JB-2015
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1
2
3
1. Geschäftsbericht für das Jahr 2015
Keine Angst vor HIV!
Wir alle können ganz entspannt und positiv zusammen
leben, denn weder im Alltag noch in den allermeisten
denkbaren Lebenssituationen besteht eine begründbare
Gefahr vor einer HIV-Übertragung. Viele Menschen wissen
das und doch vertrauen nicht wenige Menschen in
Situationen, in denen es auf dieses Wissen ankommt,
doch nicht darauf. Die Ängste sind nicht selten größer.
Und Menschen mit HIV erleben Ängste ihrer Umgebung
oft als Zurückweisung oder erleben gar mehr oder weniger
direkte Ablehnung, Ausgrenzung oder subtilere
Formen von Diskriminierung und ziehen wiederum nicht
selten daraus die Konsequenz, ihren Status geheim zu
halten. Diese Zurückweisungen wegen der Infektion und
die Angst davor wiegen bei Menschen mit HIV heute oft
schwerer als die gesundheitlichen Folgen der HIV-Infektion.
Diesen Bedingungskreislauf wollen wir überwinden,
denn:
Mit HIV kann man leben. Mit Diskriminierung nicht!
Da hilft vor allem eines: darüber reden! Denn wer mehr
(voneinander) weiß, hat weniger Angst.
Dass das Thema Entdiskriminierung, also gleichsam die
Bearbeitung der „gesellschaftlichen Erkrankung“ gegenüber
HIV und AIDS, vor dem Hintergrund der medizinischen
Fortschritte in den letzten Jahren immer mehr zum
zentralen Anliegen werden konnte, freut uns geradezu,
geht es doch in unserer Arbeit immer mehr um Lebensbegleitung
und kaum noch um Sterbebegleitung von
Menschen mit HIV und AIDS.
Mit HIV leben in Deutschland immer mehr Menschen
(2015 ca. 85.000) mehr oder weniger gut. Etwa 2/3 davon
sogar so gut, dass sie der Unterstützung durch die
AIDS-Hilfen kaum noch bedürfen. Es bleibt allerdings
gut ein Drittel, die aufgrund von diversen, oft prekären
Lebenssituationen auch aufgrund der HIV-Infektion dringend
auf Unterstützung, Rat und Hilfe durch AIDS-Hilfen
angewiesen sind. Und das zumindest phasenweise sehr
intensiv.
Dies gilt insbesondere für die Gruppe der sogenannten
„late presenter“, der Menschen also, die erst sehr spät
ihre Erstdiagnose bekommen und sich dann bereits in
sehr ernst zu nehmenden gesundheitlichen Problemlagen
befi nden – nicht selten bereits im Stadium AIDS sind.
Sie tauchen erst so spät auf, weil sie bis dahin vielleicht
nur wenig gesundheitliche Probleme hatten, weil sie entweder
bis dahin kein Risikobewusstsein entwickelt haben,
weil sie sich aus diffusen Ängsten heraus bewusst
gegen einen Test entschieden haben oder weil sie Stigmatisierung
oder/und diskriminierende Folgen befürchten
oder weil ihnen schlichtweg die Informationen fehlen.
Oder weil sie bis dahin auf schlecht informierte oder nicht
sensibilisierte Mediziner gestoßen sind und sie somit keine
Testempfehlung bekommen haben.
Für das Berichtsjahr 2015 geht das Robert-Koch-Institut
(RKI) zudem davon aus, dass von den etwa 85.000
HIV-Infi zierten in Deutschland ungefähr 13.000 Menschen
noch nicht getestet sind und somit keine Ahnung
von ihrem Status haben können. Und dabei sind die
zugewanderten Menschen mit Migrationshintergründen
(wie etwa Flüchtlinge) nicht (mehr) berücksichtigt, weil
das RKI sich zur Zeit dazu außer Stande sieht, seriöse
Angaben zu machen.
Und diese Gruppe der Ungetesteten spielt wiederum
eine wesentliche Rolle hinsichtlich der steigenden Zahl
von HIV-Neuinfektionen (so auch wieder im Berichtsjahr
auf etwa 3250), denn diese sind vermutlich für einen großen
Teil der Übertragungen verantwortlich.
Vor diesen Hintergründen kommen wir an der Seite un-
4
Geschäftsbericht
seres Landesverbandes zu der Analyse, dass wir damit
nicht zufrieden sein können und zu verschiedenen begründeten
Forderungen (s. Claims zum 30-jährigen Jubiläum
der Aidshilfe NRW e.V. www.nrw.aidshilfe.de ):
Wir wollen mehr … POSITIVE!
Die Frage nach dem Warum? ist allerdings sehr berechtigt,
denn diese Forderung erscheint ja zunächst einmal
als Paradoxon gegenüber dem eigentlichen Ziel der „Minimierung
von Neuinfektionen“ (s. Landeskonzept NRW
2013), welches wir selbstverständlich weiter verfolgen
müssen und wollen. Es ist also erläuterungsbedürftig.
Und das wollen wir hier nicht versäumen.
Nach heutigem Wissensstand gilt: Für Menschen mit HIV
ist es von deutlich größerem Nutzen, die (antiretrovirale)
Therapie eher früher als später zu beginnen, also „hit
hard and early!“. Je früher man mit der Therapie beginnt,
desto besser scheinen die Optionen zu sein, dass Stadium
AIDS so weit wie möglich hinaus zu zögern, die Erkrankungsprogression
gut zu kontrollieren, desto später
scheinen selbst nicht-HIV-assoziierte Infektionen aufzutauchen.
Und – auch dies soll nicht unerwähnt bleiben: Je früher
der Therapiebeginn liegt, desto früher und besser kann
es gelingen, die HIV-Viruslast unter die sog. Nachweisgrenze
zu bringen und zu halten und somit hat dies auch
sehr deutliche primärpräventive Effekte. Denn hier greift
die gesicherte Erkenntnis, dass unter bestimmten Bedingungen
von einem HIV-positiven Menschen, dessen
Viruslast stabil unter der Nachweisgrenze liegt, keine Infektiösität
ausgehen kann!
Die Instrumente sind also da, dass eigentlich in Deutschland
kein HIV-positiver Mensch mehr an den Folgen von
AIDS versterben muss, sofern dieser Mensch die notwendigen
Bedingungen (lebenslange Chemotherapie mit
hoher Adhärenz und einiges mehr) erfüllen kann und will.
Das ist nicht leicht und sicherlich auch von glücklichen
Umständen (Verträglichkeit, überschaubare Nebenwirkungen,
psychische Stabilität, günstige soziale Verhältnisse
u.a.) abhängig, aber durchaus möglich.
Insofern sehen wir diese Möglichkeiten für uns auch eindeutig
als zielrelevante Orientierungsmarke für unsere
strukturelle Präventionsarbeit an.
Um mehr frühzeitige Diagnosen zu erzielen und dann
auch eine adäquate medizinische Versorgung zu ermöglichen,
braucht es allerdings natürlich auch entsprechende
Ressourcen und Initiativen. Und da sehen wir in unserer
Region eher Stagnation und Standardabsenkungen
als Chancen auf eine Weiterentwicklung der strukturellen
HIV-/AIDS-Prävention, wie sie im Landeskonzept NRW
(s. Vorjahresberichte) und in diversen Empfehlungen der
Fachgesellschaften gefordert werden.
5
Die Erkenntnisse müssen transportiert, in die Bevölkerung
getragen werden (insbesondere in die besonders
riskierten Zielgruppen) – das wiederum benötigt menpower,
das benötigt stete Fortbildung, das benötigt die
Unterstützung der Medien, das muss von der Politik und
den Entscheidungsträgern im öffentlichen Gesundheitswesen
gewollt werden.
Das benötigt mehr Fachwissen bei den Ärztinnen und
Ärzten im Hinblick auf die Diagnostik von HIV und anderen
STI`s und eine aktivere Rolle derer in der Prävention.
Das Ziel, mehr Risikobewusstsein und eine höhere Testbereitschaft
zu erzielen, kann nur erreicht werden, wenn
–wie wir es in unseren Jahresberichten immer wieder betonen-
es gelingen mag, entscheidende Schritte bei der
Akzeptanz- und Toleranzentwicklung der Bevölkerung
gegenüber HIV-positiven Menschen, gegenüber verschiedenen
Lebensweisen von Menschen erzielen.
Das Berichtsjahr 2015 hat uns eher Ernüchterung als Zuversicht
vermittelt. Wir hatten mit mehr Diskriminierungsfällen
zu tun als je zuvor. Das Stigmatisierungs- und Diskriminierungspotential
scheint eher wieder zu wachsen
als zu schrumpfen. Die Durch- und Umsetzung kontraproduktiver
Gesetze, Vorschriften und Praktiken (s. Asylgesetzgebung,
Prostitutionsgesetzesnovelle, Initiativen
der „besorgten Eltern“, Pegida, etc.), der Ton im gesellschaftlichen
Diskurs hat sich nicht nur wegen der Flüchtlingsdebatte
radikalisiert und eher Rückschritte für eine
soziale Gerechtigkeit gebracht.
„Um HIV zu besiegen und für alle gleichen Zugang zu
HIV-Prävention, -Behandlung, -Versorgung und Betreuung
zu erreichen, sollte niemand aufgrund von Geschlecht,
Alter, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Behinderung,
religiöser oder spiritueller Überzeugung, wegen
des Herkunftslandes, des nationalen Status, der sexuellen
Orientierung oder auf der Geschlechtsidentität, aufgrund
der Eigenschaft als Sexarbeiter*in, Häftling oder
Strafgefangener, wegen aktuellen oder ehemaligen Konsums
illegaler Drogen oder wegen einer HIV-Infektion kriminalisiert
oder diskriminiert werden.
Wir bekräftigen, dass alle Frauen, Männer, Transgender
sowie intersexuelle Erwachsene und Kinder Anspruch
auf gleiche Rechte und auf gleichen Zugang zu Informationen
und Angeboten der HIV-Prävention, -Versorgung
und –Behandlung haben. Die Förderung der Geschlechtergleichheit
ist entscheidend für einen Umgang mit HIV,
der den Bedürfnissen der am stärksten Betroffenen tatsächlich
entspricht“.(Melborne-Erklärung, Welt-AIDS-
Kongress 2014, s. Jahrebericht 2014) Gleichbehandlung
und Vertraulichkeit beim Zugang zur HIV-Versorgung und
6
Geschäftsbericht
zu Behandlungsangeboten sind grundlegende Bedingungen
für eine Fortschreibung der deutschen Präventionserfolgsgeschichte.
Wir wollen mehr Entspannung im Umgang mit HIV und
AIDS. HIV gehört zu den äußerst schwer übertragbaren
Erregern und in den allermeisten denkbaren Lebenssituationen,
in die wir geraten können, droht keinerlei
Übertragungsrisiko. Selbst in medizinischen Behandlungssituationen
reichen die allgemein üblichen Hygienemaßnahmen
vollends aus, um eine Infektion zu vermeiden.
Und dennoch werden HIV-positive Menschen
immer noch mit irrationalen Ängsten, Vorurteilen oder
sehr rigiden Moralvorstellungen konfrontiert. Ein entspannter
Umgang mit Menschen mit HIV und manchen
Lebensentwürfen „jenseits der Norm“ muss selbstverständlicher
werden, denn wir alle können „Positiv zusammen
leben!“.
Prostitution (s. 5.4.), bei Menschen mit bestimmten
Migrationshintergründen (s. 5.5.) oder bei der Versorgung
von Suchterkrankten (s. 5.2.) und eindeutig im Bereich
von homo- und bisexuellen Männern und Männern,
die Sex mit Männern haben (MSM) (s. 5.1.). Eine weitere
sehr wichtige Zielgruppe stellen Menschen in Haft dar,
wo wir leider immer noch höhere Infektionsgefährdungspotentiale
(besonders bzgl. der Hepatitiden B und C,
aber durchaus auch bezogen auf HIV) konstatieren, die
im Wesentlichen in den hygienisch höchst bedenklichen
(Drogen-) Konsumbedingungen begründet sind (s. 5.3.).
„Unverzichtbar ist dabei nach wie vor die Primärprävention
für Kinder und Jugendliche (s. 5.6.). Wichtig ist, HIV/
AIDS-Prävention als Teil von Gesundheitsförderung und
Sexualaufklärung zu verstehen und Jugendliche frühzeitig
zu Beginn ihrer sexuellen Aktivität zu erreichen“ (Landeskonzept
„Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prävention
in Nordrhein-Westfalen“, 2013, S. 10; s. auch 5.6. im
vorliegenden Jahresbericht).
„In 30 Jahren hat sich das Leben mit HIV verändert. Für
die einen ist HIV eine behandelbare chronische Infektion,
bei anderen geht es immer noch mit Armut, Einsamkeit
und dem Krankheitsbild AIDS einher. Prävention ist komplexer
geworden. Aus- und Fortbildung, Beratung und
Ehrenamtsmanagement müssen unseren fachlichen und
professionellen Ansprüchen entsprechen. Das alles kostet
viel Geld.“ (nrw.aidshilfe.de, Wir wollen mehr, 2015)
Um den Ziel der Minimierung von HIV-Neuinfektionen
näher zu kommen, um der Umsetzung des Menschenrechtes
auf Gesundheit, Information und Aufklärung gerecht
zu werden und um die adäquate Versorgung von
Menschen mit HIV und AIDS sicher zu stellen, werden
entsprechende Ressourcen benötigt.
Angesichts der epidemiologischen Situation in Deutschland
müssen Präventionsmittel und –maßnahmen insbesondere
dort zur Verfügung stehen, wo sie besonders
benötigt werden – z.B. in Bereichen von (Beschaffungs-)
Der Ansatz der strukturellen Präventionsarbeit im Kontext
von Gesundheitsförderung hat sich zudem ganz eindeutig
bewährt. Angesichts der epidemiologischen Daten
in Deutschland erweist sich die zielgruppenspezifische
Präventionsarbeit als immer bedeutungsvoller, damit die
richtigen Menschen mit den passenden Botschaften und
Maßnahmen lebenswelt- und akzeptanzorientiert erreicht
werden können und die Ansätze nicht ins Leere greifen,
denn: Nur wer sich schätzt, schützt sich und andere!
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. – Fachstelle
für sexuelle Gesundheitsförderung - arbeitet von Beginn
an nach diesem Grundsatz und bietet – mit einer für die
Größe des Zuständigkeitsgebietes und der Einwohnerzahl
vergleichsweise kleinen Mannschaft von ehren- und
hauptamtlichen Mitarbeiter*innen - ein umfassendes Projektspektrum
dazu.
7
So gibt der vorliegende Bericht vor allem Auskunft über
die konkrete Arbeit der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel
e.V.- Fachstelle für sexuelle Gesundheitsförderung- im
Jahre 2015. Wir wünschen anregende Lektüre!
Zum bewährten Ansatz der „strukturellen HIV-Prävention“
gehört aber auch ein gutes, niedrigschwelliges und
zielgruppenorientiertes Testangebot (Kommunale Pfl ichtaufgabe
der unteren Gesundheitsbehörden!), was wir für
unsere Region sowohl in der Stadt Duisburg als auch im
Kreis Wesel als äußerst suboptimal einschätzen und entsprechend
beobachten und erfahren, dass immer mehr
Testsuchende auf umliegende Angebote in anderen
Ruhrgebietsstädten oder etwa in Düsseldorf ausweichen
(müssen). Hier sehen wir erheblichen Verbesserungsbedarf.
Dazu gehört auch zwingend eine gute medizinische Versorgungslage.
Und auch hier sehen wir zunehmende
Engpässe und eine nicht hinreichende regionale Infrastruktur
für ein sehr großes Zuständigkeitsgebiet, was
wir schon mehrfach thematisiert haben. So auch in diesem
Jahr etwa im Umfeld des Deutsch-österreichischen
AIDS-Kongresses gegenüber den Medien.
„Unsere Meinung aktuell (Stand 08.2015):
Stellungnahme der AIDS-Hilfe zur
Medizinischen Versorgungssituation von Menschen
mit HIV und AIDS in der Region Duisburg / Kreis Wesel
2015 ff
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. sieht eine adäquate
medizinische Versorgung von Menschen mit HIV
und AIDS in der Region um Duisburg, dem Kreis Wesel
wie auch in den benachbarten Niederrhein-Kreisen Kleve,
Viersen, Borken in akuter Gefahr.
Allein in Duisburg und dem Kreis Wesel mit einer Bevölkerungszahl
von knapp einer Million Menschen ist von
einer HIV-Prävalenz von über 1.000 Menschen mit HIV
auszugehen. Nach jüngsten RKI-Angaben (s. Epidemiologisches
Bulletin Nr. 27 des Robert-Koch-Institutes,
07/2015) sind davon etwa 65% unter antiretroviraler Therapie,
also über 650 HIV-Positive, für die für die gesamte
Region nur ein niedergelassener HIV-Schwerpunktbehandler
im Duisburger Süden als Facharzt zur Verfügung
steht. Dieser versorgt etwa 300 HIV-Patienten hervorragend,
ist damit aber auch nach unserer Auffassung nahe
an der Grenze der Auslastung. Die anderen sind zu einem
großen Teil bei der Uniklinik Essen, zu geringeren
Teilen bei den Unikliniken Düsseldorf und Bochum, einem
weiteren niedergelassenen Schwerpunktbehandler
in Krefeld und einigen in Düsseldorf ansässigen Ärzten
angebunden.
Vor dem Hintergrund der heutigen medizinischen Optionen
muss unser gemeinsames Ziel sein, möglichst auch
denjenigen HIV-Positiven Zugang zu medizinischer Versorgung
zu ermöglichen, die diesen bisher noch nicht
hatten. Darüber hinaus gilt es, die noch nicht Getesteten
zu möglichst früher Diagnosestellung zu bewegen und
somit u.a. die Problematik der sog. late presenter zu verringern.
Unsere Aufgabe diesbezüglich besteht dabei darin, zum
einen ein Risikobewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen
und die Testbereitschaft zu erhöhen. Dieser Komplex
benötigt dann aber eben auch eine entsprechende Infrastruktur
der strukturellen Prävention und damit eben
auch der HIV-spezifi schen medizinischen Versorgung.
(Anmerkung am Rande: das zitierte RKI-Bulletin konstatiert
für 2014 etwa in der Personengruppe mit heterosexuellen
Transmissionsrisiken einen stärkeren Anstieg
im ländlichen Bereich. Erklärungsansätze sind bei uns
abrufbar.)
Nicht erst wenn sich die für die Region relativ wenigen
Schwerpunktbehandler in absehbarer Zeit zur Ruhe setzen
oder sie selbst wegen Krankheiten und Urlaubsphasen
mittelfristig ausfallen, verschärft sich die Problematik.
Denn die Zahl der Patienten wird auf Grund der längeren
Lebenserwartung sowie der in den letzten Jahren zu verzeichnenden
wachsenden Zahl der HIV-Neudiagnosen
(s. RKI) steigen.
Darüber hinaus ist ein nennenswerter Teil der HIV-Patienten
auf Grund wirtschaftlicher Problemlagen – zum
großen Teil vor dem Hintergrund von Multimorbiditäten
(wie psychische, somatische oder Suchterkrankungen,
etc.) oder anderer z.B. migrationsbedingter Lebensumstände
(ungesicherter Aufenthaltsstatus, kein Krankenversicherungsschutz,
…) häufi g nicht in der Lage, die
jeweils anfallenden notwendigen Fahrtkosten zu ihren
regelmäßigen Monitoring-Terminen oder engmaschigeren
Arztbesuchen in akuten medizinischen Problemlagen
oder die erforderlichen Zuzahlungen zur Medikation
aufzubringen. Zumal es sich oftmals um sehr große
Wegstrecken bei nicht sonderlich guten ÖPNV-Verbindungen
im ländlichen Raum handelt. Und so laufen wir
immer wieder Gefahr, längere Therapiepausen und da-
8
Geschäftsbericht
über unter Umständen Resistenzproblematiken u.a. zu
riskieren.
Eine Behebung der derzeit schon bestehenden deutlichen
Unterversorgung ist nach unserer Auffassung dringend
angezeigt und die Politik und die (Kassen-) Ärztlichen
Gremien u.E. gefordert, sich dieser Problematik zu
widmen.“
(Pressemitteilung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel
e.V., 08.2015)
Auch wenn in Deutschland eine vergleichsweise günstige
Situation erreicht werden konnte, dürfen wir in unserer
Arbeit nicht nachlassen. Es müssen die etablierten
Strukturen erhalten und eigentlich ausgebaut werden,
um die Erfolgsgeschichte weiter zu schreiben, um nicht
zuletzt auch die wirtschaftlichen Einspareffekte von
preiswerter und wirksamer Prävention gegenüber nach
wie vor sehr teurer Therapie zu halten.
„Besonderes Augenmerk muss dabei auch auf Menschen
gerichtet werden, die aufgrund sozialer, kultureller und
persönlicher Faktoren ihre Gesundheit nicht ausreichend
schützen können. HIV/AIDS-Prävention muss deshalb
zukünftig stärker mit Maßnahmen der Gesundheitsförderung
verknüpft werden“ (Landeskonzept „Weiterentwicklung
der HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen“,
2013, S. 10; Anm.: die Druckfassung dieses sehr empfehlenswerten
Konzeptes kann bestellt oder heruntergeladen
werden: im Internet unter www.mgepa.nrw.de/
ministerium/service unter Angabe der Veröffentlichungsnummer
112)
Gemeinsam gegen AIDS
Ein vielfach betonter und wichtiger Faktor für den bisherigen
Erfolg ist das gelungene und gelingende Zusammenwirken
von Bund, Ländern und Kommunen sowie
von Öffentlichem Gesundheitsdienst und verschiedenen
nichtstaatlichen Trägerstrukturen wie den AIDS-Hilfen
und die abgestimmten Aufgabenverteilungen – so auch
im Kreis Wesel und in der Stadt Duisburg. Wir möchten
an dieser Stelle deutlich zum Ausdruck bringen, dass
wir diese synergetische Strategie wegen schrumpfender
Ressourcen gefährdet sehen!
Angesichts der ambitionierten aber erreichbaren Ziele
erachten wir es für entscheidend, dass die partnerschaftliche
und partizipative Kooperation erhalten und günstigenfalls
gestärkt wird.
Dies alles erfordert natürlich personelle und materielle
Ressourcen, verbunden mit zeitlichen Perspektiven. Nur
so können einerseits nachhaltige Effekte erzielt werden
und andererseits flexible Anpassungsprozesse an epidemiologische
und soziodemographische Entwicklungen
insbesondere in der Vor-Ort-Arbeit erfolgen. Vor allem
auch, weil die Erfordernisse für Netzwerkarbeit stetig anwachsen,
diese allerdings nur dann auch effektiv wirken
können, wenn hier personelle Kontinuität gewährleistet
werden kann.
Und hier ist für das Berichtsjahr in unserer Region leider
Gegenteiliges zu konstatieren.
Im Berichtsjahr blieb es dabei, dass wir nur noch einen
HIV-Schwerpunktbehandler haben (s.o.). Eine weggefallene
Stelle im Gesundheitsamt Duisburg konnte bisher
noch nicht nachbesetzt werden und im Kreis Wesel deutet
sich für das Jahr 2016 eine Reduzierung des fachspezifischen
Personalschlüssels sowie ein damit verbundener
Ausstieg aus der schulischen Prävention an, den das
Gesundheitsamt in Duisburg schon lange nicht mehr vorhält.
Darüber hinaus drohen infolge von Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen
weitere Kürzungen im Bereich
der strukturellen HIV/AIDS-Prävention im Kreis Wesel für
2016, die auch unsere Arbeit betreffen können.
Das Schlimmste zu verhindern erfordert wiederum mehr
zeitlich Investitionen in die Gremien- und Netzwerkarbeit,
um drohenden Know-how-Verlusten vorzubeugen und
das Mögliche zu tun, um etablierte Standards zu erhalten.
Ob dies im erforderlichen Maße gelingen mag, ist mehr
als fraglich. Wir werden uns voraussichtlich eher mit der
Verhinderung von weiteren Erosionen befassen müssen
– und zwar im personellen wie auch im finanziellen Bereich,
denn die Deckelungen der öffentlichen Förderung
werden sich weiter sehr ungünstig auf den Erhalt der vorhandenen
Kapazitäten auswirken!
Unsere Haushaltslage und die Folgen
Die seit einigen Jahren gedeckelten Landes- und kom-
9
munalen Fördermittel führen auch bei unserer AIDS-Hilfe
dazu, dass die Schere zwischen öffentlicher Förderung
und Haushaltsbedarfen immer weiter auseinander driftet
und darüber allein schon die Aufrechterhaltung unseres
Angebotsspektrums immer schwieriger wird. Zu betonen
ist, dass ein ganz überwiegender Teil dieser Angebote
kommunale Pfl ichtaufgaben abdeckt.
Selbst bei stabiler öffentlicher Förderung wächst der Eigenmittelanteil
alleine durch tarifrechtliche Steigerungen
im Personalkostenetat sowie stetig steigender Sachkostenausgaben
(Mehrwertsteuer, technische Ausstattung
durch z.B. online-taugliche Medien, Fahrtkosten, vom
Land geforderte, aber nicht refi nanzierte Qualitätssicherungsmaßnahmen,
Nebenkosten für den Gebäudeunterhalt,
Personalbeschaffungs- und Fortbildungskosten,
Mitgliedsbeiträge bei Dachverbänden und vieles mehr).
Im Berichtsjahr sahen wir uns einmal mehr mit Kürzungsplänen,
diesmal im Kreis Wesel –initiiert durch die sog.
Jamaika-Koalition- konfrontiert. Die Notwendigkeit, eine
Abwendung dessen herbeizuführen ist mit gehörigem
Kommunikationsaufwand mit Verwaltung und Politik verbunden,
was wiederum Ressourcen an falscher Stelle
bindet. Das raubt zudem Kraft und fördert nicht gerade
die Motivation! Gerade angesichts der geschilderten Zusammenhänge
brauchen wir unbedingt eine möglichst
stabile Planungssicherheit. Die Aufgaben und Leistungsanforderungen
wachsen eher durch die Veränderungen
im HIV-Geschehen als dass sie geringer würden.
Vor dem Hintergrund der verbesserten Behandlungsoptionen
und der gestiegenen Lebenserwartung bleibt die
Zahl unserer Begleitungsverhältnisse auf stabil hohem
Niveau. Während uns eindeutig immer mehr Menschen
mit HIV immer weniger „nötig“ haben, wächst leider auch
die Zahl derjenigen Klient*innen, die aufgrund vielfältiger
lebenspraktischer Problemlagen eine besonders hohe
Begleitungs- und Betreuungsintensität benötigen. Hinzu
kommt, dass in der Bevölkerung insgesamt, aber in unserer
Klientel in besonderem Maße die Zahl und Vielfalt
der psychischen (Begleit-) Erkrankungen wächst. Hier
stoßen wir zunehmend an Kapazitäts- und Qualifi kationsgrenzen
und haben uns im Berichtsjahr intensiv mit
Möglichkeiten einer Erweiterung unserer Angebote durch
den Einstieg in Projekte des ambulant betreuten Wohnens
beschäftigt, sind in Kontakt zum Landschaftsverband
Rheinland (LVR) getreten und werden dies fortführen
müssen.
Um einen einigermaßen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen,
benötigen wir mittlerweile über 50.000 Euro
per anno aus nicht-öffentlichen Drittmitteln. Das macht
zwischen 15 und 20 % unseres Haushaltsvolumens aus.
Betriebswirtschaftlich betrachtet generiert so jeder aus
öffentlichen Mitteln eingesetzte Euro günstigenfalls wiederum
15 – 20 Cent aus Drittmitteln. Eigentlich doch eine
richtig gute Investition.
Und dabei ist der „Gegenwert“ von ca. 3200 Stunden ehrenamtlicher
(honorarfreier, aber nicht kostenfreier!) Arbeit
per anno (entspricht ca. 3 Vollzeitäquivalenten!) noch
nicht eingerechnet!
Allerdings mussten wir im Berichtsjahr erneut deutliche
Einbrüche bei den Drittmitteln (Spenden, Sponsoring
und sonstige Einnahmen) verzeichnen, wodurch wir veranlasst
waren, noch mehr Betriebsmittelrücklagen einzusetzen
und darüber geraten wir in sehr absehbarer Zeit
in sehr ernsthafte Liquiditätsprobleme. Die stabile Vorhaltung
unseres Leistungsspektrums ist akut gefährdet.
Wenn es nicht gelingen sollte, diesen Trend zu stoppen,
wird das Überleben schwer.
Trotz einer erneut sehr umsichtigen Haushaltsführung,
die bei Werner Garbe in besten Händen liegt, mussten
auch wir uns im Berichtsjahr sehr konkret mit weiteren
Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen beschäftigen und
sehr schmerzliche Einschnitte vollziehen. Um nur ein
paar Beispiel zu nennen, haben wir im Berichtsjahr auf
supervisorische Begleitung vollständig verzichtet, was
fachlich und unter professionellen und qualitätssichernden
Gesichtspunkten eigentlich nicht tragbar ist. Für
2016 wird unser Positivenfonds für dringend benötigte
Soforthilfen abgeschmolzen und die Kriterien verändert.
Darüber hinaus haben wir in nahezu allen Sachkostenbereichen
Reduktionen vornehmen müssen, aber es zeigt
sich deutlich, dass wir damit schon an die Grenzen des
Machbaren gegangen sind und dennoch kaum Entlastung
erfahren konnten.
Die auseinanderdriftende Schere zwischen öffentlicher
Förderung und den Personalkosten lässt alljährlich das
Defi zit wachsen. Und obwohl es sich bei den hauptamtlichen
Leistungen –wie erwähnt- zum ganz überwiegenden
Teil um kommunale Pfl ichtaufgaben handelt und wir
von Land, Stadt und Kreis gehalten sind, qualifi zierte
Fachkräfte einzusetzen, lassen uns diese „Regen stehen“.
Die durch die Deckelung der kommunalen Förderungen
seit nunmehr zehn Jahren aufl aufenden Defi zite haben
wir lange weitgehend durch Drittmittelacquise und den
Einsatz von Eigenmitteln (Notwendige Betriebsmittelrücklagen)
auffangen können und darüber die kommunalen
Haushalte geschont. Durch die Einbrüche (s.o.) in
diesen Bereichen aber ist „das Ende der Fahnenstange“
erreicht.
Über diese Entwicklungen informieren wir natürlich
unsere Zuwendungsgeber alljährlich, allerdings bisher
ohne positive Effekte. Nun haben wir seit März des Berichtsjahres
eine abermalige Initiative ergriffen.
10 Geschäftsbericht
In und nach Gesprächen mit den ÖGD-Fachbereichsspitzen
im Kreis Wesel und in Duisburg haben wir mit
Verweis auf die gesetzlich verankerten Pflichtaufgaben
(nach ÖGDG und IfSG), dem Landeskonzept zur Weiterentwicklung
der HIV/AIDS-Prävention in NRW (vom
Juli 2013) sowie die im Frühjahr des Berichtswesen
ratifizierte „Rahmenvereinbarung zwischen dem Land
Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Ministerin für
Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter und dem
Städtetag NRW, dem Landkreistag NRW, dem Städte-
und Gemeindebund NRW, sowie der Arbeitsgemeinschaft
der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege
NRW über Grundsätze zur Ausgestaltung und Weiterentwicklung
von Präventions- und Hilfemaßnahmen im
Sucht- und AIDS-Bereich im Rahmen der Kommunalisierung
in Nordrhein-Westfalen“ (veröffentlicht im März
2015) erstmalig nach über 15 Jahren Aufstockungsanträge
zur kommunalen Ergänzungsfinanzierung gestellt.
Während diese bei der Stadt Duisburg schon im Dezernat
u.a. mit Verweis auf die Haushaltslage und das schmale
Budget des Dezernates abgewiesen wurde, hat uns die
Fachbereichsleitung im Kreis Wesel eine Unterstützung
unseres Begehrens zugesagt. Letztlich hat der Kreistag
diesen Antrag im Dezember abgewiesen und darüber hinaus
drohen hier sogar noch weitere Kürzungen, über
die in 2016 entschieden wird.
So können die Standards bei weitem nicht gehalten werden
und so gerät die Anforderung zu einer „Weiterentwicklung
der HIV-/AIDS- und STI-Prävention“ letztlich zur
Farce.
Wir meinen, dass es nach nunmehr 29 Jahren unseres
Bestehens an der Zeit wäre, dass sich die Kommunen
entsprechend ihrer Verpflichtung dazu positionieren.
Auf unseren diesbezüglichen Antrag haben wir in der
Kreistagssitzung in Wesel vom 10.12.2015 immerhin
von der Kreisverwaltung die Zusage auf Beantwortung
unseres Fragenkatalogs (in Anlehnung an die in § 4 der
Rahmenvereinbarung geforderten Aufgaben) für 2016
bekommen. Bei der Stadt Duisburg ist hierzu ein analoges
Vorgehen mit der Gesundheitsamtsleitung abgestimmt
worden.
Ohne Spenden- und Sponsoring durch verschiedene zivilgesellschaftliche
Gruppierungen und Einzelpersonen
wäre die Aufrechterhaltung unseres Angebots- und Leistungsspektrums
schon lange nicht denkbar.
Der vorliegende Jahresbericht wird über eine Vielfalt von
derartigem Engagement Auskunft geben. Da halten wir
es gerne mit Erich Kästner und wollen über gutes Tun
reden (s. 4.).
Epidemiologische Eckdaten
Bei allem Verständnis für die seit vielen Jahren schwierigen
Haushaltslagen unserer Kommunen ist es doch
letztlich auch eine Frage der Prioritätensetzung, (wie die
Beispiele vergleichbarer kommunaler Strukturen, die sich
auch in Haushaltssicherung befinden, zeigen) wie viel
den Verantwortlichen die Pflichtaufgabe zur Sicherung
der sexuellen Gesundheit wert ist und wie nachhaltig gedacht
und geplant wird, wenn man auch die Folgekosten
im Blick haben will.
Gerade vor dem Hintergrund der schrumpfenden Ressourcen
haben wir parallel zu unseren Aufstockungsanträgen
auch eine inhaltliche Positionierung von der Stadt
Duisburg und dem Kreis Wesel eingefordert, denn bei
diesen liegt die Pflicht zu definieren, was, durch wen, in
welchem Umfang bei der strukturellen HIV und STI-Prävention
geleistet werden und wie dies finanziert werden
soll.
Und wir benötigen vor allem eines, nämlich eine gewisse
Planungssicherheit –nicht nur- aber insbesondere auch
auf Grund unserer arbeitsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber
unseren Beschäftigten.
Das stabile Niveau bei den für das Jahr 2014 vom RKI
geschätzten Neuinfektionen (ca. 3200 – ohne außerhalb
Deutschlands erworbene Infektionen) in Deutschland ist
ganz sicher eben auch auf eine gestiegene Testbereitschaft
zurückzuführen und insofern in gewisser Weise
durchaus auch als Ausdruck erfolgreicher Präventionsarbeit
zu sehen. Das gilt durchaus auch für die Rubrik der
HIV-Erstdiagnosen, bei denen allerdings ein Anstieg auf
gesichert 3525 (= + 7% = + 237 Neudiagnosen) zu verzeichnen
ist (in den HIV-Erstdiagnosen können auch ältere
Infektionen erfasst sein). Auch weil seit einigen Jah-
11
en eine insgesamt stabile Lage dokumentiert werden
kann, die im internationalen Vergleich ein hervorragendes
Ergebnis darstellt, ist diese doch auch Anlass und
Herausforderung zugleich, an dieser Erfolgsgeschichte
intensiv weiterzuarbeiten!
In Duisburg liegt die Inzidenzrate für 2014 bei 3,3 (pro
100.000 Einwohnern = 16 Neudiagnosen (Stand vom
06.07.2015; Vgl. 2013: 4,71), also ein relativ deutlicher
Rückgang. (Quelle: Robert-Koch-Institut, Epidemiologisches
Bulletin http://www.3.rki.de/SurvStat,
Stand:06.07.2015)
Zu berücksichtigen ist hier insgesamt ein suboptimales
(Zeiten und Ort) und recht hochschwelliges Testangebot.
Hier bestand u.E. ein deutlicher Verbesserungsbedarf
(s.o.). Das nach langem Werben Ende 2014 installierte
abendliche Beratungs- und Test-Angebot in der AIDS-Hilfe
in Kooperation mit den Kolleginnen der AIDS- und
STI-Beratungsstelle des Gesundheitsamtes der Stadt
Duisburg konnte im Berichtsjahr nur noch drei mal angeboten
werden und wurde dann v.a. aus Kapazitätsgründen
wieder aufgekündigt, obwohl es eigentlich gut angenommen
wurde. Allerdings noch nicht in gewünschtem
Maße von der Zielgruppe der MSM. Wir hätten uns da
eindeutig längeren Atem gewünscht, denn ein solches
Angebot benötigt sicher eine Anlaufzeit und entsprechende
Bewerbung, die aber nur dann greifen kann, wenn
eine Regelmäßigkeit erkennbar wird. Das war leider nicht
der Fall. Aus unserer Sicht sehr bedauerlich, denn somit
haben wir in Duisburg wiedermal kein zentrales, niedrigschwelliges
Abendangebot, welches insbesondere für
berufstätige Testwillige wichtig wäre.
Für den Kreis Wesel liegen keine wirklich belastbaren
Daten vor. Das liegt an der anonymisierten Erfassung
und der Zuordnungssystematik, dass nur die ersten drei
Ziffern der Postleitzahlen erhoben werden. Gehen wir
von den Daten des sogenannten „restlichen Regierungsbezirk
Düsseldorf“ für 2014 aus, so ist hier ein leichter
Anstieg zu verzeichnen. Wir können aber nur auf die
Schätzwerte des Vorjahres verweisen: Die Inzidenz lag
2014 realistisch geschätzt bei 2,9 (Stand 06.07.2015;
entspricht etwa 14 Fällen im Berichtsjahr; Vgl. 2013:
2,13).
Nach der Aufgabe unseres langjähriges aufsuchenden
BuT-Angebotes auf Rastplätzen an der A57 in den Sommermonaten,
das wegen letztlich zu geringer Nachfrage
eingestellt wurde, hat unser „Herzenslust-Team“ diese
Cruising-Plätze zu Informations- und Beratungszwecken
aber weiterhin aufgesucht, da die Orte aber im Grunde
gut und richtig gewählt waren, um vor allem MSM zu erreichen,
die ansonsten kaum die Beratungs- und Testangebote
aufsuchen würden.
In der Rubrik der „Neudiagnosen“ ist zu berücksichtigen,
dass es sich um Erstmanifestationen und nicht zwingend
um Neuinfektionen aus dem Erhebungsjahr handelt. Zu
berücksichtigen ist weiterhin eine nicht zu beziffernde
Quote von Menschen, die sich –z.T. aus Anonymitätsgründen-
an anderen Orten testen lassen und auch keine
exakten Angaben zu ihrem Wohnort machen (vgl. o.).
Nach Analysen des RKI verteilt sich der leichte Anstieg
der HIV-Neudiagnosen wie folgt: Männer = + 6%; Frauen
= + 11% im Bundesgebiet. Die höchste Inzidenz lag bei
jüngeren schwulen Männern (25-29 Jahre), der höchste
Anstieg der Neudiagnosen liegt beim heterosexuellen
Transmissionsrisiko (+ 30%), wodurch der relative Anteil
der sog HET von 18% in 2013 auf 22% der HIV-Neudiagnosen
in 2014 anstieg, davon fi elen 65% auf Frauen und
35% auf Männer und 75% davon wiederum entfallen auf
Personen nichtdeutscher Herkunft. Steigende Einwanderungs-
und Flüchtlingszahlen aus Ländern mit hoher
HIV-Prävalenz scheinen sich in den HIV-Melkdedaten
abzuzeichnen. In dieser Gruppe weist das RKI darauf
hin, dass die Neudiagnosen insbesondere im ländlichen
Bereich stärker gestiegen sind. Wichtig, so empfi ehlt das
RKI, sei es, „dass auch diese Menschen Zugang zu angemessener
Beratung und Therapie erhalten“ (RKI, Epidemiologisches
Bulletin Nr. 27 vom 06.07.2015, S. 247).
Auch bei den intravenös drogengebrauchenden Menschen
(IVDU) stiegen die Neudiagnosen im Vergleich zu
2013 um 10%. Der relative Anteil verbleibt damit aber bei
„nur“ 3%.
Das RKI zieht hier das Fazit: „Es bleibt festzuhalten, dass
bislang kein nennenswerter Rückgang der Neuinfektionen
festgestellt werden kann – und dies obwohl ein hoher
Anteil der mit HIV Diagnostizierter antiretroviral behandelt
wird und damit kaum noch infektiös ist.“ (a.a.O., S.
248)
Als ein bedeutsamer Erklärungsansatz gilt der Anstieg
der Syphilis-Inzidenzen, was wiederum die zwingende
Verbindung von HIV- mit STI-Prävention untermauert
und eine Intensivierung der Arbeit vor allem in der Zielgruppe
(junger) schwuler Männer und Männern, die Sex
mit Männern haben (MSM) nach sich ziehen sollte. Das
RKI weist hier darauf hin, dass die Syphilis die HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit
auch dann erhöht, wenn sich
am (insgesamt sehr guten) Risikoverhalten (s. Daten der
EMIS-Studie) nichts ändert.
Dazu sollten sich der Zugang und die Abrechnungsmöglichkeiten
für STI-Screenings deutlich verbessern. Regelmäßige
Checks auf STI`s sollten auch für sexuell aktive
Menschen ohne Symptome zur Kassenleistung werden,
denn dies ist eine wichtige Maßnahme im Rahmen der
HIV-Prävention und auch zur Vermeidung von sehr hohen
Folgekosten.
Auf Seiten der Ärzte wie auch der Patienten erfordert
12 Geschäftsbericht
dies allerdings einen tabufreieren, offenen Umgang mit
dem Thema Sexualität, denn nur wenn offen darüber
kommuniziert werden kann, können diagnostische und
therapeutische Maßnahmen zur Anwendung kommen.
Let`s talk about Sex!
Die Zusammenarbeit im Rahmen des „Runden Tisches
zur HIV-Versorgung“, in dem neben Dr. Kwirant auch die
Gesundheitsämter der Stadt Duisburg und des Kreises
Wesel sowie die AIDS-Hilfen Duisburg / Kreis Wesel und
Oberhausen vertreten sind, gestaltet sich recht stabil und
aktiv. Hier übernehmen wir –wie in manch anderen Feldern-
die Koordination und Organisation, was eigentlich
eine der Kernaufgaben der kommunalen AIDS-Koordination
wäre (s. § 23 ÖGDG).
Leider verzeichnen wir nicht nur hier eine stetig nachlassende
Aktivität von Seiten der kommunalen Gesundheitsämter,
die sich bewusst oder nicht immer mehr darauf
verlassen (können), dass wir hier einspringen (z.B.
auch die Öffentlichkeitsarbeit, etwa im Rahmen des Welt-
AIDS-Tages u.a.m.; s. dazu: „Standards und Perspektiven
in der HIV-/AIDS- und STI-Arbeit und –Koordination,
2. Revision vom August 2015; hrsgg. vom Verband der
AIDS-KoordinatorInnen NRW e.V.). Das machen wir seit
vielen Jahren, auch wenn wir dafür keine Refinanzierung
erfahren, weil es aber unerlässlich ist, um die fachlichen
Standards so gut es geht zu halten und Weiterentwicklung
vor dem Hintergrund der sich stetig verändernden
Anforderungen grundsätzlich möglich zu machen.
Eine (Neu-) Positionierung der unteren Gesundheitsbehörden
ist hier u.E. dringend angesagt! Unsere Initiativen
dazu laufen aber bisher immer wieder ins Leere (s.o.).
Die Erhaltung unseres Angebotsspektrums sowie die
stete Weiterentwicklung dessen als erstes Ziel sind in
erster Linie nur deshalb noch möglich, weil wir trotz immer
wiederkehrender Konfrontation mit Kürzungsszenarien
und manch anderer Ernüchterungen (Wegfall wichtiger
Personen in den Netzwerken u.a.) ein immer noch
hochmotiviertes ehren- und hauptamtliches Team haben.
Eine der wichtigsten Pfunde und Ressourcen für die Aufrechterhaltung
unserer Angebotspalette sind und bleiben
unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, denen einmal
mehr ein riesiges „Danke schön!“ gilt.
Angefangen beim Vorstand über nahezu alle anderen Arbeitsfelder
können wir hier auf eine sehr stabile „Mannschaft“
bauen. Allerdings gibt es leider auch nur überschaubaren
Andrang von neuen Interessent*innen.
Wir möchten Sie, verehrte Leserinnen und Leser, an dieser
Stelle bitten, potentiell interessierte Menschen auf
uns aufmerksam zu machen, denn: AIDS-Hilfe-Arbeit ist
spannend, kann intensiv und unter Umständen belastend
sein, aber auch dankbar und für die eigene Persönlichkeitsentwicklung
gewinnbringend. Das gilt nach wie vor
auch für die ehrenamtliche Mitarbeit auf allen Ebenen (s.
www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de / Ehrenamt).
Wenn wir immer wieder vom „ehren- und hauptamtlichen
Team“ der AIDS-Hilfe reden, so ist dies keine Floskel.
Wir sind ein Verein und wir arbeiten partnerschaftlich und
partizipativ gemeinsam – jede/r im Rahmen seiner/ihrer
Möglichkeiten und alle im Sinne unseres Vereinszweckes
und der verfolgten Ziele. Das gilt natürlich insbesondere
für die Zusammenarbeit von Vorstand und hauptamtlichen
Team.
Bestätigung und Rückhalt für unsere Arbeit und Entwicklung
erfuhren wir auch auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung
am 11. Mai 2015.
Der amtierende Vorstand wurde einmal mehr einstimmig
entlastet und für seine umfassende Arbeit gewürdigt. Bei
den Wahlen für den Vorstand ergab sich auch nur ein
Wechsel. Aufgrund gesundheitlicher Probleme stellte
sich Karl-Heinz Lemke nicht mehr zur Wahl – ihm galt
und gilt ein ganz herzlicher Dank für insgesamt viele Jahre
Vorstandstätigkeit und vieles mehr!
Mit Daniela Niemczyk konnte der Vorstand wieder komplettiert
und deutlich verjüngt werden – herzlich willkommen
in neuer bzw. zusätzlicher Funktion!
Einstimmig wiedergewählt wurden Peter Külpmann aus
Duisburg (Vorsitzender), Silke Stützel aus Moers (stv.
Vorsitzende) und Thomas Hilgers aus Sonsbeck.
Der neue Vorstand: Silke Stützel, Thomas Hilgers, Daniela
Niemczyk und Peter Külpmann
Personelle Struktur
Stete Fort- und Weiterentwicklung einer Organisation
kann nur da gut gedeihen, wo auch spezifische Kompetenzen
und Erfahrungen vorhanden sind, wo Bewährtes
den erforderlichen Wandel konstruktiv, kritisch begleitet.
Kontinuität bei der Personalstruktur ist einer der wichtigsten
Faktoren für die Aufrechterhaltung des Leistungsspektrums
und das Funktionieren auch der Kooperations-
und Netzwerkarbeit, auf die wir in vielfältiger Weise
angewiesen sind. Ganz zu schweigen von der enormen
Bedeutung möglichst fester Ansprechpartner*innen in
der Begleitungsarbeit mit Klient*innen.
Das Berichtsjahr hat uns diesbezüglich vor besondere
Herausforderungen gestellt und eine bisher kaum ähnlich
erlebte Fluktuation beschert.
Nach fünfzehn Jahren entschied sich der Kollege Rüdiger
Wächter wegen der Intensivierung einer Weiterbildung,
13
seine halbe Stelle (PSB und Gesundheitsförderung in
Haft) zum Ende März zu kündigen. Im Rahmen einer geringfügigen
Beschäftigung bleibt er uns erfreulicherweise
aber für das wichtige Projekt der „Gesundheitsförderung
in Haft“ mit erheblichem fi nanziellen Entgegenkommen
erhalten. Vor dem Hintergrund der sehr angespannten
Haushaltslage sah sich der Vorstand schweren Herzens
veranlasst, diese ½ Stelle im Bereich der (psycho-) sozialen
Begleitung (inkl. aufsuchender Arbeit) auf eine
¼ Stelle zu reduzieren. Um dafür eine Nachbesetzung
durch eine qualifi zierte Fachkraft zu gewinnen, war ein
Glücksfall erforderlich. Der trat aber ein, denn mit der
Dipl. Pädagogin und langjährigen Vollzeitkraft im Begleitungsbereich
und Honorarkraft im Youthwork-Projekt
konnten wir diese Stelle zum 01. Mai 2015 wieder besetzen
(auch hier mit fi nanziellem Entgegenkommen bei der
Leistungsstufe der Eingruppierung).
Zum 31.05.2015 beendete mit Ralf Runniger eine weitere
Konstante nach über 17 Jahren seine Tätigkeit bei
unserer AIDS-Hilfe. Damit einher ging der Verlust einer
vollen Stelle im Bereich der PSB und im Bereich der Drogenarbeit
sowie ein herber Verlust an Fachkompetenz,
Erfahrungswissen und Netzwerkverankerung. Aber auch
hier gab es sehr plausible Gründe wegen der Distanz
zwischen Wohnort und Arbeitsstelle. Ralf Runniger bleibt
uns mit seinem Wechsel zur AIDS-Initiative Bonn aber
gewissermaßen als Kollege innerhalb der Verbandsstrukturen
erhalten. Ein großer Dank und ganz viel Respekt
für seinen Einsatz über eine sehr lange Strecke
sollen ihn begleiten.
Mit dem Ausscheiden als Hauptamtler hat er aber zeitgleich
einen Mitgliedsantrag gestellt und bleibt so quasi
ganz nah bei uns.
Auch für diese Stelle haben wir mit der Dipl. Sozialarbeiterin,
Nadine Bolte, ab dem 01. Juli 2016 eine hervorragende
neue Kraft gewinnen können, die die hohen Anforderungen
an diesen Tätigkeitsbereich sofort annehmen
und zu unserer vollsten Zufriedenheit ausfüllen konnte.
Allerdings ist –wenn man so will- dennoch eine qualitative
Einbuße zu verzeichnen, da wir nunmehr keine männliche
Fachkraft im Arbeitsbereich der (psycho-) sozialen
Begleitung (PSB) mehr haben, was gewiss suboptimal
ist. Bisher aber haben unsere Klient*innen die neue Konstellation
hervorragend angenommen.
Nicht genug dessen, verlies uns zum 30. November 2015
auch noch unser „Herzenslust“-Koordinator und frisch
qualifi zierter Koordinator für die telefonische Beratung,
Frank Funk – und auch hier aus völlig nachvollziehbaren
Gründen, nämlich mit dem Angebot einer vollen Stelle,
die wir nicht bieten konnten. Damit war gewissermaßen
das Kernstück unserer Präventionsprojekte, nämlich die
14 Geschäftsbericht
Prävention für MSM verweist. Für diese durch Landesmittel
geförderte ½ Stelle haben wir in den letzten Tagen
des Berichtsjahres auch einen Nachfolger finden können,
der seinen Dienst zum 01.01.2016 antreten wird. Auch
hier stand uns das Glück der Tüchtigen zur Seite.
Die durch das Welt-AIDS-Tags-Geschehen und andere
Veranstaltungshighlights geprägte Hochphase der
(schwulen) Prävention im Dezember konnte insbesondere
durch unseren seit 15 Jahren geringfügig beschäftigten
(durch Eigenmittel finanzierten) Herzenslust-Gruppenleiter,
Uwe Altenschmidt und seinem ehrenamtlichen Team,
mit erheblichem Zusatzengagement ohne dramatische
Einbrüche dennoch gut umgesetzt werden – auch weil
Frank Funk seinen Abschied bestens vorbereitet hatte.
Danke für drei gute Jahre, Frank Funk!
Uwe Altenschmidt wiederum ist uns durch eine leichte
Stundenreduzierung ebenfalls entgegengekommen.
Hier –wie im Bereich der Reinigungskräfte- hat die Umsetzung
der (unbestritten sinnvollen) Mindestlohnanforderungen
Probleme bereitet. Aber auch diese haben wir
kreativ lösen können.
Ein herzlicher Dank der Geschäftsführung gilt einmal
mehr den ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und
Kollegen, die Ihre Arbeit weit über das erwartbare „buisiness
as usual“ hinaus wahrnehmen. Ganz besonders
gilt dieser Dank für die Kolleg*innen, die die jeweiligen
Vakanzen auf den Stellen mit erheblichen Zusatzbelastungen
klaglos aufgefangen haben!
Und das in einer Phase mit hohen Intensitäten durch das
Auftauchen von Late presentern und einem ganzen Bündel
von Diskriminierungsfällen. DANKE!
Dass wir trotz dieser mehr als widrigen Umstände und einigen
Wochen Vakanzen unsere angestammten Arbeitsbereiche
und –angebote in gewohnter Form und Qualität
fast durchgehend vorhalten konnten, darüber legt der
vorliegende Jahresbericht (und die Controlling-Daten im
Anhang) Zeugnis ab.
So ist etwa von einem wichtigen Primärpräventionsbereich,
der Duisburger Substitutionsregelung, welche
nicht unbedingt zum Kernbereich zählt, zu berichten,
dass dieses Angebot recht stabil weiter läuft. Diese Regelung
ist nicht nur für die Klient*innen von hohem gesundheitlichen
und psychosozialen Nutzen ist, sondern
auch für die AIDS-Hilfe ein finanzieller Segen. Hier gilt
den Ärzten Dr. Hander, Herrn Harzem, Dr. Sondag und
Dr. Stark und dem zum Jahresende eingestiegenen Dr.
Gudat sowie unseren begleitenden Ehrenamtler*innen
ein ganz großes Dankeschön! (s. 5.2.2.). Allerdings gab
es auch hier Schatten und unerquicklichen Zusatzaufwand,
denn einem anderen langjährig substituierender
Arzt mussten wir den Kooperationsvertrag kündigen, weil
er seinen Verpflichtungen uns gegenüber nicht nachgekommen
ist und hier nicht unerhebliche Zahlungen ausstehen.
Die Absicht, im Bereich der Drogenarbeit in Duisburg
wieder eine JES- (Junkies, Ehemalige und Substituierte)
Selbsthilfegruppe zu etablieren, war von Erfolg gekrönt.
Dies ist insbesondere eine Folge der intensiven
Streetworkarbeit durch Ralf Runniger und seit Juli des
Berichtsjahres durch unsere neuen Kollegin Nadine Bolte,
die sich inzwischen als feste und gern gesehene Ansprechpartnerin
der zu erreichenden Gruppe drogengebrauchender
Duisburger*innen etabliert und inzwischen
zu einer sehr erfreulichen Netzwerkbildung geführt hat.
Ein ganz wichtiges Angebot, welches leider nicht adäquat
refinanziert wird. Im Berichtsjahr half uns hier eine aufgestockte
Spende der Sparkasse Duisburg, mit der wir im
Oktober auch eine gute Medienarbeit zu diesem Projekt
umsetzen konnten.
Unser erklärtes und auch satzungsgemäßes Ziel bleibt
es, im Sinne eines partizipativen Ansatzes, Selbsthilfestrukturen
anzuschieben und so gut es geht zu fördern
(s. 5.2.).
Nicht nur, aber besonders für diese Zielgruppe relevant
sind die im Vorjahr gestarteten und im Berichtsjahr fortlaufenden
fast schon revolutionär positiven Entwicklungen
auf dem Sektor der Hepatitis C (HCV-) Therapie
erwähnenswert, auf die wir mit verschiedenen Aktionen
und Veranstaltungen aufmerksam gemacht haben.
Im Bereich der Präventions-, Beratungs- und Begleitungsarbeit
in den Justizvollzugsanstalten konnte die
erfreuliche Kooperation im Berichtsjahr wieder in vollem
Umfang durchgeführt werden. Hier ist die Anstaltsleitung
mit der Arbeit von Rüdiger Wächter offensichtlich so zufrieden,
dass wir bereits zum Jahresende den Vertrag für
das Jahr 2016 unterzeichnen konnten, worüber auch Fördermittel
des Justizministeriums NRW abgerufen werden
können, die zumindest Teile der Personalkosten decken
können. Indiz für die hohe Wertschätzung unserer Arbeit
in diesem Bereich ist die Benennung als best-practice-
Beispiel in Publikationen der Deutschen AIDS-Hilfe und
verschiedener Anfragen für das Projekt „Männergesundheit
in Haft“ (s. 5.3).
Es freut uns ganz besonders, dass im Bereich der Frauenarbeit
mit Janina Boers die wichtige Arbeit (XXelle-Kampagne,
PSB bei Frauen mit HIV u.a.m.) mit einer
festen Ansprechpartnerin stabil fortgeführt werden
konnte. Ist es doch die einzige fachspezifische Stelle in
unserem großen Zuständigkeitsgebiet. Die Frauenquote
in unserer AIDS-Hilfe wächst – und das ist gut so. Nicht
nur die Frauengruppe für HIV-Positive und Zugehörige
läuft stabil (ein besonderes Dankeschön gilt hier auch der
äußerst engagierten Ehrenamtlerin Bettina K.), sondern
15
etwa auch das Mittwochs-Café zeichnet sich durch eine
stabil hohe Besucher*innenzahl aus. Darüber hinaus
funktioniert die landesweite und überregionale Vernetzungsarbeit
im landesgeförderten XXelle-Projekt hervorragend
(s. 5.4.).
Zudem waren und sind wir auf dem Sektor der (Beschaffungs-)
Sexarbeit angesichts erheblicher Zuwanderung
–v.a. von Frauen aus südosteuropäischen Regionen- im
Praktischen und Konzeptionellen zunehmend gefordert.
Auch für die dabei unerlässliche Netzwerkarbeit und im
Besonderen die Zusammenarbeit mit den ÖGD-Strukturen
ist eine stabile personelle Struktur besonders wichtig.
Im Arbeitsbereich der Prävention bei Männern, die Sex
mit Männern haben (MSM), gab es nicht nur bei den
Präventionsoffensiven im Umfeld des – im Berichtsjahr
wegen Unwetterwarnung leider abgesagten!- CSD in
Duisburg ebenfalls wieder viel „Action“ für die Abteilung
Herzenslust (Frank Funk, Uwe Altenschmidt und „ihre“
ehrenamtlichen Mitstreiter) – und auch hier viel Anerkennung
für das Geleistete. Erfreulich ist eine zu verzeichnende
(Wieder-) Belebung der schwul-lesbischen Szene
in Duisburg. Es tut sich was und wir sind zuversichtlich,
dass das auch positive Auswirkungen bei der Gewinnung
von neuen „Herzenslüstlern“ haben mag. Die Einstellung
des Beratung-und-Test-Angebotes in unseren Räumen in
Kooperation mit dem Gesundheitsamt Duisburg im Frühjahr
bedauern wir allerdings außerordentlich (s. 5.1.).
Im Sektor Youthwork / Prävention in der Allgemeinbevölkerung
(s. 5.6.) können wir über weitgehend
stabile Nachfragen mit nach wie vor hervorragenden
Rückmeldungen berichten. Seit dem „Comeback“ von
Anika Walther können wir zumindest gelegentlich auch
hier wieder etwas mehr anbieten. Erwähnenswert ist dabei
sicher das tolle Projekt der „Sexualpädagogischen
Stadtrallye“ für Schüler/innen der neunten Jahrgänge
aller Schulformen, das in Kooperation mit SchLAu-Duisburg
und der pro familia Duisburg dank der Förderung
durch den Jugendhilfeausschuss der Stadt Duisburg und
die Aktion Mensch weiter erfolgreich durchgeführt wurde
und sich reger Nachfrage erfreut. Darüber hinaus können
wir schon jetzt auf den Start der neuen landesweiten
Youthwork-Kampagne „dein leben. deine lust.“ Im kommenden
Jahr 2016 aufmerksam machen, mit der insbesondere
neue mediale Zugänge für Jugendliche und Multiplikator*innen
geschaffen werden konnten.
Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit (s. 4.) sind wir in
zunehmendem Maße „Alleinunterhalter“ für die Region
geworden, denn da kommt von Seiten der unteren
Gesundheitsbehörden einfach nicht mehr viel. Da heißt
es leider eher „Einsam gegen AIDS“ als „Gemeinsam“!
Dies gilt allerdings nicht für andere Netzwerke, wie das
Duisburger Aktionsbündnis gegen AIDS oder unseren
Landesverband, der im Berichtsjahr sein 30-jähriges
Jubiläum begehen konnte und passend dazu etwa den
Deutsch-österreichischen AIDS-Kongress in Düsseldorf
sehr bereicherte, wo auch wir uns an verschiedenen Stelle
einbringen konnten. Leider waren wir im Berichtsjahr
über Gebühr auch mit Diskriminierungsfällen beschäftigt.
In der Regel irrationale Ängste, aber auch klare Ausgrenzungen
scheinen eher wieder zu- als abzunehmen (s.o.).
Hinzu kamen ab Anfang November intensive Korrespondenzen
und Gespräche anlässlich der Haushaltskonsolidierungspläne
im Kreis Wesel (s.o.).
Aber natürlich waren wir auch in diesem Jahr wieder „auf
der Straße“ mit Infoständen und Aktionen im Sommer
und boten ein umfangreiches Programm zum Welt-AIDS-
Tag 2015 (s. 4.4.).
„Klappern gehört zum Handwerk“.
Unsere Arbeit und unsere Aktionen werden wahrgenommen
– wir können nicht behaupten, dass wir keine Lobby
hätten. Allerdings möchten wir an dieser Stelle eingestehen,
dass der stete Kampf für den Erhalt der Strukturen
immer wieder auch demotiviert und Kraft raubt.
Besonders erfreulich war diesbezüglich allerdings im
Berichtsjahr das Medieninteresse und die Unterstützung
durch Presse, Funk und Fernsehen.
Zivilgesellschaftliches Engagement ist immer noch
und nicht nur vor dem Hintergrund rückläufi ger öffentlicher
Förderung immer mehr gefragt. Diesbezüglich können
wir einmal mehr auf ein Jahr mit zum Teil wirklich
großartiger Unterstützung zurückblicken (s. 4.). Insbesondere
im Zusammenhang mit dem diesjährigen Welt-
AIDS-Tags-Geschehen erlebten wir viel Engagement von
verschiedensten Gruppen und Einzelpersonen. Stellvertretend
möchten wir hier schon mal auf die WAT-Aktionen
an einigen Schulen unserer Region sowie die hervorragende
mediale Unterstützung durch das Duisburger Lokalfernsehen
„Studio47“ verweisen.
Besonders bemerkenswert ist auch das Engagement
des Alpener Gastronomen, Wolfgang Gödeke und seinem
Team der „Burgschänke“, die uns das Essen für die
Weihnachtsfeier am Heiligen Abend spendeten. Dieses
ist von den über 20 Teilnehmer*innen sehr gelobt worden.
Ganz herzlichen Dank für diese wunderbare Geste,
die Menschen zugute kam, die über Weihnachten keine
Familienanbindung haben.
DANKE!
Wir bedanken uns bei den Sparkassen aus unserer Region
für ebenso treue Unterstützung und besonders beim
GudsO-Team der Targobank Duisburg, die schon zum
zehnten Male eine unglaublich kreative Soli-Bären-Verkaufsaktion
durchgeführt und erneut ein neues Rekordergebnis
beim „Bärenvertrieb“ erzielt haben.
16 Geschäftsbericht
Eine fantastische Unterstützung bei der Renovierung
unseres Duisburger Domizils erfuhren wir durch das
RWE-Companius-IT-Team, das mit über 20 Mitarbeiter*innen
im September für einen social day bei uns anrückten
und „die Bude auf Vordermann gebracht haben“
sowie diese Aktion auch noch finanziell unterfüttert haben.
Das war SPITZE! Ganz herzlichen Dank für dieses
ungewöhnliche Engagement!
Abschließend möchten wir uns natürlich an dieser Stelle
bei all jenen treuen Freund/innen und Förderern, Zuwendungsgebern
und Sympathisant/innen sowie bei den
Vertreter/innen aus Politik, Verwaltungen und Gesundheitsämtern,
medizinischen und Beratungseinrichtungen,
einigen Kirchengemeinden für die Unterstützung
unserer Weihnachtsfeier, den vielen Netzwerkpartnern,
Schulen und sonstigen Kooperationspartnern und unseren
Dachverbänden, dem „Paritätischen“, der Deutschen
AIDS-Hilfe und der AIDS-Hilfe NRW für ihre Wertschätzungen,
unterstützenden Aktionen und guten Wünsche
im Berichtsjahr aufs Herzlichste bedanken.
17
2. Beratung
2.1 Einleitung
Die Beratung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel
e.V. wurde wie in den vorangegangenen Jahren als ein
Hauptschwerpunkt unserer Arbeit durchgeführt.
2.2 Die Angebote der AIDS-Hilfe im Sektor Beratung
Unsere Beratungsangebote konnten von den
Ratsuchenden wie folgt genutzt werden:
1. persönliche Beratung in unseren Büroräumen
während der Öffnungszeiten und nach
Vereinbarung in der AIDS-Hilfe oder aufsuchend;
2. telefonische Beratung durch Hauptamtler*innen
während der Bürozeiten in Duisburg und Wesel
sowie für die Bundesweite Telefonberatung
Donnerstags von 11.00-14.00Uhr; seit dem
03.12.2015 in der Zeit von 09.00 – 12.00 Uhr am
Donnerstag;
3. telefonische und E-Mail Beratung durch die
ehrenamtlichen Telefonberater in der Zeit von
19.00-21.00 Uhr am Montag in Duisburg.
wollten, sich auch Termine außerhalb der Öffnungszeiten
und dem damit verbundenen Publikumsverkehr geben
lassen. Bei Beratungen von Personen, die kürzlich ihr HIVpositives
Testergebnis erhalten haben, wurde im Sinne
der Hilfe zur Selbsthilfe immer das Angebot unterbreitet,
mit einem HIV-Positiven zu sprechen, der schon länger
mit der Infektion lebt. Dieses Angebot wurde auch im
Berichtsjahr gelegentlich in Anspruch genommen.
Die persönliche Beratung wurde im Berichtszeitraum
erneut etwas mehr von Ratsuchenden in Anspruch
genommen als in den vorangegangenen Jahren.
Vermutlich auch ein Zeichen dafür, dass unser „neuer“
2.2.1 Persönliche Beratung
Während der Öffnungszeiten sowie nach telefonischer
Absprache auch außerhalb der Öffnungszeiten, konnten
Ratsuchende sich persönlich durch hauptamtliche
MitarbeiterInnen in unseren Büros in Duisburg und Wesel
beraten lassen. Bei diesen Beratungsgesprächen wurde
auf eine ruhige und entspannte Atmosphäre geachtet.
Bei Bedarf konnten Ratsuchende, die anonym bleiben
18 Beratung
Standort in Duisburg nunmehr bekannt ist.
21.00 Uhr und bis Ende November 2015 am Donnerstag
von 11.00-14.00 Uhr. Seit dem 3. Dezember haben wir
dieses Zeitfenster verändern können und sind seither
Donnerstags von 09.00 – 12.00 Uhr bundesweit aktiv. Die
regionalen Angebote bleiben im vollen Umfang bestehen.
So können sich Menschen telefonisch, persönlich und per
E-Mail zu den gewohnten Zeiten an die Mitarbeiter*innen
der AIDS-Hilfe wenden. Das überregionale Angebot wird
zusätzlich zu dem bestehenden Angebot hinzugefügt.
2.2.2 Telefonische Beratung
Auch in diesem Jahr blieb die Zahl der Telefonberatungen
während der Öffnungszeiten sehr hoch. Die
Ratsuchenden wurden nach eingehender Erörterung der
Risikosituationen aufgeklärt. Falls erwünscht, wurden die
Ratsuchenden zwecks HIV-Antikörper-Test an das örtliche
Gesundheitsamt verwiesen. Vor dem Hintergrund der
sehr schmalen Zeitfenster der Testberatungsangebote
der Gesundheitsämter mussten wir allerdings auch
zunehmend auf Angebote in umliegenden Städten
verweisen. Insbesondere gilt dies für Berufstätige. Eine
sehr unbefriedigende Situation, zumal das Testangebot
zu HIV und STI`s eine kommunale Pflichtaufgabe ist,
deren Umfang allerdings leider nicht festgelegt ist.
2.2.3 Die Bundesweite Telefonberatung
An 62 Stunden pro Woche können sich Ratsuchende
unter der Rufnummer 0180 33 19411 (9 ct./min. aus dem
deutschen Festnetz maximal 42 ct./min. aus deutschen
Mobilfunknetzen) mit ihren Fragen rund um HIV/AIDS
telefonisch an die Berater der AIDS-Hilfen wenden. Die
Hotline ist erreichbar in den Zeiten: Montags bis Freitags
von 9.00-21.00 Uhr und am Samstag und Sonntag von
12.00-14.00 Uhr.
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e. V. beteiligt
sich als eine von bundesweit 26 Einrichtungen an
diesem nunmehr fest etablierten Angebot. Die hauptund
ehrenamtlichen Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Duisburg
/ Kreis Wesel e.V. bedienen Ratsuchende aus dem
ganzen Bundesgebiet am Montagabend von 19.00-
Die Telefonberatung spielt bei der Aufklärung zu HIV
nach wie vor eine große Rolle. Sie ist das Medium zur
Beantwortung persönlicher Fragen und zur Abklärung
eines individuellen HIV-Übertragungsrisikos. Mit der
neuen Rufnummer werden bestehende Angebote
unter einer bundesweiten Nummer zusammengeführt
und damit die Erreichbarkeit für Ratsuchende weiter
verbessert. Durch die Intensivierung der Weiterbildung
und die Einrichtung eines Online-Portals für Berater*nnen
wird die Qualität der Beratung langfristig gesichert.
Um die Wichtigkeit der Bundesweiten Telefonberatung
aufzuzeigen, sind hier die Zahlen der Beratungskontakte
(Monitorings) und die Art der Anfragen für das Jahr 2015
aufgelistet:
19
Auswertung
430 Monitorings
Gesprächsdauer Prozent Anzahl
Bis 5 Minuten 59,1 % 254
5 bis 15 Minuten 37 % 159
15 bis 30 Minuten 3,5 % 15
Länger als 30 Minuten 0.5 % 2
Gesamt 496
Beratungsanlass Prozent Anzahl
Drogengebrauch 0 % 0
Familie und soziales Umfeld 0 % 0
Hepatitis 0.9 % 4
HIV-Ansteckungsrisiken 55,1 % 237
HIV-Test 31.9 % 137
Leben mit einer HIV-Infektion 2.3 % 10
Migration 0 % 0
Partnerschaft 0 % 0
Prostitution 0.9 % 4
Schutz vor HIV 0.5 % 2
Schwangerschaft 0 % 0
Seelische Probleme 0,2 % 1
Sexualität 0 % 0
Sexuell übertragbare Krankheiten (STD) 3 % 13
Sofortmaßnahmen nach Risikokontakt (PEP) 1,9 % 8
Sonstige Fragen 3 % 13
Soziale und rechtliche Fragen 0,2 % 1
Gesamt 430
Geschlecht Prozent Anzahl
Männlich 70 % 298
Weiblich 30 % 128
Transidentisch 0 % 0
Gesamt 426
Sexuelle Orientierung Prozent Anzahl
Heterosexuell 61,8 % 264
Homosexuell 13,3 % 57
Bisexuell 2.8 % 12
Unbekannt 22 % 94
Gesamt 427
HIV-Status Prozent Anzahl
Negativ 63,1 % 260
Positiv 2,2 % 9
unbekannt 34,7 % 143
Gesamt 412
geschätztes Alter Prozent Anzahl
bis 20 4 % 17
20 bis 29 33 % 140
30 bis 39 35,1 % 149
20 Beratung
40 bis 49 15,6 % 66
50 und älter 8,7 % 37
Nicht einzuschätzen 3,5 % 15
Gesamt 424
Anrufer/in (Maske < 01.07.09) Prozent Anzahl
mit Informationsbedarf
0 % 0
(Übertragungswege, Adressen)
Gesamt 0
Anrufer/in kann diesen Gruppen zugeordnet
werden
Prozent Anzahl
mit Informationsbedarf (Übertragungswege,
56,4 % 308
Adressen)
Freier 13,6 % 74
Aids-ängstlich oder Aids-phobisch
Aids-ängstlich 22,5 % 123
Aids-phobisch 5,1 % 28
Sexanrufer/in 0,2 % 1
Mensch in akuter Krise 0,9 % 5
Angehörige/r 1,3 % 7
Multiplikator/in 0 % 0
Gesamt 546
Themen der Beratung Prozent Anzahl
HIV-Ansteckungsrisiken & Schutz vor HIV 40,3 % 289
HIV-Ansteckungsrisiken
HIV-Test 30,3% 217
Schutz vor HIV
Leben mit HIV 2.6 % 19
Sofortmaßnahmen nach Risikokontakt (PEP) 1.8 % 13
Hepatitis 2,2 % 16
(andere) sexuell übertragbare Krankheiten 7 % 50
Prostitution 2,6 % 19
Drogengebrauch 0,1 % 1
Soziale und rechtliche Fragen 0,7 % 5
Schwangerschaft 0 % 0
Sexualität 3.5 % 25
Partnerschaft 2,6 % 19
Familie und soziales Umfeld 0,7 % 5
Seelische Probleme 2 % 14
Migration 0 % 0
Sonstige Fragen 3.5 % 25
Gesamt 717
Verweise Prozent Anzahl
Aidshilfen intern 5,7 % 25
HIV-Teststellen 26 % 114
Arzt/Ärztin 13 % 57
Kriseneinrichtung 0,5 % 2
Andere Beratungsstellen 1,1 % 5
Kein Verweis 53,8 % 236
Gesamt 439
21
Im Rahmen der Bundesweiten Telefonberatung werden
mit den ehrenamtlichen Telefonberatern regelmäßig
Treffen mit dem hauptamtlichen Koordinator durchgeführt.
Ziel ist einerseits der Austausch und die Terminvergabe
(wer ist an welchen Tagen für die Beratung zuständig)
und andererseits werden Beratungsgespräche
als Fallbeispiele bearbeitet sowie bei belastenden
Gesprächen supervidiert. Im Berichtsjahr wechselte die
hauptamtliche Koordination von Rüdiger Wächter auf
Frank Funk, der nach entsprechender Qualifi zierung
allerdings nur bis zu seinem Ausscheiden Ende November
aktiv sein konnte. Allerdings hat er das ehrenamtliche
Team gut auf die Vakanz vorbereitet.
Johann Mangelsdorf und Klaus Gürke gilt an dieser Stelle
ein großer Dank für ihren fantastischen ehrenamtlichen
Einsatz.
2.2.4 Die Telefonberatervernetzung im Ruhrgebiet:
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. ist mit anderen
Kooperationspartnern aus dem Ruhrgebiet in einer
Telefonberatervernetzung zusammengeschlossen. Ziel
dieser Vernetzung ist der fachliche Austausch und der
Erhalt der hohen Qualitätsstandards.
2.2.5 E-Mail Beratung
Die E-Mail Beratung in der AIDS-Hilfe wurde weiterhin
angeboten. Die E-Mailberatung ist unter der folgenden
Adresse zu erreichen: www.aidshilfe-duisburg-kreiswesel.de.
Um die gängigsten Fragen im Voraus zu klären, wurden
auf unserer Homepage die acht häufi gsten gestellten
Fragen (FAQ) eingestellt. Der Ratsuchende konnte beim
Anklicken einer Frage gleich die Antwort lesen. Durch
dieses Beratungsangebot konnten viele Ratsuchende
ohne dass sie an uns eine E-Mail schreiben mussten,
bedient werden. Detailliertere Fragen konnten dann per
E-Mail an uns gesendet werden. Bei diesen E-Mails wurde
im Betreff automatisch „E-Mailberatung“ eingegeben,
sodass die E-Mails nicht von den Mitarbeitern gelesen
wurden, sondern direkt an die Telefon/E-Mail Beraterin
weitergeleitet werden konnten.
GIBT ES EXTRAGROSSE KONDOME?
WO MACHE ICH EINEN HIV-TEST?
WANN MUSS ICH MEDIKAMENTE NEHMEN?
WIE WIRD MEIN PARTNER REAGIEREN?
IST AIDS EIN GRUND ZUR KÜNDIGUNG?
WIE GEFÄHRLICH IST ORALER SEX?
WO TREFFE ICH ANDERE POSITIVE?
INFO ZUR E-MAIL BERATUNG
Insgesamt wurde die E-Mailberatung im Jahr 2015
allerdings recht wenig genutzt. Als Grund ist hierfür
sicherlich die ebenfalls bundesweite E-Mailberatung der
AIDS-Hilfen zu nennen.
Folgende vorgefertigten Fragen wurden im Internet
angeboten:
22 Beratung
2.2 Danksagung:
Wir danken unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern, die
diese anspruchsvolle und zuweilen äußerst belastende
Tätigkeit ausüben und sich konsequent weiterbilden,
um den hohen Qualitätsstandards in der Beratung zu
entsprechen.
23
3. Begleitung
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel bietet HIVpositiven
und an Aids erkrankten Menschen Begleitung
an. Eine HIV-Infektion geht oftmals einher mit Ängsten
und Problemen bei der Bewältigung der Diagnose. Diese
können Prozesse sozialer Isolation fördern und auch in
ökonomische Krisen führen, die nicht selten vielfältige
sozialrechtliche Problemen mit sich bringen.
Auch beeinfl ussen die Anforderungen und
Nebenwirkungen der lebenslang erforderlichen
Medikamente den Alltag von HIV-positiven Menschen.
Ängste vor dem Verlust sozialer Attraktivität oder einer
möglichen Verkürzung des Lebens, können den Alltag
beeinträchtigen. Die psychische Stabilisierung und
Akzeptanz einer veränderten Lebenssituation sind
wichtige Ziele im Rahmen der Begleitung.
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel bietet:
• Individuelle Hilfen für Menschen mit HIV/Aids
• Beratung für An- und Zugehörige zur
Stabilisierung des sozialen Umfeldes
• Psychosoziale Begleitung bei Substituierten
durch Fachkräfte
• Angeleitete Gruppen für Menschen mit HIV/Aids
• Angebote zur Freizeitgestaltung
• Förderung von Selbsthilfegruppen
HIV ist heute eine chronische Erkrankung, allerdings
mit einigen Besonderheiten. Ein großer Teil der
HIV-positiven Menschen verträgt die Medikamente
gut und hat auch eine gute Compliance. Während
aufgrund der Vielzahl der Medikamente die akuten
Nebenwirkungen weniger werden, treten häufi ger
Langzeitnebenwirkungen und Multimorbiditäten
insbesondere psychische Erkrankungen, Osteoporose
und Herz-Kreislauferkrankungen. Hier gilt es, andere
gesundheitsschädigende Risiken zu minimieren. Des
Weiteren werden unsere Begleiteten auch älter und in
der Beratungsarbeit ist es uns wichtig, für bestimmte
Vorsorgeuntersuchungen zu sensibilisieren und
altersbedingte Erkrankungen, wie im Berichtsjahr das
„Thema Krebs und HIV“ mit in den Fokus zu nehmen.
Ein weiteres Themenfeld unserer Beratung von
Begleiteten liegt in der Koinfektion mit Hepatitis C. Einige
von Ihnen haben neben ihrer HIV-Infektion zusätzlich
noch eine Hepatitis C-Infektion. Insbesondere im Bereich
der Psychosozialen Begleitung von Substituierten mit
HIV, ist aufgrund der hohen Kosten der neuen HCV
Therapien, eine Beantragung und Genehmigung dieser
neuen Optionen durch die Krankenversicherungsträger
oft problematisch. Im Berichtsjahr 2015 konnten dennoch
drei langjährig Begleitete, aufgrund der guten Kooperation
mit der Uniklinik Essen, von den wissenschaftlichen
Fortschritten in der HCV Therapie profi tieren.
Viele von unserer langjährig Begleiteten waren bereits
an AIDS erkrankt, beziehen eine kleine Rente und
leben auf dem Niveau des Arbeitslosengeldes II, der
Grundsicherung oder leicht darüber. Hierbei handelt
es sich um Leistungen, die ihrem Ursprung nach zur
Überbrückung einer kurzen Zeit angedacht waren.
Letztendlich verharren diese Begleiteten nicht selten
in einer Lebenssituation, die Ihnen fi nanziell keinen
Spielraum lässt und wenig Perspektiven für die Zukunft
bietet. Neben fehlenden Mitteln für existentielle Dinge
wie Stromnachzahlung oder Ersatzanschaffungen
von Haushaltsgeräten, fehlt es aufgrund der nicht
vorhandenen materiellen Ressourcen an Lebensqualität,
da die Teilhabe am gesellschaftlichten Leben wie
Ausgehen, Kino und andere Freizeitaktivitäten einen
Faktor für Lebensqualität darstellen kann. Dadurch
kommt es oft zu Vereinsamung und Depressionen, so
dass auch von Einzelnen suizidale Gedanken geäußert
werden, die Thema in der Beratungsarbeit sind. Um
der Vereinzelung vorzubeugen, haben wir einige
Angebote, die weiter unten beschrieben sind, auch im
Berichtsjahr vorgehalten bzw. freuen uns, dass Angebote
in Selbsthilfe ausgestaltet werden. Des Weiteren bieten
wir Unterstützung bei sozialrechtlichen und fi nanziellen
Schwierigkeiten.
Einige unserer Begleiteten bringen sich aktiv ein und
gestalten unter anderem die Freizeit für HIV-Positive mit,
nehmen an der Kochgruppe teil, die selbstorganisiert
ist oder engagieren sich auf landes- und bundesweiter
Ebene in Landesarbeitsgemeinschaften und Netzwerken.
Andere gehen einer geregelten Arbeit nach und nehmen
die AIDS-Hilfe nur punktuell zu bestimmten Fragen in
Anspruch, besuchen unser Mittwochs-Café oder von uns
durchgeführte Fortbildungsveranstaltungen.
Im Berichtsjahr mussten wir uns – wie in den letzten
Jahren auch - mit dem Thema „Late-Presenter“
beschäftigen. Das bedeutet, dass bei diesen Personen
die Infektion erst festgestellt wurde, als sie sich
schon im Stadium AIDS befanden. Hier ist besonders
psychosoziale Unterstützung gefordert, da in diesen
Fällen bereits eine lebensbedrohende Situation vorlag.
Für die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen bedeutete dies,
häufi ge und zeitintensive Besuche im Krankenhaus und
aufgrund einer prekären Wohn- und Lebenssituation, war
ein großer Handlungsbedarf erforderlich.
Bei komplexen Begleitungen, die im Zeitumfang unsere
Ressourcen übersteigen, und die entsprechenden
Voraussetzungen gegeben sind, vermitteln wir in Formen
ambulant betreuten Wohnens.
24 Begleitung
Neben dem Beratungsangebot in der AIDS-Hilfe bieten
wir in Einzelfällen auch aufsuchende Arbeit und somit
Treffpunkte außerhalb der AIDS-Hilfe an. Dies kann
bei dem Begleiteten zuhause oder einem neutralen Ort
außerhalb von AIDS-Hilfe und Wohnung sein.
3.1 Einzelbegleitung
Die Einzelbegleitung wird in der Regel von drei
hauptamtlichen Mitarbeiterinnen mit unterschiedlichem
Zeitanteil ihrer Voll- bzw. Teilzeitstellen neben ihren
anderen Aufgabenbereichen durchgeführt. Das Jahr
2015 war für unsere Fachstelle ein eher schwieriges
Jahr. Gleich zwei langjährige Mitarbeiter haben sich
aus der AIDS-Hilfe Duisburg verabschiedet, was für die
verbleibende Mitarbeiterin ein deutlich spürbares Paket
an Mehrarbeit, im Bereich der Beratung, Begleitung und
Psychosozialen Begleitung, zur Folge hatte.
Ab Mitte des Jahres konnten wir wieder auf einen
Mitarbeiterinnenstamm von drei hauptamtlichen
Mitarbeiterinnen – zwei Halbe- und einer Viertel-
Teilzeitstellen - blicken.
In der Begleitungsarbeit bieten wir Beratungen
zu Nebenwirkungen der Medikamente, zu
Partnerschaftskonflikten, sozialrechtlichen und finanziellen
Problemen an. Wir unterstützen bei Rentenanträgen
wegen Erwerbsminderung oder schreiben Widersprüche
bei fehlerhaften ALG II Bescheiden. Bei weitergehenden
und komplexeren Problematiken stellen wir Kontakt zu
entsprechenden Beratungsstellen, wie zum Beispiel der
Schuldnerberatung, her.
Bei finanziellen Problemen halfen wir mit unserem
Positivenfond, bei größeren Beträgen stellten wir
Anträge an die Deutsche AIDS-Stiftung, soweit die
Antragshintergründe die Kriterien der Stiftung erfüllen.
Die Bearbeitungszeiten bei der Deutschen AIDS-Stiftung
betragen jedoch ca. 6-8 Wochen je Antrag.
Im Berichtsjahr war uns die DAS insbesondere bei
der Anmietung einer Wohnung und der dringend
erforderlichen neuen Bettausstattung für unseren
Late Presenter innerhalb von ein paar Tagen mit
einer finanziellen Unterstützung behilflich. An dieser
Stelle bedanken wir uns ganz herzlich für die perfekte
Unterstützung durch die DAS.
Krankenhausaufenthalte waren bei drei Begleiteten
zu verzeichnen. Hier ist es weiterhin Tradition, dass
- wenn irgendwie möglich – wir einmal die Woche im
Krankenhaus einen Besuch abstatten. Da die Aufenthalte
in den Krankenhäusern in den unterschiedlichsten Orten
stattfinden, und unsere Begleiteten aus einem großen
Einzugsgebiet kommen (Duisburg und Kreis Wesel) und
teilweise die stationäre Versorgung in den Unikliniken
Essen und Düsseldorf erfolgt, ist der Besuch mit hohem
Zeitaufwand verbunden.
Im Berichtsjahr 2015 konnten wir insgesamt 1521
Begleitungskontakte verzeichnen.
Alle HIV - positive Menschen werden durch das
hauptamtliche Team begleitet. Ehrenamtliche
Mitarbeiter*innen sind in diesem Feld, u.a. da die
Qualifikationsanforderungen nicht mehr adäquat erfüllt
werden können, zurzeit nicht aktiv.
3.2 Positivenfond
Der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. war es im
Berichtsjahr 2015 erneut möglich, HIV-positive / an
AIDS erkrankte Menschen in finanziellen Notlagen zu
unterstützen.
Zur Verfügung standen dazu Spendengelder in Höhe
von 3.850€, die von dem Vorstand der AIDS-Hilfe
bereitgestellt wurden. In diesem Zusammenhang gilt
unser besonderer Dank den Spendern, die diese Art von
Unterstützungsleistung ermöglicht haben.
Im Rückblick lässt sich konstatieren, dass die Summe
2015 nicht vollständig ausgeschöpft wurde.
Die Verantwortung für die Verteilung der Fondgelder
in der Rubrik „Außergewöhnliche Zuwendung“ und
„Rückzahlbare Zuwendung“ übernahm in diesem
Berichtsjahr erneut ein Gremium, das aus HIV-
Positiven, Ehrenamtler*innen und einem Hauptamtlichen
besteht. Diese Zusammenarbeit macht es möglich eine
Entscheidung über finanzielle Hilfen multiperspektivisch
zu sehen und vermeidet eine einseitige Verteilung.
Die Rubrik „Soforthilfe“ wird hingegen in erster Linie
von den drei Hauptamtler*innen ausgezahlt, die im
Begleitungsbereich tätig sind. Kriterien für die Auszahlung
sind dabei der finanzielle Hintergrund der Antragsteller,
die speziellen Gründe und die Häufigkeit, mit der Bedarfe
angemeldet werden.
Die „Außergewöhnlichen Zuwendungen“, können
bei unvorhersehbaren finanziellen Notlagen von
dem o.a. Gremium gewährt werden. Die spezifische
Lebenssituation der Antragsteller*innen wird zu diesem
Zweck geprüft und diskutiert.
2015 sind in diesem Rahmen 100€ an Menschen aus
dem Begleitungsbereich ausgezahlt worden.
„Rückzahlbare Zuwendungen“ werden ebenso in dem
Positivenfonds Gremium abgestimmt. In diese Kategorie
fallen Situationen, in denen besondere finanzielle
Ausgaben anstehen, bei denen ein Darlehen benötigt
wird. In Rücksprache mit den Begleiteten ist es hier die
zentrale Aufgabe, angemessene Raten zu bestimmen,
mit denen sich das Geld an die AIDS-Hilfe zurückzahlen
lässt. Bei dieser Form der Hilfe gilt es besonders darauf
25
zu achten, dass sich die Rückzahlung als realistisch
erweist. Dieses ist vor dem Hintergrund wichtig, dass
das Begleitungsverhältnis nicht durch fi nanzielle
Abhängigkeiten gestört werden soll. In dem Berichtsjahr
wurden 280€ „Rückzahlbare Zuwendung“ beantragt und
gewährt.
Die „Soforthilfe“ bezeichnet die fi nanzielle Hilfe, bei
der eine geringe Geldsumme am Ende des Monats
ausgezahlt wird, um mögliche Engpässe zu überbrücken.
Das Einkommensniveau der Antragssteller sollte nicht
höher als das Arbeitslosengeld II sein. Darüber hinaus
wird der Nachfrage nicht monatlich nachgekommen,
sondern es gilt nach zwei maliger Auszahlung eine
Sperre von einem Monat.
Im Jahr 2015 gewährte die AIDS-Hilfe im Durchschnitt
10 Menschen im Monat die Soforthilfe. Die Ausgaben
2015 beliefen sich dabei auf 1645 €. Diese fi nanzielle
Unterstützung stellt für Klient*innen eine sehr
niedrigschwellige Hilfe dar, da sie ohne schriftliche
Anfrage / Nachweise gewährt wird. So ist es
nachvollziehbar, dass dieser Bereich des Positivenfonds
der höchste Ausgabenposten ist. Im Vergleich zu dem
Vorjahr 2014, in dem 1900,85 € ausgegeben wurden,
waren die Ausgaben in diesem Jahr unter dieser Rubrik
deutlich niedriger.
Bereits im Berichtsjahr 2014 deutete sich an, dass
der Bereich „Telefonkosten“, welcher bei einem
Krankenhausaufenthalt gezahlt werden kann, an
Relevanz abnimmt. Die Personen, die 2015 einen
Krankenhausaufenthalt hatten, konnten problemlos ihre
Handys benutzen, so dass keine zusätzlichen Kosten
anfi elen.
In dem Arbeitsbereich „Knast“ fallen jährlich
Kosten für die „Knastpakete“ bzw. Bewirtung für die
Informationsveranstaltungen zum Thema „Gesund in
Haft“ an. Diese Ausgaben beliefen sich 2015 auf 231,02
€.
Die „Einnahmen“ ergeben sich aus den gewährten
Darlehen, die zurückgezahlt werden. Dieses geschieht
jedoch in Absprache mit den Begleiteten oftmals nicht
zeitnah sondern erfolgt, je nach Lebenssituation,
auch später. In diesem Berichtsjahr wurden 100 €
zurückgezahlt, die an dieser Stelle als Einnahmen
aufgeführt werden.
3.3 Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern
Die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern bleibt für
unsere AIDS-Hilfe wichtig. Im Einzelnen handelt es sich
um folgende Partner*innen:
HIV-Schwerpunktpraxen
In Duisburg und dem Kreis Wesel gibt es mit Dr. Kwirant
nur noch eine HIV-Schwerpunktpraxis. Mit Dr. Kwirant
haben wir eine gute Zusamme27narbeit. Ein Teil unserer
Begleiteten wird in den Ambulanzen der umliegenden
Kliniken behandelt.
Positivenfondstatistik 2014 / 2015 Datenreihen 1: Positivenfonds 2014
Datenreihen 2: Positivenfonds 2015
26 Begleitung
Krankenhäuser
Bei Krankenhausaufenthalten in Bezug auf HIV/AIDS
werden unsere Begleiteten in die umliegenden Uni-
Kliniken Essen, Bochum und Düsseldorf eingewiesen.
Insbesondere zur Uniklinik Essen bestehen gute Kontakte
zu dem medizinischen und auch zum sozialarbeiterischen
Personal. In Duisburg hat sich bezüglich der stationären
Versorgung keine Veränderung ergeben.
Pflegedienste
Die Kooperation mit den Pflegediensten, mit denen wir
bisher zusammen gearbeitet haben, wurde erfolgreich
fortgeführt.
Hospize
Im Berichtsjahr benötigten wir nicht die Unterstützung
eines Hospizes.
Anwaltspraxen
Die Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten läuft im
migrationsrechtlichen Bereich - soweit von Nöten - ohne
Probleme.
Flüchtlingsberatung
In diesem Bereich haben wir eine enge Zusammenarbeit
zum Beispiel zu Fragen des Aufenthaltrechts mit der
Flüchtlingsberatung des Deutschen Roten Kreuzes.
Frauenspezifische Angebote wurden wie in den
Vorjahren in Kooperation mit den benachbarten AIDS-
Hilfen angeboten. Im Berichtsjahr wurde auch das
Angebot einer Frauengruppe erfolgreich weiter geführt.
Die Gruppe erfreut sich großer Beliebtheit und stabilem
Zuspruch. Hierbei gilt es besonders zu erwähnen, dass
es hier eine Kooperation mit der niedergelassenen HIV-
Schwerpunktpraxis gibt und die AIDS-Hilfe mit diesem
Angebot HIV-positive Frauen erreicht, die bisher keinen
Zugang zur AIDS-Hilfe hatten. Weitere Einzelheiten
werden in Kapitel 5.4 näher beschrieben.
Im Berichtsjahr wurde auch in Selbsthilfe versucht,
eine Gruppe für heterosexuelle Menschen zu gründen.
Dieses führte, trotz hohem Engagement bezüglich der
Bewerbung des Angebotes leider nicht zum Erfolg.
Unser traditionelles Mittwochs-Café ist weiterhin
das bestbesuchte Angebot. Dieses ist ein beliebter
Treffpunkt zwischen HIV-Infizierten / an AIDS Erkrankten,
ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen und der AIDS-Hilfe
Sympathie entgegenbringender Menschen. Darüber
hinaus ist dieses Café eine erste Anlaufstelle für an
ehrenamtlicher Arbeit Interessierte.
Ambulant Betreutes Wohnen
Hier arbeiten wir mit örtlichen Anbietern und der AIDS-
Hilfe Essen zusammen.
ÖGD Duisburg
Die gute Kooperation wurde auch im Jahr 2105 fortgeführt.
3.4 Angebote für HIV-Positive und an AIDS-Erkrankte
Im Berichtsjahr wurde im Rahmen des Solidar-Erleben-
Ansatzes die Kochgruppe fortgeführt. Die Kochgruppe
ist ein monatliches Angebot, bei dem überwiegend HIV-
Positive zusammen kommen und den Abend in Selbsthilfe
organisieren. Dieses dient zum einen dazu, Abwechslung
in den Alltag zu bringen bietet aber gleichzeitig Raum
zum Austausch von Sorgen und Nöten. Es handelt
sich um ein kostenloses Angebot, da der Vorstand die
Kochgruppe mit einem Budget ausgestattet hat. An der
Kochgruppe nehmen im Durchschnitt 4 – 6 Personen teil.
Seit Anfang 2007 trifft sich regelmäßig einmal
monatlich eine Positivengruppe. Zugang haben die
unterschiedlichen sexuellen Präferenzen, auch der
Ansteckungsweg spielt keine Rolle. Es ist eine sehr bunt
gemischte Gruppe, welche in Selbsthilfe eigenständig
durchgeführt wird.
Das Café haben wir hauptsächlich mit Kuchen und
Spenden der Duisburger Tafel bzw. Bürger für Bürger
bestückt. Im Café ist ein Austausch zwischen Betroffenen,
hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen möglich. Hier kann man sich auch
über Neuigkeiten in der AIDS-Hilfe informieren und die
Angebote an der Infotafel zur Kenntnis nehmen. Zum
einen ist es eine willkommene Abwechselung für die
Betroffenen, zum anderen ist es das Treffen in der „Wahl-
Familie“.
Ehrenamtlicher Mitarbeiter fahren jeweils vor dem Café
bei Bürger für Bürger vorbei und holen dort Lebensmittel,
die dann im Mittwochs-Café verteilt werden ab. Hier
sagen wir - den ehrenamtlichen Mitarbeitern und Bürger
27
für Bürger - recht herzlichen Dank!
Das Café startet um 15 Uhr, wobei einige Besucher
schon vor 15 Uhr eintreffen und endet um 18 Uhr.
Unser Café erfreut sich großer Beliebtheit und wird von
durchschnittlich ca. 14 - 20 Personen besucht. Während
der Café-Zeit ist immer eine hauptamtliche Mitarbeiterin
oder Mitarbeiter präsent, da diese Treffen von vielen
Cafébesuchern dazu genutzt werden, Anliegen an die
Beraterinnen und heranzutragen. Über die Cafézeit
hinaus hat die AIDS-Hilfe mittwochs bis 19 Uhr für
persönliche und telefonische Beratung geöffnet.
Wir gedenken der Verstorbenen in der
Mitgliederversammlung und mit unserer Trauerecke,
die sich im Café befi ndet. Hier befi nden sich unser
Trauerbuch und weitere Informationen zu Verstorbenen.
Eine weitere Möglichkeit des Gedenkens besteht bei
dem Candle-Light-Walk. (s. 4.4.)
Die Weihnachtsfeier fand wieder in den Räumlichkeiten
unserer Fachstelle statt. Knapp 30 Teilnehmer
und Teilnehmerinnen verbrachten einen schönen
Nachmittag mit anschließendem Festessen und
erhielten jeder eine Weihnachtstüte mit Süßigkeiten,
Obst, Kaffee und teilweise Zigaretten. Die Vorbereitung
und die Durchführung der Weihnachtsfeier liegen
schwerpunktmäßig in ehrenamtlicher Hand.
Die Weihnachtsfeier konnte wieder mit Spenden aus
den Kirchengemeinden und insbesondere durch eine
Cateringspende von Wolfgang Gödeke – Inhaber der
Burgschänke in Alpen - durchgeführt werden, wofür wir
uns an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.
Im Berichtsjahr 2015 gab es wieder eine Positivenfreizeit.
Sie führte nach ins schöne Emsland und es nahmen 7
Personen teil.
Die Gruppe war wiederum heterogen zusammengesetzt,
mit verschiedenen sexuellen Orientierungen und
Infektionswegen.
Bewährt hat sich hier, durch gemeinsame Unternehmungen
und Aktivitäten im vertrauensvollen Gespräch Probleme
anzusprechen, sich mit anderen auszutauschen und
Lösungsmöglichkeiten für Krisensituationen kennen zu
lernen.
Aber natürlich geht es in erster Linie auch um ein Abtauchen
aus dem Alltag, um Urlaub mit Erholungscharakter und
Kennenlernen von Landstrich und Leuten sowie Besuche
kultureller Veranstaltungen. Dieses Mal wurden wieder
interessante Ausfl üge, z.B. der Besuch einer großen
Schiffswerft, unternommen.
Für die Gruppe ist das gemeinsame Kochen und Essen
wichtig, da zuhause aufgrund des Alleinseins dieses
meistens zu kurz kommt.
3.5 Trauerarbeit
Im Berichtsjahr ist keiner unserer Begleiteten verstorben.
28 Begleitung
29
4. Öffentlichkeitsarbeit
„Mit HIV kann man leben. Mit Diskriminierung nicht.
In Deutschland leben mehr als 80.000 Menschen mit HIV/
AIDS. Dank moderner Medikamente haben die meisten
von ihnen eine fast normale Lebenserwartung. Sie können
in jedem Beruf arbeiten, ihre Freizeit gestalten wie
andere auch. Wird HIV rechtzeitig festgestellt und behandelt,
ist eine AIDS-Erkrankung vermeidbar.
Man kann also heute mit HIV gut leben – aber nicht mit
Diskriminierung, die leider immer noch vorkommt. Hinter
dem Rücken der Betroffenen wird getuschelt, mancher
Zahnarzt verweigert die Behandlung, in einigen Fällen ist
sogar der Arbeitsplatz in Gefahr. Diese Zurückweisung
wegen der Infektion und die Angst davor wiegen bei Menschen
mit HIV heute meist schwerer als die gesundheitlichen
Folgen der Infektion.
Die Ursache für Diskriminierung sind neben Vorurteilen
gegenüber Menschen mit HIV häufi g unbegründete
Ängste vor einer Ansteckung.
Da hilft nur eines: darüber reden! Denn wir alle können
ganz selbstverständlich und ohne Angst „positiv zusammen
leben!“ Im Beruf, in der Freizeit und sogar in der
Liebe. Denn auch beim Sex lässt sich das Risiko einer
Ansteckung fast auf null senken. Durch Kondome und
eine erfolgreiche HIV-Therapie“.
(Vorwort der Kampagnenbroschüre 2015, Hrsg.: BZgA,
DAH und DAS)
Die 2014 neu ausgerichtete bundesweite Kampagne zum
Welt-AIDS-Tag ist im Jahre 2015 nur marginal modifi ziert
und um einige Claims mit ähnlicher Ausrichtung ergänzt
worden. Das erscheint uns konsequent, denn zum einen
fi nden wir diese Form der direkten Ansprache
von Menschen gut und zum anderen ist die Zielrichtung
unverändert wichtig. „Gemeinsam gegen Angst und
Ausgrenzung!“
Die zwingende Kombination von Information & Aufklärung
über HIV und andere STI`s mit Maßnahmen Botschaften,
die zur Entdiskriminierung und Entstigmatisierung
von Menschen mit HIV und AIDS beitragen sollen,
ist nach wie vor geboten. Denn nur so können wir Ängste
abbauen und zu einem entspannteren Umgang miteinander
kommen.
Aber nicht nur nach unserem Eindruck sind diese Botschaften
immer noch schwer zu „verkaufen“, stoßen wir
immer noch häufi g auf Unglauben, Gleichgültigkeit oder
Ablehnung, wenn es um die Annahme der Wahrheiten
geht. Und unsere langjährigen Erfahrungen aus der primärpräventiven
Arbeit lehren eben auch, dass Erfolge in
der Medizin immer auch die Prävention latent gefährden,
weil sie Entwarnungsphantasien und Sorglosigkeit hervorrufen
können. Dennoch werden wir nicht nachlassen,
betrachten diese Arbeit als „positive“ Herausforderung
– wissend, dass es sich lohnt und dass in Deutschland
durchaus schon viel erreicht wurde.
HIV / AIDS-Prävention bleibt Herausforderung
„Aufklärung, Information und Prävention statt Repression
ist seit (über) 25 Jahren der Leitgedanke der HIV/
AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen. Seitdem sehen
sich das Land Nordrhein-Westfalen, die Kommunen und
die freien Träger in der Verantwortung, die weitere Verbreitung
von HIV-Infektionen (…) zu minimieren, HIV-Infi -
zierte und an AIDS erkrankte Menschen zu unterstützen
und sie vor Ausgrenzung und Diskriminierung zu bewahren.
30 Öffentlichkeitsarbeit
Diese grundsätzliche Ausrichtung war und ist die Basis
des großen Erfolges der HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen
und hat deshalb auch heute noch Bestand.
Dabei haben sich als besondere Qualitätsmerkmale
das Zusammenspiel staatlicher, kommunaler und
nichtstaatlicher Akteurinnen und Akteure, die Orientierung
der Angebote an der Lebenswirklichkeit der Betroffenen
und die Einbeziehung der Menschen, die von HIV und
AIDS bedroht oder betroffen sind, bewährt. Diese Qualitätsmerkmale
sind auch für die zukünftige Entwicklung
und Umsetzung der Präventionskonzepte unverzichtbar.
Einem Wandel unterworfen sind jedoch die Rahmenbedingungen
der Prävention in sehr unterschiedlichen
Feldern: Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die
Übertragbarkeit des HI-Virus werden immer detaillierter.
Die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppen der
HIV-Prävention verändern sich. Das Internet bietet neue
Möglichkeiten der Information und Beratung. Die Lebenserwartung
von Menschen mit HIV nimmt zu.
Die Präventionsbotschaften und die Methoden der Vermittlung
an die Zielgruppen müssen sich diesem Wandel
anpassen. Deshalb bleibt die HIV/AIDS-Prävention auch
in Zukunft eine Herausforderung.“
(Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation,
Pflege und Alter des Landes NRW, Vorwort zum
Landeskonzept „Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prävention
in Nordrhein-Westfalen“, Düsseldorf 2013, S. 5 f)
„Einem Wandel unterworfen sind jedoch die Rahmenbedingungen
der Prävention …“. Diese Erkenntnis trifft
trotz –auch im Berichtsjahr - massiver wissenschaftlicher
Untermauerung durch verschiedene Fachgesellschaften
(wie z.B. der deutschen STI-Gesellschaft) sowie der in
NRW im Frühjahr 2015 erneuerten „Rahmenvereinbarung
…“, s. 1.) leider auch auf andere Felder immer mehr
zu. Der Kampf um die finanziellen und personellen Ressourcen
zur Erfüllung der Anforderungen an die Träger
der Aufgabe der strukturellen HIV-Prävention wird immer
schwieriger, s. 1. Und dieser Kampf bindet wiederum
wichtige Ressourcen.
Wir haben schon viel erreicht und der Leitgedanke der
Präventionsarbeit hat sich in Deutschland eindeutig bewährt,
denn bezogen auf HIV gilt in den allermeisten
denkbaren Lebenssituationen nach wie vor, dass jeder
vernunftbegabte Mensch sich selbst und andere davor
schützen kann, wenn er über die notwendigen Informationen,
Fähigkeiten und Mittel verfügt und seine Verhältnisse,
in denen er lebt, keine Hindernisse bieten.
Der darauf aufbauende Ansatz der „strukturellen HIV-/
AIDS-Prävention“ war und ist in Deutschland die Basis
für einen großen Erfolg, den die beteiligten Akteure fortschreiben
wollen und müssen. Das Ziel bleibt, die Zahl
der Neuinfektionen auf niedrigem Niveau zu halten und
nachhaltig zu minimieren und das Stigma von Menschen
mit HIV zu nehmen, damit es uns gelingen kann, die Testbereitschaft
von Menschen zu erhöhen, die Zahl der sog.
„late presenter“ deutlich zu verringern und die Errungenschaften
der medizinischen Behandelbarkeiten auch anwenden
zu können.
MIT HIV kann man leben. Mit Diskriminierung nicht!
Hier haben wir allerdings im Berichtsjahr leider auch
Rückschläge verzeichnen müssen, die uns deutlich vor
Augen führen, dass die Anstrengungen eigentlich intensiviert
werden müssten. Wir haben etwa zwei Ablehnungen
von Kur-/Reha-Maßnahmen von Kliniken wegen der
HIV-Infektion zu verzeichnen, obwohl die Maßnahmen eigentlich
keine HIV-Relevanz hatten. Die Ablehnung von
Zahnbehandlungen gehört ja leider schon zur Routine.
Die Zusammenarbeit mit Job-Centern, den Rentenversicherungsträgern
oder auch einzelnen Krankenkassen
lief häufiger sehr suboptimal. So stand eine HIV-positive
Mutter (und ihr kleiner Sohn) über sieben (!) Monate
ohne Krankenversicherungsschutz da, obwohl diverse
Zusagen vorlagen und sogar Klageandrohungen nicht
zum Ziel führten.
Ganz besonders berührt hat uns die unmittelbare „Heimverschickung“
eines zehnjährigen HIV-positiven Jungen
(und seines achtjährigen HIV-negativen Halbbruders)
von einer Jugendferienfreizeit einer katholischen Kirchengemeinde
aus Moers auf Ameland nach Bekanntwerden
seiner Infektion. Und dies trotz Vorliegen einer
ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung. Dazu gesellte
sich ein sehr schlechtes Beschwerdemanagement
der Verantwortlichen im Nachgang dieses Falles. Mit den
traumatischen Folgen für beide Kinder und ihre Familie
werden wir auch 2016 noch zu tun haben.
Diese beispielhaften Schilderungen sollen an dieser Stelle
nur zeigen, wie schnell die bisherigen Erfolge wieder
verschwinden können, wenn wir in unseren Aufklärungsund
Präventionsbemühungen nachlassen. Die „gesellschaftliche
Erkrankung gegenüber HIV“ ist nicht nur latent
immer noch da und scheint eher zu wachsen. Es gibt
noch viel zu tun.
Information und Aufklärung zielgruppenadäquat und seriös
zu transportieren, ist die zentrale Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit
der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel.
Diese Aufgabe umzusetzen, wird nicht leichter angesichts
der langen Zeit, in der es darum geht, das Thema
im Bewusstsein der Bevölkerung wach und bewusst zu
halten, die Menschen zu erreichen, denn schon der gute
Freiherr von Knigge wusste:
„Die Menschen wollen lieber unterhalten als belehrt werden.“
31
Und getreu dieser Erkenntnis ist auch unsere Öffentlichkeitsarbeit
nicht von Zeigefi ngerpädagogik geprägt, sondern
sehr darum bemüht, Information & Aufklärung so zu
gestalten, dass sie die Menschen erreichen kann.
mit Menschen mit HIV, aber eben auch hinsichtlich des
Schutzes vor einer Infektion und ihren Folgen.
Auch wenn ein positives Testergebnis heute und hierzulande
dank der modernen Therapiemöglichkeiten kein
mittelbares Todesurteil mehr ist, so erleben es viele doch
zurecht als ganz tiefen Einschnitt ins Leben mit all seinen
Prävention darf und muss Spaß machen – auch den
Präventionisten!
„Positiv zusammen leben. Aber sicher!“ – das ist die
neue, alte Botschaft – nicht nur zum Welt-AIDS-Tag, die
unsere Öffentlichkeitsarbeit von Beginn an prägt.
Wir alle können dazu beitragen, dass Isolation und Stigmatisierung
von Menschen mit HIV abgebaut werden. Indem
wir Betroffenen unvoreingenommen begegnen und
ihnen so erleichtern, offen und verantwortungsvoll mit ihrer
Infektion oder Krankheit umzugehen, indem wir den
Mut aufbringen, aufeinander zuzugehen, über Ängste zu
sprechen, einander verstehen lernen.
Die offene Kommunikation benötigt allerdings ein adäquates
soziales Klima und sie braucht gewissermaßen
den Geist der Aufklärung. Wer informiert ist, ist (nicht
nur) beim Thema HIV und anderen sexuell übertragbaren
Krankheiten klar im Vorteil – hinsichtlich des Umganges
Facetten – eben nicht nur den physisch-gesundheitlichen
Seiten.
Der `präventive Spagat´ zwischen Enttabuisierungs- und
Entdiskriminierungsarbeit im Umgang mit HIV-positiven
und an AIDS erkrankten Menschen und der Mahnung vor
einer keineswegs „normalen chronischen Erkrankung“,
die immer noch zu erheblichen Einschränkungen der
Lebensqualität führen kann und eben ein nicht unerhebliches
Stigmatisierungs- und Diskriminierungspotential
birgt, bleibt eine große Herausforderung für die Präventions-
und Öffentlichkeitsarbeit.
Wir haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung
auch und gerade gegenüber den Schwächeren in unserer
Leistungsgesellschaft. Nicht nur im HIV-Infektionsgeschehen
sind Menschen überproportional vertreten, die
ökonomisch, bildungsmäßig und sozial benachteiligt sind.
Somit bleibt HIV-Präventionsarbeit zu einem großen Teil
weiterhin Arbeit in gesellschaftlichen Konfl iktbereichen.
Es geht weiter um Aspekte von sozialer Diskriminierung
von Homo- und Bisexuellen, um die Kriminalisierung von
32 Öffentlichkeitsarbeit
Drogengebraucher*innen, um die Ausgrenzung von Menschen
mit Migrationshintergrund, um Marginalisierungstendenzen
von Prostituierten und Menschen in Haft und
um die Defizite in der Um- und Durchsetzung von (sexuellen
-) Selbstbestimmungsrechten von Frauen in besonderen
Lebenslagen.
Von wachsender Bedeutung ist dabei die konsequente
Einbeziehung und Thematisierung anderer sexuell
übertragbarer Infektionen (STI`s, wie Syphilis,
Chlamydien u.a.), da diese eine zunehmende Relevanz
für die HIV-Inzidenzen besitzen, denn STI`s erhöhen das
HIV-Übertragungsrisiko um das Zwei- bis Achtfache.
Während wir nach 29 Jahren AIDS-Prävention in der
Region sicherlich behaupten können, dass das Aufklärungsniveau
bezüglich HIV/AIDS in der Bevölkerung vergleichsweise
gut ist, gilt dies hinsichtlich der STI`s noch
keineswegs in gleicher Weise. Hier muss ein Schwerpunkt
in der künftigen Präventionsarbeit gesetzt werden.
für die Bereiche der Beratung und Begleitung zwingend
ist. Es kann also jede/r Interessierte unverbindlich hereinschnuppern.
Ohne das intensive Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen
wäre die Menge an Veranstaltungen und
Aktionen, die wir auch im Berichtsjahr wieder durchführen
konnten, nicht denkbar. Allen beteiligten Ehrenamtler*innen
gilt dafür unser herzlichster Dank!
Weiterhin aber suchen wir gerade für das Feld der Präventions-
und Öffentlichkeitsarbeit neue ehrenamtliche
Mitarbeiter*innen. Wer hier aktiv werden möchte oder
Interessenten kennt … bitte melden! Ansprechpartner
sind Dietmar Heyde für die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit
oder alle anderen hauptamtlichen Mitarbeiter*innen.
Erfreulicherweise sind Anfragen nach den Angeboten
unserer AIDS-Hilfe in allen Arbeitsbereichen stabil hoch.
Das spezifische Know-how, die Vermittlungskompetenzen
unserer ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter/innen
und die Flexibilität eines kleinen, freien Trägers in der
Wohlfahrtspflege werden offensichtlich sehr geschätzt.
Dies zeigen uns die vielen positiven Rückmeldungen, die
aus sehr unterschiedlichen Gruppierungen kommen.
Es ist von großer Bedeutung, dass die Arbeit und die
Haltungen der AIDS-Hilfe(n) als sinnvoll wahrgenommen
und der Diskurs zu Ansätzen, Konzepten und deren Förderung
angenommen werden. Dies ist nicht zuletzt auch
für die Arbeit und die Motivation unserer ehrenamtlichen
Mitarbeiter*innen sehr wichtig.
Grundlagen für den Erhalt und die Anpassung unserer
Arbeitsqualitäten sind das Leitbild sowie das Konzept zur
Fachstelle für sexuelle Gesundheitsförderung (s. www.
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de ).
4.1. AG Öffentlichkeitsarbeit
Die mit dem skizzierten Themenspektrum und der entsprechenden
Informations- und Aufklärungsarbeit befasste
Arbeitsgruppe trifft sich jeden dritten Donnerstag
im Monat um 18.30 Uhr in der AIDS-Hilfe, um Veranstaltungen,
Informationsstände u.a. Aktionen zu konzipieren
und zu organisieren. Die Gruppe ist mit stabil sechs bis
acht Mitgliedern besetzt. Um diesen Kern von Mitarbeiter*innen
herum finden sich immer wieder neue Interessent/innen
über mehr oder minder lange Zeiträume.
Der Zugang zur Gruppe setzt nicht das Durchlaufen der
Grundausbildung für Ehrenamtler*innen voraus, wie dies
Zum Bereich der medialen Außendarstellung gehört die
Internet-Homepage der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel
e.V. ( www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de ). Ein
Medium, das immer mehr an Bedeutung gewinnt und
auf die Schnelle nicht nur Informationen zum Verein und
seinen Angeboten bietet, sondern auch zu Beratungszwecken
gerne genutzt wird. Für die Pflege und Aktualisierung
ist immer noch unser treuer Ex-Zivi, Raphael
Diaz-Fernandez, verantwortlich. Er lebt allerdings vom
„Futter“ durch das AIDS-Hilfe-Team. Und allmählich bessert
sich das Mitdenken an die Veröffentlichung von Informationen
und Terminen hier.
Das gilt natürlich insbesondere auch für den vorliegenden
Jahresbericht, für dessen Lay-out ebenfalls Raphael
Diaz-Fernandez verantwortlich ist. DANKE, lieber Raphael!
Die Welt der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel
wäre ohne dieses tolle Engagement erheblich trister.
4.2. Veranstaltungen
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. ist immer bemüht,
ihr Angebot einer breiten Öffentlichkeit transparent
zu machen und nutzt dazu verschiedene Orte und An-
33
„Spruchreif“-Moderator Mario Mais im Gespräch mit Dietmar Heyde beim Studio47
lässe. Wie könnte man auf Enttabuisierung, Entdiskriminierung
und Emanzipation ausgelegte Präventionsarbeit
leisten, ohne die sog. Allgemeinbevölkerung über den
Sinn und Zweck zielgruppenspezifi scher Arbeit zu informieren
und zu überzeugen?
Neben der Herausforderung, das sehr breite Spektrum
an inhaltlichen Ausrichtungen (HIV und AIDS, Hepatitiden
und andere sexuell übertragbare Krankheiten, Homosexualität,
Drogengebrauch, Frauen/Mädchen und AIDS,
Migration und AIDS u.a.m.) über öffentlichkeitswirksame
Veranstaltungen abzubilden, ist es alljährlich auf`s Neue
schwierig, halbwegs fl ächendeckend in unserer großen
Region Präsenz zu zeigen.
Der Jahresauftakt ist traditionell geprägt durch eine Fülle
an Präventionsveranstaltungen im Bereich „Youthwork“
(s. 5.6.) sowie durch intensive Berichts- und Dokumentationsarbeit
zum Vorjahr.
Schon am 21. Januar 2015 freute sich das AH-Team über
die Ausstrahlung der Sendung „Spruchreif“ des Duisburger
Stadtfernsehens „Studio47“ mit Moderator Mario
Mais, bei dem Dietmar Heyde Gelegenheit hatte, über
eine halbe Stunde differenziert zur aktuellen Lage Stellung
zu beziehen (s. Trailer über unsere Homepage).
Wir sind dem Studio47-Team äußerst dankbar für die
wirklich tolle Unterstützung bei der Präventions- und
Öffentlichkeitsarbeit, bieten sie uns doch immer wieder
die Möglichkeit, unsere Botschaften und unsere Arbeit
einem großen TV-Publikum (über 80.000 Haushalte) zu
präsentieren. So auch am 21.07. aus Anlass des Nationalen
Gedenktages an die verstorbenen Drogengebraucher*innen,
am 02.11. zur Projektpräsentation unseres
„Streetwork“-Angebotes für die Zielgruppe der Drogenkonsumenten.
Und natürlich einmal mehr am 30.11. zur
Bewerbung des Veranstaltungsprogrammes zum Welt-
AIDS-Tag 2015.
Ab März stand für die ÖA-Gruppe die Jahresplanung für
das Berichtsjahr mit vielen spannenden inhaltlichen Diskussionen
an – etwa zu der Frage, wie offensiv wir mit
der Forderung „Aids beenden bis 2020!“ (s. Jahresbericht
2014) umgehen und welche Botschaften wir wie in wel-
34 Öffentlichkeitsarbeit
che Zielgruppen transportieren sollen / können.
Diese und andere Fragen fanden auch Eingang in den
„Runden Tisch zur HIV-Versorgung in der Region“ Ende
März, bei dem es auch um die Zukunft der „Beratungsund
Testangebote“ in der Region ging. Unter anderem
konnte auch in dieser Runde festgestellt werden, dass
die Sorge um die sog. „late presenter“ keine abstrakte ist,
sondern vielmehr auch in unserer Praxis verstärkt auftritt
und entsprechender Handlungsbedarf erkannt wurde.
Auch das „klassische“ Geschäft der Öffentlichkeitsarbeit
wurde nicht vernachlässigt, wozu die fachliche Fort- und
Weiterbildung, die angesichts der schon mehrfach beschriebenen
Dynamik im Themenfeld unerlässlich ist und
eine wichtige Grundlage bildet, um auf dem aktuellen
Stand zu sein. So sind sowohl im hauptamtlichen Team
wie auch bei den Ehrenamtlichen im Berichtsjahr jeweils
wieder über 300 Stunden in Fort- und Weiterbildung gut
investiert worden.
Aus dem diesjährigen Fachtagungs- und Kongressgeschehen
haben wir uns zur Teilnahme am hochkarätig
besetzten Fachtag „HIV-Kontrovers“ im Februar in Düsseldorf
entschieden, der die vielen spannenden Themen
tiefgehend und natürlich „kontrovers“ beleuchtete. Dietmar
Heyde besuchte die im Verband mit großer Spannung
erwartete Fachtagung „Aids beenden“ am 24.04.16
bei der DAH in Berlin und brachte die Botschaft mit, dass
der Arbeitstitel dahingehend verändert werden soll, dass
„bis 2020 in Deutschland niemand mehr an den Folgen
von AIDS versterben muss!“, um nicht selbst in eine Diskriminierungsfalle
für Menschen zu fallen, die bewusst ihr
Recht auf „Nichtwissen“ bewahren wollen. Auch diejenigen
wollen wir natürlich nicht ausgrenzen.
Das diesjährige Highlight war sicher der Deutsch-österreichische
AIDS-Kongress Ende Juni in den Düsseldorfer
Messehallen, der vielleicht etwas zu lang war und schon
mal besser besucht war, der aber dennoch hoch interessant
war und zudem für die NRW-Strukturen viel Gelegenheit
der Projektpräsentation (u.a. auch Youthwork
NRW und XXelle NRW mit jeweils einem Poster; Herzenslust
NRW mit einer Ausstellung) bot. Eine ganze
Reihe von Sessions widmeten sich unseren Präventionsthemen
und wurden durch die Aidshilfe NRW hervorragend
organisiert und durchgeführt.
35
Daneben gab es eine ganze Reihe von Tagesfortbildungen
für unsere ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter/
innen, wie beispielsweise die Fortbildungsseminare zur
Telefonberatung, die zum Standard der Qualitätssicherung
gehören oder in diesem Jahr angesichts der „Therapie-Revolutionen“
weitere Fortbildungsveranstaltungen
zum Geschehen in der HCV-Therapie.
In bewährter Kooperation mit der AIDS-Hilfe Oberhausen
haben wir auch in diesem Jahr ein Fachgespräch zur
HIV-Therapie veranstaltet, das wieder einmal gut besucht
und genutzt wurde. Im Rahmen des Welt-AIDS-Tags-Veranstaltungsprogrammes
fand dies am 25.11.15 in der AH
Duisburg unter dem Titel „Wünsch Dir was … und alles
wird gut!? Arzt und Patient im Dialog“ statt und setzte
noch stärker als bisher auf Interaktion zwischen Referenten
und Teilnehmer*innen. Dieses leicht veränderte
Format wurde ausgesprochen gut angenommen. Unser
verbliebener Duisburger HIV-Schwerpunktbehandler, Dr.
Friedhelm Kwirant gab dazu den fachlichen Input und
stand gerne Rede und Antwort.
ein gutes Arzt-Patientenverhältnis entstehen und eine offene,
von gegenseitigem Vertrauen geprägte Kommunikation
stattfinden kann.
Infostand-Saison 2015
Bei der klassischen Stadt(teil-)-Fest-Zielgruppe macht es
unserer Erfahrung nach immer noch, oder besser: immer
mehr Sinn, sich inhaltlich auf „Klassisches“ zu konzentrieren,
nämlich auf die Übertragungswege von HIV – insbesondere
die Tatsache, dass im alltäglichen Miteinander
keinerlei Gefahr droht. Dazu haben wir als gesprächsöffnende
Methoden unsere Tastboxen, um mit Hilfe der darin
befi ndlichen symbolischen Materialien (Seife, Kondome,
Taschentücher, Zahnbürste, etc.) gleichsam gegenständliches
und kognitives Begreifen zu initiieren, oder wahlweise
kommt auch das gute alte Glücksrad zum Einsatz,
das immer noch Neugier und Gewinnlust weckt. Und bei
uns gewinnt jede/r – neben kleinen give-aways vor allem
eine gute Portion Erkenntnisgewinn.
In diesem Jahr mussten wir aus personellen Gründen (s.
1.) und weil das Auffangen von hauptamtlichen Vakanzen
Kapazitäten an anderen Stellen band, allerdings an
dieser Stell etwas kürzer treten. In konzentrierter Weise
nutzten wir das Wochenende vom 13. und 14.06.15
gleich zu zwei aufeinanderfolgenden Infoständen. Am
Samstag traditionell im Rahmen der Duisburger Umwelttage
am Sonntag waren wir einmal mehr auf dem schönen
Walsumer Sommerfest vertreten, allerdings diesmal
mit relativ geringem Zuspruch.
Dr. Friedhelm Kwirant … und das Moderator*innen-Paar
Natalie Rudi und Dietmar Heyde
Ganz in unserem Sinne waren die Botschaften dieses
Abends, nämlich insbesondere, dass immer klarer wird,
dass HIV-Therapie nach wie vor kein „Wunschkonzert“
ist und viele Bedingungen erfüllt sein müssen, damit die
erzielbaren guten Optionen auch wirklich greifen können.
Dazu aber ist es von ganz besonderer Bedeutung, dass
Um auch unsere Drogenpräventionsarbeit und die dahinter
stehende Haltung der Öffentlichkeit zu präsentieren,
gehört für uns ein Info- und Aktionsstand zum Tag des
Gedenkens an die Drogentoten (21.07.) zum Standardprogramm.
Näheres dazu fi ndet sich unter 5.2. Erfreulich
ist hier hervorzuheben, dass es wieder einmal eine gute
TV-Medienresonanz gab. Studio47 und die WDR-Lokalzeit
berichteten sehr schön. Insbesondere erfreute es
uns, dass mit Marko Stegmann der ganz besonders aktive
Vertreter der JES-Ortsgruppe zur Live-Sendung vom
Studio47 eingeladen wurde und dieser im Interview die
Selbsthilfe-Perspektive darstellen konnte.
Der diesjährige CSD-Duisburg, der eigentlich am
25.07.15 über die Bühne der Bahnhofsvorplatte gehen
sollte, musste wegen einer Unwetterwarnung leider
kurzfristig abgesagt werden, was natürlich nicht schön
war. Dennoch konnte zumindest die Preisverleihung an
den Fußballer Thomas Hitzelsberger kurzfristig ins Mercure-Hotel
verlegt werden und diese sogar sehr gute
Presseresonanz erzielen. Darüber hinaus war es quasi
von besonderer Bedeutung, dass ein einwöchiges Rah-
36 Öffentlichkeitsarbeit
menprogramm zum CSD erstmals umgesetzt wurde und
gleich auch unerwartet viel Zuspruch fand. Unser Herzenslust-Team
als „Zirkus-Artisten“ gekleidet, konnte sich
zudem in Köln und Essen präsentieren und dort auch
sehr gezielt interessiertes Publikum zu Präventionsgesprächen
„in die Manege“ holen. Mehr dazu unter 5.1.4.
Auch die traditionelle Teilnahme an den Jugend-DIN-Tagen
in Dinslaken an der Burghofbühne musste in diesem
Jahr wegen Umbauarbeiten ausfallen. Nach dem Wegfall
des Jugendfestivals in Wesel hoffen wir sehr, dass
es nicht noch weitere Ausdünnungen von Festivitäten für
Jugendliche und junge Menschen in der Region geben
wird, wo wir diese auch einmal im außerschulischen Rahmen
erreichen können.
Ab Sommer starteten dann auch parallel die Planungen
und Vorbereitungen für das Veranstaltungsprogramm
zum diesjährigen Welt-AIDS-Tages (s. 4.4.)
Unser „Herzenslust“-Team als „Zirkusartisten“ beim
CSD-Angrillen in Duisburg
social day mit dem RWE-Companius-IT-Team
37
4.3. Benefiz-Veranstaltungen
seinerseits einige Verbrauchsmaterialien zur Verfügung.
Auch dem IMD gilt natürlich unser Dank!
Natürlich war auch das AIDS-Hilfe Team bei diesem Tag
höchst aktiv. Und hier gilt insbesondere unseren ehrenamtlichen
Kräften ein ebenso großer Dank. Aus dieser
Aktion resultierten natürlich auch noch Folgearbeiten, denen
sich aber einige Beteiligte seither widmen.
Nicht nur in fi nanzieller Hinsicht sind Benefi z-Aktionen
für uns sehr wichtig, bieten Aktionen mit Künstlern oder
anderen Prominenten doch meist die Möglichkeit, unser
Thema auch außerhalb der Welt-AIDS-Tags-Zeit öffentlichkeitswirksam
zu platzieren.
Im Berichtsjahr 2015 gab es erneut viele „zivilgesellschaftliche“
Gruppen und Einzelpersonen, die für uns
und unsere Arbeit sehr Gutes getan haben und wir wollen
darüber reden und schreiben.
Uns allen unvergesslich wird sicherlich der Aktionstag
zur Umsetzung des „social day“ des RWE-Companius-IT-Teams
am 10. September 2015 bleiben. Hier
rückte ein etwa 20-köpfi ges Team an, um konzertiert an
diesem Tag unser Domizil auf der Bismarckstraße in Duisburg-Neudorf
außen und innen zu renovieren. Mit dieser
enormen men- und womenpower wurde –auch wenn es
sich nicht um Profi s handelte- Enormes geleistet. Sämtliche
Fensterrahmen wurden geschliffen und gestrichen,
viele Elemente der Außenfassade quasi runderneuert
und der Grünbereich bekam ein ganz neues „Gesicht“,
wodurch unser räumliches Erscheinungsbild nunmehr in
neuem Glanz erstrahlen konnte. Hier ist das RWE in toller
Weise „voRWEg gegangen“ und das obwohl wir noch
nicht einmal zum Kundenkreis zählen.
Ein großer Teil der dazu benötigten Materialien wurde
zudem vom RWE gesponsort. Eine unglaublich tolle
Geste. Ein Riesen Dank gilt dieser sozialen Initiative des
RWE-Companius-IT-Teams!
Dieses wiederum hatte sicher auch einen eigenen Nutzen,
denn diese Aktion war auch als Team-building-Prozess
von nicht zu unterschätzendem Wert. So wurde es
jedenfalls empfunden und von den Aktiven auch so rückgemeldet.
Sie haben sich –nicht nur wegen der guten Bewirtung-
bei uns sehr wohl gefühlt.
Bei so viel externem Engagement konnte unser Vermieter,
das Immobilienmanagement Duisburg (IMD) natürlich
nicht umhin, sich seinerseits einzubringen. So ließ das
IMD einen Teil des Zuganges neu pfl astern und stellte
Ganz treue Unterstützung erfahren wir seit nunmehr
zehn (!) Jahren durch das „GudsO-Netzwerk“ (Gleichberechtigung
unabhängig von der sexuellen Orientierung)
der Duisburger „Targobank“, die weiß, „wie Bank
geht“. Aber nicht nur das – sie wissen auch, wie soziales
Engagement sinnvoll funktioniert und dass dies auch einen
nicht zu unterschätzenden Benefi t für das Image der
Institution sowie das soziale Betriebsklima bringt. Unter
Federführung von Frau Corinna Voigt und Herrn Guido
Kuhl, hat diese Projektgruppe zum Welt-AIDS-Tag wieder
eine Jubiläumsstarke „Bärenaktion“ entwickelt, mit erfrischender
Promotion umgesetzt und so auch zu einem
erneuten Rekordvertrieb von über 900 Solibären geführt.
Ganz viel Kreativität wird hier freigesetzt. So hat auch die
durch eine Mitarbeiterin der Bank initiierte „Strickgruppe“
in vielen, vielen Stunden Heimarbeit eine eigene Mützenund
Schalkollektion erstellt. In diesem Jahr wurde erneut
eine unfassbare Menge an ganz individueller
Bärenwinterkleidung produziert, die erneut unglaublich
gut ankam. Eine Aktion, die aus dem Jahresprogramm
des Duisburger Sitzes der Bank nicht mehr wegzudenken
ist und dazu führt, dass immer mehr Anfragen schon
deutlich vor dem Welt-AIDS-Tag eingehen. Wir bedanken
uns aufs Herzlichste für so viel Engagement mit wirklicher
„Herzenslust“!
Schon 10 Jahre „Bärenstark“ und „GudsO“ – die Unterstützung
durch die Targobank
38 Öffentlichkeitsarbeit
Unermüdliche Kämpfer*innen im Kampf gegen AIDS sind
schon lange Dr. Günther Bittel, seine Frau Ingrid und ihr
Mitstreiter-Team in Duisburg-Rheinhausen, die im Berichtsjahr
mit Ihrem Benefiz-Konzert „Treatment for all,
part XI“ im Haus der Jugend in Rheinhausen am 28.11.
das 10-jährige Jubiläum feiern konnten. Begleitend zu
den Konzerten gibt es zu Beginn eine Diskussionsrunde
und einen Infotisch von der AIDS-Hilfe. Die Hälfte des
Reinerlöses kommt noch dazu unserer Arbeit zugute.
Ein besonderer Dank gilt den gagenfrei auftretenden
Bands sowie den Mitarbeiter*innen des Jugendzentrums
„Haus der Jugend“ an der Friedrich-Alfred-Str. 14 in Duisburg-Rheinhausen.
Zum anderen möchten wir die Spendenausschüttungen
der Sparkasse am Niederrhein (mit den Zweigstellen
Moers und Rheinberg) erwähnen, die unsere Arbeit sehr
kontinuierlich fördern. Ganz besonders bedanken wir uns
hier bei der Sparkasse Duisburg für ihre Treue hinsichtlich
der Teilfinanzierung unserer aufsuchenden Arbeitsangebote.
Ein besonderes Anliegen ist es uns, den zahlreichen
Schülerinnen und Schülern und engagierten Lehrkräften
zu danken, die uns mit hoher Motivation, Überzeugung
und zum Teil sehr kreativen Aktionsideen vor allem
zum Welt-AIDS-Tag nicht nur bei der Spendensammlung,
sondern auch bei der Thematisierung von HIV und
AIDS in zweifellos wichtigsten Zielgruppen fantastisch
unterstützen. Stellvertretend möchten wir hier die Projektgruppen
am Gymnasium Adolfinum in Moers, dem
Sophie-Scholl-Berufskolleg in Duisburg-Marxloh und die
Projektgruppe am Gymnasium Moers-Rheinkamp erwähnen.
WAT-Aktionstag am Gymnasium Moers-Rheinkamp
Aus Solidarität, Überzeugung oder aus Einsicht in die
Notwendigkeit der Unterstützung unserer Arbeit erfahren
wir Jahr für Jahr viel Wertschätzung, aber eben auch
finanzielle Hilfen von zivilgesellschaftlichen Einzelpersonen,
Gruppen und Institutionen, ohne die vieles nicht
machbar wäre.
DANKE für einen bärenstarken Einsatz für die AIDS-Hilfe
Duisburg / Kreis Wesel e.V.
Es ist schön, an dieser Stelle Jahr für Jahr über sehr stabile
Unterstützungsaktivitäten berichten zu können. Da
sind zum einen die Spendensammlungen und thematischen
Veranstaltungen vieler Kirchengemeinden zu
nennen, die zudem in der Regel auf unsere Anfrage hin
für unsere alljährliche Weihnachtsfeier für Menschen mit
HIV und AIDS eingehen – vielen herzlichen Dank dafür!
Ein besonderer Dank gilt für das Berichtsjahr der evangelischen
Kirchengemeinde St. Trinitatis aus Duisburg-Buchholz,
die über zwei Monate Kollekten für uns
gesammelt haben und darüber über 1.000,- Euro zur Unterstützung
unserer Arbeit erzielen konnten!
Der „Soli-Bär“ 2015
39
4.4. Veranstaltungen zum Welt-AIDS-Tag 2015
40 Öffentlichkeitsarbeit
„KANNST DU POSITIV ZUSAMMEN LEBEN? Klar!“
Was denkt Deutschland über HIV/AIDS? – war die Ausgangsfrage
zur völlig neu gestalteten bundesweiten
Kampagne zum Welt-AIDS-Tag 2014, die im Jahr 2015
fortgeführt, durch weitere Claims ergänzt wurde und somit
auf eine nachhaltige Wirkung zielt.
„Was macht ihr, wenn euer Stürmer HIV hat? – Hoffentlich
viele Tore!“ Diese und weitere Fragen standen im
Zentrum der Kampagne zum Welt-AIDS-Tag 2015. „Über
die Frage-Antwort-Mechanik regen die Plakatmotive zum
Nachdenken an. (…).
Die Kampagne spricht auf diese Weise unbegründete
Ängste vor einer HIV-Übertragung
an. Ergänzende Informationen helfen, diese
Ängste zu überwinden, und fördern so einen respektvollen
und angemessenen Umgang mit HIV-positiven
Menschen. Die Kernbotschaft der Kampagne lautet: Aufeinander
zugehen, miteinander reden, sich gegenseitig
zuhören und verstehen: So funktioniert POSITIV ZU-
SAMMEN LEBEN!“
(aus: Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministerium
für Gesundheit, der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung, der Deutschen AIDS-Stiftung und
der Deutschen AIDS-Hilfe zum Start der neuen Kampagne
zum Welt-AIDS-Tag 2015, Berlin, Köln, Bonn,
22.10.2015)
Es ist an der Zeit! Allein – es sind noch nicht alle bereit.
Daran müssen und wollen wir weiter arbeiten. Und dazu
ist der Welt-AIDS-Tag nach wie vor besonders wichtig,
weil wir rund um den 01. Dezember einfach mehr Öffentlichkeit,
mehr mediale Aufmerksamkeit erreichen können
als sonst im Jahr. Die Kampagnenfragen und –botschaften,
die zentrale Bereiche des gesellschaftlichen Lebens
und der damit verbundenen Werteorientierung berühren,
verdeutlichen sehr anschaulich, worum es heute gehen
(darf): um gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen
Leben unter der Bedingung, dass der Status
„HIV-positiv“ bekannt sein darf!
Mit sieben eigenen Veranstaltungen und weiteren mit
und von Kooperationspartnern durchgeführten Aktionen
konnte auch im Berichtsjahr wieder ein umfangreiches
Angebot vorgehalten (s. Flyer und Pressespiegel im Anhang)
und viele Menschen darüber erreicht werden.
Den Auftakt zum WAT-Veranstaltungsprogramm bildete
schon am 04. November eine erfreulich gut angenommene
Doppelveranstaltung.
Die Fotoausstellung „GRAUZONE“ des Dinslakener
Fotografen (und Gründungsmitgliedes der AIDS-Hilfe
Duisburg) Thomas Schönhagen wertete nicht nur unseren
Flur erheblich auf, sondern griff auch ein Thema
fotografi sch auf, das zunehmende Bedeutung auch für
unsere Begleitungs- und Präventionsarbeit mit MSM besitzt,
nämlich „schwules Leben im Alter“.
Einmal mehr konnten wir uns der Ausrichtung und
Intention der WAT-Kampagne voll und ganz anschließen
und die völlig neu gestalteten Medien
auch aktiv im Rahmen unserer Aktivitäten nutzen,
um mit den Menschen in unserer Region ins Gespräch
zu kommen. So führte unsere Praktikantin
Lara Kalina über die Kampagnenfragen und weitere
Ergänzungsfragen über 100 Fragebogen-gestützte
Interviews in unterschi edlichsten Zielgruppen
durch. Obwohl es sich dabei natürlich nicht um
eine repräsentative Studie handelte, bestätigte die
Auswertung doch interessanterweise ganz wesentlich
die Ergebnisse der bundesweiten Umfrage „positive
Stimmen“ und zeigte, dass noch viel Aufklärungsbedarf
besteht und leider eben auch viele –in
der Regel- irrationale Ängste bestehen – bis hin zu
daraus resultierendem Stigmatisierungspotential.
Positiv zusammen leben – ist nicht nur absolut möglich,
sondern sollte allmählich einfach zum Normalfall werden.
Die Ausstellungseröffnung zog 35 Besucher*innen an,
von denen die meisten dann auch zur sich anschließenden
Vortrags- und Diskussionsrunde zu eben diesem
41
Candle-Light-Walk 2015
Themenfeld:
„GRAUZONE, pt. II: Schwules Leben im Alter – Talkrunde
mit Gästen“ blieb.
Unser Herzenslust-Koordinator Frank Funk erwies sich
dabei einmal mehr als hervorragender Moderator, der
unsere Gäste: Georg Roth vom Rubicon in Köln (Fachberatung
gleichgeschlechtlicher Lebensweisen in der
Senior*innenarbeit, vielen besser bekannt als „Sister George“)
und Sigmar Fischer (Bielefeld, Vorstand der neu
gegründeten Bundesinitiative Schwule Senioren, BISS
e.V.) anmoderierte und mit den zahlreichen Teilnehmer*innen
ins Gespräch brachte.
Fachliche Einstimmung gewährte uns das traditionelle
Fachgespräch zur HIV-Therapie am 25. November mit
dem provokanten Titel „Wünsch Dir was … und alles wird
gut!? –Arzt und Patient im Dialog“. Näheres dazu s.o.
(4.2.).
Eine der schönsten und effektivsten Kooperationen in unserem
Netzwerksystem ist sicher das Duisburger „Aktionsbündnis
gegen AIDS“, bestehend aus folgenden Institutionen:
UNICEF Duisburg, Kindernothilfe, AIDS- und
STD-Beratungsstelle des Gesundheitsamtes der Stadt
Duisburg, Infostelle Dritte Welt des ev. Kirchenkreises
Duisburg, dem evangelischen Kirchenkreis Duisburg, die
evangelische Kirchengemeinde Alt-Duissern, die katholische
Gemeinde City Pastoral in der Liebfrauenkirche
und der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel. Nach einer
Verabredung zur „konfessionellen Rotation“, dem jährlichen
Wechsel der Gotteshäuser waren wir mit unserem
„Abendgebet zum Welt-AIDS-Tag“ im Berichtsjahr am
Freitag, dem 27.11. wieder zu Gast in der katholischen
Liebfrauenkirche im Herzen der Stadt.
Die Mixtur aus christlich, religiösen und politischen Elementen
macht den besonderen Charakter dieser Veranstaltung
aus. Leider konnte es in diesem Jahr nicht
gelingen, einen Chor für den musikalischen Rahmen zu
gewinnen und leider war der Besucherzuspruch diesmal
auch recht gering. Die Veranstaltergemeinschaft ist es
allerdings gewohnt, einen langen Atem zu zeigen und
insofern lassen wir uns davon nicht entmutigen. Auf ein
Neues in 2016!
Unter dem recht geringen Zuspruch zum Abendgebet
litt dann leider auch unser Candle-Light-Walk über den
Weihnachtsmarkt der Duisburger City, den wir erstmalig
vom gewohnten Mittwoch-Abend an den Anschluss des
Abendgebetes gelegt hatten, in der Hoffnung mehr Menschen
zu mobilisieren. Mit dem Candle-Light-Walk wollen
wir zum einen den an den Folgen von HIV und AIDS
Georg Roth, Thomas Schönhagen, Sigmar Fischer
und Dietmar Heyde in der „GRAUZONE“
Georg Roth, Sigmar Fischer und Moderator
Frank Funk – nur zum Teil „GRAUZONEr“
Dr. Friedhelm Kwirant wünscht sic
Gespräche mit seinen
42 Öffentlichkeitsarbeit
im Zeichen der Solidarität beim Abendgebet zum Welt-AIDS-Tag 2015
sich was: gute
Verstorbenen gedenken und daran erinnern, dass wir es
immer noch mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung zu
tun haben und um zum anderen die Bevölkerung auf den
bevorstehenden Welt-AIDS-Tag aufmerksam machen.
Leider wird die Zahl der „Mitläufer“ Jahr für Jahr kleiner
– vielleicht auch ein Ausdruck dafür, dass die früher oft
unmittelbare Verbindung mit dem Sterben heute glücklicherweise
nicht mehr der Realität entspricht. Dennoch
wollen wir die Erinnerung bewahren.
Der Altmarkt in der schönen Moerser Altstadt hat sich
einmal mehr als guter Standort für einen Infostand mit
Roter-Schleifen-Aktion zum WAT am Samstag, den
28.11.15 erwiesen. Die unmittelbare Nähe zum 01. Dezember
ist einfach gut, um die Menschen auf die Kampagne
aufmerksam zu machen, zumal die Medien diesen
Tag zwar immer weniger, aber doch noch intensiver als
sonst im Jahr aufgreifen. Zudem kam uns auch in diesem
Jahr wieder entgegen, dass der Moerser Weihnachtsmarkt
schon geöffnet war und wir somit Publikumsverkehr
bis in die frühen Abendstunden verzeichnen konnte.
Insgesamt aber müssen wir leider eine nachlassende
Resonanz und Offenheit bzgl. der Thematik konstatieren.
Dennoch haben wir durchaus viele gute Gespräche führen
und von vielen Bürgerinnen und Bürgern finanziellen
(Spenden) und ideellen Zuspruch bekommen können –
Ein Teil der gebannten Teilnehmer bei der Talk-
Runde
DANKE Moers!
Am Abend des 28.11.16 ging im Rheinhausener Haus
der Jugend das Benefizkonzert „Treatment for all, pt. XI“
über die Bühne, bei dem wir als Teilnehmer einer kleinen
Podiumsdiskussion und mit einem Infotisch vertreten waren
(s. 4.3.)
Der Aktionstag zum Welt-AIDS-Tag konnte bereits zum
siebten Male in Kooperation und Partnerschaft mit
dem FORUM Duisburg stattfinden. Diese –aus unserer
Sicht- wirklich glorreiche und konstruktive Partnerschaft
mit dem Centermanagement ermöglicht uns schon lange
einen besonders öffentlichkeitswirksamen Auftritt am
01.12. Nicht nur die Chance, viele Menschen erreichen
zu können ist für uns natürlich ganz wichtig, sondern auch
die menpower, das Engagement und die Ressourcen, die
das Centermanagement bereitstellen, macht dies zu einem
echten Gewinn und sicher zu einem best-practice-
Beispiel für „private public partnership“. Dafür gilt unser
großer Dank an die beteiligten Akteurinnen und Akteure
der Einkaufsmall.
Allerdings mussten wir uns 2015 abermals mit einem
„Schmalspur-Auftritt“ begnügen, vor allem wegen der
43
Impressionen vom Infostand auf dem Moerser Altmarkt - … selbst Spendensammeln macht Spaß!
noch nicht gänzlich geklärten Aufl agen durch das neue
Brandschutzkonzept, das zu einer deutlichen Verringerung
der Präsentationsmöglichkeiten führte. Dennoch
waren wir letztlich froh, überhaupt noch einen Fuß „an
der goldenen Leiter“ des Forums zu erhalten und danken
insbesondere dem neuen Manager, Herrn Nidal Sadeq,
für seine Kooperationsbereitschaft.
Erfreulich zu diesem Ereignis war allerdings das TVund
Radio-Medieninteresse. Nicht nur unsere besonders
treuen Begleiter*innen des Duisburger „Studio47“
zogen schöne Bilder und O-Töne, sondern auch ein
WDR-Team der Lokalzeit nutzte die Gelegenheit, Bilder
und Interviews für einen Bericht aufzunehmen, der sich
insbesondere mit den aktuellen Kürzungsplänen durch
die sog. „Jamaika-Koalition“ im Kreis Wesel und deren
potentiellen Folgen für die HIV-Prävention in der Region
beschäftigte.
Diese Problematik wurde vom WDR dann auch weiter
verfolgt und so gab es auch einen Bericht über die vorläufi
g entscheidende Kreistagssitzung vom 10.12.15, bei
der wir natürlich auch mit einer kleinen Protestmannschaft
und –note vertreten waren.
Ende Dezember öffnete das Duisburger Szenelokal
„Harlekin“ seine „Manege“ für unser Herzenslust-Team,
das eine Travestieveranstaltung mit einem „Präventainment-Angebot“
bereichern konnte.
Seit einigen Jahren fi ndet auch im Arbeitsbereich „Sexarbeit“
die gute Kooperation mit dem Gesundheitsamt Duisburg
–seit diesem Jahr mit der neu geschaffenen Beratungsstelle
„Lily“- eine Jahresabschlussaktion in dem
großen Duisburger Bordellbereich statt, bei der nicht nur
die Sexarbeiter*innen kleine, nützliche „Geschenke“ und
Beratungen bekommen, sondern natürlich auch Freier
mit Erkenntnisgewinnen bereichert werden können (s.
5.4.).
Und ab Mitte Dezember 2015 begannen die Auswertungen
des diesjährigen WAT-Geschehens und damit auch
die Vorbereitungen für das nächste Jahr.
Allen, die uns zum Welt-AIDS-Tag 2015 durch viel Engagement
und Kreativität unterstützt haben, gilt an dieser
Stelle noch einmal unser ganz herzlicher Dank !!! –
Spenden sammeln, gute Gespräche, Mitmachaktionen und einiges mehr – WAT 2015 im FORUM Duisburg
44 Öffentlichkeitsarbeit
Dank ans Ehrenamt und unsere Förderer – unser Dezember „Sonder-Aktiven-Treffen“
Ein Engel hat Euch / Sie geschickt.
4.5. Berichterstattung in den Medien
Für das Berichtsjahr 2015 haben wir, was das von Seiten
der Print-, Funk- und TV-Medien betrifft, wenig Grund zur
Klage. Wir konnten sogar wieder Redakteur*innen der
Printmedien begrüßen, was uns sehr freute und in den
letzten Jahren eher selten geworden war.
Und: … nach dem Welt-AIDS-Tag ist vor dem Welt-
AIDS-Tag! Interessierte, die 2016 dabei sein wollen,
können sich jederzeit gerne bei uns melden.
Wir brauchen sie, denn nur gemeinsam bewirken wir
mehr, um das Thema im Bewusstsein der Bevölkerung
zu halten und so dem Ziel der Minimierung von Neuinfektionen
sowie der Verbesserung der Akzeptanz und Toleranz
gegenüber HIV-Positiven näher zu kommen.
Mit dem Interesse von Seiten des Lokalfunks und dem
Lokalfernsehen sind wir einmal mehr sehr zufrieden.
Insbesondere das schon mehrmals zitierte Stadtfernsehen
„Studio 47“ ist ein ungemein treues Begleiter- und
Unterstützermedium, das uns im Berichtsjahr wieder einmal
mehrmals in den Nachrichtenfokus gerückt hat – dafür
herzlichen Dank! Dank gilt genauso den Lokalradios
von Radio DU und Radio KW und für das Berichtsjahr
auch der WDR-Lokalzeit Duisburg.
45
Um das vergleichsweise niedrige Niveau der Neuinfektionen
im Berichtsjahr weiterhin halten zu können und die
neu ausgerichteten Kampagnenziele der weiteren Akzeptanz
und Toleranz gegenüber Menschen mit HIV und
AIDS umsetzen zu können, müssen aus unserer Sicht
aber auch weitere Kommunikationsoffensiven folgen, um
die Präventionserfolge der vergangenen Jahre nicht wieder
zu gefährden. Aufklärung, sachliche Information und
Erinnerung müssen wahrnehmbar bleiben.
4.6. Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten
Hier sind für den Stelleninhaber zu nennen:
• Vertretung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. in verschiedenen Gremien und Arbeitskreisen in Duisburg,
dem Kreis Wesel und auf Landesebene
• Vorbereitung, Organisation, und Durchführung von Informationsständen, Aktionsformen sowie Seminar- und
Vortragsangeboten,50
• Organisatorische Begleitung und Pressearbeit für Benefi z- und Kooperationsveranstaltungen,
• Akquise von fi nanziellen Mitteln und personellen Ressourcen (Ehrenamtleranwerbung),
• Kontaktpfl ege zu Förderern, Kooperations- und Netzwerkpartnern,
• Telefonische und persönliche Beratung,
• Geschäftsführung,
• U.a.m.
46 Öffentlichkeitsarbeit
Abbildung :
Präventionsveranstaltungen in der Allgemeinbevölkerung
im Jahre 2015 – Veranstaltungen insgesamt
47
5. Zielgruppenspezifische Prävention
5.1. HIV/AIDS-Prävention bei Schwulen, Männern die
Sex mit Männern haben sowie bisexuellen Männern
landesweiten Strukturen ermöglichten Ressourcen
schonende Synergien bei Kampagnen und
Großveranstaltungen und stellen wesentliche Aspekte
im Bereich der Qualitätssicherung.
„Manege frei!“ für das Herzenslust-Team der
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.
Vorbemerkung:
Bedingt durch das Ausscheiden des Projektnehmers zur
„Strukturellen HIV-Prävention bei MSM“ bei der
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. zum
30.11.2015, muss der Projektbericht
durch den Geschäftsführer, Dietmar Heyde,
erstellt werden und insofern kann der
Bericht nur begrenzt detailliert erfolgen.
Erfreulicherweise konnte schon für den
01.01.2016 ein Nachfolger gewonnen
werden, so dass eine nahezu bruchlose
Fortführung des Projektes im Jahre 2016
gewährleistet ist. Zudem hat es sich sehr
bewährt, dass die AIDS-Hilfe Duisburg /
Kreis Wesel e.V. im spezifi schen
Herzenslust-Arbeitsfeld seit Jahren einen
HL-Gruppenleiter im Rahmen einer
geringfügigen Beschäftigung vorhält, wodurch
der Ausfall des HL-Projektnehmers im
Dezember weitestgehend aufgefangen werden
konnte. U.a. weil der Projektnehmer für diesen
Zeitraum gut vorgearbeitet und geplant hatte.
Das Projekt „strukturelle Prävention für
homosexuelle und bisexuelle Männer sowie
MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) im
Kontext von HIV / STI“ unter dem Namen
„Herzenslust Duisburg“ sowie „Herzenslust
WIRklich“ und „Herzenslust Beratung und Test“
der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. ist im
Jahr 2015 durch zielgruppenspezifi sche Mittel des
Landes NRW gefördert worden.
Die Ausrichtung des Projektes ist lokal und hat
einen primärpräventiven Schwerpunkt, wirkt aber
auch im sekundärpräventiven Bereich, stets
methodisch und niedrigschwellig, sowie für den
Nutzer kostenlos. Besonders intensiv wurde die
Einbettung des Projektes in lokale Strukturen der auf
die zu erreichende Zielgruppe ausgelegten Infrastruktur
betrieben.
Das Projekt ist regional und überregional
eingebunden und vernetzt. Die Kooperationen mit
weiteren lokalen Projekten, sowie den
48 Zielgruppenspezifische Prävention
5.1.1. Vernetzung und Kooperationen
Herzenslust wird lokal angeboten. Die Aidshilfe
NRW e.V. dient als Koordinierungsstelle aller
lokalen Herzenslustprojekte und organisiert die
Landesarbeitsgemeinschaft, über die Austausch,
Abstimmung und Qualitätssicherung gewährleistet
werden. Der Projektnehmer nahm an allen Terminen der
LAG teil und brachte Anregungen ein, ebenso nahm er
solche auf.
Im Rahmen der Qualitätssicherung fanden erneut
verschiedene Veranstaltungen auf Landes- und in
diesem Jahr auch auf Bundesebene (Fachtagung zur
Weiterentwicklung der schwulen Prävention und der
(Neu-) Ausrichtung der IWWIT-Kampagne im Oktober in
München) statt, an denen der Projektnehmer genauso
aktiv teilnahm wie an der Herzenslust- Ausstellung
im Rahmen des Deutsch-österreichischen AIDS-
Kongress im Juni in Düsseldorf. So werden neueste
Erkenntnisse aus dem medizinischen Bereich,
soziokulturellen Entwicklungen (z.B. sich
verändernde Mediennutzung) vermittelt und
Modifi zierungs-, bzw. Anpassungsstrategien für die
Prävention entwickelt.
Weitere Teilnahmen an landesweiten Strukturen
erfolgten in dem Bereich „health support“ auf dem
online Portal PlanetRomeo.
Regional nahm der Projektnehmer insbesondere
an den Treffen der an
„Herzenslust WIRklich“ teilnehmenden
Projekte Bonn und Bochum teil. Die
Abstimmung mit den umgebenden Herzenslustprojekten
wurde, fokussiert auf gemeinsame
Aktionen, fortgesetzt.
Lokal schritt die angestrebte Vernetzung mit
weiteren Akteuren schwuler Lebenswelten voran.
Der Projektnehmer ist aktives Mitglied des Vereins
Du-Gay e.V., welcher den Duisburger CSD
organisiert. Der Projektnehmer nahm an allen durch
die kommunale Politik veranstalteten Treffen der schwullesbisch-bi-trans
Akteure teil und pfl egt regelmäßigen
Austausch mit dem zuständigen Mitarbeiter des auf
städtischer Ebene angesiedelten Referates. Durch
Herzenslust WIRklich wurden die Beziehungen zu den
übrigen Szeneakteuren sehr gestärkt, insbesondere
zu den jeweils in den Fokus einer Veranstaltung
gesetzten Partnerinstitutionen und des entsprechenden
thematischen Schwerpunktes.
Mit den Vertreter_innen des öffentlichen
Gesundheitsdienstes wurde ein intensiver Austausch
gepfl egt und Kooperationen (Beratung und
Test) geplant und angeboten, allerdings konnten die
gemeinsamen Beratungs- und Testangebote leider
nicht kontinuierlich vorgehalten werden, was im
49
Wesentlichen an den deutlich schrumpfenden Ressourcen
in den regionalen ÖGD-Strukturen liegt. Im Sommer
des Berichtsjahres wurde diese Situation intensiv mit
den Leitungsstrukturen (Gesundheitsamtsleitungen und
Dezernenten) thematisiert, allerdings zunächst ohne
unmittelbare Erfolge. Die Problematik ist allerdings
erkannt und in Bearbeitung (Anträge gestellt).
5.1.2. Herzenslust Gruppe
Die Herzenslust Gruppe trifft sich regelmäßig und ist
somit selbst Teil der schwulen Szene und Ort schwuler
Begegnung. Die ehrenamtlich Mitwirkenden und die bei
Bedarf durch den Projektnehmer angeleitete Teilzeitkraft
wirken durch das regelmäßige, öffentliche und kostenlose
Angebot strukturell präventiv. Durch Aktionen in der
schwulen Lebenswelt Duisburgs und des Kreises Wesel,
z.B. Szenerundgänge und Besuch von Partys, werden
primärpräventive Botschaften vermittelt. Kontakte
entstehen, die sowohl primär- als sekundärpräventive
Wirkung haben. Die Gruppe ist Kern der kreativen Arbeit
und plant eigenständig mit der Teilzeitkraft, ggf. unter
Anleitung und Mitwirkung des Projektnehmers Aktionen,
bspw. zum CSD. Der Projektnehmer gibt Informationen,
besonders zu Fortbildungsmöglichkeiten und Schulungen
anderer Ebenen an die Gruppe weiter. 2015 konnten
die Gruppentermine im Berichtsjahr ausgebaut, die
Teilnehmerzahl erhöht, mehr Männer für das aktive
Mitwirken an der Gruppe gewonnen und die Anzahl von
Aktionen gesteigert werden.
Beratungsangebot auf und bewarb die Testmöglichkeiten
beim ÖGD in Moers, Wesel und Duisburg. Dieses
aufsuchende, niedrigschwellige, kostenlose und anonyme
Angebot hat sich bewährt, erreicht es doch Männer, die
selten auf Eigeninitiative die Testangebote aufsuchen und
wahrnehmen würden. Das im November 2014 gestartete,
abendliche Beratungs- und Testangebot in Kooperation
mit dem GA Duisburg in der AIDS-Hilfe, wurde bis März
2015 –mit guter Frequentierung- fortgeführt, danach aber
wegen der fehlenden Ressourcen beim GA leider wieder
eingestellt. Im kommenden Jahr soll nach Möglichkeiten
einer Wiederaufnahme dieses niedrigschwelligen
Testangebotes gesucht werden, zumal in Duisburg kein
Abendangebot beim ÖGD vorgehalten wird.
5.1.4. Herzenslust WIRklich
Die in 2014 angefangene Umsetzung der Idee des
Community Building wurde mit Erfolg in 2015 fortgeführt,
in enger Zusammenarbeit mit jeweils einem weiteren
Akteur der schwulen Szene Duisburgs wurden
Diskussionsabende und Aktionen angeboten. Diese Form
eines methodisch-inhaltlich auf einen Kooperationspartner
und ein Schwerpunktthema, z. B. schwules Altern oder
(Party-) Drogenkonsum im Zusammenhang mit schwulem
Sex, ausgelegten, zeitlich klar defi nierten Rahmens hat
sich sehr bewährt. Es konnten zahlreiche Menschen
erreicht, die Bekanntheit der Angebote erhöht und deren
Nutzen verdeutlicht werden. Neben diesen Effekten
erbrachten die Veranstaltungen zum Teil deutliche
Anregungen für die weitere Arbeit der Akteure und des
Projektnehmers und es konnten engagierte Menschen
zur Mitwirkung bewegt werden. Diese der strukturellen
Prävention zuzuordnenden Veranstaltungen zogen in
ihrer Wirkung zahlreiche Gelegenheiten zu primär- und
sekundärpräventiven Kontakten nach.
5.1.5. Konkrete Beispiele
5.1.3. Herzenslust Beratung und Test
Das Beratung und Test-Angebot, die Rastplatz
Sommeraktion auf Autobahnrastplätzen im Kreis Wesel in
Kooperation mit dem Gesundheitsamt des Kreises Wesel
wurde aufgrund deutlich nachlassender Frequentierung
im Berichtsjahr eingestellt. Allerdings suchte das HL-
Team weiterhin regelmäßig die Rastplätze mit einem
CSD Aktion „Manege frei – für Vielfalt“
Die Herzenslustgruppe wirkte beim Auftritt des
Landesverbandes beim Kölner CSD sowie beim Essener
50 Zielgruppenspezifische Prävention
CSD mit. Als Akrobaten oder andere Zirkuskünstler,
traten wieder einmal über hundert ehrenamtlich
Engagierte gemeinsam auf, brachten die Vielfalt aus
der Manege ins echte Leben und erreichten eine sehr
große Zahl von Menschen. Die spielerisch gestalteten
Präventionsbotschaften wurden in zahlreichen
Kontakten vermittelt und konnten dank der zur Verfügung
gestellten, entsprechend dem Motto gestalteten
Informationsbroschüre auch nachhaltig vermittelt werden.
Diese Aktion sollte
natürlich auch auf
dem CSD Duisburg
am 25.07.15
fortgeführt werden,
welcher allerdings
wegen einer
Unwetterwarnung
leider abgesagt
werden musste.
Allerdings gab es im
Berichtsjahr unter
aktiver Beteiligung
des HL-Teams ein
Rahmenprogramm
zum CSD über
eine Woche
mit kleineren
Veranstaltungen, wie dem CSD-Angrillen bei der AIDS-
Hilfe, die insgesamt recht gut frequentiert wurden und
Zugang zu neuen ehrenamtlich Interessierten schaffen
konnten. Zum CSD konnte allerdings immerhin noch
spontan ein Duisburger Hotel gewonnen werden, um
zumindest die Akzeptanzpreisverleihung an Thomas
Hitzelsberger unter Beteiligung des Oberbürgermeisters
und anderen Honoratioren umgesetzt werden, was
noch dazu ein erfreuliches Medienecho und somit
ein unerwartet hohes Maß an Aufmerksamkeit in der
öffentlichen Wahrnehmung erfuhr.
Zudem konnte erstmals in der Geschichte des CSD
Duisburgs erreicht werden, dass die Regenbogenflagge
am Duisburger Rathaus wehen durfte. Ein Meilenstein
und Hinweis auf die deutlich verbesserte Lobbyarbeit für
Belange schwuler Lebenswelten.
WIRklich… im Rahmen von queer-life Duisburg
Eine gute Präsentationsplattform für die Herzenslust-
Kampagne und deren Botschaften ist alljährlich die
„queer-life-Reihe“ (vormals: „Ein Blick zu anderen Ufern“)
der Initiative „HoKuDu“ (Homosexuelle Kultur Duisburg,
s. www.qld.hokudu.de ) , die in diesem Jahr zwischen
dem 28.10.15 und dem 29.11.15 in Duisburg und Moers
eine ganze Reihe von Veranstaltungen anbot, von denen
einige für einen Herzenslust-Auftritt genutzt werden
konnten.
„Angrillen“ zum CSD 2015 bei der AIDS-Hilfe
Herzenslust zum WAT 2015
Mit der Fotoausstellung „GRAUZONE“ des Fotografen
Thomas Schönhagen und der sich anschließenden
Talkrunde zum Thema „Schwules Leben im Alter“ mit
Georg Roth und Sigmar Fischer (vom BISS e.V.) konnten
am 04.11.2015 in der AIDS-Hilfe über 30 Besucher und
aktive Teilnehmer erreicht werden. Im Rahmen der WAT-
Großveranstaltungen war natürlich auch das HL-Team
aktiv beteiligt und konnte sich und „seine“ Botschaften
präsentieren.
51
Moderator und HL-Koordinator Frank Funk (re.) beim „GRAUZONE – Talk mit den Gästen Georg Roth (li.) und Sigmar Fischer
am 04.11.2015 und dem interessierten Auditorium.
Und auch im Dezember konnte die HL-Aktion „Manege
frei!“ noch wie geplant in einem Duisburger Szenelokal
im Rahmen einer Travestie-Show umgesetzt werden.
Darüber hinaus gab es auf dem Duisburger
Weihnachtsmarkt mit dem „Pink Wednesday“ am
15.12.15 eine Premiere, bei der das HL-Team sehr aktiv
eingespannt war und eine sehr erfreuliche Resonanz
erzielen konnte.
5.1.6. Projektkritik
Die Projektziele wurden im hohen Maße erreicht und
auf qualitativ hohem Niveau umgesetzt. Ressourcen
wurden schonend und unter Nutzung bestmöglicher
Synergieeffekte aus Arbeitsteilung eingesetzt. Die
Zusammenarbeit zwischen Projektnehmer und dem HL-
Gruppenleiter (Teilzeitkraft) konnte weiter verbessert
werden und erwies sich insbesondere im letzten
Quartal –vor allem im Dezember- als Glücksfall, da trotz
erhöhter Veranstaltungsintensität (s.o.) die gemeinsam
vorgenommenen Planungen vollständig umgesetzt
werden konnten. Daran gilt es mit neuer Konstellation in
2016 anzuknüpfen. Die Nutzung sozialer Netzwerke und
mobiler Medien konnte ausgebaut und noch aktueller
gepfl egt werden und erwies sich insbesondere zur
Veranstaltungsbewerbung als sehr gewinnbringend. Die
Kooperation auf regionaler und landesweiter Ebene ist
in der Umsetzung effizient. Die Kooperation auf lokaler
Ebene ist in Bezug auf die queere Infrastruktur erheblich
verbessert und auch personell gewachsen, aber auch mit
Ressourceninvestition verbunden.
Die Zusammenarbeit mit den ÖGD-Strukturen (bezüglich
Beratungs- und Testangebot) leidet immer mehr an
schrumpfenden Ressourcen auf dieser Seite. Eine
Erhaltung der fachlich geforderten Standards geschweige
denn eine Weiterentwicklung der strukturellen HIV-
Prävention ist in unserer Region akut gefährdet. Die
guten Initiativen von Seiten der Landesregierung
(Konzept zur Weiterentwicklung der HIV/AIDS- und
STI-Prävention in NRW oder der im Berichtsjahr
neu ratifi zierten Rahmenvereinbarung unter den
Bedingungen der Kommunalisierung, HIV/AIDS in der
Arbeitswelt, …) greifen nicht im gewünschten Maße. Die
Kommunalisierung erweist sich in unserer Region immer
mehr als kontraproduktiv, wir werden viel investieren
müssen, um eine halbwegs bedarfsgerechte Steuerung
und eine adäquate Ressourcenausstattung zu erhalten
bzw. zu erreichen. Umso mehr ist die erfreulich stabile
Förderung der „Strukturellen HIV/AIDS-Prävention
bei MSM“ über zielgruppenspezifi sche Landesmittel
für unser großes Zuständigkeitsgebiet (mit einer nach
EMIS-Studie vergleichsweise hohen Populationsdichte
an MSM) unerlässlich und unverzichtbar.
52 Zielgruppenspezifische Prävention
Uwe Altenschmidt und Teile des Teams im Zeichen der Solidarität beim „Pink Wednesday“
53
5.2 Drogen und Substitution
Im Arbeitsbereich Drogen haben wir im Jahr 2015 unsere
Angebote trotz Personalwechsel im Sommer bruchlos
fortführen können. Ein besonderer Dank gilt dem langjährigen
großen Engagement des Kollegen Ralf Runninger,
den es ab Juni ins „Bonner Loch“ zog. Es fand eine enge
Zusammenarbeit mit der Selbsthilfegruppe JES (Junkies,
Ehemalige, Substituierte) Duisburg statt. Wir boten weiterhin
für ihre Gruppentreffen unsere Räumlichkeiten an
und begleiteten und unterstützten sie, soweit es unsere
Ressourcen zuließen. Wie in den Vorjahren haben wir mit
JES Duisburg gemeinsam den nationalen Gedenktag am
21.7.2015 für verstorbene Drogengebraucher*innen erfolgreich
geplant, vorbereitet und durchgeführt.
JES Duisburg führte weiterhin anlaog zur AIDS-Hilfe das
Streetwork zweimal pro Woche durch. Care-Packs, die
vom Land NRW fi nanziert wurden sowie Spritzen und
Kondome, die die AIDS-Hilfe Duisburg aus Eigenmitteln
fi nanzierte, sind verteilt worden.
Zusammen mit JES Duisburg nahm die hauptamtliche
Mitarbeiterin für den Drogenbereich am JES NRW-Treffen
teil. Anschließend fand die Mitgliederversammlung in
unseren Räumlichkeiten statt. Hierdurch wurde der partizipative
Ansatz der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel im
Bereich Drogen umgesetzt, da wir im direkten Austausch
mit der Zielgruppe waren.
Im September fand der Fachtag „Herauswachsen aus
dem Krieg gegen die Drogen“ in Köln statt. Schwerpunkte
des Fachtages waren ein Vortrag von Prof. Dr. Heino
Stöver über die Freigabe von illegalen Drogen, ein Beitrag
von Hubert Wimler zur polizeilichen Sicht zur Legalisierung
, Ein Vortrag zum Thema Cannabis als Medizin
und die Sicht von Betroffenen auf das BtmG und eine
Übersicht über die aktuellen Entwicklungen in der Substitutionsbehandlung
und Diamorphinvergabe von Claudia
Schieren und Dirk Schäffer. Der Fachtag war gut besucht
und es gab rege Diskussionen und einen lebhaften Austausch
unter den Teilnehmenden. Im Anschluss fand eine
Mitgliederversammlung von JES statt.
Weiterhin fand Mitte September ein Empfang in Köln zum
25jährigen Jubiläum statt den der JES Bundesverband,
Akzept und Vision gemeinsam feierten.
Politisch sind im Drogenbereich weiterhin dicke Bretter
zu bohren. Es gibt zwar sowohl auf Bundes- als auch auf
Landesebene die Erkenntnis, dass die Substitutionsbehandlung
fortentwickelt werden muss, hier ist zum Beispiel
in NRW eine AG zur Weiterentwicklung der Substitution
eingerichtet, die allerdings noch nicht zu einem
abschließenden Ergebnis gekommen ist. Genauso geht
es mit der Legalisierung von Cannabis bei uns nicht wirklich
voran. Diamorphin wird trotz Anerkennung als Arzneimittel
nur in wenigen Städten eingesetzt und nur sehr
wenige Menschen profi tieren hiervon. Letztendlich geht
es um die Abschaffung des BtmG, welches die größten
Probleme in dem Lebensbereich drogengebrauchender
Menschen verursacht.
Weiterhin wurde die Substitution an Wochenenden und
Feiertagen in der AIDS-Hilfe durchgeführt. Bewährt hat
sich hier das Frühstück am letzten Sonntag im Monat,
welches rein ehrenamtlich angeboten wird.
Ebenso wird das monatliche JES Frühstück, das auch
von den hauptamtlichen Mitarbeitern mit organisiert und
durchgeführt wird, gut angenommen.
Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Nutzern des
Kantparks (Szenetreffpunkt), konnte seit Mitte des Jahres
intensiviert werden. Dies bezieht sich vor allem auf
das Lehmbruckmuseum, das an dem „Aufeinanderzugehen“
der Akteur*innen des Sozialraumes maßgeblich
mitarbeitet.
5.2.1 Primär- und Sekundärprävention
5.2.1.1 Spritzenaustauschprogramm
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. nimmt weiterhin
mit den von ihr betreuten Spritzenautomaten am Projekt
der AIDS-Hilfe NRW e.V. teil. Die Standorte befi nden
sich in Wesel neben der Dogenberatung und in Duisburg
befi ndet sich der Spritzenautomat an der AIDS-Hilfe
direkt vor dem Eingangsbereich. Der Spritzenautomat in
Duisburg wird gut angenommen und muss wöchentlich
aufgefüllt werden. Der Spritzenautomat in Wesel wird im
zweiwöchigem Rhythmus neu bestückt.
Spritzenautomat Bismarckstr. 67
von innen mit Entsorgungsbox
5.2.1.2 Suchtprävention bei Partydrogen
@drugthive
54 Zielgruppenspezifische Prävention
Aufgrund mangelnder Ressourcen und fehlender ehrenamtlicher
Mitarbeitenden konnten im Berichtsjahr in diesem
Arbeitsbereich keine Projekte umgesetzt werden.
5.2.2 Substitution
5.2.2.1 Entwicklung der Wochenendvergabe
Auch im Jahre 2015 haben wir über das komplette Jahr
an allen Wochenenden und Feiertagen also insgesamt
114 Tagen die Vergabe von Methadon in der AIDS-Hilfe
in Duisburg durchgeführt. Die Anzahl der Substituierten
lag im Durchschnitt bei 80 Personen. Die Vergabezeit
beträgt 1,5 Stunden. Seit 2014 haben wir unsere Ressourcen
von ehrenamtlichen Kräften auf Honorarkräfte
umstellen müssen, da wir für dieses Angebot leider nicht
mehr genügend ehrenamtliche Kräfte akquirieren konnten.
Zur Vergabe entsenden insgesamt sechs Ärzte ihre
Patient*innen, die Vergabe in der AIDS-Hilfe führen vier
Ärzte durch. Anfang des Jahres schied ein Substitutionsarzt
aus persönlichen Gründen aus, dafür hat ein neuer
Arzt bereits im Herbst 2015 erste Klient*innen geschickt
und wird voraussichtlich im Januar 2016 seinen ersten
Dienst antreten.
Die Zusammenarbeit zwischen den Ärzten, unseren
Honorarkräften und den Apotheken verlief weiterhin reibungslos.
An dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank
an die Mitarbeiter*innen für ihr Engagement und ihre
Mithilfe.
Weiterhin wird bei fast jeder Vergabe den Substituierten
Kaffee angeboten mit Ausnahme von den Tagen, an denen
unser Gruppenraum durch andere Veranstaltungen
belegt war. Am letzten Sonntag im Monat gibt es ein ehrenamtlich
organisiertes Frühstück. Bei der Vergabe und
dem Frühstück bietet sich die Gelegenheit, sich über
Sorgen und Nöte auszutauschen.
5.2.2.2 Psychosoziale Begleitung Substituierter
(PSB)
Die psychosoziale Begleitung von HIV-Positiven / an
AIDS erkrankten Substituierten ist ein weiterer Bestandteil
der Drogenarbeit innerhalb der Aidshilfe.
Im Vordergrund der PSB steht die Stabilisierung der Klient*innen,
die in ihrer Lebenssituation gestärkt und unterstützt
werden. Die Zielsetzung der PSB erfolgt dabei
im Wesentlichen nach den Bedürfnissen der Klient*innen.
Das bedeutet in erster Linie, dass das subjektive
Wohlbefinden der jeweiligen Person und die Lebensverhältnisse
verbessert werden sollen. Entsprechend dieser
Zielsetzung steht bei einigen Substituierten die Verbesserung
des Gesundheitsstatus im Mittelpunkt, während
bei anderen die Sicherung der materiellen Grundversorgung
oder der Aufbau sozialer Netze im Vordergrund stehen
kann.
Dies kann in medizinischer Hinsicht bedeuten, dass wir
in eine Substitution vermitteln. Da es sich hier nur um
wenige Einzelfälle handelt und wir gute Kontakte zu den
substituierenden Ärzten pflegen, gelingt dies in der Regel
problemlos. Des Weiteren stellen wir den Kontakt
zu dem HIV-Schwerpunkt-Arzt oder den Ambulanzen her
und unterstützen die Drogengebraucher*innen, die zum
Teil starke Berührungsängste mit Ärzten dieser Fachrichtung
haben, sich in eine adäquate Behandlung zu begeben.
Teilweise ist es jedoch schwierig, neue Klient*innen
in ein relativ schematisches Korsett zu bringen, welches
für eine HIV Behandlung notwendig ist (regelmäßige
Überwachung der HIV/AIDS-Parameter, regelmäßige Tabletteneinnahme,
Compliance).
Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Hepatitis-C-Beratung,
da in den meisten Fällen bisher die Hepatitis-Behandlung
bei Drogengebraucher*innen nicht durchgeführt
wurde und die Behandlung auch bei den Betroffenen
große Ängste auslöst. Im Krankheitsbild Hepatitis C gilt
es für die Mitarbeiter*innen, sich auf dem aktuellen Wissensstand
zu halten, da es in diesem Bereich viele Veränderungen
gegeben hat und diese von den Drogengebraucher*innen
auch erfragt werden.
Am 30.5.2015 wurde, im Anschluss an die Wochenendvergabe,
ein Vortrag von Prof.-Dr. Schlaak vom evangelischen
Klinikum Duisbnurg-Fahrn zu den neuen HVC-Therapien
für die Zielgruppe der Substituierten durchgeführt.
Dies geschah mit freundlicher Unterstützung der Firma
Jansen-Cilag.
Im Rahmen der PSB ist es für uns wichtig, die Ressourcen
der Begleiteten zu stärken. Durch die eigene Bewältigung
von Problemen und Aufgaben erfahren sie eine
Stärkung ihres Selbstwertgefühles.
Im Jahr 2015 ging es in der PSB vor allem um Hilfestellungen
im alltäglichen Bereich und der Vermittlung in Beratungsstellen
zu Wohnungslosigkeit und Unterstützung
bei Ämtergängen und Postverkehr.
5.2.3 Niedrigschwellige Arbeit mit illegalisierten Drogengebraucher*innen
In 2015 führten wir das Streetwork auf der „Platte“ mit
Ausnahme von Urlaub und Krankheit wöchentlich durch,
wobei es sich hierbei um das einzige derartig niederschwellige
Angebot in Duisburg handelt. Der größte Teil
der drogengebrauchenden Menschen trifft sich im Kantpark.
Ab 2016 soll das Streetworkangebot der hauptamtlichen
sowie der ehrenamtlichen Mitarbeiter erweitert
55
werden und auf den Stadtteil Homberg ausgedehnt werden,
wo sich ebenfalls eine kleine Szene gebildet hat.
Die Vorbereitungen konnten im Berichtsjahr erfolgreich
abgeschlossen werden.
Beim Streetwork werden Spritzen, Kondome und Care
Sets verteilt. In diesem Jahr konnten auch sogenannte
Smoke-It-Sets beim Streetwork ausgegeben werden.
Diese enthalten 2 Folien, 1 Alkoholtupfer, 1 Feuerzeug,
1 Strohhalm, 1 Bonbon und einen Infofl yer. Die Smoke-
It-Sets ermöglichen das Folie-Rauchen und stellen eine
alternative Konsumform zum Spritzen dar. Die 700 Sets,
die uns zur Verfügung standen, waren in kurzer Zeit aufgebraucht.
Beim Streetwork wurden auch Fragen zu HIV/
AIDS und Hepatitiden beantwortet. Zum Thema Hepatitis
C werden fast wöchentlich Fragen gestellt, denn auch in
der Szene hat sich herumgesprochen, dass es in eine interferonfreie
Behandlung gibt. JES Duisburg hat an zwei
weiteren Tagen Streetwork durchgeführt.
Ein Teil des Streetworks beinhaltet sekundärpräventive
Arbeit, da auf der Platte auch einige HIV-Positive Drogengebraucher*Innen
bzw. Subsituierte erreicht werden,
die ansonsten die AIDS-Hilfe selten aufsuchen.
Da es einen Einbruch bei den Zuwendungen für das
Streetwork gegeben hat, fand am 28.10.2015 ein Pressegespräch
in den Räumlichkeiten der Aids-Hilfe Duisburg/
Kreis Wesel statt. Dabei wurde die Sparkassenförderung
auf den alten Standard zurückgesetzt. Dazu gab es einen
Bericht in der WDR Lokalzeit, ein Interview von Studio 47
und einen Artikel in den Printmedien.
Das Frühstück für Drogengebraucher*innen, Ehemalige,
Substituierte und Freund*innen fand in der Aidshilfe
im Berichtsjahr 2015 regelmäßig einmal pro Monat am
dritten Freitag im Monat statt. Das Frühstück wird überwiegend
von zwei ehrenamtlichen Mitarbeitern vorbereitet
und mit Lebensmittelspenden vom Verein „Bürger für
Bürger“ unterstützt. Hierfür sagen wir recht herzlichen
Dank. Das Frühstücksangebot wurde unterschiedlich frequentiert,
aber prinzipiell gut angenommen.
Die JES-Gruppe traf sich regelmäßig im Jahr 2015 Duisburg.
Zum Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen
wurde eine erfolgreiche gemeinsame Aktion
mit der Aidshilfe durchgeführt (siehe unten). JES Duisburg
stand in Verbindung mit der Selbsthilfe-Kontaktstelle.
5.2.4 „Nationaler Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*Innen“
am 21. Juli
Anlässlich des Nationalen Gedenktages ziehen die Aidshilfe
Duisburg/Kreis Wesel e. V. und JES Duisburg Bilanz
zu den Angeboten im Drogenbereich in Duisburg und zur
Drogenpolitik im Allgemeinen.
In Duisburg sind im vergangenen Jahr sechs Menschen,
die illegale Drogen konsumieren, verstorben. Dies ist ein
Mensch mehr als im Vorjahr. Die Dunkelziffer ist jedoch
leider viel höher. Das ist vor allem der gesellschaftlichen
und gesetzlichen Umstände geschuldet.
Es gibt in Duisburg keinen Drogenkonsumraum. In einem
solchem Raum wäre geschützt unter sicheren Bedingungen
der Konsum möglich. Medizinisch ausgebildetes
Personal kann bei lebensgefährlichen Überdosierungen
Akuthilfe leisten, sterile Spritzen werden zur Verfügung
gestellt und im Verhältnis 1 zu 1 getauscht, es besteht die
Möglichkeit in Therapien oder Entgiftungen zu vermitteln.
Auch die nicht Drogen konsumierende Bevölkerung wird
durch Drogenkonsumräume deutlich entlastet, da durch
56 Zielgruppenspezifische Prävention
diese der Konsum illegaler, harter Drogen in der Öffentlichkeit,
etwa in Parkanlagen wie dem Kantpark, auf offener
Straße sowie in Verkehrsstationen rückläufig ist. Dies
führt wiederum auch dazu, dass dort deutlich weniger
benutztes Spritzbesteck, aufgeschnittene Blechdosen
und weitere Mittel vorzufinden sind, welche zum Konsum
der Drogen außerhalb von Drogenkonsumräumen trotz
damit verbundener gesundheitlicher Risiken oft verwendet
werden. Somit wird auch die damit verbundene Verletzungsgefahr
deutlich verringert. Drogenkonsumräume
gibt es in zehn Städten in NRW u. a. Dortmund, Bochum,
Essen, Wuppertal und sogar in Troisdorf.
Die Substitution mit Methadon oder anderen Substitutionsmitteln
kann helfen, die Drogengebraucher*innen
gesundheitlich und sozial zu stabilisieren, den Drogenkonsum
zu reduzieren oder sogar ganz aufzugeben. In
Duisburg wird die Substitution durch engagierte niedergelassene
Ärzte gewährleistet und hier ist auch mit der
Wochenendvergabe die Aidshilfe ein Partner im System.
Für die Zukunft gilt es jedoch, neue substituierende
Ärzt*innen zu finden, da die bisherigen in absehbarer Zeit
aus Altersgründen ihre Tätigkeit aufgeben werden. Eine
zentrale Forderung von JES und der Aidshilfe Duisburg/
Kreis Wesel e. V. ist die Substitution mit Diamorphin, welches
als Arzneimittel und zur Substitution zugelassen ist,
aber nur in einigen wenigen Städten verfügbar ist.
Die einzigen niedrigschwelligen Angebote in Duisburg
werden von JES Duisburg und der AIDS-Hilfe aufrecht
erhalten, hierbei handelt es sich um das Streetwork und
zweimal monatlich ein Frühstück, am dritten Freitag und
letzten Sonntag im Monat. Die klassische Drogenhilfe in
Duisburg hat kein Kontakt-Cafe und erreicht daher keine
Drogengebraucher*innen im niedrigschwelligen Bereich.
Durch die Substitution werden drogengebrauchende
Menschen älter und benötigen spezifische Angebote, da
sie in bestehende Altersheime nicht zu integrieren sind.
Auch hier sind in Duisburg im Gegensatz zu anderen
Städten, keine Angebote in Planung.
Generell liegt in der Illegalität das Hauptproblem der
Drogenkonsumenten. Die überteuerten Preise auf dem
Schwarzmarkt erzeugen Beschaffungskriminalität und
Beschaffungsprostitution. Dies führt zu Kriminalisierung,
Stigmatisierung, sozialer Ausgrenzung und massiven
Schäden an Körper und Seele. Der Schwarzmarkt ist
auch die Ursache für die Streckung des Stoffes mit gesundheitsgefährdenden
Beimengungen wie Arsen, Puddingpulver
oder zerstoßenes Glas.
Der bessere Weg wäre es, Energie und finanzielle Mittel
nicht für die Prohibition sondern für Präventions- und
Hilfsangebote für Menschen zur Verfügung zu stellen, die
mit ihrem Drogenkonsum Probleme haben.
„War on drugs“ sei gescheitert stellte schon 2009 die
Latin American Commission on Drugs and Democracy
unter Vorsitz der ehemaligen Präsidenten Brasiliens,
Mexikos und Kolumbien fest, er sei ein Krieg gegen die
Kosument_Innen, der nur dem organisierten Verbrechen
und paramilitärischen Organisationen Milliardengewinne
sichere und unsere Demokratien gefährde. Diese
Erkenntnis muss endlich auch bei uns zu verbindlichen
politischen Handlungen führen.
Schon 2014 meldeten 120 Juraprofessoren grundsätzliche
Kritik am Betäubungsmittelgesetz (BtmG) an. Wir
schließen uns der Forderung an, eine Enquete-Kommission
beim Bundestag zur Überprüfung des BtmG einzurichten.
Am 21.07. führten wir dann die gemeinsame Aktion mit
JES Duisburg zum Gedenktag der verstorbenen Drogengebraucher*innen
durch.
Es gab einen Infostand direkt vor dem Haupteingang
des größten Duisburger Einkaufszentrums FORUM. Wir
57
stellten sechs Kreuze und Kerzen für die im Jahr 2015
verstorbenen Drogengebraucher*innen auf. Es wurden
weiße Rosen an die Passantinnen und Passanten verteilt
und gleichzeitig ein Folder überreicht. In diesem Folder
befanden sich die Presseerklärung der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis
Wesel e. V. und eine Forderung zu Drogenkonsumräumen
vom Bundesverband der akzeptierenden
Eltern und Angehörigen e.V., vom JES Bundesverband,
der DAH und Akzept e.V.
Durch die gemeinsame Aktion wurde 250 Passanten erreicht
und mit ihnen teilweise intensiv über die aktuelle
Situation der drogengebrauchenden Menschen in Duisburg
diskutiert.
5.2.6 Teilnahme an JES-Mitgliederversammlung
Die Aidshilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V. ist Mitglied
im Landesverband JES NRW e. V. und die Mitgliederversammlung
fand in den Räumlichkeiten der Aidshilfe
Duisburg/ Kreis Wesel e.V. statt. Aufgrund eines Projektantrages
von JES NRW über die Krankenkassenförderung
konnten der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V.
Car-Packs, Spritzen, Feuerzeuge, Abbinder und Smokeit-Sets
für das Streetwork zu Verfügung gestellt werden.
Ebenso wie eine Drop-Flag von JES Duisburg, z.B. zur
Nutzung am Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen.
Medial gab es am 21.07. einen Bericht bei Studio 47 und
dem WDR und einen Artikel in den Printmedien.
5.2.5 Teilnahme an Arbeitskreisen
Die Aidshilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V. ist durch die
hauptamtliche Mitarbeiterin für den vorgenannten Bereich
in dem Arbeitskreis Suchtmedizin (Qualitätszirkel der
substituierenden Ärzte), am Landesarbeitskreis „Drogen
und Haft“, an der PSAG Basisarbeitsgruppe „Suchtkrankenhilfe“
und am Runden Tisch Kantpark vertreten.
Der runde Tisch Kantpark hat sich im Berichtsjahr nur im
ersten Halbjahr getroffen. Hier geht es um ein gemeinsames
Miteinander der Szene, die sich im Kantpark aufhält
und den Anwohner*innen des Parks in Auseinandersetzung
mit weiteren Akteur*innen des Sozialraumes.
Weiterhin kann die gute Zusammenarbeit mit dem Lehmbruckmuseum
betont werden, insbesondere mit der
Gruppe „Artgenossen“. Regelmäßig lud das Museum zu
Führungen speziell für die Szene im Kantpark mit anschließendem
Kaffetrinken ein. Dabei waren Mitarbeiter*innen
der Polizei, sowie der Aidshilfe Duisburg/ Kreis
Wesel auch willkommen. So konnten sich Nutzer*innen
des Parks unbefangen näher kommen und ins Gespräch
kommen. Dadurch werden Ängste abgebaut und gegenseitige
Rücksichtnahme gestärkt. Im Berichtsjahr 2015
gab es sogar einen gemeinsam organisieren Ausfl ug in
ein Kunstatelier. Weiter gab es im Herbst eine Kunstaktion
auf der „Platte“ von Künstler*innen aus den „Müllers
Gärten“. Dabei wurden Kronkorken aus dem Park von
der Szene und den Künstler*innen gesammelt und gemeinsam
in Zement arrangiert. Da diese Aktion von allen
gut angenommen wurde, sollen in Zukunft regelmäßiger
solche Begegnungen stattfinden. Dabei wird auch über
eine gemeinsame Ausstellung der entstandenen Werke
nachgedacht.
An dieser Stelle möchten wir allen Beteiligten danken
und hoffen weiterhin auf gute Zusammenarbeit.
58 Zielgruppenspezifische Prävention
59
5.3 HIV und Strafvollzug
Die Präventionsarbeit der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel
e.V. im Sektor Strafvollzug wurde erfreulicherweise
weiterhin über das Justizministerium NRW zum Teil refi
nanziert. Wir sehen dies als ein Zeichen, dass unser
Ansatz über die Region Duisburg hinaus anerkannt und
gewürdigt wird.
Das Angebot der „Strukturellen HIV- und STI- Präventionsarbeit
im Strafvollzug“ wurde auch 2015 durch die
AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. auf der lokalen und
landesweiten Ebene umgesetzt. Auf der landesweiten
Ebene erfolgte die Arbeit ausschließlich in Vernetzung
und Kooperation mit Institutionen, die im Bereich „HIV
und Strafvollzug“ tätig sind (wie z.B. bei dem Landesarbeitskreis
Drogen und Haft der AIDS-Hilfe NRW e.V.).
Auf der lokalen Ebene wurde mit den vorhandenen Untersuchungshaftanstalten,
dem offenen Vollzug sowie
den Gerichten und Staatsanwaltschaften der Region kooperiert,
um die Präventionsarbeit für Bedienstete und
Inhaftierte im Bereich Strafvollzug zu platzieren. Ziel war
die Wissensvermittlung von Übertragungswegen und
Schutzmöglichkeiten im Themenfeld STI´s, vor allem im
Hinblick auf HIV und die Hepatitiden. Weitere Arbeitsschwerpunkte
waren die Begleitung HIV-positiver Inhaftierter
sowie die Durchführung regelmäßiger Gruppenangeboten
für inhaftierte Frauen sowie Männer zum Thema
„Gesundheit in Haft“.
5.3.1 Einführung
Die Arbeit in den Untersuchungshaftanstalten wurde, den
Gegebenheiten des Vollzugsalltages angepasst, umgesetzt.
Hierbei ist eine beständige und regelmäßige Arbeit
unabdingbar, da der Vollzug eher durch einen strukturierten
Alltag und durch ein hohes Maß an Regelmäßigkeit
geprägt ist.
5.3.2 Überregionale Aktivitäten
Teilnahme an Arbeitskreisen
Der hauptamtliche Mitarbeiter hat regelmäßig an dem
Landesarbeitskreis „Drogen und Haft“ der AIDS-Hilfe
NRW e.V. teilgenommen. Durch den regelmäßig stattfindenden
fachlichen Austausch wurde die Arbeit kontinuierlich
modifi ziert, einheitliche Standards erarbeitet und
somit die lokale Arbeit weiter professionalisiert.
Der hauptamtliche Mitarbeiter nahm im Rahmen der landesweiten
Vernetzung an verschiedenen Arbeitskreisen
und Tagungen teil.
Neben dem Landesarbeitskreis hat der Mitarbeiter an
dem Arbeitskreis „Corporate Design“ teilgenommen. Ziel
des Arbeitskreises ist neben einem Leitbild für den Haftbereich
auf Landesebene eine einheitliche Darstellung
der AIDS-Hilfen in NRW, die im Bereich Strafvollzug tätig
sind.
Informationsveranstaltungen
Der Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel
e.V. hat bei den „Gesundheitstagen in der Justizvollzugsschule
NRW / Wuppertal“ im 1. Quartal und 3. Quartal
2015 jeweils eine Informationsveranstaltung für Bedienstete
durchgeführt. Im September 2015 wurde darüber hi-
60 Zielgruppenspezifische Prävention
naus an der Justizvollzugsakademie in Recklinghausen
für Beamte im höheren Dienst eine Informationsveranstaltung
zu HIV und Hepatitiden durchgeführt.
5.3.3 Lokale Arbeit des Projektes ,HIV und Strafvollzug’
Der Arbeitsbereich „Gesundheitsförderung für Menschen
in Haft“ bedient die Untersuchungshaftanstalt Duisburg-Hamborn
sowie deren Zweiganstalt in Dinslaken.
Inhaltliche Schwerpunkte der Arbeit sind:
- Primär- und Sekundärprävention zum Themenfeld
HIV/AIDS, Hepatitiden sowie anderen sexuell
übertragbaren Krankheiten
- Begleitung und Interessensvertretung HIV-positiver
Inhaftierter
- Einzelberatung von Inhaftierten
- Mitarbeiterschulungen
- Verschiedene Veranstaltungen
5.3.4 Gesundheitliche Belastungen von Inhaftierten
Die Hauptinfektionswege von HIV und Hepatitiden sind
das gemeinsame Benutzen gebrauchter Spritzutensilien
beim i.v. Drogenkonsum, sexuelle Kontakte und Tätowieren
/ Piercen. Daher hat die Präventionsarbeit der
AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. eine starke Fokussierung
auf diese Übertragungswege.
Hier ein Umriss der Risikosituationen anhand statistischer
Forschungsergebnisse:
Drogenkonsum
I.v. Drogenkonsum ist bei inhaftierten Drogenabhängigen
zwar weniger verbreitet als außerhalb, aber die Inhaftierten,
die ihren Konsum in Haft fortsetzen, tun dies unter
hoch riskanten Bedingungen und in der Regel in Form
eines gemeinsamen Gebrauches von Spritzen, Nadeln
und Spritzutensilien. Wedershoven (s. Wedershoven
C. Katamnese der HIV-Infektion bei drogenabhängigen
und nicht-drogenabhängigen Inhaftierten im Vergleich
im Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen. 1998)
bestätigt, dass unsterile Spritzutensilien die Hauptinfektionsquelle
der von ihr untersuchten Gefangenen darstellt.
Knapp fand, dass bei den von ihm befragten Inhaftierten
positiven Strafgefangenen bis zu neun Personen
eine Spritze zusammen benutzten (s. Knapp R., AIDS im
Strafvollzug. Zur Situation HIV-Infizierter und AIDS-Kranker
Strafgefangener unter besonderer Berücksichtigung
der Problematik intramuralen Drogenkonsums: Ergebnisse
einer empirischen Erhebung und rechtliche Konsequenzen.
Bonn (Unveröff. Diss.) 1996).
Sexuelle Beziehungen
Sexualität ist in den Haftanstalten genauso präsent wie
der illegale Drogenkonsum. Die Thematisierung von
gleichgeschlechtlicher Sexualität ist jedoch so gut wie
unmöglich. Wenige Haftanstalten gestatten Langzeitinhaftierten
heterosexuelle Kontakte im Rahmen der Besuchszeit
von (Ehe-) PartnerInnen (z.B. JVA Werl, JVA
für Frauen Vechta) oder bei Haftlockerungen der Inhaftierten
sexuelle Kontakte im Rahmen des Urlaubes.
Es scheint jedoch, dass das „Verbot“ der Ausübung von
Sexualität als Teil der Strafe angesehen wird. Dies wird
nicht zuletzt von den Inhaftierten selbst so gesehen. Der
Drang nach sexuellen Handlungen führt zu einer Abspaltung
der Sexualität von der allgemeinen sozialen Haltung
der Inhaftierten. Es werden gleichgeschlechtliche
Handlungen praktiziert, die konträr zur Haltung und allgemeinen
Aussage der Inhaftierten stehen. Durch diese
abgetrennte, nicht akzeptierte Sexualität wird teilweise
bzw. vollständig auf Kondomgebrauch verzichtet. Die
Prävention steht hier vor einem Dilemma. Der Thematisierung
von gleichgeschlechtlicher Sexualität in Präventionsveranstaltungen
wird mit Ablehnung begegnet. Um
Inhaftierten die Möglichkeit eines Beratungsgespräches
zu ermöglichen, wo Fragen zu Übertragungswegen vertrauensvoll
beantwortet werden, bietet die AIDS-Hilfe daher
seit 2007 eine Hepatitis- / HIV-Sprechstunde in den
Haftanstalten Hamborn und Dinslaken an.
Tätowieren / Piercen
Tätowieren und Piercen ist wie das Benutzen unsteriler
Injektionsnadeln eine Übertragungsmöglichkeit von Hepatitis
C und, in geringerem Ausmaß, von HIV. Leider
wurden bis dato keine Studien in Haftanstalten durchgeführt,
um hier eine Aussage in Richtung Risiko, Gebrauch
und Infektionszahlen von Inhaftierten über Tätowieren
und Piercen zu treffen.
Die AIDS-Hilfe thematisiert diese gesundheitsgefährdenden
Verhaltensweisen bei ihrer Präventionsarbeit
61
und bietet den Rahmenbedingungen entsprechende Lösungsansätze
an.
den Inhaftierten gesucht. So durften die Interessierten
erst dann am Glücksrad drehen, wenn drei Fragen aus
den Themenfeldern Schutz und Behandlungsmöglichkeiten
von HIV und STI´s beantwortet wurden. Als Preise
wurden aus Sparsamkeitsgründen günstige „Lippenpfl e-
gestifte“ ausgegeben. Der Informationsstand erfreute
sich großer Beliebtheit.
5.3.4.2 Begleitung
Der Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und STI- Präventionsarbeit
im Strafvollzug“ bietet den inhaftierten Frauen
und Männern die Möglichkeit, regelmäßig (in der Regel
alle zwei Wochen) mit einem Mitarbeiter der AIDS-Hilfe
Duisburg/Kreis Wesel e.V. zu sprechen. Hier werden folgende
Aspekte erörtert: Bedarf des Inhaftierten, Stadium
der HIV-Infektion, medizinische Behandlung sowie die
Angebote der AIDS-Hilfe (z.B. Knastpakete, Therapievermittlung,
Resozialisierung nach der Haftentlassung etc.).
5.3.4.3 HIV- und Hepatitissprechstunde
5.3.4.1 Primär- und Sekundärprävention
Der hauptamtliche Mitarbeiter hat regelmäßig Informationsveranstaltungen
in den Justizvollzugsanstalten durchgeführt.
Neben den Übertragungswegen von HIV und
Hepatitiden wurden die Behandlungsmöglichkeiten und
mögliche Schutzmaßnahmen angesprochen (Desinfektion
von gebrauchten Spritzen, Förderung des „Blutbewusstseins“,
Vorgehen bei Nadelstichverletzungen und
Safer Sex - Praktiken {bei Männern, die Sex mit Männern
haben sowie Frauen, die Sex mit Frauen haben}). Erwähnenswert
sind neben den normalen Informationsveranstaltungen
für Inhaftierte folgende Veranstaltungen:
- Weihnachtsfeier jeweils in der Frauen- und Männerhaftanstalt
Es fanden am 15.12.2015 und 22.12.2015 jeweils eine
Weihnachtsfeier in den Haftanstalten statt.
- Sommerfest in der Frauenhaftanstalt Dinslaken
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. war mit einem
Informationsstand auf dem Sommerfest ganztägig vertreten.
Da die Themenfelder HIV/STI´s sehr Schambesetzt
sind, wurde das Gespräch über eine Glücksradaktion zu
Nach Absprache mit dem Anstaltsarzt der JVA-Hamborn
bietet die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. seit 2006
in der Zweiganstalt Dinslaken eine HIV- und Hepatitissprechstunde
an und seit 2007 in der Haftanstalt Hamborn.
Ziel der Sprechstunde ist es, in einem geschützten Rahmen
Fragen an den Mitarbeiter der AIDS-Hilfe stellen zu
können, die bei einer Informationsveranstaltung im größeren
Rahmen durch Scham, gesellschaftliche Tabuisierung
bzw. Sanktionsgefahr von Seiten der Anstalten nicht
thematisiert werden (Needlesharing [das gemeinsame
Benutzen von Spritzen], Drogenkonsum, Mann-Männliche
Sexualität sowie die Thematik „Frauen die Sex mit
Frauen haben“). Die Sprechstunde wird durch Plakate
und den neu erstellten Flyer beworben und Interessierte
können sich durch einen Antrag an den Sozialdienst für
die Sprechstunde anmelden.
5.3.4.4 Frauengruppe
In der Haftanstalt Dinslaken wurde alle zwei Wochen ein
Gruppenangebot für die inhaftierten Frauen durchgeführt.
Neben den Themen HIV und Hepatitiden (Behandlung,
Übertragungswegen sowie Behandlungsmöglichkeiten)
wurden unter anderem „Hilfe zur Selbsthilfe“ sowie psychosoziale
Aspekte angesprochen. Das Gruppenangebot
wurde sehr gut angenommen. Die Kapazität von maximal
10 Teilnehmerinnen war durchgängig erreicht worden.
62 Zielgruppenspezifische Prävention
5.3.4.5 Männergruppe
Analog zur Frauengruppe wurde eine Männergruppe installiert,
die sich einmal im Monat trifft. Neben den gängigen
Themen (siehe Frauengruppe) wurden hier vor allem
Hilfen zum Umgang von Aggressionen besprochen sowie
Entspannungsverfahren angeboten.
5.3.5 Resümee
Der Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und STI- Präventionsarbeit
im Strafvollzug“ kann auf ein erfolgreiches Jahr
zurückschauen. Die Kooperation mit den Anstalten ist
konstant, kontinuierlich und produktiv. Die Angebote der
AIDS-Hilfe wurden sehr gut angenommen.
Gerade durch die vertragliche Grundlage mit den Haftanstalten
konnte eine regelmäßige und kontinuierliche
Arbeit sichergestellt werden.
Außenansicht des neu erstellten Flyers
Innenansicht des neu erstellten Flyers
63
5.4. Frauen und HIV /Aids – Prävention bei Frauen in
besonderen Lebenslagen
Im Berichtsjahr 2015 konnte die Arbeit im Bereich Frauen
und HIV/Aids sowie für Frauen in STI relevanten Lebenslagen
mit Hilfe der Bereitstellung der Fördermittel für die
zielgruppenspezifi sche Prävention des Landes NRW umgesetzt
werden. Sie ist seit vielen Jahren fester Bestandteil
unserer Angebote.
Dies gilt insbesondere für den Bereich der psychosozialen
Begleitung von Frauen mit HIV und Aids aus unserer
Region Duisburg / Kreis Wesel mit ca.1 Mio. Einwohnern.
Im Jahre 2015 konnten die angestrebten Projektziele aufgrund
einer kontinuierlichen Besetzung dieses Arbeitsbereiches
durch eine hauptamtliche Mitarbeiterin erreicht
und in dem Maße umgesetzt werden, wie diese geplant
wurden.
Die Projektinhalte umfassen insbesondere Beratung
/ Begleitung von Frauen mit HIV / Aids, die Gestaltung
bedarfsgerechter Versorgungsstrukturen, den Abbau von
gesellschaftlichen Diskriminierungen und die Primärprävention
bei spezifi schen Zielgruppen innerhalb des Frauenbereiches.
Im Berichtsjahr 2015 konnten insgesamt 397 zeitintensive
Begleitungskontakte verzeichnet werden. Umso mehr
ist die Besetzung der für unsere Region einzigen auf HIV
64 Zielgruppenspezifische Prävention
spezialisierten strukturellen Präventionsstelle mit einer
qualifi zierten hauptamtlichen Projektnehmerin unerlässlich.
Besonders im Jahr 2015 wurde deutlich, dass für eine
erfolgreiche Arbeit auf den unterschiedlichen Ebenen die
Vernetzung ein wesentlicher Bestandteil ist. Vernetzungen
fanden auf der überregionalen Ebene mit den benachbarten
AIDS-Hilfen Dortmund, Essen, Oberhausen,
Bochum, Düsseldorf und Unna sowie auf landesweiter
Ebene innerhalb der Landesarbeitsgemeinschaft Frauen
und HIV/Aids und auf lokaler Ebene insbesondere mit
dem Gesundheitsamt Duisburg sowie im Bedarfsfall mit
dem FD Gesundheitswesen des Kreises Wesel statt.
So konnten vorhandene personelle Ressourcen gebündelt
werden, was eine effiziente Planung und Durchführung
der Projekte gewährleistete.
Darüber hinaus ist die Auseinandersetzung auf der kollegialen
- ebenso wie die auf der Selbsthilfeebene - unverzichtbar,
um das Projekt adäquat weiterzuentwickeln.
Das Projekt XXelle in Duisburg und dem Kreis Wesel
wurde auf drei verschiedenen Ebenen umgesetzt, der
landesweiten, ruhrgebietsweiten und der kommunalen
Ebene.
65
Projektziele
Auf der landesweiten Ebene bestanden die Ziele 2015
darin, durch die regelmäßige Teilnahme an der Landesarbeitsgemeinschaft
„Frauen und HIV / Aids in NRW“ den
fachlichen Austausch fortzuführen und die Marke XXelle
weiter politisch zu positionieren. Durch die inhaltliche
Auseinandersetzung mit den Fachfrauen auf der Landesebene
entwickeln sich neue Projektideen, die sich
auf der lokalen und regionalen Ebene umsetzen lassen.
So konnten gemeinsame Veranstaltungen geplant und
durchgeführt werden. Die kontinuierliche Beteiligung der
Projektnehmerin an der Arbeitsgemeinschaft Öffentlichkeitsarbeit
der LAG Frauen und HIV / Aids konnte auch
im Jahr 2015 sichergestellt werden.
Diese Aktion wurde von der hauptamtlichen Mitarbeiterin
Dortmund mit vorbereitet und von den Kolleginnen aus
der Vernetzung unterstützend fl ankiert.
Insbesondere diese Veranstaltung hat gezeigt, wie effektiv
die Vernetzung von XXelle Ruhrgebiet ist. Durch die
Bündelung von personellen und fi nanziellen Ressourcen
konnten die geplanten Ziele umgesetzt werden.
Die Konzeptionierung der XXelle Live Fachtagung 2015
und die Ausgestaltung des zeitgleichen Jubiläums der
LAG Frauen und HIV / Aids NRW war ein wesentlicher
Bestandteil der regelmäßig stattfi ndenden Arbeitstreffen.
An der XXelle Live Fachtagung und der Jubiläumsfeier,
die im Jugendgästehaus in Düsseldorf stattfand, nahmen
auch Vertreter und Vertreterinnen aus der Politik teil.
Die Beteiligung der LAG Frauen und HIV / Aids NRW am
DÖAK, der im Juni 2015 in Düsseldorf stattfand, wurde
in der XXelle AG Öffentlichkeitsarbeit bearbeitet und
entsprechende Abstracts für die Poster - Präsentation
vorbereitet. Ein XXelle Workshop „Frauen machen´s Gemeinsam“,
der mit dem Netzwerk Frauen und Aids geplant
und auf dem DÖAK angeboten werden konnte, wurde
von zahlreichen Kongressteilnehmer*innen besucht.
Am Infostand des Netzwerkes Frauen und Aids wurden
u.a. Fachvorträge zu den Themen „Älter werden, Stigma
und HEP C“ referiert. Auch diese Veranstaltungen haben
gezeigt, dass ein großes Interesse - Seitens der Kongressbesucher
und Kongressbesucherinnen - an frauenspezifi
schen Themen besteht.
Auf der ruhrgebietsweiten Ebene konnte die sehr gute
Zusammenarbeit der Ruhrgebiets-Aidshilfen Dortmund,
Bochum, Essen, Düsseldorf und Duisburg /Kreis Wesel
weiter fortgeführt werden. Durch die vorhandenen Vernetzungsstrukturen
konnten im Jahr 2015 gemeinsame
Aktionen geplant und durchgeführt werden. Hierbei handelte
es sich sowohl um Angebote für Klientinnen als
auch um öffentlichkeitswirksame Aktionen. Es fanden regelmäßige
Arbeitstreffen statt. Darüber hinaus erfolgten
weitere Vernetzungstreffen des Runden Tisches Ruhrgebiet,
an dem alle Ruhrgebiets –Aidshilfen und andere
Träger mit XXelle-Standorten teilnehmen.
Ebenso fanden in regelmäßigem Turnus „ XXelle - Runder
- Tisch – Arbeitstreffen“ der beteiligten Fachfrauen im
Ruhrgebiet statt, in denen unter anderem die Planung
und Durchführung öffentlichkeitswirksamer Aktionen erfolgte,
z.B. Afro - Ruhr Festival.
Afro - Ruhr Festival Dortmund 30. Mai 2015
Ein besonderes Highlight, das federführend von der Kollegin
aus Bochum konzipiert und durch eine Exklusivförderung
einer Gesundheitskasse fi nanziert wurde, war
das Projekt: Komm in Bewegung - mit XXelle den Selbsthilfegedanken
stärken.
Innerhalb der Ruhrgebietsvernetzung konnten insgesamt
23 Angebote in den einzelnen Aidshilfen von Autogenes
Training, Beckenbodengymnastik, Ernährung, Joga, etc.
bis Zumba vielfältige gesundheitsfördernde Angebote bereitgestellt
werden. Wie aus der Evaluation hervorgeht,
gab es 112 Anmeldungen davon nutzten 83 Frauen diese
Angebote. Das Altersspektrum der Teilnehmerinnen
lag zwischen 18 und 63 Jahre.
5.5. Frauen und HIV / Aids / Migration
Eine besonders wichtige Zielgruppe innerhalb der frauenspezifi
schen Arbeit sind Migrantinnen. Hierbei handelt
es sich um eine sehr heterogene Personengruppe. Unterschiedliche
Formen der bereits erfolgten oder noch zu
erfolgender Integration in Bezug auf sprachliche, kulturelle
oder soziale Integration spiegeln sich hier wieder.
Die Zielgruppe Migrantinnen - Frauen mit Kindern und
66 Zielgruppenspezifische Prävention
HIV/Aids - wurden ebenfalls durch verschiedene ruhrgebietsweite
Veranstaltungen erreicht. Insgesamt nahmen
13 Mütter mit 23 Kindern und Jugendlichen an einem Familienausflug
zum Ketteler- Hof teil. Die Erfahrung der
letzten Jahre hat gezeigt, dass gerade alleinerziehende
Frauen und ihre Kinder mit HIV/Aids dieses Angebot sehr
gerne nutzen. Oftmals verfügen diese Familien über keinerlei
finanzielle Ressourcen zur Realisierung von Freizeitaktivitäten.
Des Weiteren ist dieses Angebot ein kreativer
Beitrag, der sozialen Isolation entgegen zu wirken
und positive Begegnungen zu fördern und ist somit eine
willkommene Abwechslung zum regulären Alltag.
Hier wurden Kontakte und Freundschaften zu anderen
HIV positiven Kindern und ihren Familien hergestellt.
die Erkrankung oft hervorgerufenen sozialen Isolation
ausbrechen zu können, konnten die teilnehmenden Frauen
vor allem Strategien der individuellen Gesundheitsförderung
und Alltagsgestaltung erlangen.
Das mittlerweile ins 11. Jahr gehende Frauenvernetzungstreffen
an dem u.a. die Möglichkeit geboten wurde,
sich professionell an Tanz- und Bewegungsübungen
sowie kreatives Malen und Gesprächen zu beteiligen,
wurde auch im Berichtsjahr wieder von Frauen und ihren
Kindern genutzt.
Insbesondere diese Veranstaltung hat gezeigt, wie effektiv
die Vernetzung von XXelle Ruhrgebiet ist. Durch die
Bündelung von personellen und finanziellen Ressourcen
konnten die geplanten Ziele umgesetzt werden.
Familienausflug Ketteler Hof, Haltern am See,
01. Juli 2015
Auf der ruhrgebietsweiten Ebene konnte die sehr gute
Zusammenarbeit der Ruhrgebiets-Aidshilfen weiter fortgeführt
werden. Durch die vorhandenen Vernetzungsstrukturen
konnten im Jahr 2015 gemeinsame Aktionen
geplant und durchgeführt werden. Hierbei handelte es
sich sowohl um Angebote für Klientinnen als auch um öffentlichkeitswirksame
Aktionen.
So konnte zum nunmehr elften Mal in Folge ein Vernetzungstreffen
für Frauen mit HIV / Aids und ihren aus dem
Ruhrgebiet angeboten werden.
Für die teilnehmenden Frauen stellt dieses Angebot eine
wichtige, weil oftmals einzige Möglichkeit dar, Erfahrungen
mit anderen Betroffenen auszutauschen.
Die Schaffung dieser Plattform in einem geschützten
Rahmen hat einen hohen Stellenwert, da in den jeweiligen
AIDS-Hilfen das Angebot für HIV-positive Frauen aus
der Angst heraus, unwillentlich als HIV-positiv erkannt zu
werden, nur partiell genutzt wird.
In Zusammenarbeit mit den AIDS-Hilfen Oberhausen,
Düsseldorf, Dortmund, Bochum, Essen und Duisburg /
Kreis Wesel, wurde dieses Angebot koordiniert, organisiert
und umgesetzt. Neben der Erfahrung, aus der durch
Auf der lokalen Ebene konnte die bestehende HIV-positive
Frauengruppe kontinuierlich fortgeführt werden.
Die Frauen treffen sich einmal im Monat, wobei der
Ablauf der Nachmittage von den Frauen nach eigenen
Wünschen geplant und durch die hauptamtliche Mitarbeiterin
unterstützend begleitet wird. Neben gemeinsamen
Aktionen, wie z.B. Grillen, Ausflüge, Weihnachtsmarktbesuch,
steht vor allem der gegenseitige Austausch im
Vordergrund. Bei Kaffee und Kuchen werden alltägliche
Probleme oder Themen, die in Bezug auf Partnerschaft,
Familie und Freunde von Bedeutung sind, in der Gruppe
besprochen. Oft sind diese Treffen die einzige Möglichkeit
für die betroffenen Frauen, sich über ihre Infektion
zu unterhalten und in einer geschützten Atmosphäre den
Umgang mit der Erkrankung zu erleichtern. Erfreulicherweise
ist es auch wieder im Jahre 2015 gelungen, eine
höchst heterogene Gruppe zu etablieren, die sowohl aufgrund
der Altersstruktur, als auch bzgl. der Nationalitäten
sehr unterschiedlich ist. Die Frauengruppe wird neben
der hauptamtlichen Mitarbeiterin durch eine ehrenamtlich
tätige Frau tatkräftig unterstützt.
Im Jahr 2015 konnte durch die Projektnehmerin für
den Bereich Duisburg und den Kreis Wesel eine Ansprechperson
für Frauen zu den Themen HIV und Aids
sichergestellt werden. Insbesondere für Frauen mit
Migrationshintergrund und HIV / Aids ist diese Form der
geschlechtsspezifischen Arbeit unabdingbar.
Neben verschiedenen sozialrechtlichen Fragen stand vor
allem die Reflektion der eigenen Situation und Schaffung
der Möglichkeit des konstruktiven Umgangs mit dieser
im Vordergrund. Auch hier war oftmals eine zeitintensive
Begleitungsarbeit aufgrund fehlender oder geringer
Deutschkenntnisse erforderlich, wenn es um die Bearbeitung
des Schriftverkehrs mit den unterschiedlichsten
Behörden ging. Das Jahr 2015 war im Arbeitsbereich
Migration gekennzeichnet durch sehr häufige, zeitintensive
und bisweilen kraftraubende Kontakte - aufgrund feh-
67
lender Weiterleitung der Krankenversicherungsmeldung
an die zuständige Krankenkasse- zum Jobcenter.
„Rechtzeitig“ zum WAT erreichten uns die ersten HIV
positiven Flüchtlinge aus dem Kreis Wesel. Die Begleitungsarbeit,
z.B. der Transfer von einer Zentralen Flüchtlingsunterkunft
zum HIV Schwerpunktarzt und wieder zurück,
ist sehr zeitintensiv.
Auch hier hat sich die gute Vernetzung und Kooperation
der Ruhrgebiets-Aidshilfen gezeigt. Aufgrund fehlender
russischer Sprachkenntnisse der Projektnehmerin, fand
das Erstgespräch beim HIV Schwerpunktarzt, mit einer
Kollegin aus der Aidshilfe Oberhausen, statt. Im weiteren
Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass diese
Flüchtlinge auch türkisch verstehen und sprechen. In der
Praxis unseres Schwerpunktarztes Dr. Kwirant, konnte
uns bei den folgenden Terminen eine Mitarbeiterin bei
der Übersetzung behilfl ich sein, was zu einer großen Entlastung
aller Beteiligten beigetragen hat.
Die Zusammenarbeit mit dem Duisburger Frauennetzwerk
Agenda 21 erwies sich auch im Jahr 2015 als sehr
erfreulich.
Am internationalen Frauentag waren wieder zahlreiche
Organisationen mit diversen Infoständen vertreten. Die
Projektnehmerin war beteiligt an Aktionen zum internationalen
Frauentag und One Billion Rising.
Die Präventionsarbeit auf dem Duisburger Straßenstrich
in Kooperation mit einer Kollegin des Gesundheitsamtes
der Stadt Duisburg konnte im Berichtsjahr 2015 regelmäßig
im 14-tägigen Rhythmus erfolgen.
Dieses Angebot ist mittlerweile so etabliert, dass die
Frauen nicht nur aufgesucht werden müssen, sondern
von sich aus auf die Kooperationspartnerinnen zukommen.
Zeitlich wird darauf geachtet, die Frauen möglichst
noch vor Aufnahme ihrer Tätigkeit zu erreichen, um die
Möglichkeit für individuelle Fragestellungen zu geben.
Thematisch geht es vor allem darum, sich über sexuell
übertragbare Krankheiten zu
informieren, sich zu schützen und ausstiegsorientierte
Problemstellungen zu bewältigen. Gerade bei drogenabhängigen
Frauen, die der Beschaffungsprostitution
nachgehen, sind aufgrund der HIV Relevanz in dieser
Population, Beratungs- und Testangebote von großer
Bedeutung.
In abendlichen Gesprächen während der aufsuchenden
Arbeit wird auf die verschiedenen Möglichkeiten der
Substitution und entsprechende Beratungsangebote der
AIDS- Hilfe Duisburg/Kreis Wesel hingewiesen. Ein mehrsprachiger
Flyer, den wir insbesondere neuen Frauen auf
dem Straßenstrich anbieten, weist auf HIV-Testmöglichkeiten,
STI - Untersuchungsangebote im Gesundheitsamt
und die der Beratungsstelle „Lily“ hin. Gelegentlich
werden auch konkrete Termine vereinbart, die jedoch
nicht immer eingehalten werden.
Im Jahr 2015 konnten insgesamt 386 Sexarbeiterinnen
erreicht werden. Auf dem Straßenstrich in Duisburg sind
ca. 80% der Frauen Migrantinnen, vor allem aus Osteuropa.
Viele besitzen keine Krankenversicherung und verfügen
– wenn überhaupt - nur über geringe Deutschkenntnisse.
IFT 08.März 2015
14. Februar 2015 One Billion Rising
Im Berichtsjahr konnte die Projektnehmerin aufgrund
der guten Kooperation mit dem ÖGD der Stadt Duisburg
und der im Sommer neu gegründeten Beratungsstelle
für Sexarbeiterinnen Lily, durch den Einsatz von rumänischen
und bulgarischen
Sprachmittlerinnen, insbesondere für die Beratungsarbeit
in der aufsuchenden Arbeit, profi tieren.
Hier ist Sensibilität und Empathie in Bezug auf unterschiedliche
Kulturen und der allgemeinen Lebenssituation
der Frauen gefragt.
Sexarbeiterinnen sind eine multinationale, heterogene
und gesundheitlich gefährdete Gruppe, die oft nur einen
eingeschränkten Zugang zum Gesundheitssystem
haben. Die STI-Prävention stößt somit an Grenzen, die
durch z.B. Lebensbedingungen, soziale und wirtschaftliche
Zwänge, Armut, Unwissenheit über STI und Verhütungsmethoden
gesetzt werden. Der zunehmende Konkurrenzdruck
erschwert es, den Wünschen von Kunden
nach kondomfreiem Sex zu widerstehen. Darüber hinaus
gibt es wie bei vielen Menschen eine Tendenz, medizi-
68 Zielgruppenspezifische Prävention
nische Hilfe nur bei akuten Beschwerden in Anspruch
zu nehmen. Ein kontinuierliches Beratungs- und Untersuchungsangebot
sollte auch aus diesem Grund eine
Grundvoraussetzung für die STI-Prävention bei Sexarbeiterinnen
sein.
Im Rahmen der Angebote der aufsuchenden Arbeit im
Bereich Sexarbeit des ÖGD´s konnten einige Frauen mit
Selbstabstrichen auf diverse STI´s untersucht werden.
Bei einem positiven Befund werden die Frauen angerufen
und es besteht die Möglichkeit weitere erforderliche
Untersuchungen und entsprechende Medikamente -
auch ohne Krankenversicherung - zu erhalten.
Zudem besteht die Möglichkeit, dass sich die Sexarbeiterinnen
kostengünstig mit Kondomen versorgen können,
die über das Gesundheitsamt erworben werden.
Die regelmäßige aufsuchende Arbeit ermöglicht einen
langfristigen Beziehungsaufbau zu den einzelnen Sexarbeiterinnen.
Darüber hinaus gewährleistet die Kontinuität,
dass die Projektarbeit den sich ändernden Verhältnissen
der Arbeit vor Ort angepasst wird. Hierbei steht vor
allem die Verbesserung der Arbeitssituation der Frauen
im Fokus. Beratungs- und medizinische Angebote werden
durch niedrigschwellige, arbeitsplatznahe und aufsuchende
Arbeit angeboten.
In der Adventszeit wurde wie jedes Jahr wieder eine Nikolausaktion
in den Bordellen/ Laufhäusern und auf dem
Straßenstrich in Duisburg durchgeführt.
Mit tatkräftiger Unterstützung der Mitarbeiterinnen von
Lily und der Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes Duisburg
konnte die Projektnehmerin in einer nächtlichen
Aktion insgesamt 197 Sexarbeiterinnen mit Kondomen,
Kalendern und Angeboten zur Untersuchung von STI´s
erreichen.
Zu erwähnen ist für diesen Bereich, dass sich auch hier
der Zielpersonenkreis erweitert bzw. verändert. Der Zuzug
von Sexanbieterinnen aus dem südosteuropäischen
Raum (v.a. Rumänien und Bulgarien) ist in Duisburg, wie
auch im Kreis Wesel (dort allerdings mehr im Clubbereich)
enorm und stellt für die Projektnehmerinnen eine
wachsende Herausforderung, in sprachlicher, kultureller
und sozialrechtlicher Hinsicht dar.
Darüber hinaus hat sich die „Wettbewerbssituation“ verschärft,
ein Preisverfall sowie in der Konsequenz eine
Erosion von Safer Sex ist zu beobachten.
Ein steigender Handlungsbedarf ist erkennbar. Hier hat
sich unsere Fachstelle bei der Erstellung eines Handlungskonzeptes
der Stadt Duisburg mit eingebracht,
dessen konsequente Umsetzung ein Ziel der folgenden
Jahre sein muss, bei dem auch die strukturelle HIV- und
STI-Prävention für Sexarbeiterinnen weiterhin eine wichtige
Rolle spielen sollte.
Projektkritik
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die frauenspezifische
Arbeit von XXelle Duisburg/ Kreis Wesel
wieder kontinuierlich und erfolgreich umgesetzt werden
konnte.
Besonders hervorzuheben ist die Erhaltung der bestehenden
Vernetzungsstrukturen von XXelle Ruhrgebiet
und die Präsentation in der (Fach-) Öffentlichkeit
Eine sehr positive Entwicklung ist die Stabilisierung der
monatlich stattfindenden Frauengruppe und die damit
verbundene kontinuierliche Zusammenarbeit mit den
Ehrenamtlerinnen vor Ort. Mit Hilfe der personellen Ressourcen
konnten die Beratung und Begleitung von Frauen
mit HIV/ Aids sichergestellt und umgesetzt werden.
Aufgrund der komplexen Problemlagen und sehr heterogenen
Ausgangslagen der betroffenen Frauen beansprucht
die Begleitungsarbeit die größten Zeitkapazitäten.
Dem entsprechend sehen und setzen wir hier auch
die Priorität.
Vor allem im Bereich der Sexarbeit werden gerade in Duisburg
die Bedarfe noch wachsen und höchstwahrscheinlich
weitere Ressourcen erfordern.
Der Standort XXelle Duisburg/ Kreis Wesel ist ein wichtiger
Teil der Ruhrgebietsvernetzung und mittlerweile fester
Bestandteil der Angebote für Frauen mit HIV/Aids der
AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e.V.
Auf der lokalen, regionalen und landesweiten Ebene hat
sich das etablierte Netzwerk hier äußerst bewährt und
hervorragende kollegiale Unterstützung geleistet.
In einer Reihe von Veranstaltungen zum Welt-AIDS-Tag
2015 konnte auch das mit dem XXelle-Standort Duisburg
/ Kreis Wesel verbundene frauenspezifische Angebot
und die feste Ansprechpartnerin wieder öffentlichkeitswirksam
präsentiert werden.
Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit konnten die Angebote
auf den Internetportalen: www.xxelle.nrw.de, www.
xxelle.ruhrgebiet und aufgrund einer kontinuierlichen Aktualisierung
der Termine auf unserer Homepage, www.
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de , Frauen zugänglich
gemacht werden.
69
5.6 Youthwork / Prävention in der Allgemeinbevölkerung
Seit 1989 ist „Youthwork“ (AIDS-Prävention in sexualpädagogischem
Kontext) ein fester und wichtiger Bestandteil
der Angebotspalette der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis
Wesel e.V. Und wenn auch das alte richtliniengestützte
Förderprogramm (1988 vom damaligen MAGS NRW eingeführt,
s. www.youthwork-nrw.de ) im Zuge des Kommunalisierungsprozesses
seit 2007 grundsätzlich nicht mehr
landesgesteuert ist, so ist aufgrund der unzweifelhaften
Sinnhaftigkeit nicht nur die Landesförderung erhalten
geblieben, sondern auch die kommunalen Ergänzungsfi -
nanzierungen (wenn auch gedeckelt, s.o.). Und so untermauert
das Landeskonzept „Weiterentwicklung der HIV/
AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen. Schwerpunkt
Neuinfektionen minimieren“; Juli 2013) den spezifi schen
Arbeitsansatz auch sehr eindeutig:
„Jugendliche gehören bislang nicht zu den besonders gefährdeten
Bevölkerungsgruppen. Da sie am Anfang ihrer
sexuellen Aktivität stehen, sind sie jedoch eine wichtige
Zielgruppe für die Primärprävention. Jugendliche stehen
vor der Herausforderung, zu Beginn ihrer partnerschaftlich
ausgerichteten Sexualität sich sowohl mit Fragen der
Verhütung und des Schutzes vor sexuell übertragbaren
Infektionen als auch mit physischen und psychischen
Veränderungen auseinanderzusetzen. Die bisherigen Erfahrungen
haben gezeigt, dass personalkommunikative
Ansätze in der Sexualaufklärung und Prävention diese
Lernprozesse besonders fördern und unterstützen. Sie
müssen jedoch frühzeitig einsetzen, kontinuierlich weitergeführt
werden und sich an dem jeweiligen Entwicklungsstand,
der sexuellen Orientierung und den sozialen, kulturellen
und ethischen Hintergründen der Jugendlichen
ausrichten. (…)
Da andere sexuell übertragbare Infektionen, insbesondere
Syphilis, Tripper und Chlamydien auch Jugendliche
betreffen und sich damit das Risiko einer HIV-Infektion
erhöht, müssen die Inhalte der HIV/AIDS-Prävention und
Sexualaufklärung mit den Informationen zur Verhinderung
der o.g. Infektionen verknüpft werden. (…)
Die Angebote der Schule und der außerschulischen Jugendarbeit
werden durch HIV- und STI-Präventionsmaßnahmen
der AIDS-, Sexual- und Jugendberatungsstellen
unterstützt und ergänzt. Notwendig sind kontinuierliche
und strukturierte Kooperationen und gemeinsame Projekte
zwischen AIDS-/STI- und Sexualberatungsstellen,
Jugendhilfe, Suchthilfe, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen
in öffentlicher und freier Trägerschaft.“
(Landeskonzept „Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prävention
in NRW“ vom Juli 2013; S. 21 f; Die Druckfassung
kann bestellt oder heruntergeladen werden: www.
mgepa.nrw.de/ministerium/service, unter Angabe der
Veröffentlichungsnummer 112)
Weiter heißt es ebenda (S. 22): „Besonders zu berücksichtigen
sind männliche Jugendliche im „coming out“,
Jugendliche, die Drogen konsumieren, und Jugendliche
in schwierigen sozialen Verhältnissen, da das Infektionsrisiko
in diesen Gruppen erhöht ist. Sie benötigen einen
niedrigschwelligen Zugang zu den vorhandenen Angeboten
der Information, Beratung und Untersuchung“.
Der Landes-Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention unter
Federführung des Referates „AIDS, Organspende, Psychoonkologie“
des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation,
Pfl ege und Alter (MGEPA) (s. www.aids-nrw.de)
gebührt ein großes Kompliment für die Analyse und die
daraus resultierenden Handlungsempfehlungen. Diese
sind auf der Höhe der Zeit. Und - aufmerksame Leser/
innen unserer Jahresberichte haben es längst bemerkt
– sie bestätigen unsere regionale Youthwork-Arbeit und
ihre Ansätze in eindrucksvoller Weise. Zielgruppenspezifi
sche Prävention ist unser Geschäft.
Die Zielgruppenanalyse erklärt auch die besondere Eignung
des Youthwork-Angebotes einer AIDS-Hilfe, die
seit nunmehr 29 Jahren Erfahrung in der strukturellen
und vor allem zielgruppenspezifi schen Präventionsarbeit
besitzt. Darüber bringen wir spezifi sche Kenntnisse
und Feldkompetenzen in den Themenfeldern Homosexualität,
Drogengebrauch und diversen Formen
sozialer Benachteiligung bis hin zu Stigmatisierungsproblematiken
mit und können jeweils fl exibel auf Bedarfe
in Gruppen oder auf Einzelpersonen reagieren. Wie bei
allen Adressaten, so gilt auch - und vielleicht besonders
- für Jugendliche der didaktische Grundsatz,
dass (Präventions-) Angebote an der jeweiligen Lebenswelt
(akzeptierend) orientiert werden sollten. „Die
Berücksichtigung von sozialen, ethnischen, kulturellen
und geschlechtsspezifischen Besonderheiten
ist Voraussetzung, um Jugendliche emotional und
kognitiv zu erreichen“ (Landeskonzept, a.a.O., S. 37).
Darüber hinaus können Themen durchaus auch in Präventionsveranstaltungen
in heterogenen Gruppen (wie
Schulklassen) integriert oder exponiert platziert werden.
Die Bedarfe werden jeweils in Planungsgesprächen er-
70 Zielgruppenspezifische Prävention
hoben.
Das Kompliment für das Landeskonzept gilt auch für die
Forderung nach kooperativen Projektformen, die wir seit
jeher propagieren, initiieren und umsetzen und die in besonderer
Weise für nachhaltige Synergieeffekte prädestiniert
sind.
Auch darüber erklärt sich gewiss zu einem nicht unerheblichen
Teil, dass Jugendliche in Deutschland und in
unserer Region tatsächlich nicht zu den von HIV besonders
riskierten Zielgruppen zählen – Prävention im Kontext
von Gesundheitsförderung wirkt und ist zielführend
im Hinblick auf eine Verankerung von Präventionswissen
und die Stärkung der Handlungskompetenzen für die individuelle
Gesunderhaltung sowie die Förderung eines
nachhaltigen Schutzverhaltens und dessen Implementierung
im persönlichen Lebensstil.
Die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von AIDS-Prävention
in sexualpädagogischem Kontext mit dem vorrangigen
Ziel der Vermeidung von Primärinfektionen hat also
nichts an Bedeutung verloren – und dass sie wirkt, beweisen
nicht zuletzt die Infektions-Diagnose-Zahlen und
Inzidenzannahmen des RKI (s. www.rki.de ) für das Jahr
2014, wonach die Neuinfektionen (ca. 3.200) auf weitgehend
stabil niedrigem Niveau geblieben sind. Dabei
spielen Jugendliche generell keine exponierte Rolle. Zu
beachten ist allerdings die Gruppe der 20-39-jährigen
MSM, insbesondere in Großstädten und gerade hier ist
auch ein signifikanter Zusammenhang mit den Syphilis-Inzidenzen
bemerkenswert. Darüber bestätigt sich,
dass HIV-Prävention zwingend STI-Prävention beinhalten
sollte.
Als Hauptgrund für den Anstieg bei jüngeren Schwulen
gibt das Robert-Koch-Institut den Umstand aus, dass
unter jüngeren Männern mit HIV ein höherer Anteil noch
nicht unter antiretroviraler Therapie steht, so dass in dieser
Gruppe eine höhere Übertragungswahrscheinlichkeit
besteht. Dies wiederum korrespondiert mit der Annahme,
dass 30 bis 50 % der Neuinfektionen von frisch Infizierten
stammen, die zum Teil ihren Status noch gar nicht
kennen (können – weil noch im diagnostischen Fenster).
Die Berücksichtigung von anderen sexuell übertragbaren
Krankheiten ist allerdings auch für Jugendliche
anderer sexueller Orientierungen zunehmend bedeutungsvoll,
da sich nach RKI-Angaben die Diagnosen insgesamt
mehren. Auf die Erwähnung wirklich belastbarer
Daten für das Berichtsjahr 2015 müssen wir zwar noch
etwas warten, aber die bisherigen Hinweise scheinen
sich einmal mehr zu verifizieren.
Sexualität und sexuell übertragbare Krankheiten müssen
eindeutig weiter enttabuisiert werden. Darüber reden zu
können ist eine entscheidende Voraussetzung für Schutz
und Diagnostik. Hier kommt der schulischen Arbeit eine
besondere Bedeutung zu, denn über den Rahmen der
Schulpflicht kann es besser als in weiteren Lebensphasen
gelingen, möglichst viele Jugendliche die Erfahrung
machen zu lassen, dass dies gelingen kann – dazu bedarf
es guter Unterrichtsprozesse, geschulter Lehrkräfte
(oder noch besser sexualpädagogischer Fachkräfte) und
am besten gezielter Projektformen in adäquaten Settings.
Bei Jugendlichen tragen die Schulen (gemäß ihrem Auftrag,
s. Richtlinien zur Sexualerziehung in NRW vom
30.09.1999, BASS 15 – 04 Nr. 1) zudem entscheidend zur
spezifischen (Sach-) Informationsvermittlung bei. Sie sollen
damit allerdings nicht allein gelassen werden. So wird
ihnen über den –im Juli 2012- aktualisierten Runderlass
zur „HIV/AIDS-Aufklärung in den Schulen“ explizit die
„Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen
und Fachkräften“ anempfohlen: „Die Behandlung des
Themas HIV und AIDS legt eine enge Zusammenarbeit
der Schule mit den unteren Gesundheitsbehörden sowie
anderen außerschulischen Einrichtungen und Fachkräften
nahe. Hierzu zählen neben der Ärzteschaft vor allem
die bei den Kommunen, AIDS-Hilfen und anderen freien
Trägern angesiedelten sog. Youth-Workerinnen und
Youth-Worker, die insbesondere sexualpädagogisch orientierte
HIV/AIDS-Aufklärung für Jugendliche durchführen.
Ihre Fachkompetenz sollte sowohl in den Unterricht
als auch in Beratungs- und Entscheidungsprozesse einbezogen
werden.“ (aus: BASS, 18 – 12 Nr. 4; RdErl. D.
Kultusministeriums vom 01.07.1987, GABI. NW. S. 416;
geänderte Fassung vom 01.07.2012)
Wer HIV- und STI-Prävention ernst nimmt, muss sich
auch gegen Diskriminierung und Stigmatisierung
von Menschen mit HIV und den von HIV besonders betroffenen
Gruppen –wie eben homosexuellen Jungs und
Männern (s.o.)- stark machen. Dies berücksichtigen wir
in unserer Youthwork-Arbeit –soweit es die zeitlichen und
personellen Möglichkeiten zulassen – schon immer. Im
Berichtsjahr haben wir diesbezüglich für unser Projekt
SchLAu-Duisburg (s. 5.7.) weiter wachsende Nachfragen
erhalten, konnten aus personellen Gründen nur noch
wenige bedienen. Es konnte zwar gelingen, ein kleines
Team von ehrenamtlichen SchLAu-Interessent*innen
aufzubauen und diese zum Teil zu qualifizieren, allerdings
sind darunter leider keine Mitarbeiter*innen, die die
Projekte im Bereich des Vormittags aktiv begleiten können,
so dass unser Kollege Frank Funk hier alleine wirken
musste und seine Einsatzmöglichkeiten für SchLAu
sehr begrenzt waren. Interessent*innen sind nach wie
vor herzlich willkommen.
Sehr hilfreich wirkte sich die Teamerweiterung im
„Youthwork“ durch die Dipl. Pädagogin, Anika Walther,
aus. Damit können wir prinzipiell auch wieder geschlechtsspezifische
Angebote unterbreiten und neue
71
Projektformen `aus der Wiedervorlage´ holen und umsetzen,
aber auch hier sind die Kapazitäten für das Arbeitsfeld
Youthwork begrenzt, da Frau Walther seit Mai
des Berichtsjahres vorwiegend im Bereich der psychosozialen
Begleitung tätig ist.
Erfreulicherweise konnten wir im Berichtsjahr mit unserem
Netzwerkpartner, der profamilia Duisburg, die sog.
„Sexualpädagogischen Stadt-Rallye“ für Jugendliche
der 9. Klassen fortlaufend anbieten. Dieses Projekt
wird für den Youthwork-Bereich federführend von Frau
Walther begleitet und durch die Beteiligung von SchLAu
unter Federführung von Frank Funk sowie dem sexualpädagogischen
Angebot der pro familia inhaltlich abgerundet..
Mit der Sexualpädagogischen Stadt-Rallye bieten wir
kurzweilige Aufklärung über:
- die Ansteckungswege bei HIV und anderen
sexuell übertragbaren Krankheiten; einen vorurteilsfreien
Umgang mit HIV-infi zierten und an
AIDS erkrankten Menschen (AIDS-Hilfe Duisburg
/ Kreis Wesel e.V .- Youthwork).
- die sexuelle Vielfalt und den Respekt vor verschiedenen
Lebens- und Liebesformen (SchLAu
Duisburg).
- die Angebote für Jugendliche bezüglich
Schwangerschaftskonfl ikt- und Sexualberatung
und die sexuellen und reproduktiven Rechte
Jugendlicher (pro familia Duisburg).
2015 zeigte sich erneut, dass das Projekt „Sexualpädagogische
Stadt-Rallye“ das Youthwork-Regelangebot
der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. bekannt
macht, es sinnvoll ergänzt und bereichert.
In kurzen Workshops (je ca. 45 Minuten) präsentieren die
Initiatoren ihre inhaltliche Arbeit. Durch die überarbeiteten
Rallyeaufgaben lassen sich darüber hinaus die Angebotsstrukturen
von Mabilda e.V. und Jungs e.V. (Mädchenbildungsarbeit
und geschlechterrefl ektierte Arbeit
mit Jungen in Duisburg) darstellen.
Ein Ziel ist es, den Schüler*Innen die spezifi sche Ratund
Hilfe-Infrastruktur bekannt zu machen und sie zu befähigen,
diese im Bedarfsfall selbständig und eigenverantwortlich
aufsuchen zu können.
Einen weiteren Schwerpunkt setzt die Rallye auf die Erweiterung
der Kommunikations- und Alltagskompetenzen
der Jugendlichen. Auf dem Weg zu den Institutionen werden
dazu Auskünfte bei den aktiv beteiligten Handelseinrichtungen
in Neudorf eingeholt. In dem Drogeriemarkt
gilt es Fragen zu Kondomen zu stellen, in der Apotheke
zur „Pille danach“ und im Buchladen zur altersgemäßen
Literatur zum Thema Sexualität.
Die Rückmeldebögen, die für die Rallye erstellt wurden,
dokumentieren, dass das Projekt seine Ziele erreicht. So
bestätigten 2015 beispielsweise all (!) Teilnehmer*innen,
dass ihnen die Kontaktaufnahme zu den Beratungsstellen
nach der Veranstaltung leichter fallen würde.
In erster Linie nahmen in diesem Jahr Gesamtschulen
und Förderschulen die Angebotsform der Rallye an. 2015
stellte mit der Teilnahme von sogenannten „Seiteneinsteigerklassen“
für Flüchtlinge eine neue Herausforderung
dar. Durch die sprachlichen Barrieren galt es, den
Fokus bei der Vermittlung von Inhalten mehr auf bildliche
Darstellungen zu legen.
Durchschnittlich nahmen an einer „Sexualpädagogischen
Stadt-Rallye“ 25 Schüler*innen im Alter von 14-17
Jahren teil.
Der Erfolg des Projektes, das 2015 sowohl aus den Mitteln
des „Aktionsprogrammes Kinder- und Jugendschutz
2015“ der Stadt Duisburg sowie bis September 2015 von
der „Aktion Mensch“ gefördert wurde, zeigte sich darüber
hinaus darin, dass die angebotenen Termine zu 80% von
Duisburger Schulen genutzt wurden.
Terminmöglichkeiten und nähere Informationen zur Sexualpädagogischen
Stadtrallye fi nden sich auf unserer
Homepage (www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de ).
Um auch weitere Chancen auf Umsetzung kreativer
Projektformen zu erhalten, die wir mit den vorhandenen
Ressourcen für das Regelangebot „Youthwork“ nicht vorhalten
könnten, hat sich die „Abteilung Youthwork“ der
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel im Dezember 2014
beim Jugendamt der Stadt Duisburg um die Anerkennung
als freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe nach §
72 Zielgruppenspezifische Prävention
75 SGB VIII beworben und im Mai 2015 die Anerkennung
erhalten.
Der niedrigschwellige, emanzipatorische und akzeptanzorientierte
Ansatz ist richtig. Repressive Ansätze
sind eindeutig kontraproduktiv. Die besondere Akzeptanz
dieses Ansatzes wird uns auch vor Ort durch Rückmeldungen,
Resonanzen und Evaluationserfahrungen zu
unseren Veranstaltungen in diesem Sektor (s. Abb. Veranstaltungsverteilung
nach Arbeitsfeldern) bestätigt.
Dem Rechnung tragend gestalten wir unsere HIV-Prävention
in sexualpädagogischem Kontext und zielen auf
einen Dialog in offener und angstfreier Atmosphäre und
ohne pädagogischen Zeigefinger.
Youthwork NRW steht für wertorientierte, altersgemäße
und fachlich fundierte Präventionsarbeit basierend auf
dem Landeskonzept des Gesundheitsministeriums NRW
zur Minimierung von HIV/STI-Infektionen und den Standards
für die Sexualaufklärung in Europa. Dabei ist uns
die Vernetzung und Kooperation im Kontext von Sexualität
und Gesundheit mit professionell Tätigen und entsprechenden
Facheinrichtungen ein Anliegen.
Im Zusammenhang der immer noch schwelenden Debatte
zur Sexualpädagogik, die vor allem durch sog.
„besorgte Eltern“ befördert wird, schließen wir uns dem
Statement der Gesellschaft für Sexualpädagogik ausdrücklich
an. Außerdem verweisen wir auf die Erklärung
des Bundesverbandes von pro famila zum Recht auf Sexualaufklärung.
Nähere Informationen zum Youthwork-Angebot finden
sich auch auf der Internetseite www.youthwork-nrw.de .
Die ca. 60 Youthworker/innen in NRW sind gut vernetzt
und pflegen den fachlichen Austausch sowie die stete
Fort- und Weiterentwicklung über eine jährliche dreitägige
Fachfortbildung und durch quartalsweise Treffen
der Gruppen der fünf Regierungsbezirke. Diese stellen
jeweils zwei Sprecher/innen für den sog. Sprecherkreis
Youthwork ab, der den Kontakt mit dem Ministerium
(MGEPA NRW) pflegt und die Fachtagungen organisiert.
Seit 2013 ist der Youthworker der AIDS-Hilfe Duisburg /
Kreis Wesel, Dietmar Heyde, Mitglied dieses Sprecherkreises.
Das landesweite Logo von Youthwork-NRW.
Im Berichtsjahr wurde die Relaunch der „Youthwork-Kampagne“
unter dem Titel „dein leben. deine lust.“ weiterentwickelt
und der aktuelle Stand konnte über ein
Abstract im Rahmen der Posterausstellung auf dem
Deutsch-österreichischen AIDS-Kongress im Juni 2015
in Düsseldorf der Fachwelt präsentiert werden. Zudem
hat das Online-Spiel „Youstrip“, welches Bestandteil der
medialen Kampagne werden wird, im Mai im BMG in
Berlin einen der Sirius-Preise 2015 der BZgA erhalten.
Dieses interaktive Präventionsspiel wird zu Beginn des
Jahres 2016 fertiggestellt und dann über die neu gestaltete
Homepage www.Youthwork-nrw.de abrufbar sein.
Der Start der Kampagne wird im Frühjahr 2016 erfolgen.
5.6.1 Veranstaltungsinhalte
In aller Regel werden personalkommunikative Formen
massenmedialen vorgezogen. Das erfordert allerdings
auch eine jeweilige Reduktion auf zielgruppenadäquate
und bedürfnisorientierte Themenbereiche. Um diese Reduktion
pädagogisch verantwortungsvoll vornehmen zu
können, finden entsprechende Vor- und Nachgespräche
mit den Veranstaltungspartnern statt.
Je nach Zielgruppe, Zugangsvoraussetzungen und Rahmenbedingungen
können u.a. folgende Themenfelder
behandelt werden:
• Medizinisch, biologische Grundlagen zu HIV und
AIDS und anderen STI`s (Virologie, Immunologie, ...)
• Verlaufsformen der HIV-Infektion
• Aktueller Forschungsstand und Therapieansätze
• Übertragungswege und –risiken
• Infektionsschutzmöglichkeiten
73
• Testverfahren und ihre Problematiken
• Epidemiologische Entwicklung und daraus resultierende
Präventionserfordernisse und –strategien
• Lebenssituation von Betroffenen und An- oder Zugehörigen
• Umgang mit HIV-positiven oder/und an AIDS erkrankten
Menschen
• Vorurteile gegenüber sog. Hauptbetroffenengruppen
• Drogen- und Substitutionsproblematik
• HIV und AIDS als gesellschaftliches Phänomen
• Diskriminierungs- u. Stigmatisierungspotentiale
• Juristische und ethische Fragestellungen
• HIV in der Arbeitswelt
• Sekundärpräventive Aspekte für Menschen mit HIV
•
•
• Liebe, Sexualität und Partnerschaft
• Probleme im Umgang mit der eigenen Sexualität
• Homosexualität (Schwul-lesbische Aufklärungsarbeit)
• Geschlechterrollen und ihre Problematiken
• Normen, Werte und deren Wandel im Umfeld der
Sexualität
• u.a.m.
5.6.2 Schulische Prävention / Youthwork
Wir bieten für Sie an:
• HIV-Präventionsveranstaltungen
im Rahmen von Sexualpädagogik
und ganzheitlicher Gesundheitsförderung
• Fort- und Weiterbildung für MultiplikatorInnen
und LehrerInnen
Beratung
(siehe auch: www.youthwork-nrw.de/unsereangebote )
Angebote
Präventionsveranstaltungen
Fort- und
Weiterbildung
Kooperation,
Koordination,
Vernetzung
• Beratung (telefonisch, persönlich,
schriftlich und via Internet) für
Jugendliche, Eltern, LehrerInnen,
ErzieherInnen etc.
• Kooperation, Koordination und
Vernetzung
• Geschlechtsspezifische Angebote
für Mädchen und Jungen
Einzel-,
Paar, Gruppenberatung;
-telefonisch
-persönlich
-schriftlich
-via Internet
Gruppenarbeit, Moderation,
Workshop, Seminar,
Expertengespräch, Diskussion,
Projekt, Fachtagung,
Event, Vortrag,
Referat, Infostand etc.
Arbeitskreise,
Gremien,
Ausschüsse,
Lobbyarbeit,
etc.
74 Zielgruppenspezifische Prävention
Unsere Youthworkerin Anika Walther
und unser Youthworker Dietmar Heyde
HIV/AIDS- und STI-präventive Veranstaltungen in sexualpädagogischem
Kontext wurden von der AIDS-Hilfe
Duisburg / Kreis Wesel e.V. für Schülerinnen und
Schüler aller Regelschulformen sowie Kollegschulen
durchgeführt. In der Regel werden unsere Angebote in
den Jahrgängen ab der Klasse 9, in einzelnen begründeten
Ausnahmen auch in jüngeren Jahrgängen platziert.
Form und Inhalte werden jeweils bedürfnis- und lebensweltorientiert
konzipiert. Das Angebotsspektrum reicht
hier von Formen eines „Expertengespräches“ im Rahmen
von Unterrichtsreihen vor unterschiedlichem Fachhintergrund
bis hin zu Projekttagen und – wochen, die
günstigenfalls außerhalb des Schulrahmens durchgeführt
werden.
Mit dem Berichtsjahr 2015 blicken wir im Bereich
Youthwork / Prävention in der Allgemeinbevölkerung
auf ein aktives Jahr mit saisonalen Verschiebungen und
leicht rückläufigen Nachfragen zurück. Dies ist zum einen
darauf zurückzuführen, dass einzelne langjährige Beratungslehrer*innen
als Koordinator*innen aus dem Schuldienst
ausgeschieden sind und die Nachfolgen noch zu
regeln sind und zum anderen auf erhebliche Veränderungsprozesse
in der Schullandschaft infolge des Inklusionsprozesses
und der Errichtung von Sekundarschulen.
Angesichts der Größe des Zuständigkeitsgebietes, der
wachsenden Bedarfe, der zunehmenden Notwendigkeit,
auch andere sexuell übertragbare Krankheiten einzubeziehen
und der Einzigartigkeit des Youthwork-Angebotes
in der Region sind unsere Fachkraftressourcen
trotz der stabilen Einbeziehung von Frau Walther nach
wie vor begrenzt. Zudem stehen wir vor zunehmenden
Finanzierungsschwierigkeiten, weil die öffentliche Förderung
schon die Personalkosten des hauptamtlich Beschäftigten
längst nicht mehr abdecken und wir schon
lange immer mehr Eigenmittel zur Refinanzierung der
Sachkosten und derer für die ehrenamtlich Tätigen einsetzen
müssen. Die Gewinnung von Projektfördermitteln
(wie etwa die der Aktion Mensch) sowie die steigende
Notwendigkeit, von den Nachfragenden (Schulen et al.)
Aufwandsentschädigungen abzuverlangen, sind unerlässlich
geworden. Diese Maßnahmen erfordern aber
auch Zeit und Kapazitäten und senken zudem die Niedrigschwelligkeit
des Zugangs und die Finanzierbarkeit
des Angebotes für die „Kunden“. Wenn die Zuwendungsgeber
(Land und Kommunen) weiterhin dieses wichtige
Angebot vorhalten wollen, wird hier eine Nachbesserung
unumgänglich werden.
Unser Dank gilt an dieser Stelle insbesondere den aktiven
HIV-positiven Ehrenamtlern, die sich immer wieder
bereit erklären, in authentischer Weise zur Frage
„HIV-positiv sein – was heißt das?“ Rede und Antwort
zu stehen. Die Einbeziehung von Selbsthilfeaktivisten ist
fester Bestandteil vieler Präventionsveranstaltungen. Der
besondere Wert dieser Authentizität wird uns auch immer
wieder rückgemeldet. Hier gilt vor allem unserem Ehrenamtler,
Thomas Hilgers, ein herzliches Dankeschön.
Der von uns (mit-) initiierten Präventions-Vernetzung in
Duisburg kommt ebenfalls besondere Bedeutung zu. Dabei
geht es uns vor allem darum, über Multiplikator/innen
eine kontinuierliche Präsenz der Präventionsthemen in
den Institutionen zu schaffen und von `nur´ punktuellen
Veranstaltungen wegzukommen. Durch die Vernetzung
und die damit verbesserte Kooperation und Koordinierung
werden Synergieeffekte erzielt. Durch begleitende
Öffentlichkeitsarbeit wird für die potentiellen Kunden
mehr Transparenz zu den Präventionsangeboten geschaffen
und den Schülerinnen und Schülern die Beratungseinrichtungen
und ihre Mitarbeiter/innen bekannt
gemacht.
„Lernvoraussetzungsanalyse – und didaktische Konsequenzen“
Wir konstatieren bei der Zielgruppe der Jugendlichen weiterhin
insbesondere Defizite im Bereich von sprachlichen
75
und kommunikativen Kompetenzen im Feld von Liebe,
Sexualität und Partnerschaft. Ein Erklärungsansatz mag
in der neuartigen Nutzung von virtuellen Medien und den
damit verbundenen spezifi schen Kommunikationsmustern
zu fi nden sein (die „Explosion“ im Bereich der sog.
Sozialen Netzwerke, …). Ein anderer Ansatz ist uralt,
nämlich dass auch heute der Eintritt in das Abenteuer
„Liebe, Sex und Partnerschaft“ immer noch mit ganz viel
Aufregung, Nervosität und auch Ängsten und Sorgen verbunden
ist, trotz oder gerade wegen der vermeintlichen
Banalisierung der Thematik durch vielfältige einschlägige
Medien, die den Jugendlichen vermeintliche Realitäten
und / oder Normalitäten vorspiegeln. Hier ist einfühlsame
Sexualpädagogik gefordert.
Nach unserer Auffassung sind hierzu die Informations-
und Vermittlungsmethoden und der Zeitpunkt der
thematischen Auseinandersetzung von entscheidender
Bedeutung. Die Erkenntnis ist nicht neu, dass HIV/
AIDS-Prävention mit Jugendlichen im Kontext von Sexualpädagogik
anzusiedeln ist, dass personalkommunikative
Methoden (d.h. „Veranstaltungen von Mensch zu
Mensch“, vgl. BZgA-Ansatz), die an der Lebenswelt der
Schüler/innen orientiert und hinsichtlich der ersten Erfahrungen
zeitnah zu platzieren sind, massenmedialen oder
eindimensionalen Vermittlungsformen vorzuziehen sind,
bzw. diese unbedingt ergänzen sollten (vgl. Landespräventionskonzept
o.).
In den Jahrgangsstufen bis zur 10. Klasse erscheint uns
zudem eine – zumindest phasenweise und themenabhängige
– geschlechtergetrennte Bearbeitung sinnvoll.
Hier müssen einfach die nicht selten durchaus großen
Unterschiede im Reife- und Erfahrungsgrad zwischen
Mädchen und Jungen einer Jahrgangsstufe Berücksichtigung
fi nden. In Anwesenheit des anderen Geschlechtes
fällt es manchmal schwerer, in offene und ehrliche Kommunikationsprozesse
hineinzufi nden.
Erst recht, wenn die eigene Identitätsfi ndung (Wer bin
ich? Was mag ich? Was mag ich nicht? …) noch in vollem
Gange ist. Dennoch sind angesichts der mehrheitlich
heterosexuellen Orientierungen Erfahrungen gelingender
Kommunikation zwischen den Geschlechtern unentbehrlich
und nicht zuletzt besonders wichtig für die Verabredung
von Verhütungsmethoden, für die Durchsetzung
individueller Schutzbedürfnisse.
Verstärkt wird der Trend zu problematischer bzw. nicht
erfolgreicher Face-to-face-Kommunikation durch die rasante
Nutzung der neuen Medien zur Kontaktanbahnung
oder für Verabredungen. Die anfängliche Anonymität wird
einerseits sehr geschätzt, aber andererseits auch zunehmend
missbraucht. Der Ansatz, kommunikative Kompetenzen
zu fördern, wird aus unserer Sicht immer wichtiger
(vgl. o.).
Es bleibt dabei, Emanzipation, Selbstbewusstsein und
–bestimmung mit sozialer Verantwortung und solidarischem
Handeln in Einklang zu bringen, ist eine zentrale
Aufgabe von Erziehung, (Aus-) Bildung und Präventionsarbeit.
Prävention in Zahlen:
Durch Veranstaltungen im Sektor Youthwork und Präventionsveranstaltungen
in der Allgemeinbevölkerung
konnten wir im Berichtsjahr 2015 3.540 Personen mit
personalkommunikativen Formen erreichen, davon 169
sog. Multiplikator/innen (Lehrkräfte und sonstige Pädagog/innen
sowie ehrenamtliche Mitarbeiter/innen). Allein
im schulischen Bereich (-> Youthwork-Angebote) erreichten
wir in 14 Schulen des Kreises Wesel und elf Schulen
der Stadt Duisburg 966 Jugendliche aus allen Schulformen,
299 in außerschulischen Zusammenhängen
wie offener Jugendarbeit u.a. und 1.925 Jugendliche im
Rahmen von personalkommunikativen Formen bei Großveranstaltungen
(wie z.B. bei Veranstaltungen zum Welt-
AIDS-Tag). 34,5 % der jungen Menschen kamen aus
76 Zielgruppenspezifische Prävention
dem Alterssegment zwischen 14 und 17 Jahren, 21,7 %
der Jugendlichen hatten einen Migrationshintergrund (s.
auch Controlling-Daten für 2015 im Anhang).
5.6.3 (Präventions-) Veranstaltungen für Jugendliche
und Multiplikatoren
Erfreulich war auch in diesem Berichtszeitraum erneut die
Nachfrage nach Präventionsberatungen von Schüler*innen,
die für Fach- oder Projektarbeiten unseren Rat
suchten. Dies ist gewiss auch als Zeichen zu deuten,
dass die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. bei vielen
Schulen als gute und wichtige Anlaufstelle bekannt ist.
Über das direkte Aufsuchen lassen sich im Übrigen leicht
denkbare Schwellenprobleme abbauen. Zudem können
wir hierüber natürlich auch unsere Youthwork-Angebote
bekannt machen.
Aus dem Bereich berufsbildender Einrichtungen (z.B.
Berufskollegs, insbesondere der Sektor der sog. Berufsgrundschuljahre)
gab es im Berichtsjahr leicht rückläufige
Anfragen zu vermerken. Hier finden wir in der Regel
wichtige Zielgruppen; Jugendliche im Alter zwischen 16
und 25 Jahren, die oftmals problembehaftete Sozialisationen
und einen geringen Grad an Aufklärungsniveau
(z.T. auch migrationsbedingt) aufweisen.
Bis auf einzelne Ausnahmen – vorwiegend im Zusammenhang
mit schulischen Projekttagen und im Umfeld
des Welt-AIDS-Tages – sind direkte Kooperationen mit
Einrichtungen der offenen Jugendarbeit eher selten.
Dass wir hier allerdings auch keine Offensiven starten
konnten, hat unsererseits einfach mit Kapazitätsgrenzen
zu tun.
Dazu führen wir u.a. alljährlich intensive Grundlagenausbildungen
(s. 6.) im Verbund mit drei anderen Ruhrgebiets-AIDS-Hilfen
durch, um darüber einerseits den
Ehrenamtler*innen eine Möglichkeit zu bieten, ein Einsatzfeld
zu finden, dass ihren Ressourcen, Fähigkeiten
und Neigungen entspricht und andererseits sie gemäß
unserer Qualitätsstandards auszubilden und zu rüsten
sowie die vorhandene Motivation zu stärken. Es spricht
vieles dafür, ehrenamtliche Ressourcen gerade auch im
Bereich der (Primär-) Präventionsarbeit weiter zu mobilisieren
und zu qualifizieren, z.B. für den peer-to-peer-
Ansatz. Die aktiven Ehrenamtler*innen sind unsere wichtigste
Ressource und die wichtigsten Multiplikator/innen.
Eine weitere ganz wichtige Gruppe von potentiellen Multiplikator*innen
sind in diesem Präventionsfeld natürlich
die Lehrenden in schulischen und außerschulischen
Einrichtungen. Die Anfragen nach Lehrerfortbildungen
im Hinblick auf und im Vorfeld von Projektformen stagnieren
auf sehr niedrigem Niveau. Dies hat unter anderem
mit den vielfältigen Veränderungen im Schulbereich mit
erheblichen Zusatzbelastungen für die Lehrkräfte zu tun.
Fortbildungen, die mit Unterrichtsausfall verbunden sind,
sind nicht leicht zu installieren. Dies hat auch damit zu
tun, dass wir überwiegend bei z.T. schon sehr lange etablierten
Projekten agieren und hier nicht mehr viel Überzeugungsarbeit
leisten müssen. Darüber hinaus wirkt
hier in sehr positivem Sinne die alljährliche Fachtagung
des AK Prävention Duisburg in genau diese Richtung
(s.u.). Natürlich wäre eine Ausweitung des Angebotes
(s.o.) wünschenswert, aber wir sind nach wie vor froh,
wenn wir mit unseren begrenzten Ressourcen die Nachfragen
weitestgehend bedienen können.
5.6.4 Multiplikatoren- und Erwachsenenbildung
Wie bereits erwähnt, investiert die AIDS-Hilfe Duisburg
/ Kreis Wesel e.V. viel in die Aus- und Weiterbildung
ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, ohne die einfach
die Vielzahl an Anfragen auch aus diesem Präventionsfeld
nicht befriedigt werden könnten. Dies ist und
bleibt eine wichtige Aufgabe, der wir uns gerne widmen.
Das Themenspektrum reicht hier von der Präsentation
des aktuellen Wissensstandes zu HIV und AIDS über die
epidemiologische Entwicklung und daraus resultierender
Präventionskonsequenzen und –strategien bis hin zu Aspekten
spezieller Fortbildung im Feld der Kommunikation,
wie Gesprächsführung und Moderation.
77
Ein zentrales Anliegen ist es, die Präventionsthemen und
die damit verbundenen Ziele an Schulen und in außerschulischen
(Jugend-) Einrichtungen möglichst ganzjährig
zu platzieren. Geschulte Pädagog*innen, Erzieher*innen
oder Sozialarbeiter*innen und –pädagog*innen
sollten diese repräsentieren, zumindest mit Verweisungskompetenzen
ausgestattet sein und als Ansprechpartner*innen
für die Jugendlichen bekannt sein / werden.
Gut angenommen wurde hier wieder die im Berichtsjahr
angebotene 15. Fachtagung des Präventions-Vernetzungskreises
Duisburg am 22. September. In diesem
Jahr hat sich der AK ganz bewusst der sexualpädagogischen
Debatte (s.o.) gestellt. Unter dem Titel „Sex – (k)
ein Thema in der Schule?“ befassten sich über 40 Teilnehmer*innen
schwerpunktmäßig mit Aspekten des sexuellen
Mißbrauchs, den Ansätzen der Sexualpädagogik
der Duisburger Einrichtungen (AIDS-Hilfe, SchLAu und
pro familia).
diesem Tätigkeitsfeld bewährt sich das „3-Säulen-Modell
AIDS-Hilfe“ mit der Verbindung von Selbsthilfe-, Interessen-
und Fachverband sowie der Ansatz der Strukturellen
Prävention immer wieder aufs Neue.
Vereinzelt tauchen auch –wieder- Anfragen aus dem Bereich
der Altenpfl egeseminare auf, was uns sehr erfreut,
weil es doch zeigt, dass immer mehr Menschen mit HIV
auch hier in Erscheinung treten, da sie immer Chancen
auf ein Älterwerden haben.
Und auch das große Jahresthema – die Flüchtlingswelle
– kommt allmählich bei uns an. Hier gab es neben einzelnen
Begleitungsfällen auch erste Fortbildungsanfragen
von Teams aus zentralen Unterbringungseinheiten (ZUE)
oder Notunterkünften, Wünsche nach Infomaterialien
und Kondomen, die wir gerne bedienen.
Abgerundet wurde die Fachtagung –wie immer- durch
einen wissenschaftlichen Vortrag, diesmal zum Thema
„Standards für die Sexualaufklärung in Europa“, vorgestellt
durch Frau Laura Brockschmidt, der Referentin im
WHO Kollaborationszentrum für sexuelle und reproduktive
Gesundheit der BZgA.
Neben inhaltlichen Anregungen und methodischen Zugangsformen
dient die Fachtagung immer auch dem Ziel,
die Präventionsinfrastruktur in Duisburg kennen lernen
zu können.
5.6.5 Berufsspezifische Erwachsenenbildung
Hier sind im Wesentlichen Fortbildungsveranstaltungen
in Krankenpfl egeschulen, bei sonstigen Pflegeanbietern
und im medizinischen Versorgungssystem
verortet. Insbesondere bei den Krankenpfl egeschulen
unserer Region verzeichnen wir sehr stabile Nachfragen
und hocherfreuliche Rückmeldungen. Insbesondere
wird geschätzt, dass wir von der medizinischen Seite
bis zu den Tiefen im psychosozialen Bereich die ganze
Bandbreite des komplexen Themenfeldes rund um das
Phänomen „HIV / AIDS und andere sexuell übertragbare
Krankheiten“ abdecken können. Nicht zuletzt auch in
78 Zielgruppenspezifische Prävention
5.6.6 Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten
Anzuführen sind hier für den Stelleninhaber :
• Beteiligung an der Grundlagenausbildung für Ehrenamtler*innen in der Ruhrgebietsvernetzung der AIDS-Hilfen
• Präventionsvernetzungsarbeit im Kreis Wesel und Duisburg
• Vertretung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. bei den NRW-Youthworker-Arbeitskreisen und dem
Youthwork-Qualitätszirkel sowie im Sprecherkreis der NRW Youthworker*innen
• Evaluation und Qualitätssicherung – Fortführung des Verfahrens beim Youthwork-Förderprogramm-Controlling
MGEPA, NRW – seit 2013 der landesweiten Datenerhebung über die AG Aidsprävention
• Beratung / Information für Zeitungs- TV- und Radio-Redaktionen sowie für politische Entscheidungsträger
• Koordinierung von haupt- und ehrenamtlichen Einsätzen bei Informations- und Präventionsprojekten
• Einarbeitung in und Bereitstellung von Materialien für Lehrende und Multiplikator*innen
• Beratung von pädagogischen Fachkräften bzgl. der Unterrichts- oder Projektgestaltung zum Thema HIV /
AIDS und anderer STI`s
• Telefonische und persönliche Informations- und Beratungsgespräche
• E-mail Beratung
• Unterstützung von Jugendvertretungs- und Schülerzeitungsredakteur*innen
• Geschäftsführung
• u.a.m. (Vgl. 4. Öffentlichkeitsarbeit)
Abb.: Veranstaltungsverteilung nach Arbeitsfeldern
79
5.7. SchLAu Duisburg
SchLAu Duisburg
Seit 2014 ist die AIDS-Hilfe Duisburg Kreis Wesel e.V.
Träger des ehrenamtlichen Projektes SchLAu. SchLAu
steht für Schwul Lesbisch Bi Inter Trans* Aufklärung
durch welche wir nachhaltige Antidiskriminierung in Duisburg
erreichen wollen.
Beschreibung
SchLAu steht für Schwul Lesbisch Bi Inter Trans* Aufklärung
durch lokale Aufklärungsgruppen aus ganz Nordrhein-Westfalen.
Die SchLAu Duisburg Gruppe besucht
ehrenamtlich Schulen, Jugendzentren und andere Bildungseinrichtungen
in Duisburg und Umgebung.
Im Zentrum von SchLAu steht die Begegnung zwischen
Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Lesben,
Schwulen, Bi- , Intersexuellen und Trans*. Die dahinterstehende
Idee ist, dass Vorurteile und Klischees durch
die direkte Begegnung wirkungsvoll hinterfragt und abgebaut
werden können. Wir möchten die Jugendlichen
mit Lesben, Schwulen, Bi-, Intersexuellen und Trans* ins
Gespräch bringen:
„Damit nicht mehr über uns geredet wird, sondern
mit uns!“
Denn noch immer zeigen Studien in trauriger Regelmäßigkeit,
dass Homo- und Transphobie feste Bestandteile
in Klassenräumen, Freizeiteinrichtungen und auf Schulhöfen
sind. Manchmal entsteht so ein Klima gegenseitiger
Feindseligkeit, unter dem nicht nur homo- und bisexuelle
sowie inter- und transgeschlechtliche Jugendliche
leiden, sondern das alle betrifft. SchLAu-Workshops thematisieren
diese Diskriminierungsmechanismen, geben
authentische Einblicke in gleichgeschlechtliche Lebensweisen
und vermitteln Akzeptanz gegenüber der Vielfalt
menschlicher Lebensentwürfe.
SchLAu Duisburg leistet damit einen grundlegenden
Beitrag zu nachhaltiger Antidiskriminierung, effektiver
Gewaltprävention und demokratischer Menschenrechtsbildung.
Denn unsere Vision ist eine Gesellschaft ohne
Ausgrenzung, Homophobie und Transphobie.
Kooperation mit dem Träger
SchLAu Duisburg agiert weitgehend eigenständig, bedarf
aber eines Trägers. Die AIDS-Hilfe Duisburg Kreis Wesel
e.V. stellt sich dazu gern zur Verfügung. SchLAu erhält
administrative Unterstützung sowie Sach-Unterstützung
z.B. einen Arbeitsplatz, Zugriff auf Materialien und personelle
Unterstützung durch einen Mitarbeiter. Die Zusammenarbeit
und das Verhältnis der beiden Institutionen
wird durch eine Kooperationsvereinbarung geregelt.
Einsätze
Im Berichtsjahr 2015 konnten die wachsenden Anfragen
von verschiedenen Schulen aus unserem Zustän-
80 Zielgruppenspezifische Prävention
digkeitsgebiet leider nur noch in sehr begrenztem Maße
bedient werden, da es nicht gelingen konnte, ein Team
von ehrenamtlichen Trainer*innen zu gewinnen, die zu
den angefragten Zeiten, also vormittags, Zeit für die Einsätze
gehabt hätten. Bis auf wenige Ausnahmen konnte
SchLAu Duisburg nur noch im Rahmen der Sexualpädagogischen
Stadt-Rallye (s. 5.6.) workshops durchführen.
Kooperation: Sexualpädagogische Stadtrallye
Zusammen mit den Partnern erreichte SchLAu Duisburg
im spielerischen Wettbewerb Schülerinnen und Schüler
verschiedenster Schulformen aus dem gesamten Stadtgebiet.
Die Rallye bietet als Rahmen einen sehr niedrigschwelligen
und zeitlich engbegrenzten Zugang, der in
weiterführenden Workshops bei Bedarf vertieft werden
kann. Dieses innovative Projekt wurde in 2015 auch ohne
weitere Bewerbung sehr gut nachgefragt.
244 junge Menschen wurden durch Workshops erreicht,
davon 118 männlich, 126 weiblich und 162 Jugendliche
mit erkennbarem Migrationshintergrund.
Vernetzung
SchLAu Duisburg ist Teil des landesweiten Netzwerkes
SchLAu NRW, getragen vom Schwulen Netzwerk NRW
e.V. Die Landesstruktur steht im Kontakt zur Landespolitik
und den fördernden Ministerien. Schulungen und Dokumentation
zählen zu den dortigen Aufgaben, wie auch
die bundesweite Vernetzung.
Trotz dieser guten Einbindung in landesweite Strukturen
hat sich im Berichtsjahr deutlich gezeigt, dass der Aufbau
und die Koordinierung einer örtlichen Struktur ohne
hauptamtliche Ressourcen kaum zu leisten ist.
81
6. Ehrenamtliche Mitarbeit
6.1. Begleitung der ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen
Im Berichtsjahr waren als Kern 26 Personen ehrenamtlich
für die AIDS-Hilfe tätig. Punktuell, wie zum Beispiel im
Rahmen der CSD-Saison oder beim WAT beteiligen
sich weitere interessierte Menschen an unserer Arbeit
und unterstützen uns tatkräftig. Insgesamt waren mehr
ehrenamtlich Mitarbeitende als im Vorjahr für uns tätig,
was u.a. daran liegt, dass sich die Herzenslust-Gruppe
neu formiert hat.
Das ehrenamtliche Engagement ist für das Angebot der
AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V. weiterhin überaus
wichtig. Ohne die freiwilligen Mitarbeiter*nnen könnten
wir unser umfangreiches Angebot nicht aufrechterhalten.
Daher an dieser Stelle unser großer Dank für den
unermüdlichen Einsatz und die vielen unentgeltlich
geleisteten Stunden der ehrenamtlichen Mitarbeiter*i
nnen.
Im Berichtsjahr konnte die im Vorjahr in Angriff genommene
Modifi zierung unseres Ehrenamtlerkonzeptes
vorangetrieben werden. Da dies allerdings stets den
laufenden Entwicklungen angepasst werden soll, wird es
keinen abschließenden Stand geben. Angepasst und neu
formuliert ist aber die Rubrik auf der Homepage (s. www.
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de/ Button: Ehrenamt).
Die AIDS-Hilfe bietet vielfältige Aufgabengebiete, in denen
sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen engagieren
können. Diese umfassen die Begleitung, Knastarbeit,
Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit, Herzenslust,
Telefon- und E-Mail-Beratung, Chat-Beratung,
Vorstandsarbeit, Mittwochs-Café, Freitagsfrühstück,
Substitutionsfrühstück und Weihnachtsfeier. Einige
ehrenamtliche Mitarbeiter*innen arbeiten in mehreren
Bereichen, andere haben sich spezielle Aufgabengebiete
gesucht, so zum Beispiel das Freitagsfrühstück.
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen sind in den
unterschiedlichsten Berufen aktiv, sind HIV-negativ oder
HIV-positiv, setzen sich aus Frauen und Männern aus
allen sozialen Lebensbereichen zusammen und stammen
aus den unterschiedlichsten politischen Richtungen. Dies
bedeutet für die Arbeit der AIDS-Hilfe einen enormen
Erfahrungsschatz, der in unsere Arbeit mit einfl ießt.
Eine Möglichkeit des Austausches bietet weiterhin unser
Mittwochs-Café (siehe auch Punkt 3.5). Hier ist der
zentrale Anlaufpunkt, um sich mit Betroffenen zu treffen
oder sich untereinander oder mit den hauptamtlich
Tätigen auszutauschen.
Mit unserem traditionellen Dezember-Aktiventreffen
dankte die AIDS-Hilfe den ehrenamtlich Mitarbeitenden.
Zu einem leckeren Buffet richtete das hauptamtliche
Team den Gruppenraum gemütlich her. In stilvoller
Atmosphäre und geselliger Runde fand in unserem Café
der Abend statt. Wie in den Vorjahren konnten wir uns
bei ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
für ihre Tätigkeit im abgelaufenen Jahr und auch bei
den Veranstaltungen zum WAT bedanken. Unter den
Anwesenden fand ein reger Austausch statt.
Gute Gespräche bei vorweihnachtlicher Atmosphäre –
unser Danke schön! – Sonder-Aktiven-Treffen
6.2. Schulung und Fortbildungen für ehrenamtliche
Mitarbeiter*innen
Im Berichtsjahr fand erstmalig keine Schulung für
ehrenamtliche Mitarbeiter*innen in Vernetzung mit den
AIDS-Hilfen Bochum, Essen und Oberhausen statt.
82 Zielgruppenspezifische Prävention
Vor dem Hintergrund des hohen Ressourceneinsatzes
von hauptamtlichen Trainer*innen sollte ein modifiziertes
Konzept mit einer Basisschulung über den Dachverband
der DAH und aufbauenden Modulen in den Aidshilfen
entstehen. Das Gerüst dazu konnte entwickelt
werden, allerdings stockte der Prozess als unser
Ehrenamtskoordinator, Ralf Runniger, seine Tätigkeit bei
uns beendete und leider fand sich im Berichtsjahr kein(e)
Nachfolger(in).
Im kommenden Jahr soll ein neuer Anlauf erfolgen.
So müssen wir zurzeit für die Einsteigerschulungen auf
die Verbandsangebote verweisen, können aber natürlich
unsere spezifischen AIDS-Hilfe Bedarfe in verschiedenen
Formen in der Regel auch intern abdecken. Die großen
Synergien sind aber zunächst mal weg.
6. 3 Externe Fortbildungen
Weiterhin besteht in unserer Einrichtung ein
Fortbildungsetat für ehrenamtliche und hauptamtliche
Mitarbeiter*innen. Nicht nur im eigentlichen HIV/AIDS-
Bereich, sondern auch bei anderen sexuell übertragbaren
Krankheiten und in der Sozialgesetzgebung ergeben
sich immer schneller Veränderungen. Fortwährende
Weiterbildungen garantieren somit eine kompetente und
aktuelle Beratung und daraus resultierend entsprechende
Qualitätssicherung.
Wir bedanken uns abschließend an dieser Stelle für das
enorme freiwillige Engagement und die vielen Stunden
ehrenamtlicher Arbeit bei unserem „EA-Team“!
83
Controlling-Daten für das Kalenderjahr 2015 -
Verteilung nach Arbeitsfeldern
1. Unmittelbare Kontakte im Berichtsjahr 2015 durch Maßnahmen primärpräventiver
Zielsetzung (personalkommunikativ) :
Gesamt 14.222
Davon im Arbeitsbereich :
1.1. Youthwork u. Prävention in der Allgemeinbevölkerung
Gesamt: 3540 ( 24,9 %)
Davon männlich 1647
Davon weiblich 1893
Mit erkennbarem Migrationshintergrund 769
Ohne erkennbaren Migr.hintergrund 2771
Bis 21 Jahre 2120
Über 21 Jahre 1420
1.2. Beratung (persönlich, telefonisch, inkl. bundesweite Telefonberatung u.per
e-mail)
Gesamt : 1587 (11.2 %)
Davon männlich 1188
Davon weiblich 399
Mit Migrationshintergrund 313
Ohne Migrationshintergrund 1274
Bis 21 Jahre 72
Ab 22 Jahre 1515
1.3 Frauen (inkl. überregionale Aktionen i. R. der Landesarbeitsgemeinschaft; AG
XXelle-Ruhrgebiet , …)
Gesamt : (100% weiblich) 1012 ( 7,2 %)
Mit Migrationshintergrund 607
Ohne Migrationshintergrund 405
Bis 21 Jahre 51
Ab 22 Jahre 961
1.4 Migration (in 2015 subsumiert in Beratung 1.2, Frauen 1.3 u. YW 1.1)
Gesamt :
Davon männlich
Davon weiblich
Bis 21 Jahre
Ab 22 Jahre
84 Anhang / Pressespiegel
1.5 Herzenslust regional (inkl. Beratung & Test, CSD Duisburg-Veranstaltungen,
queer-life, Parties, …)
Gesamt : 1760 (12,3 %)
Davon männlich: 1480
Davon weiblich 280
Mit Migrationshintergrund 521
Ohne Migrationshintergrund 1239
Bis 21 Jahre 375
Ab 22 Jahre 1385
1.6 Herzenslust (Knotenpunktarbeit im Ruhrgebiet, fast vollständig über ZSP-Landes
mittel gefördert)
(inkl. Gay-online-Beratung über Health-Support-Profile, CSDs Köln und Essen)
Gesamt : 1238 (8.7 %)
Davon männlich 1158
Davon weiblich 80
Mit Migrationshintergrund 367
Ohne Migrationshintergrund 971
Bis 21 Jahre 350
Ab 22 Jahre 888
1.7. SchLAu Duisburg (seit 06/2013 in Trägerschaft der AIDS-Hilfe)
Gesamt: 244 (1,7 %)
Davon männlich: 118
Davon weiblich: 126
Mit Migrationshintergrund: 162
Ohne Migrationshintergrund: 82
Bis 21 Jahre: 238
Ab 22 Jahre: 6
1.8. Justizvollzug („Knastarbeit“) (JVA Du-Hamborn mit Zweigstelle Dinslaken)
Gesamt : (alle über 21 Jahre!) 415 (2,9 %)
Davon männlich 126
Davon weiblich 289
Mit Migrationshintergrund 116
Ohne Migrationshintergrund 299
1.9. Drogen (allgemeine und zielgruppenspezifische Präventionsarbeit d. AH)
Gesamt : 1300 (9,1 %)
Davon männlich 984
Davon weiblich 316
Mit Migrationshintergrund 310
Ohne Migrationshintergrund 990
Bis 21 Jahre 37
Ab 22 Jahre 1263
85
1.10. Spritzentausch (über persönlichen Kontakt, ohne Automaten in Du. u. Wesel)
Gesamt : 626 (4,4 %)
Davon männlich 522
Davon weiblich 104
Mit Migrationshintergrund 273
Ohne Migrationshintergrund 353
Bis 21 Jahre 20
Ab 22 Jahre 606
1.11. Substitution (an Wochenenden und Feiertagen in Duisburg)
Gesamt : 2500 (17,6 %)
Davon männlich 1640
Davon weiblich 860
Mit Migrationshintergrund 250
Ohne Migrationshintergrund 1250
Bis 21 Jahre 200
Ab 22 Jahre 2300
2. Unmittelbare Kontakte im Berichtsjahr 2015 durch Maßnahmen sekundär- und tertiärer
Zielsetzung (personalkommunikativ)
Gesamt : 2.938
2.1 (Psychosoziale-) Begleitung
Gesamt : 2451 (83,5 %)
Davon männlich 1704
Davon weiblich 747
Mit Migrationshintergrund 772
Ohne Migrationshintergrund 1679
Bis 21 Jahre 7
Ab 22 Jahre 2444
2.2 Beratung (für 2015 in 2.1. PSB integriert)
Gesamt :
Davon männlich
Davon weiblich
Mit Migrationshintergrund
Ohne Migrationshintergrund
Bis 21 Jahre
Ab 22 Jahre
86 Anhang / Pressespiegel
2.3 Justizvollzug
Gesamt : 6 (0,2 %)
Davon männlich 6
Davon weiblich 0
Mit Migrationshintergrund 6
Ohne Migrationshintergrund 0
Ab 22 Jahre (alle!) 6
2.4 Frauen
Gesamt : 428 (14,6 %)
Mit Migrationshintergrund 385
Ohne Migrationshintergrund 43
Bis 21 Jahre 0
Ab 22 Jahre 428
2.5 Migration (s. 2.1. Begleitung und 2.4. Frauen)
2.6 Drogen
Gesamt: 45 (1,4 %)
Davon männlich 45
Davon weiblich 0
Mit Migrationshintergrund 0
Ohne Migrationshintergrund 45
Bis 21 Jahre 0
Ab 22 Jahre (alle!) 45
2.6 Youthwork (hier nur Personen! mit i.d.R. mehreren Kontakten!)
Gesamt : 8 (0,3 %)
Davon männlich 7
Davon weiblich 1
Mit Migrationshintergrund 1
Ohne Migrationshintergrund 7
Bis 21 Jahre 2
Ab 22 Jahre 6
87
88 Anhang / Pressespiegel
89
90 Anhang / Pressespiegel
91
92 Anhang / Pressespiegel
93
94 Anhang / Pressespiegel
95
96 Anhang / Pressespiegel
97
98 Anhang / Pressespiegel
99
100