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Das Paradox als Stilmittel

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ein ganz besonderer – Sinnlichkeit und Übersinnlichkeit, Naturalismus und Formalismus<br />

verbanden sich vorher miteinander in der gleichen Stilperiode nie so innig – (…) Mit dem<br />

Manierismus wird der Stil zum Programm und damit problematisch“ (Hauser 1979: 18ff.).<br />

Problematisch ist der Manierismus in dem Sinne, dass er erstmal nicht einfach eine<br />

Weiterentwicklung der älteren Formen, der Kunstepochen ist, wie die Klassik oder die<br />

Hochrenaissance, sondern der Manierismus greift auf diese Stile zurück, aber erneuert Form<br />

und Inhalt. Er zeigt das erste Mal eine Art Historismus, der aber keiner ist. Hier taucht wieder<br />

das Merkmal des <strong>Paradox</strong>en auf. Die Formen werden übernommen, aber „laufen aus dem<br />

Ruder“, so könnte man es beschreiben. Nur wenn sie sich verändern, ergeben sich auch neue<br />

Formen, dies ist die <strong>Paradox</strong>ie. Damit zeigt der Manierismus auch eine Art Respektlosigkeit<br />

nicht nur gegenüber den Formen der Renaissance, sondern auch ihren künstlerischen Zielen.<br />

Kann eine höhere Stufe des Geistes, des Menschen durch die Kunst der Renaissance erreicht<br />

werden? Objektivität, Rationalität, Regelmäßigkeit, Ordnung, Harmonie und Klarheit prägen<br />

den Stil der Hochrenaissance, diese Eigenschaften sollte auch der Mensch, ja die Welt durch<br />

diese Kunst verinnerlichen. Der Manierismus betrachtet die reale Welt und zweifelt. Die<br />

Unordnung in der Welt, die sich in allen Lebensbereichen vorfindet, widerspricht der<br />

Regelmäßigkeit, Ordnung und Harmonie der Bilderwelten der Klassik. Die Folge ist eine<br />

Antiklassik, deren Bildräume ungeordnet sind wie die Realität. „<strong>Das</strong> für den Antiklassizismus<br />

vorbildliche Kunstwerk setzt sich aus verschiedenen, voneinander mehr oder weniger<br />

unabhängigen und heterogenen Elementen zusammen“ (Hauser 1979: 24). Der Zufall, das<br />

Belanglose wird wieder in den bereinigten Bildraum der Klassik aufgenommen. <strong>Das</strong> Störende<br />

und Verwirrende, das die Klassik aus dem Bildraum verbannte, um sich ganz auf das<br />

„Geistige, Seiende“ zu konzentrieren, wird im Manierismus wieder zugelassen. Im<br />

Manierismus finden die Wirrungen des Lebens ihren künstlerischen Ausdruck. Bei aller<br />

Ordnung wird hier die Unordnung zugelassen, eine weitere <strong>Paradox</strong>ie.<br />

Auch die Formensprache des Manierismus ist bewusst unnatürlich. Die Naturformen werden<br />

in ihrer Darstellung bewusst deformiert, dies ist ein Novum. Diese Umformung kann <strong>als</strong><br />

„Kritik“ verstanden werden. „In diesem Sinne ist der Manierismus (..) der erste durchaus<br />

unnaive, reflexiv bestimmte Stil der abendländischen Kunst (…)“ (Hauser 1979: 28). Er<br />

verlangte sowohl nach einem neuen Künstler-Typus <strong>als</strong> auch nach einer neuen kritischen<br />

Weltbetrachtung. Hier liegt der Grundstein für die weitere Entwicklung der modernen Kunst.<br />

„Die moderne Kunst wiederholte aber nicht nur die manieristische Revolution, sie überbot sie<br />

an Intransigenz, indem sie sich von der natürlichen Wirklichkeit vollkommen lossagte und

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