Rheinkind_Ausgabe 3/2016
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RHEINKIND RHEINKIND 51<br />
INTERVIEW<br />
ANKE ENGELKE<br />
„Schnell Hausaufgaben<br />
machen und dann raus!“<br />
Sie ist schrill, wandelbar, urkomisch und absolut nicht auf den Mund gefallen.<br />
Als Komikerin, Schauspielerin, Entertainerin, Synchronsprecherin, Moderatorin<br />
und Musikerin ist Anke Engelke aus dem deutschen Showbusiness nicht mehr<br />
wegzudenken. In die Herzen der Kinder sprach sie sich als „Dorie“ in „Findet<br />
Nemo“, der jetzt mit Teil 2 „Findet Dorie“ in einer 3D-Fassung ins Kino kommt. Es<br />
gibt viel zu besprechen mit Frau Engelke...<br />
Wie sind Sie an die Rolle der „Dorie" gekommen? Riesenglück: Das Angebot<br />
kam, klang super und als ich hörte, dass Ellen DeGeneres das Original spricht,<br />
dachte ich, das kann nur gut sein, die macht keinen Mist. Ähnlich war es damals<br />
bei „Tarzan“, da gefiel mir die Original-Besetzung auch sofort: Minnie Driver hat<br />
die Jane gesprochen. Mir gefällt das, wenn ich mich im Synchronstudio am Original<br />
orientieren kann, wenn man als Zuschauer nicht die Engelke hört, sondern<br />
sie sogar ein bisschen vergisst, weil man sich ganz auf den Charakter da auf der<br />
Leinwand einlassen kann, auf die Geschichte.<br />
Sie drücken Dorie Ihren ganz eigenen Stempel auf, was diesen schrägen<br />
Charakter einzigartig macht... Finden Sie?<br />
...Absolut – Wie war das für Sie? Im Synchronstudio starre ich ja tagelang auf<br />
einen Fisch, dem Ellen DeGeneres eine Stimme gibt, den sie mit ihrem Ausdruck<br />
lebendig macht. Das habe ich nachgemacht, und dann musste ich eben nur noch<br />
so lippensynchron sein, wie es die deutsche Übersetzung zulässt. Und wenn man<br />
so eine tolle Vorlage hat, dann wird aus Arbeit Spaß.<br />
Dorie beginnt bruchstückhaft, sich an ihre Kindheit zu erinnern. Was sind<br />
Ihre Kindheitserinnerungen? Ich war ein „Draußen-Kind“. Schnell Hausaufgaben<br />
machen und dann raus. Wir haben im Wald gern Buden gebaut, stundenlang.<br />
Und was möchten Sie am liebsten vergessen? Einige Auftritte beim Fernsehen,<br />
die ganz frühen. Als ich Anfang der 80er mit dem Moderieren anfing, gab es nicht<br />
viele Vorgaben. Dass Kinder moderierten, war neu und ich bekam nur wenig differenzierte<br />
Resonanz. Mir ist ja nicht viel peinlich, aber wenn ich mir heute meine<br />
damaligen Auftritte ansehe, finde ich diesen flapsigen Stil schon ziemlich nervig<br />
und altklug. Ich bin dankbar für die Chancen und die Freiheit damals, aber ein paar<br />
klare Ansagen und Hilfen hätten uns viel dünnes Gelaber erspart.<br />
Der Film visualisiert das Leben im Wasser - Sind Sie eine Wasserratte? Nein,<br />
eher ein Schisser. Wenn ich zu weit rausschwimme, macht mir die Tiefe Angst, alles<br />
unbekannt da unter mir, Hilfe!<br />
Was haben Sie mit Dorie gemeinsam und was überhaupt nicht? Gemeinsam<br />
haben wir die Unbefangenheit, eine große Neugier, die Naivität und ich bin privat<br />
auch sehr gesprächig. Ich bin aber nicht so planlos, sondern recht strukturiert und<br />
organisiert. Gehört glaube ich zum Job.<br />
Worüber können Sie von Herzen lachen? Und wann haben Sie das letzte<br />
Mal Tränen gelacht? Gestern. Großer Lachflash in der Straßenbahn. Ich bin mit<br />
einem Schauspielkollegen nach einer Besprechung beim WDR in die volle Bahn<br />
gestiegen und da war ein sehr mitteilungsbedürftiger junger Mann, der sich recht<br />
laut gefreut hat, uns zu sehen. Es wurde sehr lustig und albern. Wer das beobachtet<br />
hat, hatte wahrscheinlich viel Spaß. So etwas mag ich sehr. Am meisten lache<br />
ich wohl über unfreiwillige Komik – diese kleinen, doofen Situationen. In meiner<br />
Familie und in meinem Freundeskreis: viele lustige, alberne Menschen!<br />
In den Nemo-Filmen geht es auch immer um Freundschaft – was ist für<br />
Sie das Wichtigste in einer Freundschaft. Da sage ich jetzt nichts Neues:<br />
ohne Vertrauen geht nichts! Viele messen die Qualität einer Freundschaft<br />
daran, wie lange sie dauert. Kann man diskutieren. Bei meiner Arbeit passiert es<br />
oft, dass man 2 Monate miteinander dreht, wirklich eng zusammenarbeitet, sich<br />
super versteht– wie in einer tiefen Freundschaft. Aber wenn man sich nach dem<br />
Dreh aus den Augen verliert, kann das trotzdem Freundschaft gewesen sein.<br />
Sie leben schon lange in Köln. Wo fühlen Sie sich dort besonders wohl?<br />
Der CARLsGARTEN vor dem Depot auf dem ehemaligen Carlswerk neben dem<br />
Schauspiel - da bin ich gern. Schauspielhaus-Mitarbeiter und -Besucher haben<br />
dort einen Garten errichtet zwischen alten, rostigen Überseecontainern und jetzt<br />
sitzt man da in dieser Oase zwischen duftendem Lavendel und leuchtend blauen<br />
Kornblumen und kann was Gesundes essen – astrein.<br />
Was war früher Ihr Lieblings-Kinderbuch/-film? Meine ersten Lieblingsbücher<br />
waren von James Krüss „Bienchen Trinchen Karolinchen" und Astrid Lindgren „Pippi<br />
Langstrumpf“. Bei den Filmen habe ich genommen, was das Kino in unserem Dorf<br />
anbot: „Das fliegende Klassenzimmer“, „Dschungelbuch“, „Robin Hood“.<br />
Sie machen beruflich viel für Kinder – was können Erwachsene von Kindern<br />
lernen? Echtheit. Und Angstfreiheit vielleicht. Naivität. Und die Begeisterung<br />
für Unerwartetes.<br />
Sie waren Gastdozentin an der Kunsthochschule für Medien in Köln – Wo<br />
sehen Sie Chancen der neuen Medien für Kinder und wo lauern Ihrer Meinung<br />
nach Gefahren?<br />
Da bin ich zu konservativ und verstaubt, um repräsentativ zu sein. Ich bin selber<br />
nicht aktiv in den sozialen Netzwerken und habe alte Geräte zuhause rumstehen,<br />
mit denen ich kommuniziere. Vielleicht finde ich Gespräche und Begegnungen<br />
zu schön, um sagen zu können, was die sogenannten neuen Medien Kindern an<br />
Chancen bieten. Sie sehen, ich biege bei dem Thema und der Antwort schon sehr<br />
früh ab (haha), da ich extrem hohe Chancen sehe im analogen Miteinander. Nix<br />
gegen Filmedrehen mit dem Smartphone, zuhause Schneiden, Teilen - alles gut.<br />
Aber technisch bin ich da leider keine Hilfe.<br />
Name: Anke Christina Engelke (bürgerlich: Anke Christina Fischer) Geburtstag: 21.12.65 in Montreal<br />
(Kanada) Wohnort: Köln Kinder: 1 Tochter, 2 Söhne Moderation und Comedy: u.a. „Die Wochenshow“<br />
(1996-2000), „Ladykracher“ (2001-2004, 2008-2013), „Anke Late Night“ (2004), „Deutscher Fernsehpreis“<br />
(2005, 2009), „Die Sendung mit dem Elefanten“ (2007, 2011), „Eurovision Song Contest“ (2011) Filme: u.a.<br />
„Der Schuh des Manitu“ (2001), „Freche Mädchen“ (2008, 2010), „Doktor Proktors Pupspulver“ (2014), „Rico,<br />
Oskar und die Tieferschatten“ (2014), „Frau Müller muss weg“ (2015), „Gespensterjäger“ (2015), „Doktor<br />
Proktors Zeitbadewanne“ (2015) Synchronisationen: u.a. „Tarzan“ (1999), „Der kleine Eisbär“ (2002),<br />
„Findet Nemo“ (2004), „Oh, wie schön ist Panama“ (2006), „Die Simpsons“ (seit 2007), „Findet Dorie“ (<strong>2016</strong>)<br />
Fotos: ©Disney/Pixar