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sowas-am-Laufen“-Affären sind genauso paradox wie<br />
die Ansprüche, die wir ans Leben haben: In ihnen<br />
steht das Individuum vor der Partnerschaft, sie geben<br />
uns Raum zur Selbstverwirklichung und gleichzeitig<br />
Sicherheit, weil immer alleine einschlafen auf Dauer<br />
auch nicht glücklich macht.<br />
ANPASSUNG<br />
Stabilität und Sicherheit wünschen wir uns nämlich<br />
sehr, wie immer mehr Studien beweisen. Wir schweben<br />
in einem ständigen Widerspruch zwischen Freiheitsliebe<br />
und Sicherheitsbegehren und können uns<br />
nicht entscheiden, ob wir lieber Neo-Spießer sind<br />
oder Konservatismus doch doof finden. Im Alltag sind<br />
wir so mit uns selbst und all unseren Möglichkeiten<br />
beschäftigt, dass wir gegen nichts mehr aufbegehren<br />
oder rebellieren. Jugendkulturen sterben aus, obwohl<br />
wir, wenn wir wollten, jeden Tag jemand anderen darstellen<br />
könnten, Normcore aber einfacher finden.<br />
Nicht umsonst ist der Hipster, die letzte große<br />
Jugendkultur der vergangenen Jahre, Mainstream geworden.<br />
Der dazugehörige Duden-Eintrag ist in etwa<br />
so präzise wie eine Scheibe labbriges Brot: „Jemand,<br />
der über alles, was modern ist, Bescheid weiß, in alles<br />
Moderne eingeweiht ist“. Das klingt neugierig – aber<br />
auch angepasst, weichgespült und kompromissbereit<br />
und heftig nach Konsum. Der rebellische, provokante<br />
Charakter vorheriger Jugendkulturen fehlt völlig und<br />
mit dem klischeehaften Bild des Hipsters will sich eigentlich<br />
niemand mehr identifizieren, es taugt höchstens<br />
noch zum Spott.<br />
Trotzdem erwischen wir uns dabei, wie die neue<br />
Bio-Matcha-Mate (#leidergeil) Instagram-Inhalt wird<br />
und nicht die politische Lage in Europa. Wir twittern<br />
höchstens mal ein politisches Statement, zur Demo<br />
möchten wir aber lieber nicht gehen. Wir bauen uns<br />
eine heile virtuelle Welt, um uns von der unsicheren<br />
Realität abzulenken, versuchen nicht, sie zu verändern.<br />
Wir könnten alles sein, wenn wir uns nur mal<br />
auf etwas festlegen würden. Eine ganze Generation,<br />
geeint in der Suche nach der eigenen Wichtigkeit und<br />
dem tieferen Lebenssinn. Alte Strukturen aufgebrochen,<br />
neue Strukturen noch nicht erprobt. Zerrissen<br />
in der Gegensätzlichkeit, die uns ausmacht. #Generationwhy:<br />
So mit dem Hinterfragen beschäftigt, dass<br />
wir vergessen, zu handeln. Angst vor der Zukunft und<br />
trotzdem Bock auf Neues.<br />
ANGST<br />
Ich war sieben, als ich am 11. September 2001 vor dem<br />
Fernseher saß und meine Mama mir erklärte, was ein<br />
Terrorist ist. Ich war 13, als 2007 die Weltwirtschaftskrise<br />
ihren Lauf nahm und mein Papa beim Zeitungslesen<br />
nichts mehr sagte. Ich war 17, als ich im Internet<br />
die Video-Aufnahmen der Explosionen im japanischen<br />
Kernkraftwerk Fukushima sah und anschließend mit<br />
meinen Schulfreunden Spenden sammeln ging.<br />
Gewalt, wirtschaftliche Krisen, Umweltkatastrophen.<br />
mutig<br />
wild<br />
urban<br />
naiv<br />
FOTOS:<br />
broke<br />
hoffnungsvoll<br />
shiny<br />
konsumgeil<br />
Bilder, die um die Welt gingen. Bilder, die uns, Kinder<br />
des digitalen Zeitalters, bis heute begleiten.<br />
Ich bin 21. Terrorismus und Krieg beherrschen<br />
die Nachrichten. Und beides ist näher, als in meinem<br />
ganzen bisherigen Leben. Ungewissheit ist ein Dauerzustand<br />
geworden. Meine Generation sieht einer Zukunft<br />
entgegen, die weder stabil noch friedlich ist. Wir<br />
müssen eine weltweite Flüchtlingskrise bewältigen.<br />
Neuankömmlinge in die Gesellschaft integrieren, in<br />
der wir unseren eigenen Platz noch gar nicht gefunden<br />
haben. Wir müssen gegen einen überraschenden<br />
Rechtsruck in Europa kämpfen, mit einem bröckelnden<br />
Bildungssystem und Umbrüchen in der Arbeitswelt<br />
zurechtkommen. Wir sehen uns mit immer mehr<br />
Menschen im Rentenalter konfrontiert, die versorgt<br />
werden wollen. Mit einer weiter auseinanderklaffenden<br />
Schere zwischen Arm und Reich. Mit internationalen<br />
Konflikten, großflächig angelegtem Terrorismus.<br />
Mit einem zerstörten Ecosystem, Erderwärmung<br />
und knapp werdenden Ressourcen. Wir sehen unsere<br />
Freiheit schwinden und uns eingeengt zwischen<br />
Problemen, die größer scheinen als wir. Der Struggle<br />
ist real.<br />
Es macht mich wütend, wenn von uns behauptet<br />
wird, unsere Generation schwebe sorgenfrei auf rosa<br />
Wölkchen durchs Leben, nur mit den eigenen Problemen<br />
beschäftigt. Oder wenn wir als verweichlicht dargestellt<br />
und unsere Zukunftsängste nicht ernst genommen<br />
werden. Unsere Aufgabe wird es sein, sich<br />
davon nicht lähmen zu lassen, sondern daran zu wachsen<br />
und dagegen anzukämpfen.<br />
ZUKUNFT<br />
Genderequality und Feminismusdebatte, gleichgeschlechtliche<br />
Liebe, kultureller Austausch: Themen,<br />
denen wir Y-Kinder viel offener entgegentreten als<br />
die Generationen vor uns. Wir haben gesellschaftlich<br />
schon viel geschafft und können noch so viel mehr.<br />
Aufwachen, vielleicht mal wieder rebellieren. Den<br />
Blick vom individuellen Wohlergehen abwenden. Die<br />
kollektive und die eigene Freiheit gleichermaßen<br />
verteidigen. Daraus Sicherheit und Stabilität schöpfen<br />
und gesellschaftliche Distanzen überwinden. Beziehungen<br />
zulassen. Im Hier und Jetzt leben, spontan<br />
sein und gleichzeitig zukunftsorientiert. Das<br />
könnten wir.<br />
Denn was wie blinde Naivität und jugendlicher<br />
Optimismus klingt, ist eine Stärke, die wir anderen<br />
voraushaben: Offenheit Neuem gegenüber, Hinterfragen<br />
des Bisherigen, blitzschnelle Anpassung und Optimierung.<br />
Wer in unseren gegensätzlichen Zeiten<br />
aufgewachsen ist, ist Meister im Umgang mit unerprobten<br />
Situationen. Wir sind die, die im 20. Jahrhundert<br />
geboren, aber im 21. Jahrhundert erwachsen<br />
wurden und uns damit von allen anderen Generationen<br />
abgrenzen. Wir schlagen die Brücke in ein neues<br />
Zeitalter. Das Jetzt gehört uns, wir müssen es uns nur<br />
zu eigen machen. Das ist die Generation Y.<br />
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werk6 | Generation Y<br />
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