syrah und Spätburgunder, die beide auf den<br />
Steillagen im Renchtal wachsen.<br />
Am Gaumen hinterlässt die Melange einen<br />
frischen Eindruck. Angenehme Säure,<br />
peppige Frucht und Leichtigkeit kommen<br />
im Sommer genau richtig. <strong>Das</strong> ist ein Tropfen<br />
für den lauschigen, lässigen Abend mit<br />
„Love is in the Air“, Steak auf dem Grill und<br />
„Wer hat Eiswürfel?“. Fisch statt Steak geht<br />
natürlich auch.<br />
OK51 Roséwein, 2015, 5,80 Euro,<br />
www.oberkircher-winzer.de<br />
6
»Fünf gewinnt!«<br />
GENOSSENSCHAFTSCUP VINUM<br />
Wettbewerbe sind immer sportlich, erst recht, wenn sie<br />
wie ein Fußballturnier ausgerichtet werden, wie der internationale<br />
Genossenschaftscup der Weinzeitschrift VINUM.<br />
Dieses Frühjahr fand die siebte <strong>Ausgabe</strong> im Remstal statt,<br />
mit dabei die Oberkircher Winzer. In Runde eins mussten<br />
sich die Genossenschaften paarweise messen.<br />
Die „Mannschaft“ bestand aus fünf Weinen,<br />
die von den Testern probiert und im 20-Punkte-<br />
System bewertet wurden. Man weiß nie, wie<br />
es kommt, wissen Insider, manchmal hat man<br />
Losglück und manchmal einen bärenstarken<br />
Gegner … Wer verliert, fliegt raus, lautet das<br />
Fazit dieser K.o.-Runde. Im Finale standen sich<br />
schließlich Genossenschaften aus Deutschland,<br />
Österreich und Südtirol gegenüber. Verkostet<br />
wurde „live“, was wiederum sehr spannend war,<br />
wie der Geschäftsführende Vorstand Markus Ell<br />
sagt, der mit Qualitätsmanager Frank Männle<br />
und dem Vorstandsvorsitzendem Franz Männle<br />
zugegen war. Die Oberkircher Winzer erspielten<br />
sich mit ihrer „Mannschaft“ einen hervorragenden<br />
dritten Platz, einer der auffälligsten Akteure war<br />
der Klingelberger Riesling 1782. Im Gegensatz zum<br />
Fußball machen beim Wein die älteren Semester manchmal<br />
die schönsten Tore. Die Oberkircher Winzer waren<br />
übrigens das einzige Team aus Baden, das es in das<br />
Finale schaffte.<br />
»Weinbau mit Tiefgang«<br />
NEUBAU BARRIQUE-KELLER<br />
Weinbau mal anders. Statt Weinberge neu anzulegen, geht<br />
es bei den Oberkircher Winzern in die Tiefe. Der Grund<br />
ist simpel: Man braucht Platz! Durch die Ausweitung des<br />
Sortiments und die Kooperation mit dem Winzerkeller<br />
Hex vom <strong>Das</strong>enstein wurde es langsam eng im Weinkeller.<br />
Was tun? Die Ärmel hochkrempeln und neu bauen! Zwei<br />
Etagen, also über 8,50 Meter, geht es dafür ins Erdreich<br />
hinab. „Für uns ist das die größte Baustelle, bei der man<br />
von außen nichts sehen wird“, sagt der zuständige Architekt<br />
Jürgen Müller vom Architekturbüro Müller & Huber<br />
über das ambitionierte Projekt. Für die Vorgabe („Wir<br />
haben immer schnelle Baustellen“, Geschäftsführender<br />
Vorstand Markus Ell) wird ganz schön Tempo vorgelegt<br />
und viel bewegt.<br />
13. 000 Kubikmeter Erdreich werden von 1.600 Lastwagen<br />
von A nach B befördert, die Menge an Beton würde für<br />
drei Einfamilienhäuser reichen. Für die Barrique-Fässer<br />
wird es keine besseren Lagerverhältnisse geben und für<br />
eine stilvolle Verkostung keinen schöneren Ort, so viel<br />
ist sicher. Der neue barrierefreie Keller mit Flaschenlager<br />
und multiflexiblem Showkeller ist eine weitere Investition<br />
in die Zukunft der Oberkircher Winzer.<br />
7
In TitelGeschichte<br />
Wahrheit schön<br />
Wie in den<br />
Schottischen<br />
HIghlands<br />
Martin Weingärtner (l.) und Axel Baumann (r.) mit<br />
ihren schottischen HochlandrinderN<br />
8
Eine schöne und wunderbar abwechslungsreiche Landschaft gibt es<br />
nicht einfach so. Winzer erhalten sie mit ihren Reben auf Hängen<br />
und Steillagen, das Gleiche tun Landwirte wie Martin Weingärtner<br />
und sein Freund Axel Baumann, die Highland Cattles züchten.<br />
Ein Besuch.<br />
So weit das Auge reicht, wachsen Butterblumen auf<br />
den Wiesen, stehen knorrige Obstbäume und kleine<br />
Holzschuppen. Auch dunkle, braune Flecken sind<br />
im Grün erkennbar, aus der Nähe besehen sind das<br />
Highland Cattles. Man hört Traktoren, elektrische Sensen und<br />
heiseres Muhen. Gleich bimmeln die Kirchenglocken. Kaum zu<br />
glauben, aber das „Rien ne va plus“-Baden-Baden ist kaum drei<br />
Kilometer entfernt. Von der mondänen Kurstadt ist hier nichts<br />
zu spüren, dafür gibt es im Wiesental Geroldsau Natur pur.<br />
Freier Himmel, freie Landschaft, freie Gedanken.<br />
Der Kies auf dem Zufahrtsweg knirscht, Martin Weingärtner<br />
(51) rollt im Jeep an. Dieser mehrfache Unternehmer (Elektromaschinenbau,<br />
Elektrotechnik, Automation) züchtet schottische<br />
Hochlandrinder und ist der Macher eines der erfolgreichsten<br />
Projekte derzeit, der Geroldsauer Mühle mit ihren<br />
120 Mitarbeitern. <strong>Das</strong> aus dem 19. Jahrhundert stammende<br />
Anwesen kannte er noch aus seiner Kindheit. Als es zu haben<br />
war, sagte er: „Mensch, das wär’s“ und packte es gemeinsam<br />
mit seinem Bruder Roland, einem Zimmermeister, an und verwirklichte<br />
diesen Traum aus Holz.<br />
800 Festmeter Weißtannenholz wurden dafür in den umliegenden<br />
Wäldern geschlagen. Weingärtner ist stolz auf das<br />
größte Weißtannengebäude Europas (Forum Weisstanne e. V.),<br />
mit allem Drum und Dran und Drin. Etwas oberhalb liegt sein<br />
„Rehgarten“, eine im Westernstil gebaute Pferdepension mit<br />
Zuchtbetrieb für Schwarzwälder Füchse. Ohne diese Kaltblüter<br />
war in alter Zeit Land- und Forstwirtschaft nicht vorstellbar.<br />
Wenn wie kürzlich eine Stute fohlt, geht ihm das Herz auf.<br />
9
In TitelGeschichte<br />
Wahrheit schön<br />
Wieder etwas talaufwärts in Richtung Schwarzwaldhochstraße<br />
befindet sich die Farm seines alten Schulfreundes Axel<br />
Baumann (52), Holzingenieur und Sägewerksleiter, mit dem<br />
er früher schon Holz gemacht hat. <strong>Das</strong> Tandem züchtet heute<br />
Schottische Hochlandrinder, eine Mischung aus wildem<br />
Auerochsen, Bison und Longhornrind, von deren Schönheit,<br />
sie gleich fasziniert waren. Den Anfang machte Baumann mit<br />
ein paar schottischen Highland Cattles, die sich im Schwarzwald<br />
gleich zu Hause fühlten. Warum diese Rinder? Die sind<br />
robust und kommen ohne Stall aus, erklärt Baumann, dem<br />
damals als Student das Geld für einen Stall fehlte. <strong>Das</strong> <strong>18</strong>85<br />
erstmals registrierte „gälische Rind“ zählt zu den ältesten<br />
Rinderrassen, seit über 1.000 Jahren grast es in Schottlands<br />
stürmischen Highlands und Inseln. <strong>Das</strong> Gelände ist gut für<br />
die Rindviecher und die Rindviecher sind gut für das Gelände.<br />
Auf der saftigen Weide hinterlassen sie zwar ihre Spuren,<br />
aber die Hänge treten sie nicht kaputt. Die zwischen 850 Kilo<br />
(Bulle) und 500 Kilo (Kuh) leichten Tiere finden Gräser und<br />
Kräuter auf den Talwiesen und versteckten Lichtungen im<br />
Geroldsauer- und im Oostal. 120 Rinder sind es mittlerweile,<br />
die mit ihrem natürlichen Tun die Landschaft, das sind<br />
<strong>18</strong>0 Hektar freie Wildbahn, offen halten. Herden wie diese<br />
bleiben das ganze Jahr über draußen, nicht einmal wenn<br />
die Kühe kalben, brauchen sie einen Unterstand oder Hilfe.<br />
Die meisten Herden sind um die 20 bis 25 Tiere stark<br />
und werden von einem friedlichen Bullen angeführt. „<strong>Das</strong><br />
ist der Chef“, zeigen Martin Weingärtner und Axel Baumann<br />
auf den zottligen Bullen „Mac“, gut erkennbar am Nasenring.<br />
10
Geroldsauer Mühle<br />
Die 3.000 Quadratmeter große Geroldsauer Mühle beherbergt Wirtshaus,<br />
Biergarten, Seminarräume und ein kleines Hotel, zudem noch einen Bauernmarkt<br />
mit 1.500 Produkten, darunter Bio-Pasta, Demeter-Mehl, Kräuter,<br />
Ziegenkäse, Sirup, eingemachte Suppen sowie Kuchen, Brot und Brötchen<br />
aus der gläsernen Backstube. Die Wurst- und Fleischtheke wird von der<br />
Marke „echt Schwarzwald“ bestückt, vom eigenen Hochlandrind gibt es<br />
Fleisch, Bratwürste, Lyoner und vieles mehr in Bio-Qualität. Edelbrände<br />
sowie Whisky und Wein aus Baden runden das Sortiment ab.<br />
www.geroldsauermuehle.de<br />
„<strong>Das</strong> sind friedliche Tiere“, erklärt Martin Weingärtner,<br />
auch wenn die gigantischen Hörner einen anderen Eindruck<br />
vermitteln. Mit diesen langen Hörnern kratzen sie<br />
sich. Gerade im Sommer sind die Rinder ein gefundenes<br />
Fressen für die Fliegen.<br />
Auch wenn die Tiere genügsam und robust sind, ein Selbstläufer<br />
sind sie nicht. Jeden Tag gilt es, nach dem Rechten<br />
zu schauen und die in den umliegenden Tälern verstreuten<br />
Herden anzufahren. Die zottligen Tiere werden gebürstet,<br />
die Zäune erneuert. Um die 200 Kilometer Zaun sind es,<br />
schätzen die Rinderzüchter. Auch Heu muss gemacht werden.<br />
„Wenn man etwas gerne macht, dann wird es auch<br />
erfolgreich“, sagt Martin Weingärtner über seine vielfältigen<br />
Projekte und steigt in den Jeep. Die Arbeit ruft.<br />
Offene Landschaft<br />
Weil immer mehr Flächen zuwachsen, wird in Baden Wald<br />
zum Problem. Zum Beispiel besteht die Gemarkung Bad<br />
Peterstal-Griesbach schon aus 83 Prozent Wald, Tendenz<br />
steigend. Ein Ende ist nicht abzusehen, da sich die Zahl<br />
der landwirtschaftlichen Betriebe rapide verringert. Dies<br />
schadet dem Tourismus und auch der Lebensqualität. „Der<br />
Mensch braucht eine halboffene Landschaft“, weiß Regina<br />
Ostermann vom Landschaftserhaltungsverband Ortenaukreis<br />
e. V. Dieser Verband, die Stadt Oberkirch ist Mitglied,<br />
unterstützt Landwirte und Winzer in der Offenhaltung der<br />
Landschaft. www.lev-ortenaukreis.de<br />
11
Interview<br />
Jung, kreativ, erfolgreich<br />
Sekt ohne Alkohol? Stefan Huber im Interview über den neuen Trauben-Secco „Freistern“<br />
Secco ohne Alkohol ist gleich zweimal ein prickelndes<br />
Vergnügen, einmal bei der Herstellung, das andere Mal<br />
im Glas. Über die Hintergründe des Freisterns<br />
berichtet Außendienstmitarbeiter und Winzermeister<br />
Stefan Huber (29) im Interview.<br />
Und jetzt schmeckt er?<br />
Stefan Huber: Ja, und zwar nach der vollen Frucht, so<br />
als hätte man die Beere gerade vom Stock gepflückt.<br />
Liegt das Thema Wein und Sekt ohne Alkohol<br />
in der Luft?<br />
Stefan Huber: Absolut. <strong>Das</strong> Thema liegt<br />
bei den Weinfreunden voll im Trend. Die<br />
Oberkircher Jungwinzer griffen es auf<br />
und setzten unter der Kernbotschaft „bewusster<br />
Umgang mit Alkohol“ ein Zeichen.<br />
Alkoholfreier Wein und Sekt stellte bis<br />
dato noch eine absolute Nische dar. Für<br />
uns war das ein absolut aufregendes Projekt,<br />
da es nicht gerade einfach ist, einen<br />
aussagekräftigen alkoholfreien Wein oder<br />
Secco zu kreieren.<br />
Wie haben Sie dann die Kurve zum<br />
Geschmack gekriegt?<br />
Stefan Huber: Die Lösung war nicht einfach,<br />
da die uns bekannten entalkoholisierten<br />
Erzeugnisse beim Aroma leider oft<br />
enttäuschen. Wir sind den Weg des Geschmacks gegangen<br />
und haben einen Traubensaft mit Kohlensäure kombiniert.<br />
<strong>Das</strong> war Neuland für Kellermeister Martin Bäuerle und<br />
Qualitätsmanager Frank Männle. Statt mit dem Weinrecht<br />
hatten wir es auf einmal mit der Fruchtsaftverordnung zu<br />
tun. Anders als beim Wein haben wir die Trauben recht<br />
früh geerntet.<br />
Der Freistern ist ein Rosé. Warum?<br />
Stefan Huber: Viele Winzer, die sich an so etwas versuchen,<br />
bleiben im weißen Bereich. Ein Traubensaft-<br />
Secco ist ein Naturprodukt, er verändert gerne seine<br />
Farbe und verliert dadurch seine Attraktivität. Wir<br />
wollten aber eine ansprechende Farbe. Rosé ist eine<br />
gute Alternative, auch weil er im Trend liegt.<br />
Wer ist wir?<br />
Stefan Huber: <strong>Das</strong> sind die Jungwinzer, unser<br />
Nachwuchs, die dieses innovative Referenzprojekt<br />
gestemmt haben. Von diesen Winzern<br />
bekamen wir die<br />
Trauben zur Verfügung<br />
gestellt. <strong>Das</strong><br />
Projekt ging aber<br />
noch weiter, für den<br />
Freistern wurde ein<br />
Logo entwickelt, wir<br />
sprachen über das<br />
Etikett und Markenschutz. Für die Jungwinzer<br />
war es sehr spannend, so umfänglich bei einer<br />
Produktentwicklung mitwirken zu können.<br />
Fürs Marketing wurde sogar ein Film gedreht,<br />
in dem die Jungwinzer die Hauptrollen<br />
spielen (siehe QR-Code).<br />
Welche Rolle hatten Sie dabei?<br />
Stefan Huber: Als ehemaliger Sprecher der Jungwinzer und<br />
aktiver Winzer sowie als Außendienstmitarbeiter bin ich<br />
von der Entstehung bis zum Kunden mit dabei. <strong>Das</strong> war<br />
sehr spannend, vom ersten Pinselstrich bis zum Point of<br />
Sale.<br />
12
Hat man darauf gewartet?<br />
Stefan Huber: Als wir den Freistern auf der internationalen<br />
Weinmesse ProWein in Düsseldorf vorgestellt haben, ging ein<br />
richtiger Ruck durch die Szene. Da wurde viel probiert und<br />
diskutiert. Nach fünf, sechs Wochen waren wir bereits ausverkauft.<br />
Sogar der SWR hat sich dafür interessiert und eine Reportage<br />
darüber gedreht. Mit so einem Erfolg hatte keiner von<br />
uns gerechnet. Für alle Beteiligten wurde das zu einem tollen<br />
Aha-Effekt.<br />
Wie geht’s weiter?<br />
Stefan Huber: Die nächsten Flaschen gibt es mit dem neuen Jahrgang<br />
ab September. Ich bin mir sicher, dass sich der Freistern<br />
durchsetzen wird, zum Beispiel als Alternative zum O-Saft bei einem<br />
Sektempfang. Für alle, die keinen Alkohol trinken wollen, können<br />
oder dürfen.<br />
Und was hat es mit dem Namen auf sich?<br />
Stefan Huber: Zuerst dachten wir an etwas ganz Eigenständiges,<br />
aber dann haben wir ihn in die Stern-Familie (Silberstern, Eisstern)<br />
aufgenommen. <strong>Das</strong> klingt gut und hat einen hohen Wiedererkennungswert.<br />
Film: www.youtube.com/watch?v=JjOgn9m9G_M<br />
13
Leibspeise<br />
f<br />
a<br />
m<br />
i<br />
l<br />
i<br />
e<br />
19 68<br />
w<br />
u<br />
s<br />
s<br />
l<br />
e<br />
r<br />
14<br />
Text: Pascal Cames Foto: Jigal Fichtner
Klassisch, badisch, jung<br />
Steckenpferd Eis: Tobias und Marco Wussler<br />
wirbeln auf dem Gengenbacher Ponyhof<br />
In Österreich kennt sie zwar jeder, aber hier im Badischen<br />
laufen sie noch unter Geheimtipp. Die kochenden Brüder<br />
Tobias (27, Foto, rechts) und Marco Wussler (25, Foto, links)<br />
wirbeln gerade im elterlichen Betrieb in Gengenbach. Seit<br />
November 2015 sind sie wieder da, weil die Mutter sich die<br />
Sehne gerissen hatte und der Vater es alleine nicht schaffte.<br />
Eigentlich war eine Asienreise geplant ... „Wir haben immer<br />
gesagt, wir kommen wieder zurück“, sagt Marco Wussler.<br />
Wieder daheim, zeigen sie, was sie auf ihrer Wanderschaft<br />
durch die Spitzengastronomie gelernt haben. Sie kochen mit<br />
Heu (Ponyhof!), zaubern hausgemachten Sauerbraten in Ravioli<br />
und erfinden (Steckenpferd!) neue Eissorten, wie zum<br />
Beispiel ihr Barrique-Eis mit Röst-, Vanille- und Rotweinaromen.<br />
Der Ponyhof wurde 1968 vom Opa gegründet, vor 19 Jahren<br />
übernahm dann die Mutter Erika die Zügel, während Vater<br />
Alois, ein gelernter Metzger, gutbürgerlich kochte. Dieser Linie<br />
bleiben sie treu, Papas Schnitzel und Steaks laufen jetzt<br />
unter „Klassiker“, hinzugekommen sind Ceviche und andere<br />
Speisen. Österreich hat die Wussler-Brüder stark geprägt,<br />
sie waren in Ischgl und der Wachau in den besten Häusern<br />
(Trofana Royal, Landhaus Bacher) und erfanden für den österreichischen<br />
Pavillon der Expo Mailand 2015 das Tannen-<br />
Eis. Für den kulinarischen „Waldspaziergang“ nahmen sie<br />
junge, grüne Tannenspitzen, Honig, karamellisierte sowie<br />
Preiselbeeren und für die Glasur Bitterschokolade. Gemacht<br />
wurde das Eis auf dem Ponyhof. Über drei Monate lang<br />
fuhren die Wusslers an ihren zwei freien Tagen heim und<br />
produzierten 14.000 Stück Eis am Stil, die dann tiefgekühlt<br />
an die Donau und von dort über die Alpen gebracht wurden.<br />
<strong>Das</strong> war ein Coup! „In Österreich kennt uns jeder“, lacht<br />
Tobias Wussler, der 2014 in Österreich zum Souschef des<br />
Jahres gewählt wurde.<br />
Wieder daheim geht die Eis- und Erfolgsgeschichte gerade<br />
so weiter. Von den Oberkircher Winzern bekamen sie ein<br />
Barrique, das sie jetzt Stück für Stück, Planke für Planke zerlegen.<br />
Es geht ihnen nicht um den Effekt. „Der Geschmack ist<br />
das Wichtigste“, erklärt Tobias Wussler das Zusammenspiel<br />
verschiedener Aromen. <strong>Das</strong>s hier Unerwartetes, ja Sensationelles<br />
passiert, spricht sich herum, sogar die New York<br />
Times hat schon über sie berichtet. Für die Zukunft planen<br />
die Wusslers zu ihrem „modernen Gasthaus“ das passende<br />
Hotel. Da wird man sich noch wundern. Bloß mit Pferden ist<br />
nicht zu rechnen, die gibt es seit 25 Jahren nicht mehr. Aber<br />
große Sprünge, hey, immer!<br />
Waldgaststätte Ponyhof | Mattenhofweg 6 | 77723 Gengenbach<br />
Tel.: 0 78 03 / 14 69 | info@ponyhof.co | www.ponyhof.co<br />
Barrique-Fass-Eis<br />
//gedörrte Physalis<br />
//gesalzene Kondensmilch<br />
Gesalzene Kondensmilch<br />
150 g Kondensmilch, 50 g Sahne,<br />
200 g geschlagene Sahne, 1 Blatt Gelatine<br />
ZUBEREITUNG: Kondensmilch in der Dose 3 Stunden<br />
lang kochen, somit karamellisiert das Ganze, Sahne<br />
und Kondensmilch erwärmen, Gelatine dazugeben und<br />
die geschlagene Sahne unterheben.<br />
Barrique-Fass-Eis<br />
700 g Sahne, 850 g Milch, 100 g Zucker, 500 g weiße<br />
Schokolade, 40 g Traubenkernöl, 1 Stück geröstetes<br />
Barrique-Fass, <strong>18</strong>0 g zerdrückte weiße Trauben<br />
ZUBEREITUNG: <strong>Das</strong> ganze 2 Tage ziehen lassen, dann<br />
absieben und die Masse einfrieren.<br />
Physalis in Honig gedörrt<br />
Physalis in Honig bei 68 °C ca. 2 Tage garen.<br />
Walnusscrumble<br />
50 g Butter, 50 g Mehl, 100 g geröstete Mandeln,<br />
20 g Zucker<br />
ZUBEREITUNG: <strong>Das</strong> Ganze vermengen und bei 160 °C<br />
ca. 25 Min. im Ofen backen, auskühlen lassen und mit<br />
den Fingern zerbröseln.<br />
Weinempfehlung:<br />
Likörwein edelsüß, Oberkircher Winzer<br />
15
neuland<br />
SAP-Projektteam erlebt genussvolle Inspiration<br />
bei den Oberkircher Winzern<br />
Ina Glaes, Martin Bäuerle und Edda Mann (v.l.)<br />
16
Auch im Wein<br />
steckt viel Design<br />
Was macht Kellermeister Martin Bäuerle bei SAP? Warum jetzt auch SAP einen Kellermeister<br />
hat, lesen Sie im Bericht von Edda Mann, Design Thinking Coach, vom AppHaus in Heidelberg<br />
Ende Februar war Kellermeister Martin Bäuerle<br />
auf ungewöhnlicher Mission, er besuchte unser<br />
AppHaus in Heidelberg. Im Design- und Innovationszentrum<br />
der Softwareschmiede SAP gestalten<br />
wir mit und für Kunden zukunftsweisende Produkte<br />
und Lösungen: in kleinen, gemischten Teams ohne Laptop,<br />
dafür mit bunten Klebezetteln, Bastelmaterial und Legosteinen.<br />
Design Thinking heißt die Herangehensweise,<br />
um innovative Ideen für komplexe Problemstellungen<br />
zu finden.<br />
Vorausgegangen war unser Besuch in<br />
Oberkirch. Warum? Unser Team<br />
suchte ein neues Geschäftsmodell,<br />
um Softwareprodukte<br />
durch einen gemeinschaftlichen<br />
Ansatz zu „veredeln“.<br />
<strong>Das</strong> klang zunächst sehr abstrakt<br />
und komplex, wir hatten<br />
weder ein gemeinsames Verständnis<br />
noch irgendeinen Ansatzpunkt<br />
für eine mögliche Lösung.<br />
Um das Problem greifbarer und anschaulicher<br />
zu machen, kamen wir auf<br />
die Idee, ein Geschäftsmodell mit ähnlichen<br />
Aspekten und Fragestellungen anzuschauen.<br />
Nur sollte es aus einem komplett<br />
anderen Umfeld sein. <strong>Das</strong> Genossenschaftsmodell<br />
erschien uns sehr geeignet. Auf nach<br />
Oberkirch!<br />
Nach einem genüsslichen Start mit Sektprobe<br />
gaben Qualitätsmanager Frank Männle und Kellermeister<br />
Martin Bäuerle ausführlich Einblick in die<br />
Welt des Weins, von den Qualitätsmaßnahmen<br />
im Weinberg über Traubenannahme, Kellerwirtschaft und<br />
Abfüllung. In der anschließenden Diskussionsrunde standen<br />
auch Markus Ell und Martin Benz Rede und Antwort.<br />
„Es ist schön, wenn die Großen von den Kleinen noch<br />
etwas lernen können“, meinte Markus Ell zum Abschied.<br />
„Dieser ,Analogiebesuch‘ war nicht nur Genuss, sondern<br />
auch Inspiration pur“, lautet das einhellige Fazit im Projektteam.<br />
Uns wurde klar, dass die beteiligten Menschen<br />
und ihre innere Einstellung den entscheidenden Erfolgsfaktor<br />
für diese Art von Geschäftsmodell ausmachen.<br />
Die Qualität der angelieferten Trauben<br />
wird nicht nur durch Regularien und Prozesse<br />
sichergestellt, sondern gerade durch<br />
Vertrauen, Transparenz und Empathie<br />
mit den Winzern. Uns beeindruckte, wie<br />
der Kellermeister und sein Team die<br />
Weine als ihre „Kinder“ behandelten.<br />
Auch wenn uns der Keller etwas<br />
unromantisch erschien: Hier werden<br />
die Weine mit Liebe, Kreativität<br />
und positiver Energie<br />
geschaffen, und gerade auch<br />
„Sorgenkinder“ werden so<br />
zu Spitzenweinen.<br />
Der Analogiebesuch'<br />
breitete sich wie ein<br />
Lauffeuer bei SAP<br />
aus und machte alle<br />
neugierig. Also wurde<br />
Martin Bäuerle nach<br />
Heidelberg eingeladen, um einem<br />
größeren Kreis eine Kostprobe über<br />
die Wirkung, Kraft und Stärke von Analogien<br />
sowie die Fürsorge und Leidenschaft der Oberkircher<br />
Winzer nahezubringen.<br />
Seitdem haben wir auch einen Kellermeister, einen „SAP<br />
Kellermeister“, der bei seinen Entscheidungen seiner Intuition<br />
und seinem Bauchgefühl vertraut. <strong>Das</strong> alte Wort von<br />
„in vino veritas“ hat immer noch seine Berechtigung.<br />
17
Wein-ABC<br />
Jahrhundertjahrgang<br />
WEIN-ABC von:<br />
Frank Männle<br />
Qualitätsmanager<br />
Weinbau<br />
Oberkircher Winzer<br />
Bis vor einigen Jahren war es<br />
in manchen Zeitungen noch<br />
üblich, jährlich einen Jahrhundertjahrgang<br />
auszurufen – ob<br />
das nun alle Weine einer Region<br />
betraf, wurde selten gesagt. Landläufig<br />
werden warme und vor allem sonnige Sommer<br />
dafür verantwortlich gemacht. Im Zuge der<br />
Erderwärmung wurde im letzten Vierteljahrhundert<br />
deshalb oft und früh gejubelt. Sicher ist<br />
das Niveau deutlich gestiegen und<br />
es gibt seither im Durchschnitt<br />
schönere Weine, weil die Trauben<br />
besser ausgereift sind. Allerdings<br />
enttäuschte mancher Jahrgang<br />
später dann doch, weil vielen Weinen<br />
die Lagerfähigkeit fehlte. <strong>Das</strong><br />
machte den Spitzenweinen zu schaffen, die<br />
Kenner ja gerne einige Jahre im Weinkeller<br />
aufbewahren wollen.<br />
Durch einen extrem heißen und trockenen Sommer wurde<br />
2003 für manche gar zum „Jahrtausendjahrgang“. Viele<br />
2003er-Weine hatten mehr Alkohol, als ihnen guttat. Gerade<br />
Weißweine mit außergewöhnlich hohen Alkoholwerten wirken<br />
selten elegant, dafür oftmals plump. Heimische Rotweine hatten<br />
mächtig viel Tannin, das zehrte mitunter arg am Gaumen.<br />
Können Winzer und Kellermeister auf diese Spitzen reagieren?<br />
Grundsätzlich ja, aber 2003 fehlte noch die Erfahrung. Einige<br />
warme Sommer später bekamen gute Erzeuger den Spagat<br />
zwischen Lesetermin, Oechsle und Aromareife viel besser hin.<br />
Was macht einen großen Weinjahrgang aus, der nicht nur<br />
frisch abgefüllt, sondern auch Jahre später hervorragend<br />
schmeckt? Ein wesentlicher Punkt ist die Erntemenge. Ein<br />
Jahrgang mit viel Ertrag und großen Trauben und Beeren wird<br />
nie die besten Weine hervorbringen. Ansonsten muss<br />
man differenzieren: Wärme und viel Sonne im Sommer<br />
und Herbst sind für Rotweinsorten gut, während<br />
fruchtige Weißweine wie Scheurebe, Riesling oder<br />
Sauvignon blanc es zur Reife hin lieber kühl haben.<br />
Viel Niederschlag im Spätsommer birgt auf<br />
„schweren“ Löß- oder Lehmböden verstärkt die<br />
Gefahr von Fäulnis, während Gesteinsböden bis zur<br />
Lese wieder trocknen können. Kühlere Anbaugebiete<br />
freuen sich über warme Jahre mehr als Regionen,<br />
in denen die Trauben ohnehin<br />
immer reif werden. Und Botrytis<br />
(Edelfäule) ist für große Süßweine<br />
wie Trockenbeerenauslesen notwendig,<br />
aber für andere Weine<br />
gilt es, vorzeitig zu ernten, wenn<br />
dieser Pilz im Anmarsch ist.<br />
Vergangenes Jahr war der Begriff weniger in<br />
den Medien zu lesen, dabei wird das der Jahrgang<br />
sein, der aller Voraussicht nach die besten<br />
Rotweine seit Winzergedenken hervorbringen<br />
wird. Wie das? <strong>Das</strong> Traubengut fiel aufgrund der frühen<br />
Trockenheit kleiner aus, dafür hingen die Beeren schön locker<br />
und waren gut der Sonne ausgesetzt. So konnten sich die Beeren<br />
voll durchfärben. Kleine Beeren haben mehr Tannine, weil<br />
das Verhältnis der Beerenschalen (hier sitzen die Tannine)<br />
zum Saft günstiger als üblich für den Rotwein war. Perfekt<br />
wurde das Jahr, weil die Temperaturen zur Lese moderat waren<br />
und keine Botrytisgefahr bestand. Erst dadurch konnte die<br />
Qualität der Trauben auf dem Höhepunkt eingefahren werden.<br />
Auch die 2015er-Grau- und Weißburgunder zeigen sich hervorragend,<br />
sodass man für 2015 wirklich das große Wort vom<br />
„Jahrhundertjahrgang“ aussprechen darf.<br />
<strong>18</strong>
DIE WEINKOLUMNE<br />
mit Vincenzo de Biase<br />
In Wahrheit schön<br />
Wein<br />
Lesen<br />
W ein trifft ins herz<br />
E ST 1973<br />
„Was ist mediterrane Küche?“, werde ich manchmal<br />
gefragt. Ich bin ja von dort, ich muss es wissen.<br />
Für mich ist das die Küche rund ums Mittelmeer, aus<br />
Spanien, Frankreich, Italien, Griechenland ... Jede ist<br />
für sich verschieden, aber Gemeinsamkeiten gibt es<br />
doch. Viel Fisch wird dort gegessen, man würzt mit<br />
Rosmarin, Thymian und anderen Kräutern frisch<br />
aus dem Garten und man liebt Gemüse, wie zum<br />
Beispiel Zucchini, Auberginen, Tomaten. <strong>Das</strong> ist<br />
eine wirklich farbige Küche. Auch Olivenöl gehört<br />
dazu, selbstverständlich! Ich denke gerne auch an<br />
Spanferkel und an große Feste, die mit der ganzen<br />
Familie auf dem Land gefeiert werden. Bei uns im<br />
Süden hat eigentlich jeder sein kleines Häuschen<br />
irgendwo im Grünen oder dort, wo er ein kleines<br />
Feld oder einen großen Garten hat. Da feiert man<br />
dann den ganzen Tag zusammen und genießt das<br />
Leben. Natürlich sind solche Momente rar. Aber die<br />
mediterrane Küche ist auch für jeden Tag eine gute<br />
Küche. Bis heute erinnere ich mich gerne an einen<br />
Sonntagmorgen bei uns zu Hause. Vielleicht liege<br />
ich noch im Bett, da weckt mich der Duft aus der<br />
Küche. Zwiebeln und Knoblauch liegen in der Luft,<br />
meine Mutter hat Pasta oder Gnocchi gemacht und<br />
ein Ragù mit Fleisch köchelt auf dem Feuer. Da bekommt<br />
man sofort Appetit, auch wenn es erst neun<br />
Uhr morgens ist. Dieser Geruch begleitet mich das<br />
ganze Leben. Zu einem mediterranen Essen gehört<br />
natürlich Wein. Ein Glas am Mittag schadet nicht,<br />
das gehört zur Kultur. Bei uns stand immer ein Krug<br />
auf dem Tisch, so wie überall. Da die Erwachsenen<br />
nur ein Glas zum Essen getrunken haben, hielt der<br />
Krug ein, zwei, drei Tage. Meine Aufgabe war es, in<br />
den Keller zu gehen und den Wein frisch vom Fass<br />
zu holen. Mit 16 Jahren erlaubte mir mein Vater<br />
mein erstes Glas Rotwein. Der Wein war ein bisschen<br />
sauer und hatte viele Tannine ... Da keine Hefen<br />
zugesetzt wurden, vergärte der Wein spontan.<br />
Heute machen die wenigsten noch eigenen Wein,<br />
aber die Tradition des Mittagsweins hat sich im Süden<br />
gehalten. In Norditalien ist das anders, da trinken<br />
sie lieber Bier oder Wasser. Auch wenn Baden<br />
nicht am Mittelmeer liegt, entdecke ich vieles, was<br />
mich an meine Heimat erinnert. Da sind die Berge<br />
und der Wein, die Liebe zum guten Essen und die<br />
Lust, das Leben zu genießen. Hier zwischen Mannheim<br />
und Basel hat es die meisten Sterne-Restaurants<br />
in Deutschland. Zufall? Ich glaube nicht. Die<br />
Lebenskunst in all ihren Facetten ist ein Teil der<br />
badischen Kultur. Dazu gehört ein Wein zum Essen.<br />
Als Sommelier empfehle ich immer wieder gerne<br />
einen badischen Rosé, auch zu einem Mittelmeerfisch.<br />
Probieren Sie!<br />
Herzlichst,<br />
Ihr<br />
Veritas-Kolumnist Vincenzo De Biase<br />
stammt aus der Basilicata in Süditalien<br />
und lebt und liebt Wein. „Würde ich noch<br />
mal auf die Welt kommen, würde ich es<br />
wieder machen“, sagt er über seinen Beruf<br />
als Sommelier im Europa-Park. Er wurde<br />
vom Schlemmer Atlas (Buscheverlag) in<br />
die TOP 50 der besten Sommeliers <strong>2016</strong> in<br />
Deutschland gewählt.<br />
19
WeinBekenntnisse<br />
»...ein wichtiger Genussfaktor ist...«<br />
Nichts als Wahrheiten. <strong>VERITAS</strong>-Leser erzählen, was ihnen zum Wein schmeckt, und andere Bekenntnisse.<br />
Name: Sonja Höferlin // Alter: 52 //<br />
Leibspeise: Ein gutes Stück Fleisch<br />
mit Salat // Wohnort: Freiburg //<br />
Beruf: Geschäftsführerin Badischer<br />
Wein GmbH // Wenn ich ein Glas zu<br />
viel getrunken habe: Wird mein<br />
Humor so trocken wie der Wein,<br />
den ich getrunken habe.<br />
Ich trinke Wein, weil ...<br />
mir Wein schmeckt und ich viel<br />
Freude daran habe.<br />
Name: Gunia Wassmer // Alter: 39 //<br />
Leibspeise: Dreierlei – Wurstsalat, Bibeleskäs<br />
und Brägele // Wohnort: Oberkirch //<br />
Beruf: Diplom-Betriebswirtin, Fachrichtung<br />
Tourismus- und Hotelmanagement //<br />
Wenn ich ein Glas zu viel getrunken habe:<br />
War es ein gelungener Abend mit lieben<br />
Freunden und einem guten Wein<br />
Ich trinke Wein,<br />
weil ...<br />
kein anderes<br />
Getränk so viele<br />
Facetten bietet.<br />
Name: Matthias Greilach // Alter: 47 //<br />
Leibspeise: Badische Tapas mit heimischem<br />
Spargel und Schwarzwälder<br />
Schinken // Wohnort: Offenburg // Beruf:<br />
Geschäfts-führer Renchtal Tourismus<br />
GmbH // Wenn ich ein Glas zu viel<br />
getrunken habe: ... muss es ein schöner<br />
und langer Abend gewesen sein.<br />
Ich trinke Wein, weil ... es keinen besseren<br />
touristischen Botschafter gibt!<br />
Name: Axel Singer // Alter: 59 // Leibspeise:<br />
Spargel mit Kratzete // Wohnort:<br />
Baiersbronn // Beruf: Geschäftsführer der<br />
Kur und Tourismus GmbH Bad Peterstal-<br />
Griesbach // Wenn ich ein Glas zu viel<br />
getrunken habe: Kommen mir manchmal<br />
die besten Ideen.<br />
Ich trinke Wein, weil ...<br />
es für mich ein wichtiger<br />
Genussfaktor und Heimat<br />
zugleich ist.<br />
20
Viel Glück!<br />
Trinken & Gewinnen<br />
Eine Übernachtung mit Frühstück,<br />
Mittag- und Abendessen für zwei Personen<br />
Gewinnen Sie eine Übernachtung für zwei Personen inkl. Frühstück und Abendessen<br />
im Waldhotel Zollernblick sowie ein Mittagessen für zwei Personen auf<br />
der Berghütte Lauterbad inkl. eines Getränks Ihrer Wahl.<br />
FRAGE:<br />
„Chillen?“<br />
Wie heißt der Wein der Oberkircher Winzer,<br />
mit dem man besonders gut im<br />
Sommer chillen kann?<br />
MITMACHEN BIS<br />
30. 9. <strong>2016</strong><br />
Zu gewinnen gibt es eine Übernachtung für zwei Personen inkl. Frühstück und Abendessen im Waldhotel Zollernblick sowie ein Mittagessen<br />
für zwei Personen auf der Berghütte Lauterbad inkl. eines Getränk Ihrer Wahl. Und so geht’s: Einfach die Antwort auf unserer<br />
Facebook-Pinnwand (www.facebook.com/oberkircherwinzereG) posten oder eine E-Mail an info@oberkircher-winzer.de senden.<br />
Alternativ können Sie uns die Lösung auch auf einer Postkarte an folgende Adresse senden: Oberkircher Winzer eG, Renchener Straße 42, 77704 Oberkirch. Nur ausreichend<br />
frankierte Einsendungen mit vollständiger Absenderadresse nehmen an der Verlosung teil. Einsendeschluss ist der 30.9. <strong>2016</strong>. Teilnehmen kann jeder mit Ausnahme der Mitarbeiter<br />
der beteiligten Unternehmen und deren Angehöriger. Eine Barauszahlung des Gewinnes und der Rechtsweg sind ausgeschlossen. Der Gewinner wird schriftlich benachrichtigt.<br />
Gewinner des letzten Gewinnspiels: Helmut Lembach, Neunkirchen<br />
SCHÖN<br />
„Guter Wein ist<br />
das halbe Leben.“<br />
Hieronymus Bock (1498–1554),<br />
„Vater der Botanik“, dt. Arzt, Botaniker und Prediger<br />
Weltweit Wein<br />
Der italienische Künstler Michelangelo<br />
(1475–1564) war der Erste, der den römischen<br />
Gott des Weines und Rausches<br />
Bacchus (griechisch: Dionysos) betrunken<br />
darstellte.<br />
gesagt<br />
21
Termine & Kalender<br />
Termine<br />
Thema Datum Ort<br />
Oberkirch leuchtet –<br />
Sommernachtseinkauf<br />
bis 24.00 Uhr mit<br />
Winzermeile<br />
8. Juli <strong>2016</strong> Innenstadt Oberkirch<br />
Oberkircher<br />
Weinfest<br />
Kulinarische<br />
„Rebhäusle“-Wanderung<br />
2.–5. September <strong>2016</strong> Oberkirch<br />
<strong>18</strong>. September <strong>2016</strong> Oberkircher Winzer eG<br />
OBerkircher Weinfest<br />
Was dem Stuttgarter seine Wasen,<br />
ist dem Oberkircher sein Weinfest.<br />
Der weinselige Höhepunkt des Jahres<br />
hat wieder was für jeden, Konzerte,<br />
Leckereien, edle Tropfen und natürlich<br />
das illuminierte Riesenrad. Man kann es<br />
drehen und wenden, wie man will, das<br />
ist das Highlight im Herbst!<br />
Kulinarische<br />
Weinwanderung<br />
Ortenauer Weinfest<br />
25. September <strong>2016</strong> Oberkirch<br />
23.–26. September <strong>2016</strong> Offenburg<br />
Nähere Infos zu den einzelnen Veranstaltungen erhalten Sie auf<br />
unserer Website unter: www.oberkircher-winzer.de<br />
Kalender <strong>2016</strong><br />
©<br />
Rebecca Meek, Universal<br />
Music Group / Sieveking Verlag<br />
Gregory Porter<br />
Der Mann mit der Ballonmütze,<br />
Gregory Porter („Liquid Spirit“),<br />
gehört zu den stimmgewaltigen<br />
Sängern, mit einem Repertoire<br />
aus Jazz, Soul und R&B. Für<br />
Spiegel Online hat er „das Zeugs<br />
zum Weltstar“. In Deutschland<br />
ist der US-Amerikaner besonders<br />
erfolgreich.<br />
Musik & Kunst Datum Ort<br />
Charles Bradley<br />
The Boss Hoss<br />
Gregory Porter<br />
Amy Macdonald<br />
Matthias Deutschmann<br />
Jean Michel Jarre<br />
Donnerstag,<br />
14. Juli <strong>2016</strong><br />
Donnerstag,<br />
21. Juli <strong>2016</strong><br />
Montag,<br />
25. Juli <strong>2016</strong><br />
Freitag,<br />
12. August <strong>2016</strong><br />
Sonntag,<br />
25. September <strong>2016</strong><br />
Montag,<br />
17. Oktober <strong>2016</strong><br />
ZMF, Freiburg<br />
I EM MUSIC!<br />
Emmendingen<br />
Tollhaus, Karlsruhe<br />
Weinmesse, Colmar<br />
Vorderhaus, Freiburg<br />
Zénith, Straßburg<br />
22
unterHaltung<br />
Humor<br />
Rätsel<br />
1<br />
4<br />
1. Was ist eine Degustation?<br />
2. Feinheit eines Weins<br />
3. Was ist ein Reber?<br />
4. Chemische Reaktion von<br />
Weininhaltsstoffen mit Sauerstoff<br />
5. Ort, wo Sammler edler Tropfen<br />
ihre Sammlung aufbewahren<br />
6. Kristalline Ablagerung auf dem<br />
Flaschenboden<br />
4<br />
7. <strong>Das</strong> tut der Wein, wenn er<br />
Sauerstoff aufnimmt<br />
8. Vorgang, bei dem unreife Beeren<br />
aussortiert werden<br />
9. Wie ist der Wein, wenn er voll<br />
entwickelt ist?<br />
10. Einzige Informationsquelle für den<br />
Weinkäufer, etwas über den Wein<br />
zu erfahren<br />
Lösung<br />
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.<br />
2<br />
2 3<br />
7<br />
1<br />
6<br />
5<br />
7<br />
8 9<br />
3<br />
5<br />
Die Lösung finden Sie ab dem 30. 09.<strong>2016</strong> auf unserer Facebook-Seite<br />
oder unter: www.oberkircher-winzer.de<br />
10<br />
6<br />
23
Im Schwarzwald ganz vorn.<br />
Über Berg und Tal, Obst- und Rebgärten führen traumhafte<br />
Wander- und Radwege. Auch kulinarisch werden Sie im Renchtal<br />
verwöhnt. Neben der guten Badischen Küche können Sie auch die<br />
bundesweit ausgezeichneten Weine und Edelbrände genießen!<br />
Tipp: Auf 14 km verläuft der Oberkircher Brennersteig rund um das Hesselbacher<br />
Tal, vorbei am Geigerskopfturm mit herrlichen Ausblicken auf<br />
die Schwarzwaldhöhen und ins Rheintal bis zu den Vogesen. Zahlreiche<br />
Brennereien und Einkehrmöglichkeiten liegen am Weg!<br />
Veranstaltungshöhepunkte <strong>2016</strong><br />
Mittsommer auf dem Renchtalsteig 25. Juni I Oppenauer Stadtfest<br />
27. – 29. August | Oberkircher Weinfest 2. – 5. September | Weinfest<br />
Lautenbach 16. – 19. September | Kulinarische Weinwanderung<br />
25. September<br />
RENCHTAL TOURISMUS GMBH<br />
Bahnhofstraße 16<br />
77704 Oberkirch<br />
T: 07802 82600 www.renchtal-tourismus.de