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für Kinder, Jugendliche<br />
<strong>Kunstheft</strong> und Erwachsene<br />
Ideal Nature Machine<br />
Stefan Waibel
Kunst, Natur und<br />
Künstlichkeit<br />
Wer den Kunstraum in Dornbirn betritt, taucht ein in schillerndes Biotop. Wir erleben eine Art<br />
Wunderland und sind fasziniert von der leuchtenden Vielfalt des ungewöhnlichen Naturraums. Allerlei<br />
Pflanzliches in eigenartigen Formen und Farben begegnet uns. Manche bizarren Gebilde erinnern<br />
zudem an Insekten, Libellen, Falter und allerhand Flugtiere. Wir fühlen uns hineingezogen in diese<br />
andere Welt. Manches bewegt sich wie im Wind, von unbekannter Hand bewegt, es atmet Leben.<br />
Doch nichts von dem, was wir sehen, ist ein Produkt der Natur. Es ist eine Erfindung des Künstlers,<br />
der uns hier eine Natur vorführt, die alles andere als natürlich ist. Die von ihm geschaffenen Objekte<br />
entspringen seiner Phantasie und bestehen aus Aluminium, Eisen, Kunststoffen, Epoxidharz. Sie<br />
sind zum Leben erweckt durch Ventilatoren und ultraviolettes Licht. Der Künstler erzeugt somit mit<br />
Mitteln, die denen der belebten Welt völlig fremd sind, ein begehbares Bild der Natur. Dieser Gegensatz<br />
interessiert den Künstler Stefan Waibel. Immer wieder beschäftigt er sich in seinen Arbeiten<br />
mit dem Verhältnis von Mensch, Technik und Natur. Und allzu oft ist ausgerechnet das, was wir als<br />
„natürlich“ betrachten, dessen Gegenteil. So auch hier: Diese Maschinen, welche die Natur nachempfinden,<br />
verbrauchen viel Energie und Material und wenden sich gleichsam gegen das, was sie<br />
darstellen und abbilden.<br />
Foto: Stefan Waibel<br />
Arbeitsvorschläge<br />
· Beschreibe die einzelnen „Natur“-Objekte. Woran erinnern sie dich?<br />
· Zeichne einzelne Objekte nach. Entwickle dann in weiteren Zeichnungen<br />
eigene, „neue“ Pflanzen- und Tierformen.<br />
· Biege die von dir ausgedachten Formen in Draht nach. Wenn der Raum abgedunkelt<br />
ist, lassen sich mit Hilfe einer Leuchte, es geht auch eine Taschenlampe, die<br />
Gebilde als Schatten vergrößert auf die Wand werfen.<br />
· Nenne Beispiele aus dem Alltag, wo Natur und Mensch, Natur und Technik in einem<br />
starken Gegensatz stehen. Inwiefern kann dies zu einer Bedrohung werden?<br />
· Oftmals wird Natur und Landschaft in Filmen und Computerspielen künstlich<br />
erschaffen. Stelle dies an Bildbeispielen vor und versuche zu erklären, mit welchen<br />
Mitteln gearbeitet wurde.
Magische Welten,<br />
Ideale Welten<br />
Quelle: Bayerische Staatsgemäldesammlungen,<br />
Sammlung Moderne Kunst, Pinakothek der Moderne München<br />
© VG Bild-Kunst, Bonn 2013<br />
Stefan Waibels Rauminstallation erzeugt eine magische, zauberhafte Wirkung und damit einen<br />
geheimnisvollen Reiz. Erlaubt der Künstler uns damit einen Blick in die Zukunft? Der Titel „Ideal<br />
Nature Machine“ verweist mit dem Begriff „ideal“ auf etwas, was bislang nur in unserer Vorstellung<br />
vorhanden ist. Das kann eine Wunschvorstellung sein, das könnte auch eine Bedrohung sein. Es<br />
könnte auch ein ironischer Blick auf das technikgläubige Denken unserer Zeit sein. Maler, Filmemacher<br />
und Schriftsteller erfinden immer wieder neue Vorstellungen von möglichen Welten. So<br />
auch Francis Bacon vor fast 400 Jahren in seinem Text „Neu-Atlantis“ (1638), von dem hier ein<br />
Ausschnitt zu lesen ist.<br />
Max Ernst. Totem und Tabu, 1941<br />
Öl auf Leinwand, 72 x 92 cm<br />
Der Maler Max Ernst (1891 – 1976) schuf<br />
Bilder, die an magische Landschaften<br />
erinnern; durch eine raffinierte Technik<br />
(Verlaufenlassen, Abklatschtechnik u.s.w)<br />
entstanden künstliche Effekte, die an<br />
natürliche Formen erinnern<br />
„Wir haben auch Baumschulen und verschiedenartige große Gärten, in denen uns nicht so sehr die<br />
Schönheit der Spazierwege und ähnlicher Einrichtungen als vielmehr die Verschiedenartigkeit der<br />
Erde und des Bodens, wie sie den einzelnen Bäumen und Pflanzen entspricht, am Herzen liegt. ... In<br />
diesen Gärten machen wir auch Versuche mit Pfropfungen und Inokulationen sowohl von Wald als<br />
auch von Obstbäumen, die volle und große Erträge bringen. ... Wir bringen auch größere Bäume und<br />
Pflanzen hervor, als natürlich ist, größere und süßere Früchte, von ihrer gewöhnlichen Art unterschieden<br />
an Geschmack, Geruch und Farbe ... und auch neue und unbekannte Pflanzen ziehen wir,<br />
die sich von den gewöhnlichen unterscheiden, so wie wir auch Pflanzen aus einer Art in eine andere<br />
umwandeln. Wir haben auch Käfige und Gehege für Säugetiere und Vögel aller Art. Diese halten wir<br />
nicht so sehr ihrer Sonderlichkeit und Seltenheit wegen als zu Sektionen und anatomischen Versuchen,<br />
um dadurch soweit wie möglich auch Einblick in den menschlichen Körper zu gewinnen. Dabei<br />
haben wir viele wunderbare Entdeckungen gemacht, so etwa über die Fortdauer des Lebens, nachdem<br />
einige Teile, die ihr für lebenswichtig haltet, abgestorben sind oder entfernt wurden, über die<br />
Wiederbelebung einiger, die scheintot waren und Ähnliches. Wir machen an diesen Tieren Versuche<br />
mit allen Giften, Gegengiften und anderen Heilmitteln, sowohl auf medizinische als auch auf chirurgische<br />
Weise, um den menschlichen Körper besser schützen zu können. Wir machen auch die einen<br />
künstlich größer und länger, als sie von Natur aus sind, andere wieder umgekehrt zwergenhaft klein<br />
und nehmen ihnen ihre natürliche Gestalt. ... Jedoch tun wir das nicht aufs Geratewohl, sondern wir<br />
wissen genau, welches Tier aus welchem Stoff hervorgebracht werden kann.“<br />
Francis Bacon: Neu-Atlantis 1638<br />
(Textauszug)<br />
Quelle: http://sciencefiction.com/2013/10/24/<br />
throwback-thursday-jurassic-park/Jurassic Parc<br />
Filmstill aus dem Sciencefiction-Film<br />
Jurassic Parc von Steven Spielberg<br />
aus dem Jahr 1993. Hier verwüsten<br />
große Dinos ganze Städte und greifen<br />
Menschen an. Dabei sind die hier<br />
auftretenden Tiere letztlich selbst<br />
Erfindungen von Menschen.<br />
Arbeitsvorschläge<br />
· Welche Vorstellungen wecken die hier gezeigten Bilder und der Text?<br />
Vergleiche es mit der Installation von Stefan Waibel.<br />
· Viele digitale Spiele zeigen uns „ideale Welten“. Nenne, zeige und beschreibe diese.<br />
· Überlegungen zum Text von F. Bacon: Welche Wünsche und Probleme liegen<br />
womöglich zugrunde? Welche technischen Lösungen beschreibt Bacon?<br />
Inwiefern ähneln diese Lösungen den heutigen, inwiefern unterscheiden sie sich<br />
von modernen Ideen?
Maschinenwelten<br />
Quelle: http://reproarte.com/de/bilder/die-zwitschermaschine-detail<br />
Quelle: http://www.erdsaugkraft-fliegschwung.de/<br />
zwitschermaschinen.html<br />
Wie Stefan Waibel beschäftigen sich immer wieder Künstler mit dem Thema „Maschine“ und<br />
„künstliche Welten“. Die hier gezeigten drei Beispiele sind teils humorvolle, teils poetische und<br />
kritische Auseinandersetzungen mit diesem Thema.<br />
Paul Klee (1879 – 1940) schuf mit seinem<br />
kleinen Bild „Die Zwitschermaschine“<br />
(1922) eine humorvolles Werk, das Natur<br />
und Technik auf seine ganz eigene Art<br />
verbindet. Schülerinnen und Schüler<br />
der Paul-Klee-Grundschule in Berlin-<br />
Schöneberg bauten nach dem Vorbild von<br />
Klee eigene „Zwitschermaschinen“; dazu<br />
erfanden sie technische Konstruktionen,<br />
die das Motiv in Bewegung übersetzen.<br />
Quelle: http://www.coolhunting.com/culture/<br />
art-basel-animals.php<br />
Quelle:http://chaplin.bfi.org.uk/<br />
resources/bfi/filmog/film.php?fid=59441<br />
Jean Tinguely (1925 – 1991) erfand<br />
immer wieder neue Maschinen, die<br />
eigentlich keine Funktion hatten. Dazu<br />
gehört auch die tierähnliche Plastik<br />
„Snow White and The Seven Dwarfs (or<br />
The Witches)“ aus dem Jahr 1985, die<br />
mit einem Elektromotor in Bewegung<br />
gesetzt werden kann.<br />
Charlie Chaplin: Filmstill aus „Modern<br />
Times“ (1933 – 1936)<br />
Arbeitsvorschläge<br />
· Entwerfe und baue das Modell einer eigenen „Maschine“, die ein künstliches,<br />
von dir erfundenes Naturobjekt in Bewegung setzt. Verwende dazu Alltags- und<br />
Abfallmaterialien. Überlege dir einen Antrieb (Wind, Wasser, Elektromotor, Getriebe)?<br />
· Überlegt in der Schulklasse /Arbeitsgruppe, wie ihr die entstandenen kleinen<br />
Maschinen in einem Raum präsentieren könnt: denkt dabei an zusätzliche<br />
Lichteffekte, Geräusche, Klänge. Fotografiert / filmt das Ergebnis und gebt ihm einen<br />
treffenden Titel.<br />
· Interpretiere das Bild aus dem Chaplin-Film „Modern Times“. Wie wird hier der<br />
Mensch im Verhältnis zur Technik dargestellt? Überlege, mit welchem Motiv heute<br />
eine vergleichbare und aktuelle Aussage gemacht werden könnte.<br />
· Schaffe eine Zeichnung, Malerei oder Collage, welche die Beziehung zwischen<br />
moderner Technik und Natur veranschaulicht.
Ideal Nature<br />
Machine<br />
Stefan Waibels in Dornbirn gezeigte „Ideal Nature Machine“ ist Teil einer Ausstellungsreihe unter<br />
dem gleichnamigen Titel. Die Fotografien hier dokumentieren eine feste Installation in Brüssel (Villa<br />
Empain, Boghossian Foundation) unter freiem Himmel.<br />
Foto: Stefan Waibel<br />
Foto: Stefan Waibel<br />
Arbeitsvorschläge<br />
· Beschreibe, wie sich die Wirkung der Brüsseler Installation bei Tageslicht und in<br />
der Nacht unterscheidet. Inwiefern ändert sich durch den veränderten Eindruck<br />
womöglich auch die Aussage der künstlerischen Arbeit?<br />
· Wähle Alltagsmaterial, ein Objekt (maximal 40 cm hoch) und experimentiere mit<br />
unterschiedlichen Lichtsituationen. Untersuche, wie sich die „Aussage“ je<br />
nach Inszenierung wandelt.<br />
· Überlege dir noch weitere Räume und Umgebungen,<br />
wo die Installation gezeigt werden könnte.
Stefan Waibel<br />
Stefan Waibel wurde 1970 in Lustenau (Vorarlberg) geboren. Ab 1994 besuchte Waibel die Akademie<br />
der Bildenden Künste in Wien und besuchte dort die Meisterklasse bei Arik Brauer, anschließend<br />
bei Sue Williams. 1999 erhielt Waibel das Diplom für Grafik und Malerei. Inzwischen arbeitet Waibel<br />
wie viele zeitgenössische Künstler in den unterschiedlichsten Sparten und Techniken, oftmals nutzt<br />
er für seine Installationen Galerieräume oder wie in Dornbirn außergewöhnliche Hallen. In seinen<br />
zahlreichen Ausstellungen beschäftigt den Künstler immer wieder das Verhältnis zwischen Zivilisation,<br />
Mensch und Natur.<br />
Foto: Stefan Waibel
Ausstellung<br />
27. Juni bis 24. August 2014<br />
Jahngasse 9, Dornbirn<br />
Di - So, 10 - 18 Uhr<br />
Impressum<br />
Text und Gesamtkonzept: Martin Oswald,<br />
Weingarten. Herausgeber: Kunstraum Dornbirn,<br />
Thomas Häusle. Redaktion: Herta Pümpel.<br />
Gestaltung: Sägenvier, Dornbirn. Alle Rechte<br />
vorbehalten © 2014<br />
www.kunstraumdornbirn.at