Berlin to go, Ausgabe 2.2016
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STARTUP<br />
ARTGUARDIAN: SCHUTZENGEL<br />
FÜR KUNSTSCHÄTZE<br />
Kunst sicher transportieren und präsentieren – Die Hightech-Sensoren von ArtGuardian<br />
schützen Wertvolles<br />
Ungünstige Umgebungsbedingungen wie UV-Strahlung oder<br />
starke Temperaturschwankungen beschleunigen den Verfall<br />
empfindlicher Kunstwerke. Um Schäden zu vermeiden, lautet<br />
die Devise: vorbeugen statt heilen. Damit Kunst- und Kulturobjekte<br />
unter optimalen klimatischen Bedingungen ausgestellt<br />
und transportiert werden können, kommt Technik aus <strong>Berlin</strong><br />
zum Einsatz: Das innovative Sensorsystem der ArtGuardian<br />
GmbH misst Klimadaten direkt am Bild und funkt sie weiter.<br />
Dürer-Hasen blieb der Sprung nach Asien aus konserva<strong>to</strong>rischen<br />
Gründen verwehrt. Doch inzwischen können Museen,<br />
private Sammler und Corporate Collections dank der <strong>Berlin</strong>er<br />
Entwicklung Kunstwerke sicher präsentieren und als Leihgaben<br />
in alle Welt schicken: So war – ausgestattet mit dem Art-<br />
Guardian-System – von Ende 2014 bis Mitte 2015 Rembrandts<br />
„Jakobssegen“, der zum Bestand der Museumslandschaft Hessen<br />
Kassel gehört, in London und Amsterdam ausgestellt. Und<br />
Restaura<strong>to</strong>r Johannes Noack überwacht aktuell von <strong>Berlin</strong> aus<br />
ein Gemälde von Sigmar Polke, das in einer Ausstellung im<br />
Palazzo Grassi in Venedig zu sehen ist.<br />
Viele Kunstwerke sind empfindlich und müssen gegen Temperaturschwankungen<br />
geschützt werden.<br />
Es begann mit dem berühmtesten Hasen der Welt: 2007 wollte<br />
die Albertina in Wien den „Feldhasen“ von Albrecht Dürer nach<br />
Asien verleihen und fragte sich, wie viel Licht das kostbare<br />
Bild vertragen würde, ohne Schaden zu nehmen. Das Museum<br />
wandte sich Hilfe suchend an das Fraunhofer Institut für<br />
Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) in <strong>Berlin</strong>, an dem<br />
Dr. Stephan Gut<strong>to</strong>wski an der Entwicklung sehr kleiner Sensoren<br />
forschte. „Ich erzählte Johannes Noack, Restaura<strong>to</strong>r am<br />
Museum Hamburger Bahnhof, davon. Als auch er sagte: ‚gute<br />
Idee, unbedingt machen‘ nahm das Projekt – die Entwicklung<br />
eines Gerätes zur Klimamessung direkt am Kunstwerk – konkrete<br />
Formen an“, erinnert sich der promovierte Elektrotechniker.<br />
Als die Finanzierung stand, tüftelten ab 2011 neben dem<br />
IZM weitere Fraunhofer-Institute und Partner wie das Rathgen-Forschungsinstitut<br />
an dem neuartigen Sensorsystem. Drei<br />
Jahre später wurde aus dem Forschungsprojekt eine Firma: Die<br />
Fraunhofer-Mitarbeiter Dr. Stephan Gut<strong>to</strong>wski, Jan Hefer und Dr.<br />
Volker Zurwehn gründeten die ArtGuardian GmbH.<br />
„Wenn Klimaschwankungen auftreten, beginnen die unterschiedlichen<br />
Materialien, aus denen ein Kunstwerk besteht,<br />
oft gegeneinander zu arbeiten – dann wird zum Beispiel die<br />
Farbe auf der Leinwand brüchig und platzt ab“, beschreibt<br />
Stephan Gut<strong>to</strong>wski den Alptraum jedes Restaura<strong>to</strong>rs. Dem<br />
Wie funktioniert das Hightech-System, für dessen Entwicklung<br />
die Fraunhofer Gesellschaft 2,8 Mio. Euro vorgestreckt<br />
hat? „Sehr flache Sensoren, die über ein Clipsystem fest an<br />
der Bildrückseite angebracht sind, messen nons<strong>to</strong>p Klimadaten<br />
wie Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Auch Lichtintensität<br />
oder Bewegung sind Teil der Messdaten – damit bietet<br />
ArtGuardian zusätzlich einen Schutz vor Diebstahl“, erläutert<br />
Geschäftsführer Gut<strong>to</strong>wski. Die Daten werden an eine<br />
Basisstation gefunkt und von dort an eine webbasierte Informations-<br />
und Kommunikationsplattform übermittelt. Nach<br />
dem Login lässt sich in Echtzeit überprüfen, welchen Bedingungen<br />
das Kunstwerk vor Ort ausgesetzt ist. Mittlerweile<br />
wurde der Kunst-Schutzengel weiterentwickelt und funktioniert<br />
nicht nur am Rahmen eines Gemäldes, sondern auch<br />
in einem sogenannten Klimaschutzumschlag, in Vitrinen und<br />
in Archivschränken. „So kann ArtGuardian auch Textilien,<br />
Musikinstrumente, Bücher und sogar Mumien überwachen“,<br />
sagt Stephan Gut<strong>to</strong>wski. In Zukunft soll die designprämierte<br />
Technik nicht nur in Europa zum Einsatz kommen: Momentan<br />
laufen weltweite Zulassungstests. es<br />
www.artguardian.com<br />
Der Sensor von ArtGuardian weist auf Klimaschwankungen hin.<br />
Fo<strong>to</strong>s: 2p2play / Shutters<strong>to</strong>ck.com, Janine Escher<br />
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